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Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

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Page 1: Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Glasbau 2014. 1. Auflage.Herausgegeben von Bernhard Weller, Silke Tasche.© 2014 Ernst & Sohn GmbH & Co. KG. Published 2014 by Ernst & Sohn GmbH & Co. KG.

Gründe für optische Verzerrungen in Gläsern

[7] B. Michels, S. Westerhoff, Photogrammetrie - Digitale Bildbearbeitung, 2006, Geodätisches Institut und Rechen- und Kommunikationszentrum der RWTH Aachen.

[8] MetraSCAN 3D, Creaform, www.creaform3d.com.

[9] FORMSCAN, www.israglassvision.com.

[10] J. Hundevad, When is glass flat, Glass Performance Days GPG 2013, Tampere, Finland.

Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Thiemo Fildhuth1, Jan Knippers1

1 Universität Stuttgart, ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen,

Keplerstr. 11, 70174 Stuttgart, Deutschland

Glas wird oft lastabtragend eingesetzt, wobei aus Gründen der Sicherheit und des Tragverhaltens Laminate zum Einsatz kommen. Insbesondere kalt gebogene, durch Lamination formstabilisierte Gläser sind ein zunehmend nachgefragtes Produkt. Herstellungsprozess und Nutzung führen in solchen Laminaten zu teils unbekannten Spannungen, welche die Aufnahme äußerer Einwirkungen begrenzen. Optische Messverfahren mit polarisiertem Licht erlauben keine Erfassung dieser Span-nungen. Dünne, innen auf die Gläser geklebte faseroptische Sensoren stellen eine mögliche Lö-sung dar: In Versuchen an kalt gebogenen Gläsern wird gezeigt, dass optische Sensorik dem La-minationsprozess standhält und sich für kontinuierliche Dehnungsmessungen in Glaslaminaten eignet.

Fibre Optical Sensors for Strain Measurement in Cold Bent Glass Laminates. Many glass products, e.g. for structural application, are conceived as laminates for safety and load bearing behaviour reasons. Cold bent glass with shape preservation by lamination is another, increasingly popular technique. Due to manufacturing and application, such laminates can be subjected to un-known, varying interior stresses limiting the additional load bearing capacity. Optical measurement based on polarised light does not permit to determine these stresses. Thin, barely visible fibre opti-cal sensors, glued to the interior glass surfaces, are a possible solution. R&D and testing with fibre-equipped cold bent glass laminates at the ITKE show that the sensors withstand the lamination and permit continuous, interior stress monitoring.

Schlagwörter: Dehnungsmessung, Glaslaminat, kalt gebogenes Glas, faseroptische Sensorik, Bragg-Gitter, PVB, SentryGlass

Keywords: strain monitoring, laminated glass, cold bending, fibre-optical sensors, Bragg-grating, PVB, SentryGlass

1 Motivation

1.1 Glaslaminate, kalt gebogenes Glas

Die Herstellungsmethode gebogenen Glases durch Kaltbiegen und Lamination [1] ist vor allem für Anwendungen mit geringen Krümmungen und besonders hohen Anforde-rungen an die optische Qualität geeignet. Damit ist dieses Produkt eine Alternative zu warm verformten Gläsern für die Verwendung in sanft gekrümmten, fließenden Frei-formfassaden, wie sie in der aktuellen Architektur zunehmend gewünscht werden. Hier-

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290 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

zu werden ESG- oder TVG-Gläser abwechselnd mit Polymer-Zwischenschichtfolien geschichtet, auf einer Biegeform verformt und in so fixiertem Zustand im Autoklaven laminiert. Danach kann das nun verbundene Laminat von der Biegeform gelöst werden, wobei der Schubverbund aus Glas und Zwischenschichten durch das initiale, elastische Rückfedern aktiviert wird. Anschließend geht die Biegeverformung bedingt durch das zeit- und temperaturabhängige Relaxationsverhalten der Zwischenschicht weiter zurück. Dieses Verhalten hängt insbesondere von deren Schubsteifigkeit ab, weshalb oft Kunst-stoffe besonders hohen Schubmoduls G wie SentryGlass® (SG) verwendet werden. Die vom Glas aufnehmbare Zugspannung begrenzt die erreichbaren Biegeradien beim elas-tischen Kaltbiegen. Die Spannungen hängen dabei maßgeblich von der Glasdicke und der Verformungsgeometrie ab.

1.2 Forschungsziele, Methodik

Für die architektonische und strukturelle Anwendung solcher „laminationsstabilisierten“ Gläser sind viele Parameter aus dem Herstellungsprozess und dem Kurz- und Langzeit-verhalten nicht erforscht. Im vorliegenden Beitrag werden am ITKE vorgenommene Versuche zur Ermittlung der zeitabhängigen Verformung und inneren Spannungen einfach gekrümmter Laminate beschrieben und als Grundlage zur Erstellung einer FE-Modellierung verwendet. Vorab durchgeführte FE-Analysen haben gezeigt, dass die anfänglich ähnliche Spannungsverteilung an den Glasoberflächen außerhalb und inner-halb des Laminates im zeitlichen Rückstellprozess nach Aktivierung des Schubverbun-des variiert (vgl. Sandwich-Theorie für dicke Deckschichten) und lokale Spannungs-konzentrationen durch die Biegeform entstehen können. Zur Ermittlung des Rückstell-verhaltens mit der Zeit ist auf photogrammetrische Methoden zurückgegriffen worden: Abschnitt 3.2. Die Spannungsmessung an den Glasoberflächen im Laminat ist bedeu-tend schwieriger, da typische optische Messverfahren wie Polarisationsfilter oder Scat-tered-Light-Polariscopes in mehrschichtigen Laminaten nicht anwendbar oder proble-matisch sind. DMS und deren Zuleitungen sind aufgrund ihrer Dicken im Glaslaminat schwer einsetzbar; zudem erleiden die meisten DMS-Typen Schäden oder Veränderun-gen des elektrischen Widerstands im Laminationsprozess (bis 140 °C). Darüber hinaus stören DMS und Kabel die Durchsicht der Gläser, wie sie in Fahrzeug- oder Architek-turglas wünschenswert ist. Hier bieten sich kaum sichtbare (d = 125 bis 195 μm) Licht-wellenleiter mit optischen Sensoren wie beispielsweise Faser-Bragg-Gittern (FBG) an. Diese werden auf die Glasoberflächen geklebt und ermöglichen dort die Messung von Dehnungen aus Temperatur und mechanischen Einwirkungen auch im Laminat. Es wird gezeigt sowie kritisch diskutiert (Abschnitt 5, 6), dass die Sensoren dem Laminations-prozess standhalten und sich für lokale Echtzeit-Dauermessungen von Dehnungen im Verbundglas eignen. So können Spannungen bei Herstellung und Einsatz solcher Glas-produkte gemessen werden und ein potentieller Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit strukturellen Glases erreicht werden.

2 Faseroptische Sensorik

2 Faseroptische Sensorik

2.1 Überblick

Aus dem Bereich der Telekommunikation mit Lichtwellenleitern (LWL) kommend, befindet sich die Technologie faseroptischer Sensorik auf Basis der Photosensitivität von LWL seit den 1980er Jahren in der Entwicklung. Gabler [2] unterscheidet drei Sensortypen: Spektrale (z.B. Faser-Bragg-Gitter), intensitäts- und interferenzbasierte. Außerdem differenziert man in intrinsische (Sensoren als eingeschriebener Teil der fortlaufenden Faser, wie Faser-Bragg-Gitter) und extrinsische Systeme (Einzelsensor am Faserende, wie Mono-Fabry-Pérot-Sensoren). Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBG) sind aufgrund ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Temperatur und magnetischen Fel-dern, der wählbaren Platzierbarkeit auf nahezu beliebig langen, dünnen Glasfasern (d = 0.125 bis 0.195 mm) und der damit verbundenen geringen Sichtbarkeit besonders gut für die Verwendung im hier beschriebenen Projekt mit Glaslaminaten geeignet.

Bild 2-1 Schematische Darstellung Funktionsprinzip Bragg-Gitter-Sensor

2.2 Sensoren mit Faser-Bragg-Gittern

Die hier verklebten Sensorfasern sind Ein-Moden-Quarz Lichtwellenleiter (d = 9 µm), die mit einem Cladding (d = 125 µm) und einem äußeren Coating d = 195 µm umhüllt

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291Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

zu werden ESG- oder TVG-Gläser abwechselnd mit Polymer-Zwischenschichtfolien geschichtet, auf einer Biegeform verformt und in so fixiertem Zustand im Autoklaven laminiert. Danach kann das nun verbundene Laminat von der Biegeform gelöst werden, wobei der Schubverbund aus Glas und Zwischenschichten durch das initiale, elastische Rückfedern aktiviert wird. Anschließend geht die Biegeverformung bedingt durch das zeit- und temperaturabhängige Relaxationsverhalten der Zwischenschicht weiter zurück. Dieses Verhalten hängt insbesondere von deren Schubsteifigkeit ab, weshalb oft Kunst-stoffe besonders hohen Schubmoduls G wie SentryGlass® (SG) verwendet werden. Die vom Glas aufnehmbare Zugspannung begrenzt die erreichbaren Biegeradien beim elas-tischen Kaltbiegen. Die Spannungen hängen dabei maßgeblich von der Glasdicke und der Verformungsgeometrie ab.

1.2 Forschungsziele, Methodik

Für die architektonische und strukturelle Anwendung solcher „laminationsstabilisierten“ Gläser sind viele Parameter aus dem Herstellungsprozess und dem Kurz- und Langzeit-verhalten nicht erforscht. Im vorliegenden Beitrag werden am ITKE vorgenommene Versuche zur Ermittlung der zeitabhängigen Verformung und inneren Spannungen einfach gekrümmter Laminate beschrieben und als Grundlage zur Erstellung einer FE-Modellierung verwendet. Vorab durchgeführte FE-Analysen haben gezeigt, dass die anfänglich ähnliche Spannungsverteilung an den Glasoberflächen außerhalb und inner-halb des Laminates im zeitlichen Rückstellprozess nach Aktivierung des Schubverbun-des variiert (vgl. Sandwich-Theorie für dicke Deckschichten) und lokale Spannungs-konzentrationen durch die Biegeform entstehen können. Zur Ermittlung des Rückstell-verhaltens mit der Zeit ist auf photogrammetrische Methoden zurückgegriffen worden: Abschnitt 3.2. Die Spannungsmessung an den Glasoberflächen im Laminat ist bedeu-tend schwieriger, da typische optische Messverfahren wie Polarisationsfilter oder Scat-tered-Light-Polariscopes in mehrschichtigen Laminaten nicht anwendbar oder proble-matisch sind. DMS und deren Zuleitungen sind aufgrund ihrer Dicken im Glaslaminat schwer einsetzbar; zudem erleiden die meisten DMS-Typen Schäden oder Veränderun-gen des elektrischen Widerstands im Laminationsprozess (bis 140 °C). Darüber hinaus stören DMS und Kabel die Durchsicht der Gläser, wie sie in Fahrzeug- oder Architek-turglas wünschenswert ist. Hier bieten sich kaum sichtbare (d = 125 bis 195 μm) Licht-wellenleiter mit optischen Sensoren wie beispielsweise Faser-Bragg-Gittern (FBG) an. Diese werden auf die Glasoberflächen geklebt und ermöglichen dort die Messung von Dehnungen aus Temperatur und mechanischen Einwirkungen auch im Laminat. Es wird gezeigt sowie kritisch diskutiert (Abschnitt 5, 6), dass die Sensoren dem Laminations-prozess standhalten und sich für lokale Echtzeit-Dauermessungen von Dehnungen im Verbundglas eignen. So können Spannungen bei Herstellung und Einsatz solcher Glas-produkte gemessen werden und ein potentieller Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit strukturellen Glases erreicht werden.

2 Faseroptische Sensorik

2 Faseroptische Sensorik

2.1 Überblick

Aus dem Bereich der Telekommunikation mit Lichtwellenleitern (LWL) kommend, befindet sich die Technologie faseroptischer Sensorik auf Basis der Photosensitivität von LWL seit den 1980er Jahren in der Entwicklung. Gabler [2] unterscheidet drei Sensortypen: Spektrale (z.B. Faser-Bragg-Gitter), intensitäts- und interferenzbasierte. Außerdem differenziert man in intrinsische (Sensoren als eingeschriebener Teil der fortlaufenden Faser, wie Faser-Bragg-Gitter) und extrinsische Systeme (Einzelsensor am Faserende, wie Mono-Fabry-Pérot-Sensoren). Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBG) sind aufgrund ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Temperatur und magnetischen Fel-dern, der wählbaren Platzierbarkeit auf nahezu beliebig langen, dünnen Glasfasern (d = 0.125 bis 0.195 mm) und der damit verbundenen geringen Sichtbarkeit besonders gut für die Verwendung im hier beschriebenen Projekt mit Glaslaminaten geeignet.

Bild 2-1 Schematische Darstellung Funktionsprinzip Bragg-Gitter-Sensor

2.2 Sensoren mit Faser-Bragg-Gittern

Die hier verklebten Sensorfasern sind Ein-Moden-Quarz Lichtwellenleiter (d = 9 µm), die mit einem Cladding (d = 125 µm) und einem äußeren Coating d = 195 µm umhüllt

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292 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

sind (Bild 2-1). Lichtmoden bzw. die Grundmode werden durch den Faserkern geführt. Mittels eines UV-Lasers werden 5-10 mm lange Reflexionsgitter exakt an gewünschten Positionen in die Faser einbeschrieben. Dadurch wird der Brechungsindex n des Faser-kerns periodisch mit einer Periodenlänge Λ modifiziert (Bild 2-1). Diese sogenannten Bragg-Gitter reflektieren charakteristische Anteile mit der Wellenlänge λB des durch die Faser geleiteten Lichts, welche mit einem Messgerät (siehe 3.2) identifiziert werden.

Wirken noch keine durch Temperatur und / oder mechanische Einwirkung verursachten Dehnungsdifferenzen, wird der Ausgangszustand der Bragg-Wellenlänge λ0 gemäß Gleichung (2.1) mittels des Brechungsindex n0 und der Gitterperiode Λ beschrieben.

𝜆𝜆0(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 𝑇 𝑇 𝑇𝑇0(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 𝑇𝑇(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 (2.1)

Mechanische Einwirkungen und / oder Temperaturänderungen beeinflussen n und Λ, womit sich die reflektierten Wellenlängenanteile λ im Spektrum um ∆λ verschieben. Aus Gl. (2.1) errechnet sich nach [2] Gl. (2.2), welche das Verhältnis der Wellenlän-genänderung ∆λ zur Grundwellenlänge λ0 abhängig von den Faser-Hauptdehnungen ε1, ε2, ε3 und der Temperaturdifferenz ∆T beschreibt:

∆λλ0

𝑇 ∆Λ(ε1,∆T𝑇Λ0

+ ∆n(εi𝑇n0

+ ∆n(∆T𝑇n0

(2.2)

Der erste Term zeigt die Änderung der Gitterperiode durch die axiale Faserdehnung ε1 und ∆T. Der mittlere Term fügt die Beeinflussung des Refraktionsindex n durch die Hauptdehnungskomponenten εi, der Dritte die Änderung von n durch die Temperatur-differenz hinzu. Unter Annahme von Isotropie des Faserkerns und Hauptdehnungen mit ε1 in Faserrichtung lässt sich Gl. (2.3) herleiten [2, 3]:

∆λλ0

𝑇 ε1 (1 − n0𝑇

𝑇 p1𝑇) − n0𝑇

𝑇 [(p11+p1𝑇

𝑇 )(ε𝑇 + ε3𝑇 ± (p11−p1𝑇

𝑇 )(ε𝑇 − ε3𝑇] +∆T (αn + αT𝑇 (2.3)

Hierbei sind p11, p12 die Pockels-Koeffizienten (photoelastische Matrix), αn ist der ther-mo-optische Koeffizient und αT der thermale Ausdehnungskoeffizient des Faserkerns. Für rein axiale Dehnung in Faserrichtung gilt ε� � ε� � �� � ε�. Substitution von ε2,3 hieraus in Gl. (2.3) führt zu einem Ausdruck, in welchem die Terme mit p11, p12 und � durch den photoelastischen (dehnungsoptischen) Koeffizienten pε ersetzt werden kön-nen: [3, 4]. Hieraus ergibt sich der Dehnungsübertragungskoeffizient � � �� � ���. Ist der Sensor auf einem isotropen Substrat wie Glas verklebt, so richtet sich die thermi-sche Ausdehnung des Sensors nach jener des Substrates αsub. Nun ermittelt sich die mechanisch induzierte Dehnung des Sensors gemäß Gl. (2.4) [3]:

ε1,mech 𝑇 1k [

∆λλ0

− (k αsub + αn𝑇 ∆T] (2.4)

3 Experimentelle Untersuchungen

Die Temperaturdifferenz ∆T bezieht sich auf die Anfangstemperatur T0, bei welcher λ0 gemessen worden ist. Im Fall kalt gebogenen Glases wird die Dehnung an der Glasober-fläche aufgrund der Biegung mit Gl. (2.5) aus der Sensordehnung errechnet [5]; s = Abstand der Sensorachse von der Schwerachse des Substrats und h = Substratdicke:

ε1,sub = 0.5 h0.5 h + s

Im messtypischen Spektrum von 1510 bis 1590 nm erzeugt mechanisch induzierte Deh-nung von 1 μm/m eine Wellenlängenverschiebung von 1.18 - 1.24 pm. Eine Tempera-turveränderung von 1 K führt zu einem ∆λ von 10.3 - 10.9 pm im freien, nicht verkleb-ten Sensor, bestehend aus scheinbarer Dehnung und Temperaturdehnung der Faser. Auf Glas verklebt ergeben sich 20.1 pm Wellenlängenänderung je ∆T von 1 K.

3 Experimentelle Untersuchungen

3.1 Versuchsprogramm und Probekörper

Um das Kurz- und Langzeitverhalten von kalt gebogenen Glaslaminaten zu erforschen (vgl. 1.2), werden drei verschiedene Konfigurationen von je drei Glaslaminaten a / b = 2.4 / 0.8 m mit unterschiedlicher Schichtanzahl und PVB oder SG-Interlayer gemäß Tabelle 3-1 hergestellt. Vor dem Biegen (Radius 5 m) und der Lamination mit Vakuum-sack / Autoklav werden die Glasoberflächen auf den späteren Innenseiten (Pos. 2: Un-terseite des oberen Glases; Pos. 3: Oberseite des unteren Glases) mit Sensoren ausgerüs-tet, wobei Sensorfasern mit 6 oder 12 Bragg-Gitter-Messstellen verwendet werden (Ta-belle 3-1, Bild 3-1). Zur Messung der Dehnung müssen die Sensoren auf die zu mes-senden Stellen des Glases aufgeklebt werden. Die Außenflächen (Pos. 1: Oberseite oberes Glas; Pos. 4: Unterseite unteres Glas) erhalten Messpunkte für die Verfor-mungsmessung (siehe 3.2). Nach der Produktion werden die Laminate horizontal aus der Fixierung auf den Biegelehren gelöst, wobei das Eigengewicht dem Rückfedern entgegenwirkt (Bild 3-2). Dann werden die Gläser rasch abgehoben und auf die ge-krümmte Seite gestellt, der Eigengewichtseinfluss entfällt. Das Langzeit-Relaxationsverhalten wird über 10 Monate verfolgt. Um die Rückstellung nicht zu be-hindern, werden die Laminate mittig punktuell fest (Translation) gelagert; die restliche Kante lagert frei auf horizontal beweglichen PTFE-Gleitlagern. Die Laminate mit drei Gläsern werden im Beitrag nicht behandelt.

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293Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

sind (Bild 2-1). Lichtmoden bzw. die Grundmode werden durch den Faserkern geführt. Mittels eines UV-Lasers werden 5-10 mm lange Reflexionsgitter exakt an gewünschten Positionen in die Faser einbeschrieben. Dadurch wird der Brechungsindex n des Faser-kerns periodisch mit einer Periodenlänge Λ modifiziert (Bild 2-1). Diese sogenannten Bragg-Gitter reflektieren charakteristische Anteile mit der Wellenlänge λB des durch die Faser geleiteten Lichts, welche mit einem Messgerät (siehe 3.2) identifiziert werden.

Wirken noch keine durch Temperatur und / oder mechanische Einwirkung verursachten Dehnungsdifferenzen, wird der Ausgangszustand der Bragg-Wellenlänge λ0 gemäß Gleichung (2.1) mittels des Brechungsindex n0 und der Gitterperiode Λ beschrieben.

𝜆𝜆0(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 𝑇 𝑇 𝑇𝑇0(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 𝑇𝑇(𝜀𝜀𝑖𝑖, 𝑇𝑇𝑇 (2.1)

Mechanische Einwirkungen und / oder Temperaturänderungen beeinflussen n und Λ, womit sich die reflektierten Wellenlängenanteile λ im Spektrum um ∆λ verschieben. Aus Gl. (2.1) errechnet sich nach [2] Gl. (2.2), welche das Verhältnis der Wellenlän-genänderung ∆λ zur Grundwellenlänge λ0 abhängig von den Faser-Hauptdehnungen ε1, ε2, ε3 und der Temperaturdifferenz ∆T beschreibt:

∆λλ0

𝑇 ∆Λ(ε1,∆T𝑇Λ0

+ ∆n(εi𝑇n0

+ ∆n(∆T𝑇n0

(2.2)

Der erste Term zeigt die Änderung der Gitterperiode durch die axiale Faserdehnung ε1 und ∆T. Der mittlere Term fügt die Beeinflussung des Refraktionsindex n durch die Hauptdehnungskomponenten εi, der Dritte die Änderung von n durch die Temperatur-differenz hinzu. Unter Annahme von Isotropie des Faserkerns und Hauptdehnungen mit ε1 in Faserrichtung lässt sich Gl. (2.3) herleiten [2, 3]:

∆λλ0

𝑇 ε1 (1 − n0𝑇

𝑇 p1𝑇) − n0𝑇

𝑇 [(p11+p1𝑇

𝑇 )(ε𝑇 + ε3𝑇 ± (p11−p1𝑇

𝑇 )(ε𝑇 − ε3𝑇] +∆T (αn + αT𝑇 (2.3)

Hierbei sind p11, p12 die Pockels-Koeffizienten (photoelastische Matrix), αn ist der ther-mo-optische Koeffizient und αT der thermale Ausdehnungskoeffizient des Faserkerns. Für rein axiale Dehnung in Faserrichtung gilt ε� � ε� � �� � ε�. Substitution von ε2,3 hieraus in Gl. (2.3) führt zu einem Ausdruck, in welchem die Terme mit p11, p12 und � durch den photoelastischen (dehnungsoptischen) Koeffizienten pε ersetzt werden kön-nen: [3, 4]. Hieraus ergibt sich der Dehnungsübertragungskoeffizient � � �� � ���. Ist der Sensor auf einem isotropen Substrat wie Glas verklebt, so richtet sich die thermi-sche Ausdehnung des Sensors nach jener des Substrates αsub. Nun ermittelt sich die mechanisch induzierte Dehnung des Sensors gemäß Gl. (2.4) [3]:

ε1,mech 𝑇 1k [

∆λλ0

− (k αsub + αn𝑇 ∆T] (2.4)

3 Experimentelle Untersuchungen

Die Temperaturdifferenz ∆T bezieht sich auf die Anfangstemperatur T0, bei welcher λ0 gemessen worden ist. Im Fall kalt gebogenen Glases wird die Dehnung an der Glasober-fläche aufgrund der Biegung mit Gl. (2.5) aus der Sensordehnung errechnet [5]; s = Abstand der Sensorachse von der Schwerachse des Substrats und h = Substratdicke:

ε1,sub = 0.5 h0.5 h + s

Im messtypischen Spektrum von 1510 bis 1590 nm erzeugt mechanisch induzierte Deh-nung von 1 μm/m eine Wellenlängenverschiebung von 1.18 - 1.24 pm. Eine Tempera-turveränderung von 1 K führt zu einem ∆λ von 10.3 - 10.9 pm im freien, nicht verkleb-ten Sensor, bestehend aus scheinbarer Dehnung und Temperaturdehnung der Faser. Auf Glas verklebt ergeben sich 20.1 pm Wellenlängenänderung je ∆T von 1 K.

3 Experimentelle Untersuchungen

3.1 Versuchsprogramm und Probekörper

Um das Kurz- und Langzeitverhalten von kalt gebogenen Glaslaminaten zu erforschen (vgl. 1.2), werden drei verschiedene Konfigurationen von je drei Glaslaminaten a / b = 2.4 / 0.8 m mit unterschiedlicher Schichtanzahl und PVB oder SG-Interlayer gemäß Tabelle 3-1 hergestellt. Vor dem Biegen (Radius 5 m) und der Lamination mit Vakuum-sack / Autoklav werden die Glasoberflächen auf den späteren Innenseiten (Pos. 2: Un-terseite des oberen Glases; Pos. 3: Oberseite des unteren Glases) mit Sensoren ausgerüs-tet, wobei Sensorfasern mit 6 oder 12 Bragg-Gitter-Messstellen verwendet werden (Ta-belle 3-1, Bild 3-1). Zur Messung der Dehnung müssen die Sensoren auf die zu mes-senden Stellen des Glases aufgeklebt werden. Die Außenflächen (Pos. 1: Oberseite oberes Glas; Pos. 4: Unterseite unteres Glas) erhalten Messpunkte für die Verfor-mungsmessung (siehe 3.2). Nach der Produktion werden die Laminate horizontal aus der Fixierung auf den Biegelehren gelöst, wobei das Eigengewicht dem Rückfedern entgegenwirkt (Bild 3-2). Dann werden die Gläser rasch abgehoben und auf die ge-krümmte Seite gestellt, der Eigengewichtseinfluss entfällt. Das Langzeit-Relaxationsverhalten wird über 10 Monate verfolgt. Um die Rückstellung nicht zu be-hindern, werden die Laminate mittig punktuell fest (Translation) gelagert; die restliche Kante lagert frei auf horizontal beweglichen PTFE-Gleitlagern. Die Laminate mit drei Gläsern werden im Beitrag nicht behandelt.

Page 6: Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

294 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Tabelle 3-1 Übersicht der Probekörper

Aufbau [mm] Typ Probekörpername, Sensorausstattung Dicke

ESG 6 / PVB 1.52 / ESG 6 1 2esg-pvb-01 2esg-pvb-02 2esg-pvb-03 13.5 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3

ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6 2 2esg-sgp-01 2esg-sgp-02 2esg-sgp-03 13.5 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3

ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6

3 3esg-sgp-01 3esg-sgp-02 3esg-sgp-03 21.0 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3, 4, 5

Bild 3-1 Sensorausrüstung der Laminate Typ 1 / 2

Bild 3-2 Glaslaminate im Langzeittest (links) und auf der Biegelehre nach Produktion (rechts)

4 Finite-Element-Analyse

3.2 Verformungs- und Dehnungsmessung

Das Verformungsverhalten der Laminate wird per Photogrammetrie gemessen: Auf Vorder- und Rückseite (Pos. 1, 4) der Laminate sind Messpunkte im Raster 5*10 ge-klebt (Bild 3-2). Über Fotos davon werden in der Software „Australis“ die Messpunkt-koordinaten ermittelt, woraus ein 3D-Modell der Gläser erstellt wird. Für das Kurzzeit-verhalten ist eine innere Messgenauigkeit mit einem quadratischen Mittel (RMS) von 20 µm erreicht worden; in Langzeitmessungen treten lokal RMS bis 0.2 mm auf.

Zur Spannungsermittlung mittels Wellenlängenmessung der Sensoren wird ein einkana-liger Interrogator BraggMETER FS2100 (Messspektrum 1500 – 1600 nm) verwendet. Das Gerät sendet ein Lasersignal in die Faser und detektiert die Wellenlänge des am Bragg-Gitter reflektierten Anteils. Die im Projekt verwendeten Fasern haben 6 oder 12 Gitter (Tabelle 3-1), deren reflektierte Spektren anhand der Wellenlänge den Sensorpo-sitionen im Laminat zugeordnet werden können. Die Dehnungen werden mit Gln.��.��und ��.�� ermittelt. �ür die darau� �asierte Bere�hnung der �pannung wird dieGültigkeitderHypothesenvonBernoulli/Navierangenommen.

4 Finite-Element-Analyse

Parallel zu den Versuchen wird ein entsprechendes FE-Modell (ANSYS 13) entwickelt. Die Vernetzung erfolgt mit 8-knotigen SOLID185-Volumenelementen von ca. 18 mm Kantenlänge, die sich im Vergleich mit einem feineren Netz oder 20-knotigen (SO-LID186) Elementen als effizient erwiesen haben. Glas ist als linear-elastisches Material mit E = 70,000 MPa und ν = 0.23 angesetzt. PVB und SG-Interlayer werden über viskoelastische Materialmodelle [6, 7] mit einem Maxwell-Wiechert-Modell und Prony-Serien beschrieben. Für PVB (Trosifol® BG R20) sind für das in der Software verwen-dete „curve-fitting“ des Schubmoduls G experimentell ermittelte, temperatur- und zeit-abhängige G-Serien von [7] eingesetzt; das SG-Ionomer wird nach den Angaben in [8] definiert. Als Temperaturen sind 15 – 20 °C angesetzt. Das Modell bildet den Prozess Kaltverformung – Lamination (Aktivierung Interlayer) – Kurz- und Langzeitrückfede-rung der Gläser angepasst an die Versuchszeiten einschließlich der Biegeform über Kontaktelemente ab; die Analyse erfolgt geometrisch nichtlinear mit Zeitschritten.

5 Ergebnisse, Diskussion

Die Versuche bestätigen die Annahme eines Rückstellvorganges aus elastischem An-fangsrückspringen (Bild 5-1 links) und Relaxation. Dabei verringern sich die Spannun-gen beim PVB-Laminat (Raumtemperatur) zu Beginn an den Messstellen stark (Bild 5-1 links); der anschließende, nichtlineare Spannungsrückgang mit der Zeit ist degressiv (Bild 5-2) und setzt sich auch nach 10 Monaten weiter fort. Bei SG-Laminaten Typ 2 bleibt bei Raumtemperatur die eingeprägte Spannung aus dem Biegeprozess weitgehend

Page 7: Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

295Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Tabelle 3-1 Übersicht der Probekörper

Aufbau [mm] Typ Probekörpername, Sensorausstattung Dicke

ESG 6 / PVB 1.52 / ESG 6 1 2esg-pvb-01 2esg-pvb-02 2esg-pvb-03 13.5 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3

ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6 2 2esg-sgp-01 2esg-sgp-02 2esg-sgp-03 13.5 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3

ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6 / SG 1.52 / ESG 6

3 3esg-sgp-01 3esg-sgp-02 3esg-sgp-03 21.0 mm

je 6 Sensoren auf Pos. 2, 3, 4, 5

Bild 3-1 Sensorausrüstung der Laminate Typ 1 / 2

Bild 3-2 Glaslaminate im Langzeittest (links) und auf der Biegelehre nach Produktion (rechts)

4 Finite-Element-Analyse

3.2 Verformungs- und Dehnungsmessung

Das Verformungsverhalten der Laminate wird per Photogrammetrie gemessen: Auf Vorder- und Rückseite (Pos. 1, 4) der Laminate sind Messpunkte im Raster 5*10 ge-klebt (Bild 3-2). Über Fotos davon werden in der Software „Australis“ die Messpunkt-koordinaten ermittelt, woraus ein 3D-Modell der Gläser erstellt wird. Für das Kurzzeit-verhalten ist eine innere Messgenauigkeit mit einem quadratischen Mittel (RMS) von 20 µm erreicht worden; in Langzeitmessungen treten lokal RMS bis 0.2 mm auf.

Zur Spannungsermittlung mittels Wellenlängenmessung der Sensoren wird ein einkana-liger Interrogator BraggMETER FS2100 (Messspektrum 1500 – 1600 nm) verwendet. Das Gerät sendet ein Lasersignal in die Faser und detektiert die Wellenlänge des am Bragg-Gitter reflektierten Anteils. Die im Projekt verwendeten Fasern haben 6 oder 12 Gitter (Tabelle 3-1), deren reflektierte Spektren anhand der Wellenlänge den Sensorpo-sitionen im Laminat zugeordnet werden können. Die Dehnungen werden mit Gln.��.��und ��.�� ermittelt. �ür die darau� �asierte Bere�hnung der �pannung wird dieGültigkeitderHypothesenvonBernoulli/Navierangenommen.

4 Finite-Element-Analyse

Parallel zu den Versuchen wird ein entsprechendes FE-Modell (ANSYS 13) entwickelt. Die Vernetzung erfolgt mit 8-knotigen SOLID185-Volumenelementen von ca. 18 mm Kantenlänge, die sich im Vergleich mit einem feineren Netz oder 20-knotigen (SO-LID186) Elementen als effizient erwiesen haben. Glas ist als linear-elastisches Material mit E = 70,000 MPa und ν = 0.23 angesetzt. PVB und SG-Interlayer werden über viskoelastische Materialmodelle [6, 7] mit einem Maxwell-Wiechert-Modell und Prony-Serien beschrieben. Für PVB (Trosifol® BG R20) sind für das in der Software verwen-dete „curve-fitting“ des Schubmoduls G experimentell ermittelte, temperatur- und zeit-abhängige G-Serien von [7] eingesetzt; das SG-Ionomer wird nach den Angaben in [8] definiert. Als Temperaturen sind 15 – 20 °C angesetzt. Das Modell bildet den Prozess Kaltverformung – Lamination (Aktivierung Interlayer) – Kurz- und Langzeitrückfede-rung der Gläser angepasst an die Versuchszeiten einschließlich der Biegeform über Kontaktelemente ab; die Analyse erfolgt geometrisch nichtlinear mit Zeitschritten.

5 Ergebnisse, Diskussion

Die Versuche bestätigen die Annahme eines Rückstellvorganges aus elastischem An-fangsrückspringen (Bild 5-1 links) und Relaxation. Dabei verringern sich die Spannun-gen beim PVB-Laminat (Raumtemperatur) zu Beginn an den Messstellen stark (Bild 5-1 links); der anschließende, nichtlineare Spannungsrückgang mit der Zeit ist degressiv (Bild 5-2) und setzt sich auch nach 10 Monaten weiter fort. Bei SG-Laminaten Typ 2 bleibt bei Raumtemperatur die eingeprägte Spannung aus dem Biegeprozess weitgehend

Page 8: Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

296 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

erhalten (Bilder 5-1 links, 5-3). Während die Biegedruckspannungen der Sensormes-sung und des FE-Modells korrespondieren, ergibt sich auf der Zugseite ein Unterschied, für den zwei Erklärungsansätze bestehen: A) An den Sensorpositionen 1 und 6 sind im Versuch lokal geringere Krümmungen per Photogrammetrie nachweisbar (Bild 5-1 rechts), die dort zu verminderten Spannungen führen könnten; im FE-Modell sind diese lokalen, unregelmäßigen Biegekrümmungen nicht abbildbar. B) Bisher nicht durchgän-gig belegbar ist die Annahme einer Relaxation der Klebung des durch die Kaltbiegung gezogenen Sensors durch die Autoklavwärme und den damit verbundenen Dehnungs-Messverlusten. Die PVB-Laminate (Typ 1) zeigen ein hohes Rückstellverhalten von ca. 50 % des Anfangsstiches in 10 Monaten Versuchszeit (Bild 5-4), wohingegen die SG-Gläser nach kurzer, anfänglicher Rückverformung (Typ 2: < 20 %, Typ 3: < 10 % Stichverlust) keine weiteren Formänderungen mehr zeigen. Das gewählte FE-Modell erfasst die zeit- und temperaturabhängigen Rückstellvorgänge aller Typen 1-3 genau (Bild 5-4).

Bild 5-1 Anfängliche Rückfederung Typen 1 / 2 (links); Krümmungsanalyse aus photogrammetri-schen Daten - Laminat fixiert auf der Biegeform (rechts)

6 Fazit

Die Versuche bestätigen die Bedeutung schubsteifer Interlayer mit hoher Glasüber-gangstemperatur TG für die dauerhafte Wahrung der Form kaltgebogener, laminations-stabilisierter Gläser, wohingegen PVB für gebogene Gläser ohne Randfixierung auf einer Unterkonstruktion ungeeignet ist. Die eingesetzten Messmethoden, Photogram-metrie und die erstmalige Nutzung von Faser-Bragg-Gitter-Sensoren in VSG (Tabelle 6-1), erlauben ein genaues Monitoring der Rückstellverformung und der Spannungen im Laminat. Eine temperaturresistente Sensorverklebung ist u.U. wichtig zur Vermeidung von zu geringen Dehnungsmessungen an Sensorfasern auf der Zugseite kalt gebogenen Glases, wenn hohe Prozesstemperaturen auftreten, da letztere zu einer Relaxation der Verklebung der zuggespannten Faser führen können. Bei der Photogrammetrie ist eine hohe Qualität der Fotos entscheidend für die Messgenauigkeit. Eine passende FE-Modellierung ist vorgenommen worden; die Abbildung zwangsläufig auftretender loka-

6 Fazit

ler Spannungs- und Verformungsspitzen aus dem Herstellungsprozess ist aber nur in Teilen und aufwendig mit Kontaktelementen zur Berücksichtigung der Biegeform mög-lich. Im Langzeitverhalten verschwinden solche Unterschiede aber zunehmend durch die Relaxation im Modell und im Versuch.

Tabelle 6-1 Vor- und Nachteile des Einsatzes von FBG-Sensoren

Vorteile Nachteile

Geringer Durchmesser d < 0.2mm; kaum sichtbar, in Laminate einbringbar , robust, geeignet für hohe Temperatur bis 200 °C

Kosten für Fasern und Sensoren im Vergleich zu DMS erhöht; Messausrüstung mit hohen Einmalkosten

Beliebige Faserlängen; Bragg-Gitter-Sensor an individuell gewünschten Messpunkten;

Faserverlegung z.T. delikat; Gefahr des Bruches bei der Verlegung und an Kanten

„All-grating“-Fasern mit hoher, durchgängiger Messpunktdicht über die ganze Faser befinden sich in der Markteinführung

Begrenzte Sensoranzahl (Spektrum 1510-1590 nm); aktuell nur lokale Messung am Sensorpunkt möglich

Kontinuierliches Echtzeitmonitoring über die Lebensdauer von Glaslaminaten, begrenzte Datenmengen, exakte Dehnungsmessung

Bei zugbelasteten Fasern kann es durch Erhitzung im Autoklavprozess zu begrenzter Relaxation an der Klebung kommen; Einsatz geeigneter Klebstoffe (TG > Prozesstemp.)

Messung des Einflusses mechanischer Einwirkungen und von Temperatur möglich

Trennung mechanisch- und Temperatur-induzierter Dehnungen teilweise schwierig

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297Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

erhalten (Bilder 5-1 links, 5-3). Während die Biegedruckspannungen der Sensormes-sung und des FE-Modells korrespondieren, ergibt sich auf der Zugseite ein Unterschied, für den zwei Erklärungsansätze bestehen: A) An den Sensorpositionen 1 und 6 sind im Versuch lokal geringere Krümmungen per Photogrammetrie nachweisbar (Bild 5-1 rechts), die dort zu verminderten Spannungen führen könnten; im FE-Modell sind diese lokalen, unregelmäßigen Biegekrümmungen nicht abbildbar. B) Bisher nicht durchgän-gig belegbar ist die Annahme einer Relaxation der Klebung des durch die Kaltbiegung gezogenen Sensors durch die Autoklavwärme und den damit verbundenen Dehnungs-Messverlusten. Die PVB-Laminate (Typ 1) zeigen ein hohes Rückstellverhalten von ca. 50 % des Anfangsstiches in 10 Monaten Versuchszeit (Bild 5-4), wohingegen die SG-Gläser nach kurzer, anfänglicher Rückverformung (Typ 2: < 20 %, Typ 3: < 10 % Stichverlust) keine weiteren Formänderungen mehr zeigen. Das gewählte FE-Modell erfasst die zeit- und temperaturabhängigen Rückstellvorgänge aller Typen 1-3 genau (Bild 5-4).

Bild 5-1 Anfängliche Rückfederung Typen 1 / 2 (links); Krümmungsanalyse aus photogrammetri-schen Daten - Laminat fixiert auf der Biegeform (rechts)

6 Fazit

Die Versuche bestätigen die Bedeutung schubsteifer Interlayer mit hoher Glasüber-gangstemperatur TG für die dauerhafte Wahrung der Form kaltgebogener, laminations-stabilisierter Gläser, wohingegen PVB für gebogene Gläser ohne Randfixierung auf einer Unterkonstruktion ungeeignet ist. Die eingesetzten Messmethoden, Photogram-metrie und die erstmalige Nutzung von Faser-Bragg-Gitter-Sensoren in VSG (Tabelle 6-1), erlauben ein genaues Monitoring der Rückstellverformung und der Spannungen im Laminat. Eine temperaturresistente Sensorverklebung ist u.U. wichtig zur Vermeidung von zu geringen Dehnungsmessungen an Sensorfasern auf der Zugseite kalt gebogenen Glases, wenn hohe Prozesstemperaturen auftreten, da letztere zu einer Relaxation der Verklebung der zuggespannten Faser führen können. Bei der Photogrammetrie ist eine hohe Qualität der Fotos entscheidend für die Messgenauigkeit. Eine passende FE-Modellierung ist vorgenommen worden; die Abbildung zwangsläufig auftretender loka-

6 Fazit

ler Spannungs- und Verformungsspitzen aus dem Herstellungsprozess ist aber nur in Teilen und aufwendig mit Kontaktelementen zur Berücksichtigung der Biegeform mög-lich. Im Langzeitverhalten verschwinden solche Unterschiede aber zunehmend durch die Relaxation im Modell und im Versuch.

Tabelle 6-1 Vor- und Nachteile des Einsatzes von FBG-Sensoren

Vorteile Nachteile

Geringer Durchmesser d < 0.2mm; kaum sichtbar, in Laminate einbringbar , robust, geeignet für hohe Temperatur bis 200 °C

Kosten für Fasern und Sensoren im Vergleich zu DMS erhöht; Messausrüstung mit hohen Einmalkosten

Beliebige Faserlängen; Bragg-Gitter-Sensor an individuell gewünschten Messpunkten;

Faserverlegung z.T. delikat; Gefahr des Bruches bei der Verlegung und an Kanten

„All-grating“-Fasern mit hoher, durchgängiger Messpunktdicht über die ganze Faser befinden sich in der Markteinführung

Begrenzte Sensoranzahl (Spektrum 1510-1590 nm); aktuell nur lokale Messung am Sensorpunkt möglich

Kontinuierliches Echtzeitmonitoring über die Lebensdauer von Glaslaminaten, begrenzte Datenmengen, exakte Dehnungsmessung

Bei zugbelasteten Fasern kann es durch Erhitzung im Autoklavprozess zu begrenzter Relaxation an der Klebung kommen; Einsatz geeigneter Klebstoffe (TG > Prozesstemp.)

Messung des Einflusses mechanischer Einwirkungen und von Temperatur möglich

Trennung mechanisch- und Temperatur-induzierter Dehnungen teilweise schwierig

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298 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Bild 5.2 Spannung / Zeit an Sensor 6, Laminattyp 1 (2esg-pvb); Vergleich zu FE-Berechnung

Bild 5.3 Spannung / Zeit an Sensor 1, Laminattyp 2 (2esg-sgp); Vergleich zu FE-Berechnung

7 Projektbeteiligte, Danksagung

Bild 5.4 Elast. Rückspringen / Relaxation der Laminattypen 1-3 im Vergleich zu FE-Berechnungen (1 bis 2 = Lösung Fixierung auf Biegelehre; 2 bis 3 = horizontales Verbleiben auf Biegelehre; 3 bis 4 = Abheben von der Lehre, Drehung auf die gekrümmte Seite)

7 Projektbeteiligte, Danksagung

Am Forschungsprojekt sind die Unternehmen INGLAS Produktions GmbH, BGT Bi-schoff Glastechnik und RFR Paris beteiligt. Unterstützend wirken FBGS Technologies GmbH (Jena / D), tewipack Uhl GmbH (Althengstett / D), Delo GmbH & Co. KGaA (Windach / D), A. Ehret, O. Hainbuch, E. Holzheimer, Y. Hu, M. Tondera und das Institut für Photogrammetrie IFP (alle Universität Stuttgart / D) mit.

8 Literatur

[1] Kassnel-Henneberg, B.: Purely structural glass building envelopes. Glass Per-formance Days 2011 Proceedings, S. 304-310. Tampere, 2011.

[2] Gabler, M.: Funktionsintegrierte Faserverbundwerkstoffe - ein Beitrag zu struk-turintegrierter Sensorik. Dissertation - Forschungsbericht 34, ITKE - Universität Stuttgart. Stuttgart, 2012.

[3] Trutzel, M. N.: Dehnungsermittlung mit faseroptischen Bragg-Gitter-Sensoren. Grundlagen, Eigenschaften und Anwendungen. Dissertation, Fakultät IV Elekt-rotechnik und Informatik, Technische Universität Berlin. Berlin 2001

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299Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

Bild 5.2 Spannung / Zeit an Sensor 6, Laminattyp 1 (2esg-pvb); Vergleich zu FE-Berechnung

Bild 5.3 Spannung / Zeit an Sensor 1, Laminattyp 2 (2esg-sgp); Vergleich zu FE-Berechnung

7 Projektbeteiligte, Danksagung

Bild 5.4 Elast. Rückspringen / Relaxation der Laminattypen 1-3 im Vergleich zu FE-Berechnungen (1 bis 2 = Lösung Fixierung auf Biegelehre; 2 bis 3 = horizontales Verbleiben auf Biegelehre; 3 bis 4 = Abheben von der Lehre, Drehung auf die gekrümmte Seite)

7 Projektbeteiligte, Danksagung

Am Forschungsprojekt sind die Unternehmen INGLAS Produktions GmbH, BGT Bi-schoff Glastechnik und RFR Paris beteiligt. Unterstützend wirken FBGS Technologies GmbH (Jena / D), tewipack Uhl GmbH (Althengstett / D), Delo GmbH & Co. KGaA (Windach / D), A. Ehret, O. Hainbuch, E. Holzheimer, Y. Hu, M. Tondera und das Institut für Photogrammetrie IFP (alle Universität Stuttgart / D) mit.

8 Literatur

[1] Kassnel-Henneberg, B.: Purely structural glass building envelopes. Glass Per-formance Days 2011 Proceedings, S. 304-310. Tampere, 2011.

[2] Gabler, M.: Funktionsintegrierte Faserverbundwerkstoffe - ein Beitrag zu struk-turintegrierter Sensorik. Dissertation - Forschungsbericht 34, ITKE - Universität Stuttgart. Stuttgart, 2012.

[3] Trutzel, M. N.: Dehnungsermittlung mit faseroptischen Bragg-Gitter-Sensoren. Grundlagen, Eigenschaften und Anwendungen. Dissertation, Fakultät IV Elekt-rotechnik und Informatik, Technische Universität Berlin. Berlin 2001

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300 Dehnungsmessung in gekrümmten Glaslaminaten mit faseroptischen Sensoren

[4] Schlüter, V. G.: Entwicklung eines experimentell gestützten Bewertungsverfah-rens zur Optimierung und Charakterisierung der Dehnungsübertragung oberflä-chenapplizierter Faser-Bragg-Gitter-Sensoren. BAM-Dissertationsreihe Bd. 56. Berlin 2011.

[5] VDI / VDE – GMA: VDI 2660:2010-07 Teil 01 2010. Experimental stress anal-ysis – optical strain sensor based on fibre Bragg grating. Berlin, Beuth-Verlag, 2010.

[6] Ferry, J.D.: Viscoelastic Properties of Polymers. 3. Auflage, New York, Wiley & Sons Inc., 1980.

[7] Sackmann, V.:. Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit des Schubverbunds in Ver-bundsicherheitsglas mit unterschiedlichen Folien aus Polyvinylbutyral, Disserta-tion, Lehrstuhl für Metallbau, TU München, S. 141 ff. München, 2008.

[8] Bennison, S. J., et al.: Structural Performance and Applications of Laminated Glass. Workshop, Glass Performance Days 2013, S. 14- 18. Tampere, 2013.

Aussteifende Holz-Glas-Fassaden – Aussteifungssysteme und Nachweise

Alireza Fadai1, Wolfgang Winter1

1 Abteilung für Tragwerksplanung und Ingenieurholzbau, Technische Universität Wien,

Karlsplatz 13 / 259-2, A-1040 Wien, Österreich

Das Bauwesen ist generell gegenüber tragenden Verklebungen skeptisch. Die Gründe sind u.a. die Größe der Bauteile und der zu übertragenden Lasten sowie die Anforderungen an Langzeitverhal-ten und an Auswechselbarkeit. In den letzten Jahren wurde intensiv im Bereich Holz-Koppelrahmen geforscht und versucht an die ETAG 002 [1] angelehnte Qualitätskriterien und Bemessungsverfah-ren zu entwickeln. So können nach den heutigen Stand der Technik mit Glas verklebte Holz-Koppelleisten ökonomisch und ökologisch mit metallischen Profilen konkurrieren. Die bisherigen Lösungen für kleine Bauten weiterzuentwickeln und auf mehrgeschossige aussteifende Fassaden-teile zu übertragen, ist das Thema mehrerer Forschungsarbeiten und Pilotprojekte, welche in die-sem Aufsatz behandelt werden.

Stiffening timber-glass façades - Stiffening systems and design procedure. The structural sealant glazing is largely used in the automobile industry; the building sector is more reluctant main-ly because of the long-term behavior and the stresses due to different thermic elongations of glass and metal profiles. Materials with comparable thermic elongations to glass as wood-based profiles are not already included in the relevant Technical guideline ETAG 002 [1]. Nevertheless, there exist considerable bonding experience in the field of windows and structural applications. During the last years, different types of wood-based coupling frames had been developed and tested. The quality criteria and design rules based on the ETAG 002 had been proposed. This paper reports on several new research and pilot projects using new developed timber-glass facades.

Schlagwörter: Holz, Glas, Verklebung, Verbundscheiben, Klotzung

Keywords: timber, glass, adhesives, composite panes, block setting

1 Einleitung

Der Baustoff Glas wird im Fassadenbereich überwiegend als äußere Gebäudehülle ein-gesetzt, da aufgrund seiner Transparenz ein hoher Belichtungsgrad im Inneren erreicht wird. Neben dem architektonischen Gesichtspunkt bietet Glas zudem einen dauerhaften Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit von außen.

Die statischen Anforderungen an diese Glaselemente beschränken sich im Regelfall nur darauf, die Windnormalkräfte aufzunehmen. Die Aussteifung wird jedoch von konven-tionellen Systemen wie Wandscheiben in Kombination mit schubsteifen Decken, Rah-men, eingespannten Stützen oder Andreaskreuzen übernommen. Aufgrund des geringen