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Deutsches Volksliedarchiv
Das Frankfurter Musikleben im Zeitalter der Reformation by Wolfgang JostReview by: Nils GroschLied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 54. Jahrg. (2009), pp. 350-351Published by: Deutsches VolksliedarchivStable URL: http://www.jstor.org/stable/20685636 .
Accessed: 15/06/2014 04:03
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Rezensionen - Reviews
vielfalt zu bedienen und neue Bedeutungen durch kulturelle Techniken wie >mixing<, >sam
pling< oder >bricolage< zu generieren.
Express Yourself beleuchtet einen bisher vernachlassigten Aspekt der Jugendkulturforschung und ist allein schon aus diesem Grund unbedingt lesenswert. Allerdings findet die europaische
Dimension, die im Titel angedeutet wird, nur in geringem Mae Berincksichtigung. Die vielseitigen
Verbindungen zwischen Europa und Kreativitat einerseits und Markt und Underground anderer
seits hatten in einem abschliefenden Teil noch einmal skizziert werden k6nnen. Was zeichnet
>europiische Kreativitat< nberhaupt aus? Welche Zeichen, Symbole oder Werte werden angeeignet und umgedeutet? Inwieweit trigt dieses kreative Potential auch zur
Schaffung einer kollektiven
(europiischen) Identitat bei? Die Kultur des Hip-Hop, die im Buch als Paradebeispiel fur grenziibergreifende europii
sche Kreativitst steht, ist sicherlich nicht, wie eingangs erwahnt, vom Aussterben bedroht, son
dern befindet sich vielmehr in einer neuen Phase des >kulturellen Lebenszyklus<. Darin zeigt
sich, wie wandelbar und flexibel dieses globale Kulturphanomen ist und wie stets neue glokale
Bedeutungsebenen erbffnet werden. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger fnr die Sozial-,
Kultur- und Geisteswissenschaften, sich mit Kreativitit und deren kulturellen Auspragungen auseinanderzusetzen.
Sina Nitzsche, Dortmund
Das Frankfurter Musikleben im Zeitalter der Reformation. Bearb. von Wolfgang Jost u.a. Ja
cobsdorf: Die Furt, 2006 (Frankfurter Jahrbuch des Vereins der Freunde u. Fdrderer des
Museums Viadrina 2006). 184 S., Ill., ISBN 3-933416-67-1.
Als nur scheinbar an der Peripherie deutscher Kulturgeschichte liegend wird Frankfurt an der Oder gerade fnr die friihneuzeitliche Musikgeschichte haufig unterschatzt. Musikbetatigung an der Viadrina-Universitat brachte nicht nur bedeutende Musiktheoretiker hervor, sondern
fiihrte auch zu Klagen, dass >anstatt Choralen haufig weltliche Buhllieder< (S. 28) gesungen
wurden - ein Hinweis auf eine reiche, mdglicherweise in den Freizeitbereich hineinreichende
Praktik des weltlichen Liedersingens. Diese sowie die sogenannte Frankfurter Lautenschule um
Gregor Krengel, Benedict de Drusina und vor allem Matthaus Waissel hinterlieen ihre Spuren in
einer Anzahl an Drucken von Vokal- und Instrumentalmusik, die auch in Frankfurt selbst ab
der Mitte des 16. Jahrhunderts erschienen. Beginnend mit der Buchdruckerei Johannes Ei
chorns entwickelte sich die Stadt zu einem bedeutenden Zentrum des Musikdrucks - schon
zu Beginn des Jahrhunderts waren hier Musiktraktate, wenngleich ohne gedruckte Musik,
verdffentlicht worden.
So nberrascht es nicht, dass die im Jahr 2006 veranstaltete Ausstellung des Museums Via
drina, die vorliegender Band des Frankfurter Jahrbuchs als Katalog und Dokumentation be
gleitet, ihre Kernexponate in derartiger gedruckter Flachware hatte. In guter Schwarzwei
und Graustufen-Reproduktion, teils auch in Farbfotografien, wurden fur das Bindchen Titel
seiten, Indices und Kupferstich-Illustrationen, iiberwiegend von Musikdrucken, zusammenge
stellt. Erwahnenswert weil musik- und druckhistorisch bedeutsam und liebevoll mit Titelseite,
Vorwort und Index reproduziert, sind hier Quellen wie die bedeutende Frankfurter Ausgabe Geistlicher Lieder von Martin Luther, die 1561 in Johannes Eichorns Druckerei erschien
(S. 62 u. 149), oder die bei Eichorns Sohn Andreas 1584 erschienene Tabulatura Nova von
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Rezensionen - Reviews
Gregor Krengel (S. 106f. u. 157). Liedflugschriften, schon der Friihdruckphase bedeutende
Medien der Liedpraxis und mit den im Musikdruck erschienen Liedern konkordierend, sind -
symptomatisch fdr den musikhistorischen Blick - nicht beriicksichtigt, obwohl auch die
Drucker an der Oder sich an diesem eintraglichen Geschaft beteiligten. Schade ist auch, dass
der Musikhistoriker Hans-Giinter Ottenberg, der mit einem Obersichts-Essay beteiligt ist,
nicht die Spuren, die sich in den hier dargebotenen Quellen zeigen, weiterverfolgt hat, wie es
die ihm vorliegende Monografie Heinrich Grimms von 1942 tut.
Nils Grosch, Freiburg i.Br.
Freund Schwartz, Roberta: How Britain Got the Blues: The Transmission and Reception of American Blues Style in the United Kingdom. Aldershot: Ashgate, 2007 (Ashgate Popular and Folk Music Series). XII, 267 S., ISBN 978-0-7546-5580-0.
Es scheint eine Amerikanerin zu brauchen, um herauszufinden, wie Grofbritannien an den
Blues kam. Autorin Roberta Freund Schwartz lehrt an der University of Kansas und ist dort
Spezialistin fir spanische Musik, far die Renaissance und eben afroamerikanisch beeinflusste
Popularmusik. Was sie in dieses vordergriindig lokal beschrinkte Thema einbringt, ist jedoch nicht nur der souverane und breitenwirksame Ansatz der amerikanischen Musikwissenschaft -
anders gesagt: sie versteht, ihre griindlich erarbeiteten Erkenntnisse lesbar aufzubereiten - son
dern auch ein klarer Blick auf dieses transatlantische Phinomen. Es geht natarlich um den
Einfluss afroamerikanischer Musiker auf die britische Szene, wenn man sich aber einige der
Leute ansieht, die diesen Einfluss am konsequentesten aufgenommen haben, wird sehr schnell
klar, das hier von einem Phanomen die Rede ist, die die gesamte populare Musik bis in die
Gegenwart prigt: Spricht man von den Rolling Stones, Eric Clapton, Fleetwood Mac, Led
Zeppelin, und all den anderen, an deren Beginn ein deutlicher Blues-Einfluss steht, bekom
men Erwachsene einer bestimmten Generation feuchte Augen. Schwartz verdeutlicht, wie tief
die emotionalen Wurzeln dieser Generation in ihrem Verstandnis afroamerikanischer Musik
wurzeln, sie dokumentiert aber auch, wie sehr dieses Verstandnis auf Missverstandnissen, zu
mindest aber auf Teilverstandnissen der anderen Kultur beruht. Das mag auch der Grund
sein, warum dieser missverstandene Blues< mit dem Rock der Sechziger einen so massiven
Einfluss auf die Weltkultur und so auch auf die afroamerikanische Kultur ausnben konnte.
Denkt man etwa an die Gruppe Living Colour, die in den 1980er- und 1990er-Jahren aus
Blues und Rock ein eigenes (afroamerikanisches) Siippchen kochte, wird klar, wie breit dieser
Rnckfluss aufgenommen wurde. Das Missverstiindnis wurde zum Ziindfunke des Neuen.
Das britische Verstandnis des Blues und Jazz war zunichst getrnbt durch die Restriktio
nen, die Politik und Gewerkschaften auslandischen Musikern auferlegten. Sie sorgten dafnr,
dass die britische Offentlichkeit erst nach dem Krieg tieferen Kontakt mit authentischen afro
amerikanischen Musikern aufnehmen konnten; sie sorgten aber auch dafir, dass sich im Be
reich der Pop- und Tanzmusik eine breitere Basis vielfaltig einsetzbarer Musiker entwickelte,
als das in Lindern ohne vergleichbare Gesetzgebung der Fall war. Und so war einer der Stile,
die Schwartz als Vorginger des britischen Blues ausmacht, eine Frucht der Inseln. >Skiffle<
kam zwar urspriinglich ebenfalls aus den USA, hatte aber dort nie die Bedeutung, die er in
GroLbritannien erlangte - als Brncke zwischen Dixieland und Rock wurde er Mitte der
1950er-Jahre unglaublich popular und hatte eine breite Massenbasis von H6rern, aber auch
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