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DAS MITGLIEDERMAGAZIN DES DEUTSCHEN FUNDRAISING VERBANDES FUND Stücke GEFÖRDERT DURCH: 1-2016 ISSN 2190-1783 Das Mailing ALLES BEIM ALTEN? Infopost wird Dialogpost INTERVIEW MIT DER DEUTSCHEN POST AG

DAS MITGLIEDERMAGAZIN DES DEUTSCHEN FUNDRAISING … · Das Talent, was ich nicht habe, ist (neben Kla-vierspielen) die Diplomatie ... Also: Unser Auftrag ist es, die Bierkutsche mit

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D A S M I T G L I E D E R M A G A Z I N D E S D E U T S C H E N F U N D R A I S I N G V E R B A N D E S

FUNDStücke

GEFÖRDERT DURCH:

1-2016I S S N 2 1 9 0 -1 7 8 3

Das MailingALLES BEIM ALTEN?

Infopost wird Dialogpost

INTERVIEW MIT DER DEUTSCHEN

POST AG

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E D I T O R I A L

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,

endlich mal mein Lieblingsthema im Heft –das Mailing! Vor Jahren habe ich eine Ver-sammlung von „Onlinern“ irritiert bis verärgert,als ich ihnen die Bierkutschenfrage vorlegte.Das Talent, was ich nicht habe, ist (neben Kla-vierspielen) die Diplomatie ...

Also: Unser Auftrag ist es, die Bierkutsche mit16 großen, vollen Fässern bester Erzeugnissedeutscher Braukunst von A nach B zu bewegen.Vor sehr langer Zeit hatten 16 Helfer die Fässer

einzeln gerollt, die kamen auch an, aber in welchem Zu-stand! Das wäre also face-to-face – alt, bewährt, ja sehrerfolgreich, aber auch körperlich sehr anstrengend. Undman braucht viel entsprechend gebautes Personal. Dannkam jemand auf die Idee, die Fässer auf einen Wagen zuladen und selbigem zwei kräftige Brauereipferde vorzu-spannen – nennen wir sie Spendenbrief und Telefon.Fazit: Der Wagen rollt. Das Bier bleibt kalt. Der Personal-aufwand ist gering. Ein Erfolgsrezept.

Nun aber kommt der Vogelzüchter und zwitschert unsvor, dass wir doch nur seine bunte Schar Kolibris vor den

Wagen spannen möchten. Da guckt der Bierkutscher undkratzt sich im Genick. Kolibris? Wenn einer der Kolibriszehn Gramm bewegen kann, wie viele von den süßenVögelchen braucht man, um eine Tonne (Bieres nebst Fäs-sern, Geschirr und Wagen) zu bewegen?

Liebe Onliner, nicht ärgern. Wer glaubt, dass dieguten alten Regeln bis in alle Ewigkeit gelten, dem ist ehnicht zu helfen. Wer wissen möchte, wie komplex dieFrage ist, lese den Artikel von Friederike Hofmann. MeinFazit: Mach es, mach es, wie Du es möchtest, so wie esDein Instinkt und Deine Erfahrung sagen!

Sehen wir uns auf dem Fundraising-Kongress? Da gehtes auch (aber nicht nur) um das Mailing!

Ihr

Martin Dodenhoeft

In jeder FUNDStücke-Ausgabe kommt einVerbandsmitglied zu Wort, das die Redaktionausgelost hat. Dieses Mal: Jörg Reschke, In-stitut für Kommunikation in sozialen Medien.Nächstes Mal: vielleicht Sie?

Liebe Freunde des Fundraisings, ob abermalige Porto-erhöhung, Gebühren für beleghafte Zahlscheine oder dieForderung einzelner Bundestagsabgeordneter, angesichtszunehmender TTIP-Proteste von campact, foodwatch & Co.über den Entzug der Gemeinnützigkeit nachzudenken –der Jahreswechsel 2015/2016 zeigt deutlich, dass wireine starke Lobby für unsere Interessen brauchen.

Mehr Pressearbeit, engere Kooperation mit anderenVerbänden, Mitarbeit am Spendenmonitor und das Su-chen der persönlichen Gespräche mit Abgeordneten sindein guter Weg, den der Deutsche Fundraising Verband indieser Hinsicht eingeschlagen hat.

Aber es braucht noch mehr: Das Engage-ment der Mitglieder – Fundraiser, Dienstleisterund Organisationen. Nur durch den inhaltlichenAustausch auf Fachtagen und Kongressen, dieaktive Mitarbeit in Fachausschüssen und denKontakt zur Geschäftsstelle können unsere Posi-tionen gebündelt und anschließend wirksamvertreten werden.

Wir haben es in unserer Hand, den Verbandfür unsere Interessen einzusetzen – indem wirselbst aktiv mitmachen!

Wir sehen uns in den Fachgruppen.

Jörg Reschke

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I N H A L T

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Inhalt

EditorialEditorial Martin Dodenhoeft 3Editorial Jörg Reschke 3

AufmacherDas Mailing – alles beim Alten? 5

PorträtAnnette Urban-Engels – „Ich liebe es turbulent.“ 10

Brüssel/BerlinDie CSR-Berichtspflicht: Fluch oder Segen? 13

Fundraising InternationalAnsteigende Fundraising-Aktivitäten im Land der aufgehenden Sonne 15

Aus der PraxisCorporate Social Responsibility – Mehr als nur Gemeinnützigkeit 18Zielgruppenanalyse – Von der Gießkanne zur Pipette 21

Aus dem VerbandAustausch, Lobbyarbeit und Weiterbildung –Die Fachgruppe Gesundheitswesen startet durch 24Eine neue Heimat für den DFRV 27Ausblick auf den Deutschen Fundraising-Kongress 2016 28Podiumsdiskussion auf dem Kongress 30Spenden. Kooperieren. Gestalten. 31Fachgruppe Frauen: Interessensvertretung auf Bundesebene 31

ServiceInfopost wird Dialogpost – Interview mit der Deutschen Post AG 32Neuspendergewinnung – „Woher haben Sie meine Adresse?“ 34Buchtipp – Enzyklopädie der dummen Dinge 35

Kessel BuntesPerspektivwechsel 36Der FUNDStücke-Twitter-Fragebogen 37Fundraising-Impuls 38

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Schon bei der ersten grundsätzlichen Frage gibt esunterschiedliche Ansichten: Ist das Mailing das wichtigsteInstrument für Fundraiser? Eva Masthoff, Marketingleite-rin bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, sieht dasso: „Die persönliche, direkte Information und Bitte um Un-terstützung ist aus meiner Sicht nach wie vor das beste In-strument zur Vermittlung von Vertrauen, Organisationsan-liegen und -aufgaben – und damit das geeignetste Fund-raising-Instrument für NGOs.“ Selbst der digitale Wandel,findet Kai Dörfner (Leiter Freunde und Förderer bei derEvangelischen Gesellschaft Stuttgart), ändert darannichts. „Die gedruckte Spendenbitte hat zwei große

Vorteile, die kein Online-Medium bietet“, erklärt er. „Sieregt mehr Sinne an, weil wir sie öffnen, entfalten, sortie-ren müssen. Und das Mailing ist weit haltbarer als eine E-Mail. Newsletter sind in Sekundenbruchteilen wegge-klickt – ein Spendenbrief liegt manchmal Wochen oderMonate, bis er zur Spende führt.“ Antje Karmann ist dieFachbereichsleiterin Spendergewinnung bei missio in Aachen. Sie schätzt die emotionale Wirkung von Papier:„Warum sind die Verkaufszahlen von Kindle und Co.rückläufig?!“, fragt sie. „Nichts schlägt das Gefühl, essich mit einem Buch auf dem Sofa gemütlich zu machen!Der Effekt ist bei einem Mailing ganz ähnlich.“

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Das Mailing – alles beim Alten? Das Mai l ing gehör t zu unserem Beruf wie der Schraubenzieher zum Elektr iker. Dennoch: In den

letzten Jahren hat s ich in der Welt der Kommunikat ion vie l veränder t . Hat das Mai l ing noch den

gleichen Stel lenwer t wie früher? Wie hebt man sich von der Konkurrenz ab? Unsere Gesprächs-

par tner aus fünf Organisat ionen s ind s ich nicht in al len Punkten einig.

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Das Mailing ist nicht allein wichtig

Wolfgang Porschen von Plan International Deutsch-land e.V. hat eine etwas andere Meinung: „Vor 15 Jahrenmag es noch das wichtigste Instrument gewesen sein.Heute ist das Mailing wichtig, aber nicht allein wichtig.Es ist Teil des größeren Ganzen – je nach Werbeaktivitätgehören dazu auch Online-Marketing-Maßnahmen, Zeit-schriftenbeilagen, vielleicht auch Face-to-Face und mehr.“Auch Dirk Scherer, Senior Director Marketing World Vision Deutschland e.V., macht Einschränkungen. „VieleOrganisationen können sicherlich über Mailings sehrzielgerichtet und mit relativ wenig Streuverlust Spenderund Unterstützer ansprechen – wobei man noch zwischenBestandsspendern und sogenannten Kaltadressen unter-scheiden muss. Letztere sind mit Mailings nicht immer op-timal zu erreichen.“

Wenn wir schon an alten Grundsätzen rütteln: Was istmit den „goldenen Regeln“, die für das Mailing gefühltschon immer gelten? Das PS ist aufmerksamkeitsstark, eineUnterschrift unerlässlich, wichtige Aspekte im Anschreiben

müssen fett sein, Texte nicht zu lang … und natürlich:AIDA, Attention, Interest, Desire, Action. Aufmerksamkeitschaffen, Interesse erzeugen, Wünsche wecken, zur Hand-lung auffordern. Hat sich daran irgendetwas geändert?Hat es, sagt Dirk Scherer. „Um einen generellen Entschei-dungsprozess zu beschreiben, sind solche Modelle zwarweiterhin nicht verkehrt. Aber die Kommunikationskanälesind insgesamt deutlich komplexer geworden und da-mit auch das Konsumentenverhalten. Bewährte Mailing-Regeln müssen daher meist im Zusammenspiel mit anderenMitteln betrachtet und bewertet werden. Vor allem die digitalen Bereiche werden bei Mailing-Aktivitäten immernoch zu häufig außer Acht gelassen!“ Antje Karmann erklärt, warum die Regeln dennoch „golden“ sind:„Grundsätze wie AIDA, die Dialogmethode nach Vögeleoder die Gestaltgesetze von Max Wertheimer beruhenauf Forschungsergebnissen zu den Verarbeitungsmusternvon Informationen im menschlichen Gehirn. Neuere Er-kenntnisse bestätigen sie.“

Du sollst nicht langweilen

Mit dieser Meinung ist die Kollegin nicht allein.„AIDA ist eines der wichtigsten Werbewirkungsmodelle,das grundsätzlich mit der menschlichen Psychologie ver-knüpft ist“, bekräftigt DSD-Marketingleiterin Masthoff.Und Kai Dörfner erklärt: „Wir Menschen und unsere Inte-ressen sind im Wesentlichen gleich geblieben. Wir wollenpersönlich angesprochen werden, interessieren uns fürsIndividuum mehr als für Gruppen, ziehen Bilder dem Textvor. Und die Hauptregel lautet: Du sollst deinen Lesernicht langweilen. Also erzähle ich eine Geschichte.“

Wolfgang Porschen findet eine Regel noch viel wichti-ger als AIDA und Co.: „Sie ist uralt: testen, testen, testen.Regeln lernt man nicht nur im Lehrbuch oder im Seminar,sondern sie ergeben sich aus zahlreichen Testergebnis-sen.“ Das sagt übrigens auch Antje Karmann, die erst vorKurzem aus dem kommerziellen Bereich in den DrittenSektor gekommen ist. „Testen, testen, testen, das hat manmir zu Beginn meines Berufslebens mitgegeben“, berich-tet sie. „NGO-Inhalte sind andere als bei Wirtschafts-unternehmen, auch der emotionale Zugang zur Zielgruppeunterscheidet sich. Die Mechanismen funktionieren aberähnlich.“

Ermüdende Stereotypie

Aber sind strikte Regeln wirklich die besten Ratgeberin der Spenderkommunikation? Sollte man nicht eher sei-nem Gefühl folgen? Oder – mal ganz rebellisch gefragt:Ist es am Ende vielleicht gar nicht so wichtig, was im Mai-ling genau drinsteht? Kommt es nicht viel mehr auf dierichtigen Adressen und auf den richtigen Zeitpunkt an?

Weiß man nicht genau, sagt Dörfner. „Wir könnennie alles messen und vergleichen. Bei jedem Mailing fal-len einem viele Gründe ein, warum es gerade geklappt

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„Die gedruckte Spendenbitte hat zwei große Vorteile, die kein Online-

Medium bietet. Sie regt mehr Sinne an,weil wir sie öffnen, entfalten,

sortieren müssen.“

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oder nicht geklappt hat. Es ist was dran – gefloppt sindbei mir meistens die Mailings, bei denen das Bauchge-fühl schon nicht gut war. Aber: Grundlage für jedes Mai-ling sind solides Texter-Handwerk und ein klar definierterund nachvollziehbarer Spendenbedarf. Danach kommenVersandzeitpunkt, Zielgruppenauswahl, Umwelteinflüsse.“Eva Masthoff warnt in puncto Regeln vor Schema F: „NGO-Mailings sind meines Erachtens inzwischen zu einem der-art spürbaren Grade systematisiert und optimiert, dassteilweise eine ermüdende Stereotypie zu verzeichnen ist.Es ist meiner Meinung nach auch im Schreibduktus und -stilwichtig, sich abzugrenzen und Alleinstellungsmerkmalezu erzielen.“

Die missio-Fundraiserin Antje Karmann ist der Mei-nung, dass für den Erfolg mehrere Zutaten nötig sind.„Das Einhalten der Regeln macht noch kein gutes Mai-ling. Die Erfahrung, ich nenne es mal ‚das Gespür‘ desFundraisers für seine Zielgruppe, spielt eine bedeutendeRolle. Die Kunst ist es, Kreativität, Bauchgefühl und Know-how aus dem Direktmarketing zusammenzubringen.“Das findet auch Plan-Geschäftsführer Porschen. „DieAdresse ist wichtig, wenn sie zum Angebot passt, dieDarstellung des Angebots, das Timing – alles ist wichtig.Es ist definitiv nicht egal, was drinsteht.“ Dirk Scherermahnt an, in der Mailing-Konzeption die begleitende „digitale Reise“ mit zu berücksichtigen. „Dass jemand einMailing öffnet, liest und mit was auch immer aktiv wird,ohne sich online zu informieren, ist relativ unwahrschein-lich“, glaubt er.

Marke gegen Overkill

Doch auch das beste Mailing ist im Briefkasten desEmpfängers nicht allein. Kai Dörfner spricht vom „All-mende-Problem“: „Ein, zwei oder vier Mailings im Jahrstören nur wenige Menschen ernsthaft. So war es vor 20 Jahren, als noch sagenhafte Responsequoten von 15 und mehr Prozent bei Neuspendermailings erzieltwurden. Heute scheint diese Allmende, die ‚Gemein-schafts-Weide‘, übernutzt. Manche Menschen bekommen30 bis 40 Mailings – alleine in der Vorweihnachtszeit.Overkill! Aversion!“ Sein Lösungsansatz: „Die spannendeFrage der nächsten Jahre ist, wie wir die 58 ProzentNicht-Spender für das Spenden begeistern können.“Wolfgang Porschen schätzt das Problem noch größerein, denn: „Wir konkurrieren ja nicht nur mit Spenden-werbung, wir konkurrieren mit jedem Werbeanstoß.“Sein Rat lautet erneut: Ein Konzert von Maßnahmendurchführen und nicht nur auf das Mailing vertrauen. „Esreicht nicht mehr aus, nur einmal anzuklopfen, wenn esüberhaupt jemals ausgereicht hat. Man muss schon einPortfolio realisieren, bestehend aus Online- und Offline-Maßnahmen, um überhaupt noch wahrgenommen zuwerden. Und dabei ist es ungeheuer wichtig, dass manam Ende des Tages eine Marke bildet.“ Das sieht auchDirk Scherer von World Vision so. „Starke Marken starkerOrganisationen haben immer einen Vorteil bei derFrage, ob man ein Mailing überhaupt öffnet. Das Ver-trauen und den Erfolg der Arbeit in den Köpfen der Men-schen zu platzieren, ist zusammen mit der Differenzie-rung gegenüber Mitbewerbern – wie letztlich in allenBranchen – der Schlüssel zum Erfolg.“

Begehrlichkeiten wecken

Antje Karmann empfiehlt, realistisch zu bleiben. „Ma-chen wir uns nichts vor“, sagt sie, „der Großteil unsererBriefe landet in der Papiertonne. Nach meiner Auffas-

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Im Gespräch zum Thema …

Eva Masthoff, Leitung Marketing Deutsche StiftungDenkmalschutz

Wolfgang Porschen, Geschäftsführer Plan Inter-national Deutschland e.V.

Kai Dörfner, Leiter Freundeund Förderer bei der Evange-lischen Gesellschaft Stuttgart

Dirk Scherer, Senior DirectorMarketing World VisionDeutschland e.V.

Antje Karmann, Fachbereichs-leiterin Spendergewinnungmissio – Internationales Katho-lisches Missionswerk e.V.

„Das Einhalten der Regeln macht noch kein gutes Mailing. Die Erfah-rung, ich nenne es mal ‚das Gespür‘des Fundraisers für seine Zielgruppe,spielt eine bedeutende Rolle.“

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sung sollte die Briefsendung seriös und freundlich wirkenund dem Adressaten die Möglichkeit geben, zu erkennen,wer ihn anschreibt.“ Klare Markenkommunikation alsoschon auf dem Umschlag? Eher nicht, findet Dirk Scherer.„Ich denke, wir tendieren alle eher dahin, schon vor demÖffnen zu viel zu kommunizieren – sei es über Logo Bran-ding, Lines, Claims und Call-to-action oder noch mehr.Dabei geht der Reiz für viele verloren und das Mailingwird zu offensichtlich als Werbung wahrgenommen.Wenn gar nichts draufsteht, muss es auch nicht unbedingtfunktionieren. Auch beim Umschlag geht es darum, eineRelevanz für die Zielgruppe abzubilden, zum Beispieldurch eine Kernfrage, ein Bild, das eine Geschichte er-zählt, oder generell den Start einer Geschichte, die mangern weiterverfolgen möchte.“ In eine ähnliche Richtungargumentiert Eva Masthoff: „Die Briefhülle muss neugie-rig machen und etwas Besonderes sein. Wir setzen hierauf Sonderformate. Das enthaltene Incentive sollte schonangeteasert sein und Begehrlichkeiten wecken.“

Überzeugen oder überreden?

Incentive? Auch so eine Frage, die viele Kollegen be-wegt. Helfen Give-aways oder nicht? Gibt es Dos undDon’ts? Muss ein Incentive möglichst preiswert sein oder istetwas Wertigeres besser? Die Antwort von Eva Masthoffist einfach: Es muss passen, das ist alles. „Die ausschlagge-benden Erfolgsfaktoren sind die thematische Verknüpfungmit der Organisation, der persönliche Nutzwert und dieNachhaltigkeit. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz setztauf sehr hochwertige Incentives, da die Stiftung aufgaben-gemäß für Werthaltigkeit und künstlerische Qualität steht.Aber auch hier kann es kein Schema F geben – anderenNGOs stehen fühlbar niedrigpreisige Give-aways gegebe-nenfalls besser zu Gesicht.“ Auch Antje Karmann hat nichtsgegen hochwertige Incentives. „Sie erhöhen die Responsevor allem bei Erstspendern, ganz eindeutig. Aber: Die Halt-barkeit dieser Spender ist gering. Wir versuchen Give-awayszu entwickeln, die zu uns passen, und besonders bei akti-ven Spendern habe ich die Erfahrung gemacht, dass we-niger mehr ist.“ Diesen Gedanken spitzt Kai Dörfner zu:„Welche Spender wollen wir gewinnen? Menschen, die wirüberzeugen? Oder Menschen, die wir psychologisch ‚über-reden‘? Fundraising ist mehr als Neuspendergewinnung.Wenn ich Menschen von meiner Arbeit begeistern will,muss ich das über Jahre mit meinem Handeln tun. Wenn einGive-away damit in Beziehung gebracht werden kann,dann empfehle ich es. Wenn nicht, ist es ein Symptomdafür, dass wir unserer Botschaft nicht trauen, dass wirauf den psychologischen Effekt der Reziprozität hoffen.“

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„Ein, zwei oder vier Mailings im Jahrstören nur wenige Menschen ernsthaft.

Heute scheint diese Allmende, die ‚Gemeinschafts-Weide‘, übernutzt.

Manche Menschen bekommen 30 bis 40 Mailings – alleine in der

Vorweihnachtszeit.“

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Nicht zuletzt ist das Thema auch ein ethisches, merktWolfgang Porschen an. „Es muss zu unseren ethischenGrundsätzen im Fundraising passen“, sagt er, und: „Wennwir für fünf, sechs Euro ein Incentive einkaufen, kann ichmir nicht vorstellen, dass das irgendeinen Spender be-geistert. Er wird sich eher fragen, wie eine Spenden-organisation so viel Geld in ein Geschenk investierenkann.“ Sehr differenziert betrachtet Scherer die Incentive-Frage. „Es ist ein kontroverses Thema. Ohne genaue Zah-len zu kennen, vermute ich, dass die eine Hälfte der Spen-der darauf etwas mehr ‚anspringt‘ und die andere Hälfterecht ablehnend reagiert. Wir bei World Vision habenuns gegen den Einsatz solcher Give-aways entschieden,da wir einen Fokus auf unsere inhaltliche Arbeit, unsereWirkung in den Projekten und die Transparenz setzen.Das soll nicht bedeuten, dass es bei anderen Organisatio-nen mit dem Einsatz von Give-aways nicht funktioniert.“

Zukunft ohne Mailings? Ja, nein, vielleicht

Abschließend: Ist Fundraising ohne Mailings denk-bar? Die Antworten: Zweimal „nein“, einmal „vielleicht“,einmal „ja, aber nicht so bald“ und einmal „Wer weiß?“.

Im Team „nein“ sind Dirk Scherer und Eva Masthoff:„Mailings sind nach wie vor der mächtigste Spendenan-lass, was auch aktuelle Studien belegen“, sagt die Mar-ketingleiterin der DSD. Antje Karmann antwortet „viel-leicht“. „Sicher ist, der Kanal Online wird immer wichti-ger“, fügt sie hinzu, „er sollte nicht vernachlässigt wer-den. Das klassische Mailing wird aber noch lange seineBerechtigung haben.“ Und Wolfgang Porschen, der ei-gentlich lieber nicht orakeln möchte, meint: „Ja, ich kannmir vorstellen, dass es jemals ohne Mailings funktioniert,aber das wird noch ein bisschen dauern.“ Kai Dörfnerstellt fest, dass nichts so schwer vorherzusagen ist wie dieZukunft. „Klar ist, dass bedrucktes Papier einen anderenStellenwert hat als eine flüchtige elektronische Nach-richt“, sagt er. „Aber wer weiß, welche Möglichkeitenuns in zehn Jahren offenstehen werden – oder welcheIdee schon heute nur der Umsetzung harrt?“

Friederike Hofmann

„Klar ist, dass bedrucktes Papiereinen anderen Stellenwert hat als eineflüchtige elektronische Nachricht …“

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Wann und wie sind Sie zum Fundraising gekommen? 1992 über eine Abschlussarbeit Marketing und PR für

den WWF zum Thema Großspender- und Erbschafts-fundraising – Themen, die es in Deutschland so noch garnicht gab. Ein Besuch beim WWF in England war sehr erhellend, da es dort schon lange Abteilungen zu beidenBereichen gab.

Sie unterrichten seit fast 15 Jahren an der FundraisingAkademie unter anderem das Thema Mailing. Was istIhnen dabei besonders wichtig?

An der Akademie zu unterrichten macht mir sehr vielFreude, denn hier sehen wir, dass sich immer mehrMenschen für diese berufliche Fachrichtung begeisternund eine gute Ausbildung suchen. Die fachliche Qualifi-kation zum/zur Fundraising Manager/in an der Akademieist inzwischen sehr häufig eine Voraussetzung, um sichauf eine Fundraisingstelle zu bewerben.

Das Thema Mailing gehört zum Curriculum, denn –obwohl immer mal wieder totgesagt – diese Form derSpendergewinnung und regelmäßigen Ansprache im Be-reich Individualspender ist immer noch das erfolgreichsteAkquise-Instrument im Fundraising. Dafür gibt es in mei-nen Augen zwei wesentliche Gründe. Erstens: Die Men-schen fühlen sich persönlicher angesprochen als durch eineE-Mail. Hat der Brief den richtigen Spender erreicht, bleibter oft länger auf dem (Schreib-)Tisch liegen und schafft soErinnerung. Online-Ansprachen werden immer noch alsweniger persönlich wahrgenommen und ein Wegklicken,Löschen ist viel schneller geschehen. Außerdem sindSpendenbriefe bei der spendenstarken Generation 65+ein eingeübtes Medium. In meinen Augen können Orga-nisationen auf Mailings bislang nicht verzichten. Manmuss allerdings die Kosten im Auge behalten. Dies gilt be-sonders mit Blick auf die fortlaufenden Portoerhöhungen.

Auf dem nächsten Deutschen Fundraising-Kongresswird das Schwerpunktthema „Mailing“ sein. Auch das

zeigt die Bedeutung des Mailings trotz aller Änderungenbei den Kommunikationskanälen.

Welche Unterrichtsinhalte haben sich in den 15 JahrenIhrer Lehrtätigkeit verändert?

Das Fundraising hat sich seit den 90er Jahren starkgewandelt. Die klassischen Instrumente sind geblieben.Doch mit einer wachsenden Konkurrenz haben gemein-nützige Organisationen begonnen, weitere Felder imFundraising zu stärken. War der Fundraiser/die Fundrai-serin früher eher ein Generalist, kann man heute bei den

Stellenausschreibungen im Fundraising große Differen-zierungen feststellen. Dies findet sich auch im Curriculumder Akademie wieder. Die Themen wie Spenderbindung,Großspender, Erbschaftsmarketing und Stiftungen sindstärker in den Fokus gerückt, aber auch Bereiche wie Un-ternehmenskooperationen, Face-to-Face und Telefon-Fund-raising sowie Social Media gehören zum Standard derUnterrichtsinhalte.

Außerdem bietet die Fundraising Akademie inzwi-schen auf bestimmte Themenbereiche spezialisierte Fort-bildungen an, wie zum Beispiel CSR-Manager/in, Stif-tungsmanager/in oder Engagementberater/in.

Wissen Sie noch, zu welchem Thema Sie Ihr erstesMailing geschrieben haben? Schreiben Sie heute nochviele Mailings?

Die ersten Mailings habe ich geschrieben, als ich fürdie v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel tätig war. Inden letzten Jahren habe ich viele Mailings vorbereitet,fast immer aber von Agenturen schreiben lassen.

Annette Urban-Engels:„Ich liebe es turbulent.“„Fast von Anfang an mit dabei“, das kann Annette Urban-Engels über ihre Tätigkeit als Fundraiserin

sagen. Dozentin an der Fundraising Akademie, Projektmitarbeiterin im Ausland, Fundraiserin in

unterschiedl ichen Organisat ionen – die Kol legin hat einen reichen Er fahrungsschatz.

Das Fundraising hat sich seit den90er Jahren stark gewandelt. Die klas-sischen Instrumente sind geblieben.

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Welches ist Ihr Lieblings-Fundraising-Instrument? Das personalisierte Mailing ist ein wunderbares Me-

dium, um ein Anliegen direkt vorzutragen und eine Reak-tion, in unserem Fall eine Spende, auszulösen. Die Vorteileeines Mailings sind zudem die gleichzeitige Ansprachevieler Menschen und die gute Messbarkeit des Erfolgs.Letzteres ist natürlich für alle Fundraiser/innen immenswichtig.

Ein echtes Lieblings-Fundraising-Instrument habe ichjedoch nicht. Jedes ist auf seine Weise wertvoll. Eine Or-ganisation sollte im Rahmen ihrer finanziellen und perso-nellen Möglichkeiten für einen ausgewogenen Fundrai-sing-Mix sorgen, damit sie ihre Einnahmen aus Spendenbzw. Fördermitteln stabil halten und auch steigern kann.

Mir persönlich machen Besuche bei und Gesprächemit den Spenderinnen und Spendern viel Freude. In einem

direkten Dialog erfährt man sehr viel über die Motive derFreunde und Förderer und im persönlichen Austausch be-gegnet man sich auf Augenhöhe. Spender/innen werdenzu echten Partnern.

Was brauchen Sie für eine Arbeitsatmosphäre? Tru-bel, Zeitdruck, Stress? Oder lieber Ruhe, abgestelltesTelefon, ein definiertes Zeitfenster für eine definierteAufgabe?

Grundsätzlich liebe ich es turbulent. Mit mehrerenAufgaben gleichzeitig betraut zu sein, macht mir vielSpaß. Doch es gibt Tätigkeiten, da sind Ruhe und Kon-zentration wichtig, um ein gutes Ergebnis zu erreichen.Wenn ich beispielsweise mit Großspender/innen telefo-niere, dann lege ich viel Wert auf eine gute Vorbereitungund eine ruhige Atmosphäre.

Was beschäftigt Sie gerade am meisten? Die Entwicklung im Fundraising. Alle größeren Orga-

nisationen in Deutschland haben sich sehr stark profes-sionalisiert, mehr ausländische Organisationen kommenauf den deutschen Markt und viele gemeinnützige Ein-richtungen haben das Fundraising für sich entdeckt, nichtzuletzt durch Veränderungen in der Finanzierung auf-grund schrumpfender öffentlicher Mittel.

Noch profitieren alle Organisationen von der heuti-gen Generation 65+. Doch auch diese Generation hatentdeckt, dass es sinnvoller ist, die Unterstützung zu kon-zentrieren, statt wie noch vor etwa zehn Jahren Spendenbreit zu streuen. Spenderbindung hat deshalb an Bedeu-tung gewonnen.

Außerdem sind die Veränderungen in unserer Gesell-schaft groß. Da gibt es die wachsende Schere zwischenReich und Arm und die Veränderung in unserer Kommuni-kation durch die Sozialen Medien, die bereits alle Le-bensbereiche durchdrungen hat.

Wir schauen ja viel nach Amerika – sehr spannendfinde ich die Diskussion, wie viel Einfluss große Geldge-ber haben. Man denke an die Bill Gates Stiftung undWarren Buffet, und wie groß die Abhängigkeiten werdenkönnen. Neulich habe ich Zahlen aus Stiftungen in denUSA gelesen, die unterschiedliche Programme und Projek-te in Afrika fördern, zusammen mehr als 1,5 MilliardenUS-Dollar im Jahr 2012. Von diesem Geld kamen 71 Pro-zent (mehr als 1 Milliarde US-Dollar) von der Gates Foun-dation. Da entstehen Abhängigkeiten, die in meinenAugen viele Fragezeichen aufwerfen.

Ob die Entwicklung in Deutschland auch diesen Weggeht, weiß ich nicht. Ein Thema, das mich beschäftigt, istes dennoch.

Welches Talent hätten Sie gerne? Ich würde gerne singen können. Das ist ein Talent,

das ich leider nicht habe.

Über welches Ihrer Talente sind Sie besonders froh? Ich gehe gerne auf Menschen zu und ich kann sie

begeistern von Anliegen, die mir am Herzen liegen. Die-ses Talent hilft mir im Kontakt mit den Spenderinnen undSpendern sehr.

Wenn Sie noch einmal ganz von vorne anfangen könn-ten – was würden Sie anders machen?

Natürlich gibt es Situationen, wo man im Nachhineindenkt, das hättest Du anders machen können. Doch dassind Lernerfahrungen. Wenn ich noch einmal von vorneanfangen würde, gäbe es keine Garantie, fehlerfrei durchdas Leben zu gehen. Deshalb bin ich glücklich über allePhasen in meinem beruflichen Leben. Ich habe immer dazugelernt, sehr viele interessante und sehr engagierteMenschen im In- und Ausland getroffen und freue michdarüber, dass ich bei der Entwicklung und Gestaltung desFundraisings in Deutschland fast von Anfang an mit dabeisein durfte.

Das Interview führte Friederike Hofmann

In einem direkten Dialog erfährt man sehr viel über die Motive der

Freunde und Förderer und im persönlichen Austausch begegnet

man sich auf Augenhöhe.

Annette Urban-Engels

ist seit mehr als 20 Jahren Fundraiserin. Sie arbeitete unteranderem für die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethelsowie für die Quäker-Hilfe Stiftung, von 1998 bis 2000war sie Auslandsmitarbeiterin der Gesellschaft für Techni-sche Zusammenarbeit (GTZ) und half in Malawi beim Auf-bau einer lokalen NGO. Seit 2001 ist sie Studienleiterinan der Fundraising Akademie.

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B R Ü S S E L / B E R L I N

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Die CSR-Berichtspflicht:

Fluch oder Segen?Die CSR-Berichtspf l icht kommt: Bis zum 6. Dezember 2016 müssen EU-Mitgl iedsstaaten die

Richt l in ie in ihr nat ionales Recht über führen. Was bedeutet das für Non-Prof i t -Organisat ionen?

Zunächst betrifft die CSR-BerichtspflichtUnternehmen, und zwar solche mit mehr als500 Mitarbeitern. Sie sind ab 2017 dazuverpflichtet, ihre nichtfinanziellen Aktivitä-ten in einem Bericht zu veröffentlichen –also Informationen zu Umwelt-, Sozial- undArbeitnehmerbelangen, zur Achtung derMenschenrechte und zur Bekämpfung vonKorruption und Bestechung. „Der CSR-Be-richt soll die wesentlichen Risiken beschrei-ben, die mit der Geschäftstätigkeit des Un-ternehmens verknüpft sind“, erklärt HugoW. Pettendrup, Geschäftsführer von H&P-FundConsult, einem Beratungsunternehmenzwischen Profit und Non-Profit. „Die Unter-nehmen sollen darlegen, wie sie diese Risi-ken handhaben.“ Er freut sich über die Be-richtspflicht: „Die Einführung einer solchenRichtlinie ist ein wichtiger Schritt in die rich-tige Richtung.“

Des einen Freud, des anderen Leid

Michael Pieck, Pressesprecher der IHKBonn/Rhein-Sieg, sieht das kritisch: „Vielekleine und mittelständische Unternehmer,die zu uns kommen und sich beraten las-sen, sind irritiert, wenn sie hören, dass siesich zu den Themen ‚Achtung der Men-schenrechte‘ und ‚Bekämpfung von Korrup-tion und Bestechung‘ rechtfertigen sollen.“Er meint, dass viele Unternehmen die Moti-vation für ihre CSR-Aktivitäten so verlierenund die Berichtspflicht kontraproduktiv seinkönnte. Hugo W. Pettendrup sieht das an-ders. Seiner Meinung nach betreiben vieleUnternehmer bereits CSR im Selbstverständ-nis eines ehrbaren Kaufmanns – teilweiseohne sich dessen so wirklich bewusst zusein oder gar die Öffentlichkeit einzubezie-hen – und werden dies auch weiterhin tun.Mit der CSR-Berichtspflicht bekommen siedie Gelegenheit, ihr Handeln systematischaufzubereiten und sich entsprechend zu posi-tionieren.

Vorteile für NGO

Für Non-Profit-Organisationen ist dieCSR-Berichtspflicht eine Bereicherung, meintMichael Pieck: „Organisationen könnenleichter Informationen über Unternehmenbekommen und so herausfin-den, ob diese zu ihnen pas-sen. Der Haken: Bisher ist nichtklar, wer überhaupt den Wahr-heitsgehalt der Berichte über-prüft und wie das geschieht.“Pettendrup ergänzt: „MöglicheAnknüpfungspunkte für Koope-rationen werden sichtbarer.Weiterhin wird in vielen Fällendeutlich, in welchen Bereichen die Unter-nehmen noch Optimierungs- und Bera-tungsbedarf haben. Gemeinnützige Orga-nisationen können ihr jeweiliges Know-how, beispielsweise bei Umweltfragen, an-bieten und den Unternehmen als Partnerzur Seite stehen. Für Fundraising-Aktivitä-ten erwachsen auf diese Weise neue Po-tenziale und Schnittstellen.“

Die CSR-Berichtspflicht ist für NGOsalso ein guter Anlass, sich im CSR-Bereich

„Organisationen könnenleichter Informationen überUnternehmen bekommenund so herausfinden, obdiese zu ihnen passen.“

Unsere Gesprächspartner

Hugo W. Pettendrup, Geschäfts-führer von H&P-FundConsult

Michael Pieck, Pressesprecherder IHK Bonn/Rhein-Sieg

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B R Ü S S E L / B E R L I N

zu professionalisieren und vorzubereiten,damit sie Unternehmen gezielter anspre-chen und für Kooperationen auf Augenhö-he gewinnen können. IHK-PressesprecherPieck warnt allerdings vor zu viel Aktionis-mus: „Nutzen Sie als Organisation die Be-richtspflicht nicht als Druckmittel – daskommt nicht gut an. Versuchen Sie lieber,positiv an das Unternehmen heranzutreten,indem Sie zum Beispiel fragen, ob es be-reits im Sinne einer CSR tätig ist und/oderBedarf hat und ob Sie ein Projekt vorstellendürfen.“

Pieck hat außerdem noch einen Tipp fürdie Unternehmensrecherche: „Die Organi-sationen, die zu uns kommen, fragen unsimmer nach einer Liste von Unternehmen,die Kooperationen eingegangen sind. Sie

sollten sich aber viel-mehr fragen: WelchesUnternehmen will ichansprechen? WelcheBranche? Welche Grö-ßenordnung? Bestehtschon ein Kontakt?Und ganz klar: Unter-

nehmen, die jetzt schon einen Nachhaltig-keitsbericht veröffentlichen, haben vermut-lich schon genügend Partner. Die anderendagegen können auf den Bericht vorberei-tet werden und stehen möglicherweise baldals Partner zur Verfügung.“ Für alle Fragenrund um das Thema CSR sowie zur Kontakt-anbahnung zwischen kleinen und mittel-ständischen Unternehmen und Organisatio-nen hat die IHK Bonn/Rhein-Sieg vor Kur-zem ein CSR-Kompetenzzentrum eröffnet.

Erweiterung auf kleinere Unter-nehmen ist nicht ausgeschlossen

Wie wird es mit der CSR-Berichtspflichtweitergehen? Es ist denkbar, dass sie aufUnternehmen ab 250 Beschäftigten ausge-weitet wird – möglicherweise fällt die Un-tergrenze irgendwann sogar ganz weg.Vor zu viel Bürokratie und Aufwand müssendie Unternehmen aber keine Angst haben,denn, so Pettendrup: „Sie können sich aninternationalen, europäischen oder natio-nalen Leitlinien orientieren, z. B. GlobalCompact, Global Reporting Initiative (GRI),OECD-Leitsätzen für multinationale Unter-nehmen, ISO 26000 etc. Eine vielverspre-chende Lösung bietet der Rat für Nachhalti-ge Entwicklung (RNE) mit dem sogenann-

ten Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK)an. Dieser beschreibt Mindestanforderun-gen und bietet somit einen Rahmen für dieBerichterstattung zu nichtfinanziellen Leis -tungen, der von Unternehmen und Organi-sationen jeder Größe und Rechtsform an-gewendet werden kann, und erfüllt bereitsjetzt die ab 2017 geltende EU-Berichts -pflicht.“ Der entscheidende Vorteil dabei:Der DNK hat die 20 wesentlichen Kriterienund ausgewählte quantifizierbare Leis tungs-indikatoren festgelegt, und die Unternehmenmüssen dazu lediglich eine Entsprechungs-erklärung erstellen.

Berichtspflicht auch für Organisa-tionen?

Wie sieht es mit einer CSR-Berichts -pflicht für Organisationen aus? Denkbar,sagt Pettendrup. Viele große und mittlereOr ganisationen sind verantwortlich für einehohe Zahl von Projekten und Menschenund verfügen über ein großes Spendenvo-lumen. „Diese NPOs sind daher oft ver-gleichbar mit Unternehmen und haben ähn-lich große Wirkungskreise im ThemenfeldNachhaltigkeit. Einige Organisationen ge-hen schon freiwillig diesen Weg und wei-tere werden mit Sicherheit folgen.“ AuchMichael Pieck befürwortet eine solche CSR-Berichtspflicht für Organisationen, aberauch für die öffentliche Hand: „Ein gutesBeispiel sind Ausschreibungen: Da solltenZuschläge nicht nur nach der Höhe der Kos -ten vergeben werden – weder in Organi-sationen noch in Unternehmen.“ Das för-dert nämlich Dumpinglöhne bzw. -preise,was nicht im Sinne einer CSR ist, die einefaire Bezahlung von Arbeit fordert.

Ob die CSR-Berichtspflicht eine Auswir-kung auf das allgemeine CSR-Verhaltenhaben wird? Grundsätzlich ist dies mög-lich, meinen die Experten, denn die Be-richtspflicht erzeugt Aufmerksamkeit. Aller-dings entsteht echte Corporate Social Re-sponsibility in den Herzen und Köpfen derUnternehmer: Wer nachhaltig und sozialhandeln will, der wird dies auch unabhän-gig von einer CSR-Berichtspflicht tun.Schließlich führt nicht die Berichtspflicht zurgelebten Verantwortung, sondern die ge-lebte Verantwortung ermöglicht erst den Be-richt.

Viktoria Lehr

„Welches Unternehmen will ichansprechen? Welche Branche?

Welche Größenordnung? Besteht schon ein Kontakt?“

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Diese Entwicklung ist unter anderem Än-derungen in der Gesetzgebung zu verdan-ken, wie zum Beispiel dem 1998 verabschie-deten „Act to Promote Specified Non-profitActivities“ (kurz „NPO Act“), der es gemein-nützigen Organisationen erleichtert, als ju-ristische Person aktiv zu werden. Daherwollen viele Aktive dort nun auch mehrüber Fundraising wissen. Um diese Nach-frage zu decken, gründete sich im Jahr2009 die Japan Fundraising Association.Ganze 400 Teilnehmerinnen und Teilneh-mer waren bei der Gründungszeremoniedes Verbands anwesend.

Internationale Vorbilder

Geschäftsführer der Japan FundraisingAssociation ist Masataka Uo. Er hat seineeigenen Fundraising-Kenntnisse direkt imMutterland des Fundraising erworben, inden USA. Daher orientiert er sich mit denAktivitäten seines Verbands auch gerne anden internationalen Erfolgsmodellen. Fürdie im Jahr 2010 erstmals durchgeführteFundraising-Konferenz in Japan bedeutetdas eine Mischung aus Keynotes renom-mierter Fundraiser, verschiedenen Semina-ren und der Gelegenheit zum gemeinsamen

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F U N D R A I S I N G I N T E R N A T I O N A L

Ansteigende Fund-raising-Aktivitäten im Land der aufgehenden Sonne

Japan hat in den vergangenen Jahren einen ziemlichen Entwicklungsschub im Non-Prof i t -Sektor

er lebt: Etwa sei t 1997 sind dor t die Akt iv i täten der NGOs stark angest iegen.

Reger Andrang auf dem japanischen Fundraising-Kongress.

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Austausch. Dieses Modell kommt dort sehrgut an. Nur fünf Jahre nach ihrer Einfüh-rung waren auf der japanischen Fundrai-sing-Konferenz bereits 1.100 Teilnehmerin-nen und Teilnehmer mit dabei. Ebenfalls alssehr erfolgreich erweist sich das zertifizier-

te Fundraising-Ausbildungs-Pro-gramm: Mehr als 1.000 Teilneh-merinnen und Teilnehmer habenes in den Jahren 2012 bis 2014durchlaufen. „Trotzdem sehen sichimmer noch viele aktive Fundrai-ser in Japan nicht primär als solche an“, erklärt Masataka Uo.

Sie haben innerhalb der Organisationenverschiedene Aufgaben, zu denen unteranderem auch das Fundraising gehört. Pro-fessionelle, hauptberufliche Fundraiser sindin Japan noch nicht allzu weit verbreitet.

Spendenzweck Katastrophe

Einen großen Entwicklungsschub in derjapanischen Kultur des Gebens regte derTsunami im Jahr 2011 an. Auf einer Flächevon 470 Quadratkilometern wurden die ja-panischen Küstenregionen damals infolgeeines Seebebens von der riesigen Flutwelleüberschwemmt. Sie löste nicht nur den be-kannten GAU im Atomkraftwerk Fukushimaaus, sondern brachte auch 120.000 Ge-bäude vollkommen sowie 270.000 weitereteilweise zum Einsturz und kostete letztlichüber 15.000 Menschen das Leben. Die ka-tastrophalen Auswirkungen auf das Landhaben dazu geführt, dass ganze 80 Pro-zent aller Japaner mit einem Bezug daraufgespendet haben. In „normalen“ Jahren istder Wert noch nicht ganz so hoch. Aber

immerhin sind mittlerweile 45 Prozent derJapaner regelmäßige Spenderinnen undSpender.

Einen Einfluss hatte der Tsunami auchgenerell auf die Spendenzwecke in denFolgejahren: Während die Studie „GivingJapan“, welche die Japan Fundraising As-sociation veröffentlicht hat, im Jahr 2010noch religiöse Zwecke, Internationale Hilfeund Bildung als Haupt-Spendenzwecke be-nannte, ist das Thema Naturkatastrophenin den vergangenen fünf Jahren für die Ja-panerinnen und Japaner sehr viel wichtigergeworden, berichtet Masataka Uo.

Spendenboxen und Straßen-sammlung weit vorne

In Bezug auf die verwendeten Instru-mente stechen bei den japanischen Fund-raising-Aktivitäten zwei besonders hervor:Zum einen sind dies Spendenboxen, überdie fast jeder zweite japanische Spenderregelmäßig gemeinnützige Organisatio-nen unterstützt. Ähnlich wie in Deutschlandsind es zwar meist nur kleine Beträge, diein die Boxen eingeworfen werden, aber siesind in Japan einfach enorm weit verbrei-tet, weiß Masataka Uo zu berichten: „Egalwo man hinkommt, sie stehen in fast allenLäden.“

Straßensammlungen sind das zweite In-strument, das in Japan sehr gut funktioniert.Etwa jeder dritte japanische Spender gibtetwas, wenn er auf der Straße angespro-chen wird. Masataka Uo erzählt, dass Fund-raiser allerdings auch dabei meist nur kleine-re Beträge einnehmen. Es geht also bei den

Professionelle, haupt-berufliche Fundraiser sind

in Japan noch nicht allzuweit verbreitet.

Das Angebot auf dem japanischenFundraising-Kongress spricht viele

japanische Fundraiser an.

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F U N D R A I S I N G I N T E R N A T I O N A L

Im Gespräch

Masataka Uo, Geschäftsführer der Japan Fundraising Association

A N Z E I G E

japanischen Straßensammlungen wenigerdarum, langjährige Fördermitglieder zuwerben, als darum, möglichst viele kleineSpenden zu einem großen Gesamtergebniszu bringen. Außerdem machen die Japa-ner dabei durchaus Unterschiede zwischenalteingesessenen Organisationen, welchedie meisten Menschen bereits kennen, undneueren Organisationen, über deren Arbeitsie noch nicht so viel wissen. Letztere habenes bei den Straßensammlungen deutlichschwerer, meint Masataka Uo.

Auch wenn die Straßensammlungen we-niger auf das Anwerben von Fördermitglie-dern ausgerichtet sind, so machen Mitglied-schaften in Japan insgesamt für gemeinnüt-zige Organisationen doch einen stolzenAnteil ihrer Einnahmen aus. Laut „GivingJapan“ standen im Jahr 2009 den umge-rechnet 4,2 Milliarden Euro an Einnahmenaus Privatspenden der insgesamt rund 129Millionen Japanerinnen und Japaner nocheinmal umgerechnet um die 2,9 MilliardenEuro an Mitgliedsbeiträgen gegenüber.

Außerdem umfassen Privatspenden inJapan nur gut die Hälfte der gesamten Spen-deneinnahmen der NGOs. Die andereHälfte besteht aus Unternehmensspenden.Diese haben in Japan bereits eine wesent-lich längere Tradition als private Spenden.Dies liegt darin begründet, dass japani-sche Unternehmen ein anderes Selbstver-ständnis haben, als es oft bei westlichenUnternehmen und Konzernen der Fall ist,erklärt Masataka Uo: „Sie sehen nicht die Mehrung des eigenen Vermögens alsHaupt-Existenzgrund, sondern fühlen sichverpflichtet, mit ihrer Arbeit auch der Ge-sellschaft etwas zu geben.“ Die Unterneh-mensspenden bewegen sich daher in Japanin einer Höhe von rund 1,4 Prozent desGesamtbetrags der Unternehmensjahres-einkommen. Als besonders spendabel zei-gen sich laut „Giving Japan“ dabei Unter-nehmen aus der chemischen Industrie, demFinanzsektor sowie der Bau- und der Trans-portindustrie.

Nicole Holtz

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A U S D E R P R A X I S

In Deutschland, wo der Großteil der Unternehmen auskleinen und mittleren Unternehmen besteht (KMU), liegendie Schwerpunkte der CSR-Aktivitäten vor allem beimCorporate Giving, also der Unternehmensspende, unddem Corporate Volunteering (Freiwilligenprogramme derMitarbeiter). Die großen DAX-Unternehmen hingegenhaben eigene CSR-Abteilungen, die sich tiefer wurzelndenFragen widmen, wie z.B. nach dem ökologischen Anbauihrer Produkte oder der ressourcenschonenden Produk -tion, aber auch dem Wohlergehen der Menschen, dieihre Arbeitskraft für das Unternehmen einsetzen. Dochworauf kommt es genau an?

CSR ist nicht gleich CSR

Andreas Schiemenz ist Berater, Dozent und Autor undbei der HSH Nordbank AG im Bereich Philanthropie und

Stiftungen tätig. Seine Einschätzung zum Thema: CSR istnicht gleich CSR. Natürlich geht es auch um ein besseresImage und die Gewinnung von Marktanteilen. „Glaub-würdige CSR ist aber, wenn ein Unternehmer sich auchpersönlich und nicht wegen des schnellen Geldes auf dasThema einlässt und es tief in der Unternehmensphiloso-phie verankert.“ Das geht aber nicht von heute auf mor-gen, sondern kann mehrere Jahre dauern und führt voninnen, nämlich von der Quelle, nach außen, zu den Aus-wirkungen der Unternehmenstätigkeit. Viele Unterneh-men wollen schnelle Hilfe leisten, aber nachhaltige CSRbeginnt an der Basis. Ein Unternehmer, der zwar externeProjekte unterstützt, aber interne Missstände ignoriert,könne nicht wirklich von einer gelungenen CSR-Strategiesprechen, meint Schiemenz. Dr. Friedrich Haunert, Orga-nisationsberater mit den Schwerpunkten Change Ma-nagement, Fundraising und CSR, findet jedoch: „Selbst

Corporate Social Responsibility:

Mehr als nur GemeinnützigkeitIn der FUNDStücke-Ausgabe 2/2015 haben wir berei ts über Kooperat ionen zwischen Unternehmen

und Organisat ionen berichtet , die im Rahmen der Corporate Social Responsibi l i ty eingegangen

werden, um gemeinsam Gutes zu tun. Doch das is t nur ein kleiner Tei l des Spektrums. CSR bedeutet

um einiges mehr als reine Kooperat ionen.

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wenn Aktivitäten zu Beginn nur aus Imagegründen erfol-gen, müssen sie nicht per se schlecht sein, wenn sie trotz-dem positive Auswirkungen haben. Das Motiv ist wenigerentscheidend als die Wirkung.“ Dennoch: Die Entwick-lung und Implementierung einer authentischen CSR-Stra-tegie erfordert eine Vorlaufzeit, um intern den Weg zubereiten.

Strategie: Von innen nach außen

Ein Unternehmer, der das Thema Corporate Social Responsibility ernst nimmt, gibt zu, dass es Handlungs-bedarf im eigenen Unternehmen gibt, der zukünftig inAngriff genommen wird. Der Unternehmer muss überle-gen, welche Werte er innerhalb und außerhalb des Un-ternehmens transportieren möchte. Dabei spielen seineMitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

„Mitarbeitende können eine gute Sensorik entwickeln,wie ernst es ihr Arbeitgeber meint“, erklärt Dr. Haunert.„Zudem sollte in der Belegschaft beispielsweise im Rah-men von Schulungen Interesse für das Thema gewecktwerden. Das Unternehmen sollte fragen, an welchen ge-meinnützigen Projekten ihr Herz hängt“, rät Schiemenz.Sie muss sich mit dem Vorhaben identifizieren, dennohne sie geht nichts. Auch die eigene Personalpolitik istwichtiger Bestandteil einer CSR-Strategie. „Wenn ichmeine Belegschaft nicht angemessen bezahle, nützt esnichts, wenn ich Geld in externe Projekte pumpe. Dannhabe ich CSR entweder nicht verstanden oder betreibe esnur aus Imagegründen“, meint Andreas Schiemenz.

Wenn Schulungen erfolgt und Verständnis und Identi-fikation vorhanden sind, wenn eigene interne Prozessegeprüft wurden – am besten durch externe Berater, dieeinen neutralen Blick haben –, dann hat das Unternehmeneine gute Basis, um darüber hinaus zu gehen und sichweiteren Fragen zu widmen: Woher bekommen die Lie-feranten die Teile, die sie liefern? Wie sind die Arbeits-bedingungen in den Produktionsstätten? Wie geht es denMenschen, die in anderen Ländern für das Unternehmenarbeiten? Sind sie medizinisch versorgt und haben Zu-gang zu Bildung? Auch der Endkonsument stellt sich heutevermehrt diese Fragen, wenn er vor einer Kaufentschei-dung steht. An dieser Stelle kann das Unternehmen an-setzen: Was will der Kunde? Wie viel ist er bereit, fürnachhaltige Produkte zu bezahlen? Befragungen vonKunden oder potenziellen Käufern bieten eine wertvolleGrundlage, auf der ein Unternehmen seine weiteren Tä-tigkeiten aufbauen kann.

Der Unternehmer muss überlegen,welche Werte er innerhalb und außerhalb des Unternehmens trans-portieren möchte.

A N Z E I G E

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Gemeinnützigkeit ist nicht automatisch CSR

Eine auf CSR ausgerichtete interne Politik gilt im Übri-gen auch für Organisationen: „Häufig wird argumentiert,die Spender würden es nicht befürworten, wenn zu vieleGelder für die Verwaltung draufgehen. Aber die Mitar-beiter im Fundraising oder der Verwaltung unterdurch-schnittlich zu bezahlen, findet auch kein Spender gut“, er-läutert Schiemenz. Er ergänzt, dass die großen Organisa-tionen angemessene Gehälter zahlen und dennoch, odervielleicht gerade deshalb, erfolgreich sind. Denn diefaire Behandlung der eigenen Mitarbeiter, die sich nichtnur im Gehalt, sondern auch durch Weiterbildungsmög-lichkeiten oder Kinderbetreuung zeigt, ist die Vorausset-zung für eine erfolgreiche CSR-Strategie und führt zu Mit-arbeiterbindung und -gewinnung. Für gute beruflicheRahmenbedingungen verzichten einige Mitarbeiter sogarauf eine Gehaltserhöhung. „Und daher sind Unterneh-men, die nachhaltig wirtschaften, auch langfristig oft er-folgreicher“, erklärt Dr. Haunert. „Interessanterweise lie-gen gemeinnützige Organisationen im Bereich CSR je-doch häufig weit hinter den Unternehmen“, gibt AndreasSchiemenz zu bedenken. „,Wir tun doch sowieso schonGutes, das muss reichen‘, lautet da oft der Grundsatz.“

Wie finden Unternehmen und Organisationenzueinander?

Organisationen haben im Umgang mit Unternehmenzu 90 % das Ziel, eine Spende oder besser noch einedauerhafte Förderung zu erhalten. Dabei kann CSR sehrviel mehr. „Gut ist es, wenn Organisation und Unterneh-men durch gemeinsame Zielländer miteinander verbun-den sind, so dass die Organisation die Firma beratenkann, wie sie in diesen Ländern besser agieren kann. Lei-der macht das der kleinste Teil der Organisationen“, be-dauert Andreas Schiemenz.

Beide Seiten sollten jedoch keine unglaubwürdigenKooperationen eingehen. „Wenn ein Weltkonzern eineregionale Initiative fördert, beeindruckt das zunächstzwar, aber die Marke des Konzerns wird die der Orga-nisation erdrücken“, warnt Andreas Schiemenz. Darüberhinaus könnte sie sich zu stark vom Konzern abhängigmachen und bei anderen Unternehmen oder Privatspen-dern den Eindruck erwecken, sie sei bereits bestens ver-sorgt. „Ganz zu schweigen davon, dass eventuelle Un-ternehmensskandale eine kleine Organisation zerstörenkönnen“, ergänzt Schiemenz. „Am besten überlegt sichdie Organisation, zu welchem Unternehmen in ihrer Um-gebung sie Kontakt hat und ob dessen Geschäftstätigkeitzu ihr passt. Sofern sich auf den ersten Blick keine Firmaanbietet, sollte sie eine Wunschliste von Unternehmenmachen, mit denen sie gerne zusammenarbeiten würde.“Die Organisation sollte dem Unternehmen klar ihre Er-wartung formulieren und sich nicht unter Wert verkaufen.Ein Beispiel: Eine Teambuilding-Maßnahme, die ein Mit-arbeiter einer gemeinnützigen pädagogischen Einrich-tung durchführt, sollte nicht als Gegenleistung für Corpo-rate Volunteering gesehen werden. Stattdessen sollte das

Unternehmen die Organisation für den Einsatz entlohnenund zusätzlich durch ehrenamtliches Engagement derMitarbeiter unterstützen. „Seien Sie als Organisationselbstbewusst, sehen Sie sich als Unternehmensberater,machen Sie sich und dem Unternehmen Ihren Wert klarund verkaufen Sie Ihr Logo angemessen“, rät AndreasSchiemenz. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe istwichtig: „Gegenseitiges Lernen, Feedbackschleifen undder Wunsch, etwas zu ändern, sind essenziell“, meint Dr.Haunert. „Beide Seiten müssen sich in den Partner hin-einversetzen und anerkennen sowie wertschätzen, dassder andere etwas einbringen kann, was den gemeinsa-men Zielen dienlich ist.“

CSR wird zwar Mainstream, aber nicht flächendeckend

CSR wird irgendwann zur Normalität werden. Siewird sich nicht flächendeckend durchsetzen, da es immerUnternehmen und Kunden geben wird, die diese unter-nehmerische Verantwortung nicht als zwingend notwen-dig ansehen, aber doch zunehmend wichtiger werden,meint Andreas Schiemenz. „Die Devise heißt: Nicht mitdem Umsatz Gutes tun, sondern erst Gutes tun und dannUmsatz machen“, sagt er.

Viktoria Lehr

A U S D E R P R A X I S

Unsere Gesprächspartner

Dr. Friedrich Haunert begleitetVeränderungsprozesse inNGOs, der Sozialwirtschaft und KMU.

Andreas Schiemenz, Expertefür Philanthropie, Stiftungenund gemeinnützige Organisa-tionen bei der HSH Nord-bank AG

Die Organisation sollte dem Unternehmen klar ihre Erwartung formulieren und sich nicht unter Wert verkaufen.

20 FUNDStücke 1·2016

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Zielgruppenanalyse:

Von der Gießkannezur PipetteParal le l zur technischen Entwicklung auf dem Gebiet der Datenanalyse eröf fnen s ich Spenden

sammelnden Organisat ionen immer dif ferenzier tere Mögl ichkei ten, ihre Unterstützer anzusprechen.

Wir haben verschiedene Exper ten nach den Vor tei len und Mögl ichkei ten der Zielgruppenanalyse

gefragt. Was hat s ich in den letzten Jahren veränder t? Wie lauten die Voraussetzungen einer

er folgversprechenden Zielgruppenanalyse?

Durch gründliche Zielgruppenanalysen können Orga-nisationen ihre Spender individuell ansprechen. Dazu müs-sen sie natürlich wissen, was diese Menschen interessiert.„Bewusst oder unbewusst arbeiten wir alle mit einem Bildim Kopf, wer unsere Spender sind. Es bestimmt, welcheFotos wir auswählen, wie wir Texte schreiben und welcheThemen wir in den Mittelpunkt stellen. Je näher diesesBild an der Realität ist, desto erfolgreicher werden wir sein.Ein gutes Bild der SpenderInnen bei uns zu erzeugen, istAufgabe der Zielgruppenanalyse“, erklärt Andreas Berg.Der ausgebildete Mathematiker und Sozialwissenschaft-ler bezeichnet sich selbst als eine Art Dolmetscher zwi-schen Organisationen und ihren Daten. Darauf kommt esan: Datenzusammenhänge erkennen und in zielgruppen-gerechtem Fundraising umsetzen.

Richtig dosieren – ohne Dauersparprogramm

Das spart nicht nur Kosten, sondern sorgt auch für einbesseres Klima, weiß Andreas Kensik, Diplom-Psychologeund Gründer von Kensik.com Datenanalysen: „Die Ziel-gruppenanalyse kann der Überfrachtung von Spendernvorbeugen, die z. B. zu Inaktivität oder Kündigung vonDaueraufträgen führen kann.“ Denn jeder Mensch ticktanders – die einen möchten am liebsten so oft wie mög-lich von der Organisation hören, für die sie spenden. An-deren wiederum reicht eine halbjährliche Projektinforma-tion. „Aber Achtung! Dies darf nicht in einem Dauerspar-programm enden“, warnt Axel Götz, Geschäftsführer beiGFS Fundraising Solutions GmbH. ROI-Analysen zeigendas Verhältnis zwischen Investition und Gewinn einer Ak-tion. Aber auch Maßnahmen, die vorrangig der Spen-derbindung dienen oder geringe Einnahmen für die Or-ganisation erzielen, dürfen nicht unter den Tisch fallen.„Ein ROI von 1,1 beschreibt im ersten Moment zwareinen geringen Gewinn. Aber das ist immerhin mehr als

Nichts“, Hans-Josef Hönig, Abteilungsleiter Fundraisingbeim Malteser Hilfsdienst, sieht neben den Vorteilen fürdie Organisation eine gewisse Verpflichtung zur Zielgrup-penanalyse: „Fundraiser sind sowohl gegenüber denSpendern als auch denen, die auf Hilfe hoffen, verpflich-tet, effizient mit finanziellen Mitteln umzugehen. Dahermüssen sie ihr begrenztes Budget durch Zielgruppenopti-mierung effizient einsetzen, um einen größtmöglichenNettoertrag zu erzielen.“

Die richtigen Fragen stellen

Dazu müssen Fundraiser wissen, was sie eigentlichmöchten. „Zum einen können Zielgruppenanalysen durch-geführt werden, um Marketingmittel neu zu gestalten,also qualitativ zu verändern. Zum anderen dienen Daten-analysen im Fundraising sehr oft dazu, affine Empfängerzu bestehenden Kommunikationslinien zu finden“, erklärtAndreas Kensik. „Der zentrale Punkt der Analyse: Dierichtigen Fragen stellen! Konzentriert man sich nicht auf

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A U S D E R P R A X I S

Aufmerksamkeit

Spenden

Vertrauen

Bindung

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22 FUNDStücke 1·2016

A U S D E R P R A X I S

das Wesentliche, verliert man sich heute mehr denn je inden gestiegenen technischen Möglichkeiten.“ Axel Götzerläutert: „Wonach suche ich konkret? Brauche ich z.B.Zielgruppen für eine Mailingmaßnahme, muss das Zielklar sein: Will ich Nettooptimierung oder Bindung oderReaktivierung?“ Denn die Bindung der Top-10-Spenderan die Organisation erfordert andere Maßnahmen alsdas Ziel, möglichst viele Einzelspender aus der Hauslisteals Dauerspender zu gewinnen. Indem Fundraiser ein ge-naues Profil ihrer Zielgruppe anfertigen, können sie auf siezugeschnittene Fundraising-Aktionen gezielt einsetzen.

Das gilt auch für Neuspender. „Wenn die Spender, dieSie suchen, so sein sollen, wie die, die Sie schon haben,reicht es aus, die eigenen Spender zu analysieren. WennIhre Spender im Schnitt 80 Jahre und älter sind, dann be-kämen Sie auf diesem Weg wieder nur über 80-jährigeSpender. Langfristig ist das aber nicht sinnvoll, weil Sieeigentlich Ihren Spenderbestand verjüngen müssten“, er-läutert Andreas Berg. „Recherchieren Sie dazu als erstes,ob es Studien darüber gibt, welche Menschen sich be-sonders für Ihr Arbeitsfeld oder verwandte Themen inter-essieren. Versuchen Sie dann, mit soziodemografischenDaten wie Geschlecht, Kaufkraft, Alter usw. ein grobesProfil zu erstellen. Sicher lohnt auch der Einsatz von kom-plexeren Modellen wie z.B. Sinus-Milieus oder Semiome-trie für die Profilerstellung.“ Axel Götz sieht das ähnlich:„Oft ist die Beschreibung von Spenderprofilen dürftig.Neben dem Geschlecht oder der regionalen Verteilunggibt es vielleicht noch eine Altersschätzung. Das reichtnicht, aus 48 Millionen Haushalten Gleichgesinnte zu se-lektieren. Das Anreichern des Profils mit externen Merk-

malen wie Kaufverhalten, Mediennutzung oder Werte-haltung ist hilfreich, aber auch teuer.“

Garbage in – Garbage out

Voraussetzung für die Zielgruppenanalyse ist eine gutgepflegte Datenbank mit zuverlässigen Informationen. „EineSpenderverwaltungssoftware muss ein starkes Korsett sein,hat für hohe Datendisziplin zu sorgen und darf keine Frei-räume für Interpretationen bei Feldinhalten bieten“, emp-fiehlt Axel Götz. Doch jede Datenbank ist nur so gut wiederjenige, der sie pflegt, erläutert Andreas Berg: „Es gibtunter Analytikern eine alte Grundregel: Garbage in –Garbage out! Wenn die Daten schlecht gepflegt sind oderunvollständig, können Sie mit noch so tollen Analyseme-thoden und Tools keinen Erfolg erzielen. Wenn Sie dasVerhalten einheitlich, vollständig und korrekt erfassen, istschon viel erreicht. Damit meine ich nicht nur Spenden,sondern auch Anrufe, Briefe, Beschwerden, Lob, Veranstal-tungsbesuche oder Informationswünsche.“ Diese Datenermöglichen es mit der Zeit, auch die Motive der Spenderzu erfassen und auszuwerten. Hans-Josef Hönig warnt ein-dringlich vor der ausschließlichen Auswertung der Zahlen:„Viele Organisationen setzen zu sehr auf die RFM-Analyse.Aber schauen wir uns dieses Beispiel an: Spenden zweiPersonen mehrere Beträge in gleicher Höhe, zum gleichenZeitpunkt, werden sie nach RFM beide für ein Mailing se-lektiert. Doch diese Selektion ist nicht korrekt. Denn einSpender hatte mehrere Mailings erhalten, während derandere Spender bisher kein Mailing erhalten hatte.Daher haben beide Spender mit hoher Wahrscheinlichkeitaus unterschiedlichen Motiven gespendet.“ Auch die vonvielen NGOs angestrebte reine ROI-Optimierung führtnach Hans-Josef Hönig zu geringeren Nettoerlösen undzwangsweise zu einer Erhöhung der inaktiven Spender.Das kann Andreas Berg unterschreiben, aber auch dasVerhalten einiger NGOs entschuldigen: „Fairerweise mussman sagen, dass vielen FundraiserInnen von der NGO-Führung keine andere Wahl gelassen wird, als sich auf denkurzfristigen Netto-Erfolg auszurichten und sich somit an

Im Gespräch zum Thema …

Andreas Berg, Analyse – Bera-tung – Strategie

Axel Götz, Geschäftsführer GFSFundraising Solutions GmbH

Hans-Josef Hönig, Abteilungs-leiter Fundraising Malteser Hilfsdienst e. V.

Andreas Kensik, Kensik.com Datenanalysen

Die Bindung der Top-10-Spender andie Organisation erfordert andere

Maßnahmen als das Ziel, möglichstviele Einzelspender aus der Hausliste

als Dauerspender zu gewinnen.

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A N Z E I G E

A U S D E R P R A X I S

kurzfristigen Kennzahlen zu orientieren – mit langfristignegativen Auswirkungen. Da kann man in einigen Fällenschon von Optimierungsselbstmord sprechen.“

Sollten Organisationen dabei eher so viel wie möglichaufheben oder aussortieren? Hier gehen die Meinungenauseinander. Bei Andreas Berg herrscht das „Prinzip derSparsamkeit“: „Speichern Sie nur, was Sie auch benöti-gen oder zumindest wahrscheinlich benötigen werden.Alles andere macht Ihre Datenbank nur groß, unüber-sichtlich und langsam.“ Andreas Kensik ist der Meinung:„Speicherplatz ist heute eine hochverfügbare und kosten-günstige Ressource. Das spricht eher dafür, zu viel als zuwenig aufzubewahren. Vielleicht ergibt sich der Wert derDaten auch erst in der Zukunft.“ Dabei kommt es allerdingsauf die Ordnung an. „Ich bin ein großer Fan von Sammeln“,bekennt Axel Götz und erläutert: „Sofern dies strukturiertgeschieht. Daher: Sammeln, speichern und insbesonderekennzeichnen mit System ist in heutigen Zeiten erfolg-reich, aber bitte immer mit Blick auf den Datenschutz.“

Noch Luft nach oben

Trotz der vielfältigen Möglichkeiten ist im Bereich derDatenanalyse noch Potenzial nach oben – sowohl tech-nisch als auch personell. „Viele Organisationen verlassen

und beschränken sich auf die Analysemöglichkeiten, dieihnen operative Systeme, wie z.B. die Spendenverwaltung,bieten. Neue Anforderungen werden zu einem hohen Preisin diese hineinimplementiert“, definiert Andreas Kensikeinen Missstand. „In Zukunft werden aber spezielle Tools,die autonom auf Datenquellen zugreifen und flexible Aus-wertungen ermöglichen, an Bedeutung gewinnen. Ohneteure Programmierung!“ Hans-Josef Hönig ergänzt: „Selbstdie einfachsten Mittel werden oft nicht ausgeschöpft. Mit-hilfe von Excel-OLAP-Cubes können wir zum Beispiel ein-fach große Datensätze auswerten und von verschiedenenBlickwinkeln betrachten – mit geringen Kosten.“

Große Organisationen beschäftigen immer häufigerspezialisierte Database-Fundraiser. Oft wird das Themaaber noch stiefmütterlich behandelt. Axel Götz wünschtsich für die Zukunft mehr Offenheit und weniger Berüh-rungsängste, auch was die Arbeit mit externen Analyti-kern angeht, falls notwendig: „Business Intelligence sollauch im Fundraising zum Standard gehören. Jahresbe-richte, Bestands- und Bewegungsstatistiken und Zielgrup-penanalysen in regelmäßigen Abständen machen Spen-derbestände transparenter und Fundraising erfolgrei-cher.“

Melanie Koch

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A U S D E M V E R B A N D

24 FUNDStücke 1·2016

Die Gründung – am Anfang stand derWunsch nach Austausch …

Bis vor einigen Jahren war es für Fundraiser auf demFachgebiet Gesundheitswesen nicht leicht, Kollegen ausder Branche für den gemeinsamen Austausch zu finden.Im Deutschen Fundraising Verband war dies in den Be-reichen Kirche, Kultur und Bildung möglich, aber nochnicht für das Gesundheitswesen. Daher wurde die Ideeder Gründung einer Fachgruppe mit dem damaligen Vor-stand diskutiert und im September 2010 die FachgruppeGesundheitswesen ins Leben gerufen. Sie ist mittlerweileeine der erfolgreichsten Fachgruppen im Verband. Vonursprünglich 50 Interessenten ist sie auf ca. 700 Teilneh-mer angestiegen.

Die ersten Erfolge – was gut funktioniert hat

Die Fachgruppe hat ihren Fokus in den Anfangsjah-ren bewusst auf Formate gelegt, die den Informations-und Wissensaustausch sowie das Networking begünstigthaben. Wichtigstes Forum dabei ist nach wie vor derjährlich stattfindende und finanziell erfolgreiche Fachtag„Fundraising im Gesundheitswesen“. Er hat sich als füh-render nationaler Kongress in diesem Bereich in Deutsch-land etabliert und wird regelmäßig von ca. 130 Teilneh-mern besucht. Die Resonanz ist durchweg positiv. Zu-sätzlich haben wir einen Gesprächskreis für Uniklinik-Fundraiser eingerichtet. Die Treffen ermöglichen den Ex-perten einen intensiven Austausch unter direkten Kolle-gen und werden als sehr bereichernd bewertet. Die

Austausch, Lobbyarbeit und Weiterbildung

Die Fachgruppe Gesundheitswesenstartet durchAm 4. März 2016 f indet der berei ts sechste Fachtag „Fundrais ing im Gesundhei tswesen“ stat t .

E in Grund, die Fachgruppe Gesundhei tswesen näher zu beleuchten: Was macht s ie? Wie läuft

die Verbandsarbei t? Was wird getan, um das Thema weiter voranzubringen?

Impressionen vom Fachtag „Fundraising im Gesundheitswesen“ 2015

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FUNDStücke 1·2016 25

Gründung ähnlicher Gesprächskreise für andere homo-gene Gruppen im Gesundheitswesen ist in Vorbereitung,z.B. für Gesundheitsstiftungen.

Die Professionalisierung – weiterer Mehrwertfür die Mitglieder

Fachtag und Gesprächskreise – gute Angebote, wennman schon Fundraiser ist. Eine der Hauptaufgaben imGesundheitswesen liegt aber auch darin, die Entscheider(Klinikdirektoren, Vorstände etc.), die über die Budgetsverfügen und für die Schaffung von Personalstellen zu-ständig sind, für das Thema Fundraising zu sensibilisie-ren. Dies war über die üblichen Fundraising-Kanäle nurschwer möglich. Daher hat dieFachgruppe Gesundheitswesenzwei strategische Partner gesucht:

Gemeinsam mit Roland BergerStrategy Consultants hat die Fach-gruppe im März 2012 die ersteStudie zum Potenzial von Fundrai-sing für deutsche Krankenhäusererstellt und veröffentlicht – einMeilenstein für das Fundraisingim Gesundheitswesen. ZahlreicheMedien haben darüber berichtetund auch Einladungen zu Vorträ-gen auf Gesundheitskongressenfolgten. So konnten wir die Thema-tik in einer völlig neuen Dimensionplatzieren und wichtige Entschei-der erreichen. Wesentlich war die

Kooperation mit Roland Berger: Nicht nur der Fundrai-sing Verband befürwortet das Fundraising in Kliniken –was in der Natur der Sache liegt, sondern eine „neutrale“Managementberatung legt in einer fundierten Studie dar,dass Fundraising eine ernsthafte zusätzliche Finanzie-rungsquelle für Kliniken sein kann.

Die zweite wichtige Initiative zur Professionalisierungist die Kooperation mit der AHP (Association for Health-care Philanthropy), die die Fachgruppe Gesundheits-wesen im Jahr 2014 mit dem US-amerikanischen Schwes-terverband geschlossen hat. Der Erfahrungsaustausch mitden USA ist sehr gewinnbringend, da in vielen Bereichendie Best Practice aus den USA übernommen werden kannund die Lernkurve für die deutschen Fundraiser damit

steiler wird. Neben einem Refe-rentenaustausch zu den wichtigs -ten Kongressen fand im letztenJahr auch ein Hospitationsaus-tausch statt: Zwei deutsche Kran-kenhaus-Fundraiser haben dieGelegenheit erhalten, für vier-zehn Tage einen tiefen Einblick indie Development-Abteilungen ver-schiedener Kliniken in den USAzu gewinnen. Der erste Austauschwar sehr erfolgreich, weitere wer-den folgen.

Sowohl die Studie als auchdie Kooperation mit der AHP warenwichtige Aufhänger, um Kontaktemit Leitmedien und Kongressver-anstaltern zu initiieren. Seither be-

Stimme zum Fachtag:„Der Fachtag bietet eine große Bandbreitean Inhalten und setzt immer wieder neueImpulse. Die Praxisbeispiele aus den Orga-nisationen geben zudem Ideen und Anregun-gen für eigene Aktionen. Besonders wert-voll sind auch die Studienergebnisse zumFundraising im Gesundheitswesen und derAustausch mit den Kolleginnen und Kolle-gen, für den immer ausreichend Zeit bleibt.“Thomas Hassel, Leiter Spenden undSponsoring, Klinik für Kinder- und Jugend-medizin Tübingen, UniversitätsklinikumTübingen

Stimme zum Gesprächskreis Uniklinik-Fundraiser„Gemeinsam tauschen wir unser Fachwis-sen, gezielt für Fundraising im Gesundheits-wesen der Universitätskliniken in Deutsch-land, offen und miteinander aus. Es wird inWorkshop-Charakter diskutiert, weiterent-wickelt und bei Fragestellungen möglicheLösungen erarbeitet. Ich halte diesen Fach-austausch für sehr bereichernd und effektiv.“ Dipl.-Kfm. Pit Horst – Leiter der StabsstelleFundraising des UniversitätsklinikumsSchleswig-Holstein und Geschäftsführerdes UKSH Freunde- und Fördervereinsowie der Förderstiftung des UKSH.

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treibt die Fachgruppe eine aktive PR- und Öffentlichkeits-arbeit und betreut diese Kontakte professionell. Regelmä-ßig wird daher in den Medien über das Thema Fundrai-sing im Gesundheitswesen berichtet.

Die Zukunft – woran wir weiter arbeiten

Die Fachgruppe Gesundheitswesen hat vor einemJahr ein Strategiepapier erstellt, das ihre professionelleWeiterentwicklung skizziert. Der Fokus liegt auf diesensechs Bereichen:

Die Säulen/Critical Success Factors der Fachgruppe

Für 2016 wird die Arbeit mit den Partnern ausgebaut,die PR-und Lobbyarbeit intensiviert und speziell die Aus-und Weiterbildungsangebote der Fachgruppe werden erweitert. Im diesem Bereich bieten wir erstmals ein Fund-raising-Angebot speziell für das Gesundheitswesen an.Eine Webinar-Reihe, die wir gemeinsam mit unseremPartner AHP konzipieren, wird den bisher fehlenden Partder formalen Weiterbildung bereits 2016/Anfang 2017ergänzen. Der Fachtag wird in jährlicher Taktung weiter-geführt, ebenso der Gesprächskreis der Uniklinik-Fund -raiser. Dazu startet der neue Gesprächskreis für Gesund-heits-Stiftungen. Und ein weiterer Hospitationsaustauschmit den USA wird im Sommer stattfinden.

Ein weiteres Highlight in 2016 wird die zweite Studiezu „Fundraising in deutschen Krankenhäusern“ – wiedergemeinsam mit Roland Berger Strategy Consultants –sein, die wir gerade als Online-Studie konzipieren unddie auf einer größeren quantitativen Gesamtheit basierenwird als ihr Vorgänger. Die Veröffentlichung im drittenQuartal 2016 werden wir als Gelegenheit nutzen, dasThema Fundraising im Gesundheitswesen in den Medienzu platzieren. Dies ist wichtig, denn Fundraising im Ge-

sundheitswesen wird nach wie vor in Deutschland nochnicht flächendeckend angewendet, obwohl die Argu-mente, Best Practice und die Studien dafür vorliegen.Daher soll auch die Lobbyarbeit intensiviert werden. Ver-einzelte Kontakte zum politischen Berlin wurden bereitsgeknüpft, aber in diesem Bereich liegt noch viel Potenzialund Arbeit für die Fachgruppe und für den Verband.

Birgit Stumpf

SÄULE 1 SÄULE 2 SÄULE 3 SÄULE 4 SÄULE 5 SÄULE 6

Mitglieder Angebote/Inhalte Partner PR-, Lobby- und Standards/ RessourcenÖffentlichkeitsarbeit Professionalität

Für wen? Was? Mit wem? Wie – extern? Wie – intern? Wer? Wie viel?

Aktuelle Mitglieder Best Practice Premiumpartner: Existierende Kontakte Fachliche Standards Personelle Ressourcen· AHP

Mitgliederbindung Netzwerk · Roland Berger Neue Kontakte Professionalität Finanzielle RessourcenStrategy Consultants

Mitglieder-Gewinnung Informationen zur Branche Weitere existierende

Aus- und Weiterbildung Partner

Neue Partner

Seien Sie dabei!

Die Fachgruppe hat viel erreicht und sich noch viel für dieZukunft vorgenommen. Wir bieten unseren Mitgliederndie bestmögliche fachliche Unterstützung und Hilfestel-lung, die sie für die Durchführung ihrer Fundraising-Arbeitbenötigen. Das gewährleisten wir durch:

1. Informations- und Wissensaustausch (z.B. durch Fach-veranstaltungen und Weitergabe von Best Practices)

2. Networking (z.B. durch Networking-Treffen, kollegialerAustausch, Hospitationsangebote und Expertenvermittlung)

3. Fachspezifische Aus- und Weiterbildung (z.B. durchSeminarangebote)

Wenn Sie Interesse haben und aus dem Bereich Gesund-heitswesen Expertise mitbringen – arbeiten Sie doch mit! Kontakt: Birgit Stumpf, Leiterin der Fachgruppe Gesund-heitswesen im Deutschen Fundraising Verband, E-Mail:[email protected]

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Die positiven Entwicklungen des DFRV haben dazu ge-führt, dass die Räumlichkeiten in der Chausseestraße all-mählich zu eng geworden sind. Es war klar, über kurzoder lang würde ein erneuter Umzug notwendig. So kamdas Angebot gerade recht, das Geschäftsführer ArnePeper auf dem Deutschen Fundraising-Kongress 2015 er-hielt: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, DFRV-Organi-sationsmitglied, plante den Umzug ihrer Berliner Nieder-lassung in das Nicolaihaus, das sie 2012 erworben hatteund das sich derzeit im Umbau befand. Da die Stiftung je-doch nicht alle Büroräume im Haus für sich selbst benötig-te, war sie auf der Suche nach passenden Untermietern,die die gemeinnützige Ausrichtung der Stiftung teilen.

Im Herbst 2015 konkretisierte sich das Angebot undals im November der Mietvertrag unterzeichnet wurde,stand der Abschied aus der Chausseestraße auch schonkurz bevor. In wenigen Wochen musste ein Umzugsunter-nehmen gefunden und der Umbau des Verbands-Serversgenauso organisiert werden wie die Mitnahme der be-kannten Telefonnummern. Schließlich sollte die Erreichbar-keit für die Mitglieder möglichst zeitnah wieder in vollemUmfang gegeben sein. Dabei erwies es sich als eine be-sondere Herausforderung, dass das Nicolaihaus in denletzten Jahren relativ brach gelegen hatte. So mussten bei-spielsweise die Telefonanschlüsse wieder komplett neu in-stalliert werden. Trotz dieser kleinen Herausforderungenwar es Ende Januar geschafft: Auch wenn derzeit immer

noch so einige Kisten unausgepackt sind, ist der Verbandgut in den neuen Räumlichkeiten angekommen.

Das Nicolaihaus bietet dem Verband zum einen die be-nötigten größeren Büroräume und zum anderen auch dieMöglichkeit, bei Bedarf direkt vor Ort auf verschiedeneund flexible Besprechungs- und Tagungsräumlichkeiten zu-rückzugreifen: Der sogenannte „Rote Salon“ fasst knapp40 Personen, lässt sich durch eine Trennwand aber auchin zwei kleinere Räume unterteilen. Ein weiterer Seminar-raum bietet Platz für bis zu 80 Personen. Auch ein behin-dertengerechter Zugang gehört zu den Vorzügen derneuen Räumlichkeiten.

Wobei die Bezeichnung „neu“ an dieser Stelle eigent-lich nicht so ganz korrekt ist. Das Nicolaihaus wurde um1670 auf bestehenden Fundamenten errichtet und überdie Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert. Es istdamit eines der ältesten Wohnhäuser in Berlin. Verlegerund Schriftsteller Christoph Friedrich Nicolai, der Eigentü-mer, dem das Haus auch seinen Namen verdankt, erwarbes im Jahr 1787. Er machte es zu einem zentralen Treff-punkt für Künstler, Intellektuelle und Gelehrte und beher-bergte Persönlichkeiten wie den Architekten Karl FriedrichSchinkel oder Bildhauer Johann Gottfried Schadow. Mitdem DFRV werden es nun im 21. Jahrhundert die Fund raisersein, die dort eine Anlaufstelle und Gelegenheit zum ge-meinsamen Austausch finden.

Nicole Holtz

Eine neue Heimatfür den DFRVDie ersten sechzehn Jahre seines Bestehens war der Deutsche Fundrais ing Verband mit seiner

Geschäftsstel le in der Nähe seines Gründungsor tes, des „Höchster Hofs“, beheimatet: in Frankfur t

am Main. Ein erster Umzug fand dann im Jahr 2009 statt . Der Verband machte sich auf den Weg

nach Berl in, um in der Hauptstadt näher am Puls der pol i t ischen Entscheidungen zu sein. Denn

schl ießl ich is t die Lobbyarbei t e ine zentrale Säule des Verbands. Vor einigen Wochen stand ein

weiterer Umzug an.

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28 FUNDStücke 1·2016

Kathrin Dost von der Kongress-Agenturkaiserwetter berichtet, was die Kongress-TeilnehmerInnen diesbezüglich erwartet:

„Das Mailing ist nach wie vor ein wich-tiges Instrument im Werkzeugkoffer derFundraiser. Im Themenslot unseres Kongres-

ses werden Mailings vonallen Seiten beleuchtet. Be-reits am Kongress-Mittwochstarten die Workshops mitzwei inhaltlichen Schwerge-wichten dazu: Dr. ChristianHolst vom renommierten Sieg-fried Vögele Institut spricht

im seinem Workshop über ‚Kommunizierenmit Herz und Verstand – Direktmarketingund Mailings‘. Wie bei jeder zielgerichte-ten Kommunikation ist auch bei Mailingsdie geschickte Kombination aus Strategieund einer leidenschaftlichen Botschaft fürden Erfolg entscheidend. Unterstützt wirddies von der Gestaltung und, im Fall vonBriefen, auch vom Material. Denn die Handliest mit. Der zweite Workshop macht dieTeilnehmerInnen ‚In fünf Stunden zum Mai-ling-Experten‘. Gemeinsam mit verschiede-nen Organisationen zeigen die Expertenvon marketwing die einzelnen Schritteeines erfolgreichen Mailings, von der Ziel-gruppenfindung bis hin zur Verpackung.

Die Seminare am Donnerstag und Freitagdecken ebenfalls die unterschiedlichstenAspekte des Themas ‚Mailings‘ ab: vonanalog bis digital, vom Formulieren bis zurGestaltung, von kleinen Briefen bis zur gro-ßen Aussendung. Wir danken marketwingan dieser Stelle, dass sie diesen Slot groß-zügig als Sponsor unterstützen!“

Neben dem Themenslot „Mailings“ gibtes auf dem Kongress noch vier weitere The-menfelder. Sie widmen sich den Bereichen„Digitales und Innovation“, „Organisations-entwicklung“, „Philanthropie und Gesell-schaft“ sowie „Strategie und Methode“.Neu ist in diesem Jahr, dass sich einige Pro-grammpunkte speziell an Frauen im Fund -raising richten. Kathrin Dost erläutert, wiees zu dieser Entscheidung kam:

„Jedes Jahr freuen wir uns über die vie-len Fundraiserinnen, die etwa 60 Prozentder Kongress-Teilnehmer ausmachen. Daswollten wir in diesem Jahr würdigen undbieten in Kooperation mit den ,Frontfrauen‘drei Seminare NUR für Frauen an: das ,Me-dientraining für Frauen‘, ,Souverän in derFührungsrolle‘ und ,Conversation for Busi-ness Women‘. Hinter den Frontfrauen stecktdie Akademie für Frauen in Führungsposi-tionen aus Berlin. Seit 2012 coacht sie

Mailings, Frauenpower und mehr:

Ausblick auf den Deutschen Fundraising-Kongress 2016Vom 27. bis 29. Apri l 2016 is t es wieder so weit : Der Deutsche Fundrais ing-Kongress 2016 lädt

zum großen Branchentreff. Fundraiserinnen und Fundraiser aus großen wie kleinen Organisationen,

Einsteiger und For tgeschri t tene f inden dor t gleichermaßen eine Mögl ichkei t , s ich auszutauschen

und in Seminaren und Workshops ihr Fachwissen aufzubauen und zu erweitern. Der Schwerpunkt

des Kongresses ist in diesem Jahr einem absoluten Klassiker unter den Fundraising-Instrumenten

gewidmet: dem Mail ing.

„Das Mailing ist nach wie vor ein wichtiges

Instrument im Werkzeug-koffer der Fundraiser.“

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Frauen hinsichtlich Führung und Medien-wirkung. Das Angebot nur für Frauen wirdvon adfinitas unterstützt, auch Ihnen giltunser Dank dafür.“

Auch im Bereich der Keynotes könnensich die Kongress-TeilnehmerInnen auf Frau-enpower freuen: Keynote-Speakerin ElkeFerner ist parlamentarische Staatssekretä-rin im Bundesministerium für Familie, Se-nioren, Frauen und Jugend. Sie wird überdie Herausforderungen des ehren- undhauptamtlichen Engagements in der Zivil-gesellschaft sprechen.

Neben Seminaren und Workshops ste-hen außerdem noch zwei Formate wiederauf der Tagesordnung, die im vergangenenJahr sehr erfolgreich ihr Kongress-Debütabsolviert haben: Beim Software-Slam tre-ten verschiedene Software-Anbieter an. Siebekommen zu Beginn jeweils die gleichenAufgaben gestellt, um im Anschluss beieiner Live-Präsentation zu zeigen, wie gutsich diese Aufgaben mit ihrer Software be-arbeiten lassen. Der Slam ist damit eine gute

Entscheidungshilfe fürOrganisationen aufder Suche nach einempassenden Software-Anbieter.

Das Katerkino bie-tet am Donnerstagmor-gen die Möglichkeit, sich noch ein wenigvom Schlafmangel nach durchtanztemGala-Abend zu erholen. Mit einem Kaffee-becher in der Hand kann man sich dort zurücklehnen, eine Auswahl der besten Videos aus der Fundraising- und Non-Profit-Kampagnen-Welt genießen, dabei Ideensammeln und sich inspirieren lassen.

Nicole Holtz

Telefonieren Sie noch mit Wählscheibe? Nein? Dabei weckt die Wählscheibe Erinnerun-gen an stundenlange Gespräche mit Freunden und Familienangehörigen. Zusammen lachen, zusammen weinen, zusammen leben, auch auf Entfernung. Unsere sensiblen Telefonate

mit Ihren Spendern verbinden die Herzlich- keit und Wärme vergangener Zeiten mit den Zielen Ihrer Spenderkommunikation. Wer schreibt, der bleibt. Wer spricht, der wird gehört, denn: Persönlicher Kontakt ist immer die beste Wahl.

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FRC Spenden Manufaktur GmbHAlt-Moabit 89, 10559 Berlin+49 30 23 32 91 [email protected]

Holger Menze Geschäftsführer Spenden Manufaktur Vorsitzender QTFR

Fundraising Communicators

A N Z E I G E

Deutscher Fundraising-Kongress 2016

Mehr Informationen zum Programm sowie Anmeldung unter:www.fundraising-kongress.de

Neu ist in diesem Jahr, dasssich einige Programmpunktespeziell an Frauen im Fundraising richten.

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Mittlerweile haben sich die ersten Unterstützernetz-werke bereits als gemeinnützige Vereine eintragen las-sen, um ihre Arbeit auf eine „offizielle“ Basis zu stellen.Doch an vielen Orten läuft die Hilfe der Ehrenamtlichenimmer noch ohne solche formellen Strukturen. Dabei gibtes auch für die freie Hilfe einiges zu beachten: Wer haftet,wenn einmal etwas schief läuft? Welche gesetzlichen Re-gelungen gibt es beim Verteilen von Lebensmitteln zu be-achten? Auch wenn es den Ehrenamtlichen oft so erscheint,als wenn es doch zunächst einfach nur darauf ankommt,dass die Flüchtlinge überhaupt versorgt werden, so zeigenbeispielsweise die Gesundheitsämter natürlich trotzdemInteresse daran, die Hygienevorschriften einzuhalten.

Können Freiwillige insoweit wirklich die gleiche Ar-beit leisten wie die großen Hilfsorganisationen mit ihrerdurchorganisierten, professionellen Struktur? Oder sindsie mit ihrer unbürokratischen und flexiblen Arbeitsweiseden NGOs vielleicht sogar an manchen Stellen überle-gen? Wie ergänzen sich Freiwillige und NGOs mitihrem Einsatz und ihren jeweiligen Vorzügen am besten?Und wie kann der Staat dabei möglichst optimal unter-stützen?

Sind die neuen Initiativen eine Konkurrenz oder Er-gänzung zu den etablierten Einrichtungen? Sind sie einneuer Ausdruck gesellschaftlichen Engagements oder einschon immer vorhandenes Hilfsbestreben, das nur durchdie räumliche Nähe der Hilfsbedürftigkeit erwacht ist?

Wie können die NGOs diesen Schwung mitnehmen?Müssen sie in ihrer SpenderInnen-Ansprache etwas än-dern? Ist es möglich, das starke ehrenamtliche Engagementin nachhaltige, auch finanzielle Hilfe umzuwandeln?

Diese Fragen thematisiert der Deutsche Fundraising-Kongress 2016 im Rahmen einer Podiumsdiskussionmit folgenden Teilnehmern:

> Birgit Kern, Geschäftsführerin der Stiftung Brot für dieWelt und Referatsleiterin Spendenkommunikation

> Brigitte Tegtbauer, Regionalleiterin in der Jugendhilfedes Stephanstifts

> Heiko Geue, Leiter der Zentralabteilung des Bundes-familienministeriums

> Jochen Beuckers, Forum Ehrenamt – die Ehrenamts-börse für Königswinter und Umgebung

> Dr. Constantin von Brandenstein-Zeppelin, Ehrenamt-licher Präsident des Malteser Hilfsdienstes

> Basheer Alzaalan, syrischer Flüchtling und ehrenamt-licher Mitarbeiter bei CARE im KIWI-Projekt zur Inte-grationsförderung an Schulen in NRW

Die Podiumsdiskussion wird am Mittwoch, dem 27. April2016, um 19.30 Uhr im Rahmen der offiziellen Kongress-Eröffnung stattfinden.

Nicole Holtz

Podiumsdiskussion auf dem Deutschen Fundraising-Kongress 2016:

Freiwillige oder ProfisWer hilft den Flüchtlingen besser?

Das neue zivilgesellschaftl iche Engagement stell t (altes) Haupt- und Ehrenamt vor Herausforderun-

gen. Knapp eine halbe Mil l ion F lücht l inge haben 2015 in Deutschland einen Asylantrag gestel l t .

Eine halbe Million Menschen, die Hilfe und Unterstützung benötigen und diese in den vergangenen

Monaten insbesondere auch von unzähl igen Helfer innen und Helfern erhal ten haben: Freiwi l l ige

haben Betten in Turnhallen aufgebaut, Sachspenden organisier t und verteilt, beim Ausfüllen der seiten-

langen Asyl-Anträge geholfen, Behördengänge beglei tet , Deutschkurse gegeben und vieles mehr.

30 FUNDStücke 1·2016

Deutscher Fundraising-Kongress 2016

Eine Anmeldung für den Deutschen Fundraising-Kongress2016 ist noch möglich. Das vollständige Programm findenSie im Internet unter: www.fundraising-kongress.de

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Das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) ge-winnt im Alltag von Unternehmen weiter an Bedeutung.Kleine, mittelständische und große Firmen wollen ihr so-ziales Engagement durch Spenden, Sponsoring oder Ko-operationen mit Vereinen und Verbänden stärken. Gera-de die sogenannten KMU – kleine und mittlere Unterneh-men – sind schon heute eine der Hauptsäulen finanziellerunternehmerischer Unterstützung des Dritten Sektors.Viele Unternehmen sind auf der Suche nach Partnern undProjekten, wissen aber oft nicht, welche die passende Or-ganisation ist oder wie sie in Kontakt treten sollen.

Der Deutsche Fundraising Verband gibt 2016 erst-mals, gemeinsam mit dem Verlag Engagiert Aktuell, einHandbuch mit dem Arbeitstitel „Spenden. Kooperieren.Gestalten. – Handbuch für unternehmerisches Engage-ment“ heraus, das gemeinnützige Organisationen undengagierte Unternehmen zusammenbringen will. In die-sem Handbuch erhalten Organisationen die Möglichkeit,sich über Advertorials oder Anzeigen mit ihren aktuellen

Projekten den Unternehmen als Partner vorzustellen. Die Portraits der Organisationen werden flankiert von

anspruchsvollen und informativen redaktionellen Beiträgen,beispielsweise zu Kooperationsmöglichkeiten, rechtlichenund steuerlichen Fragestellungen, Marketingthemen undBest-Practice-Beispielen. Die erste Ausgabe wird an mindes -tens 10.000 Unternehmensadressen sowie an Unterneh-merverbände und andere Multiplikatoren verteilt. Zukünftigwird das Engagement-Handbuch jährlich erscheinen.

Arne Peper

Spenden. Kooperieren. Gestalten. Der Deutsche Fundraising Verband gibt 2016 in Zusammenarbeit mit dem Verlag Engagier t Aktuell

ein Handbuch für unternehmerisches Engagement heraus.

Der Deutsche Fundraising Verband war im Ministe-rium bisher weitgehend unbekannt. Die beiden Vertrete-rinnen des DFRV nutzten deshalb das Treffen zunächst,um den Verband und seine Arbeit vorzustellen. Dabeihoben sie die Anknüpfungspunkte hervor. Der Dritte Sek-tor wächst stetig: Bundesweit sind dabei zehn Prozentaller ArbeitnehmerInnen im Non-Profit-Bereich beschäf-tigt. Er bietet insbesondere für Frauen – die dort immerhinzwei Drittel der Mitarbeitenden ausmachen – großes be-rufliches Potenzial. Obwohl sich die berufliche Situationvon Frauen dort ähnlich problematisch wie im Ersten undZweiten Sektor entwickelt, findet der Dritte Sektor aber inder Öffentlichkeitsarbeit des Bundesfrauenministeriumskaum Erwähnung.

Die beiden Verbandsvertreterinnen tauschten sich mitihren Gastgebern über Möglichkeiten einer Zusammen-arbeit aus. Dabei entdeckten sie zudem viele gemeinsa-me Themen im Bereich Engagementpolitik. Dieses Thema

steht, ausgelöst durch die Flüchtlingsthematik, im Minis- terium derzeit stark im Fokus. Dazu wollen die Frauenaus Verband und Politik künftig auf der Ressortebene des Ministeriums im Gespräch bleiben.

Der Deutsche Fundraising Verband kann damit zu-künftig mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend auf einen starken Kontakt bauen. Ers -tes erfreuliches Ergebnis: Auf dem Kongress wird Staats-sekretärin Elke Ferner bereits eine Keynote zur „Stärkungdes zivilgesellschaftlichen Engagements“ halten. Die Ab-schluss-Keynote wird Edelgard Bulmahn beisteuern.

Melanie Koch

FUNDStücke 1·2016 31

Informationen zum Thema:> Mediadaten und weitere Informationen:

www.engagement-handbuch.de > Kontakt: [email protected] > Organisationsmitglieder des DFRV erhalten zehn Prozent

Preisnachlass auf Anzeigen- und Advertorial-Buchungen.

Fachgruppe Frauen: Interessensvertretung aufBundesebeneZu einem Gespräch beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend war die Leiterin

der Fachgruppe Frauen, Elisabeth Lenz, gemeinsam mit Vorstandsmitglied Cornelia Blömer Anfang

Februar in Berlin eingeladen. Ihre Ansprechpar tner vor Or t waren Elke Ferner, Parlamentarische

Staatssekretärin BMFSFJ, und der Referent für Frauen und Karriere im Ministerium, Engel. Die Vize-

Präsidentin des Deutschen Bundestags, Edelgard Bulmahn MdB, hatte den Kontakt vermittelt.

Bei Interesse und Fragen zur Fachgruppe Frauen, stehenIhnen Elisabeth Lenz und Dr. Katrin Jutzi zur Verfügung. E-Mail:[email protected]

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32 FUNDStücke 1·2016

Gegenüber der altbekannten Infoposthaben sich ja einige Änderungen erge-ben. Was war die Intention der Verän-derungen? Wo sehen Sie Vorteile fürdie DPAG und für die Kunden?

Thomas Hauck: Mit der neuen Dialog-post ist jetzt eine einfachere, flexiblere undeffizientere Kundenkommunikation möglich,und dies kanalübergreifend. Wir haben alleProzesse vereinfacht und unsere Formate

übersichtlicher gestaltet, dashilft unseren Werbekunden,aber auch uns. Zum Beispielhaben wir die Anzahl derFormate von vier auf zwei re-duziert oder die grammge-

naue Abrechnung auf sieben Preisklassenvereinfacht. Zusätzlich können die Dialog-post-Basisservices um individuelle und hy-bride Dialogangebote ergänzt werden.Damit können unsere Dialogpostkundenihre Werbeziele effizient erreichen, unddas bei voller Kostenkontrolle aufgrund destransparenten Preis- und Rabattmodells.

Die Infopost war bzgl. Auflieferung undLiefertermin durchaus etwas flexiblerund schneller. Sehen Sie Chancen, z.B.

bei Katastrophen mit großer medialerAufmerksamkeit, einen Sondertarif bzw.eine besondere Verarbeitung anzubieten?Gerade bei großer medialer Präsenzeines Ereignisses zählt für die Vereineoft jeder Tag in der Spendenwerbung.

Thomas Hauck: Die Dialogpost wird zu-künftig mit der zusätzlichen Laufzeit-Option„Schnell“ noch flexibler. Mit dem Zusatz-service „Schnell“ erfolgt die Zustellung zeit-nah, spätestens nach drei Tagen von Diens-tag bis Samstag. Mit dieser Option wirddie Flexibilität und Wirksamkeit einer Wer-bemaßnahme erhöht und ermöglicht dieschnelle Reaktion zum Beispiel auf unvor-hersehbare Ereignisse wie Katastrophenund die zeitnahe Ansprache und Aktivie-rung von Spendern. Der Service wird seitJanuar getestet und ist im 2. Halbjahr2016 für alle Kunden verfügbar.

Mit Triggerdialog haben wir ein neuesProdukt entwickelt, das Dialogmarketing soflexibel macht wie E-Mail-Marketing. Trig-gerdialog ermöglicht den regelbasiertenVersand von adressierten Werbesendungenauf Basis von Online-Aktivitäten, wie Anmel-dung oder Registrierung. Einmal definiertund festgelegt, werden die Mailings auto-

Infopost wird DialogpostInterview mit der Deutschen Post AG

„Wir haben alle Prozesse ver-einfacht und unsere Formate

übersichtlicher gestaltet …“

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S E R V I C E

matisiert von uns produziert und zugestellt.Bei Bedarf kann das Mailing auch mit einerTrigger-E-Mail kombiniert werden, die na-türlich inhaltlich und zeitlich verknüpft ist.

Wenn man die alte Flexibilität erreichenmöchte, was wären die Mehrkosten?

Thomas Hauck: Die Dialogpost ist nachwie vor ein hoch flexibles Instrument zurKundenansprache. Die Konditionen derDialogpost wie Preise, Zustellgeschwindig-keit und Einlieferungsmöglichkeiten sowiedie Planbarkeit haben sich kaum verändert.Bei dem von Fundraisern am meisten genutz-ten Produkt, dem Standardmailing bis 20g,ist der Preis sogar stabil geblieben. Inso-fern stellt sich die Frage nach Mehrkostenim Zusammenhang mit Flexibilität nicht.

Können Sie schon beurteilen, wie dasneue Produkt von den Kunden angenom-men wird?

Thomas Hauck: Wir haben von unserenKunden sehr positive Rückmeldungen be-kommen. Sie bestätigen uns die hohe Qua-lität der Dialogpost und dass sie mit demneuen Produktportfolio ihre Werbeziele ef-fizient erreichen können. Die hohe Akzep-tanz des neuen Portfolios zeigt sich auch inder hohen Nachfrage nach Dialogpost. Be-reits im letzten Jahr haben wir gemeinsammit unseren Kunden die Dialogpost entwick -elt und im Rahmen eines Piloten getestet.Die positiven Kundenreaktionen haben unsbestätigt, das neue Portfolio zum 1. Januar2016 auf den Markt zu bringen.

Die Post hat ihre Vertriebsstruktur vonBranchenorientierung auf eine regionaleBetreuung umgestellt. Der dritte Sektorbefürchtet, dass das den Organisationenerschwert, mit der Post über Problemeund Lösungen der gesamten Branchezu diskutieren. Könnten Sie die neueStruktur und eventuelle Vorteile erläu-tern? Gibt es eine Koordinierungsgrup-pe als zentralen Ansprechpartner undwie sehen Sie die Rolle des DeutschenFundraising Verbandes dabei?

Walter Lindemann: Ab dem1. Januar2016 besteht keine bundeseinheitliche Ver-triebsleitung Fundraising mehr. Nach derRegionalisierung gibt es in den RegionenNord, West und Süd jeweils eine Vertriebs-leitung Dienstleister, welche weiterhin dieBranche Fundraising betreut. Darüber hin-aus wurden nach der Neuorganisation die

bereits bestehenden Kundenbeziehungenmit dem Außendienstmitarbeiter der Deut-schen Post weitestgehend stabil gehalten.

Auch in einem regionalisierten Vertriebstellen wir durch interne Branchenplattfor-men den Austausch von Informationen si-cher. Als zentraler Ansprechpartner zumVerband steht Ihnen weiterhin Herr DieterSommer zur Verfügung. Im Rahmen derPremiumpartnerschaft mit dem Verbandwerden wir uns zukünftig regelmäßig aus-tauschen und über aktuelle Entwicklungenberichten.

Das Interview führte Arne Peper

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Unsere Gesprächspartner

Thomas Hauck, Executive VicePresident Dialogmarketing, Identitätsmanagement & Digitale Produkte Deutsche Post

Walter Lindemann, Geschäfts-bereichsleiter Vertriebsent-wicklung Deutsche Post

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S E R V I C E

Neues aus der Rechtsberatung

Neuspendergewinnung„Woher haben Sie meine Adresse?“

Es gibt viele Wege, um Neuspender gewinnen zu können. Ein Klassiker is t und bleibt der Einkauf

oder die Anmietung von Fremdadressen, um auf diesem Wege eine erste Ansprache bei poten-

zie l len Neuspenden durchzuführen. Viele Fundraiser und Fundraiser innen wissen jedoch nicht ,

welche datenschutzrecht l ichen Vorgaben dabei zu beachten s ind.

Im Hinblick auf die Zusammenarbeit mitUnternehmen, die Ihnen Adressen anbieten,sollte natürlich Sorge dafür getragen wer-den, dass diese zuverlässig sind und ggf.auch einen Nachweis darüber erbringenkönnen, dass sie die datenschutzrecht-lichen Vorgaben in Deutschland einhalten.Viele Adresshändler sind in Verbänden wiedem DDV – Deutscher Dialogmarketing Ver-band e.V. – organisiert, sodass ggf. schonentsprechende, branchenübliche Nachwei-se oder Zertifikate bei diesen Unternehmenvorliegen. Auch wenn eine Organisationnicht für die Datenverarbeitung des Adress-händlers verantwortlich ist, sollte sie gleich-wohl auf Qualität und Seriosität des Ver-tragspartners achten. Denn die Verärge-rung, die bei Empfängern entstehen kann,färbt häufig auf die Organisation als direk-ten Absender ab.

Der Erhalt der Adressen bzw. die kon-krete Umsetzung der Aussendung der Wer-bung erfolgt in der Praxis in verschiedenenVarianten. Möglich ist der käufliche Erwerbvon Adressdaten; häufiger kommt aber wohldie Anmietung oder eine sonstige zeitweiseÜberlassung von Adressen bzw. eine Nut-zungsberechtigung (auf Zeit) vor. Die zeit-weise Überlassung bzw. Nutzungsberechti-

gung erfolgt entwederdurch den Eigentümer derAdressliste oder durcheinen Adressbroker oderListbroker. Denkbar istdarüber hinaus auch einLettershop-Verfahren.

In tatsächlicher Hin-sicht kommt es allerdingsgar nicht so sehr darauf

an, welche Variante der Adressnutzung nunkonkret zum Einsatz kommt. Entscheidendist eher der Empfängerhorizont. Denn derEmpfänger der Spendenwerbung wird dasSchreiben unter dem Gesichtspunkt lesen,dass der Verantwortliche für das Schreibendie Organisation ist. Die Hintergründe sindfür den Empfänger insoweit erst einmalegal? Oder eben auch nicht! Denn im Falleder Zusendung von Werbung unter Ver-wendung fremder Adressen sieht das deut-sche Datenschutzrecht spezielle Informa-tionspflichten vor. Dies ist in § 28 Abs. 4BDSG geregelt, wo es wörtlich heißt: „So-weit der Ansprechende personenbezogeneDaten des Betroffenen nutzt, die bei einerihm nicht bekannten Stelle gespeichertsind, hat er auch sicherzustellen, dass derBetroffene Kenntnis über die Herkunft derDaten erhalten kann.“

Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift be-steht auch darin, die Datenverarbeitung fürWerbezwecke einzuschränken. Dies lässtsich schon der Historie des Gesetzes ent-nehmen. Denn die entsprechende Vorschriftstammt aus einer Zeit, in der es recht vieleDatenschutzskandale – gerade im Hinblickauf den Umgang mit Adresssammlungen –gegeben hat. Ziel des Gesetzgebers wares insbesondere, für mehr Transparenz beiden Empfängern bzw. Verbrauchern zu sor-gen. Dies sollte vor allem dadurch erreichtwerden, dass in der Werbung auf die Her-kunft der Daten hingewiesen wird. So sollder Empfänger in Erfahrung bringen kön-nen, wer die Daten an den Versender derWerbung weitergegeben hat.

Nach dem Gesetzeswortlaut finden die-se Transparenz- und Informationspflichten für

Zum Thema

Stephan Hansen-Oest, Rechtsanwalt & Fachanwalt für IT-Recht

34 FUNDStücke 1·2016

Auch wenn eine Organisationnicht für die Datenverarbeitungdes Adresshändlers verantwort-

lich ist, sollte sie gleichwohl auf Qualität und Seriosität des

Vertragspartners achten.

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Buchtipp: Wolfgang Schmidbauer – Enzyklopädie der dummen Dinge

Ist Ihre Spülmaschine intel l igent? Besitzen Sie eine dumme Kettensäge?

Fragen, die s ich wahrscheinl ich die wenigsten Menschen ste l len.

Doch er tut es: Wolfgang Schmidbauer, bekannter Paar therapeut und

„Krit iker der Konsumgesellschaft aus ökologisch-psychologischer Sicht“.

S E R V I C E

So lustig und seicht der Titel auch anmutet – der Wis-senschaftler bereitet dem Leser mit seinem fundiertenFachwissen und komplexen Schreibstil nicht unbedingteine leichte Kost. In der Enzyklopädie der dummen Dingebeschreibt der Autor Gegenstände, die nach seinem Er-messen „dumm“ sind. Warum dumm? Weil sie uns Men-schen vordergründig Arbeit abnehmen, uns aber auch zu-nehmend zur Unselbstständigkeit erziehen. Sie verspre-chen viel, schaden unserer Kreativität und Ersatzteile sindnach kurzer Zeit veraltet – was aber nicht so schlimm ist,denn eigentlich ist eine Reparatur ohnehin nicht vorgese-hen. Anstelle von Handwerksmeistern treffen wir „Teile-verkäufer“, die von vornherein die Neuanschaffung emp-fehlen. Die Fernbedienung sorgt dafür, dass wir mühelosdurchs Fernsehprogramm zappen können, ohne vorher zuwissen, was wir eigentlich sehen wollen. Voraussetzung:Das Gerät ist im Standby-Modus und verbraucht perma-nent Energie. Elektrische und motorisierte Küchen- und

Gartenhelfer bestimmen unseren Haushalt. Die Spülma-schine verbraucht deutlich mehr Wasser und Reinigungs-mittel, als würden wir von Hand – und vor allem: sofortnach Gebrauch – unser Geschirr abwaschen. Eine elek-trische Brotschneidemaschine bringt uns kaum Zeit- oderKraftersparnis und raubt uns dazu motorisches Geschick.

Obwohl Schmidbauer zum Vergleich häufig seine Er-innerungen aus Großmutters Alltag beschreibt, möchte erweder in die „Früher-war-alles-besser“-Ecke gestellt, nochin die „So-musst-du-es-besser-machen“-Schublade ge-steckt werden. Schmidbauer sieht die Menschheit in einer„Kreativitätskrise“, sobald sie Probleme selbst behebensoll und ihr die Lösung nicht auf dem Silbertablett zumKauf angeboten wird, und hofft: „Wenn mein Text als An-regung zu dieser Kreativität aufgefasst wird, hat er sei-nen Sinn erfüllt.“

Melanie Koch

den Bereich der „Werbung“ Anwendung.Umstritten ist rechtlich jedoch, ob die Spen-denwerbung ebenfalls darunter fällt odernicht. Hintergrund dafür sind zwei Aspekte.Einerseits ist umstritten, ob Organisationenam „Wettbewerb“ teilnehmen und somitüberhaupt ein Fall von Werbung vorliegt.Und zudem wird die Spendenwerbung imBDSG privilegiert, d.h. geringeren Anfor-derungen unterstellt. Entscheidend ist aberallein der datenschutzrechtliche Begriff der„Werbung“. Unabhängig von etwaigenrechtlich unterschiedlichen Meinungen ist imDatenschutzrecht stets praktisch entschei-dend, wie die Datenschutz-Aufsichtsbehör-den diese Frage beantworten. Auch wennes durchaus vorkommt, dass die verschiede-nen Aufsichtsbehörden in den Bundeslän-dern unterschiedliche Auffassungen zu

einem Thema haben können, gibt es imHinblick auf diese konkrete Frage eine ein-deutige Aussage. Der sogenannte Düssel-dorfer Kreis – ein Zusammenschluss derdeutschen Aufsichtsbehörden – ist auf dieseFrage nämlich in seinen „Anwendungshin-weisen zur Erhebung, Verarbeitung und Nut-zung personenbezogener Daten fur werb-liche Zwecke“ ausdrücklich eingegangen.Ergebnis: Auch im Bereich der Spenden-werbung ist zwingend auf die Herkunft derDaten – also den jeweiligen Adresseignerbzw. Listbroker – hinzuweisen. In lesbarerForm, also bitte nicht in „Schriftgröße 4“.Übrigens kann ein Verstoß gegen die Infor-mationspflicht mit einem Bußgeld von biszu 300.000 Euro geahndet werden. Es istalso kein „Kavaliersdelikt“.

Stephan Hansen-Oest

Oekom, 17,95 Euro,

ISBN: 9783865817327

FUNDStücke 1·2016 35

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K E S S E L B U N T E S

Es hat aber auch noch einen anderen, viel hintergründi-geren Aspekt. Unsere Projektkollegen sind unsere Verbin-dung zu den „Klienten“ in den Projekten. Egal ob Natur-schutzorganisation oder Organisation in der Entwicklungs-zusammenarbeit oder in der Behinderten-hilfe, ohne sie hätten wir keinen Kontaktzu unseren „Schutzbefohlenen“. Gerneschreibe ich auch über Emotion im Fundrai-sing, aber woher soll die Emotion dennkommen, wenn nicht durch den indirektenoder noch besser direkten Kontakt in un-sere Projekte, zu den Menschen und denTieren vor Ort?

Eigentlich neige ich nicht dazu, persön-liche Dinge in Kolumnen zu besprechen.Aber nach zwei Operationen im Jahr2013 und 2014 habe ich nach und nach und immer stär-ker die Fähigkeit eingebüßt, laufen zu können. Heute mussich einen Rollstuhl benutzen, wenn ich das Haus verlassenmöchte. Mein Leben, sowohl mein privates als auch meinberufliches, hat sich dadurch komplett verändert. Ich mussmich heute mehr auf meinen Kopf verlassen als auf meineBeine, und dabei habe ich gemerkt, wie sehr eine Behin-derung unzählige Lebensbereiche verändert. Vieles kannman einfach nicht mehr tun und man ist viel öfter auf dieHilfe anderer Menschen angewiesen. Es fällt einem auchviel stärker auf, wie behindertenunfreundlich unsere all-tägliche Welt immer noch ist, obwohl sich so vieles zumBesseren gewendet hat. Kurz und gut: Ich sehe heute Be-hinderung mit anderen Augen und bin emotional sehrstark betroffen.

Keine Sorge, zum Glück bin ich nicht Briefträger vonBeruf, sondern brauche eher meinen Kopf. Solange derfunktioniert, kann ich meinen Beruf gut ausüben und mit dennotwendigen Reisen komme ich immer besser zurecht.Dennoch habe ich heute deutlich mehr Verständnis fürMenschen mit Behinderung. Ich dachte auch zuvor, dassich das hätte, es ist aber ein großer Unterschied, ob ich

mir mein Wissen anlese, von Kollegen vermittelt bekom-me, vor Ort erlebe oder direkt in der Interaktion mit denBetroffenen (man muss nicht in jedem Fall selbst Betroffe-ner werden).

Um wahrhaftig Emotion zu vermitteln,müssen wir möglichst nahe an die Emotionder Betroffenen heran. Ihre Ängste, Sor-gen und Nöte möglichst hautnah erleben.Für diesen Ansatz stand ich schon vormeiner Behinderung. Deshalb habe ichmeine Mitarbeiter, so oft es ging, in dieProjekte geschickt. Sie sollten hautnah er-leben, was sie später an unsere Spendervermitteln sollten. Deshalb ist jede Pro-jektreise eines Fundraisers eine direkte In-vestition in den Fundraisingerfolg.

Nutzen Sie jede Gelegenheit, mit Ihren Projektkollegenüber die Projekte zu sprechen, reisen Sie vor Ort und spre-chen Sie mit den Menschen. Wenn Sie Mitarbeiter haben,fordern Sie diese auf, es Ihnen gleichzutun. Ich garantiereIhnen, das wird Ihr Fundraising dauerhaft verbessern.

Ein weiterer Effekt ist, dass sich das Verhältnis zu denProjektkollegen massiv verbessert. Und wenn diese denZusammenhang verstanden haben zwischen ihrer Arbeitund dem Fundraising und dass das Fundraising die Pro-jektgelder direkt sichert, werden zunehmend auch Kolle-gen mit Vorschlägen auf Sie zukommen.

Wenn Sie es bisher noch nicht getan haben, gehen Sieden Perspektivwechsel sofort und direkt an.

Herzlichst Ihr Olav Bouman

36 FUNDStücke 1·2016

Kolumne: Hurra, ich bin Fundraiser!

PerspektivwechselIch habe in der Vergangenhei t v ie l darüber geschrieben, dass Fundraiser of t von ihren Kol legen

aus dem Projektbereich nicht ganz für vol l genommen werden. Heute möchte ich deshalb für

unsere Projektkol legen eine Lanze brechen. Denn genau wie s ie nicht ohne uns können, da es

sonst kein Geld für Projekte gibt , können wir nicht ohne unsere Projektkol legen, die unsere

Produkte erst erschaf fen. Auf lange Sicht gesehen brauchen wir uns also gegensei t ig. Woher

sol l ten wir auch sonst die Informationen für unsere schönen Fundraising-Instrumente bekommen?

Um wahrhaftig Emotion zu vermitteln,müssen wir möglichst nahe an dieEmotion der Betroffenen heran.

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K E S S E L B U N T E S

Ihr Beruf ist Fundraising – hätten Siedas zu Beginn Ihrer Laufbahn gedacht? #MehrAlsEinJob

Visionen entwickeln und umsetzen,Menschen begeistern, Geschichten erzäh-len: Erfahrungen als Orga-Berater, Pfarrer,Lehrer laufen zusammen.

Was machen Sie als erstes, wenn Sienach der Arbeit nach Hause kommen? #EndlichFeierabend

Meinen Anteil an der Hausarbeit. Diegemeinsame Freizeit wird danach umsoschöner.

Was würden Sie im Deutschen Fund -raising Verband unbedingt ändern?#NeinDanke

Leiser von „ethischen Standards“ reden,wenn sich diese nicht präzise definierenlassen und sie keine oder wenig praktischeRelevanz haben.

Was sollte im Deutschen FundraisingVerband unbedingt bleiben, wie es ist? #JaBitte

Kompetente Ansprechpersonen in Vor-stand und Geschäftsführung, Serviceorien-tierung und Kooperationsbereitschaft.

Welche heute neuartige Fundrai-sing-Entwicklung wird für uns alle inzehn Jahren selbstverständlich sein? #ModernerQuatsch

Crowdfunding als Möglichkeit, neueZielgruppen anzusprechen.

Wie motivieren Sie sich, wenn es malschlecht läuft? #Tschakkaa

Mit dem Wissen, dass zu Hause diebeste Ehefrau von allen und drei manchmalanstrengende, aber wunderbare Kinderwarten …

Ihr Aha-Moment in diesem Jahr? #Unvergesslich

Wie Erbschaftsfundraising durch „Wasbleibt.“ Akzeptanz bei Skeptikern findetund Kreise zieht, jetzt auch nach Bayernund Westfalen.

Ein Projekt, privat oder beruflich,das Sie seit Jahren verschieben – aberganz bald angehen? #GuterVorsatz

Unser Fundraisingkonzept an das ad-aptieren, was „Zu-Fälle“ in den letzten Jah-ren an überraschenden Entwicklungen be-wirkt haben.

Was muss man als Fundraiser/inunbedingt mal gemacht haben? #EinmalImLeben

Bei Lifegate in Beit Jala Burghard Schun-kert begegnen: Der Inbegriff eines Fundrai-sers und Netzwerkers schlechthin und In -spiration pur!

Sind 140 Zeichen eigentlich genaurichtig oder viel zu kurz, um Dinge aufden Punkt zu bringen? #FasseDichKurz

Natürlich viel zu wenig für komplexeSachverhalte – aber das ist bei 5.000 Zei-chen auch nicht wirklich besser …

FUNDStücke 1·2016 37

Der FUNDStücke-Twitter-Fragebogen Print-Tweets von Persönl ichkei ten der Fundrais ing-Branche. Kurze Frage, kurze Antwor t :

Jeweils 140 Zeichen müssen reichen. Heute: Dr. Torsten Sternberg, Landeskirchl icher Beauftragter

für Fundrais ing bei der Evangel ischen Landeskirche in Baden

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K E S S E L B U N T E S

I M P R E S S U M

FUNDStücke – Das Maga-zin des Deutschen Fundrai-sing Verbandes erscheintbis zu viermal jährlich.

Sie können die Zeitschriftüber den Herausgeber für28 Euro pro Jahr inkl. Portound Versand im Abonnementbeziehen. Der Einzelpreisdes Heftes liegt bei 7 Euroinkl. Porto. Für Mitgliederdes Deutschen FundraisingVerbandes ist das Abonne-ment im Mitgliedsbeitragenthalten.

Vertriebskennzeichen18341 · ISSN 2190-1783

Herausgeber: Deutscher Fundraising Verband e.V. Brüderstraße 13 · 10178 BerlinTel.: 030 308 831 80-0Fax: 030 308 831 80-5E-Mail: [email protected]

Redaktion: Christian SchlichterArne PeperNicole HoltzMelanie KochViktoria LehrFriederike HofmannJoachim Sina

Redaktionsbüro: Bergmoser + Höller AgenturTel.: 0241 980 998-28E-Mail: [email protected]

Gestaltung: Thomas Schorr, www.thomas-schorr.de

Anzeigenberatung: Kathrin Dost, Agentur kaiserwetter, [email protected], Tel.: 030 81466-230, Anzeigenschluss jeweils 4 Wochen vor dem Monat des Erscheinens

Druck: Silber Druck oHG, www.silberdruck.de

Bildnachweise: Titel: Adobe Stock/scerpica, S. 3: Daniela Münster-Daberstiel, S. 5: Adobe Stock/vege, S. 6: Adobe Stock/LoloStock, S. 8: AdobeStock/thewet, S. 10: Elke Kampeter, S. 15,16,17:Japan Fundraising Association, S. 18: Adobe Stock/Adiano, S. 20: Th. Räse, HSH Nordbank, S. 21: Adobe Stock/olly, S. 24,25: Samira Ramic,S. 27: DFRV, S. 32,33: Bildarchiv Deutsche Post DHL, S. 37: www.alabiso.de, S. 38: https://creative-commons.org/licenses/by-sa/2.0/

Beiträge, Anregungen, Kritik und Leserbriefe an:[email protected]

38 FUNDStücke 1·2016

Fundraising-Impuls

… diesmal mit e inem Zi tat von

Mahatma Gandhi (1869–1948):

„Die Nicht-

zusammenarbeit mit

dem Schlechten

gehört ebenso zu

unseren Pflichten wie

die Zusammenarbeit

mit dem Guten.“

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Referenzen:

amnesty.ch caritas.ch greenpeace.ch blutspende.ch menschenfuermenschen.org

IHR LEITSYSTEM ZUM FUNDRAISING ERFOLG. SEXTANT ist die Software für NPO.

A N Z E I G E

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d if n i t a s

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