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Deutsches A ussprachewörterbuch

De Gruyter Deutsches Aussprachewoerterbuch

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Deutsches Aussprachewörterbuch
Autoren der Beiträge zur Eindeutschung fremder Namen und Wörter:
Mariana Alvarez · Robert Bannert · Evdokia Balassi · William Barry
Peter Colliander · Eberhard Gärtner · Maria Gosy
Beata Grzeszczakowska-Pawlikowska · Cordula Hunold · Antti Iivonen
Claudia Müller · Songül Rolffs · Aoussine Seddiki · Elmar Ternes
Livia Tonelli · Reinhard Wenk · August Wilhelm Zickfeldt
unter Mitarbeit von
Walter de Gruyter
Berlin · New York
 Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-018202-6
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
” Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu- lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfil- mungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Printed in Germany
 
Es beruht auf umfangreichen neuen Untersuchungen der Sprechweise sowie der Hörerwartun- gen in verschiedenen öffentlichen Kommunikationsbereichen. Das Wörterbuch berücksichtigt damit stilistische Differenzierungen der Standardaussprache und beschreibt unterschiedliche Aus- prägungsgrade der Artikulationspräzision beim Vorlesen von Texten sowie beim freien Sprechen.
Zugleich vermittelt das Deutsche Aussprachewörterbuch  für 19 verschiedene fremde Sprachen die Grundlagen der Eindeutschung. Darüber hinaus beschreibt es die Standardaussprache in Österreich sowie in der deutschsprachigen Schweiz und wird damit der Entwicklung der deut- schen Sprache zu einer plurizentrischen Sprache gerecht.
Das Wörterverzeichnis enthält ca. 150.000 deutsche und eingedeutschte Stichwörter. Es er- fasst dabei eine große Zahl von zusammengesetzten Wörtern sowie von Wortgruppen, die kom- plexe Akzentstrukturen und deren Auswirkungen auf die Lautrealisationen verdeutlichen.
In das Wörterverzeichnis eingefügte Info-Kästen informieren über Aussprachebesonderhei- ten und verweisen auf die ausführlichen Ausspracheregeln in Kapitel 5.
Dem Deutschen Aussprachewörterbuch ist eine Audio-CD beigefügt, die die Beispiele aus dem Regelteil enthält.
An der Erarbeitung der vorliegenden Neukodifizierung der Standardaussprache hat eine große Zahl von Fachkolleginnen und -kollegen mitgewirkt. Wir danken: – Georg Heike für die Unterstützung bei der Initiierung des Projektes und zugleich ihm und
seinen damaligen Mitarbeitern am Institut für Phonetik der Universität Köln für eine kon- struktive Zusammenarbeit,
– unseren Mitautoren Peter Wiesinger sowie Walter Haas und Ingrid Hove für die Kapitel zur Standardaussprache in Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz,
– den Autorinnen und Autoren der Eindeutschungsbeiträge: Mariana Alvarez (Spanisch), Robert Bannert (Schwedisch), Evdokia Balassi (Neugriechisch), William Barry (Englisch), Peter Colliander (Dänisch), Eberhard Gärtner (Portugiesisch), Mária Gósy (Ungarisch), Beata Grzeszczakowska-Pawlikowska (Polnisch), Cordula Hunold (Chinesisch), Antti Iivonen (Finnisch), Claudia Müller (Niederländisch), Songül Rolffs (Türkisch), Aoussine Seddiki (Arabisch), Elmar Ternes (Französisch), Livia Tonelli (Italienisch), Reinhard Wenk  (Russisch, Slowakisch, Tschechisch), August Wilhelm Zickfeldt (Norwegisch),
– Uwe Hollmach für seine umfangreichen soziophonetischen und phonetischen Untersuchun- gen sowie für Wortschatzarbeiten bei der Vorbereitung der automatischen Transskription,
– Ines Bose für ihre aufwendige Mitarbeit an der Einrichtung der automatischen Transkription und der Transkription französischer Stichwörter sowie für ihre Mithilfe bei der Korrektur,
– Baldur Neuber für seine Unterstützung des Projektes und seine Mitarbeit bei der Zusammen- stellung des Wortschatzes und bei der Korrektur,
– Max Mangold für sein Interesse an dem Wörterbuch und für seine Anregungen. Für phonetische Untersuchungen des gegenwärtigen Gebrauchs der Standardaussprache
 
grun Lemke, Philine Lüssing, Björn Meißner, Anke Pietsch, Ute Schikora, Ulrike Semper und Christiane Ulbrich. Anregungen verdanken wir darüber hinaus insbesondere den phonetischen Analysen von Gottfried Meinhold und Beate Rues.
Des Weiteren sei allen gedankt, die an der Vorbereitung und Durchführung den soziophone- tischen Befragungen mitgewirkt haben, so insbesondere: Henner Barthel, Christian Gutowski, Sigrun Lemke, Philine Lüssing, Rudolf Rausch und Kerstin Werner.
Bei der Zusammenstellung des Wortschatzes, bei der Transkription und den Korrekturen haben uns geholfen: Claudia Adam, Barbara Blumtritt, Oliver Ehmer, Franzisca Eisenschmidt, Ilona Fey, Marit Fiedler, Martin Fleschenberg, Sven Grawunder, Evelina Grigorova, Alexandra Haufe, Wilfried Hermann, Tiana Hickel, Aline Hoffmann, Thomas Hoffmann, Fiona Hynes, Christian Keßler, Julia Kiesler, Daniela Köhler, Ulrike Kölsch, Anita Kunert, Siegrun Lemke, Ileana Moise, Augustin Ulrich Nebert, Jana Post, Kerstin Reinke, Josephine Rocholl, Ingmar Rothe, Beate Rues, Oleksandr Rudkivskyy, Tobias Sachse, Nele Saworski, Teresa Scheibe-Ahansal, Irene Schirmacher, René Schmidt, Elisabeth Schönfeld, Ulrike Trebesius, Lucia Thaut, Olaf Um- lauft, Uta Wallraff, Ilka Wiese, Helena Witschas, Duygu Yelegen, Anne Zarend sowie Studierende der Sprechwissenschaft mehrerer Jahrgänge. Für ihre umfangreiche Mitarbeit an der Transkrip- tion danken wir insbesondere Swetlana Nossok, Friderike Lange und Elena Travkina.
Wir danken Claudia Karbe, Sprecherin der Beispielwörter für die Audio-CD, sowie Friderike Lange und Philipp Nawka für die Bearbeitung der Aufnahmen.
Dirk Meyer danken wir für die Gestaltung der Grafiken. Unser ganz besonderer Dank gilt Peter Müller für die automatische Transkription, die Ver-
waltung sämtlicher Daten, die Aufnahme der DVD sowie insgesamt für seine umfangreiche Tä- tigkeit und Unterstützung bei allen computertechnischen Belangen.
Für finanzielle Förderung danken wir – dem Institut für Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg, – der Volkswagen-Stiftung, – dem Max-Planck-Institut Nijmegen und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wis-
senschaften, – der Vereinigung der Freunde und Förderer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
e. V., – dem Verlag Walter de Gruyter.
Insbesondere danken wir Heiko Hartmann, dem verantwortlichen Cheflektor im Verlag de Gruyter, für seine stete Förderung des Projektes.
Eva-Maria Krech, Eberhard Stock, Ursula Hirschfeld, Lutz Christian Anders
Halle (Saale) im Juni 2009
 
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Verbreitung und Gliederung des Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
A Die Standardaussprache in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1 Standardaussprache – Begriff und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2 Geschichte, Grundsätze und Methoden der Ausspracheregelung in Deutschland . . . . 8 3 Struktur und Auswahl des Wortschatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4 Phonologische und phonetische Grundlagen der Standardaussprache . . . . . . . . . 24
4.1 Vokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.1.1 Distinktive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.1.2 Quantität und Wortakzent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.1.3 Vokalverbindungen innerhalb der Silbe . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.1.4 Phonem-Graphem-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
4.2 Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.2.1 Distinktive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.2.2 Besonderheiten und Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.2.3 Phonem-Graphem-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 4.2.4 Auftretensbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.3 Morpheme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.1 Freie Morpheme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.2 Gebundene Morpheme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.2.1 Morpheme vor dem Stamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.2.2 Morpheme nach dem Stamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.4 Silben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.4.1 Silbenschemata und Konsonantenverbindungen . . . . . . . . . . . 35 4.4.2 Silbengrenzen und Vokalquantität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.5 Wörter und Wortgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.5.1 Akzentuierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.5.1.1 Prinzipien und Grundregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4.5.1.2 Akzentzusammenstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.5.1.3 Rhythmisch bedingte Nebenakzente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.5.1.4 Variation von Akzentmustern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.5.2 Rhythmisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.5.3 Melodisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
5 Ausspracheregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 5.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 5.2 Akzentuierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
5.2.1 Wortakzentuierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 5.2.1.1 Einfache deutsche Wörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
 
5.2.1.2 Einfache fremde Wörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5.2.1.3 Komposita aus deutschen und/oder fremden Wörtern . . . . . . . . 47 5.2.2 Akzentuierung in Wortgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
5.3 Koartikulation und Assimilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5.3.1 Koartikulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5.3.2 Assimilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5.4 Aussprache der Vokale/Diphthonge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5.4.1 Kennzeichnung der Artikulationsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . 51 5.4.2 Allgemeine Ausspracheregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.4.2.1 Der Glottisschlageinsatz (Glottisplosiv) . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5.4.2.2 Quantität und Qualität der Vokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.4.3 i-Laute [iÉ I i C] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.4.4 e-Laute [eÉ E e EÉ] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5.4.5 a-Laute [aÉ a] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.4.6 ü-Laute [yÉ Y y y*] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.4.7 ö-Laute [PÉ { P] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 5.4.8 u-Laute [uÉ U u u8] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 5.4.9 o-Laute [oÉ O o O8] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 5.4.10 Schwa-Laut [ «] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 5.4.11 Nasalierte Vokale [E)É E) ¨É ¨ A)É A) o)É o)] in Wörtern
aus dem Französischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 5.4.12 Diphthong [aE8] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5.4.13 Diphthong [aO8] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5.4.14 Diphthong [OÎ] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
5.5 Aussprache der Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5.5.1 Kennzeichnung der Artikulationsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . 73 5.5.2 Allgemeine Ausspracheregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 5.5.2.1 Aspiration der Plosive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 5.5.2.2 Spannung (Fortis-/Lenis-Artikulation) und Stimmbeteiligung . . . . 76 5.5.2.3 Auslautverhärtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 5.5.2.4 Zusammentreffen gleicher Konsonanten nach
Präfixen und an Wortgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5.5.3 Frikative [f v v9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5.5.4 Frikative [s z z9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5.5.5 Frikative [ S Z Z(] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5.5.6 Frikative [ J J] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 5.5.7 Frikativ [x] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 5.5.8 r-Laute [å å9 R r Œ ?] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 5.5.9 Hauchlaut [h] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5.5.10 Plosive [p b b9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5.5.11 Plosive [t d d9] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5.5.12 Plosive [k g g(] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 5.5.13 Lateral [l] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 5.5.14 Nasal [m] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.5.15 Nasal [n] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 5.5.16 Nasal [N] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
6 Phonostilistische Differenzierungen der Standardaussprache . . . . . . . . . . . . . . 98 6.1 Bedingungen und Erscheinungsformen phonostilistischer Differenzierungen . 98
 

 
Artikulationspräzision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 6.2.2 Standardaussprache mit sehr hoher Artikulationspräzision . . . . . . 102 6.2.3 Standardaussprache mit verminderter Artikulationspräzision . . . . 103 6.2.3.1 Vokalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.2.3.2 Konsonantismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 6.2.4 Ausgewählte Aussprachetendenzen bei verschiedenen Graden
der Artikulationspräzision (Übersicht) . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.2.5 Häufige schwache Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
6.3 Standardaussprache und Gesang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 6.3.1 Sprechen und Singen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 6.3.2 Gesang in der Klassischen Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 6.3.3 Gesang in der Popularmusik und Volksmusik . . . . . . . . . . . . . 119
7 Eindeutschung von Namen und Wörtern aus anderen Sprachen . . . . . . . . . . . . 120 7.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 7.2 Grundlagen der Eindeutschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 7.3 Eindeutschung von Namen und Wörtern
ausgewählter Herkunftssprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 7.3.1 Arabisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 7.3.2 Chinesisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 7.3.3 Dänisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 7.3.4 Englisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 7.3.5 Finnisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 7.3.6 Französisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 7.3.7 Italienisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 7.3.8 Neugriechisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.3.9 Niederländisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 7.3.10 Norwegisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 7.3.11 Polnisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 7.3.12 Portugiesisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 7.3.13 Russisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 7.3.14 Schwedisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 7.3.15 Slowakisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 7.3.16 Spanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 7.3.17 Tschechisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 7.3.18 Türkisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 7.3.19 Ungarisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
8 Literatur (Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
B Die Standardaussprache in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
1 Das österreichische Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2 Zur Geschichte der Standardaussprache in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 3 Der Gebrauch der Standardaussprache in Österreich und ihre Ausprägungen . . . . . . 233 4 Allgemeines zur Standardaussprache in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
4.1 Gliederung, Akzeptanz, Materialgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
 
4.2 Die Silbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 4.3 Der Vokaleinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
5 Die Kurz- und Langvokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.1 Kurzes [i] – [u] – [y] und langes [iÉ] – [uÉ] – [yÉ] . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.2 Kurzes [E] – [O] – [{] und langes [eÉ] – [oÉ] – [PÉ] . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.3 Die Realisierung von langem <ä> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.4 Kurzes [a] und langes [aÉ] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.5 Die Diphthonge [ae8] – [ao8] – [OP8] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.6 Nasalvokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.7 Besondere Vokalverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
6 Die Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 6.1 Die Plosive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 6.2 Die Frikative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 6.3 Die Liquide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
6.3.1 Das <l> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 6.3.2 Das <r> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
6.4 Assimilierungen und Tilgungen von Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . 245 7 Die unbetonten Nebensilben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
7.1 Die <e>-hältigen Vorsilben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 7.2 Die <e>-hältigen Nachsilben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 7.3 Das Suffix <-ig> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
8 Besondere Vokalquantitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 9 Besondere Aussprachen von Fremdwörtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 10 Besondere Akzentuierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 11 Empfehlungen für eine österreichische Standardaussprache . . . . . . . . . . . . . . . 252
11.1 Akzentuierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 11.2 Vokale/Diphthonge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
11.2.1 Vokaleinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 11.2.2 Vokalquantität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 11.2.3 Kurz- und Langvokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 11.2.4 Diphthonge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
11.3 Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 11.3.1 Plosive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 11.3.2 Frikative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
11.4 Unbetonte Silben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 11.5 Fremdwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
12 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
1.1 Standardsprache und Dialekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1.2 Aussprachekonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 1.3 Nationale Varietäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
2 Aussprachehinweise für die deutschsprachige Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2.1 Allgemeine Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 2.2 Vokale und Diphthonge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
 
Inhalt XI
2.2.1 Glottisschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2.2.2 Langvokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2.2.3 Kurzvokale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2.2.4 a-Laute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2.2.5 Diphthonge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2.2.6 Vokalquantität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2.2.7 Übersicht zur Aussprache der Vokale . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
2.3 Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2.3.1 Intervokalische Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2.3.2 Plosive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2.3.3 s-Laute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2.3.4 r-Laute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2.3.5 ich- und ach-Laute und die Buchstabenverbindung <ch> . . . . . . 266 2.3.6 Der Buchstabe <h> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2.3.7 Die Buchstabenverbindung <qu> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2.3.8 Der Buchstabe <v> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2.3.9 Übersicht zur Aussprache der Konsonanten . . . . . . . . . . . . . . 267
2.4 Affixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2.4.1 Die Präfixe <be-> und <ge-> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2.4.2 Die Präfixe <er->, <ver->, <zer-> und <her-> . . . . . . . . . . . . 268 2.4.3 Das Suffix <-e> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2.4.4 Die Suffixe <-en>, <-em> und <-el> . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2.4.5 Die Suffixe <-er>, <-ern>, <-ers> und <-ert> . . . . . . . . . . . . 268 2.4.6 Das Suffix <-ig> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2.4.7 Übersicht zur Aussprache der Affixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269
2.5 Aussprache fremder Wörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2.5.1 Fremde Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2.5.2 Fremdwörter: Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
2.6 Akzentuierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 3 Wortliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 4 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
Hinweise zum Gebrauch des Wörterverzeichnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Abkürzungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Wörterverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
 
Weltweit gibt es etwa 130 Millionen Menschen, die Deutsch als Muttersprache sprechen. In meh- reren Ländern besitzt die deutsche Sprache den Rang einer nationalen Amtssprache, d.h. sie wird im Parlament sowie in sonstigen staatlichen Institutionen, wie z.B. Verwaltung und Schu- len, offiziell verwendet. Alleinige Amtssprache ist sie in Deutschland, Österreich und Liechten- stein. In der Schweiz ist sie nationale Amtssprache neben Französisch und Italienisch sowie ne- ben der regionalen Amtssprache Rätoromanisch. In Luxemburg ist sie nationale Amtssprache neben Französisch und Letzeburgisch. Als regionale Amtssprache dient sie (neben Französisch) in Ostbelgien und (neben Italienisch) in Südtirol. Deutschsprachige Minderheiten (mit Minder- heitenrechten zur Pflege ihrer Muttersprache) gibt es in etwa 25 Staaten, dazu gehören Argen- tinien, Australien, Brasilien, Dänemark, Frankreich, Israel, Kanada, Mexiko, Namibia, Polen, Rumänien, Russland (und andere aus der Sowjetunion hervorgegangene Staaten), die Slowakei, Südafrika, Tschechien, Ungarn, Uruguay und die USA.
Die deutsche Sprache ist nicht einheitlich, sondern durch vielfältige Varietäten gekennzeich- net. Diese Teilsysteme von Sprachen unterscheiden sich, bei zahlreichen Übereinstimmungen, durch konkrete Merkmale/Varianten voneinander. Die Unterschiede sind jedoch nicht so gravie- rend und umfangreich, dass der Eindruck von verschiedenen Sprachen entstünde.
Regionale Varietäten z.B. weisen in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine große Vielgestaltigkeit auf. So gibt es Unterschiede zwischen dem Niederdeutschen im Norden, dem Mitteldeutschen sowie dem Oberdeutschen im Süden. Innerhalb dieser großräumigen Gebiete lassen sich klein- und kleinsträumige Dialektregionen unterscheiden. Die Landesgrenzen zwi- schen Deutschland, Österreich und der Schweiz fallen dabei nicht mit Dialektgrenzen zusam- men. So zeigt das in weiten Teilen Österreichs gesprochene Deutsch u. a. teilweise Übereinstim- mungen mit dem Bairischen; an der alemannischen Dialektregion haben z.B. Dialekte, die in Österreich, in der Deutschschweiz sowie in Deutschland gesprochen werden, einen Anteil. In- wieweit die Bewohner kleinerer oder größerer Sprachregionen ihren Dialekt verwenden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. von dem Stellenwert des Dialekts in dieser Region, aber auch von Beruf und sozialer Zugehörigkeit, von der kommunikativen Situation, von den Ge- sprächspartnern, von den Äußerungsinhalten, von der eigenen Absicht sowie vom eigenen An- spruch.
Insbesondere seit dem 19. Jahrhundert haben sich durch Ausgleichsvorgänge zwischen Dialekten großräumige Umgangsvarietäten herausgebildet. Sie weisen in Deutschland und Österreich fließende Übergänge zu den Dialekten, aber auch zur Standardaussprache auf. In der Schweiz gibt es demgegenüber keine Umgangsvarietäten, es besteht vielmehr ein Nebeneinander von Standardaussprache und Dialekten (Diglossie).
Neben den verschiedenen regionalen Varietäten lassen sich für das Deutsche auch überregio- nale Standardvarietäten unterscheiden. Diese umfassen übergreifend die geschriebenen und die gesprochenen Formen. Zu Letzteren gehört die   Standardaussprache,  die Gegenstand dieses Wörterbuches ist.
 
 
VOKALE
y*   Libyen   l"iÉby*«n o)É   Chanson   SA)s"o)É
PÉ   Böhmen   b"PÉm«n o)   Bonmot    bo)m"oÉ
{   Löffel    l"{f+ ¨É   Verdun   vEd"¨É
P   Ödem   Pd"eÉm ¨   Lundy    l¨d"iÉ
uÉ   Buch   buÉx aO8   Bau   baO8
U   Bucht    bUxt aE8   Eis   aE8s
u   Duell    du"El OÎ   Leute   l"OÎt«
c 1
DIAKRITIKA
D   Worthington   v"{É?DINtn` d9   aufdrehen   "aO8fd9åeÉ«n
 S   Schiff    SIf k   Kabel    k"aÉb+
 Z   Gelee   Zel"eÉ g   Gabe   g"aÉb«
 Z(   Obstgelee   "oÉpstZ(el®eÉ g(   Aufgabe   "aO8fg(aÉb«
  Becher    b"EŒ l   Land    lant
J   Jahr    JaÉ m   Mai   maE8
J   Schaltjahr    S"altJaÉ n   Not    noÉt
x   Fach   fax N   Hang    haN
å   Rand    åant ³   Beamte   b«"³amt«
å9   Freitag    få9"aE8taÉk
f"aÉtŒ maE8n f"aÉtŒ
Halbvokal  ein halbvolles Glas
… Länge des Vokals   Beet    beÉt
  8 Unsilbigkeit des Vokals   Bein   baE8n
  ) Nasalierung des Vokals   Jean   ZA)É
  9 ( Entstimmlichung von Konsonan- ten
 Absage Schaltjahr 
"apz9aÉg«  S"altJaÉ
å"EÉts+ l"iÉg>
heiß servieren Landtag 
 


 
Transkription 5
Anmerkungen: 1. Das Akzentzeichen wird vor den akzentuierten Vokal, nicht – wie sonst üblich – vor die
akzentuierte Silbe gesetzt, da im Deutschen der Akzentvokal immer eindeutig bestimmbar ist, nicht aber die Silbengrenze. Sie liegt nach kurzen Vokalen innerhalb des folgenden ambi- syllabischen, d.h. zu beiden Silben gehörenden Konsonanten, z.B. in kassieren, Neuruppin. Da das in der Transkription nicht angezeigt werden kann, wird [kas"iÉå«n],  [nOÎåUp"iÉn] transkribiert. Dies ist auch in Zusammensetzungen und Wortgruppen beim Zusammen- treffen gleicher Konsonanten der Fall, z.B.  Hunderttausend   [hUndŒt¥t"aO8zn`t],   mein Name [maE8n ¥ n"aÉm«].
2. Der Glottisschlag wird im absoluten vokalischen Wortanlaut nicht transkribiert, z.B. Abend  ["aÉbËt]. Er wird nur im vokalischen Silbenanlaut nach Präfixen sowie in Zusammensetzun- gen und Wortgruppen angegeben, z.B. beantworten [b«"³antv9Otn], am Abend  [am "³aÉbËt], Sonnabend  [z"On³aÉbËt].
3. Lange Vokale können in nichtakzentuierter Position stark verkürzt werden, das diakritische Zeichen [É] wird jedoch beibehalten, unabhängig von der Akzentposition und von möglichen Kürzungen.
4. Ein hochgestelltes Transkriptionszeichen signalisiert eine Abschwächung der Artikulation. 5. [å] wird – wegen der optischen Nähe zum Schriftzeichen <R> – für den velaren Frikativ ver-
wendet (statt [V]).
 
A. 1 Standardaussprache – Begriff und Funktionen
Die Standardaussprache – früher auch als »allgemeine Hochlautung« bezeichnet – steht in enger Beziehung zum standardsprachlichen (früher: »hochsprachlichen«) Gebrauch von Wortschatz, Grammatik und Schreibung. Sie ist die mündliche Form der Standardvarietät in der Bundes- republik Deutschland, verfügt in geografischer und sozialer Hinsicht über eine weite Geltung und wird insbesondere durch die elektronischen Medien verbreitet. Die Standardaussprache kann von jedem Muttersprachler verstanden werden und hat sich als funktionstüchtig und kom- munikationsgünstig erwiesen. Sie besitzt ein hohes Prestige, da sie besonders in öffentlichen und/oder offiziellen Situationen genutzt bzw. erwartet wird.
Darüber hinaus wird die Standardaussprache vielfach auch in nicht öffentlichen Situationen gebraucht, und zwar sowohl beim reproduzierenden Sprechen (Vorlesen) als auch beim freien Sprechen. Ihr Anwendungsgebiet reicht damit von der feierlichen Rede in großen Räumen bis zum Gespräch zwischen wenigen Kommunikationspartnern. Dieser breiten Verwendungsfähig- keit entspricht ihre stilistische Vielfalt. Die phonostilistischen Differenzierungen zeigen sich vor allem in unterschiedlichen Graden der Artikulationspräzision. Dialektale oder regional gefärbte umgangssprachliche Realisationen gehören jedoch nicht zur Standardaussprache.
Als spezielles Merkmal von Standardvarietäten und damit auch der jeweiligen Standardaus- sprache gilt des Weiteren, dass sie meist schriftlich in Regelwerken festgelegt sind, d.h. sie sind kodifiziert. Bei solchen Kodifikationen handelt es sich um explizite, formulierte, gesetzte Nor- men. Sie sind von den impliziten, nicht formulierten Normen zu unterscheiden, die sich im Kommunikationsprozess intern im Bewusstsein der Sprechenden/Hörenden herausgebildet ha- ben und entscheidend ihre Erwartungen prägen. Diese wirken ihrerseits auf den Sprechgebrauch zurück, indem bestimmte Aussprachevarianten – situationsbezogen – akzeptiert oder abgelehnt werden. Kodifikationen müssen folglich sowohl den sich wandelnden Sprechgebrauch als auch die sich wandelnden Erwartungen vom Sprechgebrauch berücksichtigen, wenn sie als gültige Norm anerkannt sein wollen. Das erfordert zugleich, den Sprechgebrauch und seine Akzeptanz regelmäßig durch neue empirische Untersuchungen zu überprüfen und die Kodifikation ent- sprechend zu überarbeiten.
Implizite, nicht formulierte, interne Normen, die u.a. auch als gedankliche Übereinkünfte bzw. Konventionen bezeichnet werden, sind hinsichtlich aller Varietäten von Sprachen wirksam, so z.B. gleichermaßen bezogen auf Dialekte wie auf die Standardaussprache; anderenfalls wäre eine erfolgreiche Kommunikation im Rahmen der jeweiligen Varietät beeinträchtigt. Explizite, formulierte, kodifizierte Normen gehören demgegenüber nur der Standardaussprache zu.
Kodifikationen der Aussprache sind schließlich von reinen Deskriptionen zu unterscheiden. Diese stellen genaue Beschreibungen der Sprechweise auch von Nonstandardvarietäten (z.B. von Dialekten) dar, besitzen aber keine regulierende, präskriptive Funktion. Deskriptionen des Sprechgebrauchs der Standardaussprache sind jedoch notwendige Vorstufen für den Prozess der Kodifizierung/Normierung, der sich an den deskriptiv erfassten Varianten orientiert.
 
cher in den elektronischen Medien in Sendungen mit überregionaler Orientierung, Sprecher (Schauspieler, Rezitatoren) solcher künstlerischer Texte, die eine hohe Artikulationspräzision er- fordern, ebenso Lehrende im Bereich Deutsch als Fremdsprache, Sänger und Gesangspädagogen, sprachheiltherapeutisch und -pädagogisch Tätige sowie letztlich alle diejenigen, die diese Berufs- sprecher/-sänger auf phonetischem, rhetorischem und (sprech)künstlerischem Gebiet ausbilden.
Als Empfehlung mit größerer Normtoleranz dient die Kodifikation demgegenüber  Berufs- sprechern im weiteren Sinn, wie z.B. Persönlichkeiten, die in Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik in der Öffentlichkeit wirken, sowie Pädagogen aller Fachrichtungen und in allen Institutionen. Sofern diese Berufssprecher die Absicht haben, die Standardaussprache zu ge- brauchen, können sie die Ausspracheregelung als Orientierung nutzen. Dies trifft auch auf alle Nichtberufssprecher zu, die sich aus unterschiedlichen Gründen für die Standardaussprache in- teressieren oder sie verwenden wollen.
Die kodifizierte Standardaussprache weist damit einen unterschiedlichen Grad an Verbind- lichkeit auf. Negative Sanktionen bei Nichtbefolgung bleiben jedoch meist begrenzt. Im Gegen- satz zu Regelungen für den Gebrauch der geschriebenen Sprache (vgl. Grammatik, Orthografie) stellt die Kodifikation der Standardaussprache keine strenge, in jedem Fall verpflichtende Vor- schrift dar. Soll sie allerdings ihre Funktionen als Empfehlung, Korrektiv oder auch als Präskrip- tion erfüllen, dann ist sie in hohem Maße darauf angewiesen, von den potenziellen Nutzern akzeptiert zu werden, d.h. ihre Befolgung muss als kommunikations- und prestigefördernd er- kannt worden sein.
Die Standardaussprache ist so vor allem durch folgende Merkmale charakterisiert: x Sie ist dialektneutral und enthält keine regional gefärbten umgangssprachlichen Formen. x Sie wird überregional und in allen sozialen Gruppen verstanden und verfügt damit über eine
weite Geltung. x Sie wird besonders in offiziellen öffentlichen Situationen genutzt bzw. erwartet. x Ihre Verwendung ist in solchen Situationen prestigefördernd. x Sie ist durch unterschiedliche Grade der Artikulationspräzision (phonostilistische Differen-
zierungen) gekennzeichnet, die ihre Anwendung auch im nicht öffentlichen Bereich ermög- lichen.
x Sie ist kodifiziert und kann somit als explizite Norm regulative Funktionen erfüllen. x Ihre Kodifikation berücksichtigt den erwarteten und den realen Sprechgebrauch, der ständi-
ger Überprüfung bedarf. x Die kodifizierte Norm ist in unterschiedlichem Maß verbindlich. Ihre Nichtbefolgung kann
unter bestimmten Bedingungen negative Sanktionen auslösen.
Die Standardaussprache zeigt vielfältige Übergänge zu umgangssprachlichen Realisationen, so insbesondere bei ihrer Verwendung im nicht öffentlichen, privaten Bereich. Diese Übergangsfor- men werden im »Deutschen Aussprachewörterbuch« bei der Beschreibung der Standardausspra- che für Deutschland (Teil A) sowie im Wörterverzeichnis nicht berücksichtigt. (Zu dem teilweise speziellen Verständnis von Standardaussprache, wie es sich für Österreich und die Schweiz he- rausgebildet hat, vgl. die Teile B und C).
 
A. 2 Geschichte, Grundsätze und Methoden der Ausspracheregelung in Deutschland
Der Jahrhunderte währende Prozess des Werdens, der gesellschaftlichen Anerkennung und der Verbreitung der deutschen Sprache war zunehmend von Bestrebungen zu ihrer Vereinheitlichung und Pflege begleitet, die von unterschiedlichen sozialen Gruppen, Persönlichkeiten und Institu- tionen getragen wurden. Diese Bestrebungen, die vielfältige Ausgleichsprozesse beförderten und unterstützten, bezogen sich zunächst vor allem auf das geschriebene, nach und nach aber auch auf  das gesprochene Wort. Nicht zuletzt spielte die Frage nach dem Verhältnis beider Realisationswei- sen zueinander oftmals eine große Rolle, zumal es unterschiedlich interpretiert wurde. Nach viel- fältigen Vorüberlegungen und Vorarbeiten gab es insbesondere seit dem 18. und 19. Jahrhundert zunehmend Bemühungen, die Aussprache einer bereits relativ einheitlichen (hoch)sprachlichen Form des Geschriebenen durch schriftlich fixierte Empfehlungen zu regeln.
Dieser Prozess erhielt im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts einen zusätzlichen Impuls, als es in der Folge der Reichsgründung von 1871 um eine vereinheitlichende amtliche Regelung der Orthografie ging, die für das ganze Reich Gültigkeit haben sollte. Sie wurde nach wiederholtem Anlauf schließlich 1901 erreicht und zu diesem Zeitpunkt auch von Österreich und der Schweiz übernommen. Der Name Konrad Duden ist mit dieser Entwicklung bis heute eng verbunden. Es lag also nahe, parallel zur Festlegung der Schreibung ebenso eine vereinheitlichende Kodifizie- rung der Aussprache erlangen zu wollen.
Die Vorstellungen darüber, wie eine solche Regelung der Aussprache zu erreichen sei, diffe- rierten allerdings. In der Hauptsache spielten gegen Ende des 19. Jahrhunderts folgende Ansatz- punkte eine Rolle, die jedoch alle ihre historischen Vorläufer hatten:
(a) der Bezug auf die Sprechweise in einer einzelnen Region, (b) der Bezug auf die Aussprache der Gebildeten in verschiedenen Regionen sowie (c) der Bezug auf die Aussprache in einem bestimmten Anwendungsbereich – auf der Bühne.
Zu (a) Noch an der Schwelle zum 20. Jahrhundert gab es Versuche, die Sprechweise in einer be- stimmten, ausgewählten Region zu favorisieren und diese als Grundlage einer Regelung für ganz Deutschland zu empfehlen. Eine solche Auffassung vertrat z.B. der damalige Vorsit- zende des Deutschen Sprachvereins in Stuttgart Karl Erbe mit seiner Schrift »Fünfmal sechs Sätze über die Aussprache des Deutschen« (1897), in der er dem Schwäbischen diese Funktion zuschrieb. Diese und ähnliche Auffassungen wurden an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhun- dert im Allgemeinen Deutschen Sprachverein teilweise kontrovers diskutiert. Sie konnten sich letztlich nicht durchsetzen, da es in Deutschland kein ausgeprägtes geistig-kulturelles und politisches Zentrum wie in anderen Ländern gab, das in Aussprachefragen überall als bei- spielgebend anerkannt worden wäre.
 
Geschichte, Grundsätze und Methoden der Ausspracheregelung in Deutschland 9
verschiedene Regionen Fragebögen, die er von ausgewählten, gebildeten Personen ausfüllen ließ. Neben der ortsüblichen Aussprache der Laute interessierten ihn u. a. Artikulationsbasis, Redetempo und Akzentfragen, und zwar beim Vorlesen, im familiären Gespräch der Gebil- deten sowie in einer stärker dem Dialekt verbundenen Aussprache. Auch wenn die Berichte der befragten Laien eine unterschiedliche Qualität aufwiesen, zeigten sie dennoch eine Reihe konkreter Ausspracheformen, die tendenziell auf heutige Untersuchungsergebnisse verwei- sen. Dies betrifft teilweise z.B. den r-Laut, die Elision des Schwa-Lautes in den unbetonten Endungen <-en, -em, -el> oder auch die Aspiration der Plosive. Viëtor diskutierte die Ver- wendung reduzierter Formen ausführlich in seiner Aussprachelehre, die 1885 in erster Auf- lage unter dem Titel »Die Aussprache der in dem Wörterverzeichnis für die deutsche Recht- schreibung zum Gebrauch in den preußischen Schulen enthaltenen Wörter« erschienen ist. Sie wurde vor allem unter ihrem späteren Titel »Die Aussprache des Schriftdeutschen« be- kannt und enthielt bereits in der ersten Auflage ein Wörterverzeichnis mit rund 4000 tran- skribierten Beispielen. »Die Aussprache des Schriftdeutschen« kann als erstes systematisch angelegtes, wissenschaftlich fundiertes Regelwerk für die deutsche Aussprache angesehen werden. Das Buch erschien bis 1941 in 13 Auflagen, die nach dem Tod Viëtors (1918) von Ernst A. Meyer besorgt wurden. Obwohl sich Viëtor in dieser Schrift zunächst – zeitbedingt – auf eine Orthografie-Regelung für Preußen bezog und damit eine Vereinheitlichung der Aussprache in preußischen Schulen im Blick hatte, wollte er mit seinen Ausspracheempfehlungen dazu beitragen, »dass eine reine, des geeinten Deutschlands würdige Aussprache, wie auf der Bühne, so auch in der Schule, in der Kirche und überall sonst zur Geltung kommt, wo nicht engerer Verkehr der Mundart ihr Recht sichert« (Viëtor 1885, IV). Entsprechend diesem Grundsatz übernahm er die in der Aussprachelehre diskutierten Lautreduktionen in sein Wörterverzeichnis nicht. Dieses enthielt vielmehr Empfehlungen, die der stark verdeutlichenden Aussprache auf der Bühne gerecht werden sollten. Denn allein die »Bühnensprache« verstand er »als Norm« (Viëtor 1885, 7; 1941, 12). Hiermit im Einklang steht seine spätere Unterstützung der von Theodor Siebs kodifizierten Bühnenaussprache. Viëtors Grundkonzeption wurde in allen Auflagen der »Aussprache des Schriftdeutschen« beibehalten. Sinngemäß findet sie sich ebenso in seinem erstmals 1912 erschienenen  »Deut- schen Aussprachewörterbuch«, das zuletzt 1931 in 4. und 5. Auflage herausgekommen ist. Es enthielt keine Aussprachelehre, dafür aber ein umfangreiches Wörterverzeichnis mit ca. 35.000 Stichwörtern, die Viëtor bereits seit der 1. Auflage von 1912 nach dem Internationalen Phonetischen Alphabet (IPA) transkribiert hat. Reduktionen und Assimilationen der Laute wurden auch in dieses Wörterverzeichnis nicht aufgenommen.
 
10 Die Standardaussprache in Deutschland
sprache weitgehend zu vermeiden. Diese Bestrebungen verstärkten sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als es um ihre Sprechweise in klassischen Theaterstücken ging. Goethes Bemühungen setzten sich so im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts fort, indem vor allem Theaterleute eine zunehmende Vereinheitlichung der Aussprache der Schauspieler forderten und für diese Berufsgruppe einzelne Ausspracheempfehlungen vorlegten. In der Praxis gewannen neben dem Theater im 19. Jahrhundert zusätzlich die Deklamierklubs an Bedeutung, in denen die Aussprache ebenfalls mit vereinheitlichender Tendenz realisiert wurde. Die Aussprache der Schauspieler und Deklamatoren, die zwar noch nicht einheitlich war – denn es gab keine umfassenden, verbindlichen Richtlinien – wies somit bei relativer Stabilität gegen Ende des 19. Jahrhunderts dennoch bereits einen hohen Grad an Überregio- nalität auf, wie ihn sonst die Sprechwirklichkeit nicht zeigte. Es war schließlich der Germanist  Theodor Siebs, der die Sprechweise von Schauspielern als Kodifizierungs- bzw. Normierungsgrundlage für die Erarbeitung einer Ausspracheregelung wählte.
Im 20. Jahrhundert erschienen darüber hinaus weitere Aussprachekodifizierungen. Im Folgen- den werden die wichtigsten Regelungen skizziert.
Zum »Siebs«
Theodor Siebs hatte 1896 nach Anfragen bei einigen bedeutenden Theatern die Bestätigung er- halten, dass eine ausgleichende Regelung der Bühnenaussprache wünschenswert und notwendig ist. Für die Verwirklichung seines Projektes sicherte er sich sodann die Unterstützung des Deut- schen Bühnenvereins und der   Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner   sowie von deren jeweils einflussreichsten Vertretern. Neben namhaften Angehörigen des  Deutschen Büh- nenvereins konnte er so die führenden Wissenschaftler Eduard Sievers (Leipzig) und Karl Luick  (Graz) als Mitarbeiter gewinnen. Dieses Gremium beriet 1898 über das Projekt, wobei auch die Wissenschaftler Wilhelm Viëtor (Marburg) und Joseph Seemüller (Innsbruck) das Vorhaben durch schriftliche Stellungnahmen unterstützten. Die Ergebnisse der Beratungen wurden von Theodor Siebs 1898 unter dem Titel  »Deutsche Bühnenaussprache« herausgegeben.
Diese 1. Auflage des Regelwerkes enthielt neben einleitenden Beiträgen von Siebs und Sievers in ihrem Hauptteil eine zusammenhängende Aussprachelehre. Ein Wörterverzeichnis mit tran- skribierten Beispielen war noch nicht beigefügt.
Bereits ebenfalls 1898 beschloss der Deutsche Bühnenverein in einer Generalversammlung, die Regeln den Bühnen als Richtschnur für die deutsche Aussprache zu empfehlen. Damit wurde die Gültigkeit der Kodifizierung gleichsam institutionell abgesichert. Durch die zusätzliche Vermitt- lung der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger  (1908) erhielt das Buch, entsprechend dem besonderen Wunsch der Schauspieler, in den nachfolgenden Auflagen ein Wörter- und Namens- verzeichnis.
 
Geschichte, Grundsätze und Methoden der Ausspracheregelung in Deutschland 11
cherte sich so zunächst weitgehend die Akzeptanz der Regelung durch jene Berufsgruppe, für die die Kodifizierung ursprünglich vor allem hilfreich sein sollte.
Gleichzeitig mehrten sich jedoch die Stimmen, die forderten, die »Deutsche Bühnenausspra- che« auch für Bereiche außerhalb des Theaters als maßgebliche Regelung anzuerkennen, so z. B. für die Schule. Eine solche Erweiterung ihres Geltungsbereiches wurde deklariert, als mit der 13. Auflage von 1922 das Werk als Zusatz den umfassenderen Titel »Hochsprache« erhielt. Die Re- gelung selbst blieb im Grundsätzlichen jedoch unverändert. Der Anspruch aber, eine ausschließ- lich auf ein exponiertes Anwendungsgebiet zugeschnittene Kodifizierung und damit eine über- deutliche Sprechweise allgemein als richtungweisend zu erklären, stieß in der Fachwelt vielfach auf Ablehnung und Widerspruch.
Diese Problematik war jedoch nicht nur Gegenstand der Diskussion, die den »Siebs« jahr- zehntelang begleitete, sondern sie hatte vor allem zur Folge, dass die Praktikabilität der Regelung eingeschränkt war (zur besonderen Rezeptionsgeschichte des »Siebs« in Österreich vgl. Teil B). Denn insbesondere der Rundfunk verlangte seit Mitte der 1920er-Jahre dringend nach einer neuen Übereinkunft. Theodor Siebs konnte allerdings mit seiner 1931 als Handschrift gedruckten »Rundfunkaussprache« diesen Bedarf nicht abdecken, denn die »Rundfunkaussprache« unter- schied sich hinsichtlich der Grundauffassung nicht vom bisherigen »Siebs«, sondern führte lediglich im Wörterverzeichnis schwerpunktmäßig fremde Wörter und Namen auf. Da jedoch auch in den folgenden zwei Jahrzehnten – während der Zeit des Nationalsozialismus – trotz unterschiedlicher Versuche anderer Autoren keine brauchbare Regelung erschien, die das Defizit des »Siebs« hätte überwinden können, blieb weiterhin der »Siebs«, der seit 1930 in 15. Auflage vorlag, die einzige als verbindlich angesehene Kodifizierung der Aussprache.
Einige Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges initiierte der Deutsche Ausschuss für Sprech- kunde und Sprecherziehung – Theodor Siebs war 1941 gestorben – Bemühungen um eine Neu- auflage des Regelwerkes. Es wurde ein Arbeitsausschuss gebildet, dem auch die Vertreter der Sprechwissenschaft an den Universitäten Jena und Halle, Irmgard Weithase und Hans Krech, 1953 detaillierte Vorschläge zur grundsätzlichen Neubearbeitung des »Siebs« unterbreiteten. Diese Vorschläge, deren Realisierung umfangreiche empirische Untersuchungen des aktuellen Sprechgebrauchs erfordert hätten, ließen sich aus Sicht des Arbeitsausschusses jedoch nicht ver- wirklichen und gegenüber den neuen Herausgebern des »Siebs«, Helmut de Boor und Paul Diels, nicht durchsetzen. Sie wurden daher auch in der späteren Beratung des Erweiterten Siebs-Aus- schusses, in der die Richtlinien für die Neubearbeitung festgelegt wurden, nicht berücksichtigt.
Die 16. Auflage des »Siebs« erschien 1957 folglich hinsichtlich der Grundposition unverän- dert. Entsprechend heißt es: »Bewußt und wohlüberlegt ist die Regelung der alten Bühnen- aussprache im wesentlichen unverändert beibehalten worden …« (Siebs 1957, 6). Ungeachtet dessen wurde jedoch der Anspruch auf größte Allgemeingeltung bekräftigt, indem die Regelung die Bezeichnung »Deutsche Hochsprache« nunmehr als übergreifenden Titel erhielt.
 
12 Die Standardaussprache in Deutschland
weise und inkonsequent. Die gemäßigte Hochlautung wurde vielmehr lediglich »in vielen Bera- tungen erarbeitet« (Siebs 1969, 15). Diese Sachlage kennzeichnet den »Siebs« auch in den noch folgenden Ausgaben, die als unveränderte Nachdrucke der 19. Auflage erschienen sind.
Zum »Wörterbuch der deutschen Aussprache« (WDA)
Das Scheitern der Bemühungen um eine grundsätzliche Neubearbeitung des »Siebs« (1953) führte dazu, dass die Fachvertreter der Universitäten Jena und Halle eine eigenständige Kodifi- zierung entwickelten.
1953 hatte Irmgard Weithase (Jena) im Rahmen eines Forschungsauftrages zum Thema »Die Normierung der deutschen Allgemeinsprache« mit der Arbeit an einem Aussprachewörterbuch begonnen. Ebenfalls 1953 wurde in Halle durch  Hans Krech die Orthoepieforschung begründet. Erste hallesche Untersuchungsergebnisse lagen wenig später vor (1954 zur Aspiration der Plosive, 1955 zur Aussprache im Gesang und 1956 zur Realisierung des ungespannten e-Lautes).
Nach der Übersiedlung von I. Weithase nach München (1958) wurde das Forschungsprojekt ab 1959 von einer Arbeitsgruppe in Halle unter der Leitung von Hans Krech fortgeführt.
Bis 1958 waren in Jena neben Studien zur Geschichte der gesprochenen deutschen Sprache (Weithase 1961), Teile des Wortschatzes und erste Transkriptionen erarbeitet worden. Entspre- chend der Neukonzipierung des Projektes 1959 in Halle erwies es sich jedoch als erforderlich, den Wortschatz beträchtlich zu erweitern, die vorliegenden Transkriptionen auf der Grundlage von Ergebnissen empirischer Untersuchungen des Sprechgebrauchs zu konkretisieren bzw. zu verän- dern und die entsprechenden theoretischen Grundlagen zu erarbeiten. Damit wurden zugleich die Zahl der unmittelbar in die orthoepische Forschung einbezogenen Personen erheblich ver- größert, eine Reihe wichtiger Institutionen eingebunden und die Arbeit am Wörterbuch auf eine breite Basis gestellt.
Der halleschen Arbeitsgruppe gehörten so Vertreter der Sprechwissenschaft, der Phonetik, des Rundfunks, des Theaters, Films, Fernsehfunks und der Synchronisation, der Schule und des Verlages an. Ziel war es, ein »Aussprachewörterbuch der allgemeinen deutschen Hochlautung« zu schaffen. Mit dieser Bezeichnung war nach H. Krech (1958, 103) »die Ausrichtung des Werkes« gekennzeichnet. Es ging folglich nicht darum, die spezielle Bühnenaussprache zu kodifizieren, sondern Ausspracheformen, wie sie sich allgemein, also überall dort als angemessen herausge- bildet hatten, wo es sich um formbewusstes Sprechen auf der Basis des Standards handelte. Diese Ausspracheformen, hier auch bereits als ›Standardaussprache‹ bezeichnet, wurden vor allem durch Funk, Fernsehen und Film verbreitet.
Mit dem Wechsel der Kodifizierungsgrundlage war zugleich der Entwicklung der genannten Massenmedien in den vorausgegangenen Jahrzehnten Rechnung getragen worden. Außerdem wurde damit berücksichtigt, dass die Sprechweise in diesen Medien, die zudem frei von über- deutlichen Lautausformungen war, täglich in einem Ausmaß auf die Bevölkerung einwirkt und entsprechende Hörerwartungen prägt, wie es die Bühnenaussprache niemals hatte erreichen können.
Nach einem von Hans Krech entwickelten Konzept waren vor allem folgende Grundpositio- nen bei der Arbeit am Aussprachewörterbuch zu berücksichtigen: (1) Wechsel der Kodifizierungsgrundlage von der Bühnenaussprache zu medienvermittelten, zu-
sammenhängend gesprochenen, natürlichen Äußerungen von Berufssprechern, die keine dialektalen oder regiolektalen Merkmale aufweisen;
(2) Fundierung der Neukodifizierung durch empirische phonetische Untersuchungen des ak- tuellen Sprechgebrauchs an sinnvollen Ganztexten;
 
(3) Neubestimmung der Untersuchungsmethode durch Nutzung eines »objektiv-subjektiven Abhörverfahrens«, das die Unterstützung der auditiven Untersuchungen durch apparate- technische Mittel (Hörhilfen, optische Verdeutlichungen) vorsieht;
(4) Berücksichtigung des phonetischen, situativen und gegebenenfalls emotionalen Kontextes bei der Untersuchung einzelner Aussprachemerkmale und damit Erfassen koartikulatorisch, assimilatorisch und stilistisch bedingter Aussprachevarianten;
(5) im Prozess der Kodifizierung/Normierung durch Experten: Ableitung verallgemeinernder Regeln aus den ermittelten und statistisch abgesicherten Daten.
Bei der Untersuchung des Sprechgebrauchs wurde die Aussprache von Berufssprechern aus ganz Deutschland analysiert (vgl. H. Krech 1961a, 49). Dem lag die Überzeugung zugrunde, dass ein Aussprachewörterbuch angesichts der bestehenden innerdeutschen Grenze nicht zur Vertiefung gegensätzlicher sprachlich-kultureller Entwicklungen beitragen darf.
Als  Untersuchungskorpus dienten in erster Linie ausgewählte Sendungen des Rundfunks. Darüber hinaus wurden Schallplatten ausgewertet sowie Aufnahmen der Deutschen Zentral- bücherei für Blinde (Leipzig). Im Einzelnen handelte es sich um Nachrichten, Programmansagen, Verlesen von Sachtexten wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Art, Rezitationen von Lyrik und Prosa klassischer und moderner Autoren sowie Hörspiele. Beabsichtigt war außer- dem, auch die Realisierung der Standardaussprache in Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz zu berücksichtigen. Dieses Vorhaben genehmigten jedoch die zuständigen Behörden der DDR nicht.
Insgesamt umfasste das Untersuchungskorpus einen relativ breiten Ausschnitt aus möglichen Realisierungsformen der Standardaussprache. Auf diese Weise wurden zugleich unterschiedliche Varianten der Standardaussprache analysiert und die Ergebnisse in den einzelnen Spezialunter- suchungen (s.u.) zu den verschiedenen Kommunikationsformen und Textsorten in Beziehung gesetzt. Damit lassen sich hier bereits erste Ansätze dafür finden, was sich inzwischen zu syste- matischen Untersuchungen phonostilistischer Differenzierungen entwickelt hat.
Zur Ermittlung des aktuellen Sprechgebrauchs diente nach einem von Hans Krech entwickel- ten Programm eine Vielzahl empirischer Untersuchungen. Sie erstreckten sich auf den Vokalis- mus, den Konsonantismus, die Prosodie und die Aussprache im Gesang. Die umfangreichsten und frühesten Erhebungen, bei denen an jeweils rund 10.000 Beispielen die Realisation phone- tischer Merkmale überprüft wurde, waren die Untersuchungen x zur Aspiration der Plosive (G. Lotzmann 1958/1975), x zum Schwa-Laut (G. Meinhold 1962a), x zum Glottisschlageinsatz (E.-M. Krech 1964/1968), x zum r-Laut (H. Ulbrich 1966/1972).
Weitere Untersuchungen bezogen sich auf  x die Gesangsaussprache (J. Schwiefert [Suttner] 1955; E.-M. Schuppener [Krech] 1955; G. Beyer
1977), x die Aussprache des ungespannten e-Lautes (R. Teske 1956), x die Realisation fremdsprachiger Vokale und Konsonanten (R. Teske 1960), x die Realisation der Plosive in den Lautverbindungen [ St] und [ Sp] (G. Meinhold 1962b), x die Aussprache der Lenis-Plosive im Anlaut und nach stimmlosem Laut (G. Meinhold/
 
14 Die Standardaussprache in Deutschland
x die Melodisierung (E. Stock 1969/1980), x die Akzentuierung (U. Stötzer 1975; E. Stock/U. Stötzer 1981), x die Aussprache ausgewählter Vokale in unbetonten offenen Silben eingedeutschter Fremd-
wörter (E. Neitzel 1975), x die Realisation ausgewählter Synsemantika (S. Alschner 1976).
Die beiden letztgenannten Untersuchungen waren bereits jeweils systematisch auf unterschied- liche phonostilistische Bereiche bezogen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen dienten als Grundlage für die Neukodifizierung. Diese erschien 1964 als »Wörterbuch der deutschen Aussprache« (WDA) in erster Auflage. (Autoren: Eva-Maria Krech, Eduard Kurka, Helmut Stelzig, Eberhard Stock, Ursula Stötzer und Rudi Teske, unter Mitwirkung von Kurt Jung-Alsen). Als Leiter des Autorenkollegiums wirkte Hans Krech, der auch die phonetischen Untersuchungen initiiert und bis zu seinem Tod (1961) betreut hatte. Das WDA kam bis 1974 in weiteren drei Auflagen heraus. Die 1. Auflage erschien zusätzlich in der Bearbeitung und Übersetzung von N. Morciniec als Lizenzausgabe für Polen (Warschau 1974) und die 2. Auflage von 1969 zugleich als Lizenzausgabe für die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin beim Max Hueber Verlag München. Eine erweiterte Auflage kam 1982 als neue Erstauflage unter dem Titel »Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache« (GWDA) heraus. Als hauptverantwortlich für das GWDA sowie für die 2. bis 4. Auflage des WDA zeichnete Ursula Stötzer.
Die durch die Untersuchung zusammenhängend gesprochener Äußerungen deutlich ge- wordenen Assimilationen und Lautschwächungen wurden im WDA ausführlich beschrieben und im Wörterverzeichnis markiert. Ihre detaillierte Berücksichtigung im Wörterverzeichnis er- folgte sodann im GWDA. Auch gesonderte Untersuchungen zur Phonostilistik (G. Meinhold 1973) ließen sich schließlich für das GWDA nutzen.
Die im WDA kodifizierten Ausspracheformen wurden außerdem einem Akzeptanztest unterworfen (P. Winkler 1973). Verglichen mit der im »Siebs« dargestellten sogenannten ›reinen Hochlautung‹ sowie mit Äußerungen, die als gehobene Umgangssprache klassifiziert wurden, erwies sich in umfangreichen sprachpsychologischen Tests die Kodifizierung des WDA als am meisten kommunikationsgünstig.
Zum Duden-Aussprachewörterbuch
 
buch überhaupt – die »Lautlehre fremder Sprachen« (1962, 80ff.) systematisch in knapper Form dargestellt hat.
Seit der 2. Auflage (1974) folgte das Duden-Aussprachewörterbuch einer veränderten Konzep- tion: Der grundsätzliche Bezug auf die Bühnenaussprache wurde aufgegeben und damit nicht mehr eine Idealnorm kodifiziert, sondern eine »allgemeinere Gebrauchsnorm« (Duden 1974, 29). Diese erhielt – wie zuvor schon im WDA – die Bezeichnung ›Standardaussprache‹. Sie soll »für alle Sprechsituationen« gelten, »in denen man sich nicht der Mundart oder der Umgangssprache bedient« (ebd., Vorwort). Zwar finden sich auch für diese Kodifizierung im Duden-Aussprache- wörterbuch keine Hinweise auf eigene Untersuchungen des Sprechgebrauchs, dafür aber erfolgt ein ausdrücklicher Bezug auf die im Zusammenhang mit dem WDA ermittelten Untersuchungs- ergebnisse. Sie wurden zum großen Teil für die Kodifizierung genutzt (vgl. ebd., 29).
Die Aussprache auf der Bühne wurde im Duden-Aussprachewörterbuch ausschließlich im Sinne der Siebsschen Bühnenaussprache gesehen (z.B. ohne Lautreduktionen). Sie wurde auch nicht als phonostilistische Variante der Standardaussprache zugeordnet, sondern neben der Standardlautung als gesonderte Kategorie von ›genormter Lautung‹ (in der 2. Auflage noch als ›Hochlautung‹ bezeichnet) verstanden.
Dieser Grundkonzeption folgten im Wesentlichen auch alle weiteren, jeweils neu bearbei- teten, erweiterten und aktualisierten Auflagen des Duden-Aussprachewörterbuches (so 19903, 20004, 20035, 20056).
Zur Erarbeitung des »Deutschen Aussprachewörterbuches« (DAWB)
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990, die nicht zuletzt eine erhebliche Verbesserung der Forschungsbedingungen und -möglichkeiten zur Folge hatte, wurde eine Neubearbeitung des GWDA angestrebt. Ausgangspunkt für das Vorhaben war eine Kooperation des Institutes für Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Leiter Eber- hard Stock) und des Institutes für Phonetik der Universität zu Köln (Leiter Georg Heike). Stock  und Heike bildeten zusammen mit E.-M. Krech eine Projektgruppe, der neben Angehörigen bei- der Institute vor allem Mitarbeiter der Universität Leipzig, speziell des Herder-Institutes, ange- hörten. Mit der Einbeziehung des letztgenannten Lehr- und Forschungsbereichs wurde die bis- herige Betrachtungsweise erweitert und die kontrastive Phonetik in Bezug auf die Eindeutschung fremder Namen und Wörter verstärkt in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.
Das Forschungsprojekt erhielt von 1991 bis 1995 eine umfangreiche Förderung durch die Volkswagen-Stiftung. Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde die Arbeit am Wörterbuch ausschließ- lich vom halleschen Institut getragen. Das Kölner Institut hatte zuvor vor allem an der Model- lierung der Artikulation, speziell der Erklärung der Koartikulation, der Silbenproblematik und an einem ›Sprechenden Wörterbuch‹ gearbeitet (Heike 1992, 1–44; Heike 1996, 57–59; Heike/ Greisbach/Kröger 1991, 465–471; Esser et al. 1996a, 76–84; Esser/Klinker, 1996b).
Das vorliegende   »Deutsche Aussprachewörterbuch« (DAWB)  steht in der Nachfolge des WDA/GWDA, indem es bei vergleichbarer Zielstellung von den genannten konzeptionellen und methodologischen Grundpositionen ausgeht. Um jedoch eine dem heutigen Forschungsstand und den Erfordernissen der Gegenwart entsprechende Neukodifizierung erarbeiten zu können, war es erforderlich, die in den 1950er-Jahren entwickelte Konzeption zu erweitern. Die wichtigs- ten Neuerungen betrafen: – die Absicherung der Kodifikation nicht nur durch erneute phonetische Untersuchungen des
Sprechgebrauchs, sondern auch durch soziophonetische Untersuchungen zu den Erwartun- gen der Hörenden an den Sprechgebrauch,
 
– die phonologische Fundierung der Ausspracheregelung, – die Einbeziehung frei gesprochener Äußerungen (neben vorgelesenen Texten) in die Unter-
suchungen, – die systematische Berücksichtigung phonostilistischer Differenzierungen, – die Berücksichtigung komplexer Akzentstrukturen durch die erweiterte Aufnahme von Kom-
posita und Wortgruppen in das Wörterverzeichnis, – den Ausbau der Grundlagen für die Eindeutschung fremder Wörter und Namen, – die Veränderung der Transkription im Ergebnis der phonetischen Untersuchungen.
Weitere Veränderungen betrafen: – die beträchtliche Vergrößerung und Aktualisierung des Wortschatzes, – die Berücksichtigung nationaler Standardvarietäten und somit die Aufnahme von Kapiteln
zur Standardaussprache in Österreich sowie in der deutschsprachigen Schweiz, – die Beifügung einer Audio-CD mit Beispielen aus dem Einführungsteil.
Diese notwendigen Veränderungen und Erweiterungen erwiesen sich im Verlauf der Arbeit als so umfangreich und tiefgreifend, dass sie nicht im Rahmen einer Neuauflage des GWDA zu leisten waren. Sie verlangten vielmehr die Erarbeitung eines vollständig neuen Aussprachewörterbuches.
Da die Standardaussprache keine vollkommen einheitliche Varietät darstellt, sondern je nach Anwendungsbereich/Situation Differenzierungen aufweist, mussten als Ausgangsbasis für die Neukodifizierung der aktuelle situationsspezifische Sprechgebrauch sowie die Erwartungen der Bevölkerung an den Sprechgebrauch in verschiedenen Anwendungsbereichen ermittelt werden.
Bei den umfangreichen und systematisch angelegten Akzeptanzuntersuchungen (E. Stock/ U. Hollmach 1997; U. Hollmach 2007) wurden deutschlandweit rund 1600 Probanden (Laien) befragt, die verschiedenen sozialen und Altersgruppen angehörten und aus allen Sprachland- schaften der Bundesrepublik stammten. Es interessierte dabei vor allem, welche Aussprachefor- men für ausgewählte Sprechsituationen bevorzugt bzw. erwartet werden. Die Probanden hatten dazu über 40 Mitschnitte von gesprochener Sprache aus Funk und Fernsehen auditiv zu beurtei- len. Die am stärksten und am häufigsten für eine Situation/Textsorte favorisierten Aufnahmen erhielten damit Modellcharakter.
Das Ziel, Empfehlungen für eine situativ angemessene Verwendung der Standardaussprache vorzulegen, erforderte zugleich, die Differenzierungen der Standardaussprache in unterschied- lichen Anwendungsbereichen bereits für die   Erarbeitung des Untersuchungskorpus  systema- tisch zu berücksichtigen (E.-M. Krech 1996a). Dabei konnte es nicht um die Vielzahl möglicher Anwendungsbereiche gehen. Vielmehr erwies sich eine Beschränkung auf Situationen als sinn- voll, in denen der Gebrauch der Standardaussprache vorzugsweise angestrebt, verwirklicht und erwartet wird. Das betrifft vor allem Äußerungen in öffentlichen Situationen. Als Untersuchungs- material boten sich damit nach wie vor Äußerungen in ausgewählten Sendungen der elektroni- schen Medien an, in denen eine überregionale Akzeptanz angestrebt wurde. Berücksichtigung fanden die beiden stark kontrastierenden Textsorten Nachrichten (im konventionellen Stil) sowie Gespräche (ausgewählte Talkshows). Damit waren eindeutig vorgelesene und frei gesprochene Äußerungen erfasst.
Zur Bereitstellung des konkreten Untersuchungskorpus wurden aus jeweils 100 Aufnahmen von Nachrichtensprechern sowie von Gesprächsteilnehmern für jede dieser Textsorten 50 Aufnah- men ausgewählt, die den Modellaufnahmen entsprachen, welche bei den Akzeptanzuntersuchun- gen für die Nachrichtensprecher und für die Sprechweise in öffentlichen Gesprächen ermittelt worden waren. Diese Modellaufnahmen dienten damit als Grundorientierung bei der Zusammen- stellung des konkreten Untersuchungsmaterials.
 
Die phonetischen Analysen des Sprechgebrauchs wurden mit Hilfe eines auditiven, compu- tergestützten Verfahrens nach einem einheitlichen Konzept durchgeführt (E.-M. Krech 1996b). Sie erstreckten sich zum einen auf eine Überprüfung der für das WDA/GWDA ermittelten Er- gebnisse, zum anderen auf die Untersuchung weiterer Fragestellungen. Zu den hauptsächlichen Untersuchungsgegenständen zählten (chronologische Reihenfolge): x die intervokalischen Lenis-Plosive, die Realisierung der Endkonsonanten in schwachen For-
men sowie die Realisierung der Endung <-en> nach Nasalen (M. Küster 1990), x die Realisierung der Phoneme /s/ und /z/ (C. Demme [Dubielzig]/U. Kroemer 1993), x der r-Laut (J. Graf/B. Meißner 1995; B. Meißner 1999), x die Realisierung des langen e-Lautes vor <r> sowie des langen <ä> (S. Lembke/U. Semper
1997, unveröff. Material), x die Synsemantika (B. Meißner 1997, unveröff. Material), x der Schwa-Laut (S. Lemke 1998; F. Kräuter/U. Schikora 1997, unveröff. Material), x Quantität und Qualität der Vokale in nicht akzentuierten offenen Silben eingedeutschter
Wörter (E.-M Krech/C. Dubielzig 2002 b), x die Diphthonge (C. Ulbrich 2003), x Vergleich der Prosodie in der Standardaussprache in Deutschland, Österreich und der
Deutschschweiz (C. Ulbrich 2005), x die Aspiration der Plosive (U. Hollmach 2007), x Vergleich der Realisationen ausgewählter Konsonanten in der Standardaussprache in Öster-
reich und in Deutschland (D. Klaaß 2009). Außerdem wurden Untersuchungsresultate zur Qualität des a-Lautes (R.-B. Fredrich/G.
Meinhold 1989) genutzt.
A. 3 Struktur und Auswahl des Wortschatzes
Die Beschreibung der bundesdeutschen Standardaussprache in diesem Buch bezieht sich auf  Wörter und Namen, die in der öffentlichen Sprechkommunikation gebraucht werden und hauptsächlich nicht zu den Fachsprachen, beispielsweise der Medizin, Informatik oder Physik, gehören. Sie sind deutscher oder fremder Herkunft und können einerseits als Simplizia (nicht zusammengesetzte Wörter) und andererseits als Komposita (Verknüpfungen zweier frei auftre- tender Wörter), als Bindestrichwörter und als Verbindungen eines Grundwortes mit Präfixen oder Suffixen auftreten. Komposita und präfigierte bzw. suffigierte Wörter werden im Folgenden als Zusammensetzungen bezeichnet. Hinzu kommen feste Wortgruppen sowie einfache und ver- schieden zusammengebildete Namen.
Mit den rund 150 000 Eintragungen im Wörterverzeichnis wird versucht, dieser Differen- ziertheit und Vielfalt gerecht zu werden.
Für die Auswahl und Überprüfung des Wortschatzes wurden u.a. folgende Publikationen herangezogen (detaillierte Angaben siehe Literaturverzeichnis): – Wortschatz Universität Leipzig (http://www.wortschatz.uni-leipzig.de), – Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache, – Wörterbuch der deutschen Aussprache, – Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache,
 
– Duden. Aussprachewörterbuch, – Duden. Die deutsche Rechtschreibung, – Duden. Das Fremdwörterbuch, – Duden. Deutsches Universalwörterbuch, – Der Brockhaus in Text und Bild, – Wahrig. Deutsches Wörterbuch, – Wahrig. Die deutsche Rechtschreibung, – Quasthoff: Deutsches Neologismenwörterbuch, – Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, – Dornseiff: Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen, – Drosdowski/Scholze-Stubenrecht: Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten, – Muthmann: Rückläufiges deutsches Wörterbuch, – Kempcke: Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache, – Langenscheidt Taschenwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, – Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache, – Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache, – LEO-Internetwörterbuch Deutsch – Englisch.
Außerdem wurden verschiedene Internetsuchmaschinen und -quellen wie Google und Wikipe- dia sowie spezielle Sammlungen der Autoren und Mitarbeiter einbezogen.
Deutsche Wörter und Namen
Zu den deutschen Wörtern und den meist aus ihnen abgeleiteten Namen zählen hier zunächst solche, die sich auf eine zum ursprünglichen Bestand der Sprache gehörende Wurzel (Basis- oder Stammmorphem) zurückführen lassen. Man spricht deshalb auch von heimischen oder Erb- wörtern. Mittels der verschiedenen Verfahren der Wortbildung, vor allem der Zusammenset- zung und der Bildungen mit Präfixen und Suffixen, entstehen aus diesen Wurzeln Wortfamilien mit Wörtern verschiedener Wortarten, die für die Ausspracheregelung interessant sind, weil durch Substantivierung, Komparation usw. der Phonembestand und die Akzentuierung verän- dert werden können, z.B. groß, größer, vergrößern, Vergrößerung, Größe, größtenteils, mittelgroß, Großhandel, Großmaul, Gernegroß, zweieurostückgroß. Hinzu kommen abgeleitete Namen wie Groß, Große, Großbart, Größer, Größler, Gröst, Großgrimma, Großwig, Großhub. Dabei werden im Deutschen mitunter auch Wörter zweier Wortarten allein dadurch unterschieden, dass statt des ersten Kleinbuchstabens der entsprechende Großbuchstabe geschrieben wird; hierdurch können Wörter ungleicher Bedeutung entstehen, die aber die gleiche Aussprache haben und deshalb im Wörterverzeichnis nicht zweifach aufgeführt werden, z.B. arm – Arm.
 
Fremde Wörter und Namen
Als fremd werden hier Wörter und Namen bezeichnet, die auf nichtdeutsche Wurzeln zurück- gehen und bei der Übernahme in das Deutsche nicht vollständig assimiliert wurden. Der Grad der Anpassung an die Besonderheiten des Deutschen hängt dabei meist vom Zeitpunkt der Aneignung ab. Deshalb werden hier  ältere Entlehnungen von jüngeren Entlehnungen unter- schieden. Die Grenzen zwischen ihnen sind allerdings fließend, was sich vor allem an Übernah- men aus dem Französischen und Italienischen zeigt.
Das Deutsche hat Bezeichnungen wie Demonstration, Existenz, Republik, Retusche, ambiva- lent, neutrophil, relevant  und auch Namen wie Hippokrates, Hortensie, die als Beispiele für ältere Entlehnungen angeführt werden können, im Laufe der Geschichte meistens schubweise in gro- ßem Umfang aus anderen Sprachen übernommen. Sie sind in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen; die Mehrzahl von ihnen hat eine stabile Gebrauchshäufigkeit, eine gewisse Anzahl ist jedoch veraltet. Die grammatische und orthografische Form der Aneignung war von Zeit- strömungen und von der jeweiligen Herkunftssprache abhängig. Diese Wörter wurden weitge- hend assimiliert, ihre Phonem-Graphem-Beziehungen entsprechen von wenigen Ausnahmen abgesehen denen des Deutschen; die fremde Akzentuierung blieb aber erhalten (vgl. A. 5.2). Für die Ausspracheregelung bildeten sich je nach Sprache spezifische Beschreibungstraditionen heraus, die durch die Gebrauchshäufigkeit, den Gebrauchswert und die oft verwickelte Integra- tionsbiographie der Wörter bedingt waren. Dabei bestand seit jeher die Tendenz, Wortgut aus Sprachen, die in der Schule gelernt wurden (z.B. Französisch und Englisch) weniger stark ein- zudeutschen. Diese Bedingungsvielfalt muss eine Kodifizierung der deutschen Standardausspra- che berücksichtigen. Durchweg geltende Ausspracheregeln lassen sich daher nicht aufstellen.
Als Herkunftssprachen dienten neben dem Spanischen, dem Portugiesischen, dem Arabi- schen, dem Russischen und anderen vor allem: – das Lateinische und Griechische, z.B. Philosophie, konfiszieren, legal ; – das Italienische, z.B. Serenade,Valuta, dito; – das Französische, z.B. Delikatesse, Promenade, rekrutieren.
Zu Übernahmen aus dem Englischen, zunächst aus dem britischen Englisch, kam es erst im 18. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert wurde daraus durch die wissenschaftlich-technische, öko- nomische und politische Spitzenstellung der USA ein unaufhaltsam wachsender Strom von Ang- lizismen und Amerikanismen, der nicht nur die Fachlexik erweiterte, sondern von Tagesmoden begünstigt in fast alle Lebensbereiche eindrang.
Viele der fremden Wörter erwiesen sich als außerordentlich produktiv und konstituierten mit ihren Wortstämmen sowie mit fremden, aber auch deutschen Affixen zum Teil reich geglie- derte Fremdwortfamilien, z.B. adaptieren, adaptiv, Adapteur, Adaption, Adaptionismus, Adapter,  Adaptivität . Es entstandenen Ableitungen unterschiedlicher Typen, z. B. Raffiniertheit, tempera- mentvoll, Blamage, übersensibel, abreagieren, interdisziplinär, Donquichotterie, Telekommunika- tion, atonal.  Daneben wurden wie in allen anderen Kultursprachen Internationalismen ge- bräuchlich, und zwar auch außerhalb der Fachsprachen z.B. Angloamerikanismus, Demokratie, Kapitalismus.
 
Leibniz, Lindgren, Savigny, Toussaint. Vielfach wurden heimische Namen auch latinisiert, z.B.  Althusius aus Althaus.
Den älteren Entlehnungen stehen zahllose schwach assimilierte Namen und Benennungen ge- genüber, die zum Großteil erst in der jüngsten Vergangenheit aufgegriffen worden sind und für die es meist noch keine durch Gebrauch gefestigte Eindeutschung gibt. Sie werden hier als jüngere Entlehnungen  bezeichnet und bilden eine gesonderte Gruppe. Zu ihnen zählen insbesondere Personennamen, geografische Namen und Produktnamen, z.B.  Abiko, Rafsandschani, Wojtya, Pétur, Al Qaida, Netanja, Skai, Fujitsu, auch Benennungen wie  Errorlevel, Dschihad.  Ihre Zahl steigt durch die Intensivierung der interkulturellen Austauschbeziehungen stark an. Sie fallen häufig schon in der Schreibung durch fremde Buchstaben, fremde Buchstabenkombinationen oder Buchstaben/Buchstabenkombinationen in ungewohnten Positionen auf. Ihre Phonem-Gra- phem-Beziehungen werden den deutschen Regeln zwar ebenfalls angepasst (vgl. A. 7), die grafi- sche Eindeutschung geht jedoch nicht so weit wie bei den älteren Entlehnungen. Außerdem treten hier deutlich mehr fremde Phoneme und deren Allophone auf und die fremden Silbifizierungs- regeln bleiben mehr oder weniger modifiziert in Kraft. Bei Wörtern, deren Phonem-Graphem- Beziehungen auffällig von denen des Deutschen abweichen, wird deshalb im Wörterverzeichnis die Herkunft angegeben.
Eine Ausspracheregelung des Deutschen muss auch diese Übernahmen geregelt eindeutschen. Denn Assimilationen nach Gutdünken lassen meist unberücksichtigt, dass es im Deutschen gute Tradition ist, in höherem Maße als im Englischen, Französischen oder Russischen Besonderhei- ten der jeweiligen Herkunftssprachen zu beachten. Folgende Besonderheiten werfen häufig or- thoepische Probleme auf (ausführlicher in A. 7): – ungewohnte Muster der Wortakzentuierung; – fremde Grapheme, fremde Phoneme und damit fremde Phonem-Graphem-Beziehungen; – fremde Schriftsysteme, wobei für manche Systeme unterschiedliche Arten der Transliteration
bestehen; – Mittlersprachen, die die Akzentuierung und die Phonem-Graphem-Beziehungen beeinflus-
sen und der Herkunftssprache ihre Eigenart aufdrücken.
Sehr viele der hier anzuführenden Wörter und Namen sind nur vorübergehend im Gebrauch. Meist unvorhersehbar gewinnen sie an Aktualität, werden dann in der Sprech- und Schreibkom- munikation kurzzeitig mit hoher Frequenz realisiert und verlieren schnell wieder an Gebrauchs- häufigkeit. Ein Wörterbuch kann einem solch schnellen Wechsel nicht folgen – es muss sich auf  andere Weise dem Problem stellen. Es kann das für die Herkunftssprache geltende Prinzip der Eindeutschung am Verhältnis von fremder und eingedeutschter Aussprache behandeln und die- ses Prinzip an häufig gebrauchten Übernahmen aus der betreffenden Sprache demonstrieren. Dies geschieht im Kapitel A. 7, beispielartig auch im Kapitel A. 5 und im Wörterverzeichnis.
Zur Auswahl von Wörtern und Namen für das Wörterverzeichnis
 
Bezeichnungen zu ziehen. Die wichtigsten Auswahlkriterien waren wechselweise Aktualität bzw. Gebrauchshäufigkeit und orthoepischer Anspruch. Die systematische Darbietung der verschie- denen Gruppen von Wörtern und Namen war dabei nachrangig. Vollständigkeit ließ sich bei keiner Gruppe erreichen, jedoch gab es Stufungen.
Gruppen mit relativer Vollständigkeit Relative Vollständigkeit konnte nur bei den Simplizia deutscher Herkunft und solchen, die als ältere Entlehnungen einzustufen sind, angestrebt werden.
Wörter, die aus Simplizia deutscher Herkunft und älteren Entlehnungen mit Präfixen, Suffi- xen oder unfreien Wortbildungselementen gebildet wurden, sind außerordentlich zahlreich, und viele von ihnen werden in der öffentlichen Sprechkommunikation sehr häufig verwendet. Den- noch lassen sie sich in einem Aussprachewörterbuch nicht vollständig erfassen. Es wurde jedoch versucht, bei den einzelnen Simplizia die wichtigsten Arten der jeweiligen Ableitungen und Zu- sammensetzungen mit Beispielen zu belegen.
Gruppen mit unterschiedlich großen Anteilen a) Namen – Einen relativ großen Anteil haben einfache deutsche Namen. – Der Anteil fremder Namen ist sehr viel geringer und hängt von der Herkunftssprache ab. – Bei zusammengesetzten Namen deutscher und fremder Herkunft ist die Gesamtzahl sehr ge-
ring.
b) Jüngere Entlehnungen – Fremde Wörter, die als jüngere Entlehnungen bezeichnet werden müssen, sind je nach Her-
kunftssprache unterschiedlich stark vertreten. – Besonders groß ist der Anteil eingedeutschter Wörter englischer, französischer und russi-
scher Herkunft.
c) Feste Wortgruppen Zu den festen Wortgruppen und den ähnlich aufgebauten Namen zählen etwa  cum grano salis, Haus und Hof, im Dunkeln tappen, ein Buch mit sieben Siegeln, wie aus dem Ei gepellt, unser täglich Brot; Walther von der Vogelweide, Hugo von Sankt Viktor, Pontius und Pilatus usw. Es handelt sich um lexikalische Konstruktionen, die wie ein Wort im Gedächtnis gespeichert sind und beim Sprechen auch mit einer festen rhythmischen Kontur wie ein Einzelwort (phonetisches Wort) gebraucht werden. Sie gehören daher genauso zum Wortschatz wie deutsche und fremde Wörter. Ihr Spektrum reicht von phraseologischen Termini (z.B. das Rote Kreuz, Freie und Hansestadt  Hamburg ) bis zu Sprichwörtern, Bauernregeln, Losungen, geflügelten Worten u.ä., die auch als wohlgeformte Sätze vorliegen (z.B. Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! ).
Die Auswahl in diesem Buch beschränkt sich weitgehend auf Wortgruppen, die idiomatisiert sind, d.h. deren Gesamtbedeutung die Bedeutungen der beteiligten Einzelwörter in den Hinter- grund drängt, darunter vor allem auf: – idiomatisierte Phrasen aus dem Lateinischen, Griechischen, Französischen usw., die häufig
 
22 Die Standardaussprache in Deutschland
Die Zahl solcher festen Wortgruppen ist sehr groß und der Übergang zu unfesten, aus der Situa- tion heraus gebildeten Wortgruppen (vgl. A. 5.2.2) fließend. Deshalb werden in diesem Buch nur sehr häufig gebrauchte Wendungen berücksichtigt und beispielhaft Akzentstrukturen sowie ar- tikulatorische Verkettungen vorgeführt.
d) Zusammensetzungen Einen besonderen Platz nehmen Zusammensetzungen inklusive Bindestrich-Wörter bzw. -Na- men ein. Sie sind in diesem Aussprachewörterbuch relativ stark vertreten, trotzdem stellt ihr A