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Pathologe 2007 · 28:209–214 DOI 10.1007/s00292-007-0912-z Online publiziert: 20. April 2007 © Springer Medizin Verlag 2007 F. Kommoss 1 · S. Kommoss 2 · J. Eichhorn 3 · D. Schmidt 1 1 Institut für Pathologie, Referenzzentrum für Gynäkopathologie, Mannheim 2 Abteilung für Gynäkologie, Dr. Horst Schmidt Kliniken (HSK), Wiesbaden 3 Department of Pathology, Massachusetts General Hospital, Boston Das transitionalzellige Ovarialkarzinom Morphologische und klinische Besonderheiten Schwerpunkt: Ovarialtumoren Gemäß der aktuellen WHO-Klassifikati- on werden die vom ovariellen Deckepithel und dem angrenzenden Stroma abgeleite- ten Ovarialkarzinome in 6 spezifische his- tologische Typen, den Mischtyp sowie un- differenzierte Karzinome unterteilt ([16]; . Tab. 1). Das transitionalzellige Ovari- alkarzinom (TCC-O) wird hierbei als ei- ner der selteneren und vielfach noch we- niger bekannten Typen an 5. Stelle ge- nannt. Die Abgrenzung von den ebenfalls transitionalzellig differenzierten malignen Brenner-Tumoren erfolgte aufgrund dif- ferenter morphologischer und klinischer Merkmale [1, 13]. In der bislang größten Serie von TCC- O wurden jüngst diagnostische Kriterien und differenzialdiagnostische Aspekte ausführlich dargestellt [4]. In der Litera- tur wird die prognostische Bedeutung des transitionalzelligen Typs bei Ovarialkar- zinomen kontrovers diskutiert. In dieser Arbeit werden eigene Ergebnisse hierzu dargestellt. Definition Bei TCC-O handelt es sich um infiltrie- rend gewachsene epitheliale Tumoren, welche in einem überwiegenden Anteil histologische Merkmale wie bei transitio- nalzelligen Karzinomen (TCC) der Harn- blase aufweisen. Mischformen der TCC- O mit serösem, endometrioidem, mu- zinösem und klarzelligem Ovarialkarzi- nom kommen vor. Um diagnostisch be- rücksichtigt zu werden, müssen mindes- tens 10% des Tumors eine Morphologie wie TCC der Harnwege aufweisen [13]. Voraussetzungen für die Diagnosestel- lung von TCC-O sind zudem der fehlende Nachweis von Brenner-Tumoranteilen so- wie der Ausschluss eines früheren oder synchronen TCC des Harntrakts [4]. Klinische und chirurgische Merkmale Die genaue Inzidenz der TCC-O ist bis- lang unklar. In einzelnen Studien wur- den bis zu 20% der Ovarialkarzinome als TCC-O diagnostiziert [5]. TCC-O traten zwischen dem 33. und 94. Lebensjahr auf. Ein FIGO-Stadium I wurde in 47% beob- achtet, Stadium II in 21%, Stadium III in 31%, Stadium IV in 1%. Etwa 40% aller Fälle, jedoch nur etwa 10% der Stadium- I-Fälle treten primär bilateral auf [4]. Pathologische Merkmale Makroskopie Der Durchmesser ovarieller Tumoren bei TCC-O beträgt 3–30 cm, im Durchschnitt 10 cm. Zystisch-solide Tumoren wurden in 60% beobachtet, rein solide Tumoren traten in 24%, rein zystische in 16% auf (. Abb. 1). Mikroskopie Bei niedriger Vergrößerung weisen reine TCC-O und die transitionalzelligen An- Abb. 1 9TCC-O mit solid-zystischer Schnittfläche 209 Der Pathologe 3 · 2007 |

Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

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Page 1: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

Pathologe 2007 · 28:209–214

DOI 10.1007/s00292-007-0912-z

Online publiziert: 20. April 2007

© Springer Medizin Verlag 2007

F. Kommoss1 · S. Kommoss2 · J. Eichhorn3 · D. Schmidt1

1 Institut für Pathologie, Referenzzentrum für Gynäkopathologie, Mannheim2 Abteilung für Gynäkologie, Dr. Horst Schmidt Kliniken (HSK), Wiesbaden3 Department of Pathology, Massachusetts General Hospital, Boston

Das transitionalzellige OvarialkarzinomMorphologische und klinische Besonderheiten

Schwerpunkt: Ovarialtumoren

Gemäß der aktuellen WHO-Klassifikati-

on werden die vom ovariellen Deckepithel

und dem angrenzenden Stroma abgeleite-

ten Ovarialkarzinome in 6 spezifische his-

tologische Typen, den Mischtyp sowie un-

differenzierte Karzinome unterteilt ([16];

. Tab. 1). Das transitionalzellige Ovari-

alkarzinom (TCC-O) wird hierbei als ei-

ner der selteneren und vielfach noch we-

niger bekannten Typen an 5. Stelle ge-

nannt. Die Abgrenzung von den ebenfalls

transitionalzellig differenzierten malignen

Brenner-Tumoren erfolgte aufgrund dif-

ferenter morphologischer und klinischer

Merkmale [1, 13].

In der bislang größten Serie von TCC-

O wurden jüngst diagnostische Kriterien

und differenzialdiagnostische Aspekte

ausführlich dargestellt [4]. In der Litera-

tur wird die prognostische Bedeutung des

transitionalzelligen Typs bei Ovarialkar-

zinomen kontrovers diskutiert. In dieser

Arbeit werden eigene Ergebnisse hierzu

dargestellt.

Definition

Bei TCC-O handelt es sich um infiltrie-

rend gewachsene epitheliale Tumoren,

welche in einem überwiegenden Anteil

histologische Merkmale wie bei transitio-

nalzelligen Karzinomen (TCC) der Harn-

blase aufweisen. Mischformen der TCC-

O mit serösem, endometrioidem, mu-

zinösem und klarzelligem Ovarialkarzi-

nom kommen vor. Um diagnostisch be-

rücksichtigt zu werden, müssen mindes-

tens 10% des Tumors eine Morphologie

wie TCC der Harnwege aufweisen [13].

Voraussetzungen für die Diagnosestel-

lung von TCC-O sind zudem der fehlende

Nachweis von Brenner-Tumoranteilen so-

wie der Ausschluss eines früheren oder

synchronen TCC des Harntrakts [4].

Klinische und chirurgische Merkmale

Die genaue Inzidenz der TCC-O ist bis-

lang unklar. In einzelnen Studien wur-

den bis zu 20% der Ovarialkarzinome als

TCC-O diagnostiziert [5]. TCC-O traten

zwischen dem 33. und 94. Lebensjahr auf.

Ein FIGO-Stadium I wurde in 47% beob-

achtet, Stadium II in 21%, Stadium III in

31%, Stadium IV in 1%. Etwa 40% aller

Fälle, jedoch nur etwa 10% der Stadium-

I-Fälle treten primär bilateral auf [4].

Pathologische Merkmale

Makroskopie

Der Durchmesser ovarieller Tumoren bei

TCC-O beträgt 3–30 cm, im Durchschnitt

10 cm. Zystisch-solide Tumoren wurden

in 60% beobachtet, rein solide Tumoren

traten in 24%, rein zystische in 16% auf

(. Abb. 1).

Mikroskopie

Bei niedriger Vergrößerung weisen reine

TCC-O und die transitionalzelligen An-

Abb. 1 9 TCC-O mit solid-zystischer Schnittfläche

209Der Pathologe 3 · 2007 |

Page 2: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

teile in gemischten Ovarialkarzinomen

mit TCC-Komponente typischerweise

undulierende vielreihige Bänder neoplas-

tischer Epithelien auf, welche zystische

Hohlräume auskleiden (. Abb. 2). Die

Breite (üblicherweise >10 Zelllagen) der

Epithelbänder ist hierbei relativ uniform,

die Grenze zu den optisch leeren oder det-

ritushaltigen Hohlräumen scharf. Häufig

liegen zudem von gleichartigen Epithel-

bändern überkleidete fibröse Stromapa-

pillen vor (. Abb. 3). In abnehmender

Häufigkeit kommen außerdem soli-

de, insuläre (. Abb. 4) und trabekuläre

Wuchsmuster vor.

Ein zusätzlich oft beobachtetes Phäno-

men sind glattberandete mikrozystische,

drüsenartige und schlitzförmige intraepi-

theliale Hohlraumbildungen (. Abb. 5).

Tumorzellnekrosen werden häufig be-

obachtet. Zytologisch liegen überwie-

gend großleibige Zellen mit mäßig reich-

lichem, blass eosinophilem und häufig

feingranulärem Zytoplasma vor. Es fin-

den sich meistens mäßige bis schwere nu-

kleäre Atypien mit Nukleolenprominenz

bei ausgeprägter Mitoseaktivität, weniger

häufig finden sich nur gering atypische

Kerne mit longitudinalen Kernfurchen

(. Abb. 6 a, b). Gelegentlich werden bi-

zarre Tumorriesenzellen beobachtet.

In der Serie von Eichhorn u. Young [4]

waren TCC-O in etwa 1/4 aller Fälle Be-

standteil gemischter Ovarialkarzinome.

Am häufigsten trat hierbei die Kombina-

tion TCC/seröses Ovarialkarzinom auf.

Wenige Fälle gemischter TCC-O mit zu-

sätzlicher endometrioider, muzinöser und

klarzelliger Komponente wurden zudem

beobachtet.

Immunhistochemie

Das für TCC-O als typisch beschriebene

Markerprofil ist in . Tab. 2 zusammen-

gefasst [9, 10, 11, 15]. TCC-O waren in ver-

schiedenen Untersuchungen negativ für

die in urothelialen Karzinomen der ab-

leitenden Harnwege typischerweise po-

sitiven Marker CK20, Thrombomodu-

lin und Uroplakin III. TCC-O waren an-

dererseits häufig positiv für Vimentin,

CA 125 und WT1. Diese Ergebnisse deu-

ten darauf hin, dass es sich bei den TCC-

O nicht um urotheliale Tumoren im enge-

ren Sinn, sondern vielmehr um vom ova-

riellen Deckepithel abgeleitete Läsionen

mit urothelartiger Differenzierung han-

delt.

Differenzialdiagnose

Vor der Diagnosestellung eines TCC-O

sollte ein metastasierendes Urothelkarzi-

nom der Harnwege ausgeschlossen wer-

den, da eine Abgrenzung ausschließlich

anhand konventionell morphologischer

Merkmale im Einzelfall unmöglich sein

kann [17]. Die Anamnese wird hier in aller

Regel richtungweisend sein, ggf. können

immunhistochemische Untersuchungen

wie oben ausgeführt klärend zum Einsatz

kommen.

Der invasive Anteil maligner Brenner-

Tumoren ist den TCC-O sehr ähnlich.

Der Nachweis residueller benigner Bren-

Abb. 2 9 Von vielrei-higen Zellbändern aus-gekleidete Zysten in einem TCC-O (HE-Fär-bung, Vergr. 1:125; aus [4])

Abb. 3 9 Grob papil-läres Wuchsmuster in einem TCC-O: Stroma-papillen mit Überklei-dung durch breite Zell-bänder, z. T. mit intra-epithelialen mikrozys-tischen Lumina (HE-Färbung, Vergr. 1:125)

Abb. 4 9 Insuläres Wuchsmuster in einem TCC-O (HE-Färbung, Vergr. 1:80; aus [4])

210 | Der Pathologe 3 · 2007

Schwerpunkt: Ovarialtumoren

Page 3: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

ner-Tumoranteile schließt die Diagnose

eines TCC-O aus.

Wenngleich die o. g. Mischformen

vorkommen, müssen TCC-O differenzi-

aldiagnostisch von den anderen histolo-

gischen Typen des Ovarialkarzinoms ab-

gegrenzt werden. Dies kann nach unseren

Erfahrungen in Einzelfällen trotz Bemü-

hung um die Anwendung möglichst ob-

jektiver Kriterien sehr schwierig sein.

Anders als bei serösen Ovarialkarzino-

men treten bei TCC-O schlitzförmige Lu-

mina in Arealen mit sonst transitionalem

Wuchsmuster und nicht in Verbindung

mit intraluminalen Papillen auf. Zudem

werden Psammomkörperchen nur selten

beobachtet.

TCC-O mit mikrozystischen Hohl-

raumbildungen müssen von endometri-

oiden Ovarialkarzinomen mit kleindrü-

sigem Wuchsmuster abgegrenzt werden.

Letztere zeigen anders als TCC-O häufig

eine plattenepitheliale Differenzierung,

assoziierte Endometriosen und ein oft be-

tont adenofibromatöses Wuchsmuster, an-

dererseits keine von Epithelbändern aus-

gekleideten Zysten mit plumpen Stroma-

papillen.

Undifferenzierte Ovarialkarzinome

können durch flächige Tumorzellnekro-

sen ein pseudo-grobpapilläres Wuchs-

muster durch Verbleib gefäßnaher vitaler

Zellverbände entwickeln. Sie enthalten je-

doch per definitionem keine besser diffe-

renzierten eindeutiger transitionalzelligen

Anteile.

Was die nichtepithelialen Ovarialtu-

moren anbelangt, gilt es die TCC-O vor

allem von mikrofollikulären und diffusen

adulten Granulosazelltumoren (AGCT)

abzugrenzen. Diese weisen zwar häufig

wie TCC-O Kernfurchen auf, die Zell-

kerne bei AGCT zeigen jedoch ein blas-

Zusammenfassung · Abstract

Pathologe 2007 · 28:209–214 DOI 10.1007/s00292-007-0912-z

© Springer Medizin Verlag 2007

F. Kommoss · S. Kommoss · J. Eichhorn · D. Schmidt

Das transitionalzellige Ovarialkarzinom. Morphologische und klinische Besonderheiten

Zusammenfassung

Das transitionalzellige Ovarialkarzinom (TCC-

O) ist ein weniger geläufiger Typ der malig-

nen Oberflächenepithel-Stroma-Tumoren

des Ovars von bislang nicht abschließend ge-

klärter Häufigkeit. Histologisch weisen TCC-

O bei per definitionem fehlender Brenner-Tu-

morkomponente Merkmale wie Urothelkar-

zinome der Harnwege (TCC-H) auf. Bei TCC-

O handelt es sich jedoch nicht um urothe-

liale Tumoren, sondern um vom ovariellen

Deckepithel abgeleitete Läsionen des Mül-

ler-Spektrums. Dies wird im Auftreten von

Mischformen mit anderen histologischen Ty-

pen des Ovarialkarzinoms und in einem von

TCC-H unterschiedlichen immunhistoche-

mischen Markerprofil deutlich. Differenzial-

diagnostisch gilt es, TCC-O nicht nur von me-

tastatischen TCC-H, sondern auch von ande-

ren Typen des Ovarialkarzinoms einschließ-

lich der undifferenzierten Ovarialkarzinome

sowie von Keimstrang-Stroma-Tumoren, ins-

besondere adulten Granulosazelltumoren ab-

zugrenzen. Die bereits früher publizierte Ver-

mutung, dass TCC-O im Vergleich zu ande-

ren histologischen Typen des Ovarialkarzi-

noms evtl. eine bessere Prognose aufwei-

sen, wurde durch eigene Untersuchungen

an einem größeren Kollektiv fortgeschritte-

ner, radikal operierter und postoperativ che-

motherapierter Ovarialkarzinome weiter be-

kräftigt. Zukünftigen Untersuchungen bleibt

es unter Anwendung möglichst einheitlicher

histomorphologischer Kriterien vorbehalten,

die exakte Inzidenz der TCC-O zu prüfen. Zu-

dem gilt es, den biologisch-molekularen Hin-

tergrund des im Vergleich weniger malignen

Phänotyps zu klären.

Schlüsselwörter

Transitionalzelliges Ovarialkarzinom · Histolo-

gischer Typ · Immunhistochemie · Differenzi-

aldiagnose · Ovarialkarzinom · Prognose

Transitional cell carcinoma of the ovary. Morphological and clinical features

Abstract

Transitional cell carcinoma of the ovary (TCC-

O) is a less common type of malignant sur-

face epithelial-stromal tumor of the ovary,

still with uncertain incidence. Histologically,

TCC-O resembles urothelial carcinoma of the

urinary system, and by definition does not

contain a Brenner tumor component. TCC-O

may not be a bona fide urothelial neoplasm,

however, but rather a lesion of the Mülleri-

an type derived from the ovarian surface ep-

ithelium. This notion is supported by the ex-

istence of mixed tumors consisting of TCC-O

and other histological types of ovarian carci-

noma, as well as the observation that TCC-O

has a Müllerian type but not a urothelial-like

immunohistochemical profile. Besides met-

astatic urothelial carcinoma of the urinary

tract, the other types of ovarian carcinoma, as

well as sex cord-stromal tumors such as adult

granulosa cell tumors, have to be considered

in the differential diagnosis of TCC-O. A recent

analysis of a large series of advanced ovari-

an carcinomas treated by radical surgery and

postoperative chemotherapy confirms stud-

ies that had suggested that TCC-O has a bet-

ter prognosis (with current treatment) than

that of the other histological types of ovari-

an carcinoma. Further studies applying stan-

dardized histopathological criteria are need-

ed to clarify the true incidence and behavior

of TCC-O. In addition, it is important to study

the biological and molecular background of

this apparently less aggressive phenotype.

Keywords

Transitional cell ovarian carcinoma · Histolo-

gical type · Immunohistochemistry · Differen-

tial diagnosis · Ovarian cancer · Prognosis

Tab. 1 Typisierung der Ovarialkarzi-

nome gemäß WHO-Klassifikation.

(Mod. nach [16])

Seröse

Muzinöse

Endometrioide

Klarzellige

Transitionalzellige

Plattenepitheliale

Gemischte

Undifferenzierte

211Der Pathologe 3 · 2007 |

Page 4: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

seres Chromatin, weniger prominente Nu-

kleolen und eine geringere Zellteilungsak-

tivität. Die Mikrofollikel in AGCT enthal-

ten häufig eosinophile Call-Exner-Kör-

perchen. Keimstrangmarker (z. B. Inhi-

bin-α) werden in AGCT im Gegensatz zu

den epithelialen Ovarialkarzinomen ver-

lässlich nachgewiesen [7].

Klinische und biologische Besonderheiten

In mehreren Untersuchungen wiesen

Morphologen und Kliniker von MD An-

derson auf eine möglicherweise günsti-

gere Prognose der TCC-O im Vergleich

zu den anderen histologischen Typen des

Ovarialkarzinoms hin [5, 12, 14]. Als mög-

liche Ursache des prognostischen Vorteils

wurde von den Autoren eine höhere Che-

mosensitivität bei TCC-O diskutiert. Von

anderen Forschergruppen konnte dieses

Ergebnis zunächst nicht bestätigt werden

[2, 6].

Die Autoren dieser Übersichtsarbeit

konnten jüngst Inzidenz und Überleben

von Patientinnen mit TCC-O im Ver-

gleich mit den anderen histologischen Ty-

pen der Ovarialkarzinome an einem ho-

mogenen Kollektiv fortgeschrittener, radi-

kal zytoreduktiv operierter und postope-

rativ chemotherapierter Patientinnen ei-

ner großen, randomisierten prospektiven

Studie [3] überprüfen. Untersucht wurden

302 Fälle von Ovarialkarzinom FIGO IIb

bis IV (. Tab. 3; [8]).

Nach Durchmusterung von HE-ge-

färbten Schnittpräparaten ohne Kennt-

nis der Vordiagnosen erfolgte eine histo-

logische Retypisierung nach den gültigen

WHO-Kriterien durch 2 Autoren dieser

Arbeit (FK, DS). 16/302 (5,3%) der Ova-

rialkarzinome wurden als TCC-O klassi-

fiziert. Nur 1/16 dieser Tumoren war be-

reits bei Studieneinschluss als TCC-O di-

agnostiziert worden (von DS im eige-

nen Institut, wie sich später herausstell-

te). 13/16 Fälle waren außerhalb als se-

röse, 2/16 als undifferenzierte Ovarialkar-

zinome eingestuft worden. TCC-O wa-

ren im Vergleich zu Non-TCC-O mit ge-

ringerer präoperativer extraovarieller Tu-

morgröße und kleinerem postoperativem

Tumorrest assoziiert. Im Vergleich zu al-

len anderen histologischen Typen wiesen

TCC-O eine signifikant bessere Prognose

nach standardisierter Chemotherapie auf

(. Tab. 3, . Abb. 7; [8]). Als Erklärung

hierfür muss neben einer besseren Che-

mosensitivität nun auch eine Tendenz der

TCC-O zu eher kleinknotigem Tumor-

wachstum mit besserer chirurgischer Re-

sektabilität diskutiert werden.

Ausblick

In zukünftigen Studien sollte es möglich

sein, die Inzidenz der TCC-O exakter fest-

zulegen. Es gilt zu klären, ob die zuletzt

gezeigte Assoziation des transitionalzel-

ligen Karzinomtyps mit einer geringeren

prä- und postoperativen Tumorlast und

der prognostische Vorteil Ausdruck ei-

ner differenten Biologie sind und welche

Abb. 5 9 Intraepithe-liale Mikrozysten und schlitzförmige Hohl-räume in einem TCC-O (HE-Färbung, Vergr. 1:200)

Abb. 6 9 Unterschied-licher Grad von Aty-pien bei TCC-O. a Ge-ringe Zellatypien und nachweisliche nukle-äre Längsfurchungen. b Höhergradige Aty-pien mit Nukleolen-prominenz, Schich-tungsstörung und aus-geprägte Zellteilungs-aktivität (jeweils HE-Färbung, Vergr. 1:500)

212 | Der Pathologe 3 · 2007

Schwerpunkt: Ovarialtumoren

Page 5: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

molekulargenetischen Mechanismen zu-

grunde liegen könnten.

Fazit für die Praxis

Das TCC-O weist die morphologischen

Merkmale von Urothelkarzinomen der

Harnwege auf, unterscheidet sich von

diesen jedoch durch seine Ableitung

vom Müller-System und durch ein hier-

durch erklärbar unterschiedliches im-

munhistochemisches Markerprofil. Die

Kenntnis und Diagnosestellung dieses

histologischen Typs der Ovarialkarzi-

nome ist wichtig, da er sich offensichtlich

biologisch von den anderen Typen durch

eine bessere Prognose unterscheidet. Ei-

ne möglichst exakte histologische Typi-

sierung der Ovarialkarzinome ist klinisch

bedeutsam!

Korrespondierender AutorProf. Dr. F. KommossInstitut für Pathologie, Referenzzentrum für GynäkopathologieA2/2, 68159 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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Tab. 2 Immunhistochemisches Markerprofil von TCC-O. (Zusammengefasst nach [9, 10,

11, 15])

Marker Logani Ordonez Riedel Soslow Summe

CA 125 – – 8/8 – 8/8 (100%)

CEA – 2/15 – 2/6 4/21 (19%)

CK5/6 – – 7/8 – 7/8 (88%)

CK7 16/17 – 6/6 6/6 28/29 (97%)

CK8 – – 8/8 – 8/8 (100%)

CK13 – – 2/8 – 2/8 (25%)

CK20 0/20 0/20 2/8 0/6 2/54 (4%)

Thrombo-

modulin

3/17 0/15 – – 3/32 (9%)

Uroplakin III 1/17 – 0/8 – 1/25 (4%)

Vimentin – – 4/8 – 4/8 (25%)

Tab. 3 Histologischer Typ und Überlebenszeit in einer Serie von 302 radikal operierten

und postoperativ chemotherapierten fortgeschrittenen Ovarialkarzinomen. (Nach [8])

Histologischer

Typ

n (%) Fünfjahres-

überleben

[%]

Medianes

Überleben

[Monate]

Odds ratio

Serös 135 (44,7) 33,73 39,62 1,00

Muzinös 24 (7,9) 27,83 34,43 1,276

Endometrioid 58 (19,2) 27,44 40,44 1,034

Klarzellig 37 (12,3) 27,59 34,37 1,301

Transitionalzellig 16 (5,3) 57,14 a 0,454

Undifferenziert 32 (10,6) 28,79 43,93 1,117

Gesamt 302 (100) 30,68 39,62 –a <50% der Patienten an Erkrankung verstorben.

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0,0

0,00 12,00 24,00 36,00 48,00 60,00 72,00 84,00

Zeit (Monate)

Kum

ulat

ives

übe

rlebe

n

Histologische Subtypen

nicht transitionaltransitional

Abb. 7 9 Überleben von Patientinnen mit TCC-O im Vergleich zu Patientinnen mit Nicht-TCC-O. (Mod. nach [9])

213Der Pathologe 3 · 2007 |

Page 6: Das transitionalzellige Ovarialkarzinom

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Spendernieren altern vorzeitigMechanismen der chronischen Trans-

plantatabstoßung

Für ihre Forschungsarbeit zur Bedeu-

tung einer beschleunigten Gewebs-

alterung für das chronische Versagen

von Spendernieren ist die Heidelberger

Wissenschaftlerin PD Dr. Dr. Melk von

der Deutschen Transplantationsgesell-

schaft (DTG) mit dem Rudolf-Pichlmayr-

Preis 2006 ausgezeichnet worden.

Trotz Immunsuppression kommt es bei der

Hälfte der Transplantationspatienten inner-

halb von 10 Jahren zum Nierenversagen. Die

chronische Nierentransplantatnephropathie

(Chronic Allograft Nephropathy, CAN) ist bei

Erwachsenen die zweithäufigste, bei Kindern

sogar die häufigste Ursache für ein solches

Langzeittransplantatversagen. Die genauen

Ursachen für den vorzeitigen Funktionsver-

lust sind bislang unvollständig erklärt.

PD Dr. Dr. Melk arbeitet seit Jahren an der Hy-

pothese, dass ein beschleunigter Alterungs-

prozess beim Versagen von Spendernieren

eine Rolle spielt. In ihren Studien konnte Melk

herausarbeiten, dass einige Eigenschaften

von CAN-Nieren typischen Altersläsionen wie

tubuläre Atrophie und interstitielle Fibrose

ähneln. Weiterhin konnte die Forscherin

demonstrieren, dass Zellen von Nieren mit

CAN Gemeinsamkeiten mit den Zellen älterer

gesunder Nieren haben. Als Indikator dafür

diente die Expression von p16, einem Zell-

zyklusinhibitor, der in vitro mit der Zellalte-

rung assoziiert ist. Im Vergleich von Gewebe

geschädigter Nieren mit Proben, die dem-

selben Organ zum Zeitpunkt der Transplanta-

tion entnommen worden waren, zeigte sich,

dass in Zellen der CAN-Nieren große Mengen

von p16 exprimiert wurden – deutlich mehr,

als für ihr Alter normal. Bei transplantierten

Nieren ohne CAN war der p16-Gehalt dage-

gen unauffällig. In Zusammenschau mit der

Beobachtung, dass mit zunehmendem Alter

des Spenders – wenn die Zellen also bereits

Alterserscheinungen zeigen – das Risiko für

das Auftreten einer CAN ansteigt, schluss-

folgert Melk, dass Nierenzellen nach der

Transplantation beschleunigt altern und das

Transplantat dadurch seine Funktion verliert.

Die Erforschung dieser Mechanismen könnte

den Weg für künftige Therapien ebnen. So

hält es Melk für vorstellbar, die frühe Alterung

der Spendernieren gezielt zu blockieren und

damit die chronische Transplantatnephropa-

thie zu verzögern oder sogar zu verhindern.

Immerhin funktioniert diese Therapie bereits

im Tierversuch: transplantierte Nieren von

Mäusen, die kein p16 bilden können, überle-

ben deutlich länger.

Literatur:

Melk A, Schmidt BM, Vongwiwatana A et al.

(2005) Increased expression of senescence-

associated cell cycle inhibitor p16INK4a in

deteriorating renal transplants and diseased

native kidney. Am J Transplant 5(6):1375–82

Melk A (2003) Senescence of renal cells: mo-

lecular basis and clinical implications. Neph-

rol Dial Transplant 18(12):2474–8

Quelle:

Universitätsklinikum Heidelberg,

www.klinikum.uni-heidelberg.de

Fachnachrichten

214 | Der Pathologe 3 · 2007