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42 Literaturberichte. wird, und jede Einschrgnkung, die es legitimiert, mull eine Behauptung aber die Gesamtheit aufstellen und fgllt dadurch eben aus der Gesamtheit heraus", wghrend gemeint ist, daft jede Einschr~nkung, durch die der Begriff >>alle Pro- positionen<< zu einer legitime n Gesamtheit wird, bewirken mug, dal] jede Be- hauptung tiber die Gesamtheit augerhalb der Gesamtheit fhllt. Auch manehe Flgchtigkeiten sind zu beanstgnden, so ist z. B. auf S. 17 das Wort ,,proposition" zweimal durch ,Funktion" abersetzt, auf S. 29 das Wort ,,scope" durch Gebiet, wghrend es sonst konsequent durch ,,Erstreekung" ahersetzt ist; S. 52 ist ,,well defined" dureh ,,wohl geordnet" abersetzt, S. 4 ,,relation-arithmetic" dureh Rela- tionenlehre, was durchaus unzutreffend ist; auch finden sich in Formeln, die im englischen Original vSllig korrekt sind, Druekfehler. Alles in allem wird wohl ein Leser, tier eia wenig Englisch versteht, besser tun, das Original zu lesen, als die t~bersetzung. Wer abet mit dem Englisehen v611ig auf Kriegsfug steht, dem wird die ~bersetzung yon bTutzen sein k6nnen. Hans Hahn. Ph. Frank, Das Kausalgesetz and seine Grenzen. Schriften zur wissen- schaftliehen Weltauffassung, herausgegeben yon Ph. Frank und M. Sehlick, Bd. 6. J. Springer, Wien 1932. XV und 308 S. Der Verfasser ist einer der ganz wenigen deutschen Gelehrten, die v611ige Beherrschung der Physik mit einer tiefgehenden und ausgebreiteten Kenntnis der philosophisehen Literatur vereinen; kein andrer war wie er berufen, eine zusammenfassende Darstellung i~ber das Kausalgesetz zu geben, dessert Diskussion seit der Entwieklung der Quantenmechanik wieder yon brennendstem Interesse geworden ist. Die antimetaphysische Tendenz yon Frank deckt sich durehaus mit der Auffassungsweise des ,,Wiener Kreises", der sieh an Schlick und Carnap sehliel~t. Es gibt nicht neben oder f~ber der Methode der Physik noch eine ,philosophische" Methode, der die allgemeinsten und tiefsten Probleme vorbehalten blieben; es ist sinnlos, hinter unseren Erlebnissen noch eine wahre, eine reale Welt zu suehen, und es ist sinnlos, yon prinzipiellen unl6sbaren Problemen, yon einem ,ignorabimus" zu sprechen. Es gibt aber aaeh keine prinzipielle Verschiedenheit zwischen Biologie and Physik, und ebensowenig zwisehen Naturwissenschaften und den sogenannten Geisteswissenschaften; ftir alle Wissenschaften sind dieselben Prinzipien maBgebend. Dies ist die Tendenz, die sich dureh das ganze Bach zieht und teils mit polemischer Sehgrfe, teils mit erfreuendem Humor, tiberall aber mit vorbildlicher Klarheit vertreten wird. Es werden die fiblichen Formulierangen des Kausalgesetzes kritisiert, undes wird gezeigt, wie alle Formulierungen eines allgemeinen Kausalgesetzes nichts- sagend werden, weil sie sei es tautologisehen, sei es metaphysischen Charakter annehmen, und also t~ber Beobaehtbares gar niehts aussagen: wir ben~itzen viele h:atargesetze kaasaler Struktur, niemals aber ein allgemeines Kausalgesetz. Sehr eingehend werden die durch die Qaantenmeehanik entstandenen Probleme be- sprochen, undes wird scharf gegen die -- aueh bei manehen Physikern --- ver- breitete Ansieht Stellung genommen, als sei durch die Quantenmechanik die Kausalitht in der Physik soweit aufgelockert, dab dureh die entstandenen L~cken freier Wille und psychoidale Faktoren ihren Einzug in die Physik halten k6nn- ten. Von groflem allgemeinen Interesse wird auch die Widerlegung der Beweise yon Driesch far die Autonomie der Lebenserseheinungen sein. Freudig ist dem Verfasser zuzustimmen, wenn er dagegen auftritt, dab neuere Philosophen die Methode der Physik als oberflaehlieh verwerfen und tiefer in das Wesen tier Dingo eindringende Methoden propagieren: Methoden, die, ~'ie der Verfasser zeigt, vergliehen mit den Methoden der Physik ,,noch nieht einmal oberfl~ch- lieh" sind. [la~s Hahn. G. Mie~ l~aturwissensehaft and Theologie, Akad. Verlagsges. Leipzig 1932. 39 S. Preis RM 2,--. Der als Physiker sehr gesehfitzte Verfasser erweist sieh in dieser kleinen Sehrift ale Metaphysiker durch und dureh. ,,Es ist ein grandioser Irrtnm, mag er auch noeh so welt verbreitet sein, wenn man sich einbildet, eine Wissensehaft lasse sieh frei yon Metapbysik aufba~len." ,Wahrheit" ist nach Meinung dee Verfassers Bin metaphysischer Begriff, der eine Brtieke zwisehen Naturwissen-

Das Kausalgesetz und seine Grenzen

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42 Literaturberichte.

wird, und jede Einschrgnkung, die es legitimiert, mull eine Behauptung aber die Gesamtheit aufstellen und fgllt dadurch eben aus der Gesamtheit heraus", wghrend gemeint ist, daft jede Einschr~nkung, durch die der Begriff >>alle Pro- positionen<< zu einer legitime n Gesamtheit wird, bewirken mug, dal] jede Be- hauptung tiber die Gesamtheit augerhalb der Gesamtheit fhllt. Auch manehe Flgchtigkeiten sind zu beanstgnden, so ist z. B. auf S. 17 das Wort ,,proposition" zweimal durch ,Funktion" abersetzt, auf S. 29 das Wort ,,scope" durch Gebiet, wghrend es sonst konsequent durch ,,Erstreekung" ahersetzt ist; S. 52 ist ,,well defined" dureh ,,wohl geordnet" abersetzt, S. 4 ,,relation-arithmetic" dureh Rela- tionenlehre, was durchaus unzutreffend ist; auch finden sich in Formeln, die im englischen Original vSllig korrekt sind, Druekfehler. Alles in allem wird wohl ein Leser, tier eia wenig Englisch versteht, besser tun, das Original zu lesen, als die t~bersetzung. Wer abet mit dem Englisehen v611ig auf Kriegsfug steht, dem wird die ~bersetzung yon bTutzen sein k6nnen. Hans Hahn.

Ph. Frank, Das Kausalgesetz and seine Grenzen. Schriften zur wissen- schaftliehen Weltauffassung, herausgegeben yon Ph. Frank und M. Sehlick, Bd. 6. J. Springer, Wien 1932. XV und 308 S.

Der Verfasser ist einer der ganz wenigen deutschen Gelehrten, die v611ige Beherrschung der Physik mit einer tiefgehenden und ausgebreiteten Kenntnis der philosophisehen Literatur vereinen; kein andrer war wie er berufen, eine zusammenfassende Darstellung i~ber das Kausalgesetz zu geben, dessert Diskussion seit der Entwieklung der Quantenmechanik wieder yon brennendstem Interesse geworden ist. Die antimetaphysische Tendenz yon F r a n k deckt sich durehaus mit der Auffassungsweise des ,,Wiener Kreises", der sieh an Sch l i ck und Carnap sehliel~t. Es gibt nicht neben oder f~ber der Methode der Physik noch eine ,philosophische" Methode, der die allgemeinsten und tiefsten Probleme vorbehalten blieben; es i s t sinnlos, hinter unseren Erlebnissen noch eine wahre, eine reale Welt zu suehen, und es ist sinnlos, yon prinzipiellen unl6sbaren Problemen, yon einem ,ignorabimus" zu sprechen. Es gibt aber aaeh keine prinzipielle Verschiedenheit zwischen Biologie and Physik, und ebensowenig zwisehen Naturwissenschaften und den sogenannten Geisteswissenschaften; ftir alle Wissenschaften sind dieselben Prinzipien maBgebend. Dies ist die Tendenz, die sich dureh das ganze Bach zieht und teils mit polemischer Sehgrfe, teils mit erfreuendem Humor, tiberall aber mit vorbildlicher Klarheit vertreten wird. Es werden die fiblichen Formulierangen des Kausalgesetzes kritisiert, u n d e s wird gezeigt, wie alle Formulierungen eines allgemeinen Kausalgesetzes nichts- sagend werden, weil sie sei es tautologisehen, sei es metaphysischen Charakter annehmen, und also t~ber Beobaehtbares gar niehts aussagen: wir ben~itzen viele h:atargesetze kaasaler Struktur, niemals aber ein allgemeines Kausalgesetz. Sehr eingehend werden die durch die Qaantenmeehanik entstandenen Probleme be- sprochen, undes wird scharf gegen die - - aueh bei manehen Physikern --- ver- breitete Ansieht Stellung genommen, als sei durch die Quantenmechanik die Kausalitht in der Physik soweit aufgelockert, dab dureh die entstandenen L~cken freier Wille und psychoidale Faktoren ihren Einzug in die Physik halten k6nn- ten. Von groflem allgemeinen Interesse wird auch die Widerlegung der Beweise yon Driesch far die Autonomie der Lebenserseheinungen sein. Freudig ist dem Verfasser zuzustimmen, wenn er dagegen auftritt, dab neuere Philosophen die Methode der Physik als oberflaehlieh verwerfen und tiefer in das Wesen tier Dingo eindringende Methoden propagieren: Methoden, die, ~'ie der Verfasser zeigt, vergliehen mit den Methoden der Physik ,,noch nieht einmal oberfl~ch- lieh" sind. [la~s Hahn.

G. Mie~ l~aturwissensehaft and Theologie, Akad. Verlagsges. Leipzig 1932. 39 S. Preis RM 2,--.

Der als Physiker sehr gesehfitzte Verfasser erweist sieh in dieser kleinen Sehrift ale Metaphysiker durch und dureh. ,,Es ist ein grandioser Irrtnm, mag er auch noeh so welt verbreitet sein, wenn man sich einbildet, eine Wissensehaft lasse sieh frei yon Metapbysik aufba~len." ,Wahrheit" ist nach Meinung dee Verfassers Bin metaphysischer Begriff, der eine Brtieke zwisehen Naturwissen-