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Das Schultergelenk Beschwerden, Krankheitsbilder, nichtoperative und operative Behandlung zur Erhaltung einer schmerzfreien, guten Funktion Dr. med. Thomas Henkel Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates Hirslanden Andreasklinik Zug/Cham · Rigistrasse 1 · CH-6330 Cham Tel. 041 784 05 20 · Fax 041 784 05 29 www.ortho-clinic.ch · [email protected] Dr. med. Peter Wirz Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates www.wirz-ortho.ch · [email protected] Tel. +41 31 832 43 53 · Fax +41 31 832 43 54

Das Schultergelenk · Für die genaue Erkennung von Problemen (Diagnostik) der Schulter bedarf es einer gezielten und ge- nauen Befragung, Untersuchung und bildgebenden Abklärung

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Page 1: Das Schultergelenk · Für die genaue Erkennung von Problemen (Diagnostik) der Schulter bedarf es einer gezielten und ge- nauen Befragung, Untersuchung und bildgebenden Abklärung

Das Schultergelenk Beschwerden, Krankheitsbilder,

nichtoperative und operative Behandlung zur Erhaltung einer schmerzfreien, guten Funktion

Dr. med. Thomas Henkel Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates Hirslanden Andreasklinik Zug/Cham · Rigistrasse 1 · CH-6330 Cham Tel. 041 784 05 20 · Fax 041 784 05 29 www.ortho-clinic.ch · [email protected]

Dr. med. Peter Wirz Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates www.wirz-ortho.ch · [email protected] Tel. +41 31 832 43 53 · Fax +41 31 832 43 54

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Einleitung Die Schulter ist ein sehr bewegliches Gelenk mit einer komplexen Stabilisation mit Muskeln, Bändern und Sehnen. Für die genaue Erkennung von Problemen (Diagnostik) der Schulter bedarf es einer gezielten und ge-nauen Befragung, Untersuchung und bildgebenden Abklärung durch einen kompetenten Facharzt. Sowohl die nichtoperative Behandlung als auch die effiziente und differenzierte Schulterchirurgie sind eine grosse Herausforderung und es bedarf hohen Kenntnissen sowie Fähigkeiten kombiniert mit langjäh-riger Erfahrung. Die vorliegende Patienteninformation soll Ihnen helfen, die Schulter sowie die Behandlungsmöglichkeiten bei Problemen besser zu verstehen. Die vorliegende Patienteninformation über das Schultergelenk beginnt mit der Beschreibung des Aufbaus (Anatomie) und der Funktionsweise (Biomechanik) Kapitel 1.1. Im Kapitel 1.2 wird auf die Beurteilung der Funktion, Erkrankungen und Verletzungen eingegangen (Diagnostik). Die zwei verschiedenen Ver-fahren, arthroskopische und offene Operation werden in Kapitel 1.3 beschrieben. Kapitel 1.4 behandelt Allgemeines zu Risiken, Mithilfe, Massnahmen und Einwilligung des Patienten zur Operation. Die Nachbehandlung Kapitel 1.5 mit wichtigen krankengymnastischen Übungen werden anschliessend dargestellt. Die Beschwerden des Schultergelenkes werden in Erkrankungen und Verletzungen unter-teilt. Die einzelnen Beschwerden werden behandelt nach allgemeinen Informationen «Allgemeines», die Wahrnehmung des Patienten «Was verspürt der Patient», wie man zur richtigen Beurteilung der Be-schwerden kommt «Medizinische Abklärung», «Behandlung ohne Operation», «Behandlung mit Operation» sowie «Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten». Die Zahlen in eckigen Klammern neben den Abbildungen sind Verweise auf das Literatur- und Abbildungs-verzeichnis am Schluss der Broschüre vor dem Index.

Aufgrund der durchgeführten Anamnese, Untersuchung und Bildgebung schlagen wir Ihnen (gemäss Patientenetikette auf der Titelseite) untenstehenden Operationen vor: Betroffene Schulter: □ rechts □ links

Geplante Operation Kapitel Seite

Dienstag, 3. Juli 2018

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Inhaltsverzeichnis 1. Grundlagen der Schulterbeurteilung und Behandlung ....................................................................... 5

1.1 Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik ....... 5

1.1.1 Die Schultergelenke ............................................................................................................ 5

1.1.2 Bänder / Kapsel / Lippe ....................................................................................................... 6

1.1.3 Schulterdach / Acromion ..................................................................................................... 6

1.1.4 Rotatorenmanschette .......................................................................................................... 6

1.1.5 Äussere Muskeln der Schulter ............................................................................................. 7

1.1.6 Schleimbeutel der Schulter .................................................................................................. 8

1.1.7 Nerven ................................................................................................................................ 8

1.2 Diagnostik .................................................................................................................................. 9

1.2.1 Anamnese ........................................................................................................................... 9

1.2.2 Die klinische Untersuchung ................................................................................................. 9

1.2.3 Die Bildgebung .................................................................................................................... 9

1.3 Operationsverfahren ................................................................................................................. 12

1.3.1 Geschlossenes Operationsverfahren (Gelenkspiegelung oder Arthroskopie) .................... 12

1.3.2 Offene Operationsverfahren .............................................................................................. 12

1.3.3 Kombinationsverfahren ..................................................................................................... 12

1.4 Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten ............................................................... 13

1.4.1 Allgemeines....................................................................................................................... 13

1.4.2 Allgemeine Risiken ............................................................................................................ 13

1.4.3 Einwilligungserklärung ....................................................................................................... 13

1.4.4 Allgemeine Massnahmen und Mithilfe des Patienten vor der Operation ............................ 13

1.4.5 Präoperative allgemein medizinische Abklärung ............................................................... 15

1.4.6 Anästhesiesprechstunde ................................................................................................... 17

1.4.7 Anästhesieformen (Schmerzausschaltung) ....................................................................... 17

1.4.8 Spitaleintritt ....................................................................................................................... 17

1.5 Nachbehandlung ...................................................................................................................... 17

1.5.1 Allgemeine Nachbehandlung der Operation ...................................................................... 17

1.5.2 Krankengymnastik der Schulter (Physiotherapie) .............................................................. 20

2 Erkrankungen der Schulter .............................................................................................................. 23

2.1 Abnützung der Gelenke (Arthrose) ........................................................................................... 23

2.1.1 Schulterhauptgelenksarthrose (Omarthrose / glenohumerale Arthrose) ............................ 23

2.1.2 Schultereckgelenkarthrose (AC-Gelenkarthrose) .............................................................. 25

2.2 Engpasssyndrom (Impingementsyndrom): Enge unter dem Schulterdach oder unter dem AC-Gelenk ................................................................................................................................................ 26

2.3 Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea) ............................. 28

2.4 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur) .................. 30

2.4.1 Rotatorenmanschettennaht ............................................................................................... 32

2.4.2 Andere Operationsmethoden ............................................................................................ 34

2.4.3 Komplikationen .................................................................................................................. 36

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2.4.4 Umkehrprothese (Inverse Schulterprothese) ..................................................................... 35

2.5 Schädigung/Riss der langen Bizepssehne ............................................................................... 36

2.6 Schädigung des Bizepssehnenankers (Slap-Läsion) ................................................................ 39

2.7 Das lockere Schultergelenk: Multidirektionale Instabilität .......................................................... 41

2.8 Schultersteife (Frozen Shoulder) .............................................................................................. 42

2.9 Nervenläsionen der Schulter .................................................................................................... 43

2.10 Tumore der Schulterregion (Prof. Dr. med Ulrich Exner) .......................................................... 43

3 Verletzungen der Schulter ............................................................................................................... 45

3.1 Die traumatische Schulterluxation ............................................................................................ 45

3.2 Schultereckgelenksprengung (AC-Luxationen) ......................................................................... 48

3.3 Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur) ....................................................................................... 50

3.4 Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)......................................................................................... 52

4 Literatur- und Abbildungsverzeichnis ........................................... Fehler! Textmarke nicht definiert. 5 Verdankung ..................................................................................................................................... 55

6 Index ............................................................................................................................................... 55

7 Glossar ............................................................................................................................................ 56

8 Anamnese ....................................................................................................................................... 58

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1. Grundlagen der Schulterbeurteilung und Behandlung 1.1 Wie ist das Schulterge-lenk aufgebaut und wie funkti-oniert es? Anatomie und Bio-mechanik 1.1.1 Die Schultergelenke Der Schultergürtel hat 4 Gelenke.

Abb. 1: Schultergürtel mit seinen 4 Gelenken [ ]

• Das eigentliche Schultergelenk (Gleno-humeral- oder Kugelgelenk) bildet die Verbindung zwischen dem Oberarmkopf (Humerus) und Pfanne des Schulterblat-tes (Glenoid). Das Schultergelenk be-steht aus einer Pfanne (ähnlich wie ein Teller mit überhöhtem Rand) mit fast senkrechter Stellung, in welcher der ku-gelförmige Oberarmkopf ruht.

• Das Schultereckgelenk (AC-Gelenk) stellt die Verbindung vom knöchernen Schulterdach (Acromon) zum Schlüssel-bein (Klavikula) dar.

• Das Sternoclaviculargelenk (Verbin-dung Schlüsselbein und Brustbein)

• Das Skapulothorakalgelenk (Verbin-dung Schulterblatt zum Rippenthorax)

Die ersten drei Schultergelenke sind von Knor-pel überzogen. Der Knorpel hat eine glatte, elastische und gut gleitende Oberfläche. Die Bewegung der Schulter ist ein Zusammen-spiel aller 4 Gelenke, wobei das Schulterge-lenk etwa 70% der Gesamtbeweglichkeit aus-macht. Bei der Seitwärtsbewegung des Armes kippt das Schulterblatt um 60°, das Schultergelenk um 120° und somit entsteht eine Gesamtbe-weglichkeit von 180°. Das Schulterblatt (Ska-pulothorakalgelenk) ist somit einen erhebli-chen Anteil an der Beweglichkeit des Schulter-gürtels beteiligt. (Abb. 5)

Abb. 2: Schulterblatt von hinten mit Kippbewe-

gung bei Seitwärtsbewegung des Armes. [ ]

Die Zerstörung des Knorpels wird Arthrose ge-nannt.

Abb. 3: Oberarmkopf und Pfanne mit Gelenkslippe. [ ]

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Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik

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Abb. 4:[ ]

1.1.2 Bänder / Kapsel / Lippe Der Oberarmkopf wird durch die Kapsel und die Bänder in der Pfanne gehalten. Die Über-höhung der Pfanne wird am Rand durch eine zirkuläre Lippe (Labrum) gebildet, die dem Oberarmkopf dicht anliegt und hilft diesen in der Pfanne zu zentrieren. (Abb. 2)

1.1.3 Schulterdach / Acromion Das Dach der Schulter bildet das Acromion, das Schultereckgelenk, welches die Verbin-dung zum Schlüsselbein (Klavikula) darstellt, der Rabenschnabelfortsatz (Processus cora-coideus) und das Band, das zwischen diesen beiden knöchernen Strukturen liegt (Ligamen-tum coracoacromiale = CA-Band). (Abb.4)

Abb. 5 :Die drei wichtigen vorderen Schulterbänder und die lange Bicepssehne, darüber das Schulter-dach (Rabenschnabelfortsatz und Acromion mit CA Band). [ ]

1.1.4 Rotatorenmanschette Um die Gelenkkapsel hat es die Sehnen von 4 Muskeln mit verschiedenen Funktionen: • Seitliches Anheben: Supraspinatus-

sehne • Aussenrotation: Infraspinatus- und teres

minor Sehne • Innenrotation: Subscapularissehne

Zusätzlich zieht der vom Ellbogen kommende Bicepsmuskel mit seiner langen Sehne zum Oberrand der Pfanne und drückt den Ober-armkopf gegen unten. Er liegt am Oberarm-kopf in einer Vertiefung (Sulcus bicipitalis), darüber liegt ein Band (Ligamentum transver-sum). Der Bicepsmuskel hat eine zweite Sehne, die zum Rabenschnabelforsatz (Pro-cessus coracoideus) zieht.

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Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik

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Abb. 6: Ansicht der Schulter von vorne mit der Sub-scapularissehne (Teil der Rotatorenmanschette) und der langen Bicepssehne. [ ]

Abb. 7: Seitliche Ansicht der Schulter mit der Sup-raspinatus-, Infraspinatus- und Teres minor Sehne (Teil der Rotatorenmanschette). [ ]

Abb. 8: Die Schulter von oben. [ ]

1.1.5 Äussere Muskeln der Schulter Über dem inneren Muskelsehnenapparat mit der Rotatorenmanschette, liegen die äusseren Muskeln der Schulter. Der wichtigste Muskel ist der Deltamuskel (M. deltoideus). Er bildet die sichtbare Schulter-kontur und unterstützt Schulterbewegungen in alle Richtungen. Er zieht allerdings auch den Oberarmkopf nach oben und ist hier der Ge-genspieler der Sehnen der Rotatorenman-schette, welche die Schulter nach unten zie-hen. Der Brustmuskel (M. pectoralis) zieht den Humeruskopf nach vorne unten und den brei-ten Rückenmuskel (M. latissismus dorsi) nach hinten unten. Wichtig für eine einwandfreie Funktion ist das harmonische Zusammenspiel von Anspan-nung und Entspannung sämtlicher Muskeln.

Abb. 9: Wichtige Hilfsmuskeln der Schulter. [ ]

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Wie ist das Schultergelenk aufgebaut und wie funktioniert es? Anatomie und Biomechanik

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1.1.6 Schleimbeutel der Schulter Zwischen der Rotatorenmanschette und dem Schulterdach liegt der wichtige Schleimbeutel der Schulter (Bursa subacromialis). (Siehe auch Kapitel 2.2 subakromiales Impingement).

Abb. 10: Schleimbeutel zwischen der Rotatoren-manschette und dem Schulterdach. [ ]

1.1.7 Nerven Nerven die von der Halswirbelsäule einerseits zur Schulter, andererseits bis an die Hand zie-hen, laufen an der Schulter in unmittelbarer Nähe vorbei. (Siehe auch Kapitel 2.9)

Abb. 11: Nervenstränge (gelb), die unmittelbar vor der Schulter liegen und in den Arm und Hand zie-hen. [ ]

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Diagnostik

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1.2 Diagnostik 1.2.1 Anamnese Frühere Schultererkrankungen, Verletzungen oder Behandlungen? Wo ist der Schmerz lokalisiert und besteht eine Ausstrahlung in HWS, BWS, Oberarm, Unterarm oder Hand? Wie lange besteht der Schmerz, wie ist er auf-getreten? Bei welchen Bewegungen treten die Schmer-zen auf, bestehen Schmerzen beim Liegen, in der Nacht oder bei Überkopfarbeiten? Welche Bewegungen sind nicht mehr mög-lich?

1.2.2 Die klinische Untersuchung In der klinischen Untersuchung werden die äussere Erscheinung, Druckdolenzen der Schulter als auch die Beweglichkeit, Kraft und Stabilität des Gelenkes geprüft. Ferner wird mit speziellen Tests nach einer allfälligen Schmerzauslösung in bestimmten Positionen gesucht. Die genaue Untersuchung erfordert viel Kenntnis und Erfahrung des orthopädi-schen Facharztes. In der Untersuchung wird auch die Halswirbelsäule einbezogen, da sie oft ein Grund für Schmerzen der Schulter ist. Die klinische Untersuchung stellt immer noch das Fundament der Diagnostik dar.

1.2.3 Die Bildgebung Die Bildgebung erlaubt uns in das „Innere“ des Körpers zu schauen. Die Röntgendiagnostik Sie erlaubt mit einem Summationsbild der knöchernen Strukturen die Erkrankung und Verletzungen zu erkennen. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Zentrierung der Schulter und krankhafte knöcherne Pro-zesse, Gelenkabnützung, Fehlstellungen und verletzungsbedingte knöcherne Zustände.

Abb. 12: Bild von vorne: Zur Beurteilung von Ab-nützung, Arthrose, Zysten und Tumoren. [ ]

Die Magnetresonanztomographie (MRI) In der Magnetresonanztomographie können mittels elektromagnetischen Signalen Schnitt-bilder der Schulter erstellt werden. Damit wer-den neben dem Knochen auch der Knorpel, die Sehnen und Bänder, der Muskel, das Fett und allfällige Wassereinlagerungen darge-stellt. Diese aufwendigere Untersuchung in der Röhre bringt uns eine Vielzahl von Mehr-informationen. Wir empfehlen grundsätzlich ein Arthro-MRI, d.h. es wird vor der Untersu-chung ein spezielles Kontrastmittel in das Schultergelenk eingespritzt (einzige Aus-nahme sind die Kontrastmittelallergiker und fri-sche Frakturen). Dadurch können kleine Läsi-onen von der Gelenklippe, als auch der Seh-nenplatte genauer beurteilt werden.

Abb. 13: Normales MRI der Schulter, Pfeil zeigt die Supraspinatussehne. [ ]

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Diagnostik

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Abb. 14: MRI mit gerissener Supraspinatussehne. [ ]

Abb. 15: MRI Querschnitt [ ]

Abb. 16: [ ]

Abb. 17: [ ]

Computertomographie Im Vergleich zur normalen Röntgenuntersu-chung kann das CT Schnittbilder der knöcher-nen Strukturen in verschiedenen Ebenen und 3D (3-dimensionale) – Rekonstruktionen auf-nehmen und ermöglicht damit die Darstellung von kleinen Knochenveränderungen und ihre räumliche Zuordnung. Die Möglichkeit einer 3-D-Rekonstruktion er-laubt eine verständlichere Darstellung und damit z.B. dem Chirurgen eine genaue Opera-tionsplanung. Auch Begleitverletzungen nach Luxation („Auskugelung“) im Schultergelenk sind gut darstellbar. Die knöcherne Beteili-gung von Tumoren und Entzündungen ist mit der Computertomographie gut beurteilbar. Es ist möglich zusätzlich 3D Rekonstruktionen zu machen mit Weglassen (Subtraktion) ein-zelner Knochen, um einen besseren Einblick z. B. auf die Gelenkpfanne zu erhalten. Zudem kann diese Untersuchung bei liegendem Me-tall durchgeführt werden.

Abb. 18: CT 3-D-Rekonstruktion eines Knochen-

bruches des Oberarmkopfes. [ ]

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Diagnostik

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Abb. 19: [ ]

Abb. 20: [ ]

Abb. 21: MRI der Frontalebene [ ]

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Operationsverfahren

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1.3 Operationsverfahren Wir verwenden grundsätzlich zwei verschie-dene Operationsverfahren: geschlossene und offene, oder die Kombination beider Verfah-ren.

1.3.1 Geschlossenes Operations-verfahren (Gelenkspiegelung oder Arthroskopie) Bei dem geschlossenen Operationsverfahren werden über 5-10 mm lange Hautschnitte Zu-gänge in das Schultergelenk, den Raum unter dem Schulterdach und zum Gelenk zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt gelegt. Es werden zwischen 2 und 6 kleine Schnitte ver-wendet. Wir erreichen damit sämtliche unter der Haut liegenden Strukturen in einem mit Wasser ge-füllten Raum.

Abb. 22: Lagerung und Zugang für die Schulter-

arthroskopie[ ]

Abb. 23: [ ]

Abb. 24 Schulterarthroskopie: Aufsicht auf die

Gelenkpfanne. [ ]

1.3.2 Offene Operationsverfahren Meistens wird beim offenen Operationsverfah-ren ein Zugang zwischen dem Deltamuskel (Deltoideus) und dem grossen Brustmuskel (Pektoralismuskel) gewählt, der sogenannte deltoideopektorale Zugang (siehe auch Kapi-tel 1.1.5). Dadurch werden sowohl der Muskel, als auch die dazugehörige Blut- und Ner-venversorgung geschont. Der Hautschnitt kann kurz sein und stört kosmetisch meistens nicht, da er in der Hautfalte liegt. Auch werden meistens kosmetische Nahtverfahren mit in-wendig liegendem Nahtmaterial verwendet.

Abb. 25: Deltoideopektorale Zugang [ ]

1.3.3 Kombinationsverfahren Ein Teil der Operationen wird kombiniert arth-roskopisch und anschliessend mit kleinem Hautschnitt gemacht. Der Vorteil dieses Ver-fahrens ist, dass damit die Operationszeit oft verkürzt werden kann und dass dadurch weni-ger Schwellung auftritt.

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Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten

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1.4 Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten 1.4.1 Allgemeines Nach einer gründlichen Abwägung der Vor- und Nachteile der einzelnen Operationen, un-ter Berücksichtigung Ihres Alters und des be-sonderen Zustands Ihres Schultergelenks, schlägt der Arzt, falls keine andere bessere Behandlungsoption besteht, die für Sie geeig-nete Operation vor. Sie müssen über die Er-krankung, den Eingriff und dessen Nachbe-handlung, über naheliegende, typische Risi-ken und Folgen des geplanten Eingriffes und Alternativen informiert sein, damit Sie sich ent-scheiden können.

1.4.2 Allgemeine Risiken Den Erfolg und die Risikofreiheit seiner Be-handlung kann kein Arzt garantieren. Die all-gemeinen Gefahren operativer Eingriffe wie Thrombosen (Bildung von Blutgerinnseln), Embolien (Schlagaderverschlüsse durch ver-schleppte Gerinnsel), Infektionen, Blutungen mit der Notwendigkeit von Blutübertragung (mit seinerseits Infektionsgefahr), Verletzun-gen von Blutgefäßen und Nerven (mit Läh-mungserscheinungen), grössere Weichteil-schäden, Sudecksche Erkrankung (sehr schmerzhafte Knochenentkalkung und Weich-teilschwellung mit Funktionseinschränkung), Druckschäden an Weichteilen und Nerven, Gelenksversteifungen (Arthrofibrose – Frozen shoulder), überschiessende und störende Narben, verzögerte Knochenheilung und Frak-turen, sind durch sorgfältiges, fachgerechtes Vorgehen und dank der technischen und me-dikamentösen Fortschritte der Medizin selte-ner geworden. Wir können auch mehr als frü-her dagegen tun. Neben den allgemeinen Ri-siken gibt es bei jeder Operation auch spezi-elle Risiken. Bitte konsultieren Sie dazu bei der entsprechenden Operation das dazugehö-rige Unterkapitel. Bei länger dauernder An-wendung von Entzündungshemmer können als Nebenwirkung Magen-Darm-Beschwer-den, insbesondere Magenschmerzen, selten auch Magengeschwüre auftreten. Wir empfeh-len daher die rechtzeitige Einnahme eines Ma-genschutzes.

1.4.3 Einwilligungserklärung Es entscheidet der gut informierte Patient! Sie sollten über die genaue Ursache der Prob-leme Ihres Schultergelenkes, die vorgeschla-

gene Operation, die Nachbehandlung, die all-gemeinen und speziellen Risiken und Erfolg-saussichten informiert werden resp. Ihnen sollte gezeigt werden, in welchen Kapiteln in dieser Broschüre Sie die Informationen nach-lesen können. Wenn Sie genügend informiert sind über den Eingriff, keine weiteren Fragen mehr haben und mit den Bedingungen, wie Sie auf dem Formular „Einwilligungserklärung zur Operation an der Schulter“ aufgeführt sind einverstanden sind, sollten Sie dieses Formu-lar unterschrieben dem Arzt abgeben. Insbesondere willigen Sie zu folgenden Punk-ten ein und geben folgenden Auftrag: • Durchführung des vorgeschlagenen Ein-

griffs. • Schmerzbetäubung sowie den erforderli-

chen Untersuchungen und Nebeneingriffe • Änderungen und Erweiterungen des Ein-

griffes, die sich während der Operation als erforderlich erweisen.

• Durchführung der Thromboemboliepro-phylaxe gemäss Anleitung.

• Erforderlichen Kontrollen und Nachbe-handlungen gemäss Anweisungen des Arztes

• Nikotinabstinenz vor und mindestens 2 Monate nach der Operation

1.4.4 Allgemeine Massnahmen und Mithilfe des Patienten vor der Opera-tion Bitte helfen sie uns vor der Operation durch: • Vollständiges Ausfüllen der Patientenfra-

gebogen, allenfalls nach Rücksprache mit ihrem Hausarzt. Insbesondere interes-siert uns: Allgemeinzustand, Leistungsfähigkeit, Herz- Kreislauf: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Status nach Infarkt (Da-tum, Behandlung, Angina pectoris) Herz-klappenfehler, Herzinsuffizienz, Asthma, obstruktive Lungenerkrankung, Nikotin, Allergien, Unverträglichkeiten mit Art der Reaktion (Hautausschlag, Atemnot, Schock u.a.), Gerinnungsstörungen, Blut-verdünnung, Zuckerkrankheit/Diabetes, Insulinabhängigkeit, Eingriffe und Narko-sen der letzten 5 Jahre, Komplikationen, andere Erkrankungen (Leber, Niere, neu-rologische Leiden, Hormonprobleme, Re-fluxkrankheit), Medikamente mit Dosie-rung (Grundsätzlich nicht absetzen aber Anpassung Antikoagulation und Antidia-betika in Rücksprache mit dem Hausarzt

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Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten

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und Anästhesisten, Plavix 10 Tage vor der Operation absetzen)

• Sorgfältige Beantwortung der Fragen, die wir Ihnen stellen.

• Durchführung von allfällig notwendigen Zu-satzabklärungen bei Ihrem Hausarzt oder Spezialarzt.

• Hinweise auf besondere Belastungen z. B. durch Ihre Berufstätigkeit oder Ihr Hobby.

• Gewisse Stoffe behindern die Knochenhei-lung: Das Rauchen, Alkohol, Kortison, Entzündungshemmer, Statine (Choleste-rinsenker) u.a. um dem Gewebe (Haut, Sehnen, Bänder) die optimalen Heilungs-chancen zu geben, empfehlen wir diese Stoffe nach Möglichkeit zu vermeiden und verlangen eine Nikotinabstinenz sowie das Vermeiden von Übergewicht und übermässigem Alkoholkonsum.

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Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten

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1.4.5 Präoperative allgemein medizinische Abklärung Nach gestellter Operationsindikation und Festlegung des Operationstermines werden allenfalls laborche-mische Untersuchungen, ein EKG oder weitergehende Abklärungen, die sogenannten präoperativen Ab-klärungen gemäss untenstehendem Schema, idealerweise durch den Hausarzt durchgeführt. Ein Routi-nelabor besteht aus Hämoglobin, Thrombozyten, CRP, Blutgerinnung (INR/Quick), Glucose und Kreatinin. Die Befunde sollten nicht älter als 6 Monate sein. Für die präoperative Anästhesiesprechstunde sollten alle Befunde der präoperativen Abklärung vom Patienten direkt mitgebracht werden und an die Klinik oder Spital gesendet werden.

Abb. 26:Basisabklärung [ ]

Abb. 27: Relevante Nebendiagnosen [ ]

Für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit wird folgendes Schema verwendet:

Abb. 28: Funktionelle Leistungsfähigkeit [ ]

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Risiken, Mitverantwortung und Mithilfe des Patienten

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Abb. 29: MET-Schlüsselwert [ ]

Die Betablockertherapie erfolgt nachfolgenden Richtlinien:

Abb. 30: Beta-Blocker-Therapie [ ]

Bei zusätzlichen internistischen Erkrankungen, wird folgende erweiterte Labordiagnostik durchgeführt:

Abb. 31: Erweiterte Labordiagnostik [ ]

Bestehende Medikamente werden wie folgt gehandhabt:

Abb. 32: Empfehlung für spezielle Dauermedikation [ ]

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Nachbehandlung

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1.4.6 Anästhesiesprechstunde Bei grösseren Operationen und wichtigen Ne-benerkrankungen erfolgt neben der präoperati-ven Abklärung beim Hausarzt, die Vorstellung in der Anästhesiesprechstunde. Diese sollte frühes-tens 1 Monat vor der Operation, spätestens 1 Tag vor der Operation erfolgen. Über die untenste-henden möglichen Narkoseverfahren und dessen Risiken klärt Sie der Anästhesist gesondert auf.

1.4.7 Anästhesieformen (Schmerzaus-schaltung) Vor der Operation wird oft ein leichtes Beruhi-gungsmittel abgegeben. Lokalanästhesie (lokale Schmerzausschaltung) Sie ist definiert als örtliche Schmerzausschaltung im Bereich von Nervenendigungen, ohne das Be-wusstsein zu beeinträchtigen. Durch das Einsprit-zen von Schmerzmittel (Lokalanästhetika) in der Umgebung des Operationsgebietes kann eine örtliche Schmerzunempfindlichkeit erreicht wer-den. Mit einer örtlichen Betäubung, die bei klei-neren Eingriffen möglich ist, lässt sich die Schmerzempfindung unter Umständen nicht voll-ständig ausschalten. Leitungsanästhesie Bei der Leitungsanästhesie erfolgt eine gezielte Ausschaltung von Leitungsbahnen (peripheren Nerven) im Halsbereich. Bei diesen beiden Anästhesieformen kann ein arthroskopischer Eingriff am Bildschirm mitver-folgt werden. Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) Meistens macht man eine Vollnarkose. Durch die Einatmung von Anästhesiegasen kann ein tiefer Schlaf, Schmerzlosigkeit sowie Muskelentspan-nung erreicht werden, da meistens der Schlaf so tief ist, dass man nicht mehr selbstständig atmet, braucht es gleichzeitig eine Beatmung mittels ei-nes Schlauchs in die Luftröhre (Intubation) oder Manschette im Rachenraum (Larynxmaske).

1.4.8 Spitaleintritt Der Spitaleintritt erfolgt in der Regel am Operati-onstag. Die Patienten melden sich in der Regel am Werktag vor der Operation ab 15.00 Uhr an der Anmeldung der Klinik oder Spital um die ge-naue Eintrittszeit zu erfahren. Die Eintrittszeit ist mind. 2 Stunden vor Operationsbeginn. Ab 6 Stunden vor Spitaleintritt darf nur noch Hah-nenwasser, 2 Stunden vorher gar nichts mehr eingenommen werden.

1.5 Nachbehandlung 1.5.1 Allgemeine Nachbehandlung der Operation Bisherige Medikamente (aktuelle Medikation) Falls nichts anderes verordnet wurde, sollten die bisher eingenommenen Medikamente beibehal-ten werden. Sie sollten dem behandelnden Arzt, dem Anästhesisten und dem Pflegepersonal un-bedingt mit der Dosierung (mg und Intervall der Einnahme) mitgeteilt werden. Entzündungshem-mer sollten bei wichtigen Heilungsprozessen nicht eingenommen werden. (Siehe Abb. 32) Drainageentfernung Zur Vermeidung der Bildung von Blutgerinnseln werden oftmals in den Wundbereich in die Unter-haut Saugdrainagen eingelegt. Diese werden bei ambulanten Patienten vor Austritt, bei stationären Patienten nach 1 – 2 Tagen entfernt. Abschwellende Therapie Durch den erfolgten Eingriff an Weichteilen und Knochen entsteht eine Schwellung der operierten Region. Vor der Operation wird ein Kompressi-onsstrumpf angelegt. Thromboseprophylaxe Bezüglich der Thromboseprophylaxe gibt es un-terschiedliche Meinungen. Das Risiko von Thrombosen ist erhöht bei Operationen an der unteren Extremität mit der damit verbundenen schlechteren Gehfähigkeit und vermindertem Durchbewegen der Gelenke. Bei Eingriffen an der oberen Extremität ist dieses Risiko geringer. Der Eingriff erhöht das Risiko für Thrombosen durch das Freisetzen von kleinsten Gewebeteilen in die Blutbahn, die Störung des venösen Abflus-ses im Operationsgebiet und durch die vermehrte Bettlägerigkeit. Deshalb befürworten wir eine Thromboseprophylaxe bis 10 Tage nach der Operation. In den ersten 3-4 Tagen nach der Operation erfolgt dies in Form von Spritzen von niedermolekularem Heparin in das Subkutange-webe, anschliessend kann es durch ein Medika-ment in Tablettenform ersetzt werden. Wenn die Bettlägerigkeit länger anhält, sollte der Zeitraum erweitert werden. Bewegung/Belastung Am wichtigsten der postoperativen Nachbehand-lung ist die Selbsttherapie. Der Patient muss re-gelmässig selbständig Heimübungen durchfüh-ren. Die Physiotherapie sollte insbesondere die Funktion der Instruktion und des Coachings im Sinne einer Kontrolle und Korrektur wahrneh-men.

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Nachbehandlung

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Patientenbeutel für nach dem Spitalaufenthalt Für die Zeit nach dem Spitalaufenthalt erhält der Patient einen Beutel mit: • Zusätzlichen Medikamenten, welche nach

dem Spitalaufenthalt wegen der Operation eingenommen werden sollten.

Die Blutverdünnung sollte unbedingt nach Verordnung des Arztes eingenommen werden, da sonst lebensgefährliche Thrombosen und Em-bolien auftreten können.

Abb. 33: [ ]

• Die zentralen Schmerzmittel Paracetamol

(Acetalgin®, Influbene®, Panadol®, Dafalgan®, Novalgin®, Minalgin®), Tramadol (Tramal®) die in der Wahrnehmung im Ge-hirn wirken, sind eine „Komforttherapie“ und müssen nur bei Schmerzen eingenommen werden. Andererseits sollte man mit der Ein-nahme auch nicht zu lange zuwarten, damit das „Schmerzfeuer nicht zu gross und kaum mehr löschbar wird.“

• Entzündungshemmer (periphere Schmerz-mittel, nicht steroidale Entzündungshemmer) sollten nach Absprache mit dem Arzt einge-nommen werden, Entzündungshemmer re-duzieren die Schmerzen und die Entzün-

dung sowie die Schwellung. Gleichzeitig ver-zögern sie auch die Heilung von Geweben. Nach Operationen, bei denen wichtige Struk-turen verfestigt und geheilt werden müssen (Knochenbrüche und Knochendurchtrennun-gen, Bandrekonstruktionen, unzementierte Prothesen), sollte man möglichst auf die Ent-zündungshemmer verzichten. Als Nebenwir-kung dieser Therapie können Magenbe-schwerden auftreten, die man unverzüglich dem Arzt melden sollte. Bei ambulanten Operationen und Hinweise auf spezielle Ge-fährdung, insbesondere bei Magenschmer-zen, geben wir prophylaktisch Magenscho-ner.

• Physiotherapieverordnung für den Spital-aufenthalt und für zuhause.

• Verbandmaterial und Desinfektionsmittel • Terminkarte für die nächste Kontrolle • Merkblatt für die Wundbehandlung Wundbehandlung (gemäss im Patientenbeutel beiliegenden Merkblatt) Bei trockenen Wunden und liegenden Fäden er-folgt der Verbandwechsel alle 2 – 3 Tage. Falls Sie duschen möchten, empfehlen wir folgendes Vorgehen: Verband entfernen, normal duschen ohne zu viel Seife direkt auf die Wunde, allfällige Beläge sorgfältig wegwischen, gut mit Wasser spülen, anschliessend trocknen, desinfizieren und Anlegen eines neuen Verbandes. Nasse Verbände müssen möglichst bald ge-wechselt werden. Bei nässenden (sezernierenden) Wunden sollte der Verbandwechsel alle 1 – 2 Tage durch den Arzt oder die Spitex unter sterilen Verhältnis-sen erfolgen. Nach der Fadenentfernung sollte der Verband für 24 Stunden belassen werden. Nachkontrolle Die Nachkontrollen sind wichtig zur Kontrolle der Wunde, des Bewegungs- und Kraftaufbaus und radiologischen Verhältnisse. Allfällig werden die Art und der Fortschritt der Physiotherapie über-wacht und die Wiederaufnahme der Arbeit gere-gelt. Die erste Nachkontrolle erfolgt bei ambulanten Operationen am 1. postoperativen Tag. Übliche weitere Nachkontrollen beim Operateur sind nach einer, zwei Wochen zur Fadenentfernung (nach Möglichkeit beim Hausarzt) sowie nach 6 und 12 Wochen. Je nach Eingriff und Verlauf sind noch zusätzliche Kontrollen notwendig. Arbeitsfähigkeit, Sportfähigkeit, Autofahren Arbeitsfähigkeit und Sportfähigkeit sind vor allem abhängig von Eingriff und Beruf resp. Sportart.

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Nachbehandlung

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Die Wiederaufnahme der Arbeit erfolgt am bes-ten schrittweise. So besteht die Möglichkeit, re-gelmässig die Physiotherapie zu besuchen und sich nach der Arbeit genügend zu erholen und er Körper hat Gelegenheit sich an eine zuneh-mende Belastung zu gewöhnen. Die angepasste Arbeitstätigkeit hat oftmals eine Verbesserung von Kraft und Beweglichkeit zur Folge. Bitte helfen sie uns nach der Operation durch • Sofortige Information, wenn Schmerzen,

Bewegungs- oder Gefühlsstörungen zu-nehmen, Temperaturerhöhung oder Ver-färbungen der Haut auftreten. Es kann sich dabei um Störungen der Durchblutung oder der Nerven oder eine Infektion handeln, die schnell behandelt werden müssen. Die Information Ihrer behandelnden Ärzte, falls Sie Medikamente zur Thrombosepro-phylaxe einnehmen, insbesondere vor weite-ren Eingriffen (wie z.B. Zahnbehandlungen).

• Die gewissenhafte Beachtung der empfohle-nen Nachbehandlung (Beachten Sie im Ka-pitel der bei Ihnen durchgeführten Operation: Behandlung nach der Operation) bezüglich Belastung, Bewegung, Nachkontrolle, Physi-otherapie mit Durchführen des instruierten Heimprogrammes.

• Die Antibiotikaprophylaxe, wenn sie Gelenk-prothesen haben und sich einer Zahnbe-handlung unterziehen: Keine Zahneingriffe für 6 Monate postoperativ inkl. Zahnsteinbe-handlung ausser Dringendes. Bei Zahneingriffen 1h vorher 2x1g Augmen-tin und 4h nachher 1g.

• Die Ausfüllung des Fragebogens Qualitäts-kontrolle. Wir bitten Sie, jeweils nach abge-schlossener Behandlung folgende Fragen zu beantworten.

1. Bitte markieren Sie in untenstehendem Dia-

gramm ihr Befinden des betroffenen Körper-teils mit:

O vor der Behandlung X nach der Behandlung □ □ □ □ □ □ 2. Wie beurteilen Sie den Erfolg der Behand-

lung? Erwartungen: Übertroffen erfüllt nicht erfüllt □ □ □ □ □

Gründe: ………………………………………………… 3. Wie empfanden Sie die Betreuung bezüg-

lich: Information □ □ □ □ □ Nachbehandlung □ □ □ □ □ Persönlicher Umgang in der Praxis □ □ □ □ □ 4. Bemerkungen/Verbesserungsvorschläge:

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Nachbehandlung

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1.5.2 Krankengymnastik der Schulter (Physiotherapie) Merke: Der behandelnde Arzt bestimmt in Zu-sammenarbeit mit dem Physiotherapeuten, wel-che Übungen, wie weit und wie oft pro Tag und pro Mal durchgeführt werden sollen. In der Phase des Bewegungs- und Kraftaufbaus sollten die Übungen bis an die Schmerzgrenze ausgeführt werden. Das heisst die Schmerzen dürfen in leichter Form in Erscheinung treten, sollten aber nicht zu stark werden. Passive Mobilisationsübungen Stabübung, Aussenrotation

Abb. 34: Übungsziel: Geführte Aussendrehung des

angelegten Armes. [ ]

• Die Übung wird im Stehen ausgeführt. Der Patient greift dazu den Stab mit beiden Hän-den mindestens in Schulterbreite.

• Der Stab wird so gehalten, dass die Handflä-chen dabei nach unten zeigen.

• Die Ellenbogen werden rechtwinklig an ge-beugt, die Unterarme verlaufen parallel.

• Der gesunde Arm schiebt den Stab zur ope-rierten Seite. Dadurch wird das Schulterge-lenk vorsichtig und ohne Schmerzen in die Aussendrehung gebracht. Im fortgeschritte-nen Stadium sollte der Oberarm bei der Übung der Schulter anliegen und das Aus-mass der Aussenrotation beobachtet wer-den.

Seilzug, Passives Anheben des Armes nach vorne

Abb. 35: Übungsziel: Geführte Vorwärtsbewegung des Armes. [ ]

• Befestigen Sie mit dem gesunden Arm den Seilzug zwischen Tür und oberem Türrah-men.

• Sie stehen aufrecht mit Blick zur Tür und halten den Seilzug mit beiden Händen.

• Ihr operierter Arm hängt entspannt neben dem Körper. Der gesunde Arm zeigt ge-streckt zur Tür.

• Ihr gesunder Arm zieht nun den Seilzug zum Körper hin.

• Der operierte Arm wird ohne eigenen Kraft-aufwand sanft nach oben gezogen.

• Hinweis: Bitte halten Sie so viel Abstand zur Tür, dass die Arme gestreckt und nicht ge-beugt sind.

Seilzug, Vermehrtes passives Anheben des Armes nach vorne

Abb. 36: Übungsziel: Überkopfdrehung. [ ]

• Sie stehen aufrecht mit Blick zur Tür und halten den Seilzug mit beiden Händen.

• Ihr operierter Arm hängt entspannt neben dem Körper.

• Der gesunde Arm zeigt gestreckt zur Tür.

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Nachbehandlung

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• Beugen Sie Ihren Oberkörper nun leicht nach vorne (ca. 45°, siehe Abb. 1).

• Ihr gesunder Arm zieht nun den Seilzug zum Körper hin.

• Der operierte Arm wird ohne eigenen Kraft-aufwand sanft nach oben gezogen.

• Die Übung vergrößert bei gleichem Bewe-gungsablauf wie Übung 1 den Bewegungs-raum des Schultergelenks.

Seilzug

Abb. 37: Übungsziel: Seitwärtsbewegung des Armes. Sie stehen seitlich mit der operierten Schulter zur Tür und halten den Seilzug mit beiden Händen. [ ]

• Ihr kranker Arm hängt ohne Muskelanspan-nung neben dem Körper.

• Der gesunde Arm wird vor dem Körper im 90°-Winkel gebeugt.

• Der Abstand zwischen Tür und Schulter muss so groß sein, dass der operierte Arm in der Ausgangsstellung dem Körper anliegt.

• Ihr gesunder Arm zieht am Seilzug, indem er von der Beugung in die Streckung wechselt.

• Der operierte Arm wird ohne eigenen Kraft-aufwand sanft seitlich angehoben.

Kraftübungen San Antonio Programm Kräftigung der Innenrotation

Abb. 38: Übungsziel: Kräftigung der Innendrehung. [ ]

• Befestigen Sie das Trainingsband beispiels-weise an einem Türgriff, indem Sie das eine Ende verknoten.

• Sie stehen seitlich mit der verletzten Schul-ter zur Tür und halten das Trainingsband mit dem kranken Arm.

• Beugen Sie Ihren Arm im rechten Winkel ne-ben dem Körper. Ihr Ellenbogen liegt dabei am Körper an, Ihr Unterarm zeigt nach vorne.

• Bewegen Sie nun Ihren Unterarm vor Ihren Bauch. Dadurch entsteht ein Widerstand.

• Lösen Sie sanft die Spannung, indem Sie den Arm zurück in die Ausgangsposition füh-ren.

Kräftigung der Aussenrotation

Abb. 39: Übungsziel: Kräftigung der Aussendrehung. [ ]

• Sie stehen seitlich mit der gesunden Schul-ter zur Tür und halten das Trainingsband mit dem kranken Arm.

• Beugen Sie Ihren Arm im rechten Winkel und halten Sie ihn vor Ihren Bauch.

• Drehen Sie nun Ihren Unterarm nach aus-sen. Dadurch entsteht ein Widerstand.

• Lösen Sie sanft die Spannung, indem Sie den Arm zurück in die Ausgangsposition füh-ren.

Kräftigung der Streckung

Abb. 40: Übungsziel: Komplexe Kräftigung der Schul-termuskulatur. [ ]

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Nachbehandlung

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• Sie stehen aufrecht mit Blick zur Tür. • Der operierte Arm greift das Band und

spannt es leicht. • Halten Sie dabei so viel Abstand zur Tür,

dass der Arm gestreckt ist. Der Winkel sollte vorab mit Ihrem behandelten Arzt oder Therapeuten besprochen werden.

• Ziehen Sie nun das Band zum Körper heran, der Arm wird dabei gebeugt.

• Alternativ kann der Arm gestreckt zum Kör-per herangezogen werden.

• Bei nach vorne gebeugtem Oberkörper kann der Trainingseffekt noch vergrößert werden.

Kräftigung des Oberarmbeugers: (Bizeps-muskel + Brachioradialis + Beuger isomet-risch)

Abb. 41: Übungsziel: Komplexe Kräftigung der Schul-termuskulatur

• Sie stehen aufrecht und fixieren mit dem Fuß (gleiche Seite wie operierte Schulter) ein Ende des Bandes.

• Halten Sie das andere Ende des Bandes mit der Hand der operierten Schulter.

• Ihr Arm ist im rechten Winkel gebeugt die Handflächen zeigen nach oben.

• Bauen Sie nun Widerstand auf, indem Sie das Band leicht nach oben ziehen.

• Bewegen Sie Ihren Arm anschließend zu-rück in die Ausgangsposition.

• Wiederholen Sie die Übung entsprechend der Empfehlung Ihres Arztes oder Therapeu-ten.

Kräftigung der Abduktion: • Arm seitlich unter Zug des Gummibandes an-

heben.

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Erkrankungen der Schulter 2.1 Abnützung der Gelenke (Arthrose) 2.1.1 Schulterhauptgelenksarthrose (Omarthrose / glenohumerale Arth-rose) Die Gelenke sind Alterungs- und Abnützungs-prozessen unterworfen. Die Gleitflächen der Gelenke, der sogenannte Knorpel, haben nur ein beschränktes Selbstheilungsvermögen. Ist der Knorpel durch die Abnützung aufgeraut, verdünnt oder eventuell ganz abgerieben, spricht man von Arthrose. Ursache der Schulterarthrose ist primär der Al-terungsprozess. Begünstigende Faktoren für die Entwicklung einer Arthrose sind: Oberarm-kopfbrüche, Schulterluxationen, Stürze auf die Schulter mit Knorpelverletzung, übermässige Belastung beim Sport und bei der Arbeit, Seh-nenrupturen der Schulter und genetische Fak-toren. Wir unterscheiden bei der Arthrose 2 Typen: 1. Arthrose mit intakter Rotatorenman-

schette 2. Arthrose mit gerissener Rotatorenman-

schette (sogenannte «cuff tear Arthropa-thie»)

Abb. 42: Bild oben: normales Schultergelenk mit

gesundem Knorpel. Bild unten: Arthrose des Schulterhauptgelenkes (Glenohumeralgelenk) und Schultereckgelenk

(AC-Gelenk), Knorpel z.T. zerstört, Spornbildung am Oberarmkopf und Pfanne

Was verspüren Sie als Patient? Die Arthrose des Schultergelenkes führt zu schmerzhafter eingeschränkter Beweglichkeit und unangenehmen Schwellungs- und Ent-zündungszuständen. Mit der reduzierten Ein-satzfähigkeit der Schulter sind auch der Arm und die Hand im Alltag eingeschränkt: Anhe-ben des Unterarmes über Schulterhöhe, Käm-men, der Griff zum Portemonnaie, das Anzie-hen und vielleicht sogar das Essen werden schwierig und schmerzhaft. Die Beschwerden stellen sich oft sehr langsam ein, zum Teil über Jahre und werden meistens sehr lange gut to-leriert, da die Schulter ein wenig belastetes Gelenk ist. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Beschwerden, klinische Untersuchungen und Alter geben wichtige Hinweise. Das Röntgen-bild und die Magnetresonanzuntersuchung, welche eine Beurteilung über den Zustand der Sehne über dem Oberarmkopf (Rotatoren-manschette) gibt, sichern und vervollständi-gen die Diagnose. Oft wird zusätzlich eine CT-Untersuchung zur Bestimmung des Knochens der Pfanne gemacht. Behandlung ohne Operation Allgemein bei Arthrose können Nahrungsmit-telergänzungen für den Knorpelstoffwechsel, sogenannte Chondroprotektiva, eingenom-men werden. Wichtig sind die Bestandteile Chondroitinsulfat und Glukosamin. Ist die Arthrose noch nicht zu ausgeprägt, verwen-den wir diese Substanzen häufig mit gutem Er-folg. Manchmal ist zusätzlich die Einnahme von Schmerzmitteln und Entzündungshem-mern notwendig. Mit Kortisonspritzen ins Ge-lenk kann die Entzündung ebenfalls reduziert werden. Hier warnen wir aber vor rascher oder wiederholter Anwendung wegen der Beein-trächtigung der Gewebefunktion, der Regene-ration und insbesondere dem Infektrisiko. Mit Injektionen von «Schmieröl» (Viskosupple-mentiva) direkt ins Gelenk können dickflüssi-gere (viskösere) Flüssigkeiten ins Gelenk ge-bracht werden, die die besseren Schmierei-genschaften haben. Obschon wir oftmals deutliche Verbesserungen bis zu einem Jahr und länger erreichen, werden diese Medika-mente von der Krankenkasse nicht übernom-men.

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Abnützung der Gelenke (Arthrose)

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Mit Physiotherapie ist meistens keine wesent-liche Besserung zu erreichen. Behandlung mit Operation Wir unterscheiden drei verschiedene Prothe-sensysteme: 1. Bei der Schulterkappenprothese wird nur die Gelenkfläche des Oberarmkopfes ersetzt.

Abb. 43: Kappenprothese

2. Bei der anatomischen Schulterprothese wird die künstliche Gelenkfläche des Ober-armkopfes mit einem Schaft im Markkanal des Oberarmknochens verankert. Teilweise wird auch die Gelenkpfanne ersetzt.

Abb. 44: anatomische Schulterprothese

3. Bei der inversen Schulterprothese erfolgt eine Verlagerung des Drehpunktes mit Verlän-gerung des Hebelarmes. Sie wird vor allem bei gleichzeitiger Verletzung der Sehnenkappe der inneren Schultermuskulatur verwendet. (Siehe Kapitel 2.4.3) Die Operation erfordert eine Ablösung der Subscapupularissehne.

Abb. 45: Röntgenbild vor und nach Einbau einer

inversen Schulterprothese

Behandlung nach der Operation Die Operation dauert in der Regel 120 Minu-ten. Bei Patienten ohne wesentliche Nebener-krankungen erfolgt der Spitaleintritt am Opera-tionstag. Die Hospitalisationsdauer beträgt in der Regel 4 bis 6 Tage. Es erfolgt eine Nach-kontrolle postoperativ beim Operateur nach ei-ner Woche mit Röntgen. Die Fadenentfernung erfolgt nach zwei Wochen beim Hausarzt. Um Blutgerinnsel zu vermeiden, erfolgt eine soge-nannte Thromboembolieprophylaxe während der Hospitalisationszeit und für mindestens 3 Tage mit Spritzen nachher mit Tabletten für 10 Tage. Bei der Hemiprothese und anatomi-schen Totalprothese kann in der Regel frei passiv mobilisiert werden unmittelbar postope-rativ bis zur Horizontalen unter Vermeidung ei-ner forcierten Aussenrotation. Insbesondere muss auch die starke Extension vermieden werden. Bei der inversen Prothese (Umkehrprothese) ist insbesondere mit kurzen Hebeln passiv zu arbeiten. Erst nach 6 Wochen kann mit dem langen Hebel antrainiert werden. Vermieden werden sollte bei allen Prothesen das Abstüt-zen in Retroversion (Extension = Streckung des Schultergelenkes). Die Nachbehandlung erfolgt bei allen Prothe-sen mit einer Armtragschlinge für ca. 5 Wo-chen, mit der Physiotherapie kann funktionell nachbehandelt werden, d.h. freie, passive Be-wegungen ohne Belastung bis zur Schmerz-grenze.

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Abnützung der Gelenke (Arthrose)

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In der Anfangsphase kann der Vorderarm auf einem Ultrasling ER (Grüezikissen; die Stel-lung des Vorderarmes ist wie beim „Grüezi“ sagen) ruhiggestellt werden. Die Arbeitsaufnahme erfolgt bei sitzender Tä-tigkeit ohne körperliche Anstrengung in der Regel nach 30 Tagen. Bei schwerer Arbeit kann es bis zur vollständigen Arbeitsauf-nahme in der Regel bis zu 12 Wochen dauern. Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Die Prothese sollte in der Regel erst ab 70 Jahren eingebaut werden und es müssen auch die erhöhten Risiken wie Infekt, Locke-rung und vorzeitiger Abrieb bedingt durch Ein-klemmung am Unterrand der Pfanne (Not-ching) beachtet werden. Die Funktion des Schulterkappenmuskels (Musculus deltoideus) lässt nach 7 – 10 Jah-ren nach durch die dauernde Überdehnung und es muss das evtl. wieder auf eine Halb-prothese (Hemiprothese) gewechselt werden. Dabei ist aber die aktive Beweglichkeit einge-schränkt. Das Ziel ist dann nur noch die Schmerzarmut mit eingeschränkter Funktion (Limit Goals).

2.1.2 Schultereckgelenkarthrose (AC-Gelenkarthrose) Das Schultereckgelenk (AC-Gelenk oder Acromio-Claviculargelenk) bildet die Verbin-dung zwischen Schlüsselbein (Clavicula) und Schulterblatt (Acromion). Obwohl dieses Ge-lenk nur sehr wenig Beweglichkeit hat, hat es einen Gelenküberzug und zwischen beiden Knochen befindet sich eine Scheibe aus Fa-serknorpel (Diskus) (siehe Kapitel 1.1). Das Gelenk ist von einer kräftigen Kapsel umge-ben, der äussere Teil des Schlüsselbeins wird noch mit zwei zusätzlichen Bändern (Coraco-claviculäre Bänder = CC-Bänder) stabilisiert.

Abb. 46: Übersicht des Schultereckgelenkes

(AC-Gelenk) mit den CC-Bändern (Coracocla-vi-culäre Bänder), die vom Rabenschnabelfortsatz

zum Schlüsselbein ziehen und dieses nach unten stabilisieren.

Abb. 47: AC-Gelenk mit Knorpel (rot) und dazwi-

schen der Diskus (gelb).

Ursachen der AC-Arthrose ist primär der Alte-rungsprozess. Begünstigend für die Entwick-lung der Arthrose sind übermässige Belastung bei Sport und Arbeit, sowie Stürze auf die Schulter mit Quetschung des AC Gelenks, Zerreissung des Diskus und Schädigung des Knorpels. Unfälle mit Schädigung des AC Ge-lenkes sowie Schultereckgelenksprengung (AC-Luxation siehe Kapitel 3.2) werden oft un-terschätzt. Schon bei jungen Patienten kann es zur ra-schen Arthroseentwicklung des AC Gelenkes kommen. Die Diagnose wird oft verpasst. Häu-fig kommt es durch die Arthroseentwicklung zu einer Knochenspornbildung an der Unterflä-che des Gelenkes und somit zu einem Imping-ment der darunterliegenden Supraspinatus-sehne. Dies kann zur Schädigung derselben führen (siehe Kapitel 2.2 und 2.4). Was verspüren Sie als Patient? Die Schmerzen lokalisieren sich am Übergang vom Schulterdach zum Schlüsselbein, können bis in den Nacken, nach hinten ans Schulter-blatt und seitlich an den Oberarmmuskel aus-strahlen. Nachts beim Liegen auf der Schulter sind die Schmerzen zum Teil sehr stark. Seit-wärtsbewegungen oder Bewegungen des Ar-mes zur Gegenschulter sind oft sehr schmerz-haft. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Die klinische Untersuchung zusammen mit dem Röntgenbild und dem MRI der Schulter ergeben oft schon eine Diagnose. Die MRI Untersuchung zeigt auch, ob zusätz-lich die Rotatorenmanschette geschädigt ist,

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Engpasssyndrom (Subakromiales Impingementsyndrom): Enge unter dem Schulterdach

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was oft der Fall ist oder ob das AC-Gelenk Ur-sache der Beschwerden ist. Zur Bestätigung wird zusätzlich unter Röntgenkontrolle das AC Gelenk mit einem Betäubungsmittel infiltriert. Ist danach der Schmerz für einige Stunden deutlich besser, so gilt die Diagnose als sehr wahrscheinlich. Behandlung ohne Operation Liegt eine isolierte, schmerzhafte AC Gelenks-arthrose vor, so kann diese mit Schmerzmedi-kamenten, Physiotherapie, reduzierte Belas-tung und falls nötig mit einer zusätzlichen AC Gelenksinfiltration mit einem Cortison oft mit gutem Erfolg behandelt werden. Die Cortisoninfiltration wirkt oft 3-4 Monate und kann nach 4-6 Monaten allenfalls wieder-holt werden. In mehr als 50% der Fälle können wir mit dieser Behandlungsart eine langerdau-ernde Schmerzreduktion erzielen. Behandlung mit Operation Sind die Schmerzen bei isolierter AC Gelenks-arthrose trotz konservativer Therapie immer noch deutlich vorhanden, führen wir eine Arth-roskopie der Schulter mit arthroskopischer Entfernung des AC Gelenkes und des Hakens durch. Dabei wird mit der Gelenkspiegelung (Arthroskopie der Schulter) die dazwischenlie-gende Bandscheibe (Diskus) entfernt und durch Konchenabtragung ein ca. 1cm grosser Raum geschaffen. Somit wird verhindert, dass die beiden Knochen weiterhin aufeinander rei-ben und oft Schmerzen verursachen. Kno-chenvorsprünge von Schulterdach am Akromi-ondach (Acromion) und Schlüsselbein in Rich-tung Rotatorenmanschette werden abgetra-gen (Coplaning). Bei zusätzlicher Ruptur der Rotatorenman-schette nähen wir diese gleichzeitig (siehe Ka-pitel 2.4). Behandlung nach der Operation Nach der Operation trägt der Patient eine Schlinge in der Regel zwischen 3 und 5 Wo-chen. Er darf die Schulter nach Abschwellen der Weichteile nach 3-5 Tagen nach Mass-gabe der Schmerzen bewegen. Körperliche anstrengende Arbeiten insbesondere Über-kopf sind zwischen 8-12 Wochen zu vermei-den. Schmerzen beim Liegen auf der Schulter nach der Operation sind häufig.

2.2 Engpasssyndrom (Subak-romiales Impingementsyn-drom): Enge unter dem Schul-terdach Unter dem Schulterdach liegen die Sehnen und der Schleimbeutel. Der Platz unter dem Schulterdach ist jedoch beschränkt. Ein Ha-ken des Schulterdachs (subakromiales Impin-gement) oder des Schultereckgelenks (AC-Gelenk), z.B. bei Arthrose des Schultereckge-lenkts sind häufige Ursachen für eine zusätzli-che Einengung dieses Raumes unter dem Schulterdach. Diese Enge kann zu chronischem Reiben und damit verbundenen Entzündungen dieser Vor-sprünge am darunterliegenden Schleimbeutel und damit zur Schädigung der Sehnen führen (=Rotatorenmanschettenruptur). Wir nennen dies Impingmentsyndrom.

Abb. 48: Eine häufige Ursache für diese Enge ist eine Ausbildung eines knöchernen Hakens des Schulterdachs (Acromionhaken) mit Reiben am darunterliegenden Schleimbeutel (gelb) und der

Sehnen (Rotatorenmanschette)

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Engpasssyndrom (Subakromiales Impingementsyndrom): Enge unter dem Schulterdach

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Abb. 49: Röntgenbild eines Hakens des Schulter-

dachs

Weitere Ursachen für ein Impingmentsyndrom finden sich bei zu hoher Lage des Oberarm-kopfes: Der Oberarmkopf wird durch Bänder und Sehnen normalerweise nach unten gezo-gen. Sind die Bänder oder Sehnen geschä-digt, verschiebt sich der Oberarmkopf nach oben. Überkopfarbeiten oder eine chronisch vorge-neigte Haltung des Oberkörpers fördern eben-falls die Entstehung des Engpasssyndroms.

Abb. 50

Was verspüren Sie als Patient? Der Patient klagt vor allem über Schmerzen bei seitlichen, als auch bei Bewegungen nach vorne, hinten und oben. Häufig sind Nachtschmerzen vorhanden. Man hat das Gefühl, als klemme etwas ein, daher der Name Engpasssyndrom (Impingement-syndrom) der Schulter. Bei Erkrankungen der Rotatorenmanschette kann dieser entzünden und anschwellen, oft bestehen starke Ruheschmerzen vor allem im Liegen und Beschwerden bei Seitwärtsbewe-gungen.

Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Der Arzt stellt die Diagnose aufgrund der Schilderungen des Patienten, der klinischen Untersuchung und den zusätzlichen Röntgen-bildern. Eine Magnetresonanzuntersuchung (sog. Arthro-MRI) ist notwendig, um mögliche Risse (Läsionen) in den Sehnen (Rotatoren-manschettenruptur) erkennen zu können. Häufig wird zusätzlich eine sogenannte Infilt-ration unter das Schulterdach mit einem Be-täubungsmittel gemacht: Ist der Schmerz durch die Spritze vorübergehend (ca. 5 – 8 Stunden) deutlich reduziert, ist die Diagnose zusätzlich gesichert. Behandlung ohne Operation Die Behandlung des Impingementsyndroms ist bei fehlender Verletzung der Sehnen häufig ohne Operation. Mittels abschwellenden Me-dikamenten und Spritzen kann oft eine Linde-rung erzielt werden. Durch die Physiotherapie wird mittels gezielten Trainings der Schulter-muskulatur der Oberarm nach unten gezogen und somit mehr Raum unter dem Schulter-dach geschaffen. Häufig hilft die Selbstthera-pie mit Therabändern nach dem San Antonio Programm (siehe auch Kapitel 1.5.2). Meist stellt sich der Erfolg nach 3 – 6 Monaten ein, es bedarf somit eines langdauernden Trai-nings unter Anleitung und Überwachung des Physiotherapeuten. Gleichzeitig oder im Anschluss an die Physio-therapie kann eine Spritze (Infiltration) mit ei-nem milden Cortison unter das Schulterdach gemacht werden. Liegt nur ein Engpasssyn-drom vor, so sind die Erfolgsaussichten gut. Bestehen jedoch zusätzlich Sehnenverletzun-gen, so sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung ohne Operation deutlich geringer. Behandlung mit Operation: Acromioplas-tik, AC-Gelenkresektion, Bursektomie Erst wenn alle obengenannten Massnahmen nicht zu einer Besserung führen, ist die Indika-tion zu einer operativen Massnahme gegeben. Wegen der häufig zusätzlich vorkommenden Risse der Sehnenplatte wird diese aber oft in Kombination mit einer Naht der Rotatoren-manschette gemacht. Mit der sogenannte Acromioplastik wird der Haken am Schulterdach entfernt. Über ca. 6 mm lange Inzisionen werden eine Optik mit Verbindung zu einer Kamera und In-strumente eingeführt. Der Knochen-Haken wird abgeschliffen (siehe auch Kapitel 1.3.1). Weist das danebenliegende Schultereckge-lenk (AC-Gelenk) ebenfalls einen Haken auf,

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Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)

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wird dieser ebenfalls entfernt (Coplaning). Bei Arthrose des AC-Gelenkes erfolgt gleichzeitig eine Abtragung des AC-Gelenks (AC-Ge-lenksresektion) (siehe Kapitel 2.1.2). Der häu-fig entzündete Schleimbeutel wird dabei meis-tens entfernt (Bursektomie). Wir empfehlen für diese Operation eine Allge-meinnarkose. Die Operation wird stationär durchgeführt. Die Aufenthaltsdauer im Spital ist 1-3 Tage.

Abb. 51: Subacromiale Dekompression

arthroskopisch

Wird die Operation in Kombination mit einer offenen Rotatorenmanschettenrekonstruktion durchgeführt, wird die Acromioplastik meis-tens auch offen erfolgen. Ist die Teilursache des Impingement die Ver-schiebung der Schulter nach vorne oben, kann bei ungenügend fixierter vorderer Gelenklippe, diese fixiert werden.

Abb. 52: subakromiale Dekompression offen

Behandlung nach der Operation Nach der Operation wird eine Armschlinge mindestens 1-4 Wochen getragen. Die Schul-ter darf schon am Abend des Operationstages bewegt werden. Wichtig ist hier auch die Selbsttherapie unter der Kontrolle und dem Coaching der Physiotherapeuten.

Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten In der Regel wird eine deutliche Beschwerde-linderung erreicht. Durch den zusätzlich ge-schaffenen Raum kann es zu einer vermehr-ten Beweglichkeit (Instabilität) kommen.

2.3 Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea) Diese Erkrankung tritt häufig zwischen 30. und 50. Lebensjahr, vor allem bei Frauen auf. Aus noch nicht vollständig geklärten Gründen kann es in der Sehnenkappe der inneren Schulter-muskulatur (Rotatorenmanschette) zu Verkal-kungen kommen. Lokaler Druck, Durchblu-tungsstörungen und biochemische Verände-rungen werden als Ursache diskutiert. Was verspürt der Patient? In der chronischen Phase, ähnlich wie beim Impingement, können die Beschwerden als zuerst langsam zunehmender, dumpfer Schmerz mit Ausstrahlung in den Oberarm, später als wechselhafter Schmerz in Erschei-nung treten. Es bestehen auch Nachtschmer-zen und eine Einklemmungssymptomatik (siehe auch Enge unter dem Schulterdach Ka-pitel 2.2). Diese nehmen in der Regel mit der Menge der Kalkbildung zu. Die akute Phase beginnt mit plötzlichen, sehr heftigen Schmer-zen, Schwellung und Erwärmung. Zur Schmerzlinderung wird der Arm in Innenrota-tion gehalten. Ursache ist die plötzliche Ent-leerung der cremigen Kalkansammlung unter das Schulterdach (Subacromialraum) oder in das Schultergelenk. Anschliessend bilden sich die Schmerzen ganz oder teilweise zurück.

Abb. 53: Kalkablagerung in der

Rotatorenmanschette

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Kalkablagerungen in der Sehnenplatte – Kalkschulter (Tendinitis calcarea)

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Abb. 54: Kalkablagerungen in der

Rotatorenmanschette

Abb. 55: Kalkablagerungen in der

Rotatorenmanschette

Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Die Schilderung der Beschwerden erlaubt eine Verdachtsdiagnose. Mit Röntgenbildern von vorne nach hinten in verschiedenen Rotations-stellungen des Oberarmes kann die Diagnose gesichert werden und die Lage sowie Grösse des Kalkdepots bestimmt werden. Ein MRI ist vorwiegend zur Diagnose von Zusatzerkran-kungen notwendig.

Abb. 56: Magnetresonanzschnittbild (MRI) mit

Kalkdepot

Behandlung ohne Operation Der Kalk löst sich häufig entweder nicht oder nur sehr langsam auf. Die Grösse des Kalkde-pots kann aber auch stetig zunehmen. Sowohl eine Grössenzunahme der Sehne infolge der Kalkeinlagerung, als auch freiwerdende Kalk-partikel können zu einer Reizung und Entzün-dung der Schulter und Schädigung der Rota-torenmanschette führen. Zur Schmerzlinde-rung können Entzündungshemmer eingenom-men werden. Es kann zu plötzlichen Entleerungen des Kalkdepots unter das Schulterdach oder in das Schultergelenk kommen verbunden mit starken Schmerzen. Der ausgetretene Kalk wird vom Körper selbstständig abgebaut. Kommt der Patient mit einem akuten Schmerzanfall in die Sprechstunde, sollte ein subacromiales Lokalanästhetikum, kombiniert mit einem Depot-Steroid abgegeben werden. Da die Wirkung des Lokalanästhetikums nach 2 – 3 Stunden nachlässt und die Kortisonwir-kung erst nach 3 – 4 Tagen einsetzt, sollte zur Überbrückung noch ein starkes, zentrales Analgetikum z.B. ein Morphin Derivat abgege-ben werden, evtl. unter Zugabe von Entzün-dungshemmern. Zusätzlich kann auch noch ein Entzündungshemmer lokal injiziert wer-den. Als Zwischenlösung von medikamentöser und operativer Behandlung kommt das Needling in Frage. Dabei wird unter Röntgenkontrolle wiederholt eine Hohlnadel in das Kalkdepot gestochen, damit sich dieses entleert. Gleich-zeitig wird über weitere Hohlnadeln ausgiebig gespült. Eine vollständige Entleerung des Kalkdepots zu erzielen ist aber insbesondere bei kleinen Verkalkungen schwierig.

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

30

Abb. 57: Needling mit Spülung

Die Kalkzertrümmerung mittels neuerer Stosswellengeräte kommt in gewissen Fällen zur Anwendung.

Abb. 58: Stosswellentherapie eines Kalkdepots

Behandlung mit Operation (Arthroskopi-sches Entfernen des Kalkdepots) Durch die arthroskopische Optik und dem da-zugehörigen Spülsystem erreicht man eine di-rekte Sicht auf die Sehnenplatte, sowie eine intensivere Spülung. Das Kalkdepot wird unter Sicht vom Raum unter dem Schulterdach auf-gesucht und mit Nadeln und Manipulierhaken entleert. Dadurch kann die Behandlung geziel-ter und vollständiger durchgeführt werden. Oft muss die Sehne genäht werden, evtl. auch nur mit resorbierbarem Nahtmaterial.

Abb. 59: Arthroskopisches Bild eines Kalkdepots

in der Supraspinatussehne

Behandlung nach der Operation Nach der Operation trägt der Patient eine Schlinge für 1-5 Wochen, in Abhängigkeit der Schmerzen. Wird die Supraspinatussehne gleichzeitig verschlossen, sollte eine Schlinge 4-6 Wochen getragen werden. Passive und aktive Bewegungen sind ab dem ersten Tag nach der Operation erlaubt. Der Spitalaufenthalt beträgt 1-3 Tage. Autofahren ist nach 5-7 Tagen erlaubt. Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Restbeschwerden bei unvollständiger Kal-kentleerung.

2.4 Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rota-torenmanschettenruptur) Die Sehnenkappe über den Oberarmkopf der inneren Schultermuskulatur (Rotatorenman-schette) wird durch 4 Sehnen gebildet, die am Oberarmkopf fixiert sind (siehe Kap. 1.1.4 / 1.1.5). Diese Sehnen sind mit Muskeln ver-bunden, so dass der Zug der Muskulatur die Schulter in alle Richtungen bewegen kann. Die Rotatorenmanschettenruptur ist das häu-figste Problem der Schulter. Ursachen der Rotatorenmanschetten-ruptur Man unterscheidet Rupturen von Sehnen ohne Vorschädigung durch ein starkes Unfall-ereignis (Sturz auf den Arm oder Schulter) von verletzungsbedingte bzw. traumatischen Rupturen. Die Ruptur der vorderen Sehne tritt oft nach einem heftigen Aussendrehtrauma des Armes auf. Bei Rupturen von Sehnen die eine abnüt-zungsbedingte Vorschädigung haben, spricht man von degenerativen Rupturen. Bei den degenerativen Rupturen braucht es kein oder

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

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nur ein geringes Unfallereignis. Es sind an-fänglich nur Mikrorisse in den Sehnen vorhan-den, die langsam grösser werden. Oft führt dann ein harmloses Trauma zu einer Voll-ruptur der Sehne. Am häufigsten reisst die Supraspinatussehne (siehe Abbildung 61).

Abb. 60 : Riss der Supraspiralussehne

Abb. 61: Riss der Supraspiralussehne

Bei einer vollständigen Ruptur wird die Sehne vom Knochen abgerissen und kann sich mit der Zeit zurückziehen. Je länger die Ruptur schon vorhanden ist, desto stärker zieht sich die Sehne zurück. Ist die Supraspinatussehne bis an den Pfannenrand zurückgezogen, kann man sie meistens nicht mehr vollständig repa-rieren. Eine spontane Heilung der Sehne ist in der Regel nicht möglich. Der mit der Sehne verbundene Muskel (= Mo-tor) bildet sich zurück und kann sich später auch in Bindegewebe umwandeln (soge-nannte fettige Degeneration oder „fatty dege-neration“). Dieser Umwandlungsprozess ist nicht mehr reversibel. Das Ausmass dieser fettigen Degeneration kann mittels MRI (Mag-netresonanzuntersuchung) gemessen wer-den. Je stärker die Verfettung des Muskels ist, und je grösser die Ruptur sowie das Zurück-ziehen (Retraktion) der Sehne sind, desto we-niger gut sind die Erfolgsaussichten der Ope-ration. Die Entscheidung, ob eine Sehne noch repariert werden kann, basiert im Wesentli-chen auf dem Ausmass der Retraktion und der fettigen Umwandlung. Bei langdauernder Seh-

neruptur reissen mit der Zeit oft weitere Seh-nen ab, und die Kugel des Humeruskopfes verschiebt sich nach oben unter das Schulter-dach was zu einer fortschreitenden Arthrose führen kann (cuff tear Arthropathie).

Abb. 62: Verschiedene Rissformen der Supraspi-

natussehne -halbmondförmige Läsion

Was verspürt der Patient? Teilrupturen können mit wenig Schmerzen und geringer Funktionseinbusse einhergehen und werden oft unterschätzt. Oft sucht der Pa-tient erst verspätet den Arzt auf. Grössere Sehnenrupturen führen zu einem deutlichen Kraftverlust und Einbusse der Beweglichkeit. Nachtschmerzen sind häufig sowohl bei klei-nen, als auch bei grossen Rupturen vorhan-den. Reisst die obere Sehne (Supraspinatus-sehne), so ist die Kraft für die Seitwärtsbewe-gung vermindert, bei der vorderen Sehne (Subscapularissehne) ist die Kraft für die Be-wegung nach innen und hinten eingeschränkt und bei den hinteren Sehnen (Infraspinatus-sehne und Teres Minor) die Aussendrehung. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Die Diagnose stellt der Arzt mit der klinischen Untersuchung und mittels Arthro-MRI (Mag-netresonanzuntersuchung), die zur exakten Diagnose unerlässlich ist.

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

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Behandlung ohne Operation Teilrupturen der Sehnen können in gewissen Fällen ohne Operation behandelt werden. Wenn der Teilriss aber in einen Vollriss über-geht, kann nicht vorausgesagt werden. Bei sehr betagten Patienten oder Patienten mit nur geringen Beschwerden können auch Voll-rupturen der Sehnen ohne Operation belassen werden. Die Behandlung beinhaltet eine regel-mässige Physiotherapie zum Auftrainieren der äusseren Muskulatur und zum Erlernen von Techniken, die es ermöglichen den Alltag trotz eingeschränkter Muskelfunktion zu meistern. Mit Schmerzmedikamenten und ev. einer Kor-tisonspritze unter das Schulterdach kann die störende begleitende Entzündung und der da-mit verbundene Schmerz gebremst werden v.a. wenn ein ausgeprägter Nachtschmerz vorhanden ist. Kältetherapie (Kryotherapie) ist oft hilfreich. Behandlung mit Operation Mit Physiotherapie zur Zentrierung des Ober-armkopfes, Kräftigung der Muskeln mit noch intakten Sehnen sowie Erlernen von Trocken-bewegungen kann in gewissen Fällen ein ver-nünftiges Resultat erreicht werden.

2.4.1 Rotatorenmanschettennaht Frische, vollständige Sehnenrupturen sollten möglichst früh genäht werden, damit der ver-bundene Muskelabbau verhindert wird. Die Operation kann entweder arthroskopisch oder offen geschehen. Bei diesen Verfahren wird als erstes eine Arthroskopie der Schulter mit Sicherung der Diagnose durchgeführt. Wäh-rend dieser Arthroskopie entscheidet der Arzt, wo die Naht der Sehnen notwendig ist, ob diese arthroskopisch oder mit einem Schnitt (offene Technik) durchführt wird. Dies ge-schieht nach Möglichkeit in derselben Opera-tion. Während der Operation wird meistens der enge Raum unter dem Schulterdach er-weitert (Acromioplastik). Zusätzlich muss oft das sogenannte Schultereckgelenk (AC Ge-lenk) entfernt werden (AC Gelenksresektion) (siehe Kapitel 2.2).

Abb. 63: Arthroskopische Sehnennaht mit versenk-ten Fadenankern

Abb. 64: Suture Bridge (Arthrex Tape Bridge)

Abb. 65

Abb. 66

Behandlung nach der Operation Die Operation dauert in der Regel 60-120 Mi-nuten.

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

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Der Spitalaufenthalt beträgt in der Regel 1 - 4 Tage. Eine klinische und radiologische Nach-kontrolle erfolgt nach einer Woche beim Ope-rateur. Die Fadenentfernung erfolgt in der Regel nach zwei Wochen beim Hausarzt. Um Blutgerinnsel zu vermeiden, erfolgt eine Thromboembolieprophylaxe während der Hospitalisationszeit mit Spritzen und zu Hause mit Tabletten während insgesamt 10 Tagen.

Abb. 67: Bandage nach der Operation bei Naht der vorderen Sehne (Subscapularissehne) oder

bei kleinen Rupturen der Supraspinatussehne. [ ]

Abb. 68: Die Ruhigstellung nach Rotatorenman-schettennaht, Instabilität, Frakturen erfolgt meis-tens mit leichter Abspreizung (Abduktion) des Ar-

mes auf ein Abduktionskissen. [ ]

Abb. 69: grösseres Abduktionskissen oder auf-

blasbarer Zylinder bei mittelgrossen Sehnenruptu-ren bzw.Refraktion. [ ]

Abb. 70: Abduktionsschiene bei sehr grossen

Rupturen bzw. Refraktion

Die Art der Nachbehandlung hängt von der Grösse der Ruptur und der Lokalisation ab und erfolgt gemäss den Anweisungen des Operateurs sowie unter Instruktion und Kon-trolle der Physiotherapie: Kleine Rupturen o-der Rupturen der vorderen Sehne (Subsca-pularissehne) können mit einer Schlinge nach-behandelt werden. Grosse Rupturen müssen oft auf einem Kissen oder sogar einer Schiene immobilisiert werden. Die Dauer beträgt meis-tens 6 Wochen. Da die Sehnen sehr lange brauchen, bis sie vollständig eingewachsen sind und um eine neue Ruptur zu vermeiden, ist das Tragen von Gewichten frühestens nach 3 – 4 Monaten erlaubt. Somit wird ein Wieder-ausriss der Sehnen verhindert. Für die nachfolgende Physiotherapie sowie Bewegungs- und Belastungsaufbau nach Naht der Supraspiralsehne gelten folgende Regeln: Phase I: (Stabilisation, Ruhe bezüglich akti-ven Bewegungen) bis zur 6. Woche: Lagerung

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

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in Bandage oder Abduktionskissen, Trainieren der AR möglichst wie auf Gegenseite, aktive Skapulastabilisations- und Mobilisationsübun-gen, Pendelübungen, bewusst Elevation und Abduktion nur bis zur Schmerzgrenze. Ziel: Erreichen einer Beweglichkeit zur Hori-zontalen, Rotationen frei, Ausnahme bei Sub-scapularisnaht keine Aussenrotation, bei Infra-spinatusnaht keine Innenrotation für 2-4 Wo-chen. Bei Labrumrefixation: keine Aussenrota-tion für 6 Wochen. Phase II: Elevation (Anheben nach vorne) und vorsichtige Abduktion (seitlich Anheben), suk-zessive Kräftigung ohne Widerstand bis zur 9. Woche: aktive und passive freie Bewegungs-therapie mit kurzem Hebelarm, d.h. gebeug-tem Ellenbogen bis zur Schmerzgrenze. Ziel: Freie aktive und passive Beweglichkeit mit kurzem Hebelarm. Phase III: (Widerstand) ab 10 Wochen: begin-nende sanfte Widerstandsübungen, d.h. leichte Kräftigung. Anheben des gestreckten Armes nach vorne und seitlich. Ziel: Sanfte Muskelkräftigung bis zum Errei-chen einer normalen seitengleichen Kraft. Die Arbeitsaufnahme erfolgt bei sitzender Tä-tigkeit ohne körperliche Anstrengung in der Regel nach 4 – 6 Wochen. Bei schwerer Arbeit kann es bis zur vollständigen Arbeitsauf-nahme bis zu 4 – 5 Monaten dauern. In den ersten 6 Wochen ist 1x pro Woche Phy-siotherapie angezeigt, zwischen der 6. und der 12. Woche 2x pro Woche und anschliessend wieder 1x pro Woche.

2.4.2 Andere Operationsmethoden Alte, meistens degenerative Sehnenrupturen können oft nicht mehr vollständig repariert werden, insbesondere bei erheblicher Rück-zug (Retraktion) der Sehnen und Umwandlung des Muskels in Bindegewebe (Verfettung der Muskulatur). In diesen Fällen ist oft nur noch eine Teilreparatur möglich evtl. Verstärkung mit einem Patch (Verstärkung der Sehnen-platte mit einem biologischen oder künstlichen Transplantat). Bei sogenannten Rotatorenmanschetten- Massenrupturen (Ruptur fast aller Sehnen) ist keine Reparatur mehr möglich. Es stehen hier verschiedene Operationsverfahren zur Verfü-gung:

Die arthroskopische Gelenksreinigung (sog. Gelenksdébridement): Hier wird eine Reinigung mit der Gelenkspie-gelung, durchgeführt, die eine sofortige Bewe-gungsfähigkeit der Schulter nach der Opera-tion erlaubt.Dabei werden Auffaserungen der Sehnenstümpfe sowie Zotten der Schleimhaut sowie der entzündeten Schleimbeutel entfernt. Die Muskelersatzplastik Dabei werden eine gesunde Sehne bzw. ein Muskel als Ersatz nach oben gezogen, um den Defekt decken zu können. Für eine nicht reparable vordere Sehne (Sub-scapularissehne) wird ein Teil des Brustmus-kels (Pectoralis major Transfer) oder des da-runterliegenden M. Teres major verwendet. Ist die obere Sehne (Supraspinatussehne) nicht mehr reparabel, so wird der breite (lange) Rückenmuskel verwendet (Muskulus latissimus dorsi Transfer). Diese Verfahren kommen jedoch nur selten zur Anwendung.

Abb. 71: Der lange Rückenmuskel wird ca. 4 cm

nach oben verpflanzt

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Risse in der Sehnenkappe über dem Oberarmkopf (Rotatorenmanschettenruptur)

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Umkehrprothese (Inverse Schulterpro-these) In ausgewählten Fällen muss bei nicht mehr reparablen Sehnenrupturen mit evt. gleichzei-tiger Zerstörung des Gelenkes (Arthrose) eine sogenannte Umkehrprothese der Schulter im-plantiert werden. (Siehe Kapitel 2.1.1) Diese Umkehrprothese, auch inverse Schul-terprothese genannt, benützt den äusseren Muskel (M. deltoideus), der noch intakt ist, als Motor. Dies wird erreicht, indem der Kopf und die Pfanne umgekehrt werden. Durch den nach unten und innen verschobe-nen Drehpunkt des Gelenkes entsteht ein län-gerer Hebelarm und der äussere Muskel ist in der Regel stark genug, um das Schultergelenk zu bewegen. Bei nicht möglicher Aussenrotation ist zusätz-lich die Verschiebung des breiten Rückenmus-kels (Latissimus dorsi-Transfer) durchzufüh-ren.

Abb. 72

Abb. 73: Umkehrprothese mit langem Schaft und metallischer Kugel

Abb. 74: Neue, schaftfreie, knochensparende, ze-ment-freie inverse Schulterprothese mit gutem Ein-wachsen auf Grund der Titanoberfläche. Die Kugel ist aus Polyaethylen und ist im Röntgenbild nicht mehr sichtbar.

Die Operationsdauer für eine inverse Schulter-prothese beträgt in geübten Händen 60-90 Minuten. Der Blutverlust ist meistens gering, ausser bei stark entzündlichen Befunden oder bei gleich-zeitiger Einnahme einer Blutverdünnung. Die Operation ist auch sehr betagten Patienten zu-mutbar. Nachbehandlung nach inverser Schulter-prothese Der Spitalaufenthalt dauert zwischen 3-9 Ta-gen (in Abhängigkeit des Allgemeinzustandes des Patienten). Nach der Operation trägt der Patient nur eine Schlinge und darf den Arm schon am ersten Tag nach der Operation bewegen, die Nach-behandlung ist also deutlich einfacher, als bei einer Sehnennaht! Ein Kissen oder eine

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Schädigung/Riss der langen Bizepssehne

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Schiene sind nach der Operation nicht not-wendig.

2.4.3 Komplikationen Unvollständiges Einwachsen der Sehnen Viele wissenschaftliche Studien haben ge-zeigt, dass bei Naht von Sehnen diese in 15-40% der Fälle nur teilweise einwachsen. Meis-tens ist das Loch deutlich kleiner als vor der Operation. Interessanterweise sind die Schmerzen, die vor der Operation vorhanden waren, trotzdem deutlich kleiner. Gründe für diese unvollständige Heilung sind: • Rauchen (sehr wichtiger Faktor) • Weicher Knochen mit ungenügendem

Halt für Fadenanker oder Nähte durch den Knochen

• Zu rasche Belastung der Schulter nach der Operation

• Brüchiges Sehnenmaterial • sehr grosse Sehnenruptur und deutliche

Retraktion der Sehnen • Verfettung des Muskels

Postoperative steife Schulter (frozen shoulder) (Siehe Kapitel 2.8) Schädigung von Nerven Nervenschäden entstehen meistens durch Zug oder Druck an den Nerven. Eine Durch-trennung ist sehr selten. Ein Druck auf einem Nerv kann auch nach der Operation durch eine Schiene entstehen. Meistens erholt sich die Nervenfunktion wie-der, dies kann aber unter Umständen sehr lange dauern. Infektionen Infektionen verlaufen heute oft schleichend, man spricht von sogenannten «low grade" In-fekten. Diese Infekte machen oft als einziges Symp-tom Schmerzen, ohne grosse Veränderung der Entzündungswerte im Blut. Es handelt sich meistens um Hautbakterien, die sich v.a. auf Fadenmaterial oder Anker niederlassen und oft einen Schutzfilm bilden, der sie resistent gegen die meistens Antibiotika macht. Die Di-agnose ist oft schwierig, in gewissen Fällen führen wir eine Punktion der Schulter oder eine Arthroskopie mit Entnahme von Gewebe-proben und Spülung durch. Bei nachgewiese-ner Infektion braucht es meistens eine Antibi-otikakombinationstherapie für 12 Wochen.

Abb. 75: Verstärkung des schwachen Sehnen-

materials mit einem patch

2.5 Schädigung/Riss der lan-gen Bizepssehne Die Bicepssehne ist mit dem Bicepsmuskel des Oberarms verbunden und hat zwei Seh-nen. Sie drückt den Oberarmkopf gegen unten und verhindert die Verschiebungen gegen vorne Die lange Bicepssehne läuft über den Oberarmkopf an den oberen Pfannenrand und setzt dort gemeinsam mit der Lippe (Labrum) an. Diese Lippe ist eine Überhöhung des Ge-lenkrandes und ähnlich wie ein Meniskus auf-gebaut. Die kurze Bizepssehne zieht an den Raben-schnabel (Coracoid). Wir unterscheiden Schä-digung der langen Bizepssehne durch natürli-chen Alterungsprozesses des Sehnengewe-bes (Degeneration) und seltener durch Verlet-zung (Stürze auf die Schulter oder Überlastun-gen). Dadurch kann es zu Rissen (Ruptur) kommen. Ferner ist auch oft die Ansatzstelle am Oberrand der Schulterpfanne (Bizepsan-ker), SLAP-Läsion (Superior Labrum Anterio-posterior) häufig von Degeneration, Auslocke-rung und Riss betroffen. Insbesondere Bizepssehnenverletzungen sind oft kombiniert mit Verletzungen der Ge-lenklippe, (da der Sehnenanker mit dieser ver-wachsen ist), als auch mit Supraspinatusseh-nenrupturen (siehe auch Kapitel Risse in der Sehnenkappe). Gelegentlich kommt es auch zum Herausrutschen der Sehne aus der knö-chernen und bindegewebigen Führung (Sub-luxation, Luxation).

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Schädigung/Riss der langen Bizepssehne

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Abb. 76: Gerissene lange Bicepssehne

Abb. 77: Die kurze und die lange Bicepssehne

Abb. 78: Schematische Darstellung des Ansatzes der langen Bicepssehne am oberen Pfannenrand

zusammen mit dem Labrum (= Lippe)

Vollständige Ruptur der langen Bicepssehne Eine vollständige Ruptur kann durch einen Sturz oder als Folge des Alterunsgprozesses auftreten. Meistens hört der Patient ein Ge-räusch (als reisse etwas) mit zunehmender Vorwölbung des Bicepsbauches am Oberarm (sog. Popeye Deformität). Oft findet sich ein Bluterguss. Eine Ruptur kann in Kombination mit einer Verletzung der Rotatorenmanschette auftreten. Die Diagnose wird auf Grund der Untersuchung und mittels Arthro-MRI ge-macht. Neben dem Riss der Bizepssehne im Schulterbereich gibt es auch den Riss an der Speiche (Radius) beim Ellenbogern (distale Bizepsruptur). Was verspürt der Patient? Die Beschwerden um die Bicepssehne sind häufig, erstens in der Rinne (Sulcus) an der Vorderseite der Schulter lokalisiert. Bei hoch-gradigeren, langen Bizepssehnenschädigun-gen kann der Patient bei Anstrengung auch eine plötzliche Schmerzhaftigkeit am Ober-arm, bedingt durch einen Riss verspüren und sieht anschliessend einen nach unten ge-rutschten langen Bicepsmuskel (Popeye-Mus-kel). Dies ist dann für den Arzt eine Blickdiag-nose. Die Bizepssehnenproblematik ist häufig nur die Spitze des Eisberges, weil sich häufig darunter eine Rotatorensehnenproblematik versteckt. Die Physiotherapie kann nur zu ei-ner symptomatischen Linderung beitragen. In den seltenen Fällen einer SLAP-Läsion Grad

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Schädigung/Riss der langen Bizepssehne

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2 wird unter Umständen eine Fixation am An-ker notwendig (siehe Kapitel 2.6). Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Der Arzt stellt die Diagnose aufgrund der Anamnese und den klinischen Untersuchun-gen mit speziellen Tests sowie der Zusatzun-tersuchung mittels Magnetresonanzuntersu-chung. Behandlung ohne Operation Lokale und systemische Antiphlogistika, sowie Physiotherapie mit Zentrierung und Depres-sion des Humeruskopfes sind die Eckpfeiler der konservativen Behandlung. Erst wenn die Beschwerden nach 6 Wochen konservativer Behandlung noch relevant sind, stellen wir die Indikation zur Schulterarthroskopie und opera-tiven Revision. Behandlung mit Operation In gewissen Fällen kann die Sehne nochmals am Pfannenrand angenäht werden, teilweise muss aber auch die Sehne etwas weiter unten am Oberarmkopf fixiert werden (sog. Teno-dese der langen Bizepssehne). Isolierte Rupturen können in den ersten 3-4 Wochen bei sportlichen oder körperlich arbei-tenden Patienten am Oberarmkopf wieder refi-xiert werden (Verblockung mit Bioschraube in der Rinne (Sulcus)). Als Alternative kann eine akute Ruptur ohne Operation behandelt wer-den (Physiotherapie). Funktionelle Einschrän-kungen sind bei Nichtoperien in der Regel nur gering.

Abb. 79

Abb. 80: Verblockung der langen Bicepssehne am

Oberarmkopf

Behandlung nach der Operation Die Nachbehandlung beinhaltet eine Schlinge für 4 – 6 Wochen, wobei die Bewegung bis zur Horizontalen erlaubt ist. Das Tragen von Las-ten sollte für 3 Monate unterbleiben.

Abb. 81: Setzen des Fadenankers neben der

Bizepssehne

Abb. 82: Anschlingen der Bizepssehne

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Schädigung des Bizepssehnenankers (Slap-Läsion)

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Abb. 83: Verknoten

Abb. 84: Endzustand nach abgeschnittenem

Faden

Abb. 85

Abb. 86

Abb. 87

Abb. 88

Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Inhalt?

2.6 Schädigung des Bi-zepssehnenankers (Slap-Lä-sion) Teilrisse der langen Bicepssehne treten meis-tens durch chronische Überlastung (Sport, Überkopfarbeiten) oder Stürze mit ausge-strecktem Arm auf. Dadurch kann es zu Rissen (Ruptur) kommen. Des Weiteren ist auch oft die Ansatzstelle der

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Schädigung des Bizepssehnenankers (Slap-Läsion)

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Bicepssehne am Oberrand der Schulter-pfanne (Bicepsanker) zusammen mit der Lippe (= SLAP-Läsion = superior labrum an-tero-posterior) eingerissen. Man unterscheidet je nach Ausmass der Schädigung der Lippe bzw. des Labrums meh-rere Schweregrade der SLAP-Läsionen (i.R. Typ I-IV).

Abb. 89: Teilabriss der Lippe und der Bicepssehne am oberen Pfannenrand

Abb. 90: Verschiedene Typen der SLAP Läsion

Was verspürt der Patient? Die Schmerzen sind häufig an der Vorderseite der Schulter lokalisiert, können aber auch hin-ten auftreten. Seitwärtsbewegungen oder Be-wegungen nach hinten oben können Schmer-zen auslösen, die tief im Gelenk verspürt wer-den.

Teilweise treten auch beim Tragen von Lasten mit ausgestrecktem Arm Beschwerden auf. Spontane Rupturen können aber auch schmerzlos verlaufen mit krampfartigen Be-schwerden im Bizepsmuskel. Es kann durch-aus sein, dass ein vorderer Schulterschmerz vom Bizepsanker herführt. Teilweise machen auch Sehnenstümpfe nach einem Riss Prob-leme. Bei höhergradigen SLAP-Läsionen können Blockierungen vorkommen. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Der Arzt stellt die Diagnose aufgrund der klini-schen Untersuchungen mit speziellen Tests sowie der Zusatzuntersuchung mittels Mag-netresonanzuntersuchung (MRI). Behandlung ohne Operation Die Physiotherapie kann nur zu einer Linde-rung beitragen. In gewissen Fällen führen wir eine Cortisonin-filtration ins Gelenk durch. Behandlung mit Operation In gewissen Fällen können das Labrum und die Bicepssehne am Pfannenrand wieder arth-roskopisch angenäht werden. In den meisten Fällen löst man bei höhergra-digen SLAP-Läsionen (Grad II-IV) die Bi-scepssehne am Pfannenrand arthroskopsich ab und fixiert sie weiter unten am Oberarm-kopf (sog. Tenodese der langen Bicepssehne) (siehe Kapitel 2.5). In gewissen Fällen führen wir nur eine Durch-trennung der langen Bicepssehne (Bicepste-notomie) durch, d.h. die lange Bicepssehne zieht sich zurück. Da der Bicepsmuskel noch eine zweite Sehne hat (kurze Bicepssehne), ist dadurch die Funktion nicht wesentlich be-einträchtigt. Es kommt jedoch bei dieser Me-thode zu einer Vorwölbung des Bicepsmuskel bei einer schnelleren Rehabilitation. SLAP Läsionen kommen oft in Kombination mit einer Ruptur der Rotatorenmanschette vor und diese werden dann gleichzeitig repariert. Behandlung nach der Operation Die Nachbehandlung einer isolierten SLAP Revision mit Bicepstenodese beinhaltet eine Schlinge für 4 – 6 Wochen, wobei die Bewe-gung bis zur Horizontalen erlaubt ist. Das Tra-gen von Lasten sollte für 3 Monate unterlas-sen werden. Autofahren sollte nach 2-4 Wochen wieder möglich sein.

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Das lockere Schultergelenk: Multidirektionale Instabilität

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Wird gleichzeitig eine Naht der Rotatorenman-schette gemacht, verlängert sich die Nachbe-handlung deutlich (siehe Kapitel 2.4.1). Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Trotz Refixation des Ankers der Bizepssehne oder der Bizepssehne im Sulkus kann sich die Verbindung wieder lösen. Es können Restber-schwerden verbleiben. Insbesondere bei der Refixation der Bizepssehne im Sulkus wird das Behandlungsziel oftmals dauerhaft er-reicht.

2.7 Das lockere Schulterge-lenk: Multidirektionale Instabi-lität Wird die Schulter nach der Luxation nicht stabil, so entsteht eine Instabilität der Schulter (posttraumatische Instabilität). Durch geeig-nete Ruhigstellung kann die Wahrscheinlich-keit und das Ausmass der posttraumatischen Schulterinstabilität reduziert werden. Bei einer Schulterinstabilität ist die Kugel somit nicht mehr stabil in der Pfanne verankert, d.h. sie hat zu viel Spiel und kann leicht Auskugeln. Eine Schulterinstabilität kann auch ohne vor-gängige Ausrenkung (atraumatische Schulter-instabilität) entstehen: Z.B. können bei einer vererbbaren Bindege-websschwäche die Bänder der Schulter so schwach sein, dass sie die Schulter nicht ge-nügend in der Pfanne halten können. Bei ge-wissen Sportarten wie z.B. Schwimmen, Speerwerfen, Handball mit starker Beanspru-chung der Bänder können diese durch repeti-tive Mikrotraumen so auslockern, dass eine in-stabile Schulter entsteht. Was verspürt der Patient? Der Patient hat meistens von sich aus das Ge-fühl, als sei die Kugel bei gewissen Bewegun-gen beinahe vor dem Hinausspringen. In ge-wissen Fällen luxiert die Kugel auch kurzzeitig und springt spontan wieder in die Pfanne. Es handelt sich hierbei um Teilausrenkungen (Subluxationen der Schulter). Bei gewissen Bewegungen nach hinten oben kann es zu Schmerzen mit Ausstrahlung bis in den Arm kommen. Vereinzelt treten kurzzeitige Läh-mungen auf. Schnapp- oder Knackgeräusche sind nicht selten. Die Schulterluxation wird durch ein klares Unfallereignis, seltener eine ungünstige Bewegung zb. mit Abduktion und Aussenrotation ausgelöst. Der Patient hat so-fortige Schmerzen und Bewegungseinschrän-

kungen. Oft erfolgt eine Spontanrepostion, an-sonsten sieht man eine Veränderungen der Schulterkontur. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Der Arzt führt verschiedene Stabilitätstests der Schulter durch (z.B. Apprehension Test, Relo-kationstest u.a.). Zusätzlich führt er Standard-röntgenbilder und ein Arthro-MRI (Magnetre-sonanzuntersuchung) oder CT der Schulter durch (siehe auch Kapitel 2.1). Behandlung ohne Operation Durch ein gezieltes Muskelaufbautraining nach dem San Antonio Programm gelingt es oft, die Schulter in einen stabilen Zustand zu bringen. Trainingshilfen wie das Theraband, Bodyblade oder Flexibar sind sehr hilfreich.

Abb. 91: Bodyblade

Abb. 92: Flexbar

Behandlung mit Operation Gelingt es trotz intensiven nichtoperativen Massnahmen nicht die Schulter so zu stabili-sieren, dass sie in allen Situationen funktions-tüchtig ist, so besprechen wir die Operation mit dem Patienten. Die Operation wird meis-

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Schultersteife (Frozen Shoulder)

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tens mittels Gelenkspiegelung (Schulterarth-roskopie) durchgeführt, seltener offen über ei-nen 6 – 8 cm langen Hautschnitt. Für weitere Informationen über die operative Methode, siehe Kapitel: 3.1 die traumatische Schulterluxation Behandlung nach der Operation fehlt Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Trotz Operation erfolgt in 8-10% eine erneute Luxation. Ohne Operation sind die Reluxatio-nen bei 66%.

2.8 Schultersteife (Frozen Shoulder) Die Schultersteife ist ein entzündlicher Pro-zess der Schultergelenkskapsel, der zu einer vorübergehenden Verdickung mit Schrump-fung der Kapsel führt. Die Schulter ist wie ein-gefroren, deshalb der englische Ausdruck „fro-zen shoulder“ (gefrorene Schulter). Dieser Zustand kann unbehandelt bis 2 Jahre dauern, bis sich der Zustand wieder normali-siert. Nach Schulteroperationen kann sich vo-rübergehend eine frozen shoulder auftreten. Es handelt sich um eine Reaktion der Kapsel mit entzündlicher Verdickung. Die Symptome beginnen oft 3-5 Wochen nach der Operation mit vermehrten, v.a. nächtlichen Schmerzen und Abnahme der passiven Beweglichkeit. Sogar nach harmlosen Stürzen auf die Schul-ter, kann sich eine frozen shoulder entwickeln. Die Symptome lassen teilweise nach 4-8 Wo-chen nach, können aber 6-24 Monate dauern, die Prognose ist meistens gut. Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass die Einwachsrate der genähten Sehne im Falle einer postopera-tiven frozen shoulder grösser ist. Ursachen der frozen shoulder sind: • Diabetes mellitus, • hormonelle Störungen, die Menopause bei

der Frau • Über- und Unterfunktion der Schilddrüse

und Nebenschilddrüse. • Eine besondere Form der frozen shoulder

ist nach Operationen oder Unfällen der Schulter, die sog. postoperative oder post-traumatische frozen shoulder.

• Meistens findet sich jedoch keine Ursache (sog. idiopathische frozen shoulder)

Was verspürt der Patient? Die frozen shoulder verläuft meistens in 3 In-formationsphasen. Stadium I: 2-9 Monate = Entzündungsphase Beginn mit langsam zunehmenden Schmer-zen, v.a. auch Ruhe- und hartnäckige Nacht-schmerzen, Schmerzen bei Bewegungen über der Horizontalen. Die Beweglichkeit ist noch weitgehend intakt. Schmerzmedikamente nüt-zen oft nur wenig. Die Diagnose wird häufig verpasst. Stadium II:Einfrierungsphase (freezing phase). Hier nehmen die Schmerzen langsam ab, die Beweglichkeit der Schulter ist stark einge-schränkt, die Bewegungen über der Horizon-talen sind fast nicht mehr möglich. Oft kommt es zu einem Abbau der Schultermuskulatur. Stadium III: Auftauphase (thawing phrase). Hier löst sich die Bewegungseinschränkung langsam wieder auf, dies kann bis 2-3 Jahr dauern. Oft bleibt auch am Ende der Phase von 3 Jahren eine Bewegungseinschränkung der Schulter vorhanden. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Die Untersuchung durch den Arzt (Anamnese, körperliche Untersuchungen) ist wegweisend. Die Einschränkung der aktiven und passiven Aussenrotation ist charakteristisch. Beson-ders wichtig ist die sogenannte glenohumerale Beweglichkeit, das heisst die Beweglichkeit zi-schen Oberarmkopf und Pfanne. Um Krank-heiten mit ähnlichen Symptomen ausschlies-sen zu können, bedarf es meistens einer kon-ventionellen Röntgenuntersuchung und einer Magnetresonanzuntersuchung. Behandlung ohne Operation Die meisten Fälle der frozen shoulder werden ohne Operation behandelt. Dies beinhaltet eine Reihe von verschiedenen Massnahmen: 1. Entzündungshemmende Medikamente,

v.a. für den quälenden Nachtschmerz. 2. Kälte, manchmal auch Wärmetherapie, je

nach Phase. 3. Injektionen von kleinen Dosen Kortison ins

Gelenk oder unter das Schulterdach sind in häufigen Fällen mit einer raschen Linde-rung von Schmerzen begleitet und stellen einen wichtigen Teil der Behandlung dar.

4. Physiotherapie: Diese sollte v.a. zur Re-duktion der sekundären muskulären Schmerzen der Schulterblattmuskulatur

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Nervenläsionen der Schulter

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zielen und die Gewebe geschmeidig ma-chen. Forcieren der Bewegungstherapie sollte auf keinen Fall gemacht werden, da dies zu einer Verstärkung der frozen shoulder führen kann.

5. Selbständige Bewegungsübungen bis zur Schmerzgrenze v.a. auch im Wasser.

6. Hochdosiert Vitamin C 1000 mg pro Tag. 7. In gewissen Fällen geben wir in Analogie

zum Morbus Sudeck Calcitonin. Oft ist es notwendig mehrere Schmerzmedika-mente hochdosiert zu geben. Die Schmerz-medikamente bewirken auch eine Reduktion des entzündlichen Prozesses. Behandlung mit Operation Bei Patienten, wo sich nach 6 Monaten erfolg-loser nicht operativer Behandlung die Schul-terbeweglichkeit nicht verbessert, führen wir die sog. zirkuläre arthroskopische Arthrolyse der Schulter durch: Dabei wird die stark ver-dickte Kapsel in der Knopflochtechnik (Arthro-skopie) durchtrennt und teilweise entfernt. Es wird damit schon direkt nach der Operation ein Bewegungsgewinn erzielt. Die Operation dau-ert 45-60 Min., der Patient beginnt am selben Tag der Operation mit Hilfe des Physiothera-peuten die wiedergewonnene Beweglichkeit zu erhalten. Der Spitalaufenthalt ist 2 - 4 Tage, der Patient muss danach die Schulter so viel wie möglich selbständig bewegen. Behandlung nach der Operation Inhalt fehlt Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten

2.9 Nervenläsionen der Schulter Nerven die von der Halswirbelsäule einerseits zur Schulter, andererseits bis an die Hand zie-hen, laufen an der Schulter in unmittelbarer Nähe vorbei (Siehe Kapitel 1.1.7). Bei Verlet-zungen der Schulter (z.B. Oberarmbruch, Schulterluxation) oder auch Operationen der Schulter können diese Nerven gezerrt werden. Was verspürt der Patient? Meistens erholen sie sich, jedoch kann dies bis zu mehreren Monaten dauern). Bei Mus-kelverspannungen und Fehlhaltungen kann es ebenfalls zu Störungen der Nervenfunktion kommen (Thoracic Inlet und Outlet Syndrom). Hier hilft spezifische Physiotherapie

Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Behandlung ohne Operation Behandlung mit Operation Behandlung nach der Operation Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten

2.10 Tumore der Schulterre-gion (Prof. Dr. med Ulrich Exner) Alle Veränderungen, die nicht zu einer Struk-tur gehören und Platz einnehmen, sind streng genommen Tumore (dazu gehören z.B. auch Fremdkörper, Parasiten, Fehlbildungen wie Hämangiome und Neubildungen). Im allge-meinen Sprachgebrauch wird aber der Begriff Tumor mit Neubildung gleichgesetzt. Wir be-vorzugen deshalb bis zur diagnostischen Si-cherung den neutralen Begriff "Raumforde-rung". Tumore werden nach den Strukturen, in denen sie sich finden (Weichteile oder Knochen), und nach ihrem Verhalten (gutartig oder bösartig) eingeteilt. Tumore im Schulterbereich sind äusserst sel-ten. Sie sollten deshalb, wie alle Tumore der Bewegungsorgane, von Ärzten beurteilt wer-den, die sich speziell mit deren Abklärung und Behandlung befassen. Dies gilt ganz beson-ders für Tumore, die aufgrund der Bildgebung nicht sicher als gutartig zugeordnet werden können. Bei solchen Veränderungen erfolgt die Abklärung bei Bedarf im multidisziplinä-ren Team (Operateur, Radiologe, Onkologe, Pathologe u.a.), um fehlerhaftes Vorgehen zu vermeiden. Die meisten Tumore im Schulterbereich wer-den als Zufallsbefunde entdeckt, die in der Regel keiner Behandlung bedürfen, sondern weiter zu beobachten sind; dies gilt ganz spe-ziell für Enchondrome (knorpelige Tumore) und Hämangiome (Blutschwämmchen; Aus-bildung von Gefässstrukturen) Weichteiltumore Der häufigste von der Gelenkkapsel ausge-hende Tumor ist der tenosynoviale Riesen-zelltumor (früher pigmentierte villono-duläre Synovialitis PVNS). Die Behandlung besteht in erster Linie in arthroskopischer Entfernung. Häufigste Tumore in der Muskulatur sind Lip-ome. Lipome sind die einzigen Tumore, die zuverlässig aus der Kernspintomographie di-agnostiziert werden können.

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Tumore der Schulterregion (Prof. Dr. med Ulrich Exner)

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Bei tenosynovialen Riesenzelltumoren und Li-pomen ist im Allgemeinen keine Biopsie erfor-derlich. Ein oft äusserst beunruhigendes Bild bietet die sog. Myositis ossificans (auch "proliferative Myositis"); bei entsprechendem Verdacht die-ses in der Regel spontan abklingenden Pro-zesses ist die Biopsie nicht angezeigt, da sie insbesondere im Frühstadium irreführend sein kann. Knochentumore Bei Knochenprozessen ist immer die Frage zu stellen, ob der Prozess im Knochen entstan-den ist (primärer Knochentumor oder auch Prozess vom Knochenmark ausgehend), ob der Prozess in den Knochen gekommen ist (Metastase) oder ob es sich um einen Infekt (Osteomyelitis) handeln könnte. Die Raumforderungen der knöchernen Strukturen der Schulter (Schulterblatt mit Schultergelenkpfanne und Oberarmknochen) sind meist Zufallsbefunde, die im Rahmen der Abklärung von Schmerzen unterschied-lichster Ursache in der Bildgebung (Röntgen und Kernspintomographie) zur Darstellung ge-kommen sind. Besonders häufig sind dabei gutartige Zysten und Enchondrome im Ober-armknochen. Enchondrome sind knorpelige Veränderungen, die wahrscheinlich ihre Ursa-che in der fehlgeleiteten Abwanderung von den Wachstumsfugen haben.

Abb. 93: Röntgenbild und MRI eines Enchond-

roms im Oberarm

Die Problematik in der Beurteilung dieser knorpeligen Raumforderungen liegt darin, diese meist ruhenden gutartigen Veränderun-gen von Übergängen in bösartige Knorpeltu-more (Chondrosarkome) abzugrenzen. Die Entscheidung über Behandlungsbedürftigkeit ist hier besonders schwierig, da das Gesamt-bild gewertet werden muss, da auch der Pa-thologe aus einer Biopsie keine klare Ab-grenzung sichern kann. Auch ohne vorausgehende Beschwerden kann aufgrund eines Bruches infolge Schwä-chung des Knochens eine Raumforderung erkannt werden. Dies ist relativ typisch für Knochenmarkprozesse (z.B. Plasmazell-myelom) oder Metastasen. Da bösartiger Tumore nicht einfach herausge-schnitten werden dürfen, ist immer die Frage zu beantworten, ob zur Sicherung der Diag-nose eine Biopsie angezeigt ist. Die Art der Bi-opsie soll immer unter Berücksichtigung der infrage kommenden Behandlungsmöglichkei-ten in Abstimmung mit dem einem spezialisier-ten Team geplant und vorgenommen werden.

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Verletzungen der Schulter

Abb. 94: Lokalisationen vor Verletzung des

Schulterbereiches [ ]

3.1 Die traumatische Schul-terluxation Bei der Schulterausrenkung (Luxation) springt der Oberarmkopf vollständig aus der Pfanne. Bei der Schulterinstabilität (Subluxation) droht der Kopf aufgrund einer Bandschwäche und ungünstiger Geometrie oft aus der Pfanne zu springen (siehe Kapitel 2.7). Die Schulterinsta-bilität ist ein begünstigender Faktor zur Schul-terausrenkung. Ausrenkungen ereignen sich in den meisten Fällen durch einen Unfall. In 90% der Fälle springt die Kugel nach vorne unten heraus. Der typische Unfallmechanismus ist eine for-cierte Bewegung des Armes nach hinten oben, wie sie bei einem Sturz beim Skifahren oder z.B. bei Handballspielen vorkommt (Geg-ner, der den Arm nach hinten zieht). In selte-nen Fällen luxiert die Kugel nach hinten.

Abb. 95: Ausgerenkte Schulter [ ]

Abb. 96: [ ]

Welche Verletzungen treten bei einer Schulterluxation auf?

1. In den meisten Fällen werden die Bänder und die Kapsel, welche die Kugel in der Pfanne halten, gedehnt. Zusätzlich wird oft die Pfannenlippe (Labrum), die eine Überhöhung am Pfan-nenrand darstellt auch abgerissen (Bank-artläsion).

2. Der Knochen der Pfanne kann v.a. am Rand abbrechen (ossäre Bankartläsion).

3. Durch das Ausrenken verhakt sich die Oberarmkugel am Pfannerand und es ent-steht eine Delle am Kopf, eine sogenannte Hill-Sachsläsion.

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Die traumatische Schulterluxation

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4. In seltenen Fällen kann auch zusätzlich der Oberarmknochen brechen (Luxati-onsfraktur der Schulter).

5. Durch das Ausrenken der Kugel kann es zu Nervenschäden, die zur Schulter oder zur Hand ziehen, kommen. Dabei kann es zu Lähmungen der Schulter oder der Hand kommen. Diese bilden sich in den meisten Fällen wieder zurück. Die Dauer der Läh-mung kann durchaus mehrere Wochen o-der Monate betragen. In seltenen Fällen bildet sich eine Lähmung nicht mehr zu-rück.

6. Über den Bändern und der Kapsel liegt die sogenannte Sehnenkappe der inneren Schultermuskulatur (Rotatorenman-schette), die v.a. bei über 40-Jährigen we-sentlich mitverletzt werden kann. Diese Sehnenverletzungen (Rotatorenmanschet-tenläsion) werden oft übersehen und kön-nen zu einer wesentlichen Beeinträchti-gung der Schulterfunktion führen.

Was verspürt der Patient? Sofortige starke Schmerzen mit der Unfähig-keit die Schulter zu Bewegen. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Unfallmechanismus, Schonhaltung und Bewe-gungseinschränkung der Schulter mit Verän-derung der Schulterkontur sind wegweisend. Sicherheit bringen Röntgenbilder von vorne und der Seite. Diese Röntgenbilder sind auch wichtig zum Ausschluss von Zusatzverletzun-gen. Zur weiteren Abklärung von Zusatzverlet-zungen sollte bei entsprechendem Verdacht in den ersten 7 Tagen nach Reposition ein Arthro-MRI (Magnetresonanzuntersuchung) der Schulter durchgeführt werden. Behandlung ohne Operation Das Einrenken (Reposition) gelingt manchmal mit einer Beruhigungsspritze (Sedation), sonst wird eine Kurznarkose durchgeführt. Nach der Reposition wird die Schulter entweder mit ei-ner Schlinge/Bandage oder einem Spezialkis-sen mit leichter Aussendrehung des Armes ru-higgestellt. Durch die Ruhigstellung können die Bänder vernarben, d.h. eine gewisse Form der Selbstheilung tritt ein. Die Dauer der Ru-higstellung ist altersabhängig: Beim 20-Jähri-gen beträgt diese 2 – 3 Wochen, beim 40-Jäh-rigen nur 7 – 10 Tage. Schon während der Ru-higstellung wird die Schulter stabilisiert, spä-testens nach der Physiotherapie die Muskula-tur so auftrainiert, dass die Schulter an Stabi-

lität und Beweglichkeit gewinnt. Risikosportar-ten für die Schulter sollten frühestens nach 8 – 12 Wochen wieder begonnen werden. Behandlung mit Operation Beim Vorliegen von gewissen Zusatzverlet-zungen muss die Indikation zur Operation ge-prüft werden. Gewisse Zusatzverletzungen wie grosse knöcherne Abrisse an der Pfanne oder Frakturen des Oberarmkopfes sollten operiert werden. Vollständige Abrisse von Sehnen sollten ebenfalls repariert werden. Ebenfalls werden wiederholte Ausrenkungen durch kleine Fehlbewegungen (Minortrauma) operativ behandelt. Das anteriore Labrum zwischen 3 und 5 Uhr muss stabil sein. Ein hypertrophes Ligamen-tum glenohumerale medius (Buford Kom-plex) sollte man nie fixieren. Bei Hochleistungssportlern muss nach einer Luxation ebenfalls besprochen werden, ob eine Operation notwendig ist oder eine bes-sere Stabilität bringen kann. Bei einer nicht-operativen Behandlung kann oft eine geringe Instabilität übrigbleiben, die die Leistungsfä-higkeit der Schulter beeinträchtigen kann. Arthroskopische Schulterstabilisierung

Abb. 97:

Bei der arthroskopischen Schulterstabilisie-rung werden 3 – 4 kleine Öffnungen von 6 – 8 mm für die Instrumente gemacht und an-schliessend die Kapsel und das Labrum am Pfannenrand fixiert. In gewissen Fällen wird die Kapsel gerafft (Plicatur).

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Die traumatische Schulterluxation

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Abb. 98: Refixation der Kapsel und der Pfannen-

randlippe mit Fäden und Anker

Abb. 99: Gesetzter Fadenanker neben der

Gelenklippe [ ]

Abb. 100: Fixierte Gelenklippe [ ]

Abb. 101: [ ]

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Schultereckgelenksprengung (AC-Luxationen)

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Offene Technik Die offene Technik kommt in zwei Situationen zur Anwendung: 1. In Fällen wo die Zerstörung der Kapsel so gross ist oder Nebenverletzungen vorliegen, die arthroskopisch nicht behandelbar sind. (siehe Kapitel 1.3.2)

Abb. 102: Vordere Kapselraffung [ ]

2. In Fällen nach erneuter Schulterluxation trotz vorgängiger arthroskopischer Behand-lung. Dabei wird oft ein Knochenzylinder vom Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) am Pfan-nenrand der Schulter angeschraubt, um eine knöcherne Rampe am Pfannenrand zu bilden (Knochenblockoperation nach Latarjet) oder

der knöcherne Pfannenrand mit einem Span vom Becken aufzubauen. Behandlung nach der Operation Die Operation dauert in der Regel 90 Minuten. Die Hospitalisationsdauer beträgt in der Regel 2 bis 3 Tage. Es erfolgt eine Nachkontrolle postoperativ beim Operateur nach 1, 2 und 6 Wochen nach der Operation erfolgt die radio-logische Kontrolle. Die Fadenentfernung er-folgt nach zwei Wochen beim Hausarzt. Um Blutgerinnsel zu vermeiden, erfolgt eine Thromboembolieprophylaxe während der Hospitalisationszeit mit Spritzen. Anschlies-send erfolgt die Thromboemboliepropylaxe mit Tabletten für insgesamt 10 Tage. Für die nachfolgende Physiotherapie sowie Bewegungs- und Belastungsaufbau gelten fol-gende Regeln. Die Arbeitsaufnahme erfolgt bei sitzender Tätigkeit ohne körperliche An-strengung in der Regel nach 2 – 5 Wochen. Bei schwerer Arbeit kann es bis zur vollständi-gen Arbeitsaufnahme in der Regel bis zu 3 – 3 ½ Monaten dauern. Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Bei der arthroskopischen Schulterstabilisie-rung sind nachher 85 – 95% der Schultern stabil. Dennoch kann v.a. nach einem erneu-ten Trauma v.a. beim Sport die Schulter wie-der luxieren.

3.2 Schultereckgelenkspren-gung (AC-Luxationen) Das Schultereckgelenk ist die Verbindung zwi-schen Schlüsselbein und Schulterblatt. Es ist durch eine Kapsel verbunden, dazwischen liegt ein meniskusartiges Gebilde. Obwohl die-ses Gelenk nur wenig Beweglichkeit hat, ist es für die Schulterstabilisierung wichtig. (siehe auch Kapitel 1.1.4 und 2.1.2) Bei Stürzen vor allem seitlich auf die Schulter oder auf den ausgestreckten Arm, kann es zu einer Sprengung des Schultereckgelenkes kommen. Dabei reissen die Kapsel und die Bänder, je nach Schweregrad, in unterschied-lichem Ausmasse ein. Wir unterscheiden drei Schweregrade der Schultereckgelenksspren-gung.

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Schultereckgelenksprengung (AC-Luxationen)

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Abb. 103

Grad I nach Tossy: Dabei kommt es vor allem zu einer Zerrung der Kapsel mit eventueller Schädigung des Diskus und Zerrung der Bän-der. Das Gelenk ist oft geschwollen und kann lange schmerzhaft sein. Die Behandlung be-steht aus Ruhigstellung der Schulter mit einer speziellen Schlinge, welche versucht die Schulter gegenüber dem Schlüsselbein anzu-heben bis zum Abklingen der Schmerzen mit anschliessender physiotherapeutischer Be-treuung und Einnahme von Schmerzmitteln nach Bedarf. Als Spätfolge dieser Verletzung kann, wegen der Schädigung des Diskus und des Knorpels, später eine Arthrose entstehen. Grad II nach Tossy: Hier kommt es zu einer Zerrung der Kapsel und Teilruptur der Bänder, dadurch entsteht eine vermehrte Verschie-bung des Schlüsselbeins nach oben und zum Teil nach hinten. Auch hier ist in den meisten Fällen eine Be-handlung ohne Operation (wie bei der AC-Lu-xation Grad I) angezeigt, jedoch kann in ge-wissen Fällen eine operative Rekonstruktion der Kapsel und des Diskus notwendig werden. Grad III nach Tossy: Hier ist das Schlüssel-bein in den meisten Fällen erheblich nach oben und zum Teil nach hinten verschoben. Äusserlich ist dies durch den Hochstand des Schlüsselbeines gut sichtbar und es besteht in den meisten Fällen ein sog. Klaviertasten-phänomen, das heisst, das Schlüsselbein kann wie eine Taste nach unten gedrückt wer-den. Bei dieser Verletzung kommt es zusätz-lich oft noch zu einem Einriss der oberen und hinteren Muskelhaut bzw. Muskelfaszie.

Was verspürt der Patient? Schultereckgelenkverletzungen beinhalten oft eine Quetschung oder sogar eine Sprengung des Gelenkes. Falls eine Sprengung auftritt, sind die Bänder, die dieses Gelenk stabilisie-ren, gerissen und das Schlüsselbein wandert meistens nach oben und etwas nach hinten. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Anamnese und Untersuchung sind wegwei-send. Eine radiologische Panoramaaufnahme des Schultergürtels mit Gewicht von 8kg an beiden Armen können die Dislokation doku-mentieren. Behandlung ohne Operation Die Behandlung ist je nach Beschwerdelage des Patienten und der sportlichen Aktivitäten entweder konservativ (d.h. ohne Operation) o-der operativ. Patienten, die mit der Schulter vor allem Überkopfarbeiten durchführen oder sportlich sehr aktiv sind, führen wir eher einer Operation zu. Der Patient bekommt eine Schlinge und darf die Schulter nach Massgabe der Schmerzen bewegen. Tragen von Lasten ist für 6-8 Wo-chen untersagt. Eine milde Physiotherapie ist oft hilfreich. Nicht alle Patienten ohne Opera-tion werden jedoch schmerzfrei und müssen daher u.U. zu einem späteren Zeitpunkt eine sekundäre Stabilisierung des Gelenkes durch-führen lassen. Behandlung mit Operation Operation bei der frischen Verletzung Die Behandlung der Schultereckgelenkspren-gung ist auf verschiedene Wege möglich. Es gibt mehr als 100 verschiedene Operationen. Wir verwenden in Abhängigkeit des Verlet-zungsmusters und der Patientenbedürfnisse zwei Typen von Operationen: 1. Temporäre Fixation mit einer Clavicula-Ha-kenplatte mit Adaptationsnaht der Bänder und Rekonstruktion der Kapsel: Bei dieser Opera-tion wird das nach oben verschobene Schlüs-selbein mit einer kleinen Titanplatte in den al-ten Ort reponiert. Der Vorteil dieser Methode ist die Möglichkeit, dass der Patient nur we-nige Tage eine Schlinge tragen muss und da-nach die Schulter bis zur Horizontalen bewe-gen darf. Der Nachteil ist die Tatsache, dass nach 8-16 Wochen die kleine Platte wieder entfernt werden muss und Irritationen der Sehnenplatte auftreten können.

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Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)

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2. Operation mittels Kunstbändern Tight rope: Bei dieser Methode werden 1-2 Bänder vom Schlüsselbein an den Rabenschnabelfortsatz angebracht, die das Schlüsselbein nach unten ziehen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass in der Regel nur eine Operation notwendig ist, der Nachteil ist einerseits die Tatsache, dass der Patient die Schulter 4-6 Wochen nur ganz reduziert bewegen darf, da diese Methode we-niger stabil ist, als die oben beschriebene. Ein weiterer Nachteil ist, dass es schon zu Ausris-sen dieser Kunstbänder am Schlüsselbein ge-kommen ist, wobei sich dann das Schlüssel-bein wieder in die alte falsche Position nach oben verschiebt und eine Reoperation not-wendig ist. Behandlung nach der Operation Inhalt? Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten FEHLT

3.3 Schlüsselbeinbruch (Kla-vikulafraktur) Das Schulterblatt liegt auf der Brustwand auf und ist vor allem muskulär gehalten. Allein das Schlüsselbein (Klavikula) gewährleistet eine knöcherne Verbindung zum Brustbein. Wenn das Schlüsselbein gebrochen ist, hat das Schulterblatt mit dem Schultergelenk die Ten-denz sich gegen das Brustbein zu verschie-ben. Frakturen ereignen sich oft beim Sturz auf den ausgestreckten Arm oder auf die Schulter. Selten ist ein direkter Schlag Ursa-che des Bruches. Man unterscheidet soge-nannte Schaftfrakturen, die nicht in der Nähe der Knochenenden lokalisiert sind, sowie äussere Schlüsselbeinfrakturen (laterale Kla-vikulafrakturen) – seltener kommen innere Schlüsselbeinfrakturen (mediale Klavikula frakturen) vor. Was verspürt der Patient? Die Arm- und Schulterbewegungen sind er-schwert und der Patient verspürt starke Schmerzen. Verformungen des Schlüssel-beins sind von aussen oft gut erkennbar, da der Knochen unmittelbar unter der Haut liegt; dies kann auch zu Hautirritationen mit drohender Durchspiessung führen. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Ein entsprechender Sturz, Mühe den Arm zu bewegen, lokaler Schmerz und Konturverän-

derungen mit Schwellung sind richtungswei-send. Ein Röntgenbild ermöglicht die genaue Diagnose mit Frakturverlauf. Behandlung ohne Operation Schaftfrakturen mit keiner bis wenig Verschie-bung oder solche, die mit einem Rucksackver-band in die richtige Position gebracht werden können, kann man ohne Operation behandeln. Nachteil ist, dass man den Rucksackverband 6 – 8 Wochen tragen muss und dass die Frak-tur oft in Fehlstellung und mit einer Verdickung (Kallus) verheilt.

Abb. 104: [ ]

Behandlung mit Operation Eine Operation ermöglicht die Fixierung der anatomischen Stellung mit einer Platte und Schrauben. Insbesondere bei den äusseren Schlüsselbeinbrüchen (lateralen Klavikula frakturen), die mit einem Rucksackverband schlecht anatomisch auszurichten sind, emp-fiehlt sich meistens die Stabilisation mit spezi-ell geformten Platten (Abbildung 105-108).

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Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur)

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Abb. 105: Schlüsselbeinfraktur [ ]

Abb. 106: Bei Schaftfrakturen verwendet man

biegsame Platten, welche über die ganze Länge die gleiche Dimension haben. [ ]

Abb. 107: Fertiggestellte Osteosynthese [ ]

Abb. 108: laterale Klavikulafraktur

Beide Systeme haben Möglichkeiten der Ver-schraubung mit sogenannten Zugschrauben (der Knochen wird gegen die Platte gezogen, das Gewinde ist nur im Knochen), als auch mit sogenannten winkelstabilen Schrauben (die Schraube ist sowohl in der Platte als auch im Knochen je mit einem Gewinde verankert). Nach der Operation kann man frühfunktio-nell nachbehandeln, das heisst man kann den Arm, die Schulter und das Schlüsselbein ohne Belastung bis zur Schmerz-Grenze frei bewegen und verhindert somit Versteifungen des Schultergürtels.

Abb. 109: Röntgenbild nach Osteosynthese

Behandlung nach der Operation Die Operation dauert in der Regel 40 bis 60 Minuten. Die Hospitalisationsdauer beträgt in der Regel 2-4 Tage. Es erfolgt eine Nachkon-trolle eine Woche nach der Operation beim Operateur mit einem Röntgen. Die Fadenentfernung erfolgt nach zwei Wo-chen beim Hausarzt. Um Blutgerinnsel zu ver-meiden, erfolgt eine sogenannte Thromboem-bolieprophylaxe während der Hospitalisations-zeit mit Spritzen anschliessen für insgesamt 10 Tage mit Tabletten. Mit der Physiotherapie kann der Arm in der Regel ohne Belastung frei bewegt werden. Die Arbeitsaufnahme erfolgt bei sitzender Tä-tigkeit ohne körperliche Anstrengung in der Regel nach 14 Tagen. Bei schwerer Arbeit

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Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)

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kann es bis zur vollständigen Arbeitsauf-nahme in der Regel bis zu 12 Wochen dauern. Bei gesicherter Knochenheilung erfolgt in der Regel die Metallentfernung. Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Trotz Plattenverschraubung kann es zu erneu-ten Instabilitäten kommen.

3.4 Oberarmbrüche (Hume-rusfrakturen) Stürze auf den Arm oder die Schulter können Brüche (Frakturen) des Oberarmknochens zur Folge haben. Wir unterscheiden Frakturen des Oberarmkopfes (Humeruskopffraktur), Frakturen unterhalb des Kopfes (subkapi-tale Frakturen) und Schaftfrakturen.

Abb. 110: Subkapitale Fraktur

Was verspürt der Patient? Oberarmbrüche beeinträchtigen die ganze Schulter- und Armfunktion: Während 2 – 3 Mo-naten bis die Knochenheilung eine ausrei-chende Stabilität gewährleistet, kann die Schulter und der Arm nicht voll eingesetzt wer-den und es besteht die Gefahr, dass eine Schultersteife entsteht (siehe Kapitel 2.8). Da-her ist eine zeitgerechte professionelle Versor-gung von grosser Bedeutung. Medizinische Abklärung (Diagnose inkl. kli-nische Untersuchung und Bildgebungen) Unfallhergang, Schmerzen und Funktionsein-schränkung ergeben in der Regel ein starkes Verdachtsmoment. Die Röntgenabklärung in 2 Ebenen von vorne und von der Seite (ap – Neer-Aufnahme) geben Gewissheit und zei-gen den Frakturverlauf. Bei komplexen Frak-turen mit starker Verschiebung der Bruchstü-

cke (Frakturdislokation) sind teilweise compu-tertomographische Abklärungen mit 3-dimen-sionaler Rekonstruktion angezeigt. Darin wird räumlich anschaulich die Lokalisation der Bruchlinien und die Orientierung sowie Ver-schiebung der Bruchstücke aus verschiede-nen Blickwinkeln dargestellt. Wir unterschei-den stabile und instabile Frakturen. Ein einfa-cher klinischer Test zum Prüfen ob eine Frak-tur stabil ist, erfolgt mittels Durchführen von Rotationsbewegungen im Oberarm durch Wegdrehen des Vorderarmes vom Bauch und gleichzeitigem Abtasten ob sich der Oberarm-kopf mitbewegt. Falls dies vollumfänglich der Fall ist handelt es sich um eine stabile Fraktur. Behandlung ohne Operation Ungefähr 80% der Frakturen unmittelbar unter dem Oberarmkopf (subkapitalen Frakturen und Schaftfrakturen) können ohne Operation behandelt werden. Dazu muss die Fraktur stabil und wenig verschoben (disloziert sein). Durch das Tragen einer Gilchristbandage (Omolog-Armfix), die den Vorderarm auf dem Bauch fixiert, wird auch der Oberarm ruhigge-stellt. Dies bringt eine Schmerzlinderung und verringert die Gefahr von zusätzlichen Ver-schiebungen. Nach einer Woche erfolgt noch-mals eine Röntgenabklärung in 2 Ebenen und eine vorsichtige Stabilitätskontrolle. Wenn diese unauffällig ist, kann mit vorsichtigen Be-wegungsübungen unter Anleitung und Kon-trolle mit der Physiotherapie begonnen wer-den. Dabei wird in der Anfangsphase der Arm nur vorsichtig von vorne nach hinten gepen-delt.

Abb. 111: [ ]

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Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)

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Abb. 112: Oberarmkopffraktur [ ]

Abb. 113: Blutversorgung des Oberarmkopfes [ ]

Behandlung mit Operation Bei instabilen und stark dislozierten subkapita-len Frakturen (Frakturen unmittelbar unter dem Kopf), sowie bei Gelenkfrakturen mit Stu-fenbildung ist das operative Vorgehen ange-zeigt. Bei subkapitalen Frakturen erfolgt meis-tens eine Stabilisation mit Platten und Schrau-ben. Dies erlaubt eine sogenannte funktionelle Nachbehandlung, d.h. das Schultergelenk kann bald nach der Operation bis zur Schmerzgrenze aber ohne Belastung durch-bewegt werden. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Schrauben nicht zu lang sind, da sonst eine Beschädigung der Pfanne auf-treten kann. Es kann auch eine Fixation über den Mark-raum erfolgen (Abbildung 113 und 114):

Abb. 114: Plattenverschraubung des

Oberarmkopfes [ ]

Behandlung nach der Operation Die Operation dauert in der Regel 60 bis 90 Minuten. Bei Patienten ohne wesentliche Ne-benerkrankungen erfolgt der Spitaleintritt am Operationstag. Die Hospitalisationsdauer be-trägt in der Regel 3 bis 5 Tage. Es erfolgt eine Nachkontrolle postoperativ beim Operateur und nach 6 – 8 Wochen mit Röntgen. Die Fa-denentfernung erfolgt nach zwei Wochen beim Hausarzt. Um Blutgerinnsel zu vermeiden, er-folgt eine sogenannte Thromboemboliepro-phylaxe während der Hospitalisationszeit mit Spritzen.

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Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)

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Die Physiotherapie kann bei guter Plattenver-sorgung mit freier Beweglichkeit ohne Belas-tung durchgeführt werden. Die Arbeitsaufnahme erfolgt bei sitzender Tä-tigkeit ohne körperliche Anstrengung in der Regel nach 4 bis 6 Wochen. Bei schwerer Ar-beit kann es bis zur vollständigen Arbeitsauf-nahme in der Regel bis zu 3 bis 4 Monaten dauern. Bei Gelenkfrakturen mit Stufenbildung macht man in der Regel einen Gelenkersatz, eine so-genannte Endoprothetik. Auch hier ist eine funktionelle Nachbehandlung möglich.

Abb. 115: Versorgung der Oberarmkopffraktur mit

einer Oberarmkopfprothese [ ]

Spezielle Risiken und Erfolgsaussichten Absterben des Humeruskopfes und Verschie-bung der Bruchstücke trotz Osteosynthese kommen relativ häufig vor. Deshalb muss die Osteosynthese genau gegen die konservative Behandlung oder den künstlicher Gelenker-satz abgewogen werden. Ein Gelenkersatz muss allenfalls sekundär eingebaut werden.

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Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)

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Literaturverzeichnis 1. Heuck, Steinborn, Rohen, Lütjen-Drecoll. MRT-Altlas des muskuloskelettalen Systems. 2. Auflage. Stuttgart : Schattauer, 2009. 2. Vita Health Care, AG. Gesundheitsratgeber Arthrose, Gelenkbeschwerden natürlich behandeln. 2010. 3. bauerFeind.de.

VerdankungRedaktion und Layout: Patrizia Götschmann Rechtschreibung- und grammatikalische Prüfung: Wichtige und hilfreiche Inputs: Roland Brandtschen Kapitel Tumoren:

Index

Abschwellende Therapie 17 AC Gelenksresektion 33 Allergien 13 Allgemeinzustand 13 Andere Erkrankungen 14 Antibiotikaprophylaxe 19 Arbeitsfähigkeit 19 Asthma 13 Autofahren 19 Bänder 42, 47, 50, 51 Bankartläsion 47 Bewegung/Belastung 18 Bluthochdruck 13 Blutverdünnung 14, 18 cuff tear Arthropathie 24 Deltoideusmuskel 12 Desinfektionsmittel 18 Entzündungshemmer 18 Gelenksdébridement 35 Gelenksreinigung 35 Gerinnungsstörungen 14 Glenohumeral- oder Kugelgelenk 5 Hemiprothese 26 Herz- Kreislauf 13 Herzinsuffizienz 13 Herzklappenfehler 13 Hormonprobleme 14 Information 19 Intubation 17 Kalkdepots 30 Kalkeinlagerung 30 Kalkpartikel 30 Kalkzertrümmerung 31 Kompressionsstrumpf 17

Koronare Herzkrankheit 13 Larynxmaske 17 Leistungsfähigkeit 13 Medikamente bisher 17 Medikamente zusätzlich 18 Medikation aktuell 17

Medikamente 17 Nachbehandlung 19 Nachkontrolle 19 Nachtschmerzen 32 Needling 30 Neurologische Leiden 14 Nikotinkonsum 13 Obstruktive Lungenerkrankung 13 Örtliche Betäubung 17 Patientenbeutel 18 Patientenfragebogen 13 Physiotherapieverordnung 18 Plavix 14 Qualitätskontrolle 19 Refluxkrankheit 14 Reponieren 47 Schmerzmittel zentral 18 Schultereckgelenk 5, 6 Schultereckgelenkarthrose 26 Skapulothorakalgelenk 5 Sportfähigkeit 19 Stabilitätstests 42 Sternoclaviculargelenk 5 Stosswellengeräte 31 Subluxation 46 Sulcus 38 Teilriss 32 Teilrupturen 32

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Terminkarte 18 Übergewicht 14 Unverträglichkeiten 13 Verbandmaterial 18 Vollnarkose 17

Vollriss 32 Wundbehandlung 18 Wunde nässend 18 Zahnbehandlung 19 Zuckerkrankheit/Diabetes 14

Glossar

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Schultergürtel mit seinen 4 Gelenken [ ] ..............................................................................5 Abb. 2: Schulterblatt von hinten mit Kippbewegung bei Seitwärtsbewegung des Armes. [ ] .............5 Abb. 3: Oberarmkopf und Pfanne mit Gelenkslippe. [ ] ....................................................................5 Abb. 4:[ ] ..........................................................................................................................................6 Abb. 5 :Die drei wichtigen vorderen Schulterbänder und die lange Bicepssehne, darüber das Schulterdach (Rabenschnabelfortsatz und Acromion mit CA Band). [ ] ...........................................6 Abb. 6: Ansicht der Schulter von vorne mit der Subscapularissehne (Teil der Rotatorenmanschette) und der langen Bicepssehne. [ ] ......................................................................................................7 Abb. 7: Seitliche Ansicht der Schulter mit der Supraspinatus-, Infraspinatus- und Teres minor Sehne (Teil der Rotatorenmanschette). [ ] ..................................................................................................7 Abb. 8: Die Schulter von oben. [ ] ....................................................................................................7 Abb. 9: Wichtige Hilfsmuskeln der Schulter. [ ] ................................................................................7 Abb. 10: Schleimbeutel zwischen der Rotatorenmanschette und dem Schulterdach. [ ] ..................8 Abb. 11: Nervenstränge (gelb), die unmittelbar vor der Schulter liegen und in den Arm und Hand ziehen. [ ] .........................................................................................................................................8 Abb. 12: Bild von vorne: Zur Beurteilung von Abnützung, Arthrose, Zysten und Tumoren. [ ] ..........9 Abb. 13: Normales MRI der Schulter, Pfeil zeigt die Supraspinatussehne. [ ] ..................................9 Abb. 14: MRI mit gerissener Supraspinatussehne. [ ] .................................................................... 10 Abb. 15: MRI Querschnitt [ ] .......................................................................................................... 10 Abb. 16: [ ] ..................................................................................................................................... 10 Abb. 17: [ ] ..................................................................................................................................... 10 Abb. 18: CT 3-D-Rekonstruktion eines Knochenbruches des Oberarmkopfes. [ ] .......................... 10 Abb. 19: [ ] ..................................................................................................................................... 11 Abb. 20: [ ] ..................................................................................................................................... 11 Abb. 21: MRI der Frontalebene [ ].................................................................................................. 11 Abb. 22: Lagerung und Zugang für die Schulterarthroskopie[ ] ...................................................... 12 Abb. 23: [ ] ..................................................................................................................................... 12 Abb. 24 Schulterarthroskopie: Aufsicht auf die Gelenkpfanne. [ ] .................................................. 12 Abb. 25: Deltoideopektorale Zugang [ ] ......................................................................................... 12 Abb. 26:Basisabklärung [ ] ............................................................................................................. 15 Abb. 27: Relevante Nebendiagnosen [ ] ........................................................................................ 15 Abb. 28: Funktionelle Leistungsfähigkeit [ ] .................................................................................... 15 Abb. 29: MET-Schlüsselwert [ ] ..................................................................................................... 16 Abb. 30: Beta-Blocker-Therapie [ ] ................................................................................................. 16 Abb. 31: Erweiterte Labordiagnostik [ ] .......................................................................................... 16 Abb. 32: Empfehlung für spezielle Dauermedikation [ ] .................................................................. 16 Abb. 33: [ ] ..................................................................................................................................... 18 Abb. 34: Übungsziel: Geführte Aussendrehung des angelegten Armes. [ ] .................................... 20 Abb. 35: Übungsziel: Geführte Vorwärtsbewegung des Armes. [ ] ................................................. 20 Abb. 36: Übungsziel: Überkopfdrehung. [ ] .................................................................................... 20 Abb. 37: Übungsziel: Seitwärtsbewegung des Armes. Sie stehen seitlich mit der operierten Schulter zur Tür und halten den Seilzug mit beiden Händen. [ ] .................................................................. 21 Abb. 38: Übungsziel: Kräftigung der Innendrehung. [ ] ................................................................... 21 Abb. 39: Übungsziel: Kräftigung der Aussendrehung. [ ] ............................................................... 21

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Oberarmbrüche (Humerusfrakturen)

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Abb. 40: Übungsziel: Komplexe Kräftigung der Schultermuskulatur. [ ] ......................................... 21 Abb. 41: Übungsziel: Komplexe Kräftigung der Schultermuskulatur .............................................. 22 Abb. 42: Bild oben: normales Schultergelenk mit gesundem Knorpel. Bild unten: Arthrose des Schulterhauptgelenkes (Glenohumeralgelenk) und Schultereckgelenk (AC-Gelenk), Knorpel z.T. zerstört, Spornbildung am Oberarmkopf und Pfanne ..................................................................... 23 Abb. 43: Kappenprothese .............................................................................................................. 24 Abb. 44: anatomische Schulterprothese ....................................................................................... 24 Abb. 45: Röntgenbild vor und nach Einbau einer inversen Schulterprothese ................................. 24 Abb. 46: Übersicht des Schultereckgelenkes (AC-Gelenk) mit den CC-Bändern (Coracocla-viculäre Bänder), die vom Rabenschnabelfortsatz zum Schlüsselbein ziehen und dieses nach unten stabilisieren. .................................................................................................................................. 25 Abb. 47: AC-Gelenk mit Knorpel (rot) und dazwischen der Diskus (gelb). ..................................... 25 Abb. 48: Eine häufige Ursache für diese Enge ist eine Ausbildung eines knöchernen Hakens des Schulterdachs (Acromionhaken) mit Reiben am darunterliegenden Schleimbeutel (gelb) und der Sehnen (Rotatorenmanschette) ..................................................................................................... 26 Abb. 49: Röntgenbild eines Hakens des Schulterdachs ................................................................. 27 Abb. 50 .......................................................................................................................................... 27 Abb. 51: Subacromiale Dekompression arthroskopisch ................................................................. 28 Abb. 52: subakromiale Dekompression offen ................................................................................ 28 Abb. 53: Kalkablagerung in der Rotatorenmanschette ................................................................... 28 Abb. 54: Kalkablagerungen in der Rotatorenmanschette ............................................................... 29 Abb. 55: Kalkablagerungen in der Rotatorenmanschette ............................................................... 29 Abb. 56: Magnetresonanzschnittbild (MRI) mit Kalkdepot .............................................................. 29 Abb. 57: Needling mit Spülung ...................................................................................................... 30 Abb. 58: Stosswellentherapie eines Kalkdepots ............................................................................ 30 Abb. 59: Arthroskopisches Bild eines Kalkdepots in der Supraspinatussehne ............................... 30 Abb. 60 : Riss der Supraspiralussehne .......................................................................................... 31 Abb. 61: Riss der Supraspiralussehne ........................................................................................... 31 Abb. 62: Verschiedene Rissformen der Supraspinatussehne -halbmondförmige Läsion ............... 31 Abb. 63: Arthroskopische Sehnennaht mit versenkten Fadenankern ............................................. 32 Abb. 64: Suture Bridge (Arthrex Tape Bridge) ............................................................................... 32 Abb. 65 .......................................................................................................................................... 32 Abb. 66 .......................................................................................................................................... 32 Abb. 67: Bandage nach der Operation bei Naht der vorderen Sehne (Subscapularissehne) oder bei kleinen Rupturen der Supraspinatussehne. [ ] ............................................................................... 33 Abb. 68: Die Ruhigstellung nach Rotatorenmanschettennaht, Instabilität, Frakturen erfolgt meistens mit leichter Abspreizung (Abduktion) des Armes auf ein Abduktionskissen. [ ]............................... 33 Abb. 69: grösseres Abduktionskissen oder aufblasbarer Zylinder bei mittelgrossen Sehnenrupturen bzw.Refraktion. [ ] .......................................................................................................................... 33 Abb. 70: Abduktionsschiene bei sehr grossen Rupturen bzw. Refraktion ...................................... 33 Abb. 71: Der lange Rückenmuskel wird ca. 4 cm nach oben verpflanzt ......................................... 34 Abb. 72 .......................................................................................................................................... 35 Abb. 73: Umkehrprothese mit langem Schaft und metallischer Kugel ............................................ 35 Abb. 74: Neue, schaftfreie, knochensparende, zement-freie inverse Schulterprothese mit gutem Einwachsen auf Grund der Titanoberfläche. Die Kugel ist aus Polyaethylen und ist im Röntgenbild nicht mehr sichtbar. ....................................................................................................................... 35 Abb. 75: Verstärkung des schwachen Sehnen-materials mit einem patch ..................................... 36 Abb. 76: Gerissene lange Bicepssehne ......................................................................................... 37 Abb. 77: Die kurze und die lange Bicepssehne.............................................................................. 37 Abb. 78: Schematische Darstellung des Ansatzes der langen Bicepssehne am oberen Pfannenrand zusammen mit dem Labrum (= Lippe) .......................................................................................... 37 Abb. 79 .......................................................................................................................................... 38 Abb. 80: Verblockung der langen Bicepssehne am Oberarmkopf .................................................. 38 Abb. 81: Setzen des Fadenankers neben der Bizepssehne........................................................... 38 Abb. 82: Anschlingen der Bizepssehne ......................................................................................... 38 Abb. 83: Verknoten ........................................................................................................................ 39

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Abb. 84: Endzustand nach abgeschnittenem Faden ...................................................................... 39 Abb. 85 .......................................................................................................................................... 39 Abb. 86 .......................................................................................................................................... 39 Abb. 87 .......................................................................................................................................... 39 Abb. 88 .......................................................................................................................................... 39 Abb. 89: Teilabriss der Lippe und der Bicepssehne am oberen Pfannenrand ................................ 40 Abb. 90: Verschiedene Typen der SLAP Läsion ............................................................................ 40 Abb. 91: Bodyblade ....................................................................................................................... 41 Abb. 92: Flexbar ............................................................................................................................ 41 Abb. 93: Röntgenbild und MRI eines Enchondroms im Oberarm ................................................... 44 Abb. 94: Lokalisationen vor Verletzung des Schulterbereiches [ ] .................................................. 45 Abb. 95: Ausgerenkte Schulter [ ] .................................................................................................. 45 Abb. 96: [ ] ..................................................................................................................................... 45 Abb. 97: ......................................................................................................................................... 46 Abb. 98: Refixation der Kapsel und der Pfannenrandlippe mit Fäden und Anker ........................... 47 Abb. 99: Gesetzter Fadenanker neben der Gelenklippe [ ] ............................................................ 47 Abb. 100: Fixierte Gelenklippe [ ] ................................................................................................... 47 Abb. 101: [ ] ................................................................................................................................... 47 Abb. 102: Vordere Kapselraffung [ ] ............................................................................................... 48 Abb. 103 ........................................................................................................................................ 49 Abb. 104: [ ] ................................................................................................................................... 50 Abb. 105: Schlüsselbeinfraktur [ ] .................................................................................................. 51 Abb. 106: Bei Schaftfrakturen verwendet man biegsame Platten, welche über die ganze Länge die gleiche Dimension haben. [ ] ......................................................................................................... 51 Abb. 107: Fertiggestellte Osteosynthese [ ] ................................................................................... 51 Abb. 108: laterale Klavikulafraktur ................................................................................................. 51 Abb. 109: Röntgenbild nach Osteosynthese .................................................................................. 51 Abb. 110: Subkapitale Fraktur ...................................................................................................... 52 Abb. 111: [ ] ................................................................................................................................... 52 Abb. 112: Oberarmkopffraktur [ ] ................................................................................................... 53 Abb. 113: Blutversorgung des Oberarmkopfes [ ] .......................................................................... 53 Abb. 114: Plattenverschraubung des Oberarmkopfes .................................................................... 53 Abb. 115: Versorgung der Oberarmkopffraktur mit einer Oberarmkopfprothese [ ] ........................ 54

Anamnese