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Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie
Proseminar BMIB Neue Entwicklungen und Herausforderungen in der internationalen Politik
Dozent: Dr. Kai Hirschmann Sommersemester 2013
Der Bürgerkrieg in Birma und das Konfliktholz
von Samira Kingreen
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung.......................................................................................................................1
2 Hintergründe des Bürgerkriegs......................................................................................2
2.1 Kolonialherrschaft..................................................................................................2
2.2 Ethnische Vielfalt...................................................................................................3
3 Entwicklung und Akteure des Bürgerkriegs..................................................................5
3.1 Aung San, U Nu und die Parlamentarische Demokratie........................................5
3.2 Ne Win, Than Shwes und die Tatmadaw ..............................................................6
3.3 Thein Sein und die aktuelle Situation....................................................................8
4 Holzschlag im Bürgerkrieg..........................................................................................10
4.1 Entstehung der Holzindustrie und des Holzhandels............................................10
4.2 Goldgrube illegaler Holzhandel...........................................................................12
4.3 Burmesisches Konfliktholz..................................................................................13
5 Schlussbetrachtung......................................................................................................15
6 Abkürzungsverzeichnis................................................................................................17
7 Literaturverzeichnis.....................................................................................................18
7.1 Primärliteratur......................................................................................................18
7.2 Sekundärliteratur..................................................................................................18
1 Einleitung
Birma ist ein südostasiatischer Staat, in dem seit fast 50 Jahren ein gewaltsamer
Bürgerkrieg herrscht, bei dem den Ressourcen des Landes eine entscheidende Funktion
zukommt. Der genaue Zusammenhang zwischen dem Konflikt und dem wichtigsten
Rohstoff Birmas soll in dieser Arbeit genauer untersucht werden. Denkt man an
Konfliktressourcen, also Ressourcen die nicht direkter Gegenstand eines Konflikts
sondern seiner Finanzierung dienen, sind die Blutdiamanten in Sierra Leone, das Coltan
im Kongo oder das Gold in Ghana präsente Beispiele.1 Nichtsdestotrotz gibt es noch
viele weitere Konfliktressourcen wie beispielsweise Holz, das in diesem
Zusammenhang seit 2002 auch als Konfliktholz bezeichnet wird und wie folgt definiert
wird:„Konfliktholz ist Holz, das an einer Stelle in der Verarbeitungskette von bewaffneten Gruppen wie Rebellen, Soldaten oder zivilen Verwaltungen, die in einen bewaffneten Konflikt involviert sind, gehandelt wird, um entweder den Konflikt aufrechtzuerhalten oder Vorteile aus der Konfliktsituation zur eigenen Bereicherung zu gewinnen.“2 [Übers. d. Verf.]
Die Frage, die in dieser Arbeit beantwortet werden soll, ist inwiefern der Rohstoff Holz
als Konfliktholz im Bürgerkrieg Birmas betrachtet werden kann und welche
Auswirkungen das auf die Bevölkerung, die Akteure des Konflikts und den Konflikt
selbst hat. Um diese Fragen zu beantworten ist die Arbeit in drei verschiedene Kapitel
unterteilt. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Ausgangslage Birmas vor Ausbruch
des Bürgerkriegs und betrachtet die Faktoren Kolonialherrschaft und ethnische
Bevölkerung. Darauf folgt das zweite Kapitel, welches die verschiedenen Phasen und
die Akteure des Bürgerkriegs untersucht und mit der Beschreibung der aktuellen
Situation versucht eine Erklärung zu finden, warum Birma auch im Jahr 2013 im Failed
State Index nur Platz 26 belegt und damit dem Staatszerfall näher steht als Sierra Leone,
Mali oder Ruanda.3 Im letzten Kapitel werden die Entstehung der Holzindustrie, des
legalen und illegalen Holzschlags und Holzhandels und des Konfliktholzes sowie seine
Wirkung analysiert. Abschließend werden in der Schlussbetrachtung die wichtigsten
Ergebnisse zusammengefasst und im Hinblick auf die ursprüngliche Fragestellung ein
1 Mildner, Richter, Lauster 2011, 13.2 Global Witness 2002b, 3.3 Failed State Index 2013.
1
Fazit geschlossen.
Referenzwerke dieser Arbeit sind insbesondere Artikel des Journalisten Martin Smiths,
der auf Birma allgemein und Angelegenheiten der ethnischen Gruppen spezialisiert ist
und weitreichendes Material zur Geschichte Burmas und seiner Bevölkerung publiziert
hat und Studien der nichtstaatlichen Organisation Global Witness, die ausführliche
Nachforschungen zum illegalen Holzhandel, speziell mit China, und den Folgen für die
Bevölkerung betrieben hat.
2 Hintergründe des Bürgerkriegs
Um die Entstehung des Bürgerkriegs in Birma zu verstehen, ist es zunächst wichtig die
Wurzeln des Konflikts zu erfassen. Da diese weiter in der Vergangenheit Birmas liegen,
beschäftigt sich dieses Kapitel erst knapp mit der Britischen Herrschaft und der
Bevölkerung Birmas bevor dann im nächsten Kapitel auf den eigentlichen Konflikt
eingegangen wird.
2.1 Kolonialherrschaft
Birma wurde in drei Kriegen zwischen 1828 und 1885 von dem Britischen Weltreich als
eine Provinz Indiens annektiert. Aus administrativen Gründen wurde es in zwei separate
Territorien unterteilt: „Ministerial Burma“, das Kernland in dem hauptsächlich
ethnische Birmanen lebten und „Frontier Areas“, die Grenzgebiete in dem die
ethnischen Minderheiten angesiedelt waren. Während in „Ministerial Burma“ eine Art
parlamentarische Autonomie eingeführt wurde, blieben die „Frontier Areas“ unter der
Verwaltung der lokalen, traditionellen Anführer. Als das Kernland in den 1920er Jahren
zum weltgrößten Reisexporteur wurde, flossen kaum noch Investitionen in die
angrenzenden Bergregionen außer zur Ausbeutung natürlicher Rohstoffe wie Holz,
Silber und Blei.4 Dieses Muster der Unterentwicklung der Grenzgebiete setzte sich
weiter fort. Gleichzeitig verbreiteten Missionare den christlichen Glauben und Bildung,
was besonders bei ethnischen Minderheiten wie den Karen, Kachin und Chin Anklang
fand und eine starke ethnische Identität sowie eine gute Beziehung zu den Briten
schaffte. Daraufhin entwickelten sich kulturelle und politische Organisationen wie die
4 Global Witness 2003, 16.
2
Karen National Association (KNA) doch die Missionierung erweckte auch Misstrauen
unter der buddhistischen Bevölkerung.5
Die Unabhängigkeitsbewegung wurde vorrangig von den unter britischer Herrschaft
lebenden Birmanen angetrieben. Diese Freiheitsbestrebungen drückten sich in den
1930er Jahren in Form des Saya-San-Aufstands, der Gründung der Dobama („We
Burmans“) und den Studentenprotesten, angeführt von Aung San, aus. Mit Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs kämpfte Aung San als Kommandeur der Burma Independence
Army (BIA) mit den Nationalisten an der Seite Japans, während sich viele der
ethnischen Minderheiten den Briten anschlossen. Dies führte zu zahlreichen
gewaltsamen Konflikten zwischen den Gruppierungen und tausenden Toten vor allem
auf Seiten der ethnischen Minderheiten. Zum Ende des Kriegs in 1945 wendete sich
auch Aung San mit der BIA gegen Japan und nach Kriegsende erfolgte der Rückzug der
Briten nach Indien, welcher den Weg zu Birmas Unabhängigkeit bereite.6
In der Zeit der Kolonialherrschaft haben sich die Regionen und Bevölkerungsgruppen
Birmas also in verschiedene Richtungen entwickelt. Die Spaltung des Landes in zwei
verschiedene Kontrollgebiete, die unterschiedliche politische Verwaltung, die ungleiche
Förderung der Wirtschaft und die unausgewogene Teilhabe am ökonomischen Erfolg
sowie der andersartige kulturelle Fortschritt und Vertrauenskonflikte bewirkten eine
wachsende Distanz zwischen politischen, religiösen und ethnischen Gemeinschaften,
die eine Wurzel des späteren Konflikts darstellt.
2.2 Ethnische Vielfalt
In Birma leben etwa 50 Millionen Menschen, wovon geschätzt 30 Millionen Birmanen
sind und 20 Millionen ethnischen Minderheiten angehören. Die größten Minderheiten
sind die Karen, die etwa neun Prozent der Bevölkerung ausmachen, die Shan mit sieben
Prozent und die Chin mit zwei Prozent während andere Gruppen wie die Mon, Kachin
und Wa jeweils etwa ein Prozent bilden.7 Es existieren noch viele kleine Gruppen wie
die Karenni, Naga, Rakhines oder Rohingya und innerhalb jeder Gruppe bestehen
5 Vgl. Global Witness 2003, 14f.6 Vgl. Smith 2002, 7f;
Vgl. Global Witness 2003, 16f.7 Vgl. ebd., 14.
3
Untergruppen, die eine vielfältige Bevölkerung entstehen lassen.8 Vor der
Kolonialisierung konnte zwischen fünf verschieden Gruppen unterschieden werden: den
Königreichen der Birmanen, der Mon, der Rakhine und der Shan sowie den
Bergvölkern wie den Chin, Kachin, Karen, Karenni und Wa. Während die Völker in den
zentralen Talregionen hauptsächlich Bauern waren, die Nassreisanbau betrieben, lese-
und schreibkundig waren und Theravada Buddhismus praktizierten, waren die
Bergvölker Bauern, die den Anbau von Trockenreiz und Brandrodung betrieben, einer
Tradition der mündlichen eher als schriftlichen Überlieferung folgten und Geister
verehrten. Auch die Verwaltung der Gebiete war unterschiedlich, da die Stadtstaaten im
Zentrum von königlich buddhistischen Herrschern geleitet wurden, wohingegen in den
Bergregionen die Ordnungsgewalt an lokale Dorfführer abgegeben wurde.9
Neben diesen ethnischen Gruppen gab es nach der Kolonialisierung eine starke
Zuwanderung von Indern und Chinesen, die Arbeit finden oder ihr eigenes
Unternehmen aufbauen wollten. In 1931 betrug der Anteil von Indern und Chinesen in
der Bevölkerung Birmas zehn Prozent doch es herrschte eine Feindseligkeit gegenüber
der Zuwanderer, die sich in Diskriminierung, gewaltsamen Angriffen und Aufständen
ausdrückte, so dass in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg Hunderttausende Inder und
Chinesen das Land verließen oder fliehen mussten. Heute leben noch etwas über eine
Million Inder und etwa eine halbe Million Chinesen in Birma.10 Auch hinsichtlich der
Religionszugehörigkeit ist das Land vielfältig. Obwohl neunzig Prozent der
Bevölkerung dem Buddhismus angehören, sind fünf Prozent Christen, drei Prozent
Muslime, ein Prozent Animisten und ein halbes Prozent Hindus.11
Die Bevölkerung Birmas ist demnach geprägt von einer ethnischen Vielfalt, die sich in
Hunderter verschiedener Lebensweisen widerspiegelt. Bereits die unterschiedlichen
vorkolonialen Erlebnisse lassen grundverschiedene Identitäten und Wertesysteme
entstehen und verursachen ein mangelndes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Dies ließ
es später so kompliziert werden, einen gemeinsamen Staat zu formen und zu führen, der
8 Vgl. Global Witness 2003, 15;Vgl. Smith 1994, 47-54.
9 Vgl. Smith 2002, 6.10 Vgl. ebd., 7;
Vgl. Smith 1994, 15f.11 Vgl. Smith 2002, 7.
4
von seiner ganzen Bevölkerung getragen wurde.
3 Entwicklung und Akteure des Bürgerkriegs
Beinahe zeitgleich mit dem Rückzug der Briten und dem hinterlassenen Machtvakuum
begann der Bürgerkrieg. Diese Zeit des Konflikts kann in drei Phasen unterteilt werden,
die im Folgenden näher betrachtet werden.
3.1 Aung San, U Nu und die Parlamentarische Demokratie
Nach dem Ende des Kriegs forderten ethnische Gruppen wie die Kachin, Karen,
Karenni und Shan die Aufrechterhaltung der Teilung Birmas.12 Im Abkommen von
Panglong in 1947, vereinbart von Aung Sun und Vertretern der Chin, Kachin und Shan,
wurde den „Frontier Areas“ die „volle Autonomie in der innenpolitischen Verwaltung“13
und die fundamentalen „Rechte und Privilegien“14 einer Demokratie zugesprochen.
Problematischer Weise waren andere ethnische Gruppen wie die Karen, Mon oder
Rakhine in den Gesprächen und dem späteren Verfassungsentwurf nicht repräsentiert. In
den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung gewann Aung Sans Anti-Fascist
People's Freedom League (AFPFL). Gleichzeitig brach in einigen Gebieten bereits
Gewalt aus und Gruppierungen wie auch die BIA, die Aung San in eine starke
paramilitärische Macht geformt hatte, rüsteten sich mit zurückgebliebenen Waffen des
Zweiten Weltkriegs.15 Im Juli 1947, fünf Monate nach der Panglong Konferenz, wurden
Aung Sun und der Großteil seines Kabinetts ermordet, was Burma eine seiner stärksten
demokratischen Führungspersonen nahm.16
Die Demokratie Birmas begann in 1948 unter Premierminister U Nu. In den nächsten
zwei Jahren brachen bewaffnete Aufstände aus, angeführt von der Communist Party of
Burma (CPB) und der Karen National Union (KNU), ehemals KNA, und die
gewaltsamen Konflikte breiteten sich aus bis hin zur Eskalation zwischen mehreren
ethnischen Gruppen.17 Mit Ne Wins Einnahme der Befehlsgewalt über die Tatmadaw,
12 Vgl. Smith 2002, 7.13 Panglong Agreement 1947, Artikel 5.14 Ebd., Artikel 7.15 Vgl. Smith 2002, 7.16 Vgl. Global Witness 2003, 18.17 Vgl. Smith 2002, 8.
5
die Streitmächte, begann in 1949 der Aufstieg einer neuen, harten Führungsperson.18
Der Bürgerkrieg dehnte sich weiter aus und erreichte die Kachin, woraufhin die Kachin
Independence Organisation (KIO) gegründet wurde. In 1961 versuchte U Nu den
Buddhismus als Staatsreligion einzuführen, was besonders von den christlichen Kachin
als Provokation empfunden wurde und nicht zu einer Entspannung der Lage führte. In
der Tatmadaw waren besonders die Älteren mit dem Führungsstil der Regierung
unzufrieden.19 Insbesondere dieser Aspekt, das fehlende staatliche Gewaltmonopol und
die schwache Verwaltung der Regierung sorgten dafür, dass U Nu und die
demokratische Regierung scheitern sollten.20
3.2 Ne Win, Than Shwes und die Tatmadaw
Nach einem Militärputsch im März 1962 übernahm Ne Win die Regierung über Birma.
Hunderte politische Führer wurden ohne Prozess inhaftiert, einschließlich U Nu und
dem Präsidenten Sao Shwe Thaike. Speziell Aung Sans Konzept des Pluralismus, der
„Einheit in Vielfalt“, und die föderale Struktur der Verfassung von 1947 missfielen Ne
Win, der daraufhin eine Militärdiktatur und den „burmesischen Weg zum Sozialismus“,
eine Mischung aus buddhistischen, marxistischen und nationalistischen Ansätzen,
einführte. Zum einen sollte in der Hauptstadt, Rangun, ein Einparteiensystem mit der
Burmese Socialist Programme Party (BSPP) aufgebaut und eine
Aufstandsbekämpfungskampagne durchgeführt werden. Zum anderen strebte Ne Win
eine einheitliche burmanische Identität an, was von den ethnischen Minderheiten auch
als „Burmanisierung“ bezeichnet wurde. Religiös geprägte Schulen wurden geschlossen
und Publikationen in Sprachen der Minderheiten stark eingeschränkt. Burmanen
verdrängten andere Ethnien von Machtpositionen, so dass die Tatmadaw und die
Regierung „burmanisiert“ wurden, während wichtige Bereiche der Wirtschaft
verstaatlicht wurden.21
In 1974 wurde eine neue Verfassung erlassen, die jegliche Bereiche des politischen,
ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebens zentralisierte und das Recht der
18 Vgl. Smith 1994, 25.19 Vgl. Global Witness 2003, 18.20 Vgl. Reger 2011.21 Vgl. Smith 1994, 25f;
Vgl. Global Witness 2003, 19.
6
Abspaltung abschaffte. Anfang der 1980er Jahren hatten sich zwei starke
Oppositionsgruppen herausgebildet. Die CPB, die mit anderen ethnischen Truppen
große „befreite Zonen“ verwaltete und seit 1967 von den Chinesen militärisch
unterstützt wurde und die National Democratic Front (NDF), die eine Allianz aus neun
ethnischen Truppen verkörperte und eine föderale Union Birmas anstrebte. In
Zusammenstößen dieser 50.000 Mann starken Truppen mit der 190.000 Mann starken
Tatmadaw starben über die Jahre mehrere Hundertausende Burmesen. Da über 40
Prozent des Staatshaushaltes in das Militär investiert wurde und der Schwarzmarkt
blühte, stand der Staat Mitte der 1980er Jahre kurz vor dem Bankrott. Schlecht geführte
ökonomische Liberalisierung und Währungsreformen trafen den Großteil der
Bevölkerung schwer. Als daraufhin ein von Studenten angeführter Volksaufstand
ausbrach, trat Ne Win zurück.22
Dem Rücktritt von Ne Win im Juli 1988 folgten Massendemonstrationen, die eine
demokratische Zukunft des Landes forderten. Die Proteste wurden von Ne Win loyal
Truppen niedergeschlagen und die Macht mit dem State Law and Order Restoration
Council (SLORC) übernommen. Zehntausende Studenten und Demonstranten flohen in
die von ethnischen Truppen verwalteten Gebiete. Dennoch starben etwa 10.000
hauptsächlich unbewaffnete Zivilisten in Folge der Aufstände in 1988. Dieses brutale
Vorgehen wurde von der internationalen Gemeinde scharf verurteilt und viele der
ausländischen Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die
Asiatische Entwicklungsbank stellten ihre finanzielle Hilfe ein.23
Um die Bevölkerung zu beruhigen, fanden im Mai 1990 Wahlen statt, die von der
National League for Democracy (NLD) gewonnen wurden und von Aung San Suu Kyi,
Tochter des Generals Aung San und späterer Friedensnobelpreisträgerin, geführt wurde.
Die Wahlen dienten, laut SLORC, jedoch nur zur Findung einer verfassungsgebenden
Versammlung. Als die gewählten Politiker ein Parlament einberiefen, wurde ein
Großteil festgenommen, andere flohen. Auch bei weiteren Versammlungen der
Opposition in den nächsten 10 Jahren wurden immer wieder Dissidenten unter
Hausarrest gestellt. Im Jahr 2001 betrug die Anzahl der politischen Häftlinge insgesamt
22 Vgl. Smith 2002, 10;Vgl. Global Witness, 2003, 19f.
23 Vgl. Global Witness 2003, 20.
7
1.850.24
In 1992 hatte Than Shwes SLORC übernommen und Ne Win ersetzt bevor 1997 die
Partei in State Peace and Development Council (SPDC) umbenannt wurde. Bereits in
der Zeit von SLORC wurde der Isolationismus beendet und 1997 trat Burma dem
Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) bei. Birma intensivierte seine
Beziehungen zu Ländern wie China, Thailand, Indien und Bangladesh, die ein großes
Interesse an den natürlichen Rohstoffen des Landes zeigten.25 Um die Machtposition des
Regimes weiter zu sichern wurde die Tatmadaw von 190.000 Mann in 1988 auf etwa
400.000 Mann in 2002 vergrößert.26 Die systematische Unterdrückung der Opposition
und des Zivilbevölkerung wurde vor allem in dem brutalen Niederschlag eines
friedlichen Protests von Mönchen in 2007 und der anfänglich verweigerten Zulassung
internationaler Hilfe nach einem Zyklon in 2009 ausgedrückt.27 Auch
Oppositionsführerin Aung San Su Kyi wurde weiterhin unterdrückt, in dem sie seit 1989
viele Male festgenommen und unter Hausarrest gestellt wurde bis zu dem
Regierungswechsel und ihrer letzten Freilassung in 2010.28
3.3 Thein Sein und die aktuelle Situation
Seit den Wahlen im November 2010 befindet sich Birma im Umbruch. Es gibt eine neue
Verfassung, ein neues politisches System und einen neuen Präsidenten. Obwohl
Opposition und Wahl behindert und manipuliert wurden und dadurch die vom Militär
gegründete Union Solidarity and Development Party (USDP) gewann, ebnet der
Amtsantritt des neuen Präsidenten in 2011, ehemaliger General Thein Sein, den Weg zu
einer Demokratie und umfangreichen Reformen. Es existiert nun eine Form der
Gewaltenteilung, so dass nicht wie zu Zeiten von SLORC und SPDC, alle Macht bei der
Partei liegt. Zwar ist das Militär weiterhin stark, doch Thein Sein verfügt über
weitreichende Exekutivbefugnisse und auf lokaler Ebene ist das Militär durch den
Erfolg der Parteien der ethnischen Minderheiten etwas eingeschränkt.29 In Wahlen im
24 Vgl. Global Witness 2003, 20;Vgl. Amnesty International 2001, 1.
25 Vgl. Global Witness 2003, 21f.26 Vgl. International Crisis Group 2002, 3.27 Vgl. Reger 2001.28 Vgl. Zeit Online 2010.29 Vgl. Reger 2011.
8
April 2012 gewann Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ihren Platz im Parlament.30
Eine der wichtigsten Aufgaben Thein Seins sind die Friedensgespräche mit den
verschiedenen ethnischen Rebellengruppen. Anfang 2012 konnte ein großer Erfolg
verbucht werden als die KNU, die wichtigste Rebellengruppe, einen Waffenstillstand
mit der Regierung unterzeichnete.31 Im Mai 2013 folgte auch die KIO, die einzige
bewaffnete Rebellengruppe mit der bis dahin noch kein Waffenstillstandsabkommen
verabschiedet werden konnte.32 Im April 2013 konnte ein großer Fortschritt bezüglich
der Pressefreihit erzielt werden. Erstmals seit 1962 dürfen wieder nicht-staatliche
Tageszeitungen gedruckt und gelesen werden. Unter den vier privaten Zeitungen
befindet sich auch eine Zeitung von Aung San Suu Kyis NLD. Außerdem hat sich das
Land auch gegenüber ausländischer Medien geöffnet und die Associated Press (AP) als
erste internationaler Nachrichtenagentur ein Büro in Rangun bezogen.33 Im Juli 2013
macht Thein Sein sein Versprechen wahr und entließ etwa 70 weitere politisch
Inhaftierte. In den vorherigen Monaten waren bereits Hunderte freigelassen worden und
nach Aussage Thein Seins sollen bis zum Jahresende auch alle restlichen politischen
Gefangenen frei sein.34
Trotz dieser positiven Entwicklungen gibt es weiterhin Konflikte. Insbesondere
zwischen Buddhisten und Muslime finden seit Anfang des Jahres blutige
Auseinandersetzungen statt. Das muslimische Volk der Rohingya wird verfolgt,
Moscheen und ganze Stadtviertel standen im März in Flammen, über Zehntausend
Menschen verloren ihre Wohnstätte, wurden obdachlos und entflohen der Stadt
Meiktila, dem Konfliktherd. Daraufhin wurde der Ausnahmezustand verhängt und die
Kontrolle über die Stadt von der Armee übernommen.35
Es wird also deutlich, dass seit des Regierungswechsels in 2010 viele Fortschritte erzielt
wurden, vor allem durch die Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und
allen Rebellentruppen. Nichtsdestotrotz ist offensichtlich, dass längst nicht alle
Probleme und Konflikte gelöst sind. Der seit 1962 anhaltende Bürgerkrieg hat sich zwar
30 Vgl. BBC 2012.31 Vgl. Zeit Online 2012.32 Vgl. BBC 2013.33 Vgl. Deutsche Welle 2013.34 Vgl. Irrawaddy 2013.35 Vgl. Spiegel Online, 2013.
9
etwas beruhigt, doch er ist noch immer nicht zu einem Ende gekommen.
4 Holzschlag im Bürgerkrieg
Der Rohstoff Holz spielt eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg Birmas. Zunächst
beschäftigt sich dieses Kapitel mit dem Aufbau der Holzindustrie und dem illegalen
Holzschlag und Holzhandel bevor dann die Auswirkungen dieser Aspekte und das
Konfliktholz untersucht werden.
4.1 Entstehung der Holzindustrie und des Holzhandels
Birma ist mit 50 Prozent der Landfläche einer der am stärksten bewaldeten
südostasiatischen Staaten.36 Besonders das burmesische Teak Holz ist wertvoll, da Teak
weltweit nur in vier Ländern wächst: Birma, Indien, Laos und Thailand.37 Das
wirtschaftliche Potential Birmas wurde daher früh erkannt.
Interesse an den reichen Holzvorkommen Birmas bestand schon vor dem Bürgerkrieg.
Bereits bei der Entscheidung zur Kolonialisierung Birmas waren die Teak Wälder ein
entscheidender Faktor, weshalb schon die Briten mit der intensiven Abholzung und
Verarbeitung des Rohstoffs begannen. Gerade diese Ausbeutung war ein entscheidender
Grund für die Aufstände der dort ansässigen ethnischen Gruppen zur Zeit der
Unabhängigkeit in 1948. Eine neue Welle der Abholzung begann nach Machtübernahme
der SLORC. Die Konflikte in 1988, die anhaltenden Aufstände, die schwache
Ökonomie und die Einstellung ausländischer Unterstützung brachte SLORC in eine
schwierige militärische und finanzielle Lage.38
In Verhandlungen mit Thailand wurden Geschäfte hinsichtlich der Abholzung und des
Fischens gemacht, so dass kurze Zeit später jährlich mindestens 112 Millionen US
Dollar aus dem Holzgeschäft in die Staatskasse flossen.39 Der Holzhandel über die
thailändische Grenze erreichte seinen Höhepunkte in den frühen 1990er Jahren und ging
seitdem zurück, da Thailand von da an verstärkt aus Kambodscha importierte. Dennoch
findet immer noch Abholzung für den thailändischen Markt statt, die von der
36 Vgl. Food and Agriculture Organization of the United Nations 2005, 191.37 Vgl. Food and Agridulture Organizationof the United Nations 2012.38 Vgl. Global Witness 2003, 7;
Vgl. Bryant 1993, 122.39 Vgl. Global Witness 2002a, 29.
10
Democratic Karen Buddhist Army (DKBA) und der KNU kontrolliert wird.40 Seit 2008
ist Birma in sieben Regionen, in denen hauptsächlich Burmanen leben, und sieben
Bundesstaaten, in denen vor allem ethnischen Minderheiten angesiedelt sind, unterteilt.41 Neben der Holzindustrie im Bundesstaat der Karen, gibt es ein zweites großes
Abholzungsgebiet im Bundesstaat der Kachin, von wo aus der Handel mit den Chinesen
betrieben wird.42
Der Handel mit China begann ebenfalls 1988 mit einem offiziellen
Grenzhandelsabkommen. Chinas Bedarf an Holz ist enorm, denn Entwicklung und
Fortschritt im Grenzgebiet und der ganzen Provinz Yunnan soll vorangetrieben werden.
Da in der Vergangenheit bereits Rebellengruppen wie die CPB unterstützt wurden,
wurde China schnell zu einem der stärksten Verbündeten des Regimes. Die
Handelsbeziehungen wurden speziell in 1996 von Bedeutung als erst in Yunnan und
dann in ganz China aus Umweltgründen ein Abholzungsverbot ausgesprochen wurde
und China umso mehr auf die Rohstoffe Birmas angewiesen war. Während zu Zeiten
der CPB und Kachin Independence Army (KIA), dem bewaffneten Flügel der KIO, der
Fokus noch auf dem Handel mit Jade lag, findet der Holzhandel seit 1994 in weitaus
größeren Dimensionen statt. Abholzung und Handel in Kachin sind unübersichtlich, da
viele verschiedene Gruppen wie die New Democratic Army, KIA, Tatmadaw, und
Military Intellegence involviert sind. Die Abholzung wird fast ausschließlich von
chinesischen Unternehmen durchgeführt und auch die Verarbeitung findet nicht auf
burmesischen Boden statt. Nur wenige Kilometer hinter der Grenze werden auf
chinesischer Seite riesige Fabriken errichtet. In Pian Ma, wo in 1984 nur gerade einmal
vier Unternehmen standhaft waren, konnte man 2001 bereits 150 finden.43
Trotz des rasanten Anstiegs des Holzhandels zwischen Birma und China hat dieser nach
seinem Höhepunkte in 2005 aufgrund strenger Einfuhrbeschränkungen und Kontrollen
seitens chinesischer Behörden wieder abgenommen. In Pian Ma wurden 90 Prozent der
Sägewerke geschlossen und offiziell dürfen ausländische Unternehmen kein Holz mehr
in Birma, einschließlich Kachin, schlagen.44 In 2012 war somit Indien, mit dem seit
40 Vgl. Global Witness 2003, 12.41 Vgl. Constitution of the Republic of the Union of Myanmar 2008, Artikel 49.42 Vgl. Global Witness 2003, 12.43 Vgl. ebd. 10f.44 Vgl. Global Witness 2009, 5f.
11
1994 ein Grenzhandelsabkommen besteht, vor China größter Importeur burmesischen
Rundhölzer.45 Die Regierung Birmas plant den Export von Holz in 2014 komplett zu
verbieten, um die Wälder Birmas vor weiterer Zerstörung zu schützen, gesteht aber
gleichzeitig, dass es schwierig sei, die illegale Abholzung und den illegalen Handel
vollständig zu unterbinden.46
4.2 Goldgrube illegaler Holzhandel
Der Illegale Holzschlag und Holzhandel ist ein großes Problem Birmas und ein Grund
für den so lang anhaltenden Bürgerkrieg, trotz der seit der Kolonialzeit existierenden
Gesetze und Instanzen zur Verwaltung der Forstwirtschaft. In den 1970er Jahren wurde
mit der weiten Verstaatlichung das alleinige Recht des Holzschlags und Holzhandels an
das stattliche State Timber Board, später Myanmar Timber Enterprise (MTE),
übertragen. Das MTE ist ein Organ des Ministeriums für Umweltschutz und
Forstwirtschaft, welches sich zumindest offiziell für eine kontrollierte, nachhaltige
Holzwirtschaft einsetzt. In 1992 wurde auf Basis des Forstgesetzes von 1902 ein neues
Gesetz zu einem weniger kommerziellen und degradierenden Umgang mit Wäldern,
mehr Umweltschutz und einer nachhaltigen Verwaltung erlassen, das 1995 gleichzeitig
mit einer neuen Forstpolitik in Kraft trat.47
Da mit dem Holzhandel sehr viel Geld zu verdienen ist und die Gesetzeslage strenger
wird, findet der Großteil der Abholzung und des Handels illegal statt. Studien zufolge
sind zur Blütezeit des Handels mit China in 2004 bis 2005 alle sieben Minuten ein
Laster mit 15 Tonnen illegal gefällten Baumstämmen über die chinesische Grenze
gefahren. Insgesamt sind über 90 Prozent des Handels von Baumstämmen und
Schnittholz mit China illegal. Burmesische Aufzeichnungen des Finanzjahres 2003 bis
2004 zeigen, dass 45.000 Kubikmeter Holz nach China exportiert wurden. Offizielle
Chinesische Daten belegen jedoch, dass zwischen 2001 und 2004 jährlich zwischen
800.000 und eine Million Kubikmeter Holz aus Burma importiert wurden. Bei geschätzt
250 US Dollar pro Kubikmeter beträgt der Wert des illegalen Exports bereits 200
45 Vgl. Indo-Myanmar Border Trade Agreement 1994;Vgl. International Teak Trade Organization 2013, 6.
46 Vgl. Boot 2012.47 Vgl. Htun 2009, 26f;
Vgl. European Forest Institute 2011, 11f.
12
Million US Dollar, wobei die Preise für Teak mit 970 bis 3600 US Dollar pro
Kubikmeter, entsprechend dem Kurs von August 2013, noch weitaus höher liegen.
Besonders der illegale Teak Handel ist durch die steigenden Teak Preise angesichts des
möglichen Exportverbots in 2014 attraktiv.48 Der illegale Holzschlag und Holzhandel ist
somit ein äußerst lukratives Geschäft. Auch wenn gleichzeitig mit dem Rückgang der
legalen Abholzung und des Handels nach 2005 auch der illegale Holzschlag und Export
nach China nachließ, bleibt er dennoch bestehen und schadet den Wäldern Burmas
sowie seiner Bevölkerung.49 Bei dieser Entwicklung wird sehr deutlich, dass China und
Thailand der Bürgerkrieg Burmas mit seinem billigen Holz entgegen kam. Dieser
Aspekt wird im nächsten Kapitel genauer betrachtet.
Mit der Öffnung des Landes unter Thein Sein und der Aufhebung der Wirtschafts- und
Handelssanktionen seitens der Europäische Union und der USA, tauchen nun Investoren
auf, die aus Agrargeschäften Profit schlagen wollen. Gleichzeitig versucht das FLEGT-
Programm (Forest Law Enforcement, Governance and Trade Action Plan) der EU,
illegalen Handel aufzudecken und einzudämmen und die Politikgestaltung der
nachhaltigen Forstwirtschaft zu fördern.50 Inwiefern der Regierungswechsel, die
Öffnung des Landes, Direktinvestitionen und das mögliche Exportverbot zu einer
Abnahme oder Zerschlagung des illegalen Holzschlags- und Handels führt, bleibt
abzuwarten.
4.3 Burmesisches Konfliktholz
Mit dem Anstieg des Holzschlags nach der Machtübernahme der SLORC begannen
auch die gewaltsamen Konflikte um das Holz innerhalb der Bevölkerung. Sowohl
SLORC als auch Rebellentruppen finanzierten sich mit dem Holzhandel und versuchten
möglichst viel Gewinn zu machen. Im Grenzgebiet zu Thailand verteilten diverse
Rebellentruppen Genehmigungen an mehrere Unternehmen, so dass zwischen den
Unternehmen Konflikte auftraten. Konflikte entstanden aber nicht nur zwischen
Unternehmen sondern auch zwischen Rebellengruppen.51 Für viele Gruppen wie die
48 Vgl. Global Witness 2005, 21;Vgl. International Tropical Timber Organization 2013, 6.
49 Vgl. Global Witness 2009, 5f.50 Vgl. Osborne 2013.51 Vgl. Global Witness 2003, 50.
13
DKBA war der Holzhandel die Haupteinnahmequelle. Um Gebiete zu verteidigen, die
schwierig zu verwalten waren, legte die DKBA Landmienen um die Areale, um
Unternehmen abzuhalten, die für das Gebiet nicht bezahlt hatten und die KNU
fernzuhalten und so einer möglichen Besteuerung zu entgehen.52 Bis zur Auflösung des
Genehmigungsverfahrens in 1993 starben Hunderte Menschen in gewaltsamen
Auseinandersetzungen um Holz und Reviere. Von den erzielten Gewinnen des
Holzhandels bekam außerdem die Zivilbevölkerung nichts ab. Stattdessen bereicherten
sich die Elite, die Mafia und deren politische Patrone, was das soziale Gefälle weiter
verschärfte.53 In Kachin an der chinesischen Grenze kamen noch andere kritische
Entwicklungen hinzu. Auch hier kam bei der Bevölkerung nichts von den
wirtschaftlichen Gewinnen an, die Militärpräsenz erhöhte sich und gleichzeitig siedelten
chinesische Arbeiter aus der Holzindustrie an, was wiederum zu einem Anstieg von
Prostitution, HIV/Aids, Drogenmissbrauch und Glücksspiel führte.54
Gerade in den Regionen, in denen die Tatmadaw verstärkt auftrat, gab es noch ein
weiteres Problem. Besonders Bewohner von Dörfern wurden von der Tatmadaw in die
Zwangsarbeit getrieben. Ihnen wurde das Land weggenommen und die Ressourcen
gestohlen, sie mussten als Wegführer und Träger arbeiten, Forststraßen und Militärlager
aufbauen und instand halten oder Areale neu bepflanzen, die später vom Militär weiter
ausgebeutet werden konnten. Nach Aussage einiger Dorfbewohner mussten die
Aufgaben rund um die Instandhaltung und Erweiterung der Straßen von allen
Dorfbewohnern ausgeführt werden, einschließlich Frauen, Kinder, Senioren und
Schwangeren. Ein Träger sagte aus, wer nicht arbeite, würde geschlagen. Andere
Dorfbewohner wurden gewaltsam umgesiedelt oder wurden gezwungen in der
Holzindustrie zu arbeiten, die kaum Sicherheitsstandards aufwies oder über
angemessene Anlagen verfügte. Innerhalb der Tatmadaw wurden gewöhnliche Soldaten
dazu getrieben in der Holzindustrie mitzuwirken, da das Gehalt sonst kaum ausreichte.
Die Dorfbewohner wurden jedoch nicht nur von der SPDC ausgebeutet sondern
genauso von Rebellengruppen wie der Karen National Liberation Army (KNLA), dem
bewaffneten Flügel der KNU, oder der DKBA, die Dorfbewohner in der gleichen Art
52 Vgl. Global Witness 2002a, 31.53 Vgl. Global Witness 2003, 12, 50.54 Vgl. ebd., 11.
14
vertrieb und enteignete um an rohstoffreiche Gebiete zu gelangen.55
Die Gier nach Holz und Profit hat auch für die lange Dauer des Bürgerkriegs gesorgt.
Sowohl China als auch Thailand haben die Konfliktsituation Birmas ausgenutzt, um
wirtschaftliche Gewinne zu erzielen. Ungeachtet politischer und ökologischer Folgen,
die beide Nachbarländer bereits im eigenen Land erfahren hatten, wurden über der
Grenze Geschäfte mit dem Militärregime und Rebellengruppen zur intensiven
Abholzung gemacht. Während die Rebellengruppen hauptsächlich Geld aber auch
Waffen erhielten, bekam das Regime politische, finanzielle und militärische Stützung
seiner Machtposition. Mit dieser Rohstoffdiplomatie wurde auch mit inländischen
einflussreichen Geschäftsleuten und Unternehmen verhandelt, die für ihre
Unterstützung lukrative Abholzungsverträge erhielten. Somit hat gerade der illegale
Holzhandel zu dem langanhaltenden Bürgerkrieg beigetragen.56
All diese Faktoren machen deutlich, inwiefern Holz als Konfliktressource dienen kann,
welchen Einfluss es auf das Regime, die Nachbarländer, die verschiedenen
Bevölkerungsgruppen und somit den Konflikt selbst ausübt und was die Auswirkungen
sind.
5 Schlussbetrachtung
Die Analyse des Bürgerkriegs in Birma hat deutlich gemacht, dass der Konflikt eng mit
den Rohstoffen des Landes verbunden ist. Ohne das Holz wäre der Konflikt vermutlich
nie so verlaufen wie es nun einmal geschehen ist und vor allem wäre er früher beendet
worden. Der Verlauf des Konflikts hat nachdrücklich gezeigt, dass Kontrolle über
Rohstoffe Macht bedeutet und das wurde sowohl von der Tatamadaw als auch von den
Rebellen ausgenutzt. Beide Akteure haben sich über die Einnahmen aus dem illegalen
Handel finanziert und das Regime ließ sich zusätzlich in seiner Machtposition von den
Handelspartnern stärken. Wie bereits im Hauptteil erläutert hatten sowohl China als
auch Indien kein Interesse an einer Beendigung des Bürgerkriegs, da beide Staaten
finanziell von der burmesischen Misere profitierten. Das Konfliktholz brachte auch
noch weitere Folgen mit sich, denn es finanzierte nicht nur den Konflikt sondern es
55 Vgl. Global Witness 2003, 54f.56 Vgl. ebd. 7f.
15
schürte ihn aktiv. Das Verlegen von Landmienen um Waldgebiete zu verwalten, führte
zu mehr Gewalt und Konflikten und es wird geschätzt, dass noch heute jährlich etwa
1.500 Menschen an Verletzungen durch Landmienen sterben.57 Außerdem war die
Zwangsarbeit eine Auswirkung der Forderung nach mehr und mehr Holz und Gewinn
seitens der SPDC, was den Konflikt auf sozialer Ebene um ein weiteres verschärfte.
Anhand dieser Auswirkungen des Rohstoffs Holz auf den Bürgerkrieg Birmas werden
die Ausmaße des Konfliktholzes sehr deutlich.
Es wird sicher interessant inwiefern sich die Situation Birmas unter Thein Sein in
Zukunft verändern wird. Ob das Exportverbot auf Holz tatsächlich ausgesprochen wird,
zeigt sich nächstes Jahr. Nicht einfach dabei ist, dass 70 Prozent der ländlichen
Bevölkerung von der Forstwirtschaft abhängig sind und der Holzexport allein 10
Prozent der jährlichen staatlichen Exporteinnahmen ausmachen, was 300 Millionen bis
500 Millionen US Dollar entspricht.58 Durch die Waffenruhen mit den Rebellentruppen
hat sich der Bürgerkrieg etwas beruhigt und das Holz wird nicht mehr zur Finanzierung
des Widerstands benötigt doch ein Waffenstillstandsabkommen ist noch lange kein
Friedensabkommen und Birma ist noch weit entfernt von einer harmonischen Einheit.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen
Buddhisten und Muslime entwickeln. Dass die momentan alles andere als friedliche
Situation nicht weiter eskaliert, bleibt dem Land, das nun schon mehr als ein halbes
Jahrhundert vom Bürgerkrieg geprägt ist, nur zu wünschen.
57 Vgl. McCoy 2006.58 Vgl. Htun 2009, 7,9.
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6 Abkürzungsverzeichnis
AFPFL Anti-Fascist People’s Freedom League
BIA Burma Independence Army
BSPP Burma Socialist Programme Party
CPB Communist Party of Burma
DKBA Democratic Karen Buddhist Army
KIA Kachin Independence Army (bewaffneter Flügel der KIO)
KIO Kachin Independence Organisation
KNA Karen National Association
KNLA Karen National Liberation Army (bewaffneter Flügel der KNU)
KNU Karen National Union
MTE Myanmar Timber Enterprise
NDF National Democratic Front
NLD National League for Democracy
SLORC State Law and Order Restoration Council
SPDC State Peace and Development Council
17
7 Literaturverzeichnis
7.1 Primärliteratur
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