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Hypothese: Eine hohe Anzahl an potenziellen Alternativpartnern beim Online-Dating führt zu einer Minderung des Commitments beim Übergang von der Datingphase zu einer Beziehung. Woher kam die Idee? Von der Suche nach schnellem Sex, über lockere Affären bis hin zur ernsthaften Partnersuche decken eine Vielzahl von Portalen und Apps die Bedürfnisse von Singles deutschlandweit ab. Allein die Dating-App Tinder® registriert ca. 2 Millionen Nutzer und das nur in Deutschland. Diese moderne Art der Kontaktaufnahme ist längst im Alltag angekommen und bietet ein weites Forschungsfeld für Psychologen und andere Verhaltenswissenschaftler. So zeigten beispielsweise Cacioppo et al. (2013), dass sich ca. 30% der Paare, die zwischen 2005 und 2013 geheiratet haben, über Online-Dating-Portale kennengelernt haben. Dennoch sind rund 37% der Haushalte in Deutschland Singlehaushalte. Im Jahr 1970 betrug der Anteil hingegen gerade einmal 25%. Knapp ein Fünftel der Deutschen lebt damit alleine. Die enorme Anzahl an Möglichkeiten hat womöglich also auch Schattenseiten. Laut Rusbult (1998), mindert eine hohe Qualität und Quantität von Alternativpartnern das Commitment. Um herauszufinden, ob dies auch auf „virtuelle Alternativpartner“ und die Phase vor einer festen Beziehung zutrifft, haben wir eine dem Online-Dating ähnliche Studie designt. Wer hat mitgemacht? 82 heterosexuelle Studenten (Alter 18 bis 29, M = 22,06, SD = 2,85) verschiedener Studiengänge 56 % Frauen Wie sind wir vorgegangen? Probanden nehmen an einem Datingprogramm teil kritische Variable ist die Bereitschaft eine Beziehung trotz Schwierigkeiten aufrechtzuerhalten (Commitment – über selbstgenerierte Szenarien in Anlehnung an Lund, 1985 und Arriaga & Agnew, 2001) damit den Teilnehmern die eigene Zahl von potentiellen Partnern je nach experimenteller Bedingung hoch oder niedrig erscheint, wird die Information über die „durchschnittliche Anzahl von Interessenten“ für ein Profil manipuliert Was haben wir entdeckt? Teilnehmer, die viele potentielle Partner gemeldet bekommen (high), zeigen einen geringeren Anstieg des Commitments (Differenz T2 – Baseline Messung) d. h. Szenarien, die psychischen oder finanziellen Aufwand beschrieben, wurden von diesen Personen negativer beurteilt außerdem fanden wir einen signifikanten Zusammenhang der Persönlichkeitsdimensionen Offenheit und Extraversion mit Soziosexualität höhere Extraversions- und Offenheitswerte gingen mit einer stärkeren Tendenz zur Soziosexualität einher Was schließen wir daraus? Die Anzahl der verfügbarer potentieller Partner scheint tatsächlich das Commitment zu unterminieren – auch beim Online-Dating und schon in der Phase des Übergangs vom ersten Date zum weiteren Kennenlernen Die Ergebnisse geben außerdem Hinweise auf eine verringerte Beziehungsbereitschaft bei einer hohen Anzahl von verfügbaren Alternativen Probleme und Ausblick Szenarien zur Messung von Commitment sind von uns erstellt und nicht hinreichend validiert Zu geringe Teilnehmeranzahl um Auswirkungen auf das tatsächliche Date zu testen Follow-Up Studie zu Beziehungsverlauf / -abbruch je nach experimenteller Bedingung (aufgrund zeitlicher Begrenzung nicht möglich) Matching Profile im Labor bewerten (Date: ja/nein) Ergebnis: 18 Paare (32 VPN) Paare nur bei gegenseitigem Interesse T2 2. Online-Fragebogen Manipulation der Anzahl verfügbarer potentieller Partner, zweite Commitment-Messung und Vergabe der Kontaktdaten an die Matches Date T3 3. Follow-Up-Fragebogen Fragen zum Date, zur Soziosexualität und NEO-FFI Friedrich-Sc T1 1. Online-Fragebogen Profilerstellung und Baselinemessung des Commitments Quellen: Arriaga, X. & Agnew C. (2001). Being Committed: Affective, Cognitive, and Conative Components of Relationship Commitment. Personality and Social Psychology Bulletin. Vol. 27, No. 9. S. 1190-1203. Borkenau, P. & Ostendorf, F. (2008). NEO-Fünf-Faktoren Inventar nach Costa und McCrae (NEO-FFI). Manual (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Cacioppo, J., Cacioppo S., Gonzaga G., Ogburn, E. und VanderWeele, T. (2013). Marital Satisfaction and Break-Ups Differ Across On- Line and Off-Line Meeting Venues. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America . 110. 25. S. 10135– 10140. Lund, M. (1985). The Development of Investment and Commitment Scales for Predicting Continuity of Personal Relationships . Journal of Social and Personal Relationships. Vol. 2 No. 1 . S. 3-23. Rusbult, C. E., Martz, J. M., & Agnew, C. R. (1998). The Investment Model Scale: Measuring commitment level, satisfaction level, quality of alternatives, and investment size. Personal Relationships, 5, 357-391. http://m.spiegel.de/netzwelt/web/a-1015930.html http://de.statista.com/statistik/daten/studie/219365/umfrage/anteil-von-singlehaushalten-und-mehr-personen-haushalten/ https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122.html verringerte Wahrscheinlichkeit ihr Date ein zweites Mal zu treffen verringerte Bereitschaft eine Beziehung mit dem Date einzugehen Online Dating: Heiße Liebe oder laue Sparflamme? Miriam Eifler, Anna Habermann, Laura Sprick, Vivien Vogeler und Lisa Wüstendörfer Leitung: Florian Müller

Online Dating: Heiße Liebe oder laue Sparflamme? 13.pdf · enorme Anzahl an Möglichkeiten hat womöglich also auch Schattenseiten. Laut Rusbult (1998), mindert eine hohe Qualität

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Page 1: Online Dating: Heiße Liebe oder laue Sparflamme? 13.pdf · enorme Anzahl an Möglichkeiten hat womöglich also auch Schattenseiten. Laut Rusbult (1998), mindert eine hohe Qualität

Hypothese:

Eine hohe Anzahl an potenziellen Alternativpartnern beim Online-Dating führt zu einer Minderung des Commitments beim Übergang von der Datingphase zu einer Beziehung.

Woher kam die Idee?

Von der Suche nach schnellem Sex, über lockere Affären bis hin zur ernsthaften Partnersuche decken eine Vielzahl von Portalen und Apps die Bedürfnisse von Singles deutschlandweit ab. Allein die Dating-App Tinder® registriert ca. 2 Millionen Nutzer und das nur in Deutschland. Diese moderne Art der Kontaktaufnahme ist längst im Alltag angekommen und bietet ein weites Forschungsfeld für Psychologen und andere Verhaltenswissenschaftler. So zeigten beispielsweise Cacioppo et al. (2013), dass sich ca. 30% der Paare, die zwischen 2005 und 2013 geheiratet haben, über Online-Dating-Portale kennengelernt haben.

Dennoch sind rund 37% der Haushalte in Deutschland Singlehaushalte. Im Jahr 1970 betrug der Anteil hingegen gerade einmal 25%. Knapp ein Fünftel der Deutschen lebt damit alleine. Die enorme Anzahl an Möglichkeiten hat womöglich also auch Schattenseiten. Laut Rusbult (1998), mindert eine hohe Qualität und Quantität von Alternativpartnern das Commitment. Um herauszufinden, ob dies auch auf „virtuelle Alternativpartner“ und die Phase vor einer festen Beziehung zutrifft, haben wir eine dem Online-Dating ähnliche Studie designt.

Wer hat mitgemacht?

● 82 heterosexuelle Studenten (Alter 18 bis 29, M = 22,06, SD = 2,85) verschiedener Studiengänge

● 56 % Frauen

Wie sind wir vorgegangen?

● Probanden nehmen an einem Datingprogramm teil

● kritische Variable ist die Bereitschaft eine Beziehung trotz Schwierigkeiten aufrechtzuerhalten (Commitment – über selbstgenerierte Szenarien in Anlehnung an Lund, 1985 und Arriaga & Agnew, 2001)

● damit den Teilnehmern die eigene Zahl von potentiellen Partnern je nach experimenteller Bedingung hoch oder niedrig erscheint, wird die Information über die „durchschnittliche Anzahl von Interessenten“ für ein Profil manipuliert

Was haben wir entdeckt?

● Teilnehmer, die viele potentielle Partner gemeldet bekommen (high), zeigen einen geringeren Anstieg des Commitments (Differenz T2 – Baseline Messung)

● d. h. Szenarien, die psychischen oder finanziellen Aufwand beschrieben, wurden von diesen Personen negativer beurteilt

● außerdem fanden wir einen signifikanten Zusammenhang der Persönlichkeitsdimensionen Offenheit und Extraversion mit Soziosexualität

● höhere Extraversions- und Offenheitswerte gingen mit einer stärkeren Tendenz zur Soziosexualität einher

Was schließen wir daraus?

● Die Anzahl der verfügbarer potentieller Partner scheint tatsächlich das Commitment zu unterminieren – auch beim Online-Dating und schon in der Phase des Übergangs vom ersten Date zum weiteren Kennenlernen

● Die Ergebnisse geben außerdem Hinweise auf eine verringerte Beziehungsbereitschaft bei einer hohen Anzahl von verfügbaren Alternativen

Probleme und Ausblick

● Szenarien zur Messung von Commitment sind von uns erstellt und nicht hinreichend validiert

● Zu geringe Teilnehmeranzahl um Auswirkungen auf das tatsächliche Date zu testen

● Follow-Up Studie zu Beziehungsverlauf / -abbruch je nach experimenteller Bedingung (aufgrund zeitlicher Begrenzung nicht möglich)

MatchingProfile im Labor bewerten (Date: ja/nein)

Ergebnis: 18 Paare (32 VPN)Paare nur bei gegenseitigem Interesse

T22. Online-Fragebogen

Manipulation der Anzahl verfügbarer potentieller Partner,

zweite Commitment-Messung und Vergabe der Kontaktdaten an die Matches

Date

T33. Follow-Up-Fragebogen

Fragen zum Date, zur Soziosexualität

und NEO-FFI

Friedrich-Schiller-Universität Jena

T11. Online-Fragebogen

Profilerstellung und Baselinemessung des Commitments

Quellen:

Arriaga, X. & Agnew C. (2001). Being Committed: Affective, Cognitive, and Conative Components of Relationship Commitment. Personality and Social Psychology Bulletin. Vol. 27, No. 9. S. 1190-1203.

Borkenau, P. & Ostendorf, F. (2008). NEO-Fünf-Faktoren Inventar nach Costa und McCrae (NEO-FFI). Manual (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Cacioppo, J., Cacioppo S., Gonzaga G., Ogburn, E. und VanderWeele, T. (2013). Marital Satisfaction and Break-Ups Differ Across On-Line and Off-Line Meeting Venues. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. 110. 25. S. 10135–10140.

Lund, M. (1985). The Development of Investment and Commitment Scales for Predicting Continuity of Personal Relationships . Journal of Social and Personal Relationships. Vol. 2 No. 1. S. 3-23.

Rusbult, C. E., Martz, J. M., & Agnew, C. R. (1998). The Investment Model Scale: Measuring commitment level, satisfaction level, quality of alternatives, and investment size. Personal Relationships, 5, 357-391.

http://m.spiegel.de/netzwelt/web/a-1015930.html

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/219365/umfrage/anteil-von-singlehaushalten-und-mehr-personen-haushalten/

https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122.html

● verringerte Wahrscheinlichkeit ihr Date ein zweites Mal zu treffen

● verringerte Bereitschaft eine Beziehung mit dem Date einzugehen

Online Dating:Heiße Liebe oder laue Sparflamme?

Miriam Eifler, Anna Habermann, Laura Sprick, Vivien Vogeler und Lisa WüstendörferLeitung: Florian Müller