„Das Wesentliche lässt sich finden“ - evangelisch im · PDF fileDek an Dr. Matthias Büttner, Bad Neustadt a. d. Saale ! [email protected] „Das Wesentliche lässt sich

Embed Size (px)

Citation preview

  • Dekan Dr. Matthias Bttner, Bad Neustadt a. d. Saale ! [email protected]

    Das Wesentliche lsst sich findenPredigt zu Mt 2,1-12

    Epiphanias, 6. Januar 2015Evang.-Luth. Christuskirche, Bad Neustadt a.d. Saale

    [Predigttext war Evangeliumslesung]

    1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Juda zur Zeit des Knigs Herodes, siehe, da kamenWeise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: 2 Wo ist der neugeborene Knig derJuden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. 3 Alsdas der Knig Herodes hrte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er lie zusammen-kommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo derChristus geboren werden sollte. 5 Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Juda; denn so stehtgeschrieben durch den Propheten: 6 Und du, Bethlehem im jdischen Lande, bist keineswegs diekleinste unter den Stdten in Juda; denn aus dir wird kommen der Frst, der mein Volk Israelweiden soll. 7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wannder Stern erschienen wre, 8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forschtfleiig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, da auch ich komme und esanbete. 9 Als sie nun den Knig gehrt hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie imMorgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er ber dem Ort stand, wo das Kindlein war.10 Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut 11 und gingen in das Haus und fanden dasKindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schtze aufund schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wiederzu Herodes zurckzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

    Liebe Gemeinde!

    Der heutige 6. Januar ist ein etwas komplizierter Feiertag. Ursprnglich kommt er wohl ausgypten. Dort gab es immer schon am 6. Januar das Fest der heidnischen Lebensgottheit Aion.Und genau auf diesen Tag legten die ersten Christen in gypten den Feiertag der Geburt Jesu.Das muss so im Jahr 250 gewesen sein. Weihnachten war also zu dieser Zeit am 6. Januar. Dannaber setzte sich eine rmische Gewohnheit durch. Am 25. Dezember feierte man im rmischenReich die Wintersonnwende. Das war ein groes Fest. Und auf diesen Termin legte man fortandie Feier der Geburt Jesu. Weihnachten war nun am 25. Dezember (und verdrngte die Feier derWintersonnwende). Der 6. Januar wurde nun zum Festtag der Erscheinung der HerrlichkeitGottes auf Erden. Dabei wurde der Wunder gedacht, die sich durch Jesus und um ihn ereignetenwie die Brotvermehrung, das Weinwunder zu Kana und eben auch der Huldigungszug der Weisenaus dem Morgenland. Im Laufe der Zeit wurden innerhalb der katholischen Kirche aus denWeisen aus dem Morgenland die Heiligen Drei Knige wohl weil man sich unter heiligenKnigen mehr vorstellen konnte. Und die gaben schlielich dem Feiertag am 6. Januar den bisheute volkstmlichen Namen.1

    Das heit aber: heute geht es nicht in erster Linie um die heiligen drei Knige, sondern um dieFreude ber die Erscheinung der Herrlichkeit Gottes auf Erden. Also um das groe Wunder, dasGott mit der Geburt seines Sohnes uns beschwert hat. Die heiligen drei Knige sind nur einBeispiel fr das Erscheinen von Gottes Herrlichkeit. Und dem wollen wir uns heute widmen.

    In der Evangeliumslesung haben wir die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland schongehrt. Es sind weder drei noch sind sie heilig noch Knige. Die Weisen aus dem Morgenlandmssen Sternedeuter gewesen zu sein, ein im Orient der damaligen Zeit angesehener undgelehrter Berufsstand. Und in dieser Eigenschaft scheinen sie schon lange geforscht zu haben, umdie Zeichen der Zeit zu erkennen, und sind dabei auf jenen geheimnisvollen Stern gestoen. Auchvom Stern erfahren wir nichts weiter, denn auch um ihn geht es nicht. Das Wunder von derErscheinung der Herrlichkeit Gottes ist hier, dass wildfremde Gelehrte, die vorher keinerlei

  • 2

    Dekan Dr. Matthias Bttner, Bad Neustadt a. d. Saale ! [email protected]

    Beziehung zu Israel und Jerusalem hatten, sich auf den Weg machen und in dem neu geborenenJesus-Kind das Wesentliche fr ihr Leben finden.

    Viele Fragen bleiben offen und sollen es wohl auch. Von Bedeutung ist nur das Ergebnis: da suchtund findet jemand etwas, von dem man das nie gedacht htte. Wie kommen orientalischeSternengelehrte auf die Idee, ausgerechnet bei dem vergleichsweise kleinen jdischen Volk nacheinem neugeborenen Knig zu forschen? Und wie kann es sein, dass sie diesem neugeborenenKnig eine so groe Bedeutung fr ihr Leben zumessen? Es ist das Wunder, dass jemand nachdem Wesentlichen sucht und es findet. Oder anders gesagt: das Wunder der Erscheinung derHerrlichkeit Gottes auf Erden.

    Was ist das Wesentliche? Was hat letztlich Bedeutung und Gewicht? Diese Frage stellt sich zuallen Zeiten. Heutzutage leisten wir es uns, diese Frage recht leichtfertig beiseite zu schieben.Leute wie das Bademode-Model Heidi Klum, die jngst wegen unautorisierter Nacktfotos von sichreden machte, tun so als wren sie fr diese Gesellschaft extrem wichtig und Teile dieserGesellschaft bestrken sie in diesem Wahn. Sie gilt allen Ernstes als grter Medien- und Show-profi unseres Landes. Eine Frau, die nichts tut, als ihre zugegeben gut aussehenden Krper zu2

    vermarkten.

    Was ist das Wesentliche? Was hat letztlich Bedeutung und Gewicht? Und damit ist jetzt nicht dasKrpergewicht gemeint. Diese Frage kann einen erschrecken lassen. Beim Knig Herodes ist es so.Und das macht ihn fast schon wieder ein wenig sympathisch. Er erschrickt, als die Weise aus demMorgenland bei ihm auftauchen und nach dem neugeborenen Knig fragen. Er erschricktnatrlich und damit ist es mit der Sympathie fr ihn auch gleich wieder zu Ende , weil er alleVernderung frchtet, die seine auf Korruption und Gewalt gegrndete und von den Rmerngeduldete Herrschaft gefhrden knnte.

    Was ist das Wesentliche? Was hat letztlich Bedeutung und Gewicht? Die Weisen aus demMorgenland finden es in einem Kind. Vielleicht sollten wir das viel grundstzlicher sehen: Gottwird Mensch in einem Kind. Wird dadurch die Bedeutung von Kindern nicht vllig neu aufge-stellt? Werden Kinder dadurch nicht zu etwas Wesentlichem erklrt? Die Weisen aus demMorgenland wollen den neuen Knig nicht erst als erwachsenen Mann anbeten, sondern schonals Kind.

    Der Sozialrichter Jrgen Borchert, der das sogenannte Trmmerfrauenurteil angestoen hat, hatkrzlich in einem Interview gesagt: Bei der Rentenreform von 1950 war die Idee, den Staat wieeine soziale Grofamilie zu organisieren. Konkret hie das: Wenn die Gesellschaft die Alterslastentrgt, muss sie auch den Aufwand fr die Kinder tragen. Die Leute sollten so auch die Zusammen-hnge kapieren. Konrad Adenauer hat dann verhindert, dass spiegelbildlich zur Altersrente auchdie Kindheits- und Jugendrente Gesetz wird. Das bedeutete laut Borchert: Eine Verstmmelungdes Generationenvertrags und eine asoziale Weichenstellung zu Lasten der Familien mit mehre-ren Kindern.3

    So weit waren wir also schon einmal in unserem Land. Man stelle sich das vor: Kinder, die mitRechnen und Lesen nicht so schnell sind, wrden nicht mit anderen Kindern, die auch nicht soschnell im Rechnen und Lesen sind in eine Schule gesteckt, sondern wrden statt diese Schulevon Hauptschule in Mittelschule umzubenennen kostenlose Nachhilfe bekommen. Manstelle sich vor, jedes Kind, das Nachhilfe ntig htte, wrde welche kostenlos bekommen. Stattdessen flieen Millionensummen aus Werbeeinnahmen in die Castingsshow einer Heidi Klum, diebesser aufgehoben wren in unserem Bildungssystem. Denn nicht Body, sondern Bildungbrauchen Kinder. Bildung, die Freude macht, einen langen Atem hat und sinnhaft ist.

  • 3

    Dekan Dr. Matthias Bttner, Bad Neustadt a. d. Saale ! [email protected]

    1) FRIEDRICH KALB, Grundri der Liturgik, Mnchen 1985, S. 70.3

    2) Sddeutsche Zeitung vom 31.12.2014, S. 4.

    3) Sddeutsche Zeitung vom 27.12.2014, S. 6. Das komplette Interview: SZ: Fangen wir an mit der Liste der Jobs, die Sieheute haben knnten: Landwirt, Skilehrer, erfolgreicher Anwalt. Warum sind Sie nichts davon? Jrgen Borchert: Denstaatlich geprften Landwirt habe ich 1998 fr ein Buchprojekt zur Sozialpolitik im 21. Jahrhundert gemacht. Dafrbrauchte ich dieses Wissen. Als Skilehrer habe ich whrend meines Studiums gearbeitet fr Hochschulreisen undfr Neckermann. Dann musste ich mich entscheiden, was ich wirklich machen will, ich hatte ja schon einige Semesterstudiert. So wurde ich Assistent an einem Lehrstuhl fr Sozialrecht. Spter habe ich ein erfolgreiches Anwaltsbroaufgebaut. # Letztendlich sind Sie Richter geworden; jetzt gehen Sie in Rente und sind zornig, wie Sie sagen. WrenSie mal Skilehrer geblieben. # Das htte mich nicht ausgefllt. Obwohl es schon etwas hat, da oben auf der SierraNevada zu sitzen und ohne Zorn aufs Mittelmeer zu gucken. # Ihre Berufung haben Sie als Robin Hood der Familiengefunden. Empfinden Sie die Bezeichnung als zutreffend? # Diesen Titel habe ich nicht selbst erfunden. Aber er trifftnatrlich ins Schwarze! Konkret waren Sie Sozialrichter in Hessen also eine Art Abteilungsleiter im GrobetriebSozialstaat. # In welchem Zustand haben Sie das Unternehmen hinterlassen? # Der Zustand unseres Sozialstaates istdesastrs. Er ist an Intransparenz nicht zu berbieten. Nehmen Sie Hartz IV: Das Gesetz wurde innerhalb von zehnJahren mehr als 70-mal verndert. Davon einige Male tief greifend. Das schafft kein Vertrauen es fhrt dazu, dassdie Brger kein Rechtsbewusstsein mehr entwickeln, sie misstrauen dem Staat. # Im Januar werden dieHartz-IV-Reformen zehn Jahre alt, und die Zahl der Arbeitslosen ist so niedrig wie seit Langem nicht mehr. Ist daskein Erfolg? # Das Arbeitsvolumen ist seit 2000 gleich geblieben, wurde durch Leih-und Teilzeitarbeit nur auf mehrPersonen verteilt. So ha