DAS GEHEIMNIS DERSTILLE · 2015. 2. 10. · Der ewigen Wesenheit gewidmet, die in uns allen wohnt. Das Geheimnis der Stille_Buch_10I12I12_rz_Layout 1 10.12.12 14:22 Seite 5

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII

ERNIE CARWILE

Aus dem Englischen von Susanne Lück

DAS

GEHEIMNISDERSTILLE

Das Geheimnis der Stille_Buch_10I12I12_rz_Layout 1 10.12.12 14:22 Seite 3

Alle Rechte vorbehalten.Außer zum Zwecke kurzer Zitate für Buchrezensionen darf kein Teil diesesBuches ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag nachproduziert,als Daten gespeichert oder in irgendeiner Form oder durch irgendein anderesMedium verwendet bzw. in einer anderen Form der Bindung oder mit einemanderen Titelblatt als dem der Erstveröffentlichung in Umlauf gebrachtwerden. Auch Wiederverkäufern darf es nicht zu anderen Bedingungen alsdiesen weiter ge geben werden.

Copyright © 2007 by Ernie Carwile Inc.Titel der Originalausgabe: »Reclaiming The Power of Silence«

Copyright © der deutschen Ausgabe: Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-89845-386-8

1. Auflage 2013

Übersetzung: Susanne LückGestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung verschiedener Motive

aus: www.fotolia.deDruck: Finidr, s.r.o. Cesky Tesin

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstr. 1 · 56593 Güllesheimwww.silberschnur.de · E-Mail: [email protected]


Der ewigen Wesenheit gewidmet,

die in uns allen wohnt.



In der Stille können wir uns selbst

wiederfinden. Sobald das geschieht,

sind die Möglichkeiten endlos.

Maxwell Winston Stone



Einführung

Die Macht der Stille …… das ist mir von allen Themen das liebste –denke ich, wenn ich auch zugeben muss, dass ichbeim Schreiben jedes meiner neuen Bücher etwasÄhnliches empfinde.Diese Überschrift mag fast paradox anmuten –doch das trifft auf viele Dinge zu, die auf den ers-ten Blick falsch zu sein scheinen, sich dann aberals wahr herausstellen. Auf jeden Fall erscheinendie Begriffe Macht und Stille so nahe beieinanderetwas sonderbar. Wie könnte Stille je Macht aus-üben? Dennoch, je mehr Zeit man in der Stilleverbringt, desto spürbarer wird ihre gigantischeWirkungskraft. Versuchen Sie es einmal selbst!Zu behaupten, dass wir in einer Kultur leben, diedie Stille nicht sonderlich schätzt, wäre kaumübertrieben – man könnte sogar sagen, wir kulti-vieren eine Art Furcht davor. Denken Sie nur anIhren Tagesablauf. Planen Sie täglich ein wenigZeit für Abgeschiedenheit und Schweigen ein?

9


Die meisten von uns wachen zum Klang einesWecktons oder Radioweckers auf. Bei vielen folgtgleich darauf der eingeschaltete Fernseher. Aufdem Weg zur Arbeit plärrt das Autoradio. ImBüro sind wir von einer Kakophonie aus Stim-men, Klingeltönen und Gerätelärm umgeben.Nach der Arbeit tut ein Mosaik aus Kinderge-schrei, überfüllten Zügen, Restaurants und wiederFernseherlärm ein Übriges, um uns zu betäuben.Beim Einschlafen versuchen wir dann, unserenGeist, der 18 Stunden lang einer Reizbombardie-rung ausgesetzt war, zur Ruhe zu bringen. DerBegriff der Lärmverschmutzung gerät mittlerweileöfter in die Schlagzeilen als die Luftverschmut-zung. Die Vorstellung der Stille an sich ist alsounzweifelhaft etwas Ungewohntes für uns.Diesen Buchtitel habe ich einmal auf einer Partyerwähnt und war sehr erstaunt über die Reaktio-nen, die kamen. Eine Dame sagte, sie habe Angstvor der Stille, und sie fuhr wortwörtlich fort: »Ichmeine, tief in uns könnten ja Dämonen undMonster lauern.« Ein Mann erzählte mir, wenn

10


es still sei, fühle er sich einsam und habe Angstvor dem, was er hören könnte.Doch wer schon einmal im Wald oder beim Wan-dern einem Reh begegnet und wie verzaubert ste-hen geblieben ist, weiß, dass in diesem Moment,in dem die Zeit stillzustehen scheint, etwas in unsanklingt, das vertraut scheint, obwohl es doch solange nicht zu hören war. Von nichts als der Stilleumringt, werden wir daran erinnert, was unsunser ganzes Leben lang gefehlt hat. Wie konntenwir das nur so leicht vergessen? Eine kleine Geschichte fällt mir ein von einemEhepaar mit einer fünfjährigen Tochter, das jah-relang kein zweites Kind bekommen konnte.Nach vier Jahren wurden sie dann doch mit einerneuen Schwangerschaft gesegnet. Sie zogen Fach-literatur zurate, wie sie ihrer Fünfjährigen die An-kunft des Geschwisterchens erleichtern könnten,und fanden vor allem Warnungen da vor, wie ei-fersüchtig und gar gefährlich das Mädchen demneuen Säugling begegnen könnte. So gerüstet ver-suchten sie, ihre Tochter in die Vorbereitungen

11


für das Baby einzubeziehen. Sie ließen sie beimStreichen des Babyzimmers und bei der Auswahlder Einrichtung helfen und kauften mit ihr zu-sammen Windeln und Tragetücher. Als die Mutter dann schließlich mit dem Neuge-borenen nach Hause kam, lief die ältere Tochtersofort zu ihr und stellte die heikle Frage, ob siemit ihrer kleinen Schwester allein sein dürfe. Alar-miert vertrösteten die Eltern die Kleine auf späterund baten sie um weitere Hilfe. Das Kind wardamit zufrieden und half eifrig mit, fragte aberimmer wieder, wann sie mit dem Baby allein seindürfe. Die Eltern vertrösteten sie weiterhin, bissie schließlich meinten, jetzt könnten sie es ver-suchen. Bei nicht ganz geschlossener Zimmertürbeobachteten sie gespannt, wie ihre Tochter sichdem Babybettchen näherte, sich zu dem Säuglinghinunterbeugte und ihm dann zuflüsterte: »Er-zähl mir bitte von Gott. Ich vergesse ihn schon.«Zu viele von uns fliehen heute vor der Stille, alssei sie eine ansteckende Krankheit – oft bis etwasFurchtbares in unser Leben tritt, wie etwa ein To-

12


desfall oder eine Krankheit. Dann finden wir unsplötzlich in einer Kirche oder im Krankenhauswieder und fragen uns in die umgebende Stillehinein, was nur schiefgegangen ist. Was aber ist die spirituelle Stille? Ist sie ein Schwei -gen, die Abwesenheit von Geräuschen – oder istsie tatsächlich das Nichts? Kann sie etwas Realesdarstellen? Und kann sie, so vielleicht die wichtig -s te Frage, die Wesenheit von etwas beherbergen,das jenseits unserer fünf Sinne existiert?Entdecken Sie mit mir, was die Weisesten derWeisen aus vielen Generationen dazu zu sagenhaben. Lassen Sie sich daran erinnern, wie wich-tig es ist, der Abgeschiedenheit, dem Schweigenund der Stille in unserem Alltag einen festenPlatz einzuräumen. Denn nur so können wir unsaufs Wesentliche besinnen und unsere Kräfte auf-laden. In seiner frühen Schrift Die zweite Sündeschreibt der Psychiater Thomas Szasz: »Men-schen können nicht lange ohne Luft, Wasser undSchlaf überleben. Das Nächstwichtige ist dieNahrung. Ihr dicht auf den Fersen folgt die

13


Stille.« Der nicht minder weise Maxwell WinstonStone erklärt uns: »Manche glauben, dass Men-schen den Computern ähnlicher sein sollten:schneller, exakter und 24 Stunden am Tag siebenTage die Woche verfügbar … Aber wir sind keineComputer. Wir sind am Leben. Wir sind mensch-liche Wesen, die die Abgeschiedenheit brauchen,um wieder zu Kräften zu kommen.«

14


Die Stille lüftet den Schleier

zwischen uns und Gott.




»Weißt du, von Kindern können wir die er-staunlichsten Dinge lernen«, begann Max. Ich lä-chelte.»Da war diese Mutter, die den Abwasch machteund dabei ihre kleine Tochter im Garten beimSpielen beobachtete.Das Kind spielte draußen und tanzte und sangdazu – aber immer wieder hielt es kurz inne undblieb ganz still, bevor es zu seinem Spiel zurück-kehrte.Als die Kleine wieder ins Haus kam, erzählte ihreMutter ihr, dass sie ihr zugesehen habe, undfragte, warum sie denn beim Spielen immer wie-der innegehalten habe.›Ach‹, antwortete das kleine Mädchen mit größterSelbstverständlichkeit. ›Ich habe nur gelauscht, obGott mir vielleicht irgendetwas sagen wollte.‹«Ja, Kindermund tut Wahrheit kund.

17



Unser denkender Geist macht

nur einen kleinen Teil von uns

selbst aus. In der Stille können

wir eine enorme Bewusstheit

entdecken, die das bloße

Denken bei weitem übertrifft.



Documents

DAS GEHEIMNIS DERSTILLE · 2015. 2. 10. · Der ewigen Wesenheit gewidmet, die in uns allen wohnt. Das Geheimnis der Stille_Buch_10I12I12_rz_Layout 1 10.12.12 14:22 Seite 5