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Das Institutionensystem Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2006

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Das Institutionensystem

Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik

Deutschland, Wiesbaden 2006

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Der Bundestag: Parlamentarische Mehrheitsdemokratie

• Zentrale Funktion innerhalb einer Demokratie

• Der Bundestag wird als einziges Bundesorgan direkt vom Volk gewählt, verfügt über eine herausragende demokratische Legitimation, hat zentrale Funktionen zu erfüllen:

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Funktionen des Bundestages

• Die im Volk vorhandenen Meinungen finden dort ihren Ausdruck (Artikulationsfunktion)

• Der Bundestag ist es, der die personelle Besetzung aller anderen zentralen staatlichen Organe direkt oder indirekt vornimmt, teilweise mit dem Bundesrat (Wahlfunktion)

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Funktionen des Bundestages

• Kontrolle des Regierungshandelns (Kontrollfunktion)

• Ihm obliegt bei Mitwirkung des Bundesrates die Gesetzgebung (legislative Funktion)

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Funktionen des Bundestages

• Für die Parlamentsmehrheit steht heute die Wahl und Gesetzgebungsfunktion im Vordergrund

• Für die Opposition ist es die Kontrolle und Artikulation

„ Anstelle eines Dualismus von Gesamtparlament und Regierung ist damit ein Dualismus von Parlamentsmehrheit (einschließlich Regierung) und parlamentarischer Opposition getreten.“

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Parlamentarische Verhaltensmuster von Mehrheit und Opposition

• Dem Dualismus von Regierungsmehrheit und Opposition entsprechend bilden Regierung, Regierungsmehrheit und Spitzen der Ministerialbürokratie eine politische Handlungseinheit

• Regierungsfraktionen leben vom Informationsfluss aus den Ministerien, ihre Mitglieder decken im Plenum und Ausschüssen des Bundestages die Regierung

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Parlamentarische Verhaltensmuster von Mehrheit und Opposition

• Die Opposition steht vor der Frage, sich primär auf den Austrag öffentlicher Kontroversen oder mehr auf Mitarbeit und damit Beeinflussung der Regierungspolitik zu konzentrieren

• Teilweise gemischte Strategie der großen Oppositionsparteien

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Parlamentarische Verhaltensmuster von Mehrheit und Opposition

• Es lässt sich feststellen, dass die Befugnisse des Bundesrates um die Rolle des Bundestages als Ausschussparlament ist ein Konflikt orientierten Oppositionsstrategien entgegenwirken

• Wahlpolitischer Druck• Sich nicht so weit von der politischen Mitte

entfernen• Kooperationsdruck

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Die Organisation des Fraktionenparlaments

• Aufgaben und Kapazitätsgrenzen der Abgeordneten:– Zwei verschiedene Handlungsfelder

• Arbeit im Parlament– Flut von Drucksachen

– Diverse Gesetzesvorlagen

– Kontrolle der Regierungsmaschinerie

• Tätigkeit in der außerparlamentarischen Öffentlichkeit– Wahlkreisarbeit

– Arbeit in der eigenen Partei

– Kontakte mit der örtlichen Parteifreunden, Bürgern und Journalisten (meistens Routine)

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Wahlkreistätigkeit konkret:– Abendliche Versammlungen und

sonntäglichen Frühschoppen– Emsiges Studium der Lokalpresse – Auskünfte per Telefon, Brief oder Mail

Gesamtarbeitszeit: etwa 78 Stunden (Umfrage unter Abgeordneten)

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Organisation des Fraktionsparlaments

• Danach entfällt die Hälfte ihrer Arbeitszeit auf Parlamentstätigkeiten, 1/3 auf die Wahlkreisarbeit, der Rest auf sonstige Verpflichtungen

• Auch wenn Übertreibungen und einige Überschneidungen in Rechnung zu stellen sind, jedoch eine erhebliche Beanspruchung glaubhaft

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Der Abgeordnete erscheint vielmehr als Sitzungs- und Veranstaltungsteilnehmer, als Kontaktpfleger und Konsensbeschaffer. Er ist im Parlaments- alltag in einen Diskussionsmarathon der die gleichen Themen immer wieder behandelnden Gremien eingebunden, während man von ihm im Wahlkreis das Wunder der Allgegenwart erwartet.

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Organisation des Fraktionsparlaments

• Entlastung durch Arbeitsteilung und Hilfsdienste• Es gibt ständige Bundestagsausschüsse, die

überwiegend im Zuständigkeitsbereich eines Bundesministeriums entsprechen

• Dem Bundestags Pläne und werden somit fertige Entwürfe zur abschließenden Entscheidung vorgelegt

• Jeder Abgeordneter gehört nur einem oder zwei Ausschüssen an

• Beliebt ist der Auswärtige und der Haushaltsausschuss.

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Zusätzlich gibt es Sonderausschüsse für bestimmte Fragen, beispielsweise zur Klärung komplexer Themen wie demographischer Wandel, Rolle der Medien, nachhaltiger Umweltschutz und Folgen der SED Diktatur

• Besondere parlamentarische Kontrollinstrumente stellen die Untersuchungsausschüsse dar

• Die Zahl der Ausschusssitzungen übersteigt um ein Vielfaches die des Bundestagsplenums

• Der Deutsche Bundestag trägt somit Züge eines Ausschussparlaments!

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Innerhalb der Fraktionen bestehen für die verschiedenen Sachgebiete der Politik Arbeitsgruppen beziehungsweise Arbeitskreise

• In diesen Gremien klärt man die eigene Position ab, insbesondere für die Sitzung der Bundestagsausschüsse, und entwickelt Vorlagen für die Fraktion

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Organisation des Fraktionsparlaments

• Versuch des Bundestages sich von gouvernementaler Information unabhängig zu machen– Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages

(Informationsbeschaffung und Beratung), Bibliothek, Pressedokumentation, Parlamentsarchiv; rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

– Öffentlich besoldete Fraktionsangestellte; Fraktions- Assistenten arbeiten den Fraktionsvorständen, Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen zu; CDU/CSU 321 Mitarbeiter, SPD Fraktion 292, FDP 77, Grüne 92

– Weitere öffentlich besoldete persönliche Hilfskräfte der Abgeordneten; etwa 4000 Mitarbeiter, eine Hälfte Bundestag eine Hälfte Wahlkreis

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Politische Komplexitätsreduktion-das Fraktionenparlament:– Größe des Bundestages über 600 Mitglieder– Ausschlaggebend für die Handlungsfähigkeit

des Parlaments ist daher dessen Gliederung in Fraktionen als parlamentarische Handlungseinheiten

– Fraktionsdisziplin

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Organisation des Fraktionsparlaments

• Durchfraktionierung des Bundestages:– Fraktionsinterne Entscheidungsprozesse; der

Senatsdebatte kommt daher nur die Funktion einer notariellen Öffentlichkeit zu

– Leere des Plenums; mangelnde Attraktivität des Plenums; selbst bei kritischen Plenarsitzung erscheint daher nicht die Anwesenheit, sondern die Erreichbarkeit von Abgeordneten notwendig

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Durchfraktionierung des Bundestages:– Kontingentierte Debatte: bestimmte Rede

zweiten der Fraktion– Personelle Besetzung von Organen des

Bundestages durch die Fraktionen: Mitglieder der Bundestagsausschüsse, Ältestenrat, Bundestagspräsidium etc.

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Nur als Fraktionenparlament vermag ein vielköpfiges Gremium wie der Bundestag Entscheidungsfähigkeit zu erreichen

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Organisation des Fraktionsparlaments

• Innerfraktionelle Entscheidungsprozesse– Fraktionsvorstände

• Geschlossenheit ihrer Fraktion nach außen, Willensbildungsprozess, Marschroute

• Planung und Verteilung der Arbeit in den Fraktionen, Bildung von fraktionsinternen Arbeitskreisen und Gruppen, Vorschläge für die personelle Besetzung dieser Gremien wie auch der Ausschüsse des Bundestages, teilweise kleinere Zirkel

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Organisation des Fraktionenparlaments

• Entwicklung einer Differenzierung zwischen führenden und geführten Abgeordneten: Fraktionshierarchie, Rednerhierarchie

• Innerfraktionelle Gruppierungen (Parlamentskreis Mittelstand, Arbeitnehmergruppe, Seeheimer Kreis, parlamentarische Linke, Netzwerk)

• Sind die Spezialisten einer Fraktion einig, folgt man ihnen gewöhnlich

• Letztlich sehr wichtig: informale Kommunikation, sie ist Schmiermittel des parlamentarischen Betriebs

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Die Wahlfunktion: Legitimierende Mehrheitsbildung

• Die zentrale Kanzlerwahl• Die Wahl des Bundespräsidenten, gemeinsam mit der gleichen Zahl

von Vertretern der Landtage (zusammen: Bundesversammlung)• Die Wahl der Hälfte der Bundesverfassungsrichter• Die Besetzung von zwei Dritteln der Sitze im Gemeinsamen

Ausschuss (Notstandsparlament)• Die Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofes (gemeinsam

mit dem Bundesrat)• Die Besetzung der Hälfte der Sitze im Vermittlungsausschuss• Die Wahl des Bundesbeauftragten für Datenschutz auf Vorschlag

der Bundesregierung, von Mitgliedern der Aufsichtsgremien von Deutschlandfunk u.a.m.

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Wahlfunktion: Wahl des Bundeskanzlers

• Art. 63 Grundgesetz

• Kandidaten Vorschlag durch den Bundespräsidenten

• Bundestag wählt mit absoluter Mehrheit seiner Mitglieder den Kandidaten

• Bundespräsident hat den Gewählten zum Bundeskanzler zu ernennen

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Wahlfunktion: Wahl des Bundeskanzlers

• Verfassungsrechtliches Novum: Ablösung eines amtierenden Kanzlers; konstruktives Misstrauensvotum

• Der Sturz eines Kanzlers kann allein durch Wahl eines neuen Bundeskanzlers erfolgen

• Das konstruktive Misstrauensvotum gilt in der internationalen Verfassungsdiskussion eher als attraktive Regelung und ist von Demokratien wie Spanien und Belgien übernommen worden

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Wahlfunktion: Vertrauensfrage und vorzeitige Bundestagsauflösung

• Fühlt sich ein Bundeskanzler seiner Mehrheit nicht mehr sicher, so kann er nach Art. 68 Grundgesetz seinerseits die Initiative ergreifen und dem Bundestag die Vertrauensfrage stellen

• Verweigert man ihm das Vertrauen, ohne einen anderen Kanzler zu wählen, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen und Neuwahlen ausschreiben

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Wahlfunktion: Vertrauensfrage und vorzeitige Bundestagsauflösung

• Die Vertrauensfrage hat bisher kaum im intendierten Sinne einer Disziplinierung der Mehrheit oder eine Klärung der Mehrheitsverhältnisse gewirkt, sondern primär den Weg zu ohnehin beabsichtigten vorgezogenen Neuwahlen eröffnet

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Kontrollfunktion und Mitregierung

• Parlamentarische Kontrollinstrumente und ihr Einsatz– Unkontrollierte Macht aber ist ihrem Wesen

nach böse– Kontrolle ist nicht mit Handeln gleichzusetzen

sondern bedeutet laufendes Überprüfen eines Handelnden mit der Möglichkeit von Sanktionen seitens des Kontrollierenden

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Kontrollfunktion und Mitregierung

• Parlamentarische Kontrolle erfolgt in drei Richtungen:– Als politischer Richtungskontrolle– Als Effizienzkontrolle– Als Rechtskontrolle

Es überrascht nicht, das Kontrollinstrumente überdurchschnittlich von Seiten der Opposition eingesetzt werden

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Kontrollfunktion und Mitregierung

• Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht• Große Anfrage (schriftlicher Einbringung);

oppositionelle Große Anfragen dienen der politischen Richtungskontrolle

• Kleine Anfragen oder aktuelle Stunden (Effizienzkontrolle)

• Allgemein stellt sich angesichts der Anfragenflut die Frage, ob deren Ergebnisse noch verarbeitet werden und in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand stehen

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Kontrollfunktion und Mitregierung

• Scharfes Kontrollinstrument: parlamentarischer Untersuchungsausschuss nach Art. 44 Grundgesetz

• Er ist auf Verlangen bereits eines Viertels der Mitglieder des Bundestages einzusetzen

• Gegenstand parlamentarischer Untersuchungsausschüsse sind meist Skandale, vor allem Korruptionverdächte

• Es bleibt nicht überraschend, dass das Instrument des Untersuchungsausschusses zwar spektakulär, aber letztlich doch stumpf bleibt

• Immerhin werden brisante Themen vor den Augen der Öffentlichkeit gefragt und beantwortet, dies bleibt gewöhnlich nicht folgenlos

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Legislative Funktion: Zwischen Rede- und Arbeitsparlament

• Das formelle Gesetzgebungsverfahren:– Art. 76 Grundgesetz: Nach ihm haben allein Bundesregierung,

Bundesrat und Bundestagsabgeordnete das Recht, Gesetzesvorlagen beim Bundestag einzubringen (Initiativrecht)

– Vorlagen der Bundesregierung müssen jedoch, bevor sie den Bundestag erreichen, zuvor dem Bundesrat, solche des Bundesrats der Bundesregierung zur Stellungnahme zugeleitet werden

– Drei Lesungen-hat der Bundestag die Vorlage in dritter Lesung angenommen, geht sie an den Bundesrat, danach Unterzeichnung durch den Bundeskanzler, den zuständigen Bundesminister und den Bundespräsidenten, Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt, Inkrafttreten

– Komplexer gestaltet sich das Verfahren, falls der Bundesrat Einwände erhebt

– Arbeit des Vermittlungsausschusses: je 16 Mitglieder aus Bundestag und Bundesrat

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Regierungsstadium – das überspielte Parlament?

• Übliche Stationen des vorangehenden innergouvernementalen Entscheidungsprozesses:– Referentenentwurf– Formelle Stellungnahmen seitens anderer betroffener Referate

bloß Interessenverbände– Veränderte Entwürfe, Anregungen und Auflagen:

Abteilungsleiter, Staatssekretär, Minister– Minister Entwurf, Prüfung seiner Rechtswirklichkeit, Vorlage an

das Kabinett– Beschließt das Kabinett die Vorlage, wird sie zur

Regierungsvorlage– Anmerkung: die ministeriale Verwaltung handelt auch

eigenständig und übt partiell politische Funktionen aus; Eigengewicht der Ministerialbürokratie ist in einer Überlastung der Politik zu suchen

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Es setzt sich die Politik gegenüber der Verwaltung immer dann durch, wenn der Minister, die Regierung, das Parlament, Parteien oder die Öffentlichkeit ihre Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema konzentrieren können, während das Gewicht der Ministerialbürokratie und einschlägiger Interessenverbände in dem Maße wächst, wie das Thema im Schatten des öffentlichen Interesses verbleibt

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Die Dominanz der Mehrheitsinitiative

• Im allgemeinen ergreift die Bundesregierung die Gesetzesinitiative

• Zwischen 1949 und 1989 waren 75,7% der Verabschiedung der Gesetze auf Initiative der Bundesregierung zu Stande gekommen

• Oftmals scheitern oppositionelle Initiativen naturgemäß an der Regierungsmehrheit

• Noch am ehesten eine Chance haben Oppositionsinitiativen, wenn die Opposition den Bundesrat beherrscht und es um zweitrangige Fragen geht

• Es ist die Mehrheit, welche die legislative Funktion des Parlaments ausüben

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Die Ausschussphase-Züge eines Arbeitsparlaments

• Nach der ersten Lesung im Plenum wird ein Gesetzesentwurf an die zuständigen Bundestagsausschüsse zur Bearbeitung überwiesen

• Der federführende Bundestagsausschuss holt Stellungnahmen anderer berührter Ausschüsse ein und diskutiert den Entwurfschritt für Schritt

• Die so erarbeitete Ausschussfassung bildet die Grundlage für die zweite und dritte Lesung im Plenum

• In den Bundestagsausschüssen können durchaus noch Änderungen stattfinden

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Der Bundestag eine Mischform aus Arbeitsparlaments und Redeparlament

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Bundesrat und Vermittlungsphase

• Verfahren in Bundesrat relativ gerafft• Vorlagen gehen sofort in die Ausschüsse und

werden dann in einer einzigen Lesung im Plenum behandelt und entschieden, dabei prägen Vorklärungen und Rückkopplungen den tatsächlichen Ablauf

• Abstimmung mit den zuständigen Landesressorts, dem Bevollmächtigten ihres Landes an Bundesrat und der Staatskanzlei

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Bundesrat und Vermittlungsphase

• Die Ausschussempfehlungen werden dann in den Landeskabinetten behandelt, wo man die Position des Bundeslandes festgelegt

• Vorbesprechung im ständigen Beirat des Bundesrats

• In der abschließenden Plenarsitzung begnügt man sich dann mit der Darstellung und Begründung der eigenen Position; polemische Angriffe auf andere sind nicht üblich!

• Bei Einwänden ruft der Bundesrat häufig den Vermittlungsausschuss an (permanentes Gremium – 32 Mitglieder)

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Grenzen parlamentarischer Entscheidung

• Die Entscheidungskompetenz des Bundestages ist nicht uneingeschränkt, es gibt mehrere besondere Schranken

• Art. 113 Grundgesetz: Gegen einen allzu spendablen den Bundestag

• Einschränkung im Bereich der internationalen Beziehungen: Es reicht der Regierung internationale Verträge abzuschließen, Gültigkeit durch eine Ratifizierung des Parlaments

• Art. 81 Grundgesetz-Gesetzgebungsnotstand• Reduzierung der legislativen Rolle des Bundestages• Verteidigungsfall-sollte der Bundestag nicht zusammentreten

können, übernimmt ein gemeinsamer Ausschuss die Funktionen von Bundestag und Bundesrat

• Weitere Einschränkung durch die europäische Integration, da den Beschlüssen der EU Organe eine wachsende und vorrangige Bedeutung