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Das Steuersystem Britisch Indiens Author(s): Karl Theill Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 47. Jahrg., H. 2 (1930), pp. 157-174 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40907973 . Accessed: 12/06/2014 13:08 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.78.144 on Thu, 12 Jun 2014 13:08:37 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Das Steuersystem Britisch Indiens

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Das Steuersystem Britisch IndiensAuthor(s): Karl TheillSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 47. Jahrg., H. 2 (1930), pp. 157-174Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40907973 .

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Das Steuersystem Britisch Indiens1). Von Dr. Karl Theill.

Assistent am Institut für Finanzwissenschaft an der Universität Breslau.

Die politischen Kämpfe in Britisch Indien haben seit Monaten die allgemeine Aufmerksamkeit wieder einmal auf dieses den Abendländern so seltsam erscheinende Land gezogen und Indien in den Vordergrund des Tagesinteresses treten lassen. Dem aufmerksamen Beobachter wird es nicht entgangen sein, daß der Kampf um die großen Verfassungs- und Sozialreformen sich auch auf die Ausgestaltung und Reform des Steuersystems bezieht. So verdienen die steuerlichen Einrichtungen und steuerpolitischen Bestrebungen in Indien gegenwärtig ganz besondere Beach- tung, um so mehr, als Indien ein altes Kulturland ist, dessen Finanzgeschichte dem Forscher eine Fülle hochinteressanten Stoffes darbietet.

1. Zur Vorgeschichte. Viele der Steuern und Abgaben, die noch in neuester Zeit unter der Herrschaft

der Ostindischen Compagnie und der Krone Englands in Indien erhoben worden sind und zum Teil noch jetzt erhoben werden, haben eine sehr alte Geschichte oder können zum mindesten auf uralte Vorbilder zurückgeführt werden.

Schon die älteste Periode der indischen Geschichte, über die Berichte exi- stieren, nämlich die der Samhitãs und der Brãhmanas, läßt die Anfänge einer ge- ordneten, wenn auch noch primitiven Finanzverfassung erkennen. Aus den Be- richten über die folgende Zeit der frühen Hindu-Periode jedoch kann man sich schon ein klares Bild machen. Eingehende Untersuchungen 2) ergeben, daß in

x) A 1 s t ο η , L. : Elements of Indian Taxation. London 1910. - Ambedkar, B. R. : The Evolution of Provincial Finance in British India. London 1925. - Balkrishna: The Indian Taxation System, in Indian Journal of Economics (Allahabad), Juli und Oktober 1927. - Β a n e r - j e a , P. : Indian Finance in the Days of the Company. London 1928. - Provincial Finance in India. London 1929. - A History of Indian Taxation. London 1930. - C h a η d , G. : The Financial System of India. London 1926. - Ghoshal, U. N. : Contributions to the History of the Hindu- Revenue System, Calcutta 1929. - Konow, Sten: Indien unter der englischen Herrschaft. Tübingen 1925. - Ν i y ο g i , J. P. : The Evolution of the Indian Income Tax. London 1929. - Pagar, Shankar M.: The Indian Income Tax; its History, Theory and Practice. Baroda 1920. - Ramaiya, Α.: A National System of Taxation. Madura 1924. - Shah, Κ. Τ. : Sixty Years of Indian Finance. 2. Aufl., Bombay und London 1927. - Federal Finance in India. London und Bombay 1929. - S h a h , Κ. Τ. und K ham b a t a , Κ. Ι. : Wealth and Taxable Capacity of India. London 1924. - Shirras, G. Findlay: The Science of Public Finance. London 1925. - Der Staatshaushalt und das Finanzsystem Indiens. Hdb. d. Finanzw., 3. Bd. Tübingen 1929. - S t r a - c h e y , Sir John und Lt. Gen. Richard : The Finances and Public Works of India from 1869 to 1881. London 1882. - Theill, Karl: Die Einkommensteuern der großen britischen Domi- nions, unter Einschluß Britisch Indiens, Jena 1930. - Vakil, C. N.: Financial Developments in modern India 1860-1924. Bombay und London 1925. - W a 1 1 a 1 , Ρ. Κ. : The System of Finan- cial Administration in British India. Bombay und Calcutta, 1923. - Über die neuesten Rechnungs- und Etatszahlen (1926-27 bis 1929-30) Britisch Indiens vgl. Finanzarchiv 47 (1930) S. 276.

») Vgl. G ο s ha 1 , U. Ν.: Contributions to the History of the Hindu Revenue System, Cal- cutta 1929. - Dr. Balkrishna: The Hindu Taxation System, in Indian Journal of Economics 1927, ferner Pagar, Shankar M.: The Indian Income Tax, its History, Theory and Practice, Baroda 1920, S. Iff.

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dieser Kulturepoche Altindiens bereits ein ausgebildetes System von direkten und indirekten Steuern bestand, daß es sogar besoldete Steuerbeamte gab. Wir besitzen über diese Zeit in dem großen Werk über die Staatskunst „Arthaéãstra" *) und den Gesetzbüchern (Smrtis) ungemein interessante Angaben, in denen uns bereits ein geradezu modern anmutendes Denken über die Fragen der Besteuerung ent- gegentritt. In den Lehren des „Arthaáãstra" finden wir in vieler Hünsicht schon das ausgesprochen, womit sich viel später in Europa die deutschen Kameralisten beschäftigt haben. Wir sehen in den Smrtis ferner bereits deutlich die Äquivalenz- theorie begründet und Gedanken auftauchen, denen wir bei uns erst wieder bei Adam Smith und Simonde de Sifcmondi begegnen. Um jene Zeit zu ver- stehen, muß man sich vergegenwärtigen, daß in den Hindustaaten bereits ein reges kulturelles Leben herrschte, daß Ackerbau und Handwerk in hoher Blüte standen und daß diese Gewerbe allgemeine Achtung genossen. In heilig gehaltenen Gesetz- büchern waren die für normale Zeiten vorgesehenen Staatseinkünfte festgelegt und die Sätze, nach denen sie erhoben werden sollten. Willkürlich festgesetzte Tribute an den König als Repräsentanten des Staates spielten allem Anschein nach nur eine unbedeutende Rolle. Der König war vielmehr im allgemeinen an die Vor- schriften des „Sacred Law" gebunden. An erster Stelle unter den Einnahmen stehen die Einkünfte aus der Land Revenue, einer Abgabe, die wir noch im heutigen Steuersystem wiederfinden und auf die an anderer Stelle noch näher einzugehen sein wird 2). Der Anteil des Königs wurde schon damals verschieden hoch angesetzt, je nach der Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit des Bodens. Bemessungsgrundlage war der Naturalreinertrag. Die Höhe des Herrscheranteils schwankte zu verschiedenen Zeiten. Es ist anzunehmen, daß allmählich eine Erhöhung stattfand, wodurch die Abgabe oft drückend wurde, zumal meist noch andere Lasten neben die Land Revenue traten. In den Städten gab es eine Art „Bürgerabgabe", daneben be- sondere Steuern auf Handel und Gewerbebetrieb. Dazu kamen ferner einige Ver- brauchssteuern und Zollabgaben. Alte Inschriften lassen darauf schließen, daß gerade diese Abgaben zu bestimmten Zeiten eine besondere Rolle gespielt haben. Unter den Verbrauchssteuern kam schon damals der Salzabgabe eine vorherrschende Bedeutung zu. Die schon mehrfach erwähnte Quelle des „Arthaáãstra" gibt an, daß die Salzeinkünfte aus einem kombinierten System von Staatsmonopol, Ver- brauchssteuer und Zollabgabe stammten. Weiterhin waren Getränkesteuern und Steuern auf das Spielen eine beliebte Einnahmequelle, bis zu dem Zeitpunkte wenigstens, wo religiöse Einflüsse (buddhistische Lehre, Jaina) sich gegen alko- holische Getränke und gegen das Spielen geltend machten.

Neben allen diesen Einkünften bezog der König erhebliche Einnahmen aus den Erträgen von Staatsländereien, -forsten und -bergwerken, sowie aus einem sehr ausgebauten System von Gebühren aller Art. Soweit außerordentliche Einkünfte erforderlich waren, war man um Mittel nicht verlegen. Auch hier finden wir neben den gebräuchlichen Methoden der Mittelbeschaffung schon Zwangsanleihen, Münz- verschlechterungen, dazu Besonderheiten, wie z. B. Verkauf von Götterbildnissen oder Kriegssteuern zur Verteidigung gegen bestimmte besonders gefährliche Landes-

*) Das Werk wird einem Brahmanen des 4. Jahrhunderts v. Chr., Kautilya, zugeschrieben, den man geradezu als den indischen Macchiavelli bezeichnet hat. - Vgl. G o w e η , Herbert H. : The Indian Macchiavelli or political theory in India two thousand years ago, in Political Science Quarterly, New York, Juni 1929.

*) Vgl. S. 172. 692

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feinde, vergleichbar dem im alten Deutschen Reich zur Abwehr gegen die Türken und Hussiten erhobenen „gemeinen Pfennig".

Viele dieser Institutionen der frühen Hindu-Periode sind später in der Epoche der Mohammedanerherrschaft verschwunden oder abgewandelt worden, zum Teil sind sie aber nachher zu neuem Leben erwacht und sind mehr oder weniger merklich noch in dem unter englischer Herrschaft entstandenen und weiter ausgebauten Steuersystem vorhanden.

2. Das gegenwärtige Steuersystem Britisch Indiens1). Für das Verständnis des indischen Steuerwesens der heutigen Zeit ist wesent-

lich die staatsrechtliche Struktur Britisch Indiens. Die Verwaltung trägt keinen unitarischen Charakter, sondern zeigt vielmehr durchaus das Gepräge einer bundes- staatlichen Verfassung. So finden wir dort auch verschiedene Steuergewalten, nämlich die Zentralregierung, die Provinzen und die lokalen Körperschaften 2). Diese Trennung tritt besonders deutlich seit 1920 zutage, als eine strenge Scheidung zwischen den Zentral- und Provinzialfinanzen erfolgte, sowie eine Vermehrung der verwaltungsrechtlichen Kompetenzen der Provincial Councils und damit auch eine Stärkung der politischen Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit der Provinzen.

Das gegenwärtige System ist das Ergebnis einer langjährigen Entwicklung. Während der ersten Jahrzehnte der britischen Herrschaft besaßen die Präsident- schaften Bengalen, Madras und Bombay eigene Gesetzgebungs- und Steuergewalt. Erst mit dem Government of India Act von 1833 wurde die Gesetzgebungsgewalt auf den Governor- General in Council übertragen, und es setzte entsprechend diesem Zuge zur Zentralisierung auch eine zentralistische Steuerpolitik ein. Doch mit dem Übergang Indiens unter die Herrschaft der englischen Krone (1858) begann wieder eine Auflockerung des streng zentralistischen Systems. Man wollte die Provinzen wieder unabhängiger machen, d. h, ein „Federal- System" an die Stelle des „Im- perial-System" setzen. Diese Bestrebungen fanden zunächst wenig Unterstützung seitens der Zentralregierung, allmählich aber entschloß man sich doch dazu. Schon der Indian Councils Act von 1861 setzte wieder „legislative councils" in den Pro- vinzen ein, und im Jahre 1870 hatte sich der Gedanke der dezentralisierten Ver- waltung bereits so weit durchgesetzt, daß die Provinzialregierungen ermächtigt waren, für Provinzzwecke eigene Steuern zu erheben. Der Grund für diese Maß- nahme war der, daß die Provinzen künftig einen Teil der im Zusammenhang mit der weiteren Erschließung des Landes ständig steigenden Verwaltungslasten auf sich nehmen sollten. Zu gleicher Zeit ging man auch an eine systematische Regelung der Lokalfinanzen, und es entwickelten sich im Anschluß daran nunmehr auch die lokalen Steuersysteme. Über den heutigen Stand der provinzialen und lokalen Finanzgebarung und Steuergesetzgebung in Indien wird weiter unten in einem besonderen Abschnitt noch berichtet werden.

Zunächst seien die Steuern behandelt, welche die Zentralregierung erhebt, und zwar im Hinblick auf ihre Entwicklungsgeschichte unter der englischen Herrschaft und hinsichtlich ihrer heutigen Gestalt, allerdings mit der im Rahmen dieses Auf-

l) Vgl. außerdem Shirras, G. Findlay : Der Staatshaushalt und das Finanzsystem Indiens, in Hdb. d. Finanzw. 3. Bd. Tübingen 1929.

*) Es handelt sich bei den vorliegenden Betrachtungen nur um Britisch Indien, d. h. Indien ausschließlich der Eingeborenenstaaten.

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satzes notwendigen Beschränkung auf die wichtigsten Tatbestände. Die Haupt- steuern, welche die Zentralregierung nach dem neuen Teilungsplan von 1920 nunmehr allein erhebt und die uns hier interessieren, sind die Einkommensteuer, sowie die Salzabgabe. Dazu kommen die Erträge aus dem Opiummonopol, das hier ebenfalls behandelt werden soll *).

a) Die Einkommensteuer2). Die Einführung der Einkommensteuer in Britisch Indien fällt in das Jahr

1860. Sie ist eine Folge der nach dem Sepoy- Aufstand von 1857 bedrohlich gewor- denen Finanzlage und der dadurch notwendig gewordenen Finanzreform. Der Leiter der ganzen Reform war der von England als Sachverständiger entsandte JamesWilson, ein Mann, der sich aus kleinen Verhältnissen dank ungewöhn- licher Arbeitskraft von Stufe zu Stufe emporgearbeitet hatte. Er wurde damals Indiens erster Finanzminister und zugleich der Schöpfer der indischen Einkommen- steuer.

Direkte Steuern waren in Indien nicht neu. Wir haben gesehen, daß schon die frühe Hindu- Periode ein gut ausgearbeitetes System von „direkten" Steuern kannte, die indessen vorwiegend kopfsteuerartigen oder ertragsteuerartigen Cha- rakter trugen. Noch in neuerer Zeit bestanden solche Abgaben, so die kopfsteuer- artige ihatameda in Burma, die pandhari-t&x in den Zentralprovinzen und die moturpha-tsLxes (nach einem arabischen Wort, das „Handwerker" bedeutet). Letztere bestanden vor allem in Südindien als Steuern für die arbeitenden Klassen und bildeten meist den Grundstock für die Finanzen der Eingeborenenstaaten. In Madras bestand die Moturpha z. B. bis 1860, dem Jahre der Einführung der Ein- kommensteuer.

Die von Wilson vorgesehene Einkommensteuer war als allgemeine Ein- kommensteuer gedacht. Ihr unterlagen alle Einkommen, auch die aus Landwirt- schaft (heute ist dies nicht mehr der Fall), nur Landeigner, deren Rente niedriger als 600 Rupien jährlich war, sollten ausgenommen sein. Nach dem Plane Wilsons setzte sich die neue Steuer im übrigen folgendermaßen zusammen: Es wurden erhoben 2% Steuer auf jährliches Einkommen zwischen 200 bis 500 Rupien und 4% auf Einkommen über 500 Rs. Von diesen 4% sollten indessen nur 3% dem Imperial Government zufallen, 1% dagegen den Provinzialregierungen für ihre Zwecke zugewiesen werden, insbesondere zur Schaffung produktiver Anlagen (Wege-, Kanalbauten usw.). Die Steuer war als Notmaßnahme gedacht und sollte zunächst nur für einen Zeitraum von 5 Jahren erhoben werden. Bezüglich der Veranlagung wurden viele steuertechnische Bestimmungen von der englischen Einkommensteuer übernommen.

Gegen die Steuer als Ganzes machte sich verschiedentlich scharfer Wider- spruch geltend, der sich später noch verstärkte. Nicht nur Einheimische waren es, die sich der Einführung einer Einkommensteuer widersetzten, sondern auch aus den Kreisen leitender Regierungsbeamter wurde scharfe Kritik geübt. Hier war es besonders der Gouverneur von Madras, Sir Charles Trevelyan, der auf

x) Hinsichtlich der anderen Einnahmequellen vgl. den schon zitierten Artikel von Shirras im Hdb. d. Finanzw. 3. Bd.

a) Vgl. hierzu auch meine Studie: Die Einkommensteuern der großen ontiscnen Dominions, unter Einschluß Britisch Indiens (Finanzwissenschaftliche und volksw. Studien, herausgegeben von Prof. Dr. Karl Bräuer, Heft 18), Jena 1930.

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die Mängel der Steuer hinwies und auf die Gregnerschaft, auf die sie bei der Bevöl- kerung stoßen würde. Obwohl man möglichst davon absehen wollte, inquisitorische Maßnahmen bei der Erhebung anzuwenden, so verstand doch der durchschnittliche Inder nicht die Notwendigkeit, seine pekuniären und privaten Angelegenheiten offen darlegen zu müssen, und „wenn die Befehle zur Erhebung der Einkommen- steuer von Kalkutta kamen, war es so, als ob die Inkarnation einer ihrer bösartigen Gottheiten ihnen eine neue seltsame Marter auferlegt hätte", wie der erwähnte Sir Charles Trevelyan später berichtete. Viele witterten hinter der Ein- kommenbesteuerung eine allmähliche Vermögenskonfiskation. Wilson stellte sich allen Angriffen auf sein Werk mit Nachdruck entgegen, indem er teils darauf hinwies, daß eine ganze Reihe befürwortender Stimmen vorhanden sei (auch aus Kreisen der Inder, darunter besonders der Maharadscha von Burdwan), teils aktiv gegen die schärfsten Gegner vorging. Sir Charles Trevelyan wurde von seinem Posten abberufen. Auch begründeten Vorschlägen, die Steuer anders, ζ. Β. progressiv zu gestalten, zeigte sich Wilson wenig zugänglich, indem er seiner Meinung dahin Ausdruck gab : „that it was no part of the functions of fiscal arrange- ments to equalise the conditions of men."

Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Einkommensteuer in ihrer ersten Form ein Fehlschlag war. Besonders erwies sich die Besteuerung so niedriger Einkommen wie der zwischen 200 und 500 Rupien als unrentabel. Obwohl nämlich fast zwei Drittel der Einkommensteuerpflichtigen unter diese Kategorie fielen, machte der Ertrag aus dieser Steuerstufe nur ein Fünftel des Gesamtaufkommens aus. Daher wurde 1862 diese ganze Klasse von Steuerzahlern von der Besteuerung ausgeschlossen. 1863 wurde der Gesamtsteuersatz von 4% auf 3% herabgesetzt. 1865 war die Zeit der ja vorerst nur für die Dauer von fünf Jahren angesetzten Ein- kommensteuer abgelaufen. Es machten sich zwar Bestrebungen geltend, sie auch über die fünfjährige Frist hinaus beizubehalten, sie scheiterten aber an der Gegner- schaft des schon erwähnten Sir CharlesTrevelyan, der inzwischen wieder zu Amt und Würden gekommen und Finance Member geworden war. Die Ein- kommensteuer wurde folglich zunächst in Reserve gestellt. Da sich indessen schon 1866 ein Defizit des Regierungsbudgets von 2,8 Millionen £ und für 1867 eine Er- höhung des Defizits um eine weitere Million £ zeigte, wäre die Einkommensteuer beinahe sehr schnell wieder auf dem Plan erschienen. Die immer wieder erhobenen schweren Bedenken hingegen bewirkten aber letztlich, daß man zunächst einen anderen Weg für die Erschließung neuer Einkünfte einschlug, und zwar durch Erhebung einer Licence Tax on Trades and Professions. 1868 wurde diese Lizenz- steuer durch eine Certificate Tax ersetzt.

Da diese Notbehelfssteuern gegenüber dem weiter wachsenden Defizit nur eine sehr bescheidene Wirkung ausübten, griff man aber schließlich doch wieder auf die Einkommensteuer zurück.

Die Zeit bis 1873 ist durch dauernde Steuerexperimente gekennzeichnet. In diesem Jahre wurde die Einkommensteuer von neuem suspendiert. Bis 1886 blieb sie außer Kraft. Aber die neu einsetzende Verschlechterung des Budgets bewirkte, daß der Finanzminister im Januar 1886 ein Gesetz beim Legislative Council ein- brachte, welches die Auflegung einer Einkommensteuer unter Ausschluß der landwirtschaftlichen Einkommen verlangte. Die steuerpflichtigen Einkommen wurden dabei in vier Schedulen eingegliedert. Diese umfaßten 1. Gehälter und

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Pensionen, 2. Gewinne der Gesellschaften (companies), 3. Zinsen aus Kapitalanlagen und 4. Einkommen aus sonstigen Quellen. Die Steuersätze für die erste Schedule betrugen bei Einkommen bis 2000 Rs 4 pies pro Rupie, bei Einkommen über 2000 Rs 5 pies pro Rupie; für die zweite Schedule durchweg 5 pies pro Rupie; für die dritte Schedule waren die Sätze genau so hoch wie für Schedule 1, und Ein- kommen aus sonstigen Quellen wurde mit einem progressiven Stufenbetragstarif (in Form der Teilmengenstaffelung) besteuert.

Das Gesetz wies eine Reihe von Mängeln auf, die zum Teil von großer Bedeu- tung waren und Anlaß zu lebhafter Kritik gegeben haben.

Gehälter und Pensionen, desgleichen Zinsen aus £- Anleihen Indiens, die in England zur Auszahlung kamen, unterlagen der indischen Einkommensteuer nicht, obwohl sie aus indischen Quellen flößen. Eine Ausnahmestellung nahmen ferner die Guaranted Railway Companies ein. An sich hätten sie nach Gruppe 2 (profits of companies) mit ihrem Nettogewinn (Rohgewinn abzüglich Betriebs- unkosten) zur Einkommensteuer veranlagt werden müssen, wurden aber durch eine Entscheidung des Staatssekretärs für Indien nur mit dem Überschuß über den garantierten Zinsendienst zur Steuer gerangezogen, was natürlich eine erheb- liche Herabminderung der sonst erzielten Steuererträge bedeutete. Eine ähnliche Sonderstellung hatten die Schiffahrtsgesellschaften inne, deren Hauptgeschäftssitz sich außerhalb Indiens befand (und fast alle Schiffahrtsgesellschaften, die unter dem Schutz der indischen Regierung große Gewinne erzielten, waren englische Gesellschaften, die ihren Hauptgeschäftssitz im Heimatlande hatten!). Eine ge- wisse Bedeutung erlangte des weiteren die Frage, wie die Teepflanzer und die Teeanbaugesellschaften steuerlich zu behandeln seien. Bei den kleinen Teepflan- zern, die nur die Blätter ernteten und dann verkauften, war ohne weiteres ersicht- lich, daß ihr Einkommen landwirtschaftlicher Natur, daher nicht einkommensteuer- pflichtig sei. Dagegen traten Schwierigkeiten auf, sobald die Teepflanzer - es» kamen hier vor allem die Teeanbaugesellschaften in Frage, die größtenteils gleich- falls in ausschließlich englischen Händen waren - noch eigene Betriebe besaßen* in denen die Teeblätter bis zum Endfabrikat aufbereitet wurden. Es mag hier vorweggenommen werden, daß bis zum Jahre 1920 auch die Gewinne aus dem Handel mit solchem fertigen Tee als landwirtschaftliches Einkommen angesehen wurden. Erst 1920 entschied der Oberste Gerichtshof in Kalkutta (Calcutta High Court), daß der aus der Aufbereitung des Rohmaterials zu fertiger Ware erzielte Gewinn nicht als landwirtschaftliches Einkommen aufzufassen sei, sondern fortan der Einkommensbesteuerung unterliegen solle. Viele Jahre hindurch haben sich somit die englischen TeegeseU Schäften eines ungerechtfertigten Privilegs zu Lasten des indischen Schatzamtes erfreut *).

Das Einkommensteuergesetz von 1886 blieb, abgesehen von gelegentlichen Ergänzungen und kleineren Änderungen, für lange Zeit in Kraft. 1903 wurde die Freigrenze wieder auf 1000 Rupien heraufgesetzt. Eine wesentliche Änderung aber trat erst 1916/17 mit der progressiven Gestaltung der Steuer ein, für die schon 1860 Vorschläge gemacht worden waren.

Dadurch, daß zunächst nur Einkommen über 5000 Rs progressiv besteuert

*) Vgl. V a k i 1 , C. N. : Financial Developments in modern India 1860 - 1924. Bombay und London, 1925, S. 390 und Ν i y ο g i , J. P. : The Evolution of the Indian Income Tax, London 1929, S. 155.

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wurden, blieb die Masse der Einkommensteuerpflichtigen von der Progression fürs erste unberührt (1914 bezogen von 332 000 Veranlagten nur 37 000 ein Ein- kommen über 5000 Rs). Im folgenden Jahre kam eine Supertax auf Einkommen über 50 000 Rs als Ergänzung zur Normalsteuer hinzu.

Die progressive Gestaltung der Einkommensteuer und die Einführung der Supertax hatte ihren Grund in der Einbeziehung Indiens in den Weltkrieg. Zuerst war zwar beabsichtigt, die Kriegsausgaben auf dem Anleihewege zu decken. Da die Anleiheaussichten auf dem Londoner Geldmarkt indessen sehr schlecht waren, wandte man sich lieber der Erschließung neuer bzw. dem Ausbau schon vorhandener Einnahmequellen zu. Erwerbsgesellschaften unterlagen der Supertax zunächst nur mit dem Gewinn, der nach Abzug etwa ausgeschütteter Dividenden oder sonstiger Ausschüttungen an Gteschäftsteilhaber verblieb. 1920 wurden die Bestimmungen jedoch dahin geändert, daß nunmehr das gesamte Gtesellschaftseinkommen über 50 000 Rs mit einem Einheitssatz von 1 anna pro Re besteuert werden sollte.

Inzwischen waren 1918 auch einige Verbesserungen der normal-tax erfolgt. Statt der ursprünglichen vier Steuer- Schedulen wurden sechs gebildet, nämlich 1. Gehälter und Pensionen, 2. Zinsen aus Kapitalanlagen, 3. Einkommen aus Hausbesitz, 4. Einkommen aus Geschäftsbetrieb, insbesondere Gewinne der Ge- sellschaften, 5. Einkommen aus freier Berufstätigkeit, 6. Einkommen aus sonstigen Quellen.

1919 wurde die untere Steuergrenze auf 2000 Rs heraufgesetzt. Weitere Er- höhungen der Steuersätze traten 1921 und 1922 ein 1).

Schon bei der Beratung des Haushaltplanes für das Rechnungsjahr 1918/19 war es zu interessanten Vorschlägen gekommen, die dahin zielten, die Einkommen- steuergesetzgebung in einem neuen Gesetz grundlegend zusammenzufassen. Von besonderer Bedeutung erscheint hierbei, daß sich Bestrebungen geltend machten, auch die Einkommen aus Landwirtschaft, die seit 1886 nur der Land Revenue unterlagen, wieder in das Einkommensteuergesetz einzubeziehen. Diese Bestre- bungen haben jedoch keinen Erfolg gehabt; denn in dem neuen Einkommensteuer- gesetz von 1922 (Act Nr. XI, 1922), das die Grundlage der heute geltenden Ein- kommensteuergesetzgebung bildet, erscheint das „agricultural income" wiederum unter der Reihe der Einkommen, die nicht dem Einkommensteuergesetz unterliegen.

Faßt man die wesentlichen Merkmale der geltenden Einkommensteuergesetz- gebung in Indien in Kürze zusammen, so läßt sich folgendes sagen:

Die Neugestaltung der Einkommensteuer ist notwendig bedingt gewesen in erster Linie durch die politischen Reformen, die 1919 in Angriff genommen wurden und die dem Lande - wenn auch vorerst nur in beschränktem Umfange - das lange geforderte parlamentarische Mitbestimmungsrecht brachten. Hand in Hand damit ging die Neuordnung der finanziellen Gewaltenteilung zwischen der Zentral- regierung und den Provinzen. Die Einkommensteuer wurde nunmehr eine Ein- kommensquelle lediglich der Zentralregierung. Verbunden damit war eine Zen- tralisation der Steuerverwaltung und eine Neugestaltung der Steuertechnik, die nicht zuletzt auch die notwendige Verbesserung der Steuermoral zur Folge haben

x) 1919 war außerdem eine Excess Profits Duty eingeführt worden, die aber nur dies eine Jahr bestand. Man ging von einem standard profit in Höhe von 10% des Gesellschaftskapitals aus oder von dem Durchschnitt des Einkommens in bestimmten Kriegs- und Vorkriegsjahren. Über diesen standard profit oder den Durchschnitt hinausgehende Gewinne wurden ungefähr mit 50% erfaßt. (Vgl. Vakila. a. O., S. 393 und Ν i y ο g i a. a. O., S. 166 ff.).

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sollte. Freilich, vieles ist in dem Steuergesetz von 1922 noch nicht verwirklicht worden. Das Indian Taxation Enquiry Committee von 1925 hat Gelegenheit ge- habt, auf eine ganze Reihe von noch vorhandenen Mängeln aufmerksam zu machen, wenn auch in nicht immer glücklicher Einstellung zu den der Lösung harrenden Problemen, so insbesondere zu der Frage der stärkeren Durchdringung der Ein- kommensteuer mit subjektiven Merkmalen. Hier weist die Einkommensteuer- gesetzgebung noch heute wesentliche Lücken auf. Es gibt in Indien ζ. Β. keine Unterscheidung zwischen Arbeit- und Besitzeinkommen, keine oder nur eine ge- ringe Berücksichtigung des Familienstandes des Steuerpflichtigen. Auf diese Fragen wird später noch zurückzukommen sein. Immerhin bringt das Einkommen- steuergesetz aber in einigen wichtigen Punkten doch eine wesentliche Verbesserung gegenüber der früheren Lage.

Rein äußerlich erscheint zunächst schon bemerkenswert die nach englischem Vorbild vorgenommene Trennung zwischen den allgemeinen Bestimmungen und der Tarif gesetzgebung. Letztere erfolgt nunmehr in einem besonderen jährlichen Finanzgesetz. Das bedeutet zugleich auch eine wichtige Maßnahme auf politischem Gebiet, da jetzt die Legislative alljährlich über die Festsetzung der Steuersätze mitzubestimmen hat.

Andere wichtige Änderungen sind folgende : Hinsichtlich der Steuerveranlagung räumt das Gesetz auf mit der in vieler Hinsicht unzulänglichen und ungerechten bisherigen Veranlagungsmethode (provisional assessment and adjustment system), die durch das Gesetz von 1918 eingeführt worden war. Vor 1918 wurde das Ein- kommen des laufenden Jahres veranlagt, und zwar auf Grund des Einkommens des Vorjahres. Zeigte jedoch das laufende Steuerjahr ein geringeres Einkommen als das des Vorjahres, so war der Veranlagte berechtigt, Rückvergütung der zuviel gezahlten Steuer zu verlangen. Das brachte den Nachteil mit sich, daß mangels einer entsprechenden Bestimmung im Gesetz ein dem Vorjahre gegenüber höheres Einkommen vielfach nicht erfaßt werden konnte, weil in diesem Falle die Steuer- pflichtigen Stillschweigen bewahrten 1). Diese unerwünschte Situation erfuhr 1918 die notwendige Änderung dahingehend, daß nunmehr die Regierung eine Zusatz- besteuerung vornahm, wenn das Einkommen größer war als das veranlagte; im entgegengesetzten Falle blieb der Rückerstattungsanspruch bestehen. Aber auch diese Lösung war keine glückliche. Es entstand dadurch eine erhebliche steuertech- nische Schwierigkeit und Mehrarbeit, da jetzt zwei Veranlagungen vorgenommen werden mußten, sozusagen eine Soll- und eine Istveranlagung ; nämlich eine solche hinsichtlich des Einkommens des laufenden Jahres (provisional assessment) und eine endgültige auf der Basis des ermittelten Vorjahreseinkommens, auf Grund deren dann etwa erforderliche Nachzahlungen oder Rückerstattungen festgestellt wurden. Dieses „adjustment system" erwies sich in der Praxis als unbrauchbar, und da auch aus den Kreisen der Steuerpflichtigen vielfache Klagen über die Umständlichkeit des Verfahrens laut wurden, ist diese Veranlagungsmethode 1922 aufgehoben worden. Man ging nunmehr zu der ausschließlichen Veranlagung auf Grund des Einkommens des Vorjahres über.

Weitere Änderungen betreffen ferner die Festsetzung der „depreciation allo- wances", also die Berücksichtigung von Abschreibungen auf Abnutzung, Erneuerung von Maschinen usw. Bisher war es teilweise den Provinzialregierungen anheim-

*) Vgl. Niyogi, a. a. O. S. 157. 698

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gegeben, in dieser Hinsicht nähere Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Auch hier trat jetzt eine Vereinheitlichung ein, wie sie schon 1918 in Aussicht genommen war, aber erst zur Ausführung gelangen konnte, nachdem die Zentralisation der Einkommensteuerverwaltung auf Grund des gänzlichen Überganges der Steuer an die Zentralregierung geschaffen wurde, wie es 1922 geschehen ist.

Schließlich seien noch die Änderungen erwähnt, die sich auf eine Erweiterung des Systems des „stoppage at source" beziehen. Das Gesetz von 1922 verpflichtet erstmalig auch die privaten Arbeitgeber zur Einbehaltung der Steuer von den an ihre Arbeitnehmer ausgezahlten Gehältern, Pensionen usw. Bisher war diese Besteuerung an der Quelle nur auf Gehälter usw. angewandt worden, die an öffent- liche Beamte gezahlt wurden. Es gab zwar im Gesetz von 1886 schon eine Bestim- mung, wonach die privaten Arbeitgeber auf Grund besonderer Abmachungen die Einziehung der Steuer übernehmen konnten, indessen bestand hierfür bis 1922 keine rechtliche Verpflichtung, die nunmehr aber gegeben ist.

Als letztes bleibt nun noch der Einkommensteuertarif Britisch Indiens zu erläutern. Hier findet sich die Trennung in eine Normalsteuer (einfach als Income Tax bezeichnet) und eine Zuschlagsteuer (Supertax), die indessen nur Einkommen über 50 000 Rs belastet. Der Tarif der Normalsteuer (ihr unterliegen natürliche Personen, uneingetragene Firmen, und Hindu undivided families) ist durchgerech- net. Die Steuersätze sind in annas und pies per Rupie angegeben ( 12 pies = 1 anna, 16 annas = 1 rupee). Sie betragen für das Jahr 1928/29 unter Zugrundelegung des Gesamteinkommens (total income):

anna pies Einkommen bis 2 000 Rs 0 0 über 2 000 bis 5 000 Rs 0 5 über 5 000 bis 10 000 Rs 0 6 über 10 000 bis 20 000 Rs 0 9 über 20 000 bis 30 000 Rs 1 0 über 30 000 bis 40 000 Rs 1 3 über 40 000 1 6

Die Zuschlagsteuer weist hingegen die Teilmengenstaffelung auf. Die Be- steuerungsteilmengen umfassen gleichbleibend 50 000 Rs (nur für Hindu undivided families umfaßt die erste Teilmenge 25 000 Rs). Die ersten 50 000 Rs (bzw. 75 000 Rs für Hindu undivided families) sind steuerfrei. Die den einzelnen Teilmengen zu- geordneten Steuersätze steigen dabei um je % anna von Stufe zu Stufe bis zum Höchstsatze von 6 anna per Rupie, der dann für noch höhere Einkommen stets derselbe bleibt.

Gesellschaften und eingetragene Firmen unterliegen einer Steuer von 1 anna 6 pies per Rupie; auf das 50 000 Rs übersteigende Gesamteinkommen beträgt der Steuersatz 1 anna per Rupie.

Alles in allem zeigt sich in vieler Hinsicht eine Annäherung an die Grundsätze der englischen Einkommensbesteuerung. Dies ist ohne weiteres erklärlich, da die umfassenden Untersuchungen der britischen Royal Commission on the Income Tax von 1920 der indischen Steuerreform von 1922 unmittelbar vorangingen und auch seitens der indischen Steuergesetzgebung Beachtung gefunden haben. Gleich- wohl weisen die beiden Steuern doch sehr große Verschiedenheiten auf, und Ver- gleiche lassen sich, namentlich mit Bezug auf die Stellung im Steuersystem und die

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Steuerbelastung schwer ziehen, schon wegen der an sich vollständig anders gearteten kulturellen Verhältnisse in England und Indien. England ist ein hochentwickelter Industriestaat, Indien vorwiegend ein Agrarland. Dazu kommt, daß die Einkommen aus Landwirtschaft der indischen Einkommensteuer nicht unterliegen. Überdies verfügt England über eine jahrhundertalte Erfahrung auf dem Gebiet der Ein- kommensteuerverwaltung, während diese in Indien erst neuerdings zur wirksamen Ausbildung kommen konnte 1).

b) Die Salzsteuer. Die indische Salzsteuer ist eine Abgabe, die schon auf eine lange Geschichte

zurückblicken kann. Wenn sie heute von den Anhängern Gandhis besonders be- fehdet wird, so richtet sich dieser Kampf wohl weniger gegen die Steuer an sich, als gegen die Form und Höhe der Erhebung.

Die älteren Nachrichten über die Salzsteuer sind unsicher. Man weiß jedoch, daß unter der mohammedanischen Herrschaft bereits eine Salzabgabe erhoben wurde. Der Herrscher Akbar hat sie zwar später aufgehoben, aber es ist anzu- nehmen, daß sein Gebot nicht überall beachtet wurde und daß in den entfernteren Gebieten seines Reiches die Salzabgabe noch längere Zeit bestanden hat. Sichere Anhaltspunkte für die Geschichte der Salzsteuer ergeben sich erst wieder seit der Zeit der Herrschaft der Ostindischen Compagnie. Es wird berichtet, daß Lord Clive bei seinen Reformen die Erträge des in den einzelnen Präsidentschaften bestehenden Salzmonopols den Beamten der Gesellschaft zuwies, die nur sehr ge- ringe Gehälter bezogen und deshalb bemüht waren, sich auf illegalem Wege Ein- künfte zu verschaffen, die man verbrämt als „presents from the natives" bezeich- nete. Nach der Reorganisation der Verwaltung durch Lord Cornwallis (1793) bildeten die Salzabgaben eine ordentliche Einnahmequelle für die drei Präsident- schaften (Bengalen, Madras und Bombay). Im übrigen entwickelte sich die Art der Erhebung der Salzabgabe in den einzelnen Präsidentschaften ganz verschieden.

In Bengalen wurde um 1762 eine einheitliche Grundabgabe von 30 Rs für jedes Salzwerk eingeführt. Dazu kam eine Steuer von 10 Rs auf jede 100 maunds (maund, indisches Gewicht = 28,324 kg) fabrizierten Salzes. 1765 gründete Lord Clive eine besondere Handelsgesellschaft, die u. a. auch das Salzhandelsmonopol besaß. Diese Gründung entsprach jedoch nicht dem Willen des „Court of Directors" der Compagnie, welcher sich für freien Handel und freie Fabrikation aussprach. Es sollte nur eine Verbrauchsabgabe erhoben werden, die indessen nicht so hoch zu bemessen war, daß der Preis zu sehr in die Höhe getrieben wurde. So kam es 1768 zur Einführung des freien Handels und der freien Herstellung und der Erhebung einer Verbrauchssteuer (excise tax). Doch verband man damit eine gewisse Kon- tingentierung der Herstellung, indem niemand mehr als 50 000 maunds produ- zieren durfte. Außerdem mußte alles Salz an zwei bestimmte Orte gebracht werden, wo es versteuert wurde. Dieses System erwies sich indessen als wenig ertragreich. Die nachfolgende Regierung unter Warren Hastings führte darum wieder ein Monopolsystem ein, das aber so kompliziert gestaltet war, daß es nicht die er- hoffte Besserung brachte. Ein neues System trat an seine Stelle. Agenten kauften Salz bei den Herstellern zu vereinbarten Sätzen und gaben es nachher an Groß-

*) Vgl. meine Studie, a. a. O. S. 128. 700

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handler zu einem von der Regierung jährlich neu festgesetzten Preise ab. Die er- zielte Preisdifferenz war der Gewinn, an dem die Agenten von der Regierung be- teiligt wurden. Dieses Monopolsystem brachte zunächst erhebliche Einkünfte, die aber nach kurzer Zeit geringer wurden und Lord Cornwallis veranlaßten, dazu überzugehen, das von der Monopolverwaltung erworbene Salz in Kalkutta auf öffentlichen Auktionen zu verkaufen, zunächst mit großem Erfolg. Doch trat ein Umschwung ein, als 1817 die Einfuhrsperre für Salz aufgehoben wurde und aus- ländisches Salz in großen Mengen einströmte. Deshalb kehrte man 1836 zu der ursprünglichen von Warren Hastings eingeführten Methode des Verkaufs zu festgesetzten Preisen zurück. Auf die Einfuhr von Salz wurde zwar ein Zoll von 325 Company Rs auf 100 maunds erhoben, der Import nahm jedoch bis 1851/52 von Jahr zu Jahr zu. Inzwischen waren verschiedene Versuche unternommen wor- den, das Monopolsystem wieder durch eine Verbrauchssteuer bei freier Fabrikation zu ersetzen. Die wesentlichsten Argumente gegen einen solchen Plan waren die, daß man meinte, einige wenige Kapitalisten würden ein Privatmonopol errichten, es könnte durch unerlaubte Herstellung eine größere Menge Salz der Besteuerung entzogen werden und es würden auch die Kosten der Erhebung einer Verbrauchs- abgabe größer sein als die Unkosten bei dem herrschenden System. Eine 1853 zur Prüfung dieser Frage eingesetzte Studienkommission kam allerdings zu einer gegenteiligen Ansicht, und ihr Vorsitzender, Mr. Plowden, sprach sich für schritt- weisen Abbau des Monopols und allmählichen Übergang zu der Verbrauchssteuer aus. Auch in England begann man sich zu dieser Zeit mit dem indischen Salz- problem zu beschäftigen. Das House of Commons bezeichnete das Salzmonopol als nicht im Einklang stehend mit der Charter Acte von 1833 und als ungesetzlich. Das House of Lords stellte sich jedoch auf einen anderen Standpunkt, der schließ- lich auch vom Unterhaus nachträglich anerkannt wurde.

Auch in der Präsidentschaft Madras wurde 1799 ein Salzmonopol eingeführt, das ähnlich gestaltet war wie das in Bengalen. Das Salz wurde hier vorwiegend aus dem Meere gewonnen. In der Präsidentschaft Bombay dagegen kam es nicht zur Einführung eines Monopols. Hier entschloß man sich von Anfang an zu der Verbrauchsbesteuerung. Die Steuer war nur einmal zu entrichten, und zwar bevor das Salz die Herstellungsstätte verließ. Eine spätere nochmalige Belastung durch Steuer oder Zoll erfolgte nicht, gleichviel, ob es im Gebiet der Präsidentschaft ver- braucht oder ausgeführt wurde.

Wir haben gesehen, daß die Methoden, das Salz als Einnahmequelle auszu- nutzen und zu besteuern, in den einzelnen Präsidentschaften (und zum Teil auch Provinzen) mehr oder weniger voneinander abwichen. Das blieb zunächst auch so nach dem Übergang der Verwaltung Indiens an die Krone Englands. Die Politik der Regierung erreichte erst ganz allmählich einen Ausgleich der bisher verschieden hohen Salzbesteuerung und der Salzpreise. 1881 betrug die Belastung durch die Salzbesteuerung ungefähr gleichmäßig Rs 2 - 6 as in ganz Britisch Indien. Bis 1907 war der Satz auf Re 1 pro maund (ca. 28 kg) heruntergegangen und wurde erst 1916 im Weltkriege wieder erhöht (auf Re 1 - 6 as per maund).

Was uns bei Betrachtung der indischen Salzbesteuerung merkwürdig berührt, ist der Umstand, daß auch heute noch die Durchführung der Salzbesteuerung in durchaus verschiedener Weise geschieht. Die Regierung stellt entweder das Salz in eigenen Betrieben selbst her oder läßt es in privaten Betrieben für sich herstellen

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und verkauft es selbst, teils überläßt sie die Salzherstellung und den Vertrieb ganz der privaten Initiative und erhebt nur eine „excise duty", eine Verbrauchssteuer, als Produktionssteuer. Doch werden aus der Excise Duty bei weitem die höchsten Einkünfte erzielt. Nach einer Statistik betrugen im Rechnungsjahr 1924 - 25 die Einkünfte aus der eigentlichen Salzsteuer 46 885 170 Rs, aus dem Verkauf von „Government Salt" hingegen nur 4 056 358 Rs. Dazu kam noch der Ertrag aus dem Einfuhrzoll für Salz in Höhe von 26 666 288 Rs *).

Im Rechnungsjahr 1923/24 waren die Einnahmen aus der Salzbesteuerung wesentlich höher, da der damalige Vizekönig, Lord Reading, auf dem Ver- ordnungswege die Salzsteuer im Jahre 1923 auf das Doppelte erhöht hatte (von Re 1 - 4 as auf Rs 2 - 8 as). Ein Sturm der Entrüstung ging damals durch ganz Indien. Die Erhöhung war darauf zurückzuführen, daß das Rechnungsjahr 1922/23 mit einem erheblichen Defizit im Haushalt der indischen Regierung abgeschlossen hatte. Der Finanzminister, Sir BasilBlackett, beantragte die Erhöhung der Salzsteuer und ein entsprechender Entwurf wurde in der gesetzgebenden Ver- sammlung vorgelegt. Diese lehnte jedoch die Erhöhung ab. Das hatte zur Folge, daß Lord Reading die Heraufsetzung des Steuersatzes kraft Verordnung durch- führte, gestützt auf Art. 67, B, Abs. 1 des Government of India Act, der dem Governor- General das Recht gibt, den Verordnungsweg zu beschreiten, wenn nach seiner Meinung die „Interessen Britisch Indiens" auf dem Spiele stehen. Lord Reading fand bei den Konservativen in England zwar Unterstützung für seine durch die finanzielle Notlage bedingte Handlungsweise, erfuhr jedoch scharfe Kritik und Ablehnung durch die Liberalen und die Arbeiterpartei. Schon im nächsten Jahre wurde bei Beratung der Finance Bill der Satz von der Legislative Assembly wieder auf den alten Stand von Re 1 - 4 as herabgesetzt, und der Vize- könig erklärte sich mit dem Beschluß der Kammer einverstanden. Seither ist der Satz der Salzsteuer unverändert geblieben.

Die Salzsteuer ist in Indien unpopulär, da sie vor allem die Massen trifft und einen Verbrauchsartikel belastet, den selbst der Ärmste benötigt. Von Regierungs- seite hat man des öfteren allerdings gerade diesen Umstand für die Salzsteuer ins Feld geführt, nämlich daß sie die einzige Abgabe sei, die von breiten Schichten der Bevölkerung für allgemeine Staatszwecke aufgebracht werde. Man hat jedoch nicht ohne Berechtigung darauf hingewiesen, daß es daneben doch noch eine ganze Reihe von weiteren Abgaben, Gebühren usw. gibt, welche die indische Bevölkerung treffen, wenn sie auch zum Teil nur für besondere Zwecke oder als Provinzial- oder Lokalsteuern erhoben werden. Auch auf ein anderes Moment sei noch hingedeutet, das Beachtung verdient. Die Salzbesteuerung trifft nicht nur die Bevölkerung des britisch-indischen Territoriums, sondern auch die Einwohner der indischen Ein- geborenenstaaten. Die Steuerhoheit liegt aber bei der Salzsteuer allein in Händen des Government of India, d. h. die Staaten haben keinen Einfluß auf die Salz- steuergesetzgebung. Ebenso fließen die Erträge nur der Verwaltung des britischen Territoriums zu. Die Regierung hat zwar mit einigen Staaten, besonders mit den selbst Salz produzierenden, Kompensationsverträge abgeschlossen, aber grund- sätzlich ist die hieraus für die Eingeborenenstaaten geschaffene Lage noch nicht geklärt 2), und das auch unter den selbständigen Fürstentümern wiedererwachende

*) Vgl. Shah: Sixty Years of Indian Finance, 2. Aufl. London und Bombay 1927, S. 253. *) JN alleres vgl. bei S H a h: Céderai finance m India, London und Bombay, 1929.

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Bewußtsein eigener Rechte dürfte dazu beitragen, dieses Problem von neuem aufzurollen.

Was die Zukunft der Salzsteuer in Indien anbelangt, so ist auf die Unter- suchungen des Indian Taxation Enquiry Committee von 1924/25 hinzuweisen, das in dieser Hinsicht verschiedene Vorschläge gemacht hat. Sie beziehen sich einmal darauf, daß es wünschenswert wäre, Indien bezüglich der Salzerzeugung autark zu machen, eine Maßnahme, die einen Schutzzoll zur Folge haben müßte, der neuerdings auch verlangt wird. Sodann aber hielt man es für wünschenswert, ein Staatsmonopol an die Stelle des bisher wenig übersichtlichen Systems zu setzen. Dieser Gedanke ist vor allem von dem hervorragenden indischen Sachverständigen Dr. Paranjpye vertreten worden und wird mutmaßlich auch für die künftige Salzpolitik der Regierung richtunggebend sein.

c) Das Opium. Die Einnahmen aus dem Opium spielen heute für den Haushalt Britisch In-

diens keine besondere Rolle mehr. (Sie betragen etwa 35 000 000 Rs = 3% der Reineinkünfte.) Aber noch ist die Zeit nicht fern, in der das Opium eine beherr- schende Stellung in den Budgets der indischen Regierung einnahm und im Zu- sammenhang damit eine ständige Gefahrenquelle für die indischen Finanzen bildete, da die Einnahmen aus dem Opium von unberechenbaren Markt- und Witterungseinflüssen in starkem Maße abhingen. So ist es dennoch interessant, die Geschichte dieser einst für Indien so wichtigen Einnahmequelle zu verfolgen, denn dieser Abschnitt der indischen Finanzgeschichte ist zugleich auch ein Stück Kulturgeschichte .

Wann das Opium in Indien eine Rolle zu spielen begonnen hat, ist nicht genau festzustellen. Wahrscheinlich haben es die mohammedanischen Einwanderer aus Persien eingeführt; denn es steht fest, daß unter der mohammedanischen Herrschaft in Indien das Opium bereits als Finanzquelle ausgebeutet wurde. 1761 errichtete die Ostindische Compagnie ein Opiummonopol, dessen Erträge im wesentlichen den Beamten der Gesellschaft zufielen. Unter Warren Hastings nahm die Verwaltung des Opiummonopols besonders unliebsame Formen an. Es wird be- richtet, daß in jener Zeit mehrfach ein Zwang auf die Bauern ausgeübt wurde, Mohn zu bauen, und daß grünende Reisfelder gewaltsam abgeerntet wurden, um dem Mohnanbau Platz zu schaffen 1).

Ein Parliamentary Select Committee befaßte sich 1832/33 erstmalig ein- gehender mit der Opiumfrage. Die Abschaffung des Monopols wurde erörtert und die Einführung eines Ausfuhrzolles erwogen. Man war der Meinung, daß letzterer bei freiem Handel und damit zu erwartender vermehrter Produktion ähnliche Erträge bringen würde wie die Monopolauktionen, die in bestimmten Zeiträumen veranstaltet wurden. Doch blieb das Monopol erhalten, wurde nur 1852 unter Lord Dalhousie neu organisiert und bildete nun ein unbedingtes Regierungs- monopol. Zur Zeit des Überganges der Verwaltung Indiens an die englische Krone wurden ungefähr 5 000 000 £ Sterling jährlich aus dem Verkauf des monopoli- sierten Opiums erzielt, also ein für die indischen Finanzen ungemein ins Gewicht fallender Betrag. Damals war man optimistisch genug, sich noch über die Gefahren

*) Vgl. Banerjea, P. : A History of Indian Taxation, London 1930, S. 317. 703

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hinwegzutäuschen, die sich aus der schwankenden Nachfrage und den schwanken- den Preisen für das Regierungsbudget ergeben konnten. Schon die folgenden Jahre zeigten das deutlich. 1864/65 ergab sich ein erheblicher Minderertrag, der den erwarteten Budgetüberschuß in einen nicht unerheblichen Fehlbetrag verwandelte, während einige Jahre darauf gerade das Gegenteil eintrat usf. Es war schwierig für die Finanzminister der indischen Regierung, unter diesen Umständen eine geordnete Finanzwirtschaft zu führen Und doch wollte man diesen irrationalen Faktor im Budget nicht missen. Der mögliche Ertrag war zu groß, genügend auch, um moralische Bedenken zu zerstreuen. „Können es die Chinesen nicht von uns erhalten, so werden sie es sich aus andern Ländern holen", sagte man und wies schon mit Besorgnis darauf hin, daß der Mohnanbau in Persien und die persische Ausfuhr von Opium nach China im Wachsen begriffen sei. Dazu kam, daß der Molinanbau für wesentliche Teile Nordindiens eine Quelle zunehmenden Reich- tums bedeutete und daß der Opiumgenuß in Indien selbst keinen großen Umfang hatte, wenigstens nicht in der Form des Rauchens 1).

In den Jahren 1871/72 bis 1881/82 schwankten die Reinerträge aus dem Opium zwischen 60 und 70 Millionen Rupien; 1882 - 83 trat jedoch wieder eine Minderung des Ertrages ein, den man auf die vermehrte Nachfrage nach einhei- mischem Opium in China zurückführte. (Das chinesische Erzeugnis war jedoch dem indischen nicht gleichwertig.) 1881 - 1887 sanken die Opiumpreise im allge- meinen ständig. Zu jener Zeit begann man sich in England mit der Opiumfrage näher zu befassen. 1893 wurde eine Royal Commission eingesetzt, um die Opium- frage zu prüfen, vor allem in der Richtung, inwiefern die Finanzen Indiens durch ein Verbot des Anbaus von Mohn und des Handels mit Opium, es sei denn zu medizinischen Zwecken, geschädigt werden würden und inwieweit die indische Bevölkerung die Kosten einer Prohibitionsmaßnahme zu tragen bereit sein würde. Auch die Verbreitung des Opiumgenusses in Indien und seine moralischen und physischen Folgen sollten untersucht werden. Die Kommission erstattete ihren Bericht im Jahre 1895 und gab darin der Meinung Ausdruck, daß prohibitive Maß- nahmen nicht wünschenswert seien und daß sie in Indien keine besonders schäd- lichen Folgen des Opiumgenusses festgestellt habe. Vor allem beurkundete sie, daß die indische Bevölkerung die Kosten prohibitiver Maßnahmen nur widerwillig tragen würde und daß die indische Finanzwirtschaft durch den erheblichen Ausfall an Einnahmen und die andererseits zu erwartenden Kosten gefährdet werden könnte.

Doch war die Opiumfrage nun ins Rollen gekommen. 1906 erließ die chine- sische Regierung mehrere Edikte, auf Grund deren der Anbau und der Konsum von Opium innerhalb 10 Jahren abgedrosselt werden sollten. Die indische Regierung sollte dieses Programm durch gleichzeitige schrittweise Herabminderung der Opiumausfuhr nach China unterstützen. Daraufhin wurden bestimmte Abmachun- gen zwischen der indischen und chinesischen Regierung getroffen, die das Ende der indischen Exporte nach China unter bestimmten Klauseln für das Jahr 1917 vorsahen. Inzwischen wurde die Opiumfrage weiter diskutiert auf den Sitzungen

*) Dagegen ist das Opiumessen in Indien allgemein anzutreffen, vornehmlich zu Heilzwecken. Es ist ein beliebtes Hausmittel der Bevölkerung gegen alle möglichen Leiden. Erst in neuester Zeit haben eingehende Untersuchungen ergeben, daß auch diese Art des Opiumgenusses zu schweren Schädigungen der Gesundheit führen kann, insbesondere bei Kindern, denen die Mütter es oft als Beruhigungsmittel oder als Medikament bei Kinderkrankheiten verabfolgen.

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der Internationalen Opiumkommission in Shanghai ( 1909) und der Internationalen Konferenz im Haag von 1911. Die Politik der indischen Regierung stellte Sir GuyFleetwoodWilsonim Jahre 1911 mit folgenden Worten dar, die am besten englisch wiedergegeben werden : „We have accepted and are loyally carrying out a policy which subordinates financial to ethical considerations. The Indian people will be called upon to make sacrifices in the interest of humanity. They are a sensitive and sympathetic race inspired by lofty ideals and I dare prophesy that they will not shrink from bearing their share of the burden since it will con- tribute to the uplifting of a sister nation" 1).

Schon 1913 stellte die indische Regierung die Ausfuhr von Opium nach China gänzlich ein. Nur der Handel mit den Straits- Settlements, Hongkong und Nieder- ländisch -Indien wurde noch fortgesetzt, wenn auch in vermindertem Umfang. Von 1915 an ging das Government of India dazu über, das Opium an die Regie- rungen der konsumierenden Länder direkt abzugeben. 1920/21 wurden drei Viertel des indischen Gesamtexports nur noch auf diese Weise abgesetzt. Das letzte Stadium der Opiumfrage ist uns allen bekannter durch die Verhandlungen im Völkerbund. Sie führten für Indien zu dem Ergebnis, daß das von dem Völker- bund vorgeschlagene „Import certificate system" eingeführt wurde. Danach steht es Indien frei, nach jedem Lande zu exportieren gegen ein „Zertifikat" der be- treffenden Landesregierung, welches besagt, daß die Droge nur für legitime Zwecke benötigt wird. Gegen eine weitergehende Beschränkung dahingehend, daß Opium nur für ausschließlich medizinische Zwecke ausgeführt werden dürfe, haben sich die Inder vor dem Völkerbund zunächst mit Erfolg gewehrt. Aber nun soll nach den neueren Beschlüssen von 1926 nach dem 31. Dezember 1935 endgültig nur noch Opium für wissenschaftliche und medizinische Zwecke exportiert werden. Infolge dieser Wandlungen ist der Anbau von Mohn in Indien rapide zurückgegangen (von 1916/17 bis 1927/28 um mehr als 76%).

Damit kommt allmählich im Interesse der Humanität und Zivilisation ein einst blühender Produktionszweig zum Erliegen und zugleich eine, wie gezeigt worden ist, einst überaus wichtige Einnahmequelle der indischen Regierung zum Versiegen. Die Einnahmen, die heute noch unter dem Titel „Opium" in den amtlichen Ver- öffentlichungen ausgewiesen werden, stammen aus dem Export von Opium nach anderen Ländern. Daneben gibt es noch eine Verbrauchssteuer auf Opium, das in Indien selbst konsumiert wird. Diese Excise- tax wird jedoch von den Provinzen erhoben und hat uns hier zunächst nicht zu interessieren.

3. Die Finanzlage der Provinzen. Wie schon angedeutet, fand im Zusammenhang mit dem im Anschluß an den

1919 erstatteten Report on Constitutional Reforms in Angriff genommenen Re- formen (nach den Verfassern des Berichts als Montagu-Chelmsford-Reformen be- zeichnet) eine scharfe Trennung zwischen den Finanzen der Zentral- oder Bundes- regierung und den Provinzen statt. Zölle, Einkommensteuer, Salzabgabe, Eisenbahn- einkünfte, Opiumerträge, Gewinne aus Notenumlauf und Münzwesen, der Rein- gewinn der Post- und Telegraphenverwaltung fielen der Zentralregierung als Ein- nahmequellen zu, während die Provinzen vor allem die Land Revenue (Grund-

*) Banerjea: A History of Indian Taxation, London 1930, S. 337. 705

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Steuer), mehrere Verbrauchssteuern, Stempelabgaben, die Einkünfte aus Bewäs- serungsanlagen und Forsten und bestimmte Gebühren als Einnahmequellen zu- gewiesen erhielten *). Damit kam das frühere System der „divided heads" in Fort- fall, auf Grund dessen die wichtigsten Steuerquellen, wie Land Revenue, Stempel- abgaben, Verbrauchsabgaben, Einkommensteuer und Einnahmen aus Forsten und Bewässerungsanlagen zwischen Zentralregierung und Provinzen geteilt waren.

Unter den Steuern, die jetzt die Provinzen erheben, sei hier besonders die Land Revenue hervorgehoben, eine Abgabe, die seit alters her in Indien eine be- deutsame Rolle gespielt hat.

a) Die Land Revenue. Man hat über den Charakter der Land Revenue gestritten und hat sich gefragt,

ob sie als Reallast oder Steuer aufzufassen sei 2). Ohne auf den Streit weiter ein- zugehen, kann man heute wohl kaum etwas anderes sagen, als daß die Land Revenue zweifellos als Steuer anzusehen ist. Sie ist eine in Indien besonders ausgebildete Art der Grundsteuer. Ihre Erhebung geht darauf zurück, daß der größte Teil des Grund und Bodens früher Eigentum des Landesfürsten oder besser des Staates war und daß dieser von seinen Untertanen, den Bauern, einen Teil des Ertrages am Ackerbau beanspruchte. Sie war zunächst eine Naturalabgabe, die erst zur Zeit der mohammedanischen Herrschaft in eine Geldleistung umgewandelt wurde. Ursprünglich war die Land Revenue auch unmittelbar von den Landbebauern an den Staat abzuführen. Im Laufe der Zeit jedoch schoben sich Mittelsleute zwischen Staat und Urproduzenten, welche die Einziehung der Land Revenue für den Staat übernahmen, meist größere Grundbesitzer, die einer gewissen Oberschicht ange- hörten. Ein solches System, als „Zemindari- System" bezeichnet, fand die Ost- indische Compagnie bei der Inbesitznahme von Bengalen und den nordöstlichen Teilen des Gebiets von Madras vor. In den südlichen und westlichen Teilen Indiens dagegen gab es kein solches System, das einer besonderen Schicht das dauernde oder erbliche Recht einräumte, zwischen Staat und Bauer die Vermittlung zu über- nehmen. Hier mußte sich die Ostindische Compagnie, als sie die Land Revenue in der alten Form übernahm, an den einzelnen „raiyat" halten („raiyatwari-system"). Unter der Verwaltung der Ostindischen Compagnie fand die Landsteuereinschätzung in der ersten Zeit zum Teil jährlich, teils auch für Perioden von 3, 4 oder 5 Jahren statt. Dieses Verfahren führte zu vielfachen Mißbräuchen, und Lord Cornwallis ordnete daher eine zehnjährige Einschätzung in Bengalen und Behar an. Diese Landsteuereinschätzungen wurden später für endgültig und dauernd erklärt. So entstand die Einrichtung des sog. „Permanent Settlement", die heute sehr um- stritten ist, weil die Landeigner der „permanently settled provinces" gegenüber den andern Provinzen, wo in gewissen Zeitabständen immer wieder neue Einschätzungen vorgenommen werden, einen bedeutenden Vorteil erlangt haben.

Es wurde oben (vgl. den Abschnitt über die Einkommensteuer) schon darauf hingewiesen, daß die Einkommen aus Landwirtschaft der Einkommensbesteuerung nicht unterliegen. Es war dies nur der Fall bei der Einkommensteuer von 1860 und

*) Für die Zentralregierung kommen außerdem noch die Beiträge der Provinzen hinzu. Vgl. hierüber Näheres bei Shirras: Der Staatshaushalt und das Finanzsystem Indiens, im Hand. d. Finanzw., 3. Bd. Tübingen 1929.

a) Vgl. Näheres hierüber bei Banerjea: a. a. O. S. 355 ff. 706

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später noch einmal in der Zeit von 1869 bis 1873, der Periode dauernder Steuer- experimente. Heftige Widerstände gegen die Einbeziehung der landwirtschaftlichen Einkommen unter die Einkommensteuer, insbesondere seitens der Grundbesitzer in Bengalen, und sonstige Schwierigkeiten veranlaßten die Regierung, bei Wieder- einführung der Einkommensteuer im Jahre 1886 die Einkommen aus Landwirt- schaft von der Einkommensbesteuerung auszuschließen. Das bedeutet, daß seither der größte Teil der Bevölkerung Britisch Indiens, die sich ja hauptsächlich aus Bauern zusammensetzt, der Einkommensteuer nicht unterliegt (die Zahl der zur Income Tax (normal- tax) Veranlagten betrug z. B. im Steuer jähr 1926/27 nur rund 300 000, die Zahl der zur Supertax Veranlagten rund 3000 bei einer Bevöl- kerung Britisch Indiens von rund 250 Millionen).

Die Erträge der Land Revenue betrugen 1792/93, dem Jahre vor der Er- richtung des Permant Settlement in Bengalen, ungefähr 4 Crores ( 1 Crore = 10 Mil- lionen Rupien = 750 000 £), 1857/58 bei Übergang der Verwaltung Britisch Indiens an die englische Krone ca. 16 Crores, 1920/21 31,97 Crores und 1926/27 34,88 Crores. Die Steigerung ist in der ersten Zeit vornehmlich auf die Vergrößerung des britisch-indischen Territoriums zurückzuführen, dann auf Intensivierung des Ackerbaus und Erhöhung der Abgabensätze durch die Regierung. Zahlenmäßig nimmt heute die Land Revenue im Gesamtsteuersystem Britisch Indiens die zweite Stelle ein (an der Spitze stehen die Zölle mit ca. 50 Crores). An sich ist jetzt die Land Revenue, wie schon berichtet, seit den Montagu-Chelmsford-Reformen von

1919/20 eine Provinzialsteuer geworden und bildet die bei weitem wichtigste Ein- nahmequelle für die meisten Provinzen Indiens.

b) Sonstige Provinzialsteuer n. Bei der Trennung der Einnahmequellen zwischen Zentralregierung und Pro-

vinzen im Jahre 1920 fiel den Provinzen neben der Land Revenue u. a. noch die Erhebung bestimmter Verbrauchssteuern zu. Daneben erhielten die Provinzen das Recht, unabhängig von der Kontrolle der Bundesregierung eine Anzahl von weiteren Steuern zu erheben, die in einer besonderen Liste aufgeführt sind (Sche- duled Tax Rules). Mit Ausnahme dieser Steuern dürfen die Provinzparlamente ohne vorherige Genehmigung der Zentralregierung keine neuen Steuern einführen.

Die bedeutungsvollsten Verbrauchsabgaben sind die Getränkesteuern. Sie werden teilweise in Form von Lizenzen, teilweise als unmittelbare Verbrauchssteuern erhoben. Die Gesamtsteuereinnahme aus dieser Steuerquelle belief sich 1926/27 für die Provinzen auf 156 511 347 Rs. Die anderen unter dem Titel „Excise" zu- sammengefaßten Steuern treten hiergegen vollkommen zurück.

Zu den auf der oben erwähnten Sonderliste stehenden Steuern, deren Er- hebung den Provinzialregierungen außerdem noch gestattet ist, gehören 1. die Be- steuerung von Land, das zu anderen als landwirtschaftlichen Zwecken benutzt wird, 2. eine Besteuerung der Erbschaften oder des Erwerbs unter Lebenden in einer Familiengemeinschaft, 3. eine Steuer auf gesetzlich erlaubte Wetten und Spiele, 4. eine Anzeigesteuer, 5. eine Lustbarkeitsteuer, 6. eine Luxussteuer auf bestimmte Gegenstände, 7. Registergebühren, 8. Stempelabgaben außer solchen, deren Höhe durch die indische Gesetzgebung bereits festgelegt ist.

Die Provinzparlamente sind außerdem ermächtigt, folgende Steuern für die Zwecke lokaler Körperschaften (also als Kommunalsteuern) auf gesetzmäßigem

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Page 19: Das Steuersystem Britisch Indiens

174 KarlTheill, Das Steuersystem Britisch Indiens.

Wege einzuführen: 1. ein Standgeld, 2. eine Grundvermögenssteuer, 3. eine Ge- bäudesteuer, 4. eine Steuer auf Land- und Wasserfahrzeuge, 5. eine Steuer auf Tierhaltung, 6. eine Dienstbotensteuer, 7. eine Torsteuer (octroi), ferner eine Ge- werbesteuer bzw. Berufssteuer und endlich Gas-, Licht- und Wasserabgaben usw.

Die einzige Steuer unter der Sonderliste der Provinzialsteuern, die von gewisser Bedeutung sein könnte, ist die Erbschaftsteuer. Doch hat sie bis vor kurzem, soweit bekannt, noch keine Provinz eingeführt, vor allem wohl wegen erhebungs- technischer Schwierigkeiten. Die anderen aufgezählten kleineren Steuern sind kaum geeignet, größere Erträge für die Provinzen abzuwerfen.

4. Schlußbemerkungen. Der wesentlichste Mangel der Abgabenteilung von 1920 ist der, daß die Pro-

vinzen die weniger elastischen Steuern zugewiesen erhalten haben. Darum sind sie auch keineswegs mit dieser Regelung zufrieden und erstreben eine andere Ver- teilung der Steuerquellen. Alle die Vorschläge, die das Financial Relations Committee (Meston-Committee) und einige Jahre darauf das Indian Taxation Enquiry Committee (1924/25) gemacht hat, haben aber bisher zu keiner prak- tischen Änderung geführt. Man ist über das Diskutieren dieser Vorschläge bisher nicht hinausgekommen. Im Rahmen der bestehenden Verhältnisse würde be- sonders eine Reform der Land Revenue von Bedeutung sein. Die Forderung nach Abschaffung des Permanent Settlement und nach progressiver Gestaltung der Steuer steht hierbei im Vordergrunde *).

Eine neue Reform der indischen Finanzverfassung wird nicht nur durch Kritik eingeleitet werden können, sondern vor allem durch weitere eingehende Untersuchungen über die Steuerkraft des Landes, seine Bevölkerung, die Pro- duktionsbedingungen usw., kurz durch genaue Analyse der Gesamtwirtschaf ts- bedingungen. Ein Bericht hierüber ist von Professor G. Findlay Shirras für die Tagung des Internationalen Statistischen Instituts in Tokio in Aussicht gestellt worden. Bedeutungsvoll für die kommenden Veränderungen auf dem Gebiete des Steuerwesens dürfte aber in erster Linie eine konstitutionelle Wandlung in Indien werden. In welcher Weise sie sich auswirken wird, ob durch Schaffung der „United States of India" und des Dominion- Status oder anderswie, bleibe hier unerörtert. Fest steht, daß die sich anbahnende Übertragung der politischen Macht auf die indische Bevölkerung begleitet ist von immer dringenderen Forderungen nach Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der breiten Volksschichten, Forderungen, denen die künftige Finanzpolitik in Indien sicherlich in weitem Umfange wird Rechnung tragen müssen.

*) Ausführlich über alle diese Fragen orientiert das Werk von Barner jea: Provincial Finance in India, London 1929. - Hinsichtlich der Reformbedürftigkeit der Einkommensteuer und der Salzabgabe vgl. das früher Gesagte.

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