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REGIONBalsthal:Tenniscracksatmen aufDie Tennishalle, bislang noch auf Sparflamme genutzt,ist von drei lokalen Investoren übernommen worden.Nun heissts wieder: game – set – match. Seite 27
Geleitete Schulen auch inWinznauSchulleitung und Gemeinderat haben eine grosse Ver-antwortung wahrzunehmen. Schulleiter wurde MichaelBielser. Seite 28
B C M Y Seite 1 OT
Der Bergname Passwang neu gedeutetFLURNAMEN Die seit 1928 akzeptierte Namenserklärung Bar-Schwang = kahle Schwende vermag demGewicht der Belege nicht standzuhalten. Dafür zeigt sich die Verwandtschaft des Passwang mit dem Born.
ROLF MAX KULLY
Im Oltner Tagblatt vom 27.April haben wir eine Deutungdes Bergnamens Born vorge-stellt und ihn auf ein altes deut-sches Wort für «Anhöhe»zurückgeführt. Heute diskutie-ren wir einen anderen Namen,von dem es nicht auf der Handliegt, dass er in irgendeinersprachlichen Beziehung zumBorn stehen könnte, aber je wei-ter wir die Namenentwicklungzurückverfolgen, desto mehrnähern sich die beiden Nameneinander an.
EIN MASSIV der zweiten Jura-kette trägt den Namen Pass-wang, heute vor allem bekanntdurch die gleichnamige Auto-strasse, die das Guldental mitdem Schwarzbubenland verbin-det. Sie wurde in ihrem jetzigenVerlauf während der Krisenzeitder Dreissigerjahre des 20. Jahr-hunderts angelegt, führt vonMümliswil nach Ramiswil undsteigt dann auf eine Höhe von943 m ü. M. an, wo sie in denZingelentunnel einmündet.Ihren Austritt aus dem Tunnelfindet sie bei der Zingelenflue,einer hohen, fast senkrechtenFelswand. Der Autofahrer mussannehmen, der Name sei leichtverständlich, scheint er dochdie Passstrasse, die unter derWang (mundartliche Ausspra-che von Wand) hindurchführt,zu charakterisieren.
Jedoch galt der Name odereine lautliche Variante auchschon für den Karrweg, der seitdem 18. Jahrhundert in eineranderen Linie über den Bergführte. Dieser erklomm vonMümliswil aus geradenwegs ei-ne Höhe von 1001 m ü. M. undhatte den Ruf der denkbarungünstigsten Verkehrsverbin-dung des Landes. Urs PeterStrohmeier hält in seiner Be-schreibung des Kantons Solo-thurn fest: «Die Strasse überdiesen Berg wurde 1730 unterdem Bauherrn Sury erbauet;
sie steigt an vielen Orten über20 Fuss Prozent, und ist un-streitig die schlechteste Com-munikationsstrasse derSchweiz, obwohl sie eine dervolksreichsten Amteien unddie ausgedehnteste mit denvier übrigen und der Haupt-stadt des Kantons verbindet. Esscheint, man habe beim Bauedieser halsbrechenden Strassedie höchsten Joche und un-schicklichsten Stellen geflis-sentlich ausgewählt, um sie dadurchzuführen.»
DIE STRASSENBEZEICHNUNG
ist jedoch sekundär und vonder Umgebung übertragen. Viel
älter als die Passstrasse und ihrName sind die Namen der dreiBerghöfe Oberer, Mittlerer undUnterer Passwang sowie desnördlich davon gelegenen Berg-grates Passwang mit der höchs-ten Erhebung Vogelberg, 1204m über Meer. Schon anno 1928hat der Basler SekundarlehrerA. Seiler breit ausgeführt, dassdas Wort Pass (von lateinischpassus, «Schritt») im Sinne vonBergübergang erst im 15. Jahr-hundert aufgekommen undnie ein volkstümliches Wort ge-wesen sei und dass Wang nichtvon Wand herzuleiten sei, son-dern dass der Name, gestütztauf die alten Schreibungen
Boschwand und Barschwang,in Bar-Schwang zu trennen sei.Die Bedeutung sei «Rodung biszur völligen Blösse». Ihm folgtUrs Wiesli, Geographie desKantons Solothurn (Seiten 195f.): «Der Name hat mit Passnichts zu tun. Es liegt hier viel-mehr eine volksetymologischeUmdeutung von Barschwang =kahle Schwende vor.» Auch wirhaben diese auf den erstenBlick sehr einleuchtende Er-klärung jahrzehntelang ge-glaubt und in unser Buch überNuglar-Sankt Pantaleon (Band 1,Seite 109) übernommen. Frei-lich vermag sie dem Gewichtder Belege nicht standzuhalten(siehe Auswahl auf dieser Sei-te).
DIE ÄLTESTEN FORMEN von1480 bis 1545 zeigen alle ein «o»im Bestimmungswort: Bo-. Nur1521 und 1531 erscheint nachdem «o» ein «r»: Bor-. Von 1575an wird das «o» durch ein «a» ab-gelöst: Ba-. Erst 1724 tauchtauch das «r» vereinzelt wiederauf: Bar-. 1668 finden wir erst-mals die moderne Form Pass-wang, es dauert dann über zwei-hundert Jahre, bis sie sichdurchsetzt.
Im Solothurnischen werdendie alten langen «â» zu «ô» geho-ben und gerundet: Mittelhoch-deutsch blâsen zu solothur-nisch blôse; dâche («Docht») zuDôche; schâf zu Schôf; blâtere(«Blase») zu Blôtere, und so wei-ter. Dieser Lautwandel betrifftjedoch ausschliesslich die ur-sprünglich langen Vokale, nichtdie sekundär gedehnten wie Sâ-gi («Säge»), Stâl («Stahl, Stall»),bârfis («barfuss»). Es gibt nur ei-ne Ausnahme: Die alten kurzen«a» werden in den Bezirken Thalund im Schwarzbubenland vor«ld» oder «lt» zu «o» gehobenund gerundet. Josef Reinhart zi-
tiert das Balsthaler Scherzwort«Der Olt soll Holz spolten imWold» («Der Alte soll Holz spal-ten im Wald»). Das Adjektiv bar«bloss» wird denn auch unseresWissens im Solothurnischenund überhaupt im Schweizer-deutschen nie und nirgends zubor (Schweizerdeutsches Wör-terbuch Band 4, Seiten 1433 f.).Den alten «o»-Belegen inBoswand kann also kein kurzes«a» zu Grunde liegen.
Das «o» in bo(r) muss demzu-folge ursprünglich sein, und dieursprüngliche Namenform
wird *borswand gelautet haben.Nun wissen wir aus dem Artikelüber den Born, dass althoch-deutsch bor «Anhöhe» bedeutet.Die Form boswand ohne «r» er-klärt sich entweder durch denZusammenstoss dreier Konso-nanten und ihre Reduktion aufzwei oder vielleicht auch durchden verbreiteten «r»-Verlust voreinem anderen Konsonanten inden Solothurner Dialekten («Sigöh ufe Bäägg go Beeri suecheund hei e waammi Wuuscht imChoop» – «Sie gehen auf denBerg Beeren suchen und habeneine warme Wurst im Korb»).Dieser «r»-Schwund kann übri-gens in Einzelfällen in derganzen deutschen Schweiznachgewiesen werden. Dasdeutlichste Beispiel dafür istdas alemannische WortDonnschtig «Donnerstag», indem in der Lautverbindung«rst» das «r» der Erleichterung
der Dreierkonsonanz zum Op-fer gefallen ist.
WIR KOMMEN FOLGLICH zu ei-ner neuen Deutung des NamensPasswang. Die jetzige Form istumgedeutet aus Baschwang,das selber wieder auf Bor-schwand zurückgeht. Mit grös-serer Wahrscheinlichkeit wirdalso der Name nicht als «Ro-dung bis zur totalen Blösse»,was nach dem heutigen Land-schaftsbild jedenfalls für diePasswanggegend nicht zutrifft,sondern als «Rodung auf der An-höhe» erklärt.
Fazit: Born und Passwangsind sprachlich sehr nahe Ver-wandte, denen im Verlauf derZeit durch die Neumotivierungund die Anknüpfung an Passdie ursprüngliche Ähnlichkeitabhanden gekommen ist.
Der Vollständigkeit halbersei jedoch angemerkt, dass derName Barschwand im Emmen-tal vorkommt. So heisst ein Wei-ler in der Gemeinde Linden, woTom Lüthi, der Töff-Weltmeisterin der 125er-Klasse, geboren istund immer noch wohnt.
Zitierte Literatur:
U. P. Strohmeier, Der Kanton Solo-thurn, historisch, geographisch,statistisch geschildert. St. Gallenund Bern, 1836.A. Seiler, Passwang und Hohe Win-de, ein Beitrag zur Namenkunde.Separatdruck aus der Baselland-schaftlichen Zeitung 1929.Urs Wiesli, Geographie des Kan-tons Solothurn. Solothurn, 1969.Rolf Max Kully, Die Namenwelt derGemeinde Nuglar-Sankt Pantaleon,1999.Rolf Max Kully, Woher unser Bornseinen Namen hat. Oltner Tagblatt,27. April 2006, Seite 21.Ruedi Kuhn, «Die Schule hat Tomnicht interessiert». Mittelland-Zei-tung, 23. März 2006, Seite 2.
In Kürze
Dass der Name Passwangnicht auf «Pass» zurückge-hen kann, hat der Basler Se-kundarlehrer A. Seiler schon1928 dargelegt. Seiler deute-te den Bergnamen als Bar-Schwang («Rodung bis zurvölligen Blösse», «kahleSchwende»). Auch der Solo-thurner Namenforscher RolfMax Kully folgte bisher die-ser allgemein anerkanntenDeutung. Im vorliegendenArtikel zeigt er nun aber auf,dass der Passwang in denältesten Belegen der For-schungsstelle Solothurni-sches Namenbuch, bis etwaMitte des 16. Jahrhunderts,mit -o- im ersten Wortteil ge-schrieben wurde (Boswand,Boschwand, Borschwand).Kully erkennt darin das glei-che mittelhochdeutsche Sub-stantiv bor («Anhöhe») wieim Namen des HügelzugsBorn zwischen Gäu und Ol-ten. Für den Passwang ver-mutet Kully deshalb eine ur-sprüngliche Namensform*borswand, was so viel be-deuten würde wie «Rodungauf der Anhöhe». (CVA)
Der Name Passwang durch fünf JahrhunderteNachstehend eine knappe Auswahl von Be-legen aus der Sammlung der Forschungs-stelle Solothurnisches Namenbuch für denNamen Passwang von der Gegenwart biszurück ins Jahr 1480. Die vollständige Reihemit den Quellennachweisen kann in derForschungsstelle in Solothurn eingesehenwerden.
2001 S Chratteneggli, dasch de tiefsch Punkti de Paschwangchetti (mündlich)1982 Passwang, Ober Passwang, MittlerPasswang, Unter Passwang, Passwang-strasse1949 Der Tod am Barschwang1895 am Fusse dess Passwang, Barschwangim Volksmunde1884 Barschwang, Passwang, Ober Bar-schwang, Mittler Barschwang, Unter Bar-schwang1864 an der Strasse des Basswands oderBarschwang genant1840 ein Mätteli an der alten Pasawangstra-se1796 Buschwang1771 ober baschwang ... der mitlerbaschwang … nider baschwang … derbaschwang1761 solle der Mittler barschwang zahlen
1754 bis Zúm Gatter an der BaschwangLandstrasss1752 die strass genambset die Baschwandt-strass1738 die baschwand strass1725 im bogentall hinder der paarschwang1716 Barschwang1699 Ober Barschwang1668 Passwang1627 an wäg der vff Baschwand geht1580 Bendicht grolimundt vff baschwant ge-sessen1575 an wäg der vff Baschwanndt gadt1545 vom hoffe Jn vff boschwand1544 an dem wäge so hinuff vff Boschwan-de gatt1535 petter vff Boschwand1534 petter Äbi vff Boschwand1531 dem grat nach durch Porschwanndenharuff1529 minen berg vnnd alp boschwand ge-nampt1521 des houptverköiffers weÿd vff bor-schwand gelegen1520 vff vnnd Ab einer weÿde vffBoschwand1517 Hanns Ebi vff boschwand1500 So den jn durch boschwand1480 durch boswand in löffels matt.
OBERER PASSWANG Auch das (heutige) Landschaftsbild zeigt keine «Rodung bis zur völligen Blösse». ROLF MAX KULLY
Si göh ufe Bäägggo Beeri suecheund hei e waammiWuuscht im ChoopSPRECHENDES BEISPIEL FÜR DENR-SCHWUND VOR KONSONANTENIN DEN SOLOTHURNER DIALEKTEN
19 MZ Mittwoch, 9. August 2006