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Wissen wird heutzutage nicht mehr nur als Notwendigkeit, sondern auch als Produktions-faktor gesehen. Die Einzigartigkeitder Ressource Wissen liegt darin,dass sie sich bei ihrer Nutzungnicht wie die immateriellenRessourcen verringert, sondernvermehrt. In der Schule, in der beruflichen Erstausbildung und imStudium wird nur das Basiswissenauf formalem Wege im Unterrichtoder in Seminaren vermittelt. Ein Groteil des arbeitsrelevantenKnow-hows wird jedoch auf infor-mellem Wege in Form von Erfah-rung erworben. Gerade dieses Erfahrungswissen seiner qualifi-zierten Mitarbeiter macht den Erfolg eines Unternehmens aus. In den meisten Fllen ist dieseForm von Wissen jedoch nurschwer zugnglich und dokumen-tierbar, da es sich hufig um pro-zedurales Wissen, das heit Wissen ber Fertigkeiten, handelt.Dieses wird nur in den frhen Phasen der Durchfhrung einer Ttigkeit bewusst abgerufen. Experten bewltigen ihre Arbeit jedoch automatisch, ohne sich alsober das erforderliche Wissen bewusst zu sein. Zur Il lustrationsei das Fahrradfahren genannt. Jeder beherrscht es, aber ver-suchen Sie doch einmal zu er-klren, wie es funktioniert!
Wissensmanagementund Know-how-Sicherung
Die Begriffe Wissensmanagement
und Know-how-Sicherung stehen in
diesem Zusammenhang fr das Sam-
meln, Dokumentieren, Aufbereiten und
Pflegen des Wissens im Unternehmen,
um es fr andere zugnglich und ver-
wertbar zu machen. Um dabei gerade
auch das wertvolle Erfahrungswissen
der Mitarbeiter im Unternehmen hal-
ten zu knnen, muss Wissensmanage-
ment jedoch von verschiedenen Ebe-
nen aus betrieben werden:
Schaffen einer Wissenskultur. Aufder hchsten Ebene geht es darum,
das Thema Wissen in der Unter-
nehmenskultur zu verankern und
eine Wissenskultur zu schaffen. Da-
zu darf Wissen nicht als Konkur-
renz- oder Machtfaktor angesehen
werden. Die Mitarbeiter mssen
dieselben Ziele verfolgen und ihr
Wissen teilen, um eine Wissenskul-
tur zu etablieren. Dies ist nur in ei-
nem Umfeld mglich, das durch Of-
fenheit, Vertrauen und Kreativitt
geprgt ist. Das Schaffen einer Wis-
senskultur ist ein langwieriger Pro-
zess, in dem es viele Hindernisse zu
berwinden gilt.
Ableiten von Wissenszielen undIdentifikation des Wissen. Auf der
nchsten Ebene muss geklrt wer-
den, welches die Wissensziele sind,
die erreicht werden sollen und so-
mit, wer die Wissenstrger im
Unternehmen sind. Methoden zur
Identifikation und Dokumentation
des Know-hows der Mitarbeiter
mssen festgelegt werden.
Wissenstransfer. Auf der unterstenEbene steht die konkrete Umsetzung
von Wissensmanagementsystemen.
Hier kommen die Manahmen zum
Einsatz, die die Bereitstellung des
Wissens fr andere ermglichen.
zfo 6/2005 (74. Jg.), Seite 357363 357
K N O W- H O W- T R A N S F E Rzfo praxis
Das Produktions-Lern-System (PLS): Schlssel zu
Know-how-Sicherung und Know-how-Transfer
Volker Engert/Kerstin Sebold
Wissenszuwachs
100%
Zeit
65 Jahre
Fortbildung,Seminare, Workshops,Zusatzqualifikationen
Schulbildung
Basiswissen:Berufliche Erstaus-
bildung
Studium
Wechsel von Firmenund Arbeitspltzen
Erfahrung aus dem Berufsalltag
Abb. 1 Wissenserwerb ber die Zeit
Dabei geht es nicht darum, totalen
Wissenstransfer zu betreiben, son-
dern verschiedenen Personengrup-
pen den Zugang zu jenem Wissen zu
ermglichen, das ihnen bei ihrer
Ttigkeit hilft.
Die Notwendigkeit derKnow-how-Sicherungbei DaimlerChrysler
Die Sicherung von Erfahrungswissen
spielt in der betrieblichen Praxis mitt-
lerweile eine wichtige Rolle. Auch im
Werk Mannheim der DaimlerChrysler
AG hat man die Notwendigkeit von
Wissensmanagement erkannt. In den
nchsten drei bis fnf Jahren werden
ca. 1.300 Mitarbeiter das Unternehmen
altersbedingt verlassen. Diese hohe
Fluktuation hat einen enormen Verlust
von Erfahrungswissen zur Folge, das
sich whrend der langjhrigen Mitar-
beit im Unternehmen angesammelt
hat. Dies betrifft den Produktionsbe-
reich und den Verwaltungsbereich bzw.
die indirekten Bereiche gleichermaen.
Zustzlich kommt es infolge dieser
Entwicklung zu Neubesetzungen und
Rotationen innerhalb der Belegschaft.
Dadurch entsteht ein enormer Qualifi-
zierungsbedarf. Denn das arbeitsplatz-
relevante Wissen setzt sich zu groen
Teilen aus Erfahrungswissen zusam-
men, das bisher im Unternehmen nicht
dokumentiert wurde.
Damit dieses Wissen mit dem Aus-
scheiden der Mitarbeiter nicht fr im-
mer verloren geht, mssen rechtzeitig
Manahmen zur Know-how-Sicherung
ergriffen werden. Was im Zusammen-
hang mit diesem entscheidenden The-
ma bisher allerdings fehlt, sind geeig-
nete transferfhige Anwendungskon-
zepte, mit denen das intellektuelle Ka-
pital der Mitarbeiter systematisch akti-
viert, wertschpfend genutzt, erhalten
und vermehrt werden kann.
Um die gewohnten Qualittsstandards
halten zu knnen, ist es notwendig, ne-
ben den Arbeitsprozessen auch die
Qualifizierung zu standardisieren. Nur
so kann gewhleistet werden, dass die
zur fachgerechten Ausfhrung der T-
tigkeiten erforderlichen Kompetenzen
weitergegeben werden. Der Know-
how-Transfer wird somit zu einem wei-
teren Schlsselthema.
Um den genannten Problemstellungen
zu entsprechen, wurde im Mannheimer
Werk im Rahmen eines Forschungs-
projektes das Produktions-Lern-System
PLS entwickelt.
Das Produktions-Lern-System PLS
Das PLS ist ein Wissensmanagement-
system, das mithilfe von verschiedenen
Tools die systematische Speicherung
von Daten zu Arbeitsprozessen und
Kompetenzen ermglicht. Die Inhalte
werden dabei vom Projektteam der be-
trieblichen Bildung in direkter Zu-
sammenarbeit mit besonders erfahre-
nen Mitarbeitern und Spezialisten aus
den unterschiedlichen Fachbereichen
erarbeitet, aufbereitet und in eine
Didaktische Datenbank aufgenom-
men, die dem Nutzer flexible Abruf-
mglichkeiten bietet. Zudem knnen
die dokumentierten Arbeitsablufe und
Kompetenzen ber ttigkeitsspezifische
Vorgehensweisen durch eigene Vorstel-
lungen und Erfahrungen ergnzt wer-
den. Somit entsteht nicht etwa eine
Text- und Bilderwste, sondern ein
nach didaktischen Kriterien gestaltetes
Lernsystem. ber das Intranet wird das
gesammelte Wissen dann allen Mitar-
beitern zugnglich gemacht, die es di-
rekt von ihrem Arbeitsplatz aus abru-
fen knnen. Der Arbeitsort wird also
auch zum Lernort, die (Weiter-)Quali-
fizierung kann direkt am Arbeitsplatz
erfolgen. Den Mitarbeitern wird somit
ein bedarfsgerechtes, selbstgesteuertes
Lernen ermglicht.
Ziel des Lernens mit dem PLS ist das
Erreichen beruflicher Handlungskom-
petenz. Dies kann nur durch einen
ganzheitlichen Lernansatz gelingen, der
neben fachlichen und methodischen
Kompetenzen, also dem Fachwissen
und den ntigen Arbeitstechniken,
auch emotionale und persnliche
Kompetenzen umfasst. Dazu gehrt die
Beherrschung grundlegender Kommu-
nikations- und Kooperationstechniken
ebenso wie die Fhigkeit und Bereit-
schaft zu eigenverantwortlichem Han-
deln auf der Basis persnlicher Werte
und Einstellungen. Somit wird das Zu-
sammenspiel von Mensch, Technik und
Organisation angemessen bercksich-
tigt.
Zur systematischen Speicherung des
Wissens im PLS stehen verschiedene
Tools zur Verfgung:
Virtueller Arbeitsprozess Der Ein-
stieg ins PLS erfolgt ber eine Darstel-
358 zfo 6/2005
zfo praxisK N O W- H O W- T R A N S F E R
Abb. 2 Wissensverlust
FluktuationIn den nchsten 35 Jahrenca. 1.300 altersbedingteAustritte Wissensverlust
Neubesetzung und Rotation
Qualifizierungsbedarf
Nicht
dokumentiertes
Erfahrrungswissen
Bisher
dokumentiertes
Wissen
70%
100%
30%
lung des gesamten Arbeitsprozesses.
Mithilfe eines Editors kann jeder Ar-
beitsprozess innerhalb eines Produk-
tionsbereichs im PLS nachgebildet wer-
den. Der Benutzer kann die einzelnen
Arbeitspltze direkt anwhlen, um sich
dort ber Ttigkeiten und erforderliche
Kompetenzen zu informieren.
Arbeitsprozesswissen Mithilfe von
grafischen Geschftsprozessmodellen
werden die einzelnen Arbeitsschritte
der jeweiligen Ttigkeit mit den wich-
tigsten Informationen bersichtlich
dargestellt. Dabei knnen alle fr die
Ttigkeit relevanten Informationen ab-
gebildet werden, auch mithilfe digitaler
Medien wie Fotos und Videos. Komple-
xe Handlungsablufe werden so zustz-
lich verdeutlicht. Da es sich beim PLS
um einen ganzheitlichen Lernansatz
handelt, sind jedoch nicht nur die fach-
lichen und methodischen, sondern
auch die emotionalen und sozialen
Kompetenzen in Bereichen wie Grup-
penarbeit und Kommunikation von
Bedeutung. Zudem spiegelt das PLS
auch persnliche Werte und Einstellun-
gen zu Qualitt, Arbeitssicherheit und
Umweltschutz wider. Darber hinaus
sind Hintergrundinformationen zu
Bauteilen, Werkzeugen, Maschinen
oder anderen Fachbegriffen sowie ar-
beitsrelevante standardisierte Doku-
mente, beispielsweise Montageinfor-
mationen, in eine