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bulletin 3 Tradition Digital Divide: Das Internet reisst Gräben auf Kapitalanlagen Abschied von den Höchstrenditen | Euro-Serie Her mit dem Bargeld! | Lust und Laster Seide, seit Jahrtausenden edel, sinnlich und hochbegehrt www.credit-suisse.ch/bulletin Juni/Juli 2001 Das Magazin der Credit Suisse Financial Services und der Credit Suisse Private Banking Leben mit

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TraditionDigital Divide: Das Internet reisst Gräben auf

Kapitalanlagen Abschied von den Höchstrenditen | Euro-Serie Her mit dem Bargeld! | Lust und Laster Seide, seit Jahrtausenden edel, sinnlich und hochbegehrt

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Juni/Juli 2001

Das Magazin der Credit Suisse Financial Services und der Credit Suisse Private Banking

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Und was ist Ihr Ziel?

Schwerpunkt: «Tradition»

Jacqueline Perregaux, Redaktion Bulletin,

Credit Suisse Private Banking

Tradition... vor meinem geistigen Auge erscheinenseltsamerweise automatisch Sennenkäppis undFahnenschwinger, obwohl ich als unverbesserlicheStädterin keinen Bezug zum alpinen Brauchtum habe und noch nie auch nur als Zaungast bei einemÄlplerfest dabei war.

Wo Tradition ist, ist das Klischee nicht weit, mussich bei mir selber erkennen. Und ich ertappe michdabei, wie ich mit dem Gedanken an Traditionen inerster Linie «Heile Welt» verbinde: Volksfeste,Weihnachten, Ballenberg.

Im Gegenzug überfällt mich zwischendurch einUnbehagen über die Instrumentalisierung und dasVerdrehen von Traditionen. Da werden Kulturgüterzerstört, weil sie angeblich Zeugnis einer unwillkom-menen Tradition sind, da wird Geschichte zurecht-gebogen, um politischen Profit daraus schlagen zukönnen.

Geliebte, gehasste Tradition

Tradition polarisiert. Das merke ich nicht nur anmeinem eigenen Umgang mit dem Thema. Traditi-onsbewusste stehen Modernisten gegenüber, dieBewahrer den Erneuerern. In einer Zeit der Beliebig-keit können Traditionen einerseits einen willkom-menen Halt bieten; sie vermitteln ein Gefühl der Zugehörigkeit, etwa zu einer Familie, einem Berufs-stand oder einem Volk. Sie sind Teil einer gemein-samen Geschichte, ein verbindendes Element undhaben dadurch eine zentrale Bedeutung für jedeGesellschaft. Andererseits möchten sich viele vonTraditionellem abgrenzen. Anlässe und Bräuche, denen das Etikett «traditionell» anhaftet, werden alsaltbacken empfunden, stossen auf Ablehnung.

Tradition polarisiert. Und das ist gut so. Denn siebraucht die Diskussion, das Hinterfragen, die Aus-einandersetzung. Nur so bleibt sie lebendig, nur sokann sie bestehen.

EDITORIAL

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Digital Divide: Nirgends in Europa wird das Internet so rege genutzt wie in der Schweiz

Beswingt durchs Leben: Der Jazz der Dreissigerjahre feiert sein Comeback

Mario Vargas Llosa: Der peruanische Autor über die Globalisierung als Chance

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6Für viele ist es ungeheuer faszinierend, Traditionen zu pflegen und Rituale zu leben

Wirtschaftsstandort Tessin im Aufwind: Die Sonnenstube bändelt mit Norditalien an

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SCHWERPUNKT: «TRADITION»

6 Weichkäse, Buttertee und Rütlischwur | Fünf Porträts16 Traditionen hinterfragen | Historiker Werner Meyer20 Tabubruch | Frauen scheren aus24 Pilgerreisen | Sinnsuche auf dem Weg nach Santiago

AKTUELL

29 Leben versichern und Steuern sparen | Neue Produkte31 Treuebeweis | Die älteste Police der Winterthur Leben

Noch bequemer, noch schneller | Direct Net Ökopreis | Umweltbericht der Credit Suisse Group prämiert

32 Propeller | Neuer Service für Arbeitsnomaden

ECONOMICS & FINANCE

36 Regionenstudie | Das Tessin kennt keine Grenzen40 Aktienmarkt | Anleger brauchen Nerven wie Drahtseile42 Prognosen zum Länderindex43 Anlagen | Geheimrezept gegen Börsenschwankungen44 Euro | Das Bargeld rollt an47 Prognosen zur Konjunktur48 Biotechnologie | Einblick in eine dynamische Branche51 Prognosen zu den Finanzmärkten

E-BUSINESS

52 Digital Divide | Internet als Entwicklungshelfer57 @propos | Nichts als Ablenkung im Netz58 Technologiesektor | Zitterpartie für Anleger und Analysten

LUST UND LASTER

62 Seide | Ob Dessous oder Foulard, der Edelstoff fasziniert

SPONSORING

66 Swing Is King | Jazz für Lebenslustige71 Agenda

LEADERS

72 Mario Vargas Llosa | Ein Kämpfer für die Fantasie

SERIE

FINANCIALSERVICES

Das Bulletin ist das Magazin der Credit Suisse Financial Services und der Credit Suisse Private Banking.

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INHALT

Wie bewahrt man Traditionen in Zeiten des Wandels? Welche Traditionen sindüberhaupt erhaltenswert? Und wie bleibenTraditionen lebendig? Fünf Porträts zeigenMenschen, die sich Gedanken darüber machen, wie Traditionen als Weitergabe vonSitten, Bräuchen und Konventionen gelebtwerden können: der Pächter vom Rütli, vierMusiker, ein Käser, eine Tibeterin und einCouleurstudent.

Traditionenleben

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Eduard Truttmann Rütli-Pächter

«Man muss akzeptieren, dass Traditionen gerade heute wieder an Bedeutung gewinnen.»

KARIN BURKHARD Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an denvergangenen 1. August denken?EDUARD TRUTTMANN Der Anruf von der Depeschenagentur am frühenMorgen. Man fragte mich, ob es stimme, dass die EU-Flagge aufder Rütli-Wiese wehe. Tatsächlich hatten linke Aktivisten in derNacht die Schweizer Flagge heruntergerissen und die blaue mitden gelben Sternen gehisst.K.B. Hat Sie das gestört?E.T. Also wenn die Schweizer Flagge auf dem Rütli nicht mehr wehen darf, dann ist das schon bedenklich.K.B. Und die Umtriebe der Rechtsradikalen?E.T. Die Rechten sind jedes Jahr hier, im vergangenen Jahr ha-ben sie sich nur zum erstenmal so richtig laut zu Wort gemeldet,als Bundesrat Villiger zu einem Plädoyer für die EU ansetzte.K.B. Was haben Sie empfunden, als sie die Buhrufe hörten?E.T. Ich war ja nicht selber auf der Wiese, sondern am Arbeiten hierim Restaurant, aber ich denke, dass eine 1.-August-Rede schonmehr auf den Nationalfeiertag ausgerichtet sein sollte.

Eduard Truttmann ist seit sieben Jahren Pächter auf dem Rütli,und das bedeutet: Landwirt, Schreiner, Zimmermann, Gärtner,Postbeamter, Wirt… Kaum ein Beruf, den er hier oben nicht

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wahrnimmt. Mit seiner Frau Lisbeth führt er auf dem geschichts-trächtigen Anwesen am Urnersee, das 1869 von der Schweize-rischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) gekauft und demBund als «unveräusserliches Nationalerbe» geschenkt wurde, dieLandwirtschaft und das Restaurant. Bis zu tausend Hungrigewollen an sonnigen Tagen verköstigt und mit historischen Kurz-lektionen bedient werden. Letztere holt sich der Fünfzigjährigeaus einer kleinen Broschüre, die so aussieht, als hätte sie schonsein Geschichtslehrer benutzt.K.B. Wie behält man Traditionen am Leben? E.T. Indem man sie möglichst wenig verändert.K.B. Werden sie aber nicht gerade dadurch erstickt?E.T. Im Gegenteil! Nehmen Sie die Tell-Spiele. Die Inszenierungenwerden ständig moderner mit dem Resultat, dass den Veran-staltern die Leute davonlaufen. K.B. Wie beurteilen Sie die moderne Geschichtsschreibung? E.T. Das ist auch nur eine Optik.K.B. Sagen Sie den Touristen, dass mit dem Bund von 1291 ent-gegen der landläufigen Meinung kein «Staat» begründet wurde?E.T. Aber irgendetwas in dieser Richtung ist hier oben schon passiert, da muss ich mein Geschichtsbild nicht revidieren.

Das Gespräch über Geschichte(n) und Mythen ist EduardTruttmann unangenehm. Er sei kein Mann der Bücher und müssejetzt endlich an die Arbeit: den Stall ausmisten, den Vorhof abspritzen, die Ponys füttern. Kräftig packt der Schmächtige zu,kein Mann der Worte, einer der Taten, und die sind hier oben gefragt, wo eine Veranstaltung die andere jagt: einmalige wie Michel Jordis Firmenanlass und regelmässige wie Fahnenüber-gaben, Beförderungsfeiern oder die Rütlischiessen.

Als 1999 das Pistolen-Rütlischiessen unter Druck geriet, weildie Umweltbehörden eine übermässige Bleikonzentration im Bo-den rund um den Einschussbereich festgestellt hatten, fand erdas «völlig übertrieben» und «medial aufgebauscht wie so man-ches». So dezidierte Aussagen relativiert er aber umgehend undbeschwört seine Neutralität. Neutralität? Mit Sicherheit schwei-zerische Nüchternheit. Man müsse doch akzeptieren, dass geradeheute Traditionen wieder an Bedeutung gewinnen würden. DasAlte, das noch vor kurzem verschmäht wurde, werde wieder her-vorgeholt. Als Beispiele nennt er das «neu erwachte Vereins-leben» und die «grössere Zustimmung zum Militär». K.B. Was ist das Faszinierendste an Ihrer Arbeit auf dem Rütli?E.T. Das Alleinsein, die Abgeschiedenheit, die Selbstbestimmung. K.B. Sie tragen ein Sweatshirt aus Kanada. Schwärmen Sie fürdie Abgeschiedenheit in den kanadischen Wäldern?E.T. Das Auswandern ist heute schwierig geworden, aber gefallenwürde es mir dort schon. Man kann überall gut leben, wenn mandie richtige Einstellung hat.K.B. Unterscheidet sich die Rütli-Pacht von einer gewöhnlichen?E.T. Die Rütli-Pacht ist letztlich eine Pacht wie jede andere – auchhier müssen die Kuhfladen von der Wiese aufgesammelt werden.

Karin Burkhard

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TRADITION

ten sie im Sturm. Auch in der herkömmlichen Volksmusikszenestiessen sie auf viel positives Echo. «Wir hatten schnell Erfolg beiden Musikanten», sagt Markus. «In der Ländlermusik wird vielWert auf die technische Ausführung gelegt. Wenn du schnellerspielen kannst als die anderen, bist du schon mal gut », ergänztDani. Die Beherrschung der traditionellen Ländlermuster sicherteden Jungs die Anerkennung der alten Volksmusikhasen. «Wir hat-ten am Anfang ganz bewusst die urchigen Schnellschottisch im Programm», erinnert sich Hans. «Dani konnte auf der Klari-nette brillieren, ich am Bass. Da konnten die Puristen sagen, ‹esist zwar kein richtiger Bass, aber er kanns wenigstens›». Siekönnten ja, wenn sie wollten. Aber sie wollen nicht. Nicht mehr.

«Für viele ist Ländlermusik ein Heimatersatz»

Alle sind sie mit der Volksmusik aufgewachsen. Hans und Brunoals Söhne der Ländlerikone Hans Muff. Markus entdeckte alsSiebenjähriger das Schwyzerörgeli und ist seitdem nicht mehrdavon losgekommen. Dani studierte Klarinette am KonservatoriumLuzern. Volksmusik ist der rote Faden, der sich durch ihre Mu-sik zieht. Aber auch andere Musikstile stehen Pate bei Kompo-sitionen und Arrangements. Am Anfang spielten sie noch leichtmodifizierte Ländlermusik. Markus: «Wir waren als Ländlerkap-pelle mit dem E-Bass die Sensation. Aber nur herkömmlicheStücke aufpeppen, das finden wir heute nicht mehr spannend.»

Im Vordergrund steht die Spielfreude, Experimente sind an derTagesordnung. Sporadische Zusammenarbeit mit Gastmusikernwie dem Ländlergeiger Noldi Alder oder mit Anton Bruhin, demKönig des «Trümpi», der Maultrommel, prägt die Musik von pa-reglish ebenso wie die Suche nach neuen Klängen, die auch malvom Computer erzeugt werden dürfen. Tradition ehren, weiter ent-wickeln, aber nicht konservieren. «Wir möchten von den gängigenArrangements wegkommen, weil wir spüren, dass die Aussageder Musik viel besser zur Geltung kommt, wenn das Verkrustete wegfällt», erklärt Dani. «Wir leben jetzt. Sogar die hin-terletzten Traditionalisten fahren Auto und surfen auf dem Inter-net. Wir begreifen nicht, wieso gewisse Leute heute noch aufdampfbetriebener Musik bestehen», wehrt sich Hans gegen dieReduitmentalität von Verfechtern einer Volksmusik in Reinkultur.

Seit geraumer Zeit rollt eine Ethnowelle durch die Musikwelt.Davon profitieren auch pareglish. Bruno: «Bei uns spielt derVolksmusikbonus sicher eine Rolle. Für viele ist Ländlermusik einHeimatersatz, die Suche nach etwas, das verloren gegangenist.» So wird die Musik von pareglish auch regelmässig Objektvon mehr oder weniger weit hergeholten Interpretationen seitensdes Publikums. «Wir wollen nichts weiter, als auf der Bühne stehen und Musik machen», versichern alle vier einhellig. Und:«Wir wollen keine Botschaft verbreiten». Auf ihrer Website tunsies doch: «Die vier Musiker verstehen sich nicht als reine Volks-musik-Interpreten, sie selbst sind ein Stück Volksmusik, ein heu-tiges Stück.» Und bestimmt auch eines von morgen.

Ruth Hafen

«Ohne verkrustete Traditionenkommt die Aussage der Musik

viel besser zur Geltung.»«räm-dä-däm-dä-däm-däm-däm», «Ankebälleli», «Ländler meetsKlezmer». Die Titelwahl, die die Innerschweizer Band «pareglish»für ihre Stücke trifft, verwirrt Ländlerfreunde und jene, denen sich das Nackenhaar beim Gedanken an Schweizer Volksmusiksträubt. Der Name, «pareglish»: Ein Muothataler Dialektausdruck,übersetzt heisst er «giggerig». Kein Alpenglühen weit und breit,keine Fahnenschwinger. Stutzig macht auch die Besetzung:Schwyzerörgeli, Klarinette, Klavier, wie es sich gehört. Aber wassollen Elektrobass, Harmonium und Synthesizer?

Markus Flückiger, Schwyzerörgeli; Dani Häusler, Klarinette;Bruno Muff, Piano; Hans Muff, Bass. Seit 1997 sind sie als pare-glish unterwegs, verunsichern Ländlerkonsumenten und eröffnenVolksmusikhassern neue Horizonte. Der Mix aus Volksmusik ver-schiedenster Länder, mit einem Schuss Klezmer, begeistert Publikum wie Presse und brachte der Band schon im Grün-dungsjahr den Prix Walo in der Sparte Volksmusik. Die Band hat dieAuszeichnung zwar gerne entgegengenommen, für die vier Mu-siker ist sie aber kein Anlass für ein übersteigertes Selbstwert-gefühl. Was zählt, ist die Musik, die die vier Jungs mit viel Elan,Witz und Herzblut machen. Doch nicht nur das Publikum erober-

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«Traditionen, die nicht mehr gefragt sind, kann man nicht aufrechterhalten.»

«Der Käse und das Kloster, das ist eine grosse Tradition», be-grüsst uns Ernst Odermatt. Doch beinahe wäre diese Traditionverloren gegangen. Vor zwei Jahren nämlich ist die Klosterkäsereiein Opfer der Käsemarktliberalisierung geworden, weil sie ihrenSbrinz aus eigener Kraft nicht vermarkten konnte.

Doch just zu diesem Zeitpunkt klopften Ernst und JudithOdermatt bei der Klosterleitung in Engelberg an und präsentier-ten das Konzept einer modernen Schaukäserei. Der Käser undseine Tochter, die Tourismusfachfrau, schlugen den Padres vor,künftig anstelle des Sbrinz einen Weichkäse zu produzieren – unter den Augen der Touristen, die live miterleben sollten, wieKäse von Hand hergestellt wird. Das Projekt überzeugte. DieKlosterleitung bot Hand für den Umbau, und so ist eine moderngestylte Schaukäserei entstanden, die seit Anfang Jahr all jeneeines Besseren belehrt, die glauben, die Schweizer Käser hättenden Anschluss an die Neuzeit verpasst.

«Unsere Weichkäse können heute durchaus mit den franzö-sischen mithalten», glaubt Ernst Odermatt und fügt der warmenMilch Bakterienkulturen, Kalzium und Lab bei, « aber das Pro-blem ist, dass man einen Schweizer Käse nicht in der gleichenStimmung konsumiert wie einen französischen, da fehlen die

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Ernst OdermattKäser

Ferienstimmung, die guten Gerüche…» Im Übrigen liesse manbei uns die Käse viel zu wenig lang reifen.

Dass mit dem Ende der Käseunion viele Käser unter Druckgeraten sind, ist für Ernst Odermatt nicht erstaunlich. «Es hat sokommen müssen», meint er, « langfristig kann man das Gesetzvon Angebot und Nachfrage nicht einfach aushebeln.» Er selberhat nie Unionssorten produziert, nie Subventionen eingestrichen,sondern in seiner eigenen, kleinen Käserei in Dallenwil diverseWeichkäse produziert… und sich gelegentlich gewundert, wieunflexibel sich die Käsefunktionäre gebärdeten, wenn sie seineWeichkäse partout nicht mittransportieren wollten, obschon esdoch zwischen den Emmentaler-Laiben grosse Leerflächen gab.

Auch in Oklahoma gibts guten Emmentaler

«Man kann Traditionen nicht aufrechterhalten, die nicht mehr gefragt sind», sagt der 57-jährige Käser, während er die geron-nene Milch mit der Käseharfe zerschneidet.» Aber man kann Tra-ditionen erneuern, um sie zu erhalten.» Wer das nicht tue, bleibeauf der Strecke. «Die Schweizer Käser haben sich zu lange zu sicher gefühlt und waren entsprechend arrogant.» Von seinen Besuchen in ausländischen Käsereien weiss er, «dass die Kon-kurrenz nicht geschlafen hat». Er habe im Allgäu oder in Oklahomainzwischen genauso guten Emmentaler gegessen wie in derSchweiz. Schade sei nur, dass es die Schweizer Käsefunktionäreverpasst hätten, den Emmentaler wenigstens als Namen zu schüt-zen. Verständnis hat er aber dafür, dass die Schweizer Käser so lange fast ausschliesslich Hartkäse produzierten. «Bei unsererstarken Ausrichtung auf den Export war und ist das schon richtig.Denn Hartkäse lassen sich besser transportieren.»

Nein, patriotische Aufwallungen sind seine Sache nicht, imGegenteil. «In Übersee stelle ich mich immer als Europäer vor.»Und: «Ich habe auch gar nichts gegen Ausländer, eine Zeitlanghat bei mir in der Käserei sogar ein Japaner gearbeitet.» SeineAnsichten brächten es denn auch mit sich, dass er nicht seltenmit den Linken oder Grünen sympathisiere. Und mit einem ver-schmitzten Lachen fügt er an: «Das entspricht nicht dem Kli-schee, das Ihr Städter von einem typischen Käser habt, nichtwahr?» Dann gibt er sich als Ländlerfan zu erkennen und meint:«Bei meinem Musikgeschmack bin ich eben ein ganz konventio-neller Typ.» Doch sofort schränkt er ein: «Dixieland gefällt miraber auch ganz gut.»

Apropos Traditionen erneuern: Aus Odermatts Erneuerungs-prozess ist der Rahmweichkäse «Engelberger Klosterglocke»hervorgegangen, der sich bereits grosser Beliebtheit erfreut. Erwird nicht nur im Bistro serviert und im Käsefachgeschäft ver-kauft, die der Schaukäserei angegliedert sind, sondern auch vonGrossverteilern in der Zentralschweiz vertrieben.

Mit seinen Innovationen – inzwischen ist noch der «Engelber-ger Klosterkäse» und «Ein Stück Schweiz» dazugekommen –sorgt Ernst Odermatt dafür, dass der Käse und das Kloster einegrosse Tradition bleiben. Karin Burkhard

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Schwierig findet sie dagegen, diese Traditionen fernab der Heimatan ihre drei Kinder weiterzugeben. Konsum- und Vergnügungs-sucht seien einfach zu allgegenwärtig. «Da ist es schwierig, gegen Luxus und Gier anzureden. Aber ich lasse nicht locker»,sagt Dechen Emchi entschlossen. Und so verordnet sie schonmal freiwillige Arbeit, wenn diese nicht ganz so spontan kommt,wie sie sich das wünschen würde. «Im Kulturzentrum lasse ichdie Kinder gelegentlich Couverts einpacken.»

Im tibetischen Kulturzentrum in Zürich, das sie zusammen mitihrem Lebenspartner aufgebaut hat und betreibt, sorgt sie dafür,dass auch die Jungen ihre Wurzeln nicht vergessen. Sie organi-siert Vorträge und Diskussionen, Feste und tibetische Tanz-abende. Bei letzteren macht sie «mit grosser Begeisterung selbermit, in der tibetischen Tracht, die ich sehr gerne trage».

Für die Befreiung kämpfen

In ihrem gemieteten Reihen-Einfamilienhaus am Fusse des Üetli-bergs dagegen erinnern neben dem Altar nur noch das tibetischeMandala an der Haustüre an ihre Herkunft, während sie das übrigeMobiliar unlängst durch hiesiges ersetzt hat. «Wichtig sind nichtdie einzelnen Gegenstände, sondern die Lebenshaltung.»

Als Dechen Emchi 1969 mit ihrer Familie – sie hat sieben Geschwister – in die Schweiz, ins Tösstal, kam, hat sie sich an-fänglich gewundert, wenn die Kinder auf dem Pausenplatz ihreBrote verzehrten, ohne vorgängig ihren Mitschülern etwas anzu-bieten. «Bei uns hat man immer automatisch alles geteilt.»

An den Tibet ihrer Kindheit erinnert sich die 45-Jährige, obschon sie 1959 bei der Flucht nach Indien erst drei Jahre altwar. «Ich sehe sanfte Landschaften vor mir und höre den Lärmvon fröhlichen Kinderspielen.» Schwache Erinnerungen, sicher,stark ist dagegen die Sehnsucht nach ihrer Heimat. «Wir Tibeterim Westen haben die moralische Pflicht, immer wieder an dasSchicksal des besetzten Tibet zu erinnern und uns für die Befreiung stark zu machen.» Eine Befreiung, die illusorischbleibt ? «Das muss nicht so sein. Mit dem Fall der Berliner Mauer hat lange Jahre auch niemand gerechnet.»

Für schlicht unmöglich hält sie, dass sich die Tibeter eines Tages mit den Chinesen arrangieren. «Wir haben mit den Chinesenabsolut nichts gemein, weder kulturell, ethnologisch, linguistischnoch kulinarisch. Oder haben Sie schon einmal einen Chinesengesehen, der Buttertee trinkt?»

Wenig Verständnis hat Dechen Emchi, die «gerne in derSchweiz lebt», für jene Stimmen, die den Tibet als Theokratie kritisieren. «Sicher, die hierarchischen Strukturen könnten ge-lockert werden, Tradition hin oder her.» Doch gleichzeitig fügt siebei: «Der Dalai Lama ist mein grosses Vorbild.» Und mit Blick aufdie tibetischen Traditionen meint sie: «Bei uns haben sich wun-derbare Traditionen erhalten, die keinesfalls verändert werdendürfen. Dazu gehört unser Umgang mit den alten Menschen. ImTibet würde nie jemand in ein Altersheim abgeschoben. Daranwerde ich mich in der Schweiz nie gewöhnen.» Karin Burkhard

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«Ich setze alles daran, die tibetischen Traditionen zu leben und zu verteidigen.»

Der Altar in ihrem Schlafzimmer mit den Buddhas, Glückssym-bolen, Schutzgöttinnen und Reisschalen ist der Ort der Einkehr,wo Dechen Emchi am Morgen dafür betet, dass sie tagsüber «allen Lebewesen gegenüber die grosse Empathie aufbringt»,die der Buddhismus von ihr verlangt. Am Abend dann denkt siein dieser ruhigen Ecke über den Tag nach, bedankt sich für dieguten Erlebnisse und versucht, aus ihren Fehlern zu lernen.

In jüngster Zeit allerdings sind diese Meditationen oft wegge-fallen, weil sie mit ihrer Umschulung von der Krankenpflegerinzur Kosmetikerin zu sehr beschäftigt war. «Das muss sich ändern,denn mir fehlt etwas, wenn ich mir die Zeit für diese Gebete nicht nehme.»

In ihrem neuen Kosmetik-Studio dagegen, wo sie auch tibe-tische Massagen anbietet, kann sie die Werte, die ihr so wichtigsind – Güte, Mitleid, Mitfreude und Gleichmut –, gut leben.«Wenn ich spüre, dass jemand Probleme hat, dann versuche ichzu helfen, auch wenn die bezahlte Stunde längst abgelaufen ist.»Und zur Gratwanderung zwischen Gelassenheit und Geschäfts-sinn meint sie: «Ich setze alles daran, die tibetischen Traditionenzu leben und standhaft zu verteidigen, was mir inzwischen auch gelingt.»

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«Es ist ungeheuer faszinierend,Traditionen zu pflegenund Rituale zu leben.»

Das Holz ist dunkel geworden, das Schwert hängt etwas schief:Die hölzerne Statuette von Namenspatron Karl dem Grossen aufdem Stammtisch der Studentenverbindung Carolingia hat schoneinige Jährchen auf dem Buckel. Schliesslich gibt es die Carolin-gia schon seit 1893, womit sie zu den älteren und auch zu dengrösseren Verbindungen in Zürich gehört. Im Jahre 2001 zählt siean die 200 Altherren und gut 30 aktive Mitglieder, pro Semesterkommen bis zu drei neue hinzu, Nachwuchsprobleme gibt es keine.

Jede Woche versammeln sich die aktiven Mitglieder der Carolingia, Aktivitas genannt, am Stammtisch im RestaurantPlattenhof in Zürich und pflegen die Burschenherrlichkeitgemäss ihrem Comment, dem studentischen Benimmkanon.Laut und fröhlich geht es zu und her, wenn das Bier die Männer-kehlen hinunterrinnt, wenn alte Studentenlieder geschmettertund ewige Farbenbrüderschaft besungen werden. Aber derComment darf auch im Biertaumel nicht vergessen gehen, und darüber wacht nicht zuletzt der X, wie der Vorsitzende der Aktivitas in der Verbindungshierarchie heisst.

Andreas GallmannCouleurstudent

Jetzt, mitten am Nachmittag, ist es still im Plattenhof, nur wenige Tische sind besetzt, und niemand trinkt Bier. Auch X nicht – er nippt an seiner Cola und scheint ganz anders zu sein,als man sich einen Farbenbruder vorstellt. Andreas Gallmann, 29 Jahre alt, trägt T-Shirt und Ohrring und studiert ein Fach, das unter dem Verdacht der Linkslastigkeit steht, nämlich Geschichte.Mit einem breiten Lachen sagt er: «Wir sind durchaus offen gegen aussen.»

Frauen bleiben draussen

Willkommen sind bei der Carolingia alle Studenten der Uni undder ETH Zürich, ungeachtet ihrer politischen und konfessionellenAusrichtung – sofern sie männlichen Geschlechts sind. Das Thema «Frauen» sorgt, wie in anderen Studentenverbindungen,auch in der Carolingia für hitzige Diskussionen. Gallmann sagtleicht verlegen: «Für mich persönlich ist der Ausschluss derFrauen unumstösslich.» Männer unter sich würden sich nun malanders verhalten, wenn Frauen anwesend seien, und er schätze es,unter Kollegen «etwas Seich zu machen».

Schliesslich: «Dass Frauen keinen Zutritt zu Studentenver-bindungen haben, liegt in der Tradition begründet.» Die erstenStudentenverbindungen stammten aus einer Zeit, da den Frauendas Studium verwehrt war. Doch die Uni ist längst keine Männer-bastion mehr. Warum dann noch die Studentenverbindungen?

«Was uns Couleurstudenten verbindet», sagt Andreas Gall-mann, «ist der Bund, den wir fürs Leben schliessen und die

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Freude an der Pflege von Traditionen.» Auch von solchen, diesich überlebt haben. So weiss ausserhalb der Verbindungen heute niemand mehr, was ein Bierzipfel ist, (damit markierte manden eigenen Bierkrug, damit es in Zeiten der ansteckenden Syphilis nicht zu fatalen Verwechslungen kam) oder warum maneinen «Cerevis», einen «Biernamen» trägt (ein Pseudonym, umsich als republikanisch gesinnter Student in monarchistischenZeiten vor Verfolgung zu schützen).

«Wir pflegen das studentische Lebensgefühl des 19. Jahr-hunderts», sagt Andreas Gallmann, Cerevis «Glen Lukull». «ImGrunde ist es ein riesiges Schauspiel. Das Stück wurde vor hundert Jahren geschrieben, und wir sind die Darsteller.» Dieselbstredend in der richtigen Kostümierung auftreten: Reitstulpen,weisse Hose und weisse Handschuhe, das dunkle Oberteil,«Flaus» genannt, und das Farbenband gehören zum Vollwix derCarolinger. Als Mitglied einer nichtschlagenden Verbindung trägter keinen Degen, dafür ist das blaue Couleur immer dabei – jenes kecke Käpplein mit dem Emblem «floreat crescat vivat»:Möge die Verbindung «blühen, gedeihen, leben».

Vorbei ists mit dem Rebellentum

Äusserliche Reminiszenzen an eine Zeit, in der die Studenten-schaft ein anderer Wind umwehte: Jener der Fortschrittlichkeit,des republikanischen Geistes, ja der Revolution. Im 19. Jahr-hundert hatten die Studenten grossen politischen Einfluss, ins-besondere in Deutschland. Die Farben der deutschen RepublikSchwarz, Rot und Gold waren ursprünglich Farben einer stu-dentischen Verbindung. Andreas Gallmann: «Damals war jederStudent in einer Verbindung und galt als Verkörperung des rebellischen Denkens. Heute haben die Verbindungen jeglichesRebellentum verloren.»

Politik wird heute am Stammtisch strikt ausgeklammert. «Manwill keine Diskussionen, bei denen es Zwist geben könnte.» Wobei die Gefahr, sich ob unterschiedlicher Positionen zu zerstreiten, ohnehin nicht gross wäre – das politische Spektrumder Farbenbrüder ist eng, und die meisten gehören zu den Bewahrern, nicht zu den Erneuerern.

Denn einmal mehr: Verbindend ist die Freude an Traditionen.«Als Historiker, aber nicht nur als solcher, ist es ungeheuer fas-zinierend, Traditionen zu pflegen und die Rituale zu leben», sagtAndreas Gallmann. Eine Faszination, die er auch als Zunftmit-glied am Zürcher Sechseläuten ausleben kann. Ein Traditionalistdurch und durch? Längst nicht in allen Fragen. Die Legalisierungweicher und harter Drogen etwa sei für ihn ein Gebot der Zeit.Der EU-Beitritt auch. Und: «Klar, dass ich die Gleichstellung derFrauen beruflich und gesellschaftlich voll und ganz unterstütze.»Meili Dschen

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Feuer oder Asche –Sein oder Schein

Prof. Dr. Werner Meyer ist Professor für Allgemeine Geschichte

und Schweizergeschichte des Mittelalters an der Universität Basel.

Bekannt sind unter anderem seine Publikationen zur Entstehung der

Eidgenossenschaft sowie die Bildbände über Burgen der Schweiz.

«Tradition ist etwas Lebendiges, Erwünschtes und in einer Gruppe Verankertes. Eine schlechte Tradition gibt es also nicht.»Interview: Jacqueline Perregaux, Redaktion Bulletin

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JACQUELINE PERREGAUX Gibt es eine typische Schweizer Tradition?

WERNER MEYER Das kann man so nicht sagen, weil die Schweizkein eigener Kulturraum ist. Sie ist durchschnitten von Kulturraum-grenzen, die aber über die Landesgrenzen hinauslaufen. So gehörtetwa die Südschweiz zum lombardischen südalpinen Kulturraum,der alpine Kulturraum reicht von den Seealpen bis nach Slowenien,und Basel ist Teil des Kulturraums Oberrhein. Abgesehen vonausgesprochen politisch-patriotischen Traditionen, die sich im letz-ten Jahrhundert entwickelt haben – zum Beispiel der Nationalfei-ertag –, kann man deshalb nicht von einer eigentlichen SchweizerTradition sprechen.

J.P. Wann spricht man generell von Tradition?

W.M. Wenn etwas mehr als nur eine Gewohnheit ist, bewusstbetrieben wird und als gut und erwünscht betrachtet wird. Eineschlechte Tradition ist also ein Widerspruch in sich. Und etwas,das einfach «schon immer so gemacht» wurde, ist noch keineTradition, selbst wenn es uralt ist.

J.P. Wie entstehen Traditionen?

W.M. Sie werden nicht als Traditionen in die Welt gesetzt, sondernentstehen mehr durch ein Erkennen im Nachhinein, dass etwaszur Tradition geworden ist. Es ist also eine Frage der Bewusst-seinsbildung und nicht der Kreativität.

J.P. Gibt es einen Unterschied zwischen Brauch und Tradition, oder

anders gefragt, wann wird aus einem Brauch eine Tradition?

W.M. Es gibt Traditionen, die keine Bräuche sind, aber ein Brauchist auf jeden Fall an eine Tradition gebunden. Die Fasnacht bei-spielsweise ist ein Brauch und hat eine Tradition. Und die Tatsache,dass die öffentlichen Verkehrsbetriebe in Basel mehrheitlich Tramsanstelle von Bussen haben, ist eine Tradition, aber kein Brauch.

J.P. Was braucht es, damit etwas zur Tradition wird?

W.M. In erster Linie Trägerschaften, die sie betreiben, seien dasnun Vereine, Gruppen oder Familien. Es gibt natürlich auch Tradi-tionen kleinerer Gruppen. Aber die Tradition muss von einer Grup-pe als solche wahrgenommen werden; eine «Individualtradition»ist ein Widerspruch. Das Zitat «Tradition ist die Weitergabe derFlamme, nicht der Asche» bringt es auf den Punkt: Eine Traditionmuss etwas Lebendig-Erlebtes beinhalten und in einer Gruppeverankert sein. Sie kann nicht einfach ein Szenario sein, welcheshinterher immer wieder durchgespielt wird.

J.P. Sonst erkaltet sie und wird zu «Asche»...

W.M. Die «Asche» könnte man im Folklorismus sehen. In derInnerschweiz gibt es noch Sennen, die im Sommer auf ihrer Alpjeden Abend den Alpsegen singen. Das ist Ausdruck einer leben-digen Tradition. Wenn jedoch Leute, die keinen eigentlichen Bezugzum Leben als Senn haben, sich einmal monatlich in eine Trachtstürzen und zu irgendwelchen Klängen irgendwelche Tänze auf-führen, um nachher wieder in ihren Alltag zurückzukehren, dannist das Folkloristik. Und das ist nichts anderes als «Asche», er-kaltete, erstarrte Tradition, die an der Oberfläche bleibt.

J.P. Braucht eine Tradition auch ein Datum?

W.M. Die Bindung an ein Datum kann natürlich einen festigen-den Charakter haben, ist aber nicht zwingend. Die Ethnologiespricht vom Wiederholungsritual, wenn etwa ein Fest an einenTermin oder eine Jahreszeit gebunden ist. Unsere technisierteWelt lässt uns jedoch immer unabhängiger werden von der Jah-reszeit. Das führt zu einer Verflachung von zeitlich gebundenenBräuchen, es sei denn, sie werden durch andere Bedürfnisse ge-stützt. Wenn zum Beispiel auf dem Land die männliche Jugendden Mädchen ein Kompliment machen möchte, dann stellt sie ih-nen einen Maibaum vors Haus. Das entspricht einem echten,zeitlosen Bedürfnis und wird darum auch weiterhin so betrieben.

J.P. Gibt es auch falsche Traditionen?

W.M. Es existieren allenfalls Traditionen, die sich durch falscheVorstellungen legitimieren, ohne dass sie deswegen selber falschsein müssen. Nehmen wir das Beispiel des 1.-August-Feuers.Es wurde um 1890/91 eingeführt – darf also ruhig als Traditionbezeichnet werden – und geht auf ältere sommerliche Feuer-bräuche zurück. Heute ist jedoch vielerorts die Vorstellung ver-breitet, diese Feuer beruhten darauf, dass anno 1291 in der

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Innerschweiz Burgen angezündet worden seien und dass es seitdamals Brauch sei, am 1. August Feuer zu entzünden. Das istnatürlich ein Unsinn. Man kann aber durchaus 1.-August-Feueranzünden im Bewusstsein, dass es sie seit 1891 gibt.

J.P. Wie grenzen Sie Tradition und Mythos ab?

W.M. Ein Mythos ist immer ein Erklärungs- und gleichzeitig einLegitimierungsversuch für Grundsätzliches. Das Infragestellenvon Mythen ist daher oft eine sensible Thematik. Allerdings darfman etwas nicht verwechseln: Wer einen Legitimierungsmythosin Bezug auf seine historische Realität durchleuchtet, stellt damitja nicht die Sache selber oder eine Tradition in Frage, sondernnennt den Mythos beim Namen. Mit anderen Worten: Die Exis-tenzberechtigung der Schweiz wird nicht bestritten, wenn manfeststellen kann, dass der Rütlischwur nicht stattgefunden hat.

J.P. Ist das Festhalten am Mythos vielleicht auch Ausdruck von

Traditionalismus?

W.M. Traditionalismus heisst ja, dass etwas seine Legitimität allein dadurch erhält, dass es Tradition ist, und nicht aufgrundseines Inhalts. Neues wird nur abgelehnt, weil es eben neu ist.In der Schweiz gibt es dazu eine Reihe von Beispielen, etwa derUmgang mit der Neutralität in Kreisen, welche die Schweiz gerneals «Sonderfall» darstellen. Oft ist dieser Umgang von einer

beachtlichen Unkenntnis der Neutralitätsgeschichte und desNeutralitätsinhalts geprägt: Dass noch vor 150 Jahren die Ent-sendung von Söldnern ins Ausland und der Abschluss von Sold-verträgen mit dem Ausland in keiner Weise als neutralitätswidriggalt, wissen diese Kreise offenbar nicht. Hier dient der Traditio-nalismus dann fast als Ersatz für rationale Argumente und läuftGefahr, in Fundamentalismus überzugehen.

J.P. Was ist mit dem Missbrauch von Traditionen? Traditionen können

einen ja auch von Erklärungsnotständen befreien.

W.M. Dazu gehört etwa die Vorstellung, die Schweizer Demo-kratie sei angeblich auf dem Rütli erfunden worden, obwohl dieersten Ansätze zu demokratischen Formen erst in die Zeit derHelvetischen Republik fallen. Auch unser militärisches Milizsys-tem wurde in der heutigen Form erst im 19. Jahrhundert, im Zeit-alter der Nationalstaaten, geschaffen. Es wird aber unbedenklichin die Anfänge der Eidgenossenschaft zurückdatiert und damitfundamentalistisch begründet. Das Entscheidende ist, dass dasRütteln an diesen Überlieferungen als Rütteln an Identitätsfun-damenten ausgelegt wird.

J.P. Wer sie in Frage stellt, gilt also als Verräter?

W.M. Nicht zwingend. Oft findet eine Vermengung von Gruppen-oder Volksidentität und persönlicher Identität statt. Das führt dazu, dass man sich persönlich betroffen fühlt und den Eindruckgewinnt, wenn dies oder jenes nicht mehr gelten soll, dann wirdeinem der Boden unter den Füssen weggezogen.

J.P. Das zeigt aber doch, wie weit die Identifikation mit bestimmten

Vorstellungen gehen kann.

W.M. Genau. Ein weiteres Beispiel, bei dem es um die Identitätgeht, ist die Vorstellung der Schweizer als Volk von Bauern undHirten. Gemessen an der Gesamtbevölkerung gab es im Gebietder heutigen Schweiz zu keiner Zeit mehr Bauern oder Hirten alsin anderen Ländern Europas. Die politische Führung ging immervon einer kleinen Gruppe aus. Es trifft also auch nicht zu, dassdie eidgenössischen Bauern grosse Kompetenzen hatten. Aberdie Vorstellung, dass dem so war, wird bis heute sichtbar. Werbei der Ankunft in Zürich-Kloten das Flughafengebäude durch ei-nen bestimmten Eingang betritt, wird von einem Stillleben mitKuhglocken und Ähnlichem begrüsst. So wird einem sofort deut-lich gemacht, dass man jetzt im Land des Sennenkäppis ist.

J.P. War «Bauer» nicht ursprünglich ein Schimpfwort?

W.M. Ja, und interessant ist, dass der Vorwurf, die Schweizerseien Bauern, zuerst von aussen kam, aus dem süddeutschenHumanismus und dem urbanen, gebildeten Italien. Das fingschon im 15. Jahrhundert an. Wie so oft bei Schimpfwörternwurde es dann umgedreht. «Bauer» war kein Schimpfwort mehr,sondern die Schweizer sollten stolz auf ihre angeblich einmaligebäuerliche Tradition sein.

Wer Traditionen missachtet, beschleunigt den Wandel; doch das tut niemand ungestraft. Text: Karin Burkhard

Tabu Traditionsbruch

Wollten mit alten Männertraditionen aufräumen:

Iris von Roten (links) und Emilie Kempin-Spyri

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Es war eine ganz einfache, aber gepflegte, weiss gestricheneHolzkirche im typisch neuenglischen Stil, in der Estelle und Hannes heirateten. Und obschon die Festgemeinde nur aus dem«Town Clerk» des kleinen Dorfes in Vermont und dem Traupaaraus der Schweiz bestand, gab sich der Pfarrer grösste Mühe, dieFeier würdevoll zu gestalten. Dabei hatte ihn Estelle kurz vor derZeremonie noch verärgert, weil sie im Ehegelübde das «...bis derTode euch scheidet» herausstreichen wollte.

Eine kirchliche Trauung hatten die beiden allerdings gar nichtvorgesehen. Doch der Reihe nach: Estelle und Hannes warenseit langem ein Liebespaar, zögerten aber, diese Liebe in einerInstitution festzuschreiben und so möglicherweise zu ersticken.Doch auf einer Ferienreise durch Neuengland kam das ThemaHeiraten dann doch nochmals auf – und wurde in einem Momentgrosser Emotionalität mit Ja beantwortet. Und nun wirkte der Zufall als Beschleuniger. Als sie nämlich im nächsten Dorf tankten,sahen sie auf der anderen Strassenseite ein Schild mit der Auf-schrift «Town Clerk». «Kann man hier eine Heirat beantragen?»,fragte Estelle schüchtern. Darauf der angegraute Beamte: «Baby,you are in the right place!»

Die betrogene Mutter

Weil die beiden niemanden in Vermont kannten, aber zwei Trauzeugen brauchten, organisierte der freundliche Gemeinde-schreiber, der sich netterweise zur Verfügung stellte, auch nochden Pfarrer seiner Basiskirche, was dieser, ganz pfarrherrlich, sodeutete, dass die beiden auch eine kirchliche Trauung wünschten.

Wieder in der Schweiz stellte Estelle fest – sie war alleinezurückgereist, während Hannes noch seine Nachdiplomstudienin den Staaten beendete –, dass ihre Spontanheirat nicht allegleichermassen begrüssten. Estelles Mutter verfiel gar in einetiefe Depression und warf ihrer Tochter vor, sie nicht nur um einen grossen Tag, sondern auch um die «Hohe Zeit» vor derHochzeit betrogen zu haben: «So etwas macht man nur in ganzschäbigen Familien!»

Mit dieser Erfahrung ist Estelle nicht alleine. Traditionen brechen, schafft Irritationen, ob das nun das private oder dasöffentliche Leben betrifft. Denn nichts Bequemeres, als sich aufTraditionen zu berufen; Traditionen als Weitergabe von Sitten,Bräuchen und Konventionen. Weitertragen von Althergebrachtemerfordert keinerlei Legitimation und entbindet von jeglicher Denk-arbeit: Weil es immer so war, muss es immer so bleiben. Der Tra-ditionsbruch und die Ablehnung der damit verbundenen Ritualeist deshalb oft auch ein Tabubruch – und der wiegt schwer.Estelle konnte den Schaden in der Familie erst wieder reparieren,als sie die Taufe ihres Sohnes wie ein traditionelles Hochzeits-fest zelebrierte.

Dass man mit Traditionen nicht ungestraft bricht, haben in derGeschichte vor allem jene Frauen gespürt, die mit alten Männer-traditionen aufräumen wollten. Allen voran die Vorkämpferinnender Frauenrechte, die die Vorherrschaft der Männer in Politik und

Arbeitswelt anfochten. Ihnen ist Ungeheuerliches widerfahren,viele sind daran zerbrochen.

Emilie Kempin-Spyri (1853–1901) etwa, die weltweit erste Juristin, musste zwölf Jahre nach ihrem hervorragenden Studien-abschluss («summa cum laude») um die Stelle einer Dienstmagdbetteln, weil es ihr verunmöglicht wurde, als Juristin zu arbeiten.Frauen seien als solche in der Berufswelt nicht vorgesehen, wurde ihr wiederholt beschieden.

Und das Bundesgericht in Lausanne, an das sie sich in ihrerVerzweiflung wandte, hielt 1887 fest: «Wenn nun die Rekurren-tin zunächst auf Art. 4 der Bundesverfassung («Alle Schweizersind vor dem Gesetze gleich», Anm. d. Red.) abstellt und aus diesem Artikel scheint folgern zu wollen, die Bundesverfassung postulire die volle rechtliche Gleichstellung der Geschlechter aufdem Gebiete des gesamten öffentlichen und Privatrechts, so ist diese Auffassung eben so neu als kühn; sie kann aber nicht gebilligt werden.»

Nicht viel besser ist es Iris von Roten (1917–1990) ergangen,die rund siebzig Jahre später gegen die Männervorherrschaft rebellierte. Sie forderte nicht nur das Recht, als Anwältin tätigsein zu können, sie wollte zusätzlich eine ganze Reihe von poli-tischen und gesellschaftlichen Frauenrechten durchsetzen.

In ihrem umfangreichen Emanzipationswerk «Frauen im Lauf-gitter» (1958) zeigte sie auf, wie die Frauen hierzulande, weil esdie Sitten und Bräuche angeblich so wollten, dazu verdammt

Tradition Hochzeit: Zwist ist vorprogrammiert

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waren, ein ziemlich kümmerliches Leben zu führen: «Wilde Aben-teuer, lockende Ferne, tolle Kraftproben, Unabhängigkeit, Frei-heit, das schäumende Leben schlechthin, schien in Tat, Wort undSchrift den Männern vorbehalten zu sein. Für die heranwachsen-den Mädchen aber sah es aus, als ob sie bei Stricken, Kochenund Putzen und in Gesellschaft von quengelnden Säuglingen eine Art zweiter Kindheit von bodenloser Langeweile zu erwartenhätten. Da trat an Stelle des Vaters einfach ein Ehemann, derebenfalls befehlen konnte, weil er bezahlte.»

Männliches Machtmonopol gefährdet

Das war starker Tobak für die Schweizer Männer. Iris von Rotensgleichermassen brillante wie radikale Abrechnung mit dem herr-schenden Männerkollektiv brüskierte selbst jene, die ihr grund-sätzlich nahe standen. Denn sie zeichnete das Patriarchalische,das alle Lebensbereiche der Gesellschaft durchdrang, so minu-tiös und für ihre Zeit so ungewöhnlich klarsichtig nach, dass damals übliche Redensarten wie «Wenn wir nur schön zusam-menspannen…» als naives Geschwätz entlarvt wurden. Für dieFrauen hiess das: Ihre Lebenslüge war in Gefahr. Und für dieMänner: Ihr Machtmonopol wurde in Frage gestellt.

Kein Wunder, dass von beiden Seiten blindwütig geschossenwurde. Erstaunlich war nur das Ausmass dieser Blindwütigkeit.Die Buchrezensionen reichten von bösartigen Unterstellungen bishin zu überspannten Verrissen, die sich im Nachhinein so lesen,als sei gar nicht von «Frauen im Laufgitter» die Rede, sondernvon einem Pornobuch oder einer Anleitung zum Männergenozid.

Erst viele Jahre später, 1991, ist «Frauen im Laufgitter» neuaufgelegt worden – und wurde sofort zu einem Bestseller. Dennin den Neunzigerjahren war die Zeit reif für Frauenanliegen. In der Tat sind viele Forderungen, die Iris von Roten in den Fünfzigern aufstellte und die damals als anmassende Attackenauf Männervorrechte galten, in der Zwischenzeit längst erfüllt.

Iris von Roten hat ihre Rehabilitierung und den Grosserfolg ihres Werks nicht mehr erlebt. Genauso wenig wie ihr Mann, Peter von Roten, der ihren Erfolg jedoch vorhersah: «Dein Buchwird noch in 2000 Jahren gelesen. Aber ich sage das nicht un-überlegt, sondern im Ernst … ein für seine Zeit bahnbrechendesWerk wie die Bücher des Kopernikus oder des Keppler.»

Doch selbst Polittraditionen sind nichts Statisches. In den ver-gangenen Jahren jedenfalls hat – und da sind die mutigen Vorkämpferinnen wohl nicht ganz unschuldig – eine wohltuendeÖffnung stattgefunden. Selbst die sakrosankten Institutionen

unseres Staatskörpers dürfen heute einer Leibesvisitation unter-zogen werden, ohne dass der Urheber der Kritik gleich geköpftwird.

Das hat sich unlängst bei der Auseinandersetzung mit WalterWittmanns neustem Œuvre «Direkte Demokratie – Bremsklotzder Revitalisierung» gezeigt. Sicher, es gab die blasierten Stim-men, die nur abwiegelten, aber es gab auch eine intelligente Debatte über die bedenkenswerten Punkte in Wittmanns Polemik.Ähnliches gilt für den Diskurs über die schweizerische Neutra-lität oder die nicht mehr ganz so heilige Zauberformel.

Erst kaltgestellt, dann gefeiert

Eine vergleichbare Öffnung ist derzeit auch in der SchweizerWirtschaft zu beobachten. Wer nicht zum Establishment gehört,nicht in einer traditionellen Männerbündelei verankert ist, hatzwar nach wie vor einen schweren Stand, findet seltener Gehörund bleibt, auch wenn er finanziell erfolgreich ist, ein Aussen-seiter – jüngstes Beispiel ist der Financier René Braginsky –,doch derzeit wird mit vielen Traditionen gebrochen.

Dazu gehört das grosse Schweigen rund um die Löhne, dasüber Generationen in der Schweizer Arbeitswelt zu den Konven-tionen zählte, die man nicht antasten durfte. Sei es unter demDruck der Globalisierung oder neuer Gesetzgebungen, Tatsacheist, dass die Extreme an beiden Enden, die schamlos hohen unddie schäbig tiefen Gehälter, im Moment kritisch hinterfragt werden.

Noch immer recht rigide funktioniert der Wissenschaftsbe-trieb. Forscher, die sich nicht an die gängigen Thesen halten undmit bewährten Forschungstraditionen brechen, werden erst ein-mal kaltgestellt. Das ist jedoch keineswegs nur ein schweizeri-sches Phänomen. «Die Wissenschaft reagiert nicht sehr flexibelauf neue Erkenntnisse», sagt Udo Pollmer, Lebensmittelchemikerund einer der profiliertesten Wissenschaftskritiker Deutschlands,«auf diese Weise bremst sie den Fortschritt eher, als dass sie ihn vorantreibt.» Er selber erlebt das momentan in der BSE-Forschung, die unbequeme Erkenntnisse «einfach unterschlägt».

Und so sei es kein Wunder, dass der «Fortschritt schon immervon Leuten gekommen ist, die nicht zum System gehört haben»:von Galileo Galilei über Charles Darwin bis Albert Einstein oderWerner Forssmann.

Letzterer hatte bahnbrechende neue Methoden der Behand-lung von Herzkrankheiten aufgezeigt, die bei den arrivierten Wissenschaftern erst nur Kopfschütteln auslösten. «Mit solchenKunststücken habilitiert man sich im Zirkus und nicht an einer an-ständigen Klinik», beschied ihm Kollege Ferdinand Sauerbruch.1956 wurde Forssmann für seine Verdienste mit dem Nobelpreisfür Medizin ausgezeichnet.

Für eine vitale Schweiz braucht es deshalb nicht nur aufge-schlossene Traditionalisten, sondern auch mutige Traditionsbre-cher. Sie sorgen dafür, dass nicht jene gefährliche Behaglichkeitaufkommt, die so oft in Selbstgefälligkeit und Stagnation mündet.

Iris von Roten

«Statt Abenteuer gab es für die jungen Mütter nur quengelnde Säuglinge.»

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Eine «europäische Kulturstrasse» belegt das Aufleben religiöser Tradition: Die Sinnsuche des 21. Jahrhunderts belebt den Jakobsweg, das Zubringernetz für mittelalterliche Bitt- und Bussgänger. Rosmarie Gerber, Redaktion Bulletin

Der Weg – religiöse Tradition mitneuem Etikett

Einkehr, Einsamkeit und Entbehrungen

prägen den Weg nach Santiago.

auf religiöse Traditionen zurück. Mit einsamem Rationalismuskommt man nicht überallhin.»

Binotto hat recht. Unzählige Seiten im Internet belegen dieBelebung der alten Pilgerwege, die Attraktivität der Wallfahrts-orte quer durch Europa. Während Kirchgemeinden und speziali-sierte Reiseunternehmen traditionsbewusstem Kirchenvolk einendurchorganisierten Ausflug nach Lourdes, Fatima oder Altöttingim Netz als Fast-Food-Kontemplation und religiös legitimiertenAuslandtripp verkaufen, machen sich Organisationen und ein-zelne Pilgerinnen und Pilger Seite um Seite auf unterschiedlichs-te Art und Weise für den langen Marsch nach Santiago de Com-postela stark.

Für Einsiedeln gibt ein zermanschter Tomatenkopf, als sattlächelnder Pater Pilgrim, Tipps für die Etappen von und nach der Kloster-Metropole. Sehr sachbezogen verkündet das Pater-chen den wissbegierigen Usern und Userinnen: «Unter dem Jakobsweg versteht man den mittelalterlichen Pilgerweg zum (angeblichen) Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Com-postela. Aus ganz Europa zogen während Jahrhunderten Hun-derttausende von Pilgern nach Santiago, sodass man durchausvon einem touristischen Massenphänomen sprechen kann. Einsiedeln war damals ein bekannter Wallfahrtsort und bedeu-tender Zwischenhalt für die Jakobspilger nördlich und östlich derSchweiz.»

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In den letzten Jahrzehnten haben sich die christlichen Amtskir-chen beider Konfessionen tüchtig ungesundgeschrumpft. DerSchweizer Reformtheologe Hans Küng fürchtete schon längst,dass die katholische Kirche zu «einer unwahrhaftigen Kirche»werden könnte, in der «den entscheidenden Fragen der Mensch-heit ausgewichen wird, in welcher man gar nicht merkt..., wieweit man überkommene Meinungen und traditionelle Begriffs-hülsen als Wahrheit weiter tradiert und wie weit man sich in Lehreund Leben von der ursprünglichen Botschaft entfernt hat.»

Hans Küngs Warnung scheint für eine Mehrheit der Bevölke-rung zu spät platziert. Längst haben an den traditionellen Eckdatendes Christentums ausserkirchliche Organisationen die Betreuungder massenhaft vereinzelten Bürgerinnen und Bürger übernom-men. Während um die Weihnachtszeit die Reisebüros mit Karibik-Angeboten Privilegierten die Kälte des Festes der Liebe ersparen,schieben die Heilsarmee, die Dargebotene Hand und Krisenin-terventionsstellen Sonderschichten für viele, denen die Flucht andie Sonne nicht gelingt. An Ostern und Pfingsten regeln Stras-senpolizei, Pannen- und Unfalldienste die zeitgemässe Tradierungder Hohen Feiertage zum Happening privaten Motorsports.

Kirchliche Omnipotenz erschlafft

Aber auch wenn die Omnipotenz der Amtskirchen langsam und stetig erschlafft, die christlichen Traditionen scheinen gleichzeitig

neu entdeckt zu werden: Weihnächtliche Einkehr und Besin-nungsveranstaltungen in reformierten Begegnungszentren er-freuen sich reger Nachfrage. Der Besuch der Mitternachtsmesseam 24. Dezember, als exotisches Event geplant, wird zum Er-lebnis. Vorösterliches Fasten gerät zum sonderbar sinnhaften Ersatz für sündhaft teure Wellness-Wochen. In zunehmenderZahl finden wohlstandsübersättigte Schweizerinnen und Schwei-zer in die Ordnung des alten Kirchenjahres zurück, halten sichan christlichem Brauchtum fest und deklarieren es prompt alsreines Gemeinschaftserlebnis ohne religiösen Hintergrund. Walter Hartinger, Ordinarius für Volkskunde an der UniversitätPassau, will diese Verlautbarungen in seiner Abhandlung «Reli-gion und Brauch» nicht gelten lassen: «Wesenselement desBrauches ist es schliesslich, dass er nicht völlig in die Beliebig-keit des einzelnen Individuums gestellt ist, sondern dass Faktumund Form seiner Durchführung von der Sitte gefordert werden.Auch dadurch kommt gleichsam Religion ins Spiel.»

Religiöse Traditionen leben auf

Religion im Spiel ist auch bei einer Neuerscheinung des Co-menius-Verlags im luzernischen Hitzkirch, der mit dem Titel «Ge-wusst wie und woher – Christliches Brauchtum im Jahreslauf»aufwartet. Der Autor, Thomas Binotto, Redaktor des Forums,des Pfarrblattes der katholischen Kirche im Kanton Zürich, erklärtnüchtern: «Jeder Mensch kommt irgendeinmal in eine Situation,in der ihm die Kontrolle über das Leben entgleitet; dann greift er

Die grossen Pilgerwege vereinigen sich

jenseits der Pyrenäen zum «camino francés».

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Genauso wenig frömmlerisch verbrämt ist die Pilger-Kontaktbörseunter www.ultreia.ch: Ursula möchte mit dem Fahrrad von Bernnach Santiago starten und sucht weitere Fahrradfreaks. Auch Ekkehard setzt aufs Zweirad, favorisiert aber zwei- bis drei-wöchige Etappen mit Pausen vom frommen Tretgang. Sebastian(«21/m») ist «gut zu Fuss» und hat schon 11 Wochen Jakobswegabgewandert. Diesen Sommer will er weitere drei Wochen mar-schieren und sucht Gesellschaft. Joseph hat das «Jahrtausendauf dem Pilgerweg nach St. Jakob abgeschlossen» und möchteseine Erfahrungen bei einem «Glas Wein weitergeben».

Kontaktbörse verkuppelt Pilger

Und die «Internationale Bruderschaft» wirbt unter http://mem-bers.tripod.es für die «Via Europae», fördert den Kontakt zwi-schen Santiagopilgerinnen und -pilgern und erklärt: «Der Ja-kobsweg hat uns geprägt, und wir sind davon überzeugt, dasses etwas Gutes ist, das die ganze Welt, ja die ganze Welt,kennen lernen sollte.» www.franziska.ch ist seit dem dritten Aprildabei, «das Gute zu erfahren». Am 15. Mai lässt sie die Internet-gemeinde aus Navarette wissen: «Etwas müde, langsam gelau-fen.» Franziska verliert sich nicht gerade in religiöser Ver-zückung, sie spiegelt eher die Stimmung einer Schulreise:«Endlich essen, viel trinken, endlich geduscht, endlich schlafengehen.» Aber trotz Wandervogel-Touch hat Franziska nicht ver-

gessen, den Pilgerstempel von Navarette im Netz aufzuschalten.Jolanda Blum, Autorin des im Ott-Verlag gerade neu aufgeleg-ten Wanderführers «Jakobswege durch die Schweiz», interpre-tiert die Gewohnheiten und den Ton der neuen Pilgergemeinde:«Der Pilgernde erlebt die Ruhe und den Lärm. Mögen alternativeFormen des Tourismus wie zum Beispiel das Mountain-Bike-Abenteuer angeboten werden, ‹der Weg› entspricht nach wie vor einem Lebensprozess. … Jeder Pilgernde begegnet unter-wegs seinen eigenen Grenzen und erfährt Situationen, die ihmseine realen Bilder, Vorstellungen, Ängste und Sicherheiten zusammenbrechen lassen.»

«Wer nach St. Jakob geht», assistiert Thomas Binotto der Autorin des Wanderführers, «geht auf eine Sinnsuche». «Und es ist eine Illusion», insistiert der Redaktor des Kirchenblattes, «zumeinen, man könne eine Wallfahrt losgelöst von der Kirche ab-ziehen. Wäre dem so, würden die Wallfahrtswege schon längstzu Bill Gates führen.»

Binotto mag richtig liegen, aber ein schöner Teil der neuen Pilgerinnen und Pilger würde ihm nicht lauthals zustimmen. DerManager eines mittelgrossen und global agierenden Industrie-unternehmens unterstreicht kurz vor dem Start zum Fussmarschnach Santiago sein kulturelles Interesse und vergisst nicht zu er-wähnen, er gehöre der katholischen Kirche nicht an. Ein fünfzig-jähriger Romanist betont nach dreimonatigem Pilgermarsch

den psychischen Belastungstest des Alleingangs nach Santiagound lässt jeden, der nicht danach fragt, wissen, er habe den segen-bringenden Mantel des Apostels in der Basilika selbstverständ-lich nicht geküsst.

«Erlösung suchen»

Am 25. Juli 1980 feierten rund 150 000 Pilgerinnen und Pilgerden Namenstag Santiago de Compostelas. Das journalistischeSchandmaul Norman Foster war dabei und beschreibt das Zu-sammengehen von Volksfrömmigkeit und plumpem Abriss, vonbilligen Vergnügungen und exklusivem Prunk und stolpert ganzam Schluss seines Buches «Die Pilger» in die Falle der Sinnhaf-tigkeit, verfängt sich im breit ausgeworfenen Netz tief verwur-zelter christlicher Traditionen. Foster staunt über die Poesie San-tiagos wie ein schwärmerisches Kind: «All das erschaffen mit demGeist, den Muskeln und der Vorstellungskraft unzähliger anony-mer Menschen, die den langen, mühevollen Weg auf der nichtenden wollenden Strasse nach Santiago auf sich nahmen, umihre Identität zu finden – und Erlösung zu suchen.»

Das Kloster Rüeggisberg (BE) war im Mittelalter eine wichtige Herberge für Jakobspilger auf dem Weg nach Santiago.

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Santiago – kopflos über Jahrhunderte wirksam

Ein fragwürdiger Leichnam schreibt seit zwei JahrtausendenKulturgeschichte und setzt bis heute Massen in Bewegung. St. Jakob lebt.Der Apostel Jakobus, sagt die Legende, war ein wortgewaltigerAgitator im Dienste des Herrn. 44 Jahre nach Christus soll er voneinem jüdischen Schriftgelehrten denunziert worden sein. Hero-des Agrippa liess ihn in Jerusalem einen Kopf kürzer machen.Damit der kopflose Jakob nicht im Heiligen Land unsinnig ver-rottete, soll der «Engel des Herrn» die Überfahrt des Leichnamspersönlich organisiert und ihn innert sieben Tagen mit einem Teilseiner Jünger übers Meer nach Galizien transferiert haben.

Pilger-Label wird kreiert

Auf der himmlischen Schifffahrt wurde mit der Legende auch dasLabel der Pilgerscharen, die Jakobsmuschel, kreiert. Das Pferd eines portugiesischen Ritters scheute vor dem unirdischen Licht, das die Leiche des Heiligen über dem Meer umgab und warf sei-nen Reiter in die Fluten. Der Unglückliche wurde der Mannschaftdes «Traumschiffes» zugespült. Die Jünger entdeckten, dass derGerettete über und über mit Jakobsmuscheln bedeckt war.

Jakobus wurde in Santiago de Compostela begraben und revanchierte sich für den Platz in christlicher Erde mit gut plat-zierten Wundern. Trotzdem blieb das Grab lange von geringer

Bedeutung. Erst im Jahr 759 liess Alfonso II von Asturien eineKirche über den Gebeinen des Heiligen Jakob errichten. SeineNachfolger bauten das Gotteshaus systematisch zur Kultstätteund zur europäischen Kapitale des Pilgertums aus. Die erstenschriftlichen Belege über die Pilgerstätte finden sich im Marty-rologicum des französischen Mönches Usard und wurden 865nach Christus publiziert. Als Schutz und Schirm wider die Mau-ren war der Reliquienschrein von umstrittenem Inhalt ein zentra-ler Teil der PR-Kampagne für die Kreuzzüge.

Im 12. Jahrhundert, das Gotteshaus war bereits zur Basilikaavanciert, wälzten sich die Pilger und Pilgerinnen zu Tausendenmit der Muschel am Umhang über deutsche und französischeWege nach Santiago de Compostela. Und überall am Weg ent-standen neue Gotteshäuser, wurden Pilgerherbergen hochgezo-gen. Reisende aus allen Regionen Europas suchten beim Heili-gen die Erfüllung ihrer geheimen Wünsche, büssten auf demlangen Weg weltliche und religiöse Vergehen, holten sich einenschnellen Ritterschlag für den Gang ins Heilige Land oder hat-ten sich ganz einfach aus der unerträglichen Enge ihres heimi-schen Daseins davon gemacht.

Über die Jahrhunderte weg schützte der kopflose Jakob Rit-ter und «Siechend Sennen», machte sich als Schutzpatron der Arbeiter und Lastträger nützlich und breitete seinen heiligenMantel über die unterschiedlichsten Städte.

Der Journalist Norman Foster schreibt über die Pilgerstättendes späten Mittelalters: «Die Strasse nach Jerusalem war durch-

tränkt vom Blut europäischer Edelleute, die Strasse nach Romgepflastert mit den schändlichen Geschäften korrupter Kirchen-herren; aber die Strasse nach Santiago war der Schlüssel, derdas Verlies Europa zu künstlerischer Lebenskraft öffnete.»

Europa belebt St. Jakob

«Das Verlies Europa» hat sich 1987 erneut auf den Mythos derJakobswege eingeschworen. Der Europarat erklärte das Wegnetznach Santiago zur europäischen Kulturstrasse und empfahl denSchutz des historischen, literarischen, musikalischen und künst-lerischen Erbes, das durch das Pilgerwesen entstanden war. Fol-gerichtig wurden die Jakobswege in Deutschland, Frankreich undder Schweiz eruiert, ausgebaut und ausgeschildert. Die vier gros-sen Zufahrtswege, auch der aus dem süddeutschen Raum undder Schweiz, vereinigen sich jenseits der Pyrenäen zum «caminofrancés», der die Pilger und Pilgerinnen über 700 Kilometer ge-meinsam dem Ziel, Santiago de Compostela, zuführt.

Ein Jahr nach der europäischen Deklaration wurde in Lau-sanne die «Schweizerische Vereinigung der Freunde des Jakobsweges» gegründet. Ihr Zentralsekretariat an der Route de Montfleury 38 in 1214 Vernier unterstützt künftige Pilge-rinnen und Pilger mit Material, Erfahrungsberichten, Adressenund dokumentiert den kulturellen Hintergrund. Aber auchSchweiz Tourismus und lokale Verkehrsvereine setzen auf denheiligen Weg und – wie in alten Zeiten – auf Prosperität dank Pilgerreisen.

Am Ende der Pilgerreise, der Erlösung ein Stück näher:

Kathedrale von Santiago de Compostela.

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einerseits nehmen wir Ihnen die gesamte Performance- und Risiko-

analyse Ihres Portefeuilles ab – und andererseits überwachen wir

die Einhaltung der gesetzlichen und anlagestrategischen Vorgaben.

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Beruhigend, wenn manbeim Global Custody

auf eine sichere Stütze zählen kann.

29Bulletin 3| 01Credit Suisse

AKTUELLPRIVATE BANKING

KILIAN BORTER Die Banken ent-

wickeln laufend neue, kompli-

zierte Produkte. Fondsgebun-

dene Lebensversicherungen

sind ein weiteres Beispiel. Wie

sollen die Kunden da noch den

Durchblick haben?

GIORGIO JENI FondsgebundeneLebensversicherungen sindschon länger ein beliebtesVorsorgeinstrument. Bei CreditSuisse Private Banking istheute jede zweite abgeschlos-sene Lebensversicherung aneinen Fonds gebunden. DieseArt der Versicherung ermög-licht dem Kunden, seine Vor-sorgelösung individuell zusam-menzustellen und gleichzeitigvon erhöhten Renditechancenzu profitieren.

Mit der neuen Online-Ver-gleichsmöglichkeit auf Insu-rance Lab schaffen wir Trans-parenz, die den Kunden dieOrientierung und die richtigeAuswahl erleichtern soll.

K.B. Was ist neu an diesen

Vergleichsmöglichkeiten?

G.J. Im Insurance Lab vonCredit Suisse Private Bankingkann der Kunde zum erstenMal Berechnungen mit seinenpersönlichen Daten und nichtnur mit Standardbeispielen

machen. Er kann selber ver-gleichen, ob es besser ist, einen Fonds zusammen miteiner Lebensversicherung zukaufen oder eine normaleFondsanlage zu tätigen. DerBenutzer sieht genau, wie vielGeld er in seiner gegenwärti-gen Situation sparen würde.

K.B. Wie funktionieren fonds-

gebundene Lebensversiche-

rungen?

G.J. Zu Beginn legt der Kun-de fest, wie viel Geld er für wielange in eine Lebensversiche-rung investieren will. Gleich-zeitig bestimmt er, in welcheFonds das Geld fliessen soll.Wie bei normalen Lebensver-sicherungen wird eine Todes-fallsumme ausbezahlt, fallsder Kunde noch während derLaufzeit sterben sollte. Sie istin der Regel höher als der zuBeginn eingezahlte Betrag.

K.B. Was geschieht, wenn der

Kunde die Laufzeit der Lebens-

versicherung «überlebt»?

G.J. Der Wert der Fonds-anteile wird bei Vertragsablaufzurückerstattet. Bei fonds-gebundenen Lebensversiche-rungen ist er im Normalfallgrösser als bei traditionellenLebensversicherungen, weildurch die Anlage in Fonds

eine bessere Rendite erzieltwerden kann.

K.B. Wer ist ein typischer Kunde

für ein solches Produkt?

G.J. Es ist eine Person mitmittelgrossem (ab 50000Franken) Vermögen, zwischen50 und 66 Jahre alt. Sieschenkt ihrer Steuersituationviel Beachtung, will für ihreAngehörigen vorsorgen, for-dert eine ansehnliche Renditeund möchte bei ihren Anlage-entscheiden flexibel sein.

K.B. Flexibel heisst, dass die

Fonds jederzeit gewechselt

werden können?

G.J. Grundsätzlich kann derKunde seine Fonds so oftwechseln, wie er will. HäufigeWechsel erhöhen aber nichtnur die Renditechancen, son-dern verursachen zusätzlicheKosten. Flexibel heisst auch,dass der Kunde verschiedeneFonds nach seiner Wahl in dieLebensversicherung integrie-ren kann.

Maximal sind zehn Fondspro Vertrag möglich. Aber esmacht selten Sinn, zu viele zuhaben, da Anlagefonds ansich schon stark diversifiziertsind. Die meisten Verträge,die wir abschliessen, kommenmit einem bis vier Fonds aus.

K.B. Welches sind die Vorteile

gegenüber dem Kauf von Fonds

ohne Lebensversicherung?

G.J. Die Erträge bei norma-len Fondsanlagen sind oftsteuerlich nicht so privilegiertwie innerhalb einer Lebens-versicherung. Gerade die Er-träge von Portfoliofonds undObligationenfonds sind meis-tens einkommenssteuerpflich-tig. Wenn man die gleichenFonds in eine fondsgebunde-ne Lebensversicherung integ-riert, sind sie unter Umständensteuerbefreit.

K.B. Können Sie ein Beispiel

geben?

G.J. Hat der Kunde zu Beginn100 000 Franken eingezahltund dank den Anlagefonds amEnde eine Auszahlung von150 000 Franken erreicht, istder Ertrag einkommenssteu-erfrei, falls der Kunde zu die-sem Zeitpunkt 60 Jahre alt ist und der Vertrag mindestens10 Jahre gelaufen ist. Hätteer die gleichen Fonds ohneLebensversicherung gekauft,wäre dies nicht der Fall.

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Interview: Kilian Borter

Steuern sparen mit fondsgebundenen Lebensversicherungen«Man sieht exakt, um welchen Betrag sich eine fondsgebundene

Lebensversicherung lohnt oder nicht», meint Giorgio Jeni, Product

Manager beim Insurance Competence Center von Credit Suisse

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Unsere fast 250-jährige Tradition ist ein Wert,

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Dass Bergler Pioniere sind,haben sie in mancher Bezie-hung gezeigt. Weise Voraus-sicht auf dem Gebiet der beruflichen Vorsorge hat dieAutomobilverkehr Frutigen-Adelboden AG (AFA) bewiesen:Vor 75 Jahren – rund 60 Jahre,bevor das Bundesgesetz überdie berufliche Alters-, Hinter-lassenen- und Invalidenvor-sorge in Kraft getreten ist –schloss sie mit der WinterthurLeben einen Vertrag über dieberufliche Vorsorge für ihresechs Chauffeure ab. Mit zwei

Automobilen entlasteten dieseden Postkutschenverkehr aufder Bergstrecke. Zumindest zu Beginn eine nervenaufrei-bende Angelegenheit, wie der Originalton des ersten Ge-schäftsberichts ahnen lässt:«Ein böses Kapitel ist das derChauffeure. Wenn einer 3 Wo-chen in einer sog. Chauffeur-schule das ‹Fahren› gelerntund am ersten Tag führt er ineinen Strassenhaag oder ca-

ramboliert mit dem ersten Kut-scher, der ihm begegnet. Einerglaubt, mit fixem Fahren zu im-ponieren, obwohl er instruiertist, nicht rasch, aber sicher zufahren.» Ob dies der Grundwar, sich über die Versiche-rungssituation Gedanken zumachen? Die AFA hat der Win-terthur Leben die Treue gehal-ten: Police Nr. 5 ist der ältestenahtlos laufende Vertrag derGesellschaft.

«Tue Gutes und kommunizierees noch besser». Und gewinneeinen Preis dafür. Ende Märzprämierte die SchweizerischeVereinigung für ökologisch be-wusste Unternehmensführung(öbu) die besten Umweltbe-richte von Schweizer Unterneh-men. 46 Firmen haben an derBewertung teilgenommen. Inder Kategorie der Grossunter-nehmen wurde der Umweltbe-richt 1999/2000 der CreditSuisse Group mit dem drittenPlatz ausgezeichnet. Umweltfachleute derFirma Pricewater-houseCoopersund eine un-abhängige Jurybestätigten derCredit Suisse Group unter an-derem «die um-fassendste und an-sprechendste Umwelt-berichterstattung einesFinanzdienstleisters in derSchweiz». Dass die Bemühun-gen um Nachhaltigkeit nichtnur gut kommuniziert werden,sondern auch im Alltag einThema sind, beweist auch dasUmweltzertifikat ISO 14001,das die Credit Suisse Group2000 erneut erhalten hat. Die gedruckte Kurzversion des prämierten Umweltberichtskönnen Sie mit dem beiliegen-den Talon bestellen. Die voll-ständige Fassung kann herun-tergeladen werden auf: www.credit-suisse.com/sustainability.

AKTUELL

31Bulletin 3| 01Credit Suisse

www.directnet.ch –Sicher, schnell undjederzeit

Winterthur Leben: Zweite Säule seit 75 Jahren

Lorbeeren fürUmweltbericht

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32 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Sorgenfrei arbeiten imAusland«Propeller» sorgt für frischen Wind auf dem Arbeitsmarkt:

Das britische Unternehmen hat sich auf den Transfer von Fach-

und Führungskräften spezialisiert. Zusammen mit der Credit Suisse

und weiteren hochkarätigen Partnern erleichtern die Spezialisten

Tausenden von Expatriates und Personalfachleuten das Leben.

Wer heute im Ausland arbeitet, schlägt sich mit weniger Gepäck, dafür mit mehr Bürokratie herum.

Ozeandampfer: Früher Symbol für Arbeit und ein besseres Leben in der Fremde.

Text : Christa Huber

Die Globalisierung der Wirt-schaft und das Internet rückenMärkte und Menschen immerenger zusammen. Kein Wun-der, dass auch der Traum vomArbeitsmarkt «sans frontières»immer realistischer wird. Pro-peller, der erste vollintegrierteExpatriation Service, kann dieGrenzen zwar nicht niederreis-sen, aber er hilft Personal-verantwortlichen und Expatria-tes (Arbeitskräften im Ausland),die administrativen Hürdenleichter und schneller zu über-winden. Ein Transfer in einanderes Land ist mit vielenUmtrieben verbunden. Arbeits-und Aufenthaltsbewilligungmüssen besorgt werden,Kranken- und Sozialversiche-rung sichergestellt sein, undder Expatriate möchte auchsofort zahlen und telefonierenkönnen. Anstatt sich also inRuhe auf Land und Leute vorbereiten zu können, musser sich mit viel Papierkramherumschlagen. «Wir entlasteninsbesondere auch die Per-sonaldienste, die für solcheTransfers verantwortlich sind.Sie können ihre Zeit für sinn-

vollere Aufgaben nutzen»,meint der CEO von Propeller,David Kneeshaw.

Wer ist Propeller?

Propeller ist eine unabhän-gige Gesellschaft, die sich auf den internationalen Trans-fer von Fach- und Führungs-kräften spezialisiert hat. Als erster Anbieter verbindet Propeller Online-Support (www.propelleronline.com)

mit individueller Beratung. DieIdee für diesen Service basiertauf einer Initiative der Renten-anstalt/Swiss Life, die den bei-den Gründern, David Kneeshawund Simon Barwell, den Startmit einem Investment ermög-lichte. Beide waren vorher fürSwiss Life UK tätig. Wie habensie den Bedarf für ihren Ser-vice ermittelt? «AusführlicheUmfragen unter Personal-leitern und Expatriates haben

gezeigt, dass der Bedarf nach Beratung und Unterstüt-zung gross ist», erklärt DavidKneeshaw. «Besonders dieExpatriates empfinden denadministrativen Aufwand, dermit einem Transfer ins Auslandverbunden ist, als Stress.»Marktanalysen haben ergeben,dass Grossbritannien und die Schweiz mit ihren je rund100000 Expatriates die gröss-ten Märkte in Europa sind. Jeder fünfte ausländischeArbeitnehmer in der Eidgenos-senschaft steht auf der Lohn-liste eines ausländischenUnternehmens. Deshalb kon-zentriert Propeller seine Dienst-leistungen vorläufig auf diesezwei Länder.

Erstklassige Partner

Propeller investierte viel Zeitin die Suche nach kompeten-ten Partnern. «Unsere Allianzensichern einen erstklassigenService, der den Kunden Zeitund Kosten spart», unter-

streicht Simon Barwell. In derSchweiz steht mit JBC AGein ausgewiesener Spezialist für Aufenthalts- und Arbeits-bewilligungen zur Verfügung.Credit Suisse stellt die Pro-fessionalität im Bereich Bank-dienstleistungen sicher. Undmit KPMG konnte Propellereinen globalen Experten fürSteuerfragen gewinnen. DieAllianzen mit einem grossenSchweizer Krankenversichererund im Bereich Mobiltelefoniewerden im Juni bekannt ge-geben.

Rasch, lückenlos und sicher

Was macht Propeller einzig-artig? «Propeller kombiniertals erster Anbieter webbasierteDienstleistungen und individu-elle Beratung in einem integ-rierten Leistungspaket. Alleerforderlichen Unternehmens-und Personaldaten müssennur einmal erfasst werden, umdanach rasch, lückenlos undsicher den gesamten Prozesszu durchlaufen», betont DavidKneeshaw. Über die Websitevon Propeller können sich die HR-Verantwortlichen unddie Expatriates über die Fort-schritte und die sie betreffen-den Termine orientieren. FürFragen stehen Spezialisten in der Schweiz und in Englandzur Verfügung, die über dasCall Center erreicht werden.Die HR-Verantwortlichen habenzudem einen persönlichen Ansprechpartner, mit dem sieihre individuellen Bedürfnissebesprechen können.

33Bulletin 3| 01Credit Suisse

AKTUELL

Mario Crameri, Leiter Business Development

und Controlling e-Channels Switzerland

«Expatriates sind ein sehr interessantes Kundensegmentfür die Credit Suisse.»

BEQUEMER BANKSERVICE FÜR ARBEITSNOMADEN

Als Leiter Business Development und Controlling e-Channels Switzerland zeichnet

Mario Crameri für das Propeller-Projekt bei der Credit Suisse verantwortlich. «Als

Spezialisten im Bereich E-Business suchen wir immer nach guten Partnerschaften und

innovativen Ideen», erklärt er. «Propeller hat nicht nur ein überzeugendes Business-

konzept, sondern mit der Rentenanstalt/Swiss Life auch einen seriösen Hintergrund.»

Das Angebot der Credit Suisse für ausländische Fach- und Führungskräfte in der

Schweiz umfasst ein Franken- und ein Euro-Konto, Kreditkarten sowie Direct

Banking-Produkte. «Expatriates sind ein sehr interessantes Kundensegment», stellt

Mario Crameri fest. «Mit unserem erstklassigen Service wollen wir deshalb auch lang-

fristige Geschäftsbeziehungen aufbauen.»Foto

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Die Kunst,

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für das Bulletin interessieren könnte, und wir

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Ihre Empfehlung zustellen.

Das Bulletin ist für die empfohlene Person

genauso kostenlos wie für Sie – und zwar auch

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Credit Suisse sein sollte.

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bulletinDas Magazin der Credit Suisse Financial Services und der Credit Suisse Private Banking

Ein Kanton sprengt Grenzen

«Das Tessin hat sich von der

Sonnenstube zum attraktiven

Wirtschaftsstandort gemausert »,

sagt Sara Carnazzi, Economic

Research & Consulting.

Denkt man ans Tessin, so überwiegennördlich der Alpen noch immer Assozia-tionen von lauen Sommernächten inStrassencafés und gemütlichen Grotto-besuchen. Das Klischee der Sonnenstubewurzelt tief. Natürlich ist das Gastgewerbenach wie vor ein wichtiger Sektor derTessiner Wirtschaft. Der Kanton hat esjedoch verstanden, im Laufe der Jahre zudiversifizieren und seine Branchenstrukturzu bereichern, indem er sich auf wettbe-werbsfähige Industriezweige ausgerichtethat, welche zum dynamischen Sektor derFinanzdienstleistungen hinzukommen.

In der Schweiz wird der Sonderstatus des Tessins oft verkannt. Institutionellbetrachtet gehört der Kanton Tessin zwarzur Schweiz, sprachlich und kulturell je-doch zu Italien.

Mailand lockt und beängstigt zugleich

Wenn auch in vielerlei Hinsicht vom italie-nischen Nachbarn angezogen, spürt manim Tessin oft ein Unbehagen gegenüberItalien. Verständlich, wenn man bedenkt,dass allein der Grossraum Mailand 13-malmehr Einwohner hat als das ganze Tessin(Abbildung 2). Vor diesem Hintergrund istauch die Ablehnung der bilateralen Verträ-ge zu deuten. Viele Tessiner befürchteten,dass dem norditalienischen Wirtschafts-koloss die Schleusen geöffnet würden.

Definiert man eine grenzüberschreiten-de Makroregion, die das Tessin und dienorditalienischen Regionen Lombardei,Piemont, Valle d’Aosta, Veneto und Tren-tino Alto Adige umfasst, so wäre dieserhypothetische Staat mit seinen rund 20Millionen Einwohnern hinsichtlich desBruttoinlandprodukts und des Pro-Kopf-Einkommens einer der reichsten Europas.Das Schicksal des Tessins und der italie-nischen Regionen, die nur durch eine po-litische Grenze voneinander getrennt sind,

ist im Gefolge der Globalisierung wiedermiteinander verflochten. Und dies unab-hängig von den Fortschritten der europäi-schen Einigung. Das Tessin sollte dennorditalienischen Wirtschaftsraum nichtals Bedrohung sehen, sondern als zusätz-liches Einzugsgebiet mit dynamischen undkaufkräftigen Märkten, in denen es alsergänzender Partner auftreten kann.

Der Tessiner Arbeitsmarkt war füritalienische Arbeitskräfte schon immersehr attraktiv, und das Phänomen derGrenzgänger prägt seit Jahrzehnten dieWirtschaft des Kantons (siehe Box). Aber

auch bei den Handelsströmen sind diewechselseitigen Beziehungen zwischendem Tessin und Italien ausgeprägt. DerAnteil Italiens an den Exporten des Tessinsbeträgt 27,6 Prozent. Bei den Importendeckt Italien hingegen 63,3 Prozent desTessiner Bedarfs ab. Ein Vergleich mitdem entsprechenden Landesdurchschnittlässt die Bevorzugung des italienischenHandelspartners deutlich hervortreten:Der Anteil Italiens an den schweizerischenExporten liegt bei 7,3 Prozent, derjenigean den Importen in die Schweiz bei 9,6Prozent.

37Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

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Das Tessin ist weit mehr als nur beliebte Feriendestination für zahlungskräftigeDeutschschweizer. Fast unbemerkt vom Rest der Schweiz entwickelt sich der Südkanton zum gefragten Wirtschaftsstandort, der Investoren ausdem In- und Ausland anlockt. Sara Carnazzi, Economic Research & Consulting

DER OFFENE ARBEITSMARKT: DIE ROLLE DER GRENZGÄNGER

Jeden Morgen drängen über 30000 Grenzgänger aus Italien ins Tessin. Sie

decken knapp 20 Prozent der Gesamtbeschäftigung im Kanton ab und ma-

chen 75 Prozent der dort tätigen ausländischen Arbeitskräfte aus. Im Schwei-

zer Durchschnitt liegt der Anteil der Grenzgänger an den Beschäftigten bei

vier Prozent. Die Verbesserung der Konjunkturlage im Laufe des Jahres 2000

hat dem Phänomen der Grenzgänger südlich der Alpen nach neun Jahren

ununterbrochenen Rückgangs neuen Schub verliehen.

Seit jeher spielen Grenzgänger im Tessin die Rolle eines Konjunkturpuffers.

Das grosse Reservoir an wenig qualifizierten und billigen Arbeitskräften hat

in der Vergangenheit die Ansiedlung von Produktionstätigkeiten mit geringer

Wertschöpfung im Tessin begünstigt, was die Branchenstruktur geprägt und

in Krisenzeiten anfälliger gemacht hat. Die Abschwächung der Lohnunter-

schiede zwischen Italien und der Schweiz hat das Tessin für solche Produk-

tionstätigkeiten weniger attraktiv gemacht. Das hat einen Teil der Tessiner

Unternehmen veranlasst, Arbeit durch Kapital zu ersetzen, was zur Steige-

rung der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen hat. Damit wandelt sich auch das

Gesicht der Grenzgänger: Die Zahl höher qualifizierter Arbeitskräfte steigt an.

Die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen

Union über den freien Personenverkehr verändern den Grenzgängerstatus. Es

sind nur noch eine wöchentliche und nicht mehr eine tägliche Rückkehr an

den Wohnsitz sowie die Einführung der geografischen und beruflichen Mobi-

lität vorgesehen. Viele fürchten sich vor Lohndumping und massivem Zustrom

italienischer Arbeitskräfte. Dennoch bringt die Annäherung an Europa dem

Tessin mehr Vor- als Nachteile.

Die im Oktober 2000 publizierte Regionalstudie «Tessin und die Regionen

Norditaliens. Struktur und Perspektiven» kann über http://bulletin.credit-

suisse.ch/service/shop/ger/privat/economic_research/ bestellt werden.

38 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Die Regionen spezialisieren sichIm Industriegürtel nördlich von Mailand spielen traditionelleIndustriezweige (Textilien, Metallerzeugnisse, Erdöl) die Hauptrolle. Im Tessin treten Finanzdienstleistungen vermehrt in den Vordergrund.Quelle: Bundesamt für Statistik

Moloch Mailand magnetisiertDer Grossraum Mailand allein hat 13-mal mehr Einwohner als das ganze Tessin. Die grenzübergreifendeMakroregion, in der 20 Millionen Menschen leben undarbeiten, ist eine der reichsten Europas.Quelle: Bundesamt für Statistik

Hauptspezialisierung

Zentrale städtische Dienstleistungen

Empfangsdienstleistungen

Traditionelle Industrie

Spezialisierte Industrie

Bergbau und Umwelt

Jährliches Bevölkerungswachstum (%)

1.11–1.74

0.79–1.11

0.35 –0.79

0.1–0.35

–1.43 –0.1Ständige Wohnbevölkerung

4000000

2000000

Lombardia Veneto

Trentino Alto AdigeTessin

Valle d’Aosta

Piemonte

Tessin

Valle d’Aosta

Piemont

Lombardei Veneto

Trentino Alto Adige

400000

Eine Standortqualität, die sich im schwei-zerischen Vergleich im Mittelfeld positio-niert, eine deutlich niedrigere Steuerbelas-tung sowie ein höheres Bildungsniveaumachen das Tessin zu einem attraktivenStandort für italienische Unternehmen.

Steuervorteile locken Firmen an

Der Steuersatz für natürliche Personenschwankt in den italienischen Regionenzwischen 35,3 Prozent für eine Person,die ein durchschnittliches Einkommen von100 000 Franken hat, und dem Höchst-steuersatz von 46 Prozent. Im Tessin liegtdie Bandbreite zwischen 18,5 und 37 Pro-zent. Auch die Höhe der Mehrwertsteuer,die natürliche Personen über den Konsumleisten, liegt in Italien mit 20 Prozent deut-lich über dem Schweizer Niveau von 7,6Prozent. Eine ähnliche Situation ergibtsich bei der Besteuerung der juristischenPersonen. Eine Unternehmung wird inItalien einer Gesamtbesteuerung von 41,2Prozent des Gewinns unterstellt. Deutlichtiefer werden Unternehmensgewinne imTessin besteuert, nämlich zwischen 19,7und 21 Prozent.

Die Qualität eines Standortes wird nichtnur anhand quantifizierbarer Faktoren be-stimmt. So weist das Tessin zum Beispielnicht die Vorteile einer Metropole wie Mai-land auf. Seine Nähe zu den grossen Wirt-schaftszentren Norditaliens ist jedoch einweiteres positives Standortmerkmal, zu-mal das Tessin an einer der Hauptver-kehrsachsen zwischen Italien und Mittel-und Nordeuropa liegt, die durch den Bau

des neuen St.-Gotthard-Eisenbahntunnelsan Bedeutung gewinnen wird. Ein Beispielist die Wahl des Tessiner Standortes durcheinige italienische Weltmarktführer derBekleidungsindustrie. Canali, Prada, Gucci,Zegna und andere haben sich in den letz-ten Jahren mit Produktions- und/oderVertriebsgesellschaften im Tessin ange-siedelt. Effiziente Infrastruktur, umfas-sende Finanzdienstleistungen, gut ausge-bildete Fachkräfte sowie die Lage vor denToren Mailands als einer der Modehaupt-städte der Welt, haben zu dieser Standort-wahl beigetragen.

Spezialisierung auf Nischenprodukte

Das Tessin kann in Bezug auf Grösse undSkalenerträge nicht mit Regionen wie derLombardei, dem Piemont oder dem Venetokonkurrieren. Aus diesem Grund hat der Kanton mit der Spezialisierung auf Nischenprodukte mit hoher Wertschöp-fung (pharmazeutische Industrie, mecha-nisch-elektronische Industrie, Elektronik-und Kunststoffindustrie) den richtigenWeg gewählt. Andererseits weist dasTessin komplementäre Funktionen für die norditalienischen Regionen auf, allenvoran die Finanzdienstleistungen. EineAnalyse der regionalen Spezialisierungenlässt gerade diese Rolle deutlich hervor-treten. Abbildung 1 zeigt die Hauptspezia-lisierung der jeweiligen Regionen; diesewurden anhand des lokalen Anteils der einzelnen Branchen hinsichtlich derBeschäftigten ermittelt und mit derenGesamtanteil im Bezugsgebiet verglichen,

in diesem Fall die grenzüberschreitendeMakroregion.

Die Hauptspezialisierung offenbarteinen industriellen Ring nördlich von Mai-land, der sich nach Osten in die ProvinzenBergamo und Brescia und die veneziani-schen Provinzen sowie nach Westen in dieRegion Piemont erstreckt. Hierbei spieltdie traditionelle Industrie – Textilien, Be-kleidung, Leder, Metallerzeugnisse, Erd-ölraffination – eine dominierende Rolle. ImTessin ist die Bedeutung der Industrie,insbesondere der traditionellen Industrie,zugunsten einer eher dienstleistungsorien-tierten Struktur stark rückläufig.

Banken sind auf dem Vormarsch

Die Spezialisierung des Bezirks Luganoauf zentrale städtische Dienstleistungendank einer starken Präsenz von Banken,Versicherungen sowie Rechts- und Unter-nehmungsberatung illustriert diesen Wan-del. Die Industriezweige mit hoher Wert-schöpfung konzentrieren sich im BezirkMendrisio. Im Bezirk Locarno steht dietouristische Ausrichtung des Kantons imVordergrund, während die nördlicherenBezirke auf Bergbau und Energieerzeu-gung spezialisiert sind.

Eine Analyse der regionalen Wachs-tumsdynamik hat ergeben, dass das Tes-sin dank Nischenprodukten mit hoherWertschöpfung von einer wettbewerbs-fähigen Branchenstruktur profitiert, auchwenn noch nicht das Niveau der schwei-zerischen Branchenstruktur erreicht wird.In den wertschöpfungsintensiven Sekto-ren sind die Tessiner Unternehmen im Ver-gleich zur Konkurrenz aus Norditalienwettbewerbsfähig und ziehen sogar italie-nische Direktinvestitionen an. Das Tessinbraucht die Konkurrenz seiner Nachbarnnicht zu fürchten, sondern kann im Kon-text der grenzüberschreitenden Makro-region aktiv mitspielen: als attraktiverStandort, komplementärer Partner undnicht zuletzt als kulturelle Brücke zwischenItalien und den Regionen nördlich der Alpen.

39Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

Sara Carnazzi, Economic Research & Consulting

«Das Tessin braucht die Konkurrenzseiner Nachbarn nicht zu fürchten.»

Sara Carnazzi, Telefon 01 333 58 82

[email protected]

Welche Renditen können Anleger beieinem Kauf von Aktien realistischerweiseerwarten? Sind das die 8,6 Prozent, umwelche die Schweizer Börse von 1925 bis2000 durchschnittlich pro Jahr gestiegenist, oder die 20,0 Prozent der zehn Jahrezwischen 1990 und 2000? In Japan betru-gen die entsprechenden Renditen im Ver-gleich nur 5,9 Prozent und 2,9 Prozent.Oder sind eher die 11,2 Prozent repräsen-

tativ, um welche der MSCI-Welt-Aktien-index seit Ende 1969 im Jahresmittel ge-stiegen ist?

Verschiedene Zeitperioden und Märkteweisen sehr unterschiedliche Renditen auf.Die Frage, welche Rendite erwartet wer-den kann, ist daher schwierig zu beant-worten. Sie hat aber grosse Auswirkun-gen: Wenn sich 10 000 Franken während30 Jahren mit acht Prozent vermehren,

wächst das Vermögen auf gut 100 000Franken. Bei einer durchschnittlichenJahresrendite von 20 Prozent stiege esjedoch auf fast 2,4 Millionen! Mit vier Pro-zent Zins hingegen würde nur ein Kapitalvon 32 000 Franken erreicht.

Höchstrenditen sind die Ausnahme

In den Neunzigerjahren wurden die Anle-ger mit historisch einmalig hohen Aktien-

40 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Der Aktienmarkt fährt AchterbahnViele erhoffen sich von Aktien Traumrenditen und das schnelle Geld. Und fahren bei einer Börsen-Talfahrt grosse Verluste ein. Der kluge Investor braucht vor allem zwei Dinge:gute Nerven und einen langen Atem. Karsten Döhnert und Roger M. Kunz, Economic Research & Consulting

«Anleger sollten sich von

Börsenschwankungen

nicht ins Bockshorn jagen

lassen», raten Karsten

Döhnert (links) und Roger M.

Kunz, Economic Research

& Consulting.

renditen verwöhnt. Wird der Zeitraum vonEnde 1925 bis Ende 2000 in fünfjährigePerioden unterteilt, so zeigt sich am schwei-zerischen Aktienmarkt, dass die beidenletzten Zeitabschnitte mit durchschnitt-lichen jährlichen Renditen von 18,5 Pro-zent (1990 bis 1995) beziehungsweise21,5 Prozent (1995 bis 2000) an derSpitze stehen (siehe Grafik). Die drittbestePeriode war die von 1980 bis 1985 mit16,8 Prozent. Umgekehrt gab es zweiFünfjahresperioden mit negativen jähr-lichen Durchschnittsrenditen: 1930 bis1935 mit minus 7,9 Prozent sowie 1985bis 1990 mit minus 1,8 Prozent.

Zur Performance von Kapitalanlagengehört nicht nur die Rendite. Untrennbardamit verbunden ist auch das Risiko: Man-che Anleger erinnern sich noch an denBörsencrash von 1987. Damals tauchtedie Schweizer Börse um fast 30 Prozent.Auch das erste Quartal 2001 strapaziertedie Nerven der Anleger. Der Swiss Per-formance Index (SPI) sank um zwölf Pro-zent, nachdem er zeitweise um fast 19Prozent im Minus lag. Ein Blick in die Ver-

gangenheit zeigt jedoch, dass grosseWertschwankungen beim schweizerischenAktienindex keine Seltenheit sind. So ver-lor er im Jahr 1974 mehr als 33 Prozent.Umgekehrt stieg er 1985 um mehr als 60Prozent. Gesamthaft gab es seit 1925 dreiJahre, in denen schweizerische Aktien ei-nen Verlust von über 25 Prozent erlitten.Dem gegenüber stehen 14 Jahre mit Kurs-gewinnen über 25 Prozent. Per Saldo gehtes somit an der Börse mehr auf- alsabwärts.

Im internationalen Vergleich schneidetdie Schweizer Börse sehr gut ab. Nur US-Aktien warfen eine noch höhere Renditeab. Von 1925 bis 2000 wiesen die Aktien-märkte in Deutschland, Frankreich, Gross-britannien, Italien, Japan, der Schweiz undden USA mehr oder weniger deutlichhöhere Renditen auf als Obligationen,Gold und Sparkonto. Allerdings gab es inder Vergangenheit einzelne, zum Teil sehrlange Phasen, in welchen sich die Börsenseitwärts oder gar abwärts bewegten.Dann werden Geduld und Nerven derAnleger strapaziert.

«Kurzfristig» ist länger, als man denkt

Solche Phasen werden auch in Zukunftimmer wieder vorkommen. Kurzfristig be-stehen gute Chancen, mit risikoärmerenObligationen besser abzuschneiden. Da-bei kann «kurzfristig» in einzelnen Aktien-märkten unter Umständen deutlich längerals zehn Jahre sein. Dieser Zeithorizontkann jedoch in aller Regel auf rund zehnJahre reduziert werden, wenn das Vermö-gen auf verschiedene Anlagekategorienund Märkte verteilt sowie zeitlich gestaffeltinvestiert wird.

Renditen von rund 20 Prozent pro Jahr,wie sie in den Neunzigerjahren vielfachbeobachtet werden konnten, dürften wie-der seltener werden. Selbst die Durch-schnittsrendite von 8,6 Prozent, die derSchweizer Aktienmarkt zwischen 1925und 2000 erreichte, könnte eine ambitiöseVorgabe darstellen: Die äusserst vorteil-hafte Entwicklung, die der Schweizer Ak-tienmarkt in der Vergangenheit im Ver-gleich zu anderen Märkten durchlaufenhat, dürfte kaum zur Regel werden. Aktienwerden jedoch auch in Zukunft langfristigeine höhere Rendite aufweisen als andereAnlageformen.

Karsten Döhnert, Telefon 01 334 61 00

[email protected]

41Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

Kapitalanlagen: Bulletin Online wirft einen

Blick in die Zukunft des schweizerischen

Aktienmarkts.

www.credit-suisse.ch/bulletin

Wie sieht die internationale Hitparade der

Kapitalanlagen der letzten 75 Jahre aus?

Wie lange dauert es, bis Aktien andere

Anlageformen übertreffen? Wo steht die

Schweizer Börse Ende 2010? Mit diesen

und weiteren Fragen beschäftigt sich die

neueste Ausgabe der Reihe «Economic

Briefing». Bestellen können Sie die Studie

«Kapitalanlagen 1925 bis 2000 – Fakten

und Analysen» mit dem beiliegenden

Talon.

Durchschnittliche 5-Jahres-RenditenSchweizer Aktienmarkt in CHF

1925

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–10%

–20%

An der Börse geht es mehr auf- als abwärts Wertschwankungen am Aktienmarkt sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Trotzallen Turbulenzen befand sich die Schweizer Börse in den vergangenen 75 Jahrenmehrheitlich im Steigflug.Quelle: Credit Suisse Economic Research & Consulting

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42 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Historische Gewinn- Gewinnwachstum in % KGV1

entwicklung in %

Markt Index 10.04.2001 1 Mt. 3 Mte. 12 Mte. 1999 A 2000 E 2001 E 2000 E 2001 E Inde

x-pr

ogno

se2

USA S&P 500 1168.4 –5 –11 –22 16 10 3 19.3 18.8 0Deutschland DAX 5913.8 –5 –6 –21 5 3 11 25.8 23.2 0Grossbritannien FTSE 5803.0 –2 –4 –11 9 12 12 19.0 17.0 +Frankreich CAC 40 5331.2 –1 –6 –16 10 29 11 26.1 23.4 +Niederlande AEX 570.5 –4 –10 –15 25 36 10 15.1 13.7 +Italien BCI 1757.0 +1 –5 –11 17 16 13 18.8 16.6 0Spanien General 917.2 –1 –0 –14 18 23 7 17.3 16.1 0Schweden Affersval. 238.6 –8 –12 –34 9 30 –4 16.8 17.6 0Finnland Hex 8628.5 +3 –25 –48 21 35 1 20.1 19.9 0Schweiz SMI 7173.5 –5 –9 –3 25 15 0 18.1 18.1 0Kanada Tor. Comp. 7745.8 –5 –10 –18 9 39 7 18.6 17.4 +Australien All Ord. Index 3169.6 –3 –0 –1 19 12 10 17.1 15.5 0Japan TOPIX 1263.7 +2 +1 –26 –5 107 28 40.8 32.0 –Hongkong Hangseng 12213.7 –14 –21 –28 25 15 12 12.2 10.9 +China HSCEI 419.8 +7 +11 +21 17 15 12 6.2 5.6 +Singapur DBS50 536.5 –16 –20 –21 62 27 15 14.2 12.4 0Malaysia KLCE 555.5 –20 –18 –41 46 24 15 12.1 10.5 –Thailand SET 279.5 –9 –5 –31 * 45 15 26.7 23.2 –Taiwan TWII 5353.5 –6 –2 –47 32 45 18 11.7 9.9 0Korea Kospi 491.2 –13 –12 –44 * 75 15 9.5 8.3 0

Historische Entwicklung in LokalwährungGewinnwachstum basiert auf Top-down-Ansatz (ausser Europa: Bottom-up)

1 KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis2 Relativ zum MSCI Welt:

+ = Outperformer0 = Marktperformer– = Underperformer

A AusgewiesenE Erwartet

* = nicht aussagekräftig

Quelle: Datastream, I/B/E/S, CS Group

10%

40%

50%

10%

35%

35%

20%

ALT NEU

Cash

Obligationen

Aktien

Marktneutrale Anlagen

Neue Anteile in den BenchmarksIn den Benchmarks ihrer Vermögensverwaltungsmandate hat CSPB den Anteil der marktneutralen Anlagenin allen Profilen auf zehn Prozent bis 20 Prozent erhöht.

Prognose Aktienmarkt der Credit Suisse Private BankingDa grundsätzliche Markteinschätzungen naturgemäss längerfristig angelegt sind, haben sich die aktuellenAktienmarktprognosen der Credit Suisse Private Banking (CSPB) seit Ende März kaum verändert.

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43Bulletin 3| 01Credit Suisse

JACQUELINE PERREGAUX Was hat sich seit der

letzten Prognose von Ende März verändert?

BURKHARD VARNHOLT Die grösste Verände-rung besteht in der Anpassung all unsererVermögensverwaltungs-Benchmarks.Neu ist, dass wir marktneutrale Anlagenim Benchmark aller Anlageprofile mit zehnProzent bis 20 Prozent gewichten. Markt-neutrale Anlageprodukte haben zum Ziel,bei historisch tiefer Korrelation gegenüberden klassischen Aktien- und Bondmärktenhohe risikoangepasste Renditen zu errei-chen. Die Anpassung unserer Vermögens-verwaltungs-Benchmarks ist unsere Ant-wort auf die neuen Herausforderungen an den Finanzmärkten. Im laufenden Jahrhaben nämlich 92 Prozent aller markt-neutralen Aktienfonds besser abgeschnit-ten als der Standard & Poors 500 Index.Wir denken, dass diese Outperformanceanhält.

J.P. Weshalb?

B.V. Marktneutrale Anlagen besitzen dreigrundlegende Besonderheiten, die es ihnenerlauben, in volatileren und vernetzterenFinanzmärkten besser abzuschneiden alstraditionelle Anlagen. Erstens reagierensie flexibler auf sich verändernde Finanz-marktentwicklungen. Im Gegensatz zu tra-ditionellen Anlagefonds können sie beifallenden Kursen in Liquidität ausweichenoder sogar gezielt Absicherungsinstru-mente auf besonders stark fallende Aktienoder Aktienindizes erwerben.

J.P. Und weiter?

B.V. Marktneutrale Anlagefonds berech-nen Performance-Gebühren in der Regelauf dem absoluten Mehrwert, gemessenam historisch höchsten Stand eines Fonds-anteiles. Dies schafft zusätzliche Anreizefür den Fondsmanager, Anlagerisiken nurdann zu tolerieren, wenn ihnen ein über-

durchschnittliches Renditepotenzial ge-genübersteht. Und drittens übt die meisthohe Flexibilität und Unabhängigkeit die-ser Fonds eine starke Anziehungskraft aufviele der weltbesten und talentiertestenInvestment Manager aus.

J.P. Und deshalb hat sich CSPB dafür ent-

schieden, die Benchmarks bei den Vermö-

gensverwaltungs-Mandaten und die Stra-

tegische Asset Allocation anzupassen…

B.V. Genau. Wir wollen mit diesemSchritt unser Engagement in diesem Be-reich betonen und noch mehr Kunden aufdiese Anlageform aufmerksam machen.Bei marktneutralen Anlagen investierenSie auf disziplinierte Art und Weise in guteIdeen und nicht in Märkte. Wenn Sie inviele verschiedene gute Ideen investieren,erhalten Sie meist eine bessere Vermö-gensdiversifikation, als wenn Sie in vieleAktien derselben Börse investieren. AberTalente lassen sich nicht beliebig ska-lieren. Das heisst, je früher Sie die «ge-scheitesten Köpfe» mit den besten Ideenfür sich reservieren, desto mehr verschaf-fen Sie sich einen Wettbewerbsvorteil.Das gilt für unsere Kunden genauso wiefür uns selbst.

J.P. Zurück zu den traditionellen Aktien-

märkten. Welches ist hier Ihre wichtigste

Änderung?

B.V. Japan wieder überzugewichten –und zwar unabhängig von der wirtschaft-lichen Situation des Landes, sondern mehrmit Blick auf die Reformanstrengungennach der Wahl des neuen Premierminis-ters Koizumi. Ausserdem gilt es auch zubeachten, dass in den japanischen Aktien-kursen nach einem über zehnjährigen«Bärenmarkt» sehr viel schlechte Erwar-tungen bereits in den Preisen enthaltensind.

J.P. Und was ist mit China?

B.V. China ist für uns nach wie vor das-jenige asiatische Land, welches uns alsAnlegerregion gefällt: Es weist eine starkeBinnennachfrage auf, ist relativ unabhängigvon der amerikanischen Wirtschaftssitua-tion und setzt seine Reformabsichten indie Tat um, wie die Privatisierungen derRegierung dokumentieren.

J.P. Werden die Nationalbanken noch weitere

Zinssenkungen vornehmen?

B.V. Die amerikanische Notenbank hatdie Zinsen kürzlich um die erwarteten 50Basispunkte gesenkt. In Europa sind dieAussichten auf eine weitere Zinssenkungbescheidener, weil die Europäische Zen-tralbank im Gegensatz zum amerikani-schen Fed ihre Geldpolitik primär an der Inflationsbekämpfung ausrichtet. Diehohen Nahrungsmittel- und Energiepreisein Europa schränken ihren Spielraum ein.

J.P. Welche Branchen werden von Ihnen

gegenwärtig eher übergewichtet, welche

eher untergewichtet?

B.V. Wir sind in frühzyklischen Branchenwie Immobilien, Papier, aber auch in Tabaksowie in Wachstumsbranchen wie IT Ser-vices und Software übergewichtet. Unter-gewichtet sind wir hingegen im Bereichder Technologie-Hardware und bei Wertender chemischen Industrie. Fo

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Interview mit Burkhard Varnholt, Global Head of Research Credit Suisse Private Banking

ECONOMICS & FINANCEPRIVATE BANKING

«Wir setzen auf marktneutrale Anlagen»

Nach der dreijährigen Übergangsfrist, dieam 31.12.1998 mit der Fixierung der bila-teralen Wechselkurse begann, wird in gutsechs Monaten, ab dem 1.1.2002, derEuro auch als Bargeld eingeführt. Dieselange Übergangsfrist war notwendig, um

die riesigen Mengen an Bargeld herzu-stellen und den Unternehmen genügendZeit für die innerbetrieblichen Umstellun-gen zu geben. Die Produktion in den ein-zelnen Prägeanstalten und Notendrucke-reien läuft auf Hochtouren, damit zu

Beginn des nächsten Jahres genügendBargeld vorhanden ist und das Wirt-schaftsleben nicht ins Stocken gerät.

Für den ganzen Euroraum werden knapp15 Milliarden Noten gedruckt (Box 1),wovon 10 Milliarden für die Erstausstat-

44 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Am 1. Januar 2002 tritt der Euro auch als Bargeld in Kraft.Bis es so weit ist, stehen jedoch noch einige logistischeund technische Herausforderungen auf dem Programm. Stefan Fässler, Economic Research & Consulting

Neue Scheine braucht das Land

«Nie mehr Lire-Millionär,

dafür immer die

richtige Währung in

der Tasche», freut sich

Stefan Fässler,

Economic Research &

Consulting.

Knapp 15 Milliarden Euro-Noten werden neu gedruckt. Aneinander gereiht

könnte man damit 4,5-mal die Strecke zum Mond pflastern.

tung vorgesehen sind. Aneinander gereihtergeben diese eine Strecke, die 4,5-maldem Weg zum Mond entspricht. Ebensomüssen etwa 50 Milliarden Münzen miteinem Gesamtgewicht von gegen 260 000Tonnen für die Erstausstattung geprägtwerden. Allein aus dem Metall dieserMünzen liessen sich weitere 35 Eiffel-türme bauen.

Diese ungeheuren Mengen stellen vorallem für grosse Länder wie Deutschland,Frankreich und Italien eine enorme logisti-sche Herausforderung dar. So sind dieKapazitäten der Werttransportunterneh-mer sehr limitiert, und es kann zu Eng-pässen kommen, wenn Banken undUnternehmen nicht die ganzen vier Monatedes Frontloading (September bis Dezem-ber) nutzen. Deshalb wird die Bevölkerungaufgefordert, ihre gehorteten Bargeld-bestände, vor allem die Münzen, so frühwie möglich auf ein Konto einzuzahlen,damit der Verarbeitungsaufwand über dieZeit verteilt werden kann.

Eine weitere grosse Aufgabe ist dieUmstellung aller Automaten. An fast jederEcke steht ein Geld-, Getränke-, Billett-oder Zigarettenautomat, welcher euro-fähig gemacht werden muss. Und selbstvor dem Einkaufswagen macht der Euronicht Halt – auch dieser muss für dieneuen Münzen umgerüstet werden.

Kriminelle wittern Morgenluft

Für die Banken im Euroraum sowie in derSchweiz kommt eine zusätzliche Heraus-forderung hinzu. Gelder krimineller Her-kunft sowie Schwarz- und Falschgeld wol-len ebenfalls getauscht werden. Kriminelle

werden die Gunst der Stunde nutzen, ihrGeld in saubere Euros zu tauschen. Dasheisst, dass an den Schaltern, trotz even-tueller Warteschlangen, die Echtheit desGeldes genau geprüft werden muss. Zu-dem gilt es, die bestehenden Vorschriftenim Zusammenhang mit der Geldwäschereikonsequent anzuwenden.

Für die Unternehmen in den Eurolän-dern wie auch in der Schweiz wird die Zeitfür die zahlreichen innerbetrieblichen Um-stellungen (siehe auch Bulletin 12/2000,1/2001, 2/2001) immer knapper. Unter-nehmen und Detailhändler in den Euro-ländern müssen zudem ihren Bargeld-bedarf ermitteln und sich rechtzeitig mit dennotwendigen Mengen eindecken, damitwährend der ersten zwei Monate desnächsten Jahres alles reibungslos funktio-

niert. Sie haben die Möglichkeit, Euro-Bargeld bereits vor dem 31.12.2001 zubeziehen. Ausserdem müssen sie die Vor-aussetzungen schaffen, um während derersten zwei Monate zwei Währungen ver-arbeiten zu können. Das heisst, es kannnoch mit nationaler Währung bezahlt wer-den, während das Wechselgeld in Eurozurückgegeben wird.

Dieser Umstand lässt die Bargeld-bestände in den Läden auf ein Mehrfachesder normalen Menge anwachsen. Es sindalso grössere Lagerräume und mehr Trans-porte notwendig, damit die Sicherheitgewährleistet bleibt.

Die breite Bevölkerung kann in einigenLändern der Europäischen Währungsunion(EWU) ab Mitte Dezember so genannteStarter-Kits, Beutel mit Euro-Münzen für

45Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

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LAND MIO. NOTEN NOTEN PRO EINWOHNER

Belgien 530 51

Deutschland 4342 53

Finnland 219 42

Frankreich 2570 44

Griechenland 581 55

Irland 243 66

Italien 2380 40

Luxemburg 46 115

Niederlande 655 41

Österreich 520 64

Portugal 535 54

Spanien 1924 56

Total 14 545 57

NEUE NOTEN: WELCHES LAND BEKOMMT WIE VIELE?

Zwischen 40 und 66 Euro-Noten pro Einwohner der EWU sind in

der Erstausstattung vorgesehen. Mit 115 Scheinen pro Kopf

tanzt der Zwergstaat Luxemburg aus der Reihe. Quelle: EZB

EURO-BARGELD: DAS WICHTIGSTE AUF EINEN BLICK

■ Ab 3. Januar 2002 können Sie Euro-Banknoten an den Schaltern und

an ausgewählten Cash-Service-Automaten der Credit Suisse und der

NAB beziehen.

■ Brauchen Sie bei Auslandreisen im Euro-Raum Ihr Bargeld in IN-

Währungen noch dieses Jahr auf (insbesondere Münzen).

■ Restliche Noten können Sie bei der Credit Suisse auf ein Konto einzah-

len oder in eine Währung wechseln, die nicht von der Euro-Umstellung

betroffen ist – am besten noch vor Ende 2001.

■ Mit Beginn der Ausgabe von Euro-Bargeld ab 3. Januar 2002 ist bis Ende

Februar 2002 auch der Wechsel von alten Noten in Euro-Noten möglich.

■ Nach dem 28. Februar 2002 sind die IN-Währungen als Zahlungsmittel

nicht mehr gültig.

■ Münzen in Fremdwährungen werden von den Banken in der Regel nicht

entgegengenommen. Sie können sie jedoch in grösseren Wechselstel-

len der SBB für karitative Zwecke abgeben.

■ Informationen: www.credit-suisse.ch oder www.euro-cash.ch

den Erstbedarf, kaufen. Das Geld darf jedoch nicht vor dem 1.1.2002 in Umlaufgebracht werden.

Euro-Bargeld auch in der Schweiz

Der Schweizer Franken bleibt hierzulandealleiniges gesetzliches Zahlungsmittel.Dennoch wird mit der Einführung des Bar-geldes der Euro auch bei uns präsentersein als bis anhin. Vor allem Tourismus-und Grenzgebiete werden als erste mitdem Euro-Bargeld in Berührung kommen.Für Unternehmen heisst das, dass sieihren Bargeldbedarf für den Jahresanfangplanen müssen. Die beiden GrossverteilerMigros und Coop werden in der ganzenSchweiz den Euro als Zahlungsmittelakzeptieren, das Wechselgeld jedoch inSchweizer Franken herausgeben.

Die Schweizer Banken werden – wieBanken anderer Drittstaaten – AnfangDezember 2001 mit Bargeld beliefert. Siedürfen dieses zwar auf ihre Filialen vertei-len, aber nicht vor dem 1.1.2002 an ihreKunden weitergeben. Diese können dannim neuen Jahr Euro-Noten an den Schalternund an ausgewählten Bancomaten bezie-hen. Starter-Kits können in der Schweizjedoch nicht bezogen werden.

Wohin mit dem alten Bargeld?

Die Modalitäten für den Wechsel von natio-nalen Währungen in Euro sind von Land zuLand verschieden. Die EU-Kommissionhat darauf verzichtet, ein einheitlichesVorgehen für den Bargeldtausch vorzuge-ben, da die Gegebenheiten in den einzel-nen Ländern sehr unterschiedlich sind.Grundsätzlich gilt, dass die nationalenWährungen in den entsprechenden Län-dern in haushaltsüblichen Mengen beiGeschäfts- und Zentralbanken gebühren-frei bis zum 28.2.2002 getauscht werdenkönnen. So lange kann auch in den meis-

ten Ländern in Geschäften noch mit denalten Währungen bezahlt werden, wäh-rend das Wechselgeld bereits in Euro aus-bezahlt wird (Doppelwährungsphase).

Spätestens nach dem 28.2.2002 ver-lieren die nationalen Währungen ihre Gül-tigkeit als offizielle Zahlungsmittel undkönnen nicht mehr für den Einkauf ver-wendet werden. Bei den Geschäftsbankenkann das alte Bargeld jedoch weiterhin bis30.6., zum Teil bis 31.12.2002 getauschtwerden. Danach ist ein Umtausch nurnoch bei den jeweiligen Zentralbankenmöglich.

Noten aus fremden EWU-Staaten wer-den in der Regel nur gegen eine Gebührgewechselt, wogegen fremde Münzen ausKosten- und Logistikgründen nicht ange-kauft werden. Diese müssen bei den Zen-tralbanken der Ursprungsländer getauschtwerden.

In der Schweiz wird es so sein, dass dienationalen Noten aus allen zwölf EWU-

Staaten vom 3.1. bis zum 28.2.2002gegen eine Bearbeitungsgebühr in Eurogewechselt werden können. Da die Schweiznicht Mitglied der EWU und der Euro somitkein offizielles Zahlungsmittel ist, wirddiese Bearbeitungsgebühr für die Sortie-rung, Lagerung, Versicherung und denTransport der alten Noten verlangt. Mün-zen können – wie schon bis anhin – nichtgetauscht werden, da die Kosten der Ver-arbeitung den Wert der Münzen überstei-gen würden. Nach dem 28.2.2002 wirdder Bargeldtausch von IN-Währungen(nationale Währungen) flexibel gehand-habt. Das Vorgehen kann je nach Mengeund Währung variieren.Stefan Fässler, Telefon 01 333 13 71

[email protected]

46 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Im Bulletin Online finden Sie Informationen

zum Thema «Euro-Bargeld und Falschgeld».

www.credit-suisse.ch/bulletin

Für die Erstausstattung werden 50 Milliarden Euro-Münzen

neu geprägt. Zusammen wiegen sie soviel wie 35 Eiffeltürme.

47Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

Unsere Prognosen zur Konjunktur

SCHWEIZER KONJUNKTURDATEN:

Wirtschaft wächst bei tiefer InflationDas verlangsamte Wachstum in den USA hat im ersten Quartal zuweniger Schweizer Warenexporten in die USA geführt. Während im ers-ten Quartal die Schweizer Ausfuhren insgesamt um gut zehn Prozentexpandierten, nahmen diejenigen in die USA mit gut sechs Prozent nurunterdurchschnittlich zu. Der private Konsum hat in den beiden erstenMonaten 2001 weiter zugelegt. Die Teuerung ist mit einem Prozent imersten Quartal auf bescheidenem Niveau verharrt. Binnenwirtschaft-liche Faktoren (Mieten) und steigende Benzinpreise lassen die Teuerungim laufenden Quartal leicht zunehmen. In der zweiten Jahreshälfte wer-den die Teuerungsraten jedoch wieder zurückgehen.

BIP-WACHSTUM:

US-Trendwende lässt auf sich wartenDie Lage hat sich stabilisiert, aber der Konjunkturmotor in den USA ist noch nichthörbar angesprungen. Die US-Wirtschaft expandiert 2001 mit rund 1,8 Prozent; vonRezession kann also keine Rede sein. Zur Lokomotive der weltweiten Konjunkturwird die mit knapp zwei Prozent robust wachsende Euro-Wirtschaft. Mit der im zwei-ten Halbjahr wieder erstarkenden US-Wirtschaft gewinnt zum Jahresende auch dieWeltkonjunktur an Dynamik. Mit einem Wachstum von gut drei Prozent können dieUSA im nächsten Jahr jedoch noch nicht an die Raten von 1999/2000 anknüpfen.

INFLATION:

Inflationssorgen trotz besserer KonjunkturDie konjunkturelle Verschnaufpause entlastet auch die Inflationssituation in den G7-Ländern. Insbesondere über die geringer ausgelasteten Kapazitäten nimmt derzyklische Druck auf die Preise ab. Zyklisch verzögert steigt die Kernrate insbesonderein der Eurozone noch an. Hier sind weitere Überwälzungseffekte der im letzten Jahrdrastisch gestiegenen Ölpreise auf die Verbraucherpreise zu erwarten. Auch die deut-lich gestiegenen Lebensmittelpreise treiben die Preise in die Höhe. Kurzfristig könntedie Teuerung im Euroraum daher sogar die Dreiprozent-Marke übersteigen.

ARBEITSLOSENQUOTE:

Schlechte Aussichten in Japan Mit der weltwirtschaftlichen Abkühlung trüben sich die Arbeitsmarktaussichten ein.In den USA macht sich dies mit einem Anstieg der Arbeitslosenrate gegen fünf Pro-zent besonders stark bemerkbar. Die Japaner leiden nicht nur unter dem derzeitigenKrebsgang der Wirtschaft, sondern sehen sich durch die Reformpläne der neuenRegierung mit einem weiteren Stellenabbau konfrontiert. In Europa präsentieren sichdie Arbeitsmarktverhältnisse hingegen in einem besseren Licht. Namentlich in Gross-britannien hat die Arbeitslosenrate ein historisch tiefes Niveau erreicht.

DER AKTUELLE CHART:

Euroland: Wachstumstal im Sommer Dank der robusten Binnennachfrage trotzte die Eurozone bislang denschlechten Nachrichten aus Übersee. Wegen der deutlich nachgeben-den Industrieproduktion gerät allerdings auch die Euroland-Wirtschaftin den Sog der Wachstumsabkühlung in den USA, und dies mit einerZeitverzögerung von einem Quartal. Nicht nur die fallende Exportnach-frage beeinträchtigt das europäische Wachstum, auch die Investoren inder Eurozone sind im Moment zögerlich. Mit den ersten Anzeichen einerUS-Erholung dürfte sich dies jedoch ändern, sodass bereits im zweitenHalbjahr 2001 mit einem erneuten Wachstumsschub in der Eurozonegerechnet werden kann.

12.00 01.01 02.01 03.01 04.01Inflation 1.5 1.3 0.8 1 1.2Waren 2.4 1.4 0.4 0.3 0.6Dienstleistungen 0.8 1.2 1.1 1.5 1.6Inland 1 1.4 1.3 1.6 1.6Ausland 3.1 1 – 0.6 – 0.8 – 0.2Detailhandelsumsätze (real) – 2 4.9 – 0.6Handelsbilanzsaldo (Mrd. CHF) –0.29 0.13 0.29 0.16Güterexporte (Mrd. CHF) 10.1 10.6 11 12.2Güterimporte (Mrd. CHF) 10.4 10.5 10.7 12.1Arbeitslosenquote 1.9 2 1.9 1.8 1.7Deutschschweiz 1.5 1.6 1.5 1.4 1.4Romandie und Tessin 3 3.1 3 2.8 2.7

Durchschnitt Prognosen1990/1999 2000 2001 2002

Schweiz 0.9 3.4 2.3 2.5Deutschland 3.0 2.9 2.2 2.4Frankreich 1.7 3.2 2.6 2.7Italien 1.3 3.0 2.3 2.6Grossbritannien 1.9 3.0 2.5 2.7USA 3.1 5.0 1.8 3.1Japan 1.7 1.7 0.6 1.5

Durchschnitt Prognosen1990/1999 2000 2001 2002

Schweiz 2.3 1.6 0.9 1.5Deutschland 2.5 2.1 2.5 2.0Frankreich 1.9 1.8 1.8 1.7Italien 4.0 2.6 2.5 2.0Grossbritannien 3.9 2.1 2.0 2.1USA 3.0 2.2 3.5 2.8Japan 1.2 –0.7 –0.4 –0.2

Durchschnitt Prognosen1990/1999 2000 2001 2002

Schweiz 3.4 2.0 1.9 1.8Deutschland 9.5 8.1 8.0 7.5Frankreich 11.2 8.8 9.0 8.2Italien 10.9 10.0 10.0 9.6Grossbritannien 7.3 3.7 3.4 3.5USA 5.7 4.0 4.7 4.9Japan 3.1 4.7 5.0 5.0

USA und EWU: Wirtschaftswachstum (reales BIP)%-Veränderung gegen Vorjahr

7

6

5

4

3

2

1

0

–1

–21992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

EWU mit Lag von 1 Quartal

USA

Quelle aller Charts: Credit Suisse

«Wir empfehlen Anlegern,

ein kleines Portfolio

mit verschiedenen, selektiven

Titeln zusammenzustellen

oder in einen Biotech-Fonds zu

investieren», sagt Jeremy

Field, Equity Research Credit

Suisse Private Banking.

Der Biotech-Sektor ist stark diversifiziert.Die dazugehörenden Unternehmen verfü-gen über ein sehr breites Spektrum. Trotz-dem können drei Unternehmensklassenidentifiziert werden:– Unternehmen, welche therapeutische

Produkte herstellen und aktive Sub-stanzen entwickeln; etwa Serono, dasmit Produkten zur Behandlung vonInfertilität und Multipler Sklerose übereine starke Marktposition verfügt.

– Gesellschaften, die sich auf Platt-formtechnologien spezialisieren undLaborgeräte und Reagenzien liefern; etwa Qiagen, welches integrierte Lösun-

gen für die Genomik-Forschung bietet.– Dienstleistungsunternehmen, welche

die benötigten Technologien zur Ver-einfachung des Entwicklungsprozessesfür Medikamente zur Verfügung stellen;zum Beispiel Lion Biosciences, das imBereich Bioinformatik tätig ist.Auch bezüglich Grösse, Rentabilität

und Börsenkapitalisierung verfügt derSektor über eine grosse Diversifikation.Das Spektrum reicht von Unternehmenwie Amgen, das für das Jahr 2000 einenUmsatz von 3,6 Milliarden Dollar, einenReingewinn von 1,1 Milliarden Dollar undeine Börsenkapitalisierung von 62 Milliar-

den Dollar ausgewiesen hat, bis hin zuGesellschaften ohne Umsatz oder Gewinnund einer Börsenkapitalisierung von eini-gen hundert Millionen US-Dollar. Wirschätzen, dass 2001 weltweit nur geradeein Dutzend aller Biotechnologie-Unter-nehmen profitabel sein wird.

Biotech ist ein volatiler Sektor

In der Abbildung auf Seite 49, welche denAmex-Biotechnology-Index (USA) überden Zeitraum der letzten zwei Jahre zeigt,kommt die Volatilität der Biotech-Titeldeutlich zum Ausdruck. Selbst für einenvolatilen Sektor waren die Kursbewegun-

48 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Biotechnologie: Wermacht das Rennen?Die Fundamentaldaten des Biotech-Sektors sind nach wie vor intakt. Die jüngste Korrektur des Sektors dürfte günstige Kaufgelegenheiten geschaffen haben.Jeremy Field, Credit Suisse Private Banking, Equity Research

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sen

gen und die entsprechenden Wertverän-derungen in dieser Zeit sehr extrem. Un-serer Ansicht nach wurde der Sektor zuBeginn 2000 massiv überkauft. Das warvor allem auf die Überschwänglichkeit imZusammenhang mit der Aussicht auf einevollständige Sequenzierung des mensch-lichen Genoms zurückzuführen. Im März2000 folgte jedoch eine riesige Verkaufs-welle. Trotzdem schnellte der Sektor imSommer 2000 wieder in die Höhe; erst im vierten Quartal wurde die NASDAQ-Schwäche auch im Biotech-Sektor spür-bar. Der Amex-Biotech-Index legte jedoch2000 um 62 Prozent zu, während der brei-ter ausgerichtete NASDAQ-Composite-Index 39 Prozent an Wert verlor.

Alle wollten an die Börse

2000 wagten in den USA 63 Biotech-Unternehmen den Börsengang; in Europawaren es deren 22 – ein Rekord. Im Jahr2000 beschaffte der Sektor über denFinanzmarkt mehr als 33 Milliarden Dollar.Zurzeit gibt es weltweit ungefähr 350kotierte Biotechnologie-Unternehmen,wovon der Grossteil in den USA ansässigist. Der allgemeine Bullenmarkt der spä-ten Neunzigerjahre, zusammen mit demErfolg einiger führender Unternehmen wieAmgen, Genentech und Immunex, ebnete

die Bahn für ein lebhafteres Interesse derAnleger, während vorher lediglich Fonds-manager, die sich auf Titel im Biotech-und Gesundheitsbereich spezialisierten, inden Sektor investierten. Das gestiegeneInteresse der nicht spezialisierten Anlegerhatte zur Folge, dass die Nachfrage dasAngebot deutlich übertraf, wodurch die

Emissionskurse stark in die Höhe getrie-ben wurden. Während der ersten Handels-tage legten die Kurse in der Regel bedeu-tend zu. Zudem ignorierten manche Anle-ger die Tatsache, dass die Biotechnologieein globales Geschäft ist. In kontinental-europäischen Ländern wurden einige Titelaufgrund ihres Seltenheitswerts an denlokalen Märkten übertrieben hoch bewer-tet. Allen voran erreichten die Kurse derneu gelisteten Biotech-Werte am Frank-furter Neuen Markt 2000 unhaltbare Ni-veaus und machten eine Korrektur unver-meidlich. Eine grosse Zahl von Unterneh-men wagten unserer Meinung nach denSchritt an die Börse zu früh, da für sie dieGewinnschwelle noch viele Jahre in derZukunft liegt.

Investitionsintensiv und risikoreich

Die Entwicklung neuer Medikamente er-fordert äusserst hohe Investitionen im Be-reich Forschung und Entwicklung (F&E).Für 2000 werden diese in der Pharma-industrie auf insgesamt über 40 MilliardenDollar geschätzt. Infolge der revolutio-nären Entdeckungen in den BereichenMolekulare Zellbiologie, Genomik und

ECONOMICS & FINANCEPRIVATE BANKING

49Bulletin 3| 01Credit Suisse

KRITERIEN ZUR EINDÄMMUNG DES ANLAGERISIKOS

Auch der Kauf der besten Biotech-Titel ist eine volatile Anlage. Es ist des-

halb wichtig, entweder ein kleines Portfolio von mindestens fünf bis sechs

Titeln zu erwerben oder in Fondsanteile zu investieren. Bei der Suche nach

Aktien sollten Privatanleger auf folgende Kriterien achten:

– Ist das Produkteportfolio des Unternehmens breit genug gestreut, um

das Risiko allfälliger Entwicklungsfehler ausreichend zu verteilen?

– Besteht eine sichtbare Pipeline mit konkreten Produkten?

– Werden Produkte entwickelt, für die es im Markt eine Nachfrage gibt?

– Wird das Unternehmen von einem erfahrenen Management-Team

geführt, welches Erfahrung mit grossen Pharmabetrieben hat?

– Wie sieht die Zusammenarbeit und die Partnerschaftsstruktur mit anderen

führenden Pharmaunternehmen aus?

– Ist das geistige Eigentum geregelt? Langwierige Patentstreitigkeiten

wirken sich negativ auf die Aktienkurse aus.

– Liegt eine starke Bilanz vor, damit die Rechte für Produkte in der Ent-

wicklung nicht zu früh an andere Unternehmen lizenziert werden müssen

und damit Sekundärplatzierungen, die den Kurs negativ beeinflussen,

vermieden werden können?

– Ist die Unternehmung angesichts ihrer Stärken und Risiken attraktiv

bewertet? Auch die besten Unternehmen können überbewertet sein.

900

800

700

600

500

400

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1001999 2000 2001

Preis rel. zu S&P 500

Preis

Der Biotech-Sektor auf Berg- und Talfahrt Der Amex-Biotechnology-Index (USA) zeigt: Selbst für einen volatilen Sektor sind dieSchwankungen der letzten beiden Jahre extrem ausgefallen. Quelle: Datastream

Proteomik, zusammen mit Fortschrittenbei den unterstützenden Technologien wieRobotik, kombinatorische Chemie, «Highthrough-put screening» sowie Bioinforma-tik, haben sich die Prozesse im F&E-Be-reich in jüngsten Jahren stark verändert.Nicht einmal den grössten Pharma-unternehmen ist es heute möglich, dasgesamte Know-how firmenintern auf-rechtzuerhalten und weiterzuentwickeln –einer der wichtigsten Faktoren hinter derrapiden Expansion des Sektors. Der wich-tigste Sponsor der Biotech-Unternehmenist die Pharmaindustrie. Um die Biotech-Projekte zu finanzieren, übernehmengrosse Pharmaunternehmen unter ande-rem oft Anteile am Aktienkapital der Fir-men, mit denen sie zusammenarbeiten. Zuden wichtigsten Beteiligungen zählen der42-Prozent-Anteil von Novartis an Chiron,das 58-Prozent-Engagement von Rochean Genentech und der 41-Prozent-Anteilvon American Home Products an Immunex.Je nach Anwendungsbereich kostet dieEntwicklung eines neuen Medikamentszwischen 300 und 500 Millionen Dollar.Die Wahrscheinlichkeit, dass eine be-stimmte chemische Substanz zum Erfolgführt, liegt indes lediglich bei 0,02 Pro-zent. Berichten in den Medien über«Blockbuster»-Medikamente zum Trotzgibt es nur etwa 35 Medikamente, die esje geschafft haben, einen Jahresumsatzvon einer Milliarde Dollar zu erreichen, undweniger als 100 haben einen Umsatz über500 Millionen Dollar erzielt. Die Entwick-lung neuer Medikamente bleibt damit einrisikoreiches Unterfangen. Die folgendenProfile ausgewählter Titel (siehe Tabelle)wurden mit Hilfe dieser Kriterien erstellt.

Amgen

Amgen ist das weltgrösste Biotech-Un-ternehmen bezüglich Umsatz und Börsen-kapitalisierung. Die zwei wichtigsten Pro-dukte von Amgen, Epogen und Neupogen,sind beides ertragsstarke Medikamentemit geschätzten Umsätzen für 2001 von2,3 Milliarden Dollar beziehungsweise 1,3Milliarden Dollar. Nach Einschätzung derCSPB steht Amgen am Anfang einerneuen Wachstumsphase, denn für diekommenden zwei Jahre ist die Markt-einführung von vier wichtigen Produktengeplant.

Genentech

Den Prognosen zufolge wird Genentech2001 Produkte im Wert von 1,5 MilliardenDollar umsetzen und verfügt über einesder am besten diversifizierten Produkte-portfolios der Branche. Momentan befin-den sich über 20 klinische Projekte in derEntwicklungsphase. Das Umsatzwachs-tum von Genentech ist zurzeit vor allemauf das Onkologie-Portfolio des Unter-nehmens zurückzuführen. Das wichtigsteProdukt, welches zuoberst in der Produk-tepipeline liegt, ist Anti-IgE (allergischesAsthma und Schnupfen). Nachfolgepro-dukte von bereits existierenden Medika-menten sind unter anderem TNKase (fürdie Thrombolyse) und Nutropin Depot(Wachstumshormon).

Qiagen

Qiagen ist ein führendes Plattformtechno-logieunternehmen, dessen Kerngeschäftbei der Ausrüstung zur Reinigung vonNukleinsäuren und sonstigen Genfor-schungsprodukten liegt. Es liess sich

1996 an der Börse kotieren und ist seit1997 profitabel. Für 2001 erwarten wireinen Umsatz von ungefähr 290 MillionenDollar. Die Börsenkapitalisierung von Qia-gen beträgt 3,5 Milliarden Dollar.

Serono

Serono ist Europas grösstes Biotech-Un-ternehmen mit einem geschätzten Umsatzfür 2001 von 1,3 Milliarden Dollar undeiner Börsenkapitalisierung von 14 Milliar-den Dollar. 2001 dürfte es einen Reinge-winn von 320 Millionen Dollar ausweisen.Serono verfügt über eine starke Positio-nierung bei Medikamenten zur Behand-lung von Sterilität. Für die Fortpflanzungs-medizin wird 2001 ein Umsatz von 650Millionen Dollar erwartet. Mit dem Medi-kament Rebif verfügt Serono über einestarke Positionierung bei der Behandlungder Multiplen Sklerose. Die Produkte-pipeline in den Bereichen Infertilität undGelenkrheumatismus ist viel verspre-chend. Das Unternehmen erzielt zudembedeutende Einnahmen in Form von Li-zenzgebühren.

Ausblick

Der Biotech-Sektor hat seit dem viertenQuartal 2000 bedeutende Korrekturen er-fahren, doch sind wir der Ansicht, dass dieFundamentaldaten von Unternehmen mitstarkem Ertragswachstum und sichtbarenPipelines intakt bleiben. Da der Sektorhohen Risiken unterliegt, empfehlen wirAnlegern, entweder ein kleines Portfolio mitverschiedenen, selektiven Titeln zusam-menzustellen oder in einen Biotech-Fonds,zum Beispiel den Credit Suisse EF (Lux)Biotech Fund, zu investieren. Amgen isteine der führenden Unternehmungen undmöglicherweise der einzige Blue-Chip-Titeldes Sektors. Genentech gehört in jedesBiotech-Portfolio. Als beste europäischeAktie empfehlen wir jene des Plattform-technologieunternehmens Qiagen und desPharmaunternehmens Serono.

50 Bulletin 3| 01Credit Suisse

Jeremy Field, Telefon 01 334 56 37

[email protected]

Die richtige Auswahl macht den Unterschied Die vier «Topshots» unter den Biotechnologie-Unternehmen: Ihre Daten werden trotzKorrekturen im Biotech-Sektor weiterhin intakt bleiben. Quelle: Schätzungen CS Group

Stock Rating Currency Price 16.5.2001 EPS 01E EPS 02E P/E 01E P/E 02E

Amgen Buy USD 65.00 1.2 1.50 54.2 43.3

Genentech Buy USD 48.50 0.75 0.95 64.7 51.1

Qiagen Buy USD 26.51 0.26 0.40 102.0 66.3

Serono Buy USD 972.00 20.5 24.8 47.4 39.2

51Bulletin 3| 01Credit Suisse

ECONOMICS & FINANCEFINANCIALSERVICES

Unsere Prognosen zu den Finanzmärkten

DER AKTUELLE ZINS-CHART:

EZB: Wachstum oder Inflation?Vor dem Hintergrund der eingetrübten konjunkturellen Grosswetterlagehat Mitte Mai auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um25 Basispunkte gesenkt. Vorrangig ist sie dabei der Preisstabilität ver-pflichtet. Mittlerweile bewegen sich die Teuerungsraten allerdings aufdie drei Prozent zu. Zwar entlastet der Ölpreis, der im Jahresvergleichrückläufig ist, die Inflationssituation. Die stark gestiegenen Lebensmittel-preise, der schwache Euro und insbesondere die hohen Lohnforderun-gen üben allerdings potenziellen Inflationsdruck aus. Angesichts derkaum verringerten inflationären Gefahren und der von uns zum Jahres-ende erwarteten Belebung der Weltwirtschaft gehen wir daher von einerBeibehaltung der Leitzinsen durch die EZB aus.

GELDMARKT:

Zinssenkungszyklus läuft langsam ausIn kurzer Zeit ist das Fed mit Zinsschritten von 250 Basispunkten von einer restrik-tiven zu einer expansiven Geldpolitik übergegangen. Mit einem von uns im Junierwarteten Zinsschritt dürfte das Zinssenkungspotenzial jedoch erschöpft sein.Auch die SNB lockert nochmals die Zinszügel, während die EZB angesichts derInflationsgefahr das jetzige Zinsniveau beibehalten dürfte.

OBLIGATIONENMARKT:

Renditen haben Tiefpunkt durchschrittenDie Lockerung der Geldpolitik in den wichtigsten Industrienationen dürfte der Welt-konjunktur wieder auf die Beine geholfen haben. Damit einher ging auch ein Trans-fer aus den Obligationenmärkten in die volatileren Aktienmärkte. Die Trendwendebei den Renditen dürfte damit erreicht sein. Die Renditekurven werden in den nächs-ten Monaten sogar tendenziell steiler werden.

WECHSELKURSE:

Der Dollar bleibt Meister auf dem Spielfeld Der Euro reagiert momentan kaum in herkömmlichen Verhaltensmustern. Der Dollarignoriert Zins- und Wachstumsdifferenzen, die dem Euro den Rücken stärken soll-ten. Dank der raschen Lockerung der US-Geldpolitik und der robusten amerikani-schen Wirtschaft hat der Dollar nicht an Anziehungskraft verloren. Erschwerend fürden Euro war zudem die zögerliche Geldpolitik der EZB im Frühling.

DER AKTUELLE BÖRSEN-CHART:

Wieder Aufwind für amerikanische Aktien Für Franken-Anleger haben sich durch Anlagen in amerikanische undkontinentaleuropäische Aktien über die letzten fünf Jahre recht geringeDiversifikationsvorteile ergeben. Die USA wiesen ein schnelleres Wachs-tum auf, während die Unternehmensumstrukturierungen in Kontinental-europa die Kurse beflügelten. Die dezidierte Lockerung der US-Geld-politik spricht trotz schrumpfenden Gewinnen wieder für amerikanischeAktien. Europäische Titel verzeichnen kurzfristig ein höheres Ertrags-wachstum, werden aber durch die Geldpolitik der EZB gebremst. DieAufwertung des Dollars hat die relative Performance beider Aktien-märkte wenig verzerrt, und wir sprechen beiden Märkten ein vergleich-bares Potenzial zu.

S&P 500 und DJ Euro Stoxx im Gleichschritt350

300

250

200

150

100

501996 1997 1998 1999 2000 2001

DJ Euro Stoxx (in CHF)

S&P 500 (in CHF)

Index 1.1.1996 = 100

EZB: Kaum Wachstumsabschwächung zu befürchten

5.5

5

4.5

4

3.5

3

2.5

21995

5

0

–5

–10

–15

–20

–25

–301996 1997 1998 1999 2001

Geschäftsklima-Index(Euroland)

Euribor 3M

2000

% Salden

Quelle aller Charts: Credit Suisse

PrognosenEnde 00 16.05.01 3 Mte. 12 Mte.

Schweiz 3.37 3.1 2.8–3.0 3.1–3.3USA 6.40 4.0 3.6 –3.8 4.3 –4.5EU-12 4.85 4.6 4.3 –4.5 4.5 –4.6Grossbritannien 5.90 5.2 4.9 –5.1 5.0 –5.2Japan 0.55 0.1 0.1–0.2 0.2 –0.3

PrognosenEnde 00 16.05.01 3 Mte. 12 Mte.

Schweiz 3.47 3.4 3.3 –3.4 3.6 –3.8USA 5.11 5.5 5.2 –5.4 5.2 –5.4Deutschland 4.85 5.1 4.8 –5.0 5.2 –5.3Grossbritannien 4.88 5.1 4.7 –4.9 5.1–5.3Japan 1.63 1.3 1.2–1.3 1.5 –1.7

PrognosenEnde 00 16.05.01 3 Mte. 12 Mte.

CHF/USD 1.61 1.73 1.60 –1.66 1.62–1.68CHF/EUR* 1.52 1.53 1.51–1.53 1.48–1.50CHF/GBP 2.41 2.48 2.35–2.39 2.31–2.35CHF/JPY 1.41 1.40 1.32–1.33 1.28–1.30*Umrechnungskurse: DEM/EUR 1.956; FRF/EUR 6.560; ITL/EUR 1936

Mit dem Internetdie Armut bekämpfenZur klassischen Wohlstandsschere zwischen Nord und Südkommt heute auch noch der Digital Divide: Nicht einmal jederzehnte Mensch weltweit hat Zugang zum Internet.

«Es gibt erste Anzeichen, dass

mit Hilfe des Internets Probleme

der Entwicklungsländer auf

eine neue Art angepackt werden

können», meint Patrik Weibel,

Economic Research & Consulting.

52 Bulletin 3| 01Credit Suisse

53Bulletin 3| 01Credit Suisse

Patrik Weibel, Economic Research & Consulting

Foto

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esse

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E-BUSINESS

Eine Technologie, die vor zehn Jahrennoch nicht existierte, gilt für uns heute alsSelbstverständlichkeit und ist aus demtäglichen Leben nicht mehr wegzudenken:Das Internet verbindet uns auf Tasten-druck mit der gesamten entwickeltenWelt. Es ist Grundlage für neue Hightech-Firmen, treibt die Wissensdiffusion inWirtschaft und Gesellschaft voran, löstden Fernseher als UnterhaltungsmediumNummer eins ab und sorgt weltweit fürAufregung an den Finanzmärkten.

Von der gut sechs Milliarden starkenWeltbevölkerung haben allerdings nuretwa 400 – 500 Millionen MenschenZugriff auf dieses faszinierende Medium.Der Grossteil der weltweiten Bevölkerungbleibt davon ausgeschlossen. Zur klassi-schen Wohlstandsschere zwischen Nordund Süd kommt heute der Digital Dividedazu.

Der Digital Divide tritt sowohl innerhalbeines Landes als auch zwischen verschie-denen Ländern auf. Beim nationalenDigital Divide – gemessen an der Internet-nutzung – ergibt sich überall auf der Weltmehr oder weniger das gleiche Bild: – Je höher das Einkommen, desto mehr

Internet,– je jugendlicher, desto mehr Internet,– je gebildeter, desto mehr Internet,– je städtischer, desto mehr Internet und– Mann mehr Internet als Frau.

Beim Digital Divide zwischen den Län-dern spielen neben den genannten Fakto-ren auch andere Hemmnisse eine Rolle:Die schlechte technische Infrastruktur(Telefon- und PC-Durchdringung) in denärmeren Ländern bremst die Vernetzung.Oft herrschen im Telekommunikations-markt noch staatliche Monopole, welchedie Zugriffskosten hoch halten und eineWeiterentwicklung behindern. Bewusst-sein und Wissen über die neue Techno-logie fehlen oder sind ungenügend. Undwenn irgendwo Mittel vorhanden sind,wollen Grundbedürfnisse wie Ernährung,

Gesundheit und Bildung zuerst befriedigtwerden.

Um den vorhandenen Graben nichtnoch grösser werden zu lassen, müsstedie Entwicklung in den ärmeren Ländernmassiv beschleunigt werden. Dazu gehörtauch die Entwicklungszusammenarbeit imTechnologiebereich.

Vernetzung über alle Grenzen

Dabei stellt sich die Frage, was Internetund bessere Kommunikationsmöglich-keiten einer armen Region mit Nahrungs-mittelknappheit und Gesundheitsproble-men bringen sollen. Kann die moderneTechnik helfen, die Grundbedürfnisse derBevölkerung eines armen Dorfes zu befrie-digen? Die ersten Erfahrungen mit solchenjungen, ambitiösen Projekten zeigen inte-ressante Möglichkeiten der Internettechno-logie. Dazu zwei Beispiele:

In Costa Rica hat das MIT (Massachu-setts Institute of Technology) zusammen mit dem Instituto Tecnológico de CostaRica das LINCOS-Projekt (little intelligentcommunities; www.lincos.net) entwickelt:Ein Transportcontainer wird mit modernenGeräten ausgestattet, in ein abgelegenesDorf geflogen und soll der dortigen Bevöl-kerung zu einem Entwicklungssprung ver-helfen. In den Containern befinden sichComputer mit Internetanschluss, Kameras,Geräte zur Wasser- und Bodenanalyse,Fotokopierer, Faxgeräte und Telefone.Damit wird es möglich, per E-Mail medizi-nische Fragen und digitale Bilder von Ver-letzungen an Spitäler zu verschicken. Dort werden sie analysiert, und per E-Mail kann die richtige Behandlung verschrie-ben werden. Im Internet finden BauernInformationen über Anbautechniken, Ge-

treidesorten und Wetterverhältnisse undkönnen ihre Produkte auf elektronischemWeg an Grossabnehmer verkaufen. MitHilfe des Internetzugangs und von Lern-software kann der Schulunterricht verbes-sert werden.

Das zweite Beispiel findet sich aufwww.villageleap.com: Frauen aus Robib,einem kleinen kambodschanischen Dorf,verkaufen heute Seidenschals per Internetin die ganze Welt. Schulen werden mitHilfe internationaler Spenden aufgebautund durch Internet mit der übrigen Weltvernetzt.

Langfristigen Erfolg anpeilen

Wichtig ist, dass die Technologie mit derentsprechenden Ausbildung kombiniert

LINCOS-Projekt in Costa Rica: Mit modernsten

Computern und anderen technischen Geräten

ausgestattete Container sollen den Menschen

in abgelegenen Dörfern zu einem Entwicklungs-

sprung verhelfen.

«Die Entwicklung in den ärmeren

Ländern müsste massiv beschleunigt

werden.»

54 Bulletin 3| 01Credit Suisse

wird. Die technischen Geräte verlangenzur Instandhaltung nach einem umfassen-den IT-Service, welcher nach und nachvon der lokalen Bevölkerung übernommenwerden muss. Ziel sollte es sein, dass sichkünftige Generationen selbständig perInternet weiterbilden könnten.

Auch für den wirkungsvollen Einsatzvon Telemedizin braucht es neben derVernetzung eine gewisse Infrastruktur.Medikamente müssen in die unzugäng-lichen Dörfer gebracht und dort gelagertund richtig verabreicht werden können.

Für eine nachhaltige Entwicklung einerRegion müssen neben der Unterstützungvon aussen auch die allgemeinen Rahmen-bedingungen stimmen. Um diese zu ver-bessern und den Digital Divide zu verrin-gern, drängen sich folgende Massnahmenauf: – Liberalisierung im Telekommunikations-

bereich– Ausbau der Netzwerkinfrastruktur– Vermehrte Ausbildungsmöglichkeiten– Günstiges Umfeld für inländische und

ausländische Investoren– Diffusion des Internets in der Bevöl-

kerung über Zugriffsmöglichkeiten beiöffentlichen Institutionen

– Regierungen übernehmen mit eigenemInternetauftritt Vorbildfunktion.

Chance für den Standort?

Eine andere Frage ist, ob die Technologieeine neue Chance für Standorte in derDritten Welt darstellt. Es wäre denkbar,dass multinationale Firmen die Zeitzonennutzen, um rund um die Uhr an Projektenzu arbeiten. Entscheidend für die Ent-wicklungsländer ist, dass sie sich in dieseArbeitskette einklinken können. Indien mitseiner boomenden Softwarebranche unddem entsprechenden Know-how gelingtdas erfolgreich. Tatsächlich wird heuteSoftware von internationalen Firmen teil-weise am Standort Indien selber ent-wickelt. Wichtig ist, dass die gut ausgebil-deten Inder nicht auswandern, sondern

Alter

14–19 Jahre

20–29 Jahre

30–39 Jahre

40–49 Jahre

50 und mehr Jahre

14.7 10.2 14.1 10.3

22.2 12.9 6.2 9.1

16.8 6.6 9.5 8.4

13.7 3.5 11.6 7.5

4.8 3.5 2 4.3

49.3%

50.4%

41.3%

36.3%

14.6%

0 20 40 60 80

Bildungsstand

Universitäre Hochschulen

Tertiärstufe (ausseruniversitär)

Sekundarstufe II

Obligatorische Schule

1997 1998 1999 20000 20 40 60 80

37.1 10.3 12.5 8.9

24.8 10 11.9 6.3

9 5.9 9 7.2

4.1 3.4 5.8 5.5

68.8%

53%

31.1%

18.8%

Gesamtbevölkerung

Geschlecht

Männer

Frauen

0 20 40 60 80

12.8 6.3 7.2 7.1 33.4%

42.9%

24.1%

19 7.6 8.6 7.7

12.8 6.3 7.2 7.1

Digital Divide in der SchweizIm Durchschnitt benutzt jeder Dritte in der Schweiz regelmässig das Internet. Männer sind jedoch bedeutend aktivere Nutzer. Vor allem in der Einführungsphasehaben sie das neue Medium deutlich häufiger eingesetzt. Quelle: WEMF

Graben zwischen Jung und AltAm verbreitetsten ist das Internet bei den 20–29-Jährigen. Bei den Menschen über50 nutzt nur gerade einer von sieben das neue Medium.

Bildung erleichtert den InternetzugangBei Universitätsabsolventen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Internet nutzen,mehr als drei Mal höher als bei Personen mit geringem Bildungsniveau.

E-BUSINESS

dass die Firmen nach Indien kommen. Sobleibt das Know-how im Land und schafftneue Arbeitsplätze. Mit der neuen Kom-munikationstechnologie kann also dem«brain drain» entgegengewirkt werden.Allerdings kommt dieser Erfolg nurwenigen zugute, denn im Verhältnis zurriesigen Bevölkerung ist der Software-Sektor viel zu klein. Insofern ist die Mög-lichkeit zur Standortverbesserung blossein Tropfen auf den heissen Stein.

Es bestehen jedoch erste Anzeichendafür, dass mit Hilfe des Internets Prob-

leme der Entwicklungsländer auf eineneue Art angepackt und dabei die An-strengungen in vielen anderen Bereichender Entwicklungszusammenarbeit unter-stützt werden können. Noch sind die Inter-netprojekte jung und können nicht ab-schliessend beurteilt werden. Die Zahl derarmen abgelegenen Dörfer in der DrittenWelt ist riesig, und die Kosten für derenAusrüstung mit Netzwerktechnologie sindentsprechend hoch. Die Computer- undKommunikationstechnologie allein kanndaher nicht die Lösung bringen. Sie wird

aber in vielen Bereichen ein wichtigesWerkzeug bei der Bekämpfung der Armutin der Dritten Welt sein.

Fritz Stahel, Telefon 01 333 32 84

[email protected]

Internationaler Digital Divide: Hosts* pro 10000 EinwohnerDie Vereinigten Staaten sind fast tausend Mal besser vernetzt als grosse Teile Ostasiens und des pazifischenRaums. In der Schweiz liegt die Anwenderquote deutlich höher als in der Europäischen Union. Der Grossteilder Weltbevölkerung hat dagegen ohnehin keinen oder fast keinen Zugang zum neuen Medium. Quelle: Weltbank

Ostasien und Pazifik

Südliches Afrika

Lateinamerika und Karibik

Frankreich

EU-11

Deutschland

Schweiz

USA

* Computer mit aktiver IP-Adresse0 400 600 800 1000 1200200

1.7

1122.6

7.7

9.6

82.6

134.3

160.5

315.1

Digital Divide: Wie kann man den Graben in

der Schweiz überwinden?

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Bulletin 3| 01Credit Suisse 55

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57Bulletin 3| 01Credit Suisse

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Einführung des Euro als Bargeld: Droht Falschgeld-Gefahr? Am 1. Januar 2002 wird in den 12 Ländern der euro-päischen Währungsunion der Euro als Bargeld ein-geführt. Tonnen von alten europäischen Währungenmüssen in zwei Monaten umgewechselt werden. DasRisiko besteht, dass Fälscher versuchen, von dieserAusnahmesituation zu profitieren. Darüber und überdie Konsequenzen für die Schweiz informiert BulletinOnline.

Knowledge-Management: Der Reichtum in unseren Köpfen Für die Informationsgesellschaft ist Wissen das wert-vollste Gut. Wie lässt sich Wissensverlust vermeidenund vorhandenes Wissen am effizientesten nutzen?Bulletin Online sprach mit drei Experten.

Es gibt sie noch, die guten Ideen. Mit WeTellYou

haben die Zürcher Stephan und Michael Widmer eine

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entwickelt, die auf internationales Interesse stösst.

Ausserdem im Bulletin Online: • Digital Divide: Wie kann man den Graben in

der Schweiz überwinden? Bulletin Online sprachmit einem Experten.

• Kapitalanlagen: Ein Ausblick in die Zukunft desschweizerischen Aktienmarkts.

• IPOs: Alle reden von Riesenverlusten. Wer hateigentlich verdient?

VIRTUELLE HÜHNEREIER MACHEN NICHT SATT

Wer sucht, der findet. Im Internet aber steht man am Schluss

vielleicht doch mit leeren Händen da. Neulich zum Beispiel fing

alles mit der Suche nach einem Restaurant an. Kein Problem im

www. Trotzdem griff ich immer wieder vergebens zum Telefon-

hörer: Alles war ausgebucht. Da hilft auch das Internet nicht weiter.

In diesem Moment kann ein versteckter Link genügen, ähnlich,

wie wenn ich die Papierberge auf meinem Schreibtisch nach

einer verlegten Notiz durchwühle und mir dabei eine vergessene

Fotografie oder ein Brief in die Hände fällt. Die Neugier ist

geweckt, eine willkommene Ablenkung gefunden. Der einmalige,

von Überraschungen gepflasterte Weg durchs Web beginnt.

An jenem Tag schwankte ich zwischen Bücherrezensionen

und www.wahnsinnzz.com. Oder vielleicht schnell die neuen

Wohnungsangebote checken? Dann stach mir die Webcam

ins Auge: Nur wenige Wölkchen störten den Himmel. Die ganze

Stadt schien am See zu promenieren. Sommer – Zeit der Fitness-

kurse und Diätschwüre. Im Internet wird man davon erst recht

nicht verschont. Auch wenn es nur ein Ernährungsquiz ist.

www.healthyanswers.com/quiz.html: Sind sämtliche Fette des

Hühnereis im Eigelb enthalten?

Von den sommerlichen Temperaturen zurück in die Winterzeit.

Zehen als Ausstellungsobjekt? Im National Army Museum in

Chelsea, London, sind die Zehen des Bergsteigers Bronco Lane

zu bestaunen, die ihm bei der Mount Everest-Besteigung 1976

abgefroren sind. Die reale Welt ist eben noch verrückter als die

virtuelle. Doch so schnell von einem Ort zum anderen, ohne Fahr-

plan und Passkontrollen, kommt man, ausser in Gedanken, nur

im Internet. Via Webcam an den Time Square, nach Bangkok und

in die Insektenwelt. insecta.harlequin.ch/cams.php3: Ameisen,

wie immer fleissig; eine Raupe, verschlafen in ihrem Cocon, nicht

gewillt, mir als bunter Schmetterling einen unvergesslichen

Augenblick zu bereiten.

Alles schön und gut, dachte ich mir, und wo gehe ich nun essen?

von Zoé Arnold

[email protected]

Jetzt im Bulletin Online

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E-BUSINESS

Interview: Vorname Name,

Redaktion Bulletin

Das Schlagwort «E-Business» regte nochvor Jahresfrist die Fantasie der Unterneh-mer und Investoren an. Einige Nachteilewurden in der ersten Euphorie jedoch zuwenig beachtet. Einerseits müssen die potenziellen Kunden über die nötigen tech-nischen Einrichtungen verfügen, anderer-seits wird die Konkurrenzsituation vieltransparenter. Im elektronischen Detail-handel, auch «Business to Consumer»(B2C) genannt, kommt erschwerend hin-zu, dass der Produktversand teuer ist. Mitzunehmender Distanz schwindet daherauch der relative Vorteil. Erfolgreicher istder elektronische Handel zwischen Ge-schäftspartnern, welcher mit «Business to Business» (B2B) umschrieben wird.Meistens kennen sich die Vertragspartnerund wissen über ihre Rechte und PflichtenBescheid. Somit müssen sie sich nur nochüber Volumen und Konditionen elektro-nisch einigen.

Banken zeigen, wos langgeht

Der Detailhandelskunde informiert sichzwar immer öfter im Netz über das Angebotund vergleicht. Gekauft wird jedoch nachwie vor im Laden. Das Vertrauen in einenvirtuellen Lieferanten ist nicht sehr gross,und die Zahlungsmöglichkeiten gelten irr-tümlicherweise immer noch als unsicher.Eine der wenigen Branchen, welche erfolg-reich mit dem Endkundengeschäft überdas Internet arbeitet, ist jene der Banken.Das Vertrauen der Kunden ist vorhanden,sämtliche Bankgeschäfte werden zuse-hends zu Hause am PC erledigt.

Den Kunden ist es sehr wichtig, Ver-trauen in ihren elektronischen Vertrags-partner haben zu können. Als Beispiel sei

SilberstreMarkus Mächler, Head European Equity Research

–30

–20

–10

0

10

20

30

in %

Apr

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Dez

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Apr

ilAuf die Euphorie folgt die Ernüchterung Die Gewinnerwartungen im Technologiesektor für das Jahr 2001 haben sich in den letz-ten zwölf Monaten massiv verändert. Anfänglich investierten die Anleger in die raschwachsende Technologiebranche. Als sich die Erwartungen jedoch nicht oder nichtrasch genug erfüllten, wirkte sich die Enttäuschung darüber deutlich aus. Quelle: Datastream

die Firma Amazon erwähnt, welche einesehr kritische Phase durchläuft. Diesergrösste Internetdetaillist erhält nun Auf-wind, nachdem weniger bekannte Anbie-ter vom Markt verschwunden sind und sichKunden wieder an die «grossen Namen»halten. Die Unternehmensprognosen ge-hen so weit, dass für das laufende Jahr mit einem Umsatzzuwachs von 20 bis 30 Prozent gerechnet werden darf. Auf operativer Basis soll sogar ein Pro-forma-Gewinn ausgewiesen werden können –ein Silberstreifen am Horizont, welcherHoffnungen aufkeimen lässt, dass die Gewinnschwelle in den nächsten Jahren erreicht werden kann. Genauere Schät-zungen wagt jedoch kaum jemand abzu-geben.

Nur ein Fünftel überlebt

Hatte man vor Jahresfrist die Wachstums-und Umsatzerwartungen der Internetfir-men erhöht, so wurde schnell klar, dassdieses Volumen in so kurzer Zeit niemalserreicht werden kann. Die Frage stelltesich, wer seinen eigenen Erwartungenund denen der Analysten gerecht werdenund wer auf der Strecke bleiben würde.Analysten zufolge werden nur etwa 20Prozent der Firmen überleben. Ob dieseauch erfolgreich sein werden, bleibt offen.Einige Firmen mussten bereits den Rück-zug antreten. Die meisten sind dabei, ihreErwartungshaltung der Realität entspre-chend nach unten anzupassen. Trotz derKorrektur im Internetbereich sind die Aus-sichten nach wie vor schwierig zu definie-ren. Das gilt nicht nur für Internetwerte,sondern für den ganzen Technologiesek-tor, bei dem die Gewinnschätzungen für die

nächsten zwei Jahre zum Balanceakt wer-den. Die Unsicherheit widerspiegelt sich inden Schätzungen der Analysten, wie aus derGrafik (Seite 61) für den MSCI-World-Infor-mation-Technologie-Sektor zu sehen ist.

Investoren sind misstrauisch

Dass sich der weltweit wichtigste Ab-satzmarkt, die USA, jetzt auch noch mit einer drohenden Rezession beschäftigenmuss, drückt zusätzlich auf die Umsätze undverschiebt die vielerorts überlebenswichti-ge Gewinnschwelle in die ferne Zukunft.Die Investoren sind nicht mehr bereit, wei-teres Geld in eine mittlerweile stark um-kämpfte und unsichere Branche zu inves-tieren. Zu gross ist die Enttäuschung, wiedie Reaktionen in den letzten 12 Monatenzeigen (siehe Grafik Seite 58).

Trotz der kritischen Worte ist davonauszugehen, dass die Technologisierungweiter voranschreiten und E-Businesszum Alltag gehören wird – auf jeden Fall inunseren Breitengraden. Es empfiehlt sich,selektiv in Firmen zu investieren, welchesich seit Jahren dem IT-Geschäft widmen.Diese Unternehmen müssen nicht mehrmit Anlaufschwierigkeiten kämpfen, undihr Kundenstamm hat eine respektableGrösse. Selektiv sollte darum investiertwerden, da Unternehmen, welche als sicher

für die Zukunft betrachtet werden, ent-sprechend teuer bewertet sind. Als Kenn-zahl wird wo möglich das Verhältnis zwi-schen Aktienpreis und Gewinnerwartungherangezogen. Bewertungsmethoden nachAnzahl Kunden, Kundenbesuchen undKundenpotenzial sind seit der Korrektureher wieder am Verschwinden. Da vieleE-Business-Unternehmen in den nächs-ten zwei Jahren immer noch keinen Gewinnwerden ausweisen können, wird in Aus-nahmefällen mit dem Vorsteuergewinn gerechnet. Investitionen in Aktien von Unternehmen, welche keine Aussicht aufGewinn glaubhaft machen können, solltenvermieden werden.

Neue Marktplätze entstehen

In einigen Branchen hat sich E-Businessdurchsetzen können und liefert den er-warteten Erfolg. Das produzierende Ge-werbe hat die Zulieferungslogistik erfolg-reich über das Netz organisiert. So werden«Marktplätze» für verschiedene Bereicheunterhalten, wo sich Angebot und Nach-frage treffen. Unternehmen wie Daimler-Chrysler haben verlauten lassen, dass siedank dieser Möglichkeiten bis zu 10 Pro-zent der Zulieferkosten einsparen können.Zulieferer und Handelspartner werden gezwungen, auf die neue E-Business-

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ifen am Horizont? Beim Investieren in den E-Business-Bereich ist immernoch Vorsicht geboten – trotz umfangreichen Korrekturen.

«Es empfiehlt sich, selektiv in

IT-Firmen zu investieren, die sich

bereits etablieren konnten.»

Markus Mächler, Credit Suisse Private Banking

E-BUSINESSPRIVATE BANKING

Kleine Nachtmusik im Innenhof.

Live at Sunset Zürich,18. bis 29. Juli 2001.

Als Hauptgang die Abendsonne, als Beilage Sting, Al Jarreau & Rachelle Ferell

oder Jeff Beck, zur Nachspeise einen silbernen Halbmond: Im Juli erklingt im Hof des

Landesmuseums die Nachtmusik der Gegenwart! Live at Sunset bedeutet

unvergleichliches Ambiente und macht aus dem Sommer in Zürich eine wahre Verlockung!

Einzigartigkeit ist, was die Credit Suisse fasziniert. Einzigartigkeit ist, was die Credit Suisse

gerne unterstützt. Mehr über unser Sponsoringprogramm unter www.credit-suisse.ch.

Technologie umzustellen. ERP-Standard-software (Enterprise Resource Planning),wie sie von Unternehmen wie SAP ange-boten werden, gehören beinahe zum Stan-dard. Die Anbindung ans E-Business istvielerorts bereits geschehen. Die Systemewerden gegenwärtig weiter ausgebaut, je-doch kaum mehr so intensiv und umfang-reich wie noch vor einem Jahr. Chancenhaben die Service-Anbieter, welche dielaufenden Systeme unterhalten und be-treiben. Auf unserer Kaufliste sind SAPund Cap Gemini, welche in Europa zu denMarktleadern gehören.

Der nächste Wachstumsschub kann eigentlich nur vom Endkundengeschäftkommen – in der gegenwärtigen Wirt-schaftssituation ein schwieriges Unterfan-gen. Drei Probleme sind gleichzeitig kom-plex und sehr aufwändig zu lösen. Erstensmüssen die technischen Voraussetzungenerrichtet werden. Trotz ISDN ist der Zugriffauf das Internet oft noch mühselig undzeitraubend. Breitbandtechnologie im Fest-netz- wie im mobilen Kommunikationsbe-reich machen den Weg frei zum grenzen-losen Datenaustausch.

Medienbranche wittert Morgenluft

Zweitens müssen die Contents (Produkte,die elektronisch vertrieben werden kön-nen) geschaffen werden. Was kann effizi-ent über das Netz verkauft werden? Vorallem die Medienbranche erhofft sich hierzusätzliches Marktpotenzial und investiertentsprechend. Der dritte und wichtigstePunkt ist das Wecken von Bedürfnissen.Der Endkunde muss dahin geführt wer-den, dass er die Angst vor der Technik ver-liert und es auf sich nimmt, ihre Hand-habung zu studieren.

Was passiert, wenn einer oder mehre-re dieser Faktoren nicht funktionieren,zeigt gegenwärtig T-Online in Deutsch-land. Das Unternehmen hat im Februar als weltweit erster Telekomanbieter einflächendeckendes GPRS-Netzwerk (Gene-ral Packet Radio Service) in Betrieb ge-nommen; allerdings fehlen die Endgeräte

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und somit die Kunden. Auch ist man sichnoch nicht sicher, was man nun als Erstesvia die neue Breitbandtechnologie anbie-ten soll. Als Nächstes wird vermutlich dieAutomobilindustrie für den Benutzer spür-bar in die Technologisierungsphase ein-treten.

Buchen übers Armaturenbrett

Nachdem bei der Produktion, dem Fahr-verhalten und der Traktion schon vieleMöglichkeiten ausgenutzt werden, hält E-Business nun auch Einzug im Armatu-renbrett. Fiat und Ford werden schon baldim Massenmarkt mit Modellen auftreten,welche es dem Fahrer erlauben, sich nichtnur zum nächsten Hotel, Restaurant oderder nächsten Tankstelle navigieren zu lassen, sondern gleich auch die Buchungabzuwickeln. Somit muss sich der Kundeum nichts mehr kümmern – ein weitererVersuch, den Detailhandel über E-Businesszum Leben zu erwecken.

Zusätzlich soll dieser über die mobilen E-Business-Kanäle belebt werden. Vor-aussetzung ist die pünktliche Einführungder GPRS-Mobiltelefonie und die Einfüh-rung von UMTS (Universal Mobile Tele-communications System) inklusive der not-wendigen Handsets.

Selbst nach der umfangreichen Korrek-tur im Technologie- und vor allem rund umden E-Business-Bereich ist Vorsicht beimInvestieren geboten. E-Business lässt sichkaum noch klar von den übrigen Techno-logieunternehmen trennen, da einerseitsdie Kapitalisierung stark zurückgegangenist und andererseits jedes Unternehmeneine gewisse Abhängigkeit aufweist. Werrund 10 Prozent seiner Aktienanlagen ineinen Technologiefonds investiert, ist gutdiversifiziert und muss sich nicht selberum die Überwachung der Positionen küm-mern. Denn gerade in diesem sehr volatilenBereich ist tägliche Kontrolle der Investi-tionen äusserst wichtig.

1998 1999 2000 2001500

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MSCI World-Price Index

MSCI World IT-Price Index

Internetbereich: Knacknuss für AnalystenDie Aussichten für den Internetbereich sind schwierig zu definieren, denn es bestehennach wie vor zu viele Unsicherheitsfaktoren. Das schlägt sich in den Schätzungen derAnalysten nieder. Quelle: Datastream

E-BUSINESSPRIVATE BANKING

«Seide ist Sinnlichkeit pur»Seide schimmert sanft und liegt leicht auf der Haut. Seide ist der Stoff, aus dem Geschichten sind. Seide ist Luxus pur.Rosmarie Gerber, Redaktion Bulletin

Die grossen Designer in New York, Mai-land und Paris haben dem Gammel-Lookin letzter Zeit die rote Karte gezeigt. DieSeidenweber und -drucker atmen nachherben Jahren auf: Luxus und Eleganzstehen auf dem Programm, der edelste aller Stoffe ist wieder gefragt. Wenn Chris-tian Lacroix, Ungaro, Yves Saint-Laurent,Gaultier, Dolce e Gabbana, Versace, Vi-vienne Westwood, Helmut Lang und Co.den Schönen, Reichen und der Massen-konfektion ihre Ver-Kleidung für die Saisondes nächsten Jahres verschreiben, sindoft auch – ungenannt – die Seidenhäuseraus der Ostschweiz auf dem Laufsteg:

Die Trudel AG und die Desco vonSchulthess AG als Importeure von Roh-geweben und Rohseide. Weisbrod-Zürrerin Hausen am Albis, die Gessner AG in Wädenswil und Trudel als Hauptaktionärinder Weberei Bosetti in Como mit ihren Stof-fen, die Seidendruckerei Mitlödi aus demGlarnerland und schliesslich die AbrahamAG und Fabric Frontline als Zürcher Con-verter, Entwerfer von Stoffen für die HauteCouture und die gehobene Konfektion.Und die frühere Seidentrocknungsanstalt,die Testex, die europaweit Qualitäts-standards für Rohseide entwickelt und alsTextilprüfer international renommiert ist,dürfte im Hintergrund ihren Teil zur einenoder andern Robe beigetragen haben.

Seidenherren reden von Liebe

«Was hauptsächlich zählt», gibt MaxFrischknecht, Direktor der Weberei Gess-ner AG im zürcherischen Wädenswil, zubedenken, «sind Liebe und Hingabe.» DieWebereien Gessner und Weisbrod sind die letzten Unternehmen der einst prospe-rierenden Ostschweizer Seidenindustrie.«Für durchschnittliche Kleider können wirnicht produzieren, auch wenn das Stückan der Stange 800 Franken kostet, dafürsind wir zu teuer», konstatiert Urs Spuler,der Direktor der Seidendruckerei Mitlödi

im Glarnerland.» Und Weisbrod-Zürrer,der in Hausen am Albis Jacquard-Stoffeund Seide für die Damenoberbekleidungwebt, beklagt die sinkende Popularität desNobelstoffes.

Langzeitig bekümmert gibt sich auchder Doyen des Hauses Abraham, derKunstsammler Gustav Zumsteg. Er zitiertebereits in den späten Achtzigern den Modeschöpfer Balenciaga: «Angesichtsder Armut der Bedüfnisse der Frauen istmeine Rolle zu Ende gespielt» und wollteeigentlich seinen Abschied zelebrieren.Aber Gustav Zumsteg ist der Abschiednicht gelungen.

«Seide ist Sinnlichkeit pur», dröhnt da-gegen André Stutz, ein neuzeitlicher Klonder grossmächtigen Zürcher Seidenbaronevon einst, und verkauft sein Label FabricFrontline quer durch die Printmedien, aufjedem TV-Kanal von Tokio bis Bern Bümplizund an jeder zweiten Schickeria-Fete.

Die Botschaft des füllig-barocken New-comers ist zeitgerecht formuliert, aber eigentlich steinalt. Seit dem 16. Jahrhun-dert haben Zürcher Seidenbarone Wirt-schaftsgeschichte geschrieben, interna-tional agiert und diskret und nachhaltiglokale Geschicke diktiert. Die Verdikte derOstschweizer Seidenherren sind Vergan-genheit. 1843 beschäftigten die ZürcherSeidenbarone 18 000 Arbeiterinnen undArbeiter, 1999 waren im Seidenhandel, denWebereien und Druckereien gerade noch600 Personen beschäftigt. Und – einigehundert Jahre nehmen sich kläglich aus,wenn es um die Geschichte des einzigenStoffes geht, der die thermischen Eigen-schaften einer zweiten Haut hat.

Seit gut 2000 vor Christus wird in Lite-ratur, Gesellschaft und Mode der Mythos«Seide ist Sinnlichkeit pur» zelebriert. Seitgut 4000 Jahren steht Seide für Luxus,Laster und Hochkultur und verlangt Hin-gabe, Präzision, Feingefühl und unend-liche Mühen.

LUST UND LASTER

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Wundersames in der Teetasse

2640 vor Christus fiel, so will es die Legen-de, ein Seidenkokon in die Teetasse derchinesischen Kaiserin Si-Ling. Als die Dame Si-Ling das Ding aus der Tasse fischen wollte, zog sie eine tote Raupeund schimmernde Fäden ans Licht. Si-Lingsoll als erste für das Zwirnen und Verwe-ben der wunderbar schimmernden Fädengesorgt haben.

Etwa 700 bis 1000 Meter Faden sindaus einem weichgekochten Kokon (sieheBox) zu gewinnen. Die schimmernden Fä-den werden beim Abhaspeln zu mehrerenauf eine Spule gewickelt, durch Einlage-rung in schwer lösliche Salze oder Zinn-phosphatsilikat beschwert und dann für denWebstuhl gezwirnt. Die umständliche undauch heute noch personalintensive Verar-beitung der Seide macht das Gewebe zumLuxusprodukt. Faser und Gewebe schim-mern wie ein sanft bewölkter Mond, sig-nalisieren Noblesse und raffinierte Ver-führung. Kein Wunder, dass sich die Designer seit Urzeiten auf Seide stürzten, Sittenwächter gegen den Stoff ins Feld zogen, Märchen und Literaten diesenStoff besungen haben.

Emile Zola verfällt der Seide

«Im Hintergrund der Halle war eine derdünnen gusseisernen Säulen ... gleichsam

in ein Geriesel von Stoffen gehüllt. Ein wal-lender Wasserfall, der sich von oben herabimmer breiter werdend, bis auf den Par-kettboden ergoss. Da sprudelten helle Atlasse und zartfarbene Seiden hervor:Satin à la reine und Satin renaissance in denPerlmuttönen von Quellwasser; die leich-ten Seiden durchsichtig wie Kristall, nilgrünund indisch himmelblau.» Emile Zola be-schreibt eigentlich in «Au Bonheur desDames» den Niedergang und die Verelen-dung des textilen Kleingewerbes durch die Eröffnung der Warenhäuser. Dabeiverfällt der Naturalist Seite um Seite demMythos Seide. Zola ist so besessen vonden fliessenden Seiden wie andere, die inden erotischen Fäden zappeln und derenGeschichten bis heute Romanciers zuBestsellerautoren machen.

Alessandro Baricco landete 1996 mitseinem Roman «Seide» in den Bestseller-listen. Sein Protagonist kauft Seidenrau-pen in Japan. Er verzehrt sich ein ganzesLeben lang in wilden erotischen Träumennach einer fragilen Schönheit der Nacht,deren Magie Baricco japanischer Seidegleichsetzt: «Es war, als halte er nichts inden Händen.»

Auch Ernesto Francos gerade über-setzter Roman «Fünf Knöpfe aus Seide»behandelt Besessenheit. Der Konstrukteurund Eisenwarenhändler Gio Magnasco lebt

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KOSTBARES RICHTIG PFLEGEN

Seidengewebe können ungewöhnlich

viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich

feucht anzufühlen. Je nach Webart

wirken Seiden auch isolierend. Seide

knittert wenig. Aber direktes Sonnen-

licht und überdurchschnittliche Hitze

brechen den kostbaren Stoff.

Wer Seide trägt, sollte Zeit für die Pflege

oder Geld für die chemische Reinigung

einkalkulieren. Mit speziellen Mitteln in

lauwarmem Wasser von Hand gewa-

schen, in Essigwasser geschwenkt,

feucht aufgehängt und ohne grosse

Hitze gebügelt, kann ein Seidenkleid

durchaus Jahrzehnte überstehen.

DIE WICHTIGSTEN SEIDENGEWEBE

Crêpe Georgette: fein und matt, Abend-

kleider und Blusen;

Crêpe Satin: starker Glanz, Wäsche und

Abendroben;

Crêpe de Chine façonné: Damenklei-

der, Foulards oder Blusen;

Faille: weiche Seide, besonders geeig-

net für Kleider und Mäntel;

Taft: steif und knisternd, grosse Roben,

Futter, Blusen.

Grège (Rohseide) gezwirnte Seide Schuss Kette

Webstuhl

Gewobene und bedruckte Seide

Schablone Druckvorgang

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Nachdem der Raupe die Seidenfäden

abgerungen worden sind, durchläuft das

Material einige handwerkliche Stufen,

bis schliesslich der Stoff entsteht, der

Träume von Luxus und Exklusivität wahr

werden lässt.

Bulletin 3| 01Credit Suisse 65

Seidentücher. Sündhaft teure Stolen ausschwerem Satin in frappanten Farbkom-binationen mit und ohne Federbesatz sug-gerieren potenziellen Käuferinnen, ihreganz persönliche Gala finde gerade jetztstatt.

Und die neue Stoffkollektion, fein ge-streifter Satin in allen Farben, breit ge-streifte, duftige Seide, Tüll mit stilisiertenChrysanthemen bestickt und bedruckt,schreiender Mohn auf gelbem Hintergrundist in Zürich zu erwerben, während in Italien,der BRD und den USA damit gerade dieneusten Kollektionen die Ateliers verlas-sen. «Wer Fabric Frontline begreift», sagtAndré Stutz, «weiss, dass hier verspielteIdioten verblüfft feststellen, dass sich mitSeide auch Geschäfte machen lassen».

LUST UND LASTER

von einer Reihe seidener Knöpfe, die denRücken einer beliebigen Principessa beieiner Schiffstaufe «geschmeidig nach hin-ten wölben lassen». Er heiratet, baut seinGeschäft aus, konstruiert Schrauben undverkauft sie in aller Welt und ist von der Erin-nerung an diese seidenen Knöpfe besessen.

30-Farben-Druck aus Glarus für Tokio

Wer in den nüchternen Räumen der Webe-rei Bosetti in Como das schnelle Spiel von Kette und Schuss und das schnelleund doch sinnliche «Wachsen» der Seiden-stoffe beobachtet, bei Weisbrod-Zürrerdas Ineinanderfallen der glänzenden Fädenfür Jacquard-Krawatten verfolgt hat, derkann sich auch bei nüchternster Lebens-haltung der Faszination der Seide nichtentziehen. Und die verbliebenen Produ-zenten und Händler in der Ostschweiz signalisieren auch ungewöhnliche Verbun-denheit mit ihrem Produkt. Als Anfangder Neunziger die textile Krise die Restanzder Seidenherren herb beutelte, die Auf-träge immer kurzfristiger und die Zahlungenimmer langfristiger eingingen, schlossensich Gessner Mitlödi und Greuter zusam-men und brachten eigene Stoffkollektionenauf den Markt. Heute druckt Mitlödi Seidenoch vorweg für das Haus Abraham underfüllt ausgefallene Wünsche amerikani-scher und japanischer Auftraggeber. DieSeidendruckerei, die längst hauptsächlichBaumwolle zu Blumen und Mustern ver-hilft, profiliert sich international mit 18-bis zu 30-Farben-Drucken, mit kostbarerteurer Präzisionsarbeit. Urs Spuler: «Esgibt billigere Drucke, aber die Unterschie-de sind sichtbar, dafür wird bezahlt. Und Seide verjüngt sich gerade. Unternehmen wie Fabric Frontline gewinnen mit non-konformen Produkten neue Kundinnenund Kunden.»

«Verspielte Idioten» zelebrieren Seide

Fabric Frontline, die drei Geschwister Elsa,Maja und André Stutz, sind mit viel non-konformem Design und wenig Kapital vorgut zwanzig Jahren wie unartige Schmud-delkinder in den verstaubten Salon derOstschweizer Seidenindustrie gepoltert.

FRESSEN FÜR HÖHERE TEXTILE WEIHEN

Der Bombix Mori, der chinesische Maulbeerseidenspinner, verbringt sein

kurzes Leben vorweg mit ausgiebigen Sinnesfreuden, Fressorgien und

unmanierlichem Geifern.

In den 35 Tagen ihrer Verpuppung frisst die pelzige, bleiche Raupe das Vier-

zigfache ihres Körpergewichtes. Das Sekret der Bombix Mori und ihrer

Verwandten, zum Kokon verhärtet und später «aufgekocht», ist das edelste

Textil, das auf dem Markt ist: Seide.

Schlüpft der Bombix Mori, widmet sich der braun-gelbe Schmetterling mit

ungewöhnlicher Ausdauer dem Liebesspiel respektive der Produktion neuer

Raupen: Bis zu zwölf Stunden soll sein Vereinigungs-Ritual dauern.

Die Seide sorgt allerdings seit etwa 4000 Jahren dafür, dass einem Teil der

Bombix Mori flattrige Langzeit-Liebesfreuden verwehrt bleiben. Damit der

kostbare Kokon intakt bleibt, werden die Puppen mit heissem Dampf vom

Leben zum Tode gebracht. Beim Abhaspeln der Fäden verwandelt sich

schliesslich die Völlerei der vorzeitig verschiedenen Raupen in textile

Noblesse. Der Mittelteil des Kokons sorgt für Grège, Seide höchster Qua-

lität, die äussern Lagen für «Schappe». Die gezwirnte und verwobene Seide

krönt bis heute die Kollektionen aller grossen Designer und Konfektionäre.

Und der Stoff, der für grosse Auftritte sorgt, ist nicht umsonst teuer: Für einen

schweren japanischen Kimono haben 3000 Raupen ihr Leben ausgehaucht

und sechs Tonnen Maulbeerblätter vertilgt. 50000 Raupen sorgen für 120

Kilogramm Rohseide.

Heute residiert das Unternehmen in gedie-genen Räumen im wenig gediegenen Zür-cher Rotlichtquartier an der Ankerstrasse118, beliefert die Grossen der Mode undNobelkonfektionäre mit Blumen und Tierenauf Seide, versorgt Konzerne mit Foulardsund Krawatten und stattet gelegentlichdas Ballett der Zürcher Oper ganz selbst-los mit Kostümen aus schwerem Seiden-Satin in berauschenden Farbnuancen aus.Fabric Frontline lässt fast alle Verkaufsak-tivitäten zum barocken Spektakel geraten.

Wer durch einen bunten Garten in denSeidensalon einzieht, wird von klassischerMusik empfangen. Die neusten Jacquard-Krawatten in mannigfaltigen Gold- undRottönen befinden sich hinter Glas. Entenund Tiger watscheln und springen über

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Die Power des PositivenDer Swing, der Jazz der Dreissigerjahre, wird wieder entdeckt.

Die Kunst hat viele Motoren,so auch der Jazz. Es gibt das,was der Kritiker Marc Blitz-stein «the incredibly powerfuljazz of fear» nannte: dieAngst, die einen Charlie Parkerzu seinen Attacken gegen das Nichts antrieb; der gebro-chene Glanz im Gesang vonBillie Holiday; die Alpträume,die Bud Powell in verstörteSchönheit verwandelte; dieNachtschattenklänge von ChetBaker. Die Untergeher in dieser Musik sind so zahlreich,dass längst eine «tragischeJazzgeschichte» fällig wäre.Auch Wut ist ein Antrieb, beiarchaischen Blues-Sängernebenso wie bei Charles Mingus.Fast vergessen wir darob:Auch das Gegenteil ist eineKraft, die Kunst schafft.

Der «Swing», der Jazz, grobgesagt, war zwischen 1933und 1945 insgesamt eine ein-zige Manifestation von Lebens-freude, Zuversicht, Optimismus,Lebensmut. Den auszudrücken

gab es nach dem Ende derProhibition ebenso viele Grün-de, wie es nach Ausbruch desKriegs Gründe gab, ihn sicheinzureden. In Wahrheit wardiese urbane, elegante Musikvon Anfang an naive vitale Lebensfreude, Raffinementund Eskapismus in einem.Schwarzen brauchte keinerdie dunklen Seiten des Lebensvor Augen zu halten, auchnicht Ende der Dreissigerjahre,als die strikte Trennung inschwarze und weisse Bandsetwas durchlässiger wurde.

Swing erzählt von der Süsse

Dennoch weht uns diese Musik an wie Mozart die Men-schen des frühen 19. Jahr-hunderts: Wer die Zeit vor derFranzösischen Revolution nichterlebt habe, sagte Talleyrand,wisse nichts «von der Süssedes Lebens». Nie zuvor undnie danach war so viel populäreMusik gut und so viel guteMusik populär wie zur Zeit des Swing. Mehr als das sogenannte «Jazz Age» der

Zwanzigerjahre war sie das«goldene Zeitalter» des Jazz.Es fiel zusammen mit Aufstiegund Fall des Mediums, das ihn erst möglich gemacht hatte.Mit den vier überregionalenNetworks eröffnete es, eineeigentliche nationale Bildungs-anstalt, dem grossen Publi-kum den Zugang zu allem.«Radio Days»: Die Sender der vier nationalen Networkswaren nicht spezialisiert, siesendeten klassische Musik,Jazz, Country, Hörspiele aufein und demselben Kanal; der Star Toscanini stand nichtüber oder unter, sondernneben den Chefs der bekann-testen Big Bands.

Im Swing drängte der Jazzins (relativ) grosse Format,einfach, weil dieses ökono-misch tragbar wurde. EinGrossteil der Musik war «live».Aller Swing war Tanzmusik.Erst in den frühen Vierziger-jahren begann sich das Publi-kum zu trennen in Konzert-hörer und Tänzer. Nie vergesseich die Ratlosigkeit von Count

Basie, der, nach seinem Revi-val um 1960 zu einer «DanceParty» ins Zürcher Kongress-haus lud und in das ehrfurchts-voll an der Rampe gestautePublikum rief: «Don’t you likeour music?». Sie mochten siezu sehr, um sie als Gebrauchs-musik zu nehmen. Schliesslichrührt zu Brahms «UngarischenTänzen» auch keiner ein Bein.

Der Lindy Hop setzt Virus

Die Tänzer waren die wirt-schaftliche Grundlage dergrossen Orchester des Swing:in Clubs, Ballrooms, um un-zählige Pavillons der Vergnü-gungszentren vor den grossenStädten, auch in den Kinos.Von da übertrugen die Radio-stationen, und das mindertedie Attraktivität der Live-Ver-anstaltungen nicht. Im Gegen-teil. Der «Lindy Hop» (1927nach dem Ozean-ÜberfliegerCharles Lindbergh genannt)und der «Jitterbug» breitetensich aus wie eine Epidemie.

Weil mit dem Radio auchdas Marketing von Musik erfunden wurde und weil esder grosse Klarinettist undBandleader Benny Goodmanso wollte, der ein noch grös-serer Verkäufer seiner selbstwar, hält sich die Legende,die Swing-Ära sei in derNacht des 21. August 1935im Palomar Ballroom von Los Angeles geboren worden.Goodman, Sideman in vielenBands der Zwanzigerjahre unddann ein erfolgreicher Studio-Musiker, gründete 1934 seineerste Big Band. Er bekamsogar seine eigene Show bei

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Text: Peter Rüedi*

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Benny Goodman

Quartet:

Teddy Wilson

Piano

Gene Krupa

Drums

Lionel Hampton

Vibraphon

Benny Goodman

Clarinet

1938

Art Tatum

Piano

1953/54

▼▼ ▼

*Peter Rüedi ist Buchautor und

unter anderem bekannter

Jazzkritiker bei der «Weltwoche».

NBC, «Let’s Dance», zu späterNachtzeit, wenn die Gene-ration vor dem Radio sass, diehören wollte, was sie schonkannte. Der Erfolg war dem-entsprechend; noch auf derlangen Tournee, zu der er imSommer 1935 nach Westenaufbrach, verlangte das Publi-kum vorwiegend nach demSchrott der Tagesschlager.Goodman war im Begriff auf-zugeben, als ihm zu seinerVerblüffung aus dem jungenPublikum des Palomar Ball-rooms in Los Angeles schonvor der ersten Nummer fre-netischer Beifall entgegen-brandete. Die Kids waren mitseinem Repertoire bis zumletzten Stück vertraut. Wegender Zeitverschiebung hörtensie die Live-Sendungen vonNBC New York zur prime time.Dann rollte der Ruhm zurückzur Ostküste. A star was born,the King of Swing.

So tönt Qualität

In den späten Dreissigerjah-ren erreichten die Chefs der

grossen Orchester Hollywood-Status. In der Sache freilichhat der Essayist Gene Leesrecht: «Goodman did nothingfirst», überhaupt wurzelte der Swing in seinen Ansätzentief in den Zwanzigerjahren.Zwar war damals der Jazz imWesentlichen «two beat music».Aber die grössten Instrumen-talisten, allen voran LouisArmstrong im Orchester vonFletcher Henderson, brachtenihre Soli «zum swingen». Sieentdeckten jene schwebendeQualität, die zum Merkmal allen Jazz’ wurde, wenigstenssolang er sich an feste Metrenhielt. Swing gross geschrie-ben ist ein Stil, swing kleingeschrieben eine Qualität, dieleicht zu fühlen und schwer zu definieren ist.

Für Henderson arbeiteteals Arrangeur ein Mann, denLees zu Recht den «einfluss-reichsten und unbekanntestenSchreiber von nicht-klassi-scher Musik im 20. Jahrhun-dert» nennt. Er hiess DonRedman und erfand für Hen-

derson schon in den Zwanzi-gerjahren die Organisationdes Orchesters in drei Sätzenplus Rhythmusgruppe: Trom-peten, Posaunen, Saxophone.Mit antiphonischen Ruf-und-Antwort-Mustern (die letztlichafrikanisches Erbe waren)nahm er allen kommendenBig-Band-Jazz und einenGrossteil der Unterhaltungs-musik des 20. Jahrhundertsvorweg. Es gab nur noch einen im Einfluss mit Redmanvergleichbaren Komponisten:Duke Ellington. Aber nicht vonungefähr nannte der seineBand «Orchestra». Er war einKlangmaler zwischen den Instrumenten-Sätzen, suchtenach feineren Mischungen derTimbres zwischen Blech undHolz und schrieb auf die Into-nations-Nuancen seiner Solis-

ten hin. Das Prinzip Redmanwar brachialer, einfacher, erfolgreicher. Ohne FletcherHenderson kein Goodman,ohne Redman kein Hender-son – und, etwas vereinfacht gesagt, überhaupt keine derBands, welche den Swingberühmt machten: Casa Loma,die Dorsey-Brüder (erst ver-eint, dann jeder für sich, Jimmyund Tommy), Jimmie Lunce-ford, Andy Kirk, Cab Calloway,Chick Webb, Artie Shaw; nichtzu reden von den Bands der Musiker, die im Abglanzvon Goodman erfolgreich wur-den: Lionel Hampton, HarryJames, Gene Krupa.

Count Basie – der Sparsame

Ohne Redman auch keinCount Basie. In der Intensität,der Power, dem solistischenund musikalischen Potenzialfreilich übertraf der sparsamePianist und Bandleader zu-mindest zwischen 1936 und1941 alles, was sonst an Bandsnach Glanz und Glamourdrängte – eben weil er es dar-auf zunächst nicht angelegthatte. Basie kam aus der Tiefe des mittleren Westens,aus dem brodelnden KansasCity des berüchtigten Bürger-meisters Pendergast, dessenKorruption einen unschätz-baren Nebeneffekt hatte: Unterihr schossen Prostitution undGlücksspiel ins Kraut, und damit die Clubs, in deren Bio-top diese Art von Jazz erstgedeihen konnte. Man könnte

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Duke Ellington

Piano

Artie Shaw

Clarinet

Chick Webb

Drums

Jam Session,

New York, NY,

March 14, 1937

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«Sosehr der Swing die Ära der grossen Bands war: Diese funktionierten auch als Präsentiertellerfür grosse Instrumentalisten.»

sagen, insgesamt habe derSwing erstmals die beidenHauptströme der amerikani-schen Unterhaltungskulturvereinigt, den schwarzen undden jüdischen. Fast alleSongwriter und Musical- undFilmmusikkomponisten warenJuden – zumal die Gershwins,Porter, Kern, Rodgers, Arlenusw., die Giganten des «GreatAmerican Songbook», dasmehr und mehr auch das Re-pertoire des Swing bestimm-te. Count Basie stand zuerstfür den schwarzen Strom. Er kam aus dem Blues. Mehrals an der Perfektion seinerSätze lag ihm an der Basisder Sache: der drängenden,swingenden, federnden Powerder Rhythmusgruppe, die bald einmal «The All AmericanRhythm Section» genannt

wurde: Jo Jones am Schlag-zeug, Walter Page am Bass,Freddie Green an der Gitarreund Basie selbst. Und am Erfindungsreichtum seinerSolisten, die nach den einfa-chen «head arrangements» jede Freiheit genossen.

Goodman trieb zur Brillanz

Goodman dagegen per-fektionierte und sophistizierte die Ensembletechnik, das instrumentale Können seinerLeute zu abendländischerKonzertbrillanz. Aber er warklug genug, in seinen Bandsin der Band, seinen Trios,Quartetten, Sextetten, impro-visatorischen Freiraum undkammermusikalische Intimitätzu fördern: sein Pianist warTeddy Wilson, sein Vibrapho-nist Lionel Hampton, sein

Gitarrist der Erfinder der mo-dernen (elektrischen) Jazz-gitarre, Charlie Christian, seinSchlagzeuger Gene Krupa.Das Schlagzeug war eine derSchlüsselpositionen einerSwing-Band, in der Regel warsie so gut wie ihr Drummer –und wie der Lead-Trompeterund der Lead-Altsaxophonist,der Lead-Posaunist, die dieSätze anführten.

Sosehr der Swing die Ära der grossen Bands war:Diese funktionierten auch alsPräsentierteller für grosse In-dividuen und Instrumentalisten– und zunehmend auch Voka-listen. Das auffälligste Merk-mal der neuen Musik war dieAuflösung der binären Brachial-Rhythmik in ein schwebendesVier/Vier – die klumpfüssigenoder ein wenig zickigen alten

Rhythmusinstrumente wurdenausgemustert, statt der Tubakam der Kontrabass, statt des Banjos die Gitarre, unddie Schlagzeuger, allen voran Basies Jo Jones, verlager-ten das Timekeeping auf dieBecken. Doch mindestens so einschneidend war die Ent-deckung des Solisten. Erstdurch den Swing wurde dasSaxophon, namentlich das Tenor, neben der Trompete zumzentralen Instrument des Jazz:Coleman Hawkins schwangsich zum magistralen heissenRhapsoden auf, Lester Youngwurde sein Gegenpol, schmieg-sam, lyrisch, cool; Ben Webs-ter hielt die Mitte zwischenbeiden. Die Dioskuren unterden Altsaxophonisten warenEllingtons Johnny Hodgesund Benny Carter, der unter

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Wir helfen aidsbetroffenen Kindern

AIDS & KIND. Eine Stiftung, die betroffenen Kindern und ihren Angehörigen inder ganzen Schweiz unbürokratisch hilft. Eine Organisation, die im Auslandsinnvolle Projekte zur Unterstützung von Aidswaisen fördert. Fachleute, diesich für die Prävention bei Jugendlichen engagieren. Und Menschen, die sichfür die Integration der Betroffenen einsetzen.

Schweizerische Stiftung für Direkthilfe an betroffene Kinder

Seefeldstrasse 219, CH-8008 Zürich, Telefon 01 422 57 57, Fax 01 422 62 [email protected]

Spendenkonto: PC 80-667-0

Big-Band-Dämmerung warder Swing noch längst nichttot; er erlebte im Gegenteil ein Revival, das mit den reak-tionären Rückschauen des Dixieland-Revivals nichts zutun hatte. Und nach den langenJahren der binären Rhythmikdes Rock mehren sich die Anzeichen für ein weiteresComeback mehr polyvalenter,filigraner, schwebender rhyth-mischer Qualitäten – auch inMusik, die sonst mit dem«Swing» (gross geschrieben)nur den «swing» (kleingeschrieben) gemein hat.

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allen Arrangeuren auch amraffiniertesten für den ganzenSaxophonsatz schrieb. DieTrompeter standen alle im langen Schatten Armstrongs,aber sie machten dessen expressiven Portato-Stil flexi-bel: Henry Red Allen, Harry«Sweets» Edison, BuckClayton, und Roy Eldridge.

Sosehr die Jahre zwischen1933 und 1945 die Jahre dergrossen Orchester waren:von Ellington und Basie, späterWoody Herman und Stan Kenton abgesehen, fanden diemusikalisch spannendstenDebatten in kleinen Formatio-nen statt: in den Kleinforma-tionen des pianistischen Un-terhaltungsgenies Fats Waller, in den Kammerensembles von Goodman, in den Ad-hoc-Gruppen von Hampton, im«Quintette du Hot Club deFrance» von Django Reinhardtund Stephane Grapelli, in denTrios des rauschenden Art Tatum und des eleganten Nat«King» Cole – die sprengtenim Grund schon den Kanonder streng ans Metrum gebundenen Improvisation.

Als die grossen Orchesterstarben, aus vielerlei, haupt-sächlich aber handfesten wirt-schaftlichen und soziologi-schen Gründen – am Endeder wichtigste: Das Fernsehenveränderte erst die Unterhal-tungs-, dann die Lebensge-wohnheiten der Amerikaner,als die Rebellen des Bebopgegen die Altväter antraten(denen sie mehr verdankten,als sie gelegentlich wahr-haben wollten: Dizzy GillespieRoy Eldridge, Charlie ParkerLester Young, Bud Powell Art Tatum, Max Roach JoJones). Nach den Tagen der

EINSTIEGSDROGEN IN DEN SWING:

PETER RÜEDIS CD-TIPPS

Hier ein paar Einstiegsdrogen in den Swing.

Für alle gilt: laut hören, Schwiegermutter in die

Ferien schicken, Lebenspartner mit Lexotanil

versorgen und Hausmeister auf die Gehör-

schutzpfropfen vom letzten Feldschiessen

verweisen. Dann aufdrehen. Und wenn das

nicht geht: Kopfhörer montieren.

■ Benny Goodman at Carnegie Hall 1938.

Columbia C2K65143. Die Sternstunde des

Swing, restauriert und endlich komplett auf

zwei CDs: der Jazz erobert den klassischen

Konzertsaal.■ The Essential Count Basie Vol.1–3. Columbia

40608/40835/44150-2. Basies erste grosse

Band, später genannt «Das Alte Testament»,

mit Lester Young, Buck Clayton, Sweets

Edision, Dickie Wells u.v.a. ■ Fletcher Henderson: A Study In Frustration.

Columbia 57596 (3 Cds). Die Mutter aller Swing

Bands und der Vater von Goodmans Trium-

phen (inklusive Hendersons – und des Swings

– Anfängen in den Zwanzigern, mit Louis

Armstrong, Coleman Hawkins, Benny Carter,

Ben Webster, Chu Berry usw.)

■ Jimmie Lunceford: Best of 1934–1942. Best

of Jazz 4002. Für Kenner die heisseste Show

Band des Harlem Swing: Swing ist Tanzmusik

ist Swing; erstklassige Arrangements, per-

fektes Ensemblespiel.■ Duke Ellington: The Blanton-Webster-Band.

RCA 7432113181 (3 CDs). Der Schritt über

den Swing hinaus: Wohl die beste Ellington-

Band aller Zeiten.■ Artie Shaw: Best of 1937–42. Best of Jazz

4016. Der Impressionist unter den Chefs der

traditionellen Swing Bands. Der geschmeidige,

elegante, raffinierte Konkurrent Goodmans.■ The Complete Lionel Hampton Small Groups.

RCA (franz.) Vol.1–4. Jazz Tribune 7432122

6142 und 74321155252. Die legendären Auf-

nahmen von Hamptons Ad-hoc-Studioforma-

tionen, in denen die Crème der Solisten aus

allen grossen Orchestern spielte, u. a. auch

der 22-jährige Dizzy Gillespie.■ Art Tatum: I Got Rhythm 1935–44. Decca GRD

630. Der Pianovirtuose des Jazz als solcher

und schlechthin. Die Summe allen Klavier-

spiels zumindest bis zum Bebop.■ Thomas Fats Waller: The Very Best Of. Collec-

tors Choice Music 141. Hart im Nehmen, hart

im Austeilen, hart im Swing seiner berühmten

linken Hand. Seine Witze waren nicht für die

Ohren von höheren Töchtern gedacht (und

gerade deshalb auch von denen gemocht).

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Lionel Hampton

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New York, NY,

Savoy Ballroom

1941

Credit Suisse lässt das Tanzbein schwingen:

Im Rahmen der Zürcher Festspiele vom 22.6.

bis zum 15.7. findet «Swing City» statt. Mehr

Infos finden Sie unter www.swingcity.ch

Stars untermSternenzeltEs ist zu jeder Jahreszeit eineReise wert, das Tessin, aber imSommer zieht der Südkantonneben den Sonnenanbeternauch Kulturbeflissene magne-tisch an. Denn dann mutiert dieSonnenstube für einige Wo-chen zur kulturellen Hochburgder Schweiz. In Locarno findetdas internationale Filmfestivalstatt, und Lugano hat sich ganzdem Jazz verschrieben: «EstivalJazz» ist das musikalischeGrossereignis der Südschweiz.Auf der Piazza della Riforma,dem Herzstück von LuganosAltstadt, sowie im etwas süd-licher gelegenen Mendrisio,geben sich die weltbesten Jazz-musiker seit über 20 Jahrendas Mikrofon in die Hand. Auchfür das diesjährige Programmhaben die Veranstalter die Rosi-nen aus dem internationalenJazz- und Worldmusic-Kuchengepickt: The Brecker Brothers,The Zawinul Syndicate, Pacode Lucía Septet… Die Konzer-te finden nicht nur unter freiemHimmel statt, sie sind auch allegratis – aber sicher nicht um-sonst.Estival Jazz, 6. und 7.7., Mendrisio,Piazzale alla Valle; 12., 13. und14.7., Lugano, Piazza della Riforma. Weitere Informationenunter www.estivaljazz.ch.

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Nicht nur Züri renntEins Komma fünf, vierzig, zehn. Diese Traummasse dürften jedemTriathleten geläufig sein: Die olympische Distanz beim Triathlonbesteht aus 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahrenund zehn Kilometer Laufen. Mitmachen können alle, die sich diese sportliche Höchstleistung zutrauen. Speziell für die Spitzen-athleten aus dem In- und Ausland wurde die Kategorie «pro» geschaffen. Den Gesamtsiegern der Kategorien «pro» und «juni-or» winkt ein brandneuer VW Golf; auf die drei erstplatziertenFrauen und Männer der übrigen Klassen warten tolle Sach-preise, gestiftet von Credit Suisse und Amag. Aber auch alle,

die nicht aktiv dem Triathlon frönen, son-dern es vorziehen, die stahlharten Hoch-leistungssportler vom Bratwurststand auszu bewundern, werden diesen Sommerbeim Credit Suisse Circuit voll auf ihreKosten kommen.Credit Suisse Circuit: Uster 1.7., Solothurn8.7., Zytturm (Zug) 15.7., Schwarzsee 21.7.,Zürich 4.8., Nyon 12.8., Lausanne 26.8. Weitere Informationen unterwww.trisuisse.ch.

Vendetta in der Arena Das Amphitheater in Avenches ist diesen Sommer schon zum siebtenMal Schauplatz eines der grossenOpenair-Ereignisse der klassischenMusik. Letztes Jahr verfolgten insge-samt 48 000 Opernbegeisterte dasDrama um die äthiopische Königs-tochter Aida. Auch dieses Jahr stehtmit «Rigoletto» von Giuseppe Verdiwieder ein Publikumsmagnet auf demProgramm. In sieben Vorstellungen werden gegen 50 000Zuschauer die Tragödie um den rachsüchtigen buckligen Hof-narren Rigoletto und seine wunderschöne Tochter Gilda ver-folgen können. Sex, Gewalt, Mord und fantastische Arien wie«La donna è mobile» in einer lauen Sommernacht unter freiemHimmel. Das bringt das Blut garantiert in Wallung.Festival d’Opéra Avenches. «Rigoletto»-Vorstellungen: 5., 6., 7., 11., 13.,14. und 20.7. Weitere Informationen auf www.avenches.ch und unter026 676 99 22. Vorverkauf: 0848 800 800.

IMPRESSUM

Herausgeber Credit Suisse Financial Services und Credit Suisse Private Banking, Postfach 100, 8070 Zürich, Telefon01 3331111, Fax 01 3325555 RedaktionChristian Pfister (Leitung), Rosmarie Gerber, Ruth Hafen, Jacqueline Perregaux, Bulletin Online: Andreas Thomann, Martina Bosshard, Heinz Deubelbeiss, Zoe Arnold (Volontärin) Redaktionssekretariat: Sandra Häberli, Telefon 01 3337394, Fax 01 3336404, E-Mail-Adresse: [email protected], Internet:www.bulletin.credit-suisse.ch Gestaltung www.arnolddesign.ch: Urs Arnold, Annegret Jucker, Adrian Goepel, Alice Kälin, Benno Delvai, Muriel Lässer, Esther Rieser,Isabel Welti, Bea Freihofer-Neresheimer (Assistenz) Inserate Yvonne Philipp, Strasshus, 8820 Wädenswil, Telefon 01 683 15 90, Fax 01 683 15 91, E-Mail [email protected] Litho/Druck NZZ Fretz AG/Zollikofer AG Redaktionskommission Andreas Jäggi (Head Corporate Communications Credit SuisseFinancial Services), Peter Kern (Head Corporate Communications Credit Suisse Private Banking), Claudia Kraaz (Head Public Relations Private Banking), MartinNellen (Head Internal Communications Credit Suisse Banking), Werner Schreier (Head Communications Winterthur Life & Pensions), Markus Simon (Head Webservices Credit Suisse e-Business), Fritz Stahel (Credit Suisse Economic Research & Consulting), Burkhard Varnholt (Global Head of Research Credit Suisse Private Banking) Erscheint im 107. Jahrgang (6× pro Jahr in deutscher, französischer und italienischer Sprache). Nachdruck nur gestattet mit dem Hinweis«Aus dem Bulletin der Credit Suisse Financial Services und Credit Suisse Private Banking». Adressänderungen bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustell-couverts an Ihre Credit Suisse-Geschäftsstelle oder an: Credit Suisse, KISF 14, Postfach 100, 8070 Zürich

Agenda 3/01Aus dem Kultur- und Sport-engagement von Credit Suisse, Credit Suisse Private Banking und WinterthurAARAU11.7. Swiss Gym ShowAIGLE1.7. Kids on Wheels, Halbfinal«West» Kilometer-Test, RadBAD RAGAZ8.8. Credit Suisse Private BankingTrophy, GolfBIASCA8.7. Swiss Gym ShowDAVOS29.7.–13.8. Musik FestivalGEROLDSWIL24.6. Kurzstrecken-OL-Meister-schaftHOCKENHEIM29.7. GP von Deutschland, F1LAAX24.6. Frischi Bike ChallengeLUGANO8.3.–1.7. Marc Chagall, Museod’Arte ModernaMAGGLINGEN8.7. BehindertensporttagMAGNY-COURS1.7. GP von Frankreich, F1MARTIGNY29.6.–4.11. Pablo Picasso, Fondation Pierre GianaddaNÄFELS7.7. Kids on Wheels, Halbfinal«Ost» NEUENDORF5.–8.7. CSI-A NeuendorfNÜRBURG24.6. GP von Europa, F1SELZACH2.–15.8. Selzacher SommerspieleSILVERSTONE15.7. GP von Grossbritannien, F1ST.GALLEN8.8.–2.9. Open OperaYVERDON14.7. Swiss Gym ShowZÜRICH18.5.–2.9. Alberto-Giacometti-Retrospektive, Kunsthaus18.–29.7. Live at Sunset, Landesmuseum

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«Wenn wir träumen,sind wir frei» Dass der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa einst diePräsidentschaftswahlen verlor, ist ein Glücksfall für die Literatur.Seine Werke ernten weiterhin Weltruhm. Interview: Christian Pfister, Redaktion Bulletin

CHRISTIAN PFISTER Sie waren Politiker und

sind Schrifsteller. Was haben diese zwei

Berufe gemeinsam?

MARIO VARGAS LLOSA Beide Gebiete habenmehr Trennendes als Gemeinsames. DiePolitik arbeitet stark mit der Aktualität. DieLiteratur hingegen setzt sich mit den Dingen auseinander, die dauerhaft sind.Meist ist es zweitklassige Literatur, diesich mit der Aktualität beschäftigt. Politikhingegen kann die Aktualität nicht igno-rieren. Denn Probleme tauchen auf undmüssen gelöst werden.

C.P. 1990 wurden Sie beinahe Staatspräsident

Perus. Wären Sie nicht unglücklich gewor-

den, wenn Sie statt Romane zu schreiben,

Staatspolitik hätten betreiben müssen?

M.V.L. Mir war klar, dass ich meine literari-sche Arbeit hätte unterbrechen müssen,wenn ich für fünf Jahre gewählt wordenwäre. Das Schreiben wäre unmöglich ver-einbar gewesen mit der Verantwortungdes Präsidentenamtes. Aber meine Beru-fung als Schrifsteller wäre nicht einfachverschwunden. Ich wusste immer, dassich zum Schreiben zurückkehren würde –so oder so. Ich betrat die politische Bühneaus moralischen Gründen. Ich wollte etwasfür mein Heimatland tun, das sich damalsin einer sehr schwierigen Situation befand.Ich wollte in der Politik Werte vertreten wieGerechtigkeit, Freiheit und Menschen-würde, die mir als Schriftsteller immerwichtig waren und sind.

C.P. Sollte die Elite aus Politik und Wirtschaft

wieder mehr Romane lesen, um erfolgrei-

cher zu arbeiten?

M.V.L. Ja. Literatur geht jeden etwas an.Ihre Bedeutung ist zum einen sehr hand-fest: Ohne gute Literatur zu lesen, lässtsich keine Sprache beherrschen. Die Lek-türe lehrt, sich gewandt auszudrücken. Undgekonnt zu sprechen bedeutet nicht nur,ein Instrument zu beherrschen; es heisstauch genau und geschickt zu denken. Zudem lässt sich durch das Lesen von Literatur Sensibilität und Vorstellungskraftentwickeln. Und nicht zuletzt schärft Lite-ratur den kritischen Geist.

C.P. Wie bitte?

M.V.L. Die Literatur zeigt uns, dass dieWelt fehlerhaft ist. Sie weckt in uns dieSensibilität für das Unperfekte, das unsumgibt, das uns hindert, unsere Erwartun-gen, unsere Ambitionen und Wünsche zuerfüllen. Die Literatur ist das beste Gegen-mittel gegen den Konformismus, das dieZivilisation erschaffen hat. Romane sindzwar voller Lügen und sei es nur darum,weil sie interessantere Leben zeigen, diemehr Sinn zu haben scheinen als die rea-len. Doch Romane zeigen Lebensmög-lichkeiten, nach denen sich die Menschenunermüdlich sehnen. Wer sich auf diesefiktiven Welten einlässt, wird automatischzu einem kritischeren Zeitgenossen gegen-über der Realität.

C.P. «Der Mensch ist ein Gott, wenn er träumt,

und ein Bettler, wenn er denkt.» Gehen Sie

mit diesem Zitat des deutschen Dichters

Hölderlin einig?

M.V.L. Absolut. Der Mensch ist viel rei-cher und vielfältiger in seinen Vorstellungenals im realen Leben. Wir sind mit derFähigkeit ausgestattet, ein Leben zu habenund zugleich Tausende anderer Leben zuleben – oder uns zumindest danach zusehnen. Darum sind wir Kreaturen, diestets unzufrieden sind. Denn wir könnennicht das Leben leben, zu dem unsereVorstellungskraft in der Lage ist. Wenn wirleben, sind wir eingesperrt. Wenn wir träu-men, sind wir frei. Hölderlin beschrieb indiesem Zitat auf wunderbare Weise die-sen Konflikt.

C.P. Ihre Wurzeln haben Sie in Peru, durch

Ihre Arbeit wurden Sie zum Weltbürger. Be-

einflusst Ihre peruanische Herkunft immer

noch Ihr Denken und Handeln?

M.V.L. Für jeden Schriftsteller sind dieelementaren Erfahrungen in der Kindheitund Jugend verankert. Diese Jahre ver-binden mich sehr eng mit meinem Land.Klar, ich habe in der Zwischenzeit in ver-schiedenen Ländern gewohnt und michauch in andere Gesellschaften integriert.Schliesslich lebte ich insgesamt mehrJahre im Ausland als in Peru. Dem ver-

danke ich viel von dem, was ich heute binund wie ich die Welt sehe.

C.P. Dennoch spielt ein Grossteil Ihres

Werks in Peru.

M.V.L. Richtig. Der Kern meiner innerenBilder hat mit meinen ersten Jahren in Peru zu tun – ebenso mit der Sprache, mitder ich gross geworden bin. Diese Emp-findsamkeit ist fundamental für mich undallgegenwärtig in meinen Büchern. Undwenn ich mich auch als Weltbürger emp-finde und oft reise – meine Wurzeln sindimmer gegenwärtig. So gesehen bin ichPeruaner, einer freilich, der dank andererLänder und Kulturen um vieles reicher geworden ist und sich deshalb nirgendsauf der Welt als Ausländer fühlt.

C.P. Ist die Globalisierung für Entwicklungs-

länder wie Peru kein Albtraum?

M.V.L. Es ist ein grosser Fehler zu glau-ben, dass die Globalisierung eine Bedro-hung ist für jene Kulturen, die nicht demenglischsprachigen Raum angehören.Diese Angst ist abwegig.

C.P. Warum?

M.V.L. Viele Kulturen, die lokal oder re-gional von Bedeutung waren und wegeneiner nationalistischen Politik unterdrücktwurden, haben heute wieder eher dieMöglichkeit, sich auszudrücken und zuzeigen. Es gibt Länder, wo das sehr aus-geprägt geschieht. Etwa in Spanien, wo dasKatalanische, das Baskische, das Galizi-sche eine Vitalität und Präsenz zeigen, dienach 40 Jahren Franco-Diktatur ausge-rottet schienen. Es wird zwar in einer globa-lisierten Welt Kulturen geben, die stärke-ren Einfluss ausüben als andere. Doch dieGlobalisierung wird dazu führen, dass sichdie Menschen wieder an ihrer eigenenKultur orientieren werden.

C.P. Gilt das auch für die Dritte Welt?

M.V.L. Ja, gerade für sie bin ich optimis-tisch. Sie können von der Globalisierungprofitieren. Eine Voraussetzung muss hin-gegen gegeben sein: Demokratie. DieGlobalisierung und die damit verbundenen

LEADERS

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Modernisierungsprozesse bringen nur fürDemokratien Chancen. Andere Staatenlaufen Gefahr, zerstört zu werden.

C.P. Im Juli werden Sie Führungspersönlich-

keiten aus Politik und Wirtschaft in der

Schweiz begegnen (siehe Box rechts). Wie

sehen Sie dabei Ihre Rolle?

M.V.L. Interessant an derlei Anlässen ist,dass sie erlauben, mit Leuten aus anderenberuflichen Gebieten Gedanken auszutau-schen. In der fragmentierten und speziali-sierten Welt von heute ist der Dialog untersolchen Fachleuten wichtig. Die Speziali-sierung in den Wissensgebieten birgt dieGefahr, dass dieser Dialog abbricht. ImAlltag gibt es für solchen Austausch kaumZeit und Platz. Deshalb ist eine WINcon-ference eine gute Sache.

C.P. Wo profitieren Sie konkret?

M.V.L. Ein Schrifsteller muss immer ver-suchen, Probleme aus verschiedenenPerspektiven zu verstehen. Als Intellektu-eller muss er dabei klar machen, welcheRolle die Kultur in allen Aspekten des Le-bens spielt – in der Politik, in der Wirt-schaft, im Sozialen. Mir scheint, ich kannimmer zweierlei beitragen zu Fragen, diemit Literatur vordergründig nichts zu tunhaben. Zum einen auf dem Gebiet derSprache; sie richtig zu brauchen nützt al-len. Das zweite ist, für die Kraft der Phan-tasie und der Vorstellungskraft zu spre-chen. Das Rohmaterial eines Schrifstellersist die Phantasie – ein Gut von enormerBedeutung. Denn ohne Phantasie wird allunser Tun mechanisch und Routine. Undmechanisches Handeln und Routine sindgrosse Hindernisse für den Fortschritt.

C.P. Sie haben in Ihren Romanen eine viel-

zahl wunderbarer Figuren geschaffen. Wel-

che dieser «Persönlichkeiten» würden Sie

nach Interlaken an die WINconference

schicken, wenn Sie einen Stellvertreter

brauchen würden?

M.V.L. Ich würde mich nie getrauen, eineAuswahl zu treffen. Schliesslich fühle ichmich gegenüber meinen Romanfigurenwie ein Vater mit seinen Kindern. Undselbst wenn ich die eine oder andere inmeinem Innersten mehr mag – es wäregegen meine Moralvorstellungen, einemeiner Figuren zu bevorzugen (lacht).

C.P. Wer ist für Sie ein Thought Leader un-

serer Zeit, den Sie bewundern?

M.V.L. Eine Person, für die ich enorm Respekt empfinde, ist ein Intellektueller,der in der Lage war, den Sprung von derLiteratur in die Politik zu vollziehen: VaclavHavel. Er fing aus moralischen Gründenan, für die Freiheit in seinem Vaterland zukämpfen. Er war übrigens auch ein Staats-präsident, dessen Reden ein Genuss

waren. Und das ist selten, werden dochdie Reden von Staatsoberhäuptern meistvon irgendwelchen Sekretären geschrie-ben und sind voller Gemeinplätze und Klischees. Havels Reden hingegen sindgeistreich, lebhaft, polemisch.

C.P. Welches ist für Sie der bedeutendste

Wandel, der sich in der Welt vollzieht?

M.V.L. Mich fasziniert, dass in unsererWelt die Ländergrenzen langsam ver-schwinden. Zwar werden dadurch die Na-tionen nicht einfach aufgelöst; sie werdenjedoch mehr und mehr zu Symbolen undMythen. Die Welt rückt zusammen. Fallssich dieser Trend fortsetzt, dann ver-schwindet einer der wichtigsten Gründegrosser kriegerischer Katastrophen: dieAbneigung gegenüber dem Andersartigen,das Sichverbarrikadieren hinter der eige-nen Religion, Nation und Kultur. Eine Ge-schichte ohne Blutvergiessen – ich weiss,das ist noch Utopie. Ich spüre aber, dasses in diese Richtung geht.

C.P. Wo ist die Menschheit heutzutage am

meisten gefordert?

M.V.L.. Im Kampf gegen die Armut. ZweiDrittel der Menschen leben unter unakzep-tablen Bedingungen. Glücklicherweise ha-ben wir heute erstmals in der Geschichtedie Mittel, gegen diese Armut zu kämpfen.Heute könnten wir die Schlacht gewinnen– wir besitzen dazu das Wissen und dieTechnologie. Noch fehlt indes der politi-sche Wille, dies auch durchzusetzen.

LEADERS

74 Bulletin 3| 01Credit Suisse

WINTERTHUR UND CREDIT SUISSE LADEN ZUM FESTIVAL DER PERSPEKTIVEN

Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa gehört zu den grossen Namen

der Weltliteratur. Der in Arequipa, Peru, 1936 geborene Autor ist einer der

prominenten Teilnehmer, die sich am 5. und 6. Juli 2001 in Interlaken zur WIN-

conference 2001 treffen werden. Zum Thema «Wandel und Herausforderungen»

sprechen über zwanzig Referenten aus Politik, Wirtschaft und Kultur – unter

ihnen der deutsche Aussenminister Joschka Fischer, Bundesrat Joseph Deiss,

Unicef-Direktorin Carol Bellamy oder Javier Solana, aussen- und sicherheits-

politischer Repräsentant der EU. Die WINconference ist Teil der Initiative

«Thought Leader Programme», das die Credit Suisse Financial Services, dem

die Teams der Credit Suisse und Winterthur angehören, mit dem Besuch des

Uno-Generalsektretärs Kofi Annan im Frühjahr 2001 lanciert hat.

Mario Vargas Llosa, Schriftsteller

«Mechanisches Handeln und Routine sind grosse Hindernisse für den Fortschritt.»

40 Millionen Kinder jährlich beginnen ihr LEBEN ALS SCHATTENEXISTENZ.

Denn sie werden bei ihrer Geburt nicht registriert. Sie haben also keinen Namen, keine

Nationalität und kein rechtmässiges Alter. KINDER OHNE GEBURTSSCHEIN

werden von der Schule nicht aufgenommen. Sie können, erwachsen geworden, nicht

wählen und nicht heiraten, keinen Boden besitzen und keine Verträge abschliessen.

Nichtregistrierte Kinder sind eine Einladung für MISSBRAUCH JEDER ART.

Deshalb setzt sich UNICEF dafür ein, dass weltweit jedes Kind einen Geburtsschein

bekommt. Und zwar kostenlos. Wie viele Kinder dürfen wir mit Ihrer Unterstützung

registrieren lassen?

Postkonto Spenden: 80-7211-9 Für die Kinder der Welt.

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