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DasScience Fiction Jahr2011

Herausgegeben vonSascha Mamczak, Sebastian Pirling und Wolfgang Jeschke

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

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Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendeteFSC®-zertifizierte Papier Holmen Book Cream liefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden.

Originalausgabe 8/2011Redaktion: Sascha Mamczak/Sebastian Pirling/Anja Schleicher/Wolfgang JeschkeCopyright © 2011 by Wilhelm Heyne Verlag, Münchenin der Verlagsgruppe Random House GmbHCopyright-Vermerke zu den einzelnen Beiträgen jeweils am Schluss der TextePrinted in Germany 2011Umschlagbild: Arndt DrechslerUmschlaggestaltung: Nele Schütz Design, MünchenSatz: C. Schaber Datentechnik, WelsDruck und Bindung: GGP Media, Pößneck

ISBN: 978-3-453-53379-0

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Inhalt 5

Inhalt

Editorial 13

Schwerpunkt: Future History

Von der Entstehung der Zukunft 19Future Histories in Literatur und Film

– von Stephen Baxter

Die helle und die dunkle Seite des amerikanischen Traumes 31Die Geburt der Future History aus dem Geist der Pulps

– von John Clute

Vorgebliche Landkarten des Künftigen 40Von der Spiegelung der Gegenwart in die ferne Zukunft

– von Karsten Kruschel

Es lebe die Zukunft! 68Der Weg aus Onkalo oder: Plädoyer für die Future History

– von Sascha Mamczak

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6 Inhalt

Die Spinne in der Badewanne 78Olaf Stapledons visionäre Geschichte der Zukunft

– von Karlheinz Steinmüller

Am Puls der Menschheit 107Ein Streifzug durch Robert A. Heinleins Future History

– von Bartholomäus Figatowski

Das größte Märchen aller Zeiten 155Die Roboter/Foundation-Saga von Isaac Asimov

– von Richard Wagner-Glass

Der Mittag der Menschheitsgeschichte 171Anmerkungen zum Zukunftszyklus der Brüder Strugatzki

– von Erik Simon

Unser Mann 188Perry Rhodan: Eine vorläufig unendliche Geschichte der Zukunft

– von Hartmut Kasper

Bücher & Autoren

Zurück auf Anfang 207Der Weltuntergang in der Science Fiction … und was danach geschieht

– von Gary K. Wolfe

Todesfälle 244

Interview

»Wenn man die Grenzen der Menschlichkeit ausloten will, muss man die Menschen eben zum Äußersten treiben!« 279Ein Gespräch mit Peter Watts

– von Uwe Kramm

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Inhalt 7

»Es muss auch Autoren geben, die alles den Bach runtergehen lassen!« 299Ein Gespräch mit Adam Roberts

– von Sascha Mamczak

Film

Traumdiebe, Fleischbällchen, Drachenzähmer? Ach was – Zombies! 317Phantastik im Kino und auf DVD 2010

– von Christian Endres, Lutz Göllner, Bernd Kronsbein, Michael Meyns, Sven-Eric Wehmeyer, Lars Zwickies, Lydia Brakebusch und Markus Raska

Alienated 463Wie aus dem Science-Fiction-Meisterwerk Alien ein Franchise wurde

– von David Hughes

Der weite Weg zum Publikum 494Fritz Langs Großbaustelle Metropolis – die Entwicklungsgeschichte eines Mythos

– von Peter M. Gaschler

Was kostet die Katze? 502Was eine Neil-Gaiman-Kurzgeschichte und die Zukunft der Filmfinanzierung miteinander zu tun haben könnten

– von Christian Endres

Flash Forward! 516Die ersten Turbo-Science-Fiction-Serien des 21. Jahrhunderts

– von Peter M. Gaschler

Nummer 6 gibt nicht auf 562Die britische Kultserie The Prisoner

– von Peter M. Gaschler

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8 Inhalt

Kunst & Medien

Wie klingt die Zukunft? 581Eine Reise durch die Soundwelten der Science-Fiction-Filme

– von Uwe Neuhold

Aliens, Nazis, Wunderwaffen und Kim Wilde 671Eine Betrachtung der Rubrik Bild.de/Mystery mit anschließender Gebrauchsanweisung zum Selbermachen

– von Hartmut Kasper

Hörspiel

Science-Fiction-Hörspiele 2010 685– von Horst G. Tröster mit Beiträgen von Marina Dietz, Ute Perchtold, Christiane Timper, Ernst Petz, Helmut Magnana und Günther Wessely

Comic

Über superheldenhafte Gartenarbeit, eine Unterschrift von Wonder Woman und Triumphzüge durch die Kulturgeschichte 735Ein Streifzug durch 75 Jahre Superhelden von DC Comics

– von Hartmut Kasper

Superhelden im Superformat 740Das ultimative Coffee Table Book über 75 Jahre Heldengenese bei DC Comics

– von Hartmut Kasper

Helden für alle 749Die Superheldenserie The 99 als Brückenschlag zwischen westlicher und muslimischer Kultur

– von Christian Endres

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Inhalt 9

Totgenudelt in der Genre-Vergangenheit 755Eine Comic-Nachlese 2010

– von Christian Endres, Sven-Eric Wehmeyer und Bernd Kronsbein

The Rocketeer – eine Hommage mit Raketentornister 794Die Gesamtausgabe von Dave Stevens’ Comic-Serie katapultiert die Leser ins Heldenzeitalter – von Hartmut Kasper

Tierische Steampunk-Thriller 801Ein quasi-viktorianisches Genre goes French in Bryan Talbots Graphic Novel Grandville

– von Christian Endres

Die Hühnchen-Apokalypse 810John Laymans und Rob Guillorys bissiges Comic-Debüt Chew

– von Hartmut Kasper

Computer

Hollywoods Benutzeroberfläche 821Wie Science-Fiction-Filme und Interface Design sich gegenseitig beeinflussen

– von Thomas Gläser

Schnittstelle Mensch 833Spekulative Szenarien der Science Fiction und Entwicklungen im Hybrid Design

– von Julian Koschwitz

Science Fiction Interactive 848Phantastische Computerspiele 2010

– von Gerd Frey

Dystopien sind etwas Feines 904Die zehn interessantesten Konsolenspiele 2010

– von Carsten Görig

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10 Inhalt

Science & Speculation

»Vielleicht treffen wir ja irgendwann auch mal außerirdische Europäer …« 925Ein Gespräch mit Professor Harald Lesch

– von Usch Kiausch

Quantenschwärme 955Über die notwendige Revolution des Menschenbildes

– von Uwe Neuhold

24 Bücher hat der Tag 968Empfehlenswerte Neuerscheinungen zu Wissenschaft und Philosophie

– von Rüdiger Vaas

Kommunion in der Unendlichkeit 996Ein kosmovirtueller Polylog

– von Peter Kempin und Wolfgang Neuhaus

Rezensionen 1015

Kage Baker: »Die Frauen von Nell Gwynne’s« • J. G. Ballard: »Wunder des Lebens« • Iain Banks: »Die Sphären« • Simon Clark: »Vampyrrhic« • Justin Cronin: »Der Übergang« • Jürgen Domian: »Der Gedankenleser« • Tristan Egolf: »Kornwolf« • Rainer Eisfeld: »Abschied von Weltraumopern – Science Fiction als Zeitbild und Zeitkritik« • Edmond Hamilton: »Die Rückkehr von Captain Future« • Joe Hill: »Teufelszeug« • Stephen King: »Zwischen Nacht und Dunkel« • Karsten Kruschel: »Vilm – Der Regenplanet« / »Vilm – Die Eingeborenen« • Sergej Lukianenko: »Trix Solier« • Ian McEwan: »Solar« • Paul Melko: »Die Mauern des Universums« • Klaus Middendorf: »Celtic Connexion« • Paul Milo: »Your Flying Car Awaits« • André Müller: »Film und Utopie« • Haruki Murakami: »1Q84« • Felix J. Palma: »Die Landkarte der Zeit« • Thomas Sautner: »Fremdes Land« • John Scalzi (Hrsg.): »Metatropolis« • Karl Schroeder: »Planet der Sonnen« / »Säule der Welten« • Jürgen Schütz und Christiane Barnházi (Hrsg.): »Frauen! Starke

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Inhalt 11

Erzählungen über das starke Geschlecht« / James Tiptree jr.: »Quintana Roo« • Simon Spiegel: »Theoretisch Phantastisch« • Angela und Karlheinz Steinmüller: »Computerdämmerung« • Bastian Wierzioch: »Doch Dunkel« • Walter Jon Williams: »Der Fall des Imperiums« / »Sternen dämmerung« • Harald Zaun: »SETI – Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen«

Marktberichte

Die deutsche SF-Szene 2010 1121– von Hermann Urbanek

Die amerikanische SF-Szene 2009/2010 1220– von Hermann Urbanek

Die britische SF-Szene 2009/2010 1251– von Hermann Urbanek

Preise – Preise – Preise 1263

Bibliografie

Phantastische Literatur im Wilhelm Heyne Verlag 2010 1289– von Werner Bauer

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Editorial 13

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

das SCIENCE FICTION JAHR 2011 erscheint leider hoffnungslos ver-spätet – wofür es keine Entschuldigung gibt –, und so sind die fan-tastischen Vorkommnisse des letzten Jahres bereits so weit in die Vergangenheit gerückt, dass sie selbst schon fast als Fiktion gelten dürfen. Womit auch uns nur noch der Blick in die Zukunft bleibt – je weiter, desto besser … Aber wir hoffen natürlich, dass wir Sie un-geachtet des unzeitigen Erscheinens mit den Beiträgen zu unserem Schwerpunkt-Teil »Future History« sowie den, wie wir finden, sehr weit gefassten anderen Themen rund um das Genre trotzdem begeistern können.

Immerhin macht es die Realität den SF-Autoren ja nicht leicht. An-statt sich damit zu begnügen, trocken und knallhart zu sein, schlägt sie die muntersten Kapriolen und verdirbt der Genreliteratur beinahe das Geschäft – jedenfalls wenn man Gary Shteyngart glauben darf. Dessen Gesellschaftsroman »Super Sad True Love Story« ist in einer nahen Zukunft angesiedelt, die von einer allumfassenden Krise der amerikanischen Gesellschaft überschattet wird. Dummerweise hatte sich der Autor die Krise ganz genau so ausgemalt, wie sie heute tat-sächlich aussieht: »Eine meiner Ausgangsideen war es, die amerika-nische Wirtschaft kollabieren zu lassen, das Finanzwesen, die Auto-industrie … Ich hielt das für eine abgefahrene Idee. Dann ging 2008 Lehman Brothers pleite, und ich musste alles neu schreiben. Tolstoi kannte dieses Problem nicht.«

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14 Editorial

Kein Luxusproblem, wie ein Blick auf die Situation des Genres zeigt. Die großen, umwälzenden neuen Ideen lassen auf sich warten, während mehr und mehr Fantastik in die allgemeine Belletristik hin-aussickert. Vom lange beschworenen und mittlerweile vielgepredigten Niedergang des Buches als physischem Objekt ganz zu schweigen. Eine bedauerliche Entwicklung, ganz klar, das findet auch Shteyngart: »Ich verstehe es nicht. Ein Buch ist etwas so Wunderschönes, warum es aufgeben? Und es ist auch so praktisch: Man lernt jemanden ken-nen, ist zum ersten Mal in seiner Wohnung – und sieht im Bücher-regal ein Buch von Glenn Beck stehen. Dann weiß man, dass man besser gehen sollte. Heutzutage muss man dem anderen erst mal sein iPhone oder iPad entwenden und den Code knacken. Es wird einfach alles komplizierter.«

Die ebenso komplizierte Frage, was eigentlich Science Fiction ist, soll in diesem SF-JAHR nicht noch einmal aufgewärmt werden, sind doch die Fragen nach dem »Wann« oder »Wo« eigentlich viel interes-santer. Dabei wird das »Wann« der Science Fiction landläufig in der Zukunft verortet, aber erst wenn sich die Autoren in die Grenzberei-che dieses weitläufigen Landes namens Zukunft wagen, ist das Genre

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Editorial 15

ganz bei sich. Keine andere Kunst- oder Literaturform bietet solch ausgreifenden, ja waghalsigen Konzepte, wie sie Robert A. Heinlein, Frank Herbert oder Stephen Baxter entwickelt haben: Wie kann eine Gesellschaft aussehen, wenn es das Individuum nicht mehr gibt? Wohin geht die Reise der Menschheit, wenn wir die Galaxis verlassen? Und was geschieht eigentlich am Ende von alldem, am Ende unserer Geschichte?

Und das »Wo«? Wenn man sich umsieht, so entdeckt man spekula-tives Denken und visionäre Szenarien an den unterschiedlichsten Orten, nicht zuletzt im Medien- und Kommunikationsdesign. Dort hat sich seit einigen Jahren eine ganze Szene rund um das sogenannte Interactive Design gebildet, sprich: die Gestaltung unseres alltäglichen Dialogs mit Gebäuden, Toastern, Handys und Computern. Das, was hier für neuartige Kunstinstallationen, Datenvisualisierungen und Be-nutzeroberflächen von Computern und Smartphones erdacht wird, hat die Träume und Vorstellungen der SF-Autoren längst eingeholt. Am besten kann man das im Kino beobachten, wo sich Technik-fantasien wie der tragbare »Kommunikator« auf der Leinwand und das allgegenwärtige Handy im Kinosaal begegnen. Thomas Gläser, Mitbegründer einer Münchner Interactive-Design-Agentur, und Julian Koschwitz, ein Mediendesigner, zeigen in ihren Essays, wo die Science Fiction inzwischen zu finden ist – nämlich überall.

Vom Überall geht es mit großen Schritten zum Nirgends, dem Ou topos. In seiner düsteren Spielart hat sich für diesen Nicht-Ort wieder einmal der Begriff »Dystopie« gefunden – mit anderen Worten: Ge-schichten über das Ende der Welt. Aber was kann nach dem »Ende« noch kommen? Allerhand, wie Gary K. Wolfe in seinem faszinieren-den Essay über dystopische Erzählungen zeigt: Immer wieder haben sich die SF-Autoren daran versucht, die Konsequenzen einer globalen Katastrophe zu erkunden und dem nachzuspüren, was dem Menschen danach noch bleibt – haben das uralte Spiel »Natur gegen Mensch« gespielt, nur mit neu gemischten Karten.

Und dass dieses Science-Fiction-Spiel zumindest einen guten Klang hat, dafür sorgt jener Berufsstand, der in der »Sense of wonder«-Geschichtsschreibung nur marginale Erwähnung findet und doch Un-verzichtbares leistet: die Sound-Designer des SF-Films. Wie die un-vergessliche Eröffnungsszene von Star Wars gezeigt hat: Das seismi-sche Grollen des vorbeifliegenden Sternzerstörers vergisst man nicht

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16 Editorial

so schnell. Leider handelt es sich dabei – Achtung, Spoiler! – lediglich um das Brummen einer defekten Klimaanlage, die Sound-Designer Ben Burtt um den Schlaf brachte. Unzählige solcher Anekdoten und Hintergrundinformationen hat Uwe Neuhold in sei-ner schier unermesslichen, enzyklopädischen Samm-lung der Sounds im Science-Fiction-Film zusammen-

getragen. Man höre und staune – und zücke das Smartphone! Denn QR-Tags wie der nebenstehende führen direkt zu diversen Klangbei-spielen, machen die Science Fiction hörbar und liefern gleichzeitig ein schönes Beispiel f ür die fortschreitende Verschmelzung von Tech-nologie und Alltag.

Das Eintreten der Singularität, Flucht- und Wendepunkt dieser Ver-schmelzung, hat Ray Kurzweil, der unbestrittene Lieblingsfuturologe des Feuilletons, übrigens gerade für das Jahr 2029 prophezeit. Wir müssen nicht so lange auf einschneidende Veränderungen warten: Das SCIENCE FICTION JAHR steht vor einer grundlegenden Renovierung. Unsere eigenen Futurologen sitzen bereits an einem neuen Konzept, und doch bleibt eines unbestritten, Ray Kurzweil hin oder her: Die Zukunft ist offen.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude mit dem vergange-nen, gegenwärtigen und zukünftigen SCIENCE FICTION JAHR!

Ihr Sascha Mamczak, Sebastian Pirling & Wolfgang Jeschke

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FUTUREHISTORY

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Von der Entstehung der Zukunft 19

Von der Entstehung der Zukunft

Future Histories in Literatur und Film

von Stephen Baxter

Meine eigene Future History, der Xeelee-Zyklus, entstand durch Zu-fall.

Die erste Kurzgeschichte, die ich veröffentlicht habe, »Die Xeelee-Blume« (The Xeelee-Flower, Interzone, 19, 1987), führte die rätsel-hafte und mächtige Spezies der Xeelee eher im Nachsatz ein. Für die Handlung dieser Abenteuergeschichte aus der nahen Zukunft benötigte ich mächtige Aliens, die sich im Hintergrund hielten, und so wurden die Xeelee geboren. Ein paar Monate später kam mir die Idee zu einer Geschichte, die später den Titel »Schale« erhielt (Shell, erschienen in: Vacuum Diagrams, 1997, Vakuumdiagramme, 2001). »Schale« spielte in der fernen Zukunft, doch auch hier brauchte ich mächtige Außerirdische im Hintergrund. Nachdem ich die Xeelee in beiden Texten hatte auftreten lassen und da-durch eine Verbindung zwischen den Geschichten geschaffen hatte, wurde mir klar, dass diese Anfang und Ende einer Future History dar-stellten.

Während meiner weiteren Arbeit stellte ich fest, dass ich neue Story-Ideen verbessern konnte, indem ich sie vor dem bereits skiz-zierten Hintergrund ansiedelte. Das Xeelee-Universum mitsamt sei-ner Zukunft nahm langsam Gestalt an, was für mich ebenso über-raschend war wie für meine Leser. Allerdings haben mich die Future Histories von Robert A. Heinlein und Larry Niven seit jeher stark be-einflusst: So etwas wollte ich auch schreiben.

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1991 hatte ich dann – in Form von Kurzgeschichten mit einer Ge-samtlänge von 70 000 Worten – eine zusammenhängende Ge-schichte der Xeelee entwickelt. Letztlich behandelt der Zyklus die Ausbreitung der Menschheit über das Sonnensystem hinaus und ihre Interaktionen mit einer vielfältigen Gemeinschaft außersolarer Spe-zies, in der die rätselhaften Xeelee die Vorherrschaft innehaben; schließlich wird klar, was der zentrale Konflikt unseres Universums ist und welches Schicksal die Menschheit erwartet. Das Herzstück der Serie habe ich später noch einmal überarbeitet: Meine Romane »Das Geflecht der Unendlichkeit« (Timelike Infinity, 1992) und »Ring« (Ring, 1996) bilden zusammen den Kern des Zyklus, während »Das Floß« (Raft, 1991) und »Flux« (Flux, 1993) Episoden vor demselben Hintergrund darstellen. Hinzu kam »Vakuumdiagramme« (Vacuum Diagrams, 1997), eine Sammlung der in diesem Universum angesie-delten Kurzgeschichten, die bis dahin erschienen waren. Seitdem habe ich noch mehrere kurze Texte veröffentlicht, die auf demsel-ben Zeitstrang verortet sind, sowie die drei Romane der Nebenreihe »Kinder des Schicksals« »Der Orden« (Coalescent, 2003), »Sternen-kinder« (Exultant, 2004) und »Transzendenz« (Transcendent, 2005). Dazu kam eine weitere Story-Sammlung mit dem Titel »Resplen-dent« (2006). In Letztgenannter wird vom Aufstieg der Menschheit zu einer Spezies berichtet, die in der gesamten Galaxis zu Hause ist und mit den Xeelee auf Augenhöhe steht, aber auch von ihrem an-schließenden Niedergang: eine Episode von nur etwa einer Million Jahre auf einem Zeitstrang, der die gesamte Lebens dauer und den Tod des Universums umfasst.

In gewissem Maße wusste ich von Anfang an, was ich tat. Ich sehe mich als Autor, der fest in der Genretradition der Future History verankert ist. Aber was sind Future Histories eigentlich? Welchen Reiz üben sie aus, welche Probleme werfen sie für Leser und Auto-ren auf?

Obwohl die Technik der Future History einigen der beliebtesten und beständigsten Werke der Science Fiction zugrunde liegt, fin-det sich in der »Encyclopedia of Science Fiction« von John Clute und Peter Nicholls keine entsprechende Definition. Allerdings taucht in John Clutes »Science Fiction: The Illustrated Encyclopedia« (1995) eine brauchbare Beschreibung auf, illustriert durch eine gute Grafik. Clute sagt: »In der modernen Science Fiction bezeichnet der Begriff

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Future History einen kohärenten Zeitrahmen, der bestimmte be-deutsame historische Momente festlegt und in dem einzelne Ge-schichten angesiedelt werden können.« Ich würde noch hinzufügen, dass eine Reihe von Werken, damit sie als Future History bezeichnet werden kann, Elemente aufweisen sollte, die in verschiedenen Zeit-

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abschnitten der übergreifenden Chronologie spielen; die Chronolo-gie sollte also nicht bloß als Hintergrundgeschichte für in einem ein-zelnen Zeitabschnitt spielende Werke dienen.

Eine einfachere Definition wäre vielleicht die, in deren Sinne Ro-bert A. Heinlein praktische Pionierarbeit geleistet hat: Wenn etwas einen zusammenhängenden Zeitstrang aufweist, dann ist es eine Future History.

Wie Clute in der »Illustrated Encyclopedia« bemerkt, gilt Heinleins als solche betitelte Future History als Erste, die überhaupt innerhalb des Genres erschienen ist, und zwar im Februar 1941 in Astounding Science Fiction. Tatsächlich scheint Astounding-Herausgeber John W. Campbell den Begriff Future History in jener Februarausgabe ge-prägt zu haben. Die meisten der Geschichten wurden im Laufe der vierziger Jahre geschrieben, doch gegen Ende seines Lebens wandte Heinlein sich erneut dem Projekt zu. Die Hauptära seines Zeit-strangs (der, wie nicht zu vergessen ist, vom Jahr 1941 ausging) sind die »verrückten Jahre« technologischen Fortschritts und gesellschaft-lichen Verfalls, die bis 1975 andauern und auf die ein bis 2000 wäh-rendes Zeitalter des »interplanetaren Imperialismus« folgt. Danach kommt eine Zeit des Puritanismus und der »sozialen Kontrolle« und ab 2075 ein Zeitalter, in dem die menschliche Zivilisation langsam erwachsen wird. Heinlein war der Meinung, dass die Eroberung der Weiten des Alls und der Zukunft selbst essenziell sei für den menschlichen Geist; seine Chronologie war eine Art Leiter, auf der die Menschheit emporsteigen konnte, um als Spezies zu reifen.

Wie alle darauffolgenden Future Histories – vermute ich zumin-dest – enthält Heinleins Werk Elemente von zweifelhafter Konsis-tenz, und die Kenner streiten sich bei einigen Geschichten darüber, ob sie überhaupt ins Gesamtbild passen. Doch manche schöpfe-rischen Werke entstehen nun mal über einen gewissen Zeitraum hinweg, Inkonsistenzen sind dabei unvermeidlich. Und Heinleins selbstverständlich von der Realität überholte Ausgangsdaten ver-deutlichen ein Problem, das jede Science Fiction hat, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft spielt: nämlich dass sie mit der Zeit zur Alternativweltgeschichte wird. (Wenn man, wie ich, mit kos-mologischen Zeitmaßstäben arbeitet, macht man sich das Leben sogar noch schwerer, da die werten Kosmologen ständig ihre Mei-nung über unsere Aussichten für die ferne Zukunft ändern.)

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Von der Entstehung der Zukunft 23

Das Manuskript der ersten Future-History-Geschichten von Hein-lein entstand 1939, Campbell veröffentlichte eine frühe Fassung von Heinleins Zeitstrang im März 1941 in Astounding. Im Gegensatz zu meiner allmählichen Entdeckung der Xeelee-Geschichte hatte Hein-lein seine Zukunft im Verlauf seines Projekts anscheinend schon sehr früh konzipiert. Aber ein noch früheres Beispiel für eine Future History, die beinahe zufällig als Werk eines Autors entstand, der klar und schlüssig über mögliche Zukünfte nachdachte, stammt von H. G. Wells.

Nach der Veröffentlichung von »Die Zeitmaschine« (The Time Machine, 1895) kehrte Wells nie wieder in die eindrückliche ferne Zukunft der Eloi und Morlocks zurück, doch immerhin spekuliert der Zeitreisende darüber, wie diese Zukunft aus seiner eigenen Ge-genwart hervorgegangen sein könnte. Und in der Erzählung »A Story of the Days to Come« (Pall Mall Magazine, 1897), einem Werk, das eng mit Wells’ dystopischem Roman »Wenn der Schläfer erwacht« (When the Sleeper Awakes, 1899) verknüpft ist, besuchen wir eine nahe Zukunft, in der London zu einem gewaltigen, kristallenen Ge-bäude geworden ist, einer »Arkologie«, wie wir heute sagen würden. In dieser von der Außenwelt abgeschlossenen Stadt gibt es Span-nungen zwischen den licht-durchströmten oberen Ebe-nen, in denen die Aristokratie ein bequemes Leben führt, und den unteren Ebenen, in denen blau uniformierte Vor-läufer der Orwell’schen Prole-ten leben – als wollte Wells jenen Zeitpunkt in der Ent-wicklung der Eloi-Morlock-Dichotomie ausführlicher be-leuchten, an dem die ge-sellschaftlichen Kräfteverhält-nisse der Menschheit eine Trennung in Besitzende und Habenichtse aufzwingen. Eine Trennung, die sich im Zeit-alter von »Die Zeitmaschine«

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Page 24: Das Science Fiction Jahr 2011.indd 1 09.08.11 17:54media.libri.de/shop/coverscans/137/13784577_lprob.pdf · Inhalt 5 Inhalt Editorial 13 Schwerpunkt: Future History Von der Entstehung

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Sascha Mamczak, Wolfgang Jeschke

Das Science Fiction Jahr 2011

ORIGINALAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 1312 Seiten, 12,5 x 18,7 cmISBN: 978-3-453-53379-0

Heyne

Erscheinungstermin: September 2011

Unverzichtbar für jeden, der mit der Zukunft Schritt halten will! Future Histories – jetzt erst recht! Wie sieht unsere Welt in Hunderten, Tausenden, Millionenvon Jahren aus? Welches Schicksal erwartet uns am äußersten Rand der Zeit? Neben solchenmakrohistorischen Fragen widmet sich das „Science-Fiction-Jahr 2011” verstärkt dem Auftretender Science Fiction in den alten und neuen Medien unserer Gegenwart. Außerdem: Essays,Interviews, Rezensionen, Marktberichte und vieles mehr…