8
www.savetibet.de DEBATTE Umwelt-Risiko Staudammbau SEITE 6 KONFERENZ ICT-Veranstaltung in Den Haag SEITE 4 ZERSTÖRUNG Larung Gar: Abriss und Vertreibung SEITE 5 Ausgabe 36 / September 2016 Der Dalai Lama im Weißen Haus SEITE 2–3 TIBET - JOURNAL

Der Dalai Lama im Weißen Haus - savetibet.desavetibet.de/fileadmin/user_upload/content/journal/TibetJournal... · TIBETJOURNAL 2 Liebe Leserin, lieber Leser, „ein Kloster für

Embed Size (px)

Citation preview

www.savetibet.de

DEBATTE Umwelt-Risiko

Staudammbau

SEITE 6

KONFERENZICT-Veranstaltung

in Den Haag

SEITE 4

ZERSTÖRUNGLarung Gar:

Abriss und Vertreibung

SEITE 5

Ausgabe 36 / September 2016

Der Dalai Lamaim Weißen HausSEITE 2–3

TIBET-JOURNAL

TIBETJOURNAL 2

Liebe Leserin, lieber Leser,

„ein Kloster für die Welt“ – so bezeichnet der Abt Tsultrim Lodroe aus dem Kloster Larung Gar seine Einrichtung, die seit dem Beginn der von den chinesischen Behörden verordneten Abrissarbeiten und Vertreibung von Mönchen und Nonnen für besorgnis-erregende Schlagzeilen gesorgt hat. Inner-halb eines Jahres soll die Zahl der Bewoh-ner dieses einzigartigen Zentrums buddhi-stischer Lehre auf 5.000 dezimiert werden. Zu Hochzeiten halten sich mehr als 40.000 Menschen in dem entlegenen Tal im Osten Tibets auf. Eine Beteiligung der leitenden Mönche und Nonnen bei dieser drastischen Entscheidung hat es nicht gegeben. Den chinesischen Behörden offenbar ein besonderer Dorn im Auge: die große Zahl an Chinesen, die weite Wege zurücklegen, um die Einrichtung besuchen zu können und zugleich tibetische Kultur schätzen ler-nen. Larung Gar ist längst kein exklusiver Ort tibetischer Buddhisten mehr. Die leiten-den Mönche fördern dies aktiv und nutzen dabei moderne Kommunikation: 1,5 Millio-nen „Follower“ hat allein der Mönch Khenpo Sodargye in den sozialen Medien Chinas.In unserer unruhigen Zeit bedarf es gerade solcher Orte – ob mit religiösem Hinter-grund oder nicht –, wo Menschen unter-schiedlicher Herkunft friedlich zusammen-kommen und innehalten. Larung Gar ist ein solcher Ort. Der Abt Tsultrim Lodroe hat das erkannt. Larung Gar ist nicht nur für tibetische Buddhisten wichtig, es ist in der Tat ein „Kloster für die Welt“. Das rück-sichtslose Vorgehen der Behörden ist vor diesem Hintergrund umso unverständlicher.Wir fordern daher von den chinesischen Behörden mit großem Nachdruck, Abriss-arbeiten und Vertreibung von Mönchen und Nonnen aus dem Kloster sofort zu stoppen und sich mit der Klosterleitung über eine Erweiterung des Instituts zu ver-ständigen, die es den vielen Gläubigen er-möglicht, ihren Glauben zu praktizieren. Das machen wir immer wieder deutlich, vor den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der deutschen Bundesregierung. Wir werden uns weiterhin mit starker Stim-me für Larung Gar einsetzen. Bitte machen Sie mit und unterstützen Sie uns dabei. Vielen Dank! Mit herzlichem Gruß,Ihr

Kai Müller, Geschäftsführer

„Obama empfängt überraschend den Dalai Lama“ titelten die Zeitungen am 15. Juni. Dabei war es bereits das vier-te Mal, dass der US-Präsident das geist-liche Oberhaupt der Tibeter im Weißen Haus begrüßte. Erneut war das Treffen als privat deklariert worden, erneut fand es nicht im Oval Office sondern im soge-nannten Kartenraum statt. Pressevertreter wa-ren bei der Begegnung nicht zugelassen, jedoch veröffentlichte das Wei-ße Haus anschließend eine kurze Stellungnahme sowie ein offizielles Foto von der herzlichen Be-grüßung. Darin betont Barack Obama seine „starke Unterstützung für den Er-halt von Tibets einzigartigen religi-ösen, kulturellen und sprachlichen Tra-ditionen“ sowie den „Schutz der Men-schenrechte der Tibeter in China“. Der US-Präsident lobte das Engagement

des Dalai Lama für Frieden und Ge-waltlosigkeit und brachte seine Unter-stützung für dessen Politik des „Mittle-ren Weges“ zum Ausdruck. In der Er-klärung heißt es weiter, Obama spre-che sich für ernsthaften und direkten Dialog zwischen dem Dalai Lama und

Vertretern der Volksrepu-blik China aus. Im Ge-gensatz zu europäischen Spitzenpolitikern schie-nen die obligatorischen Proteste aus Peking in Washington niemanden zu beeindrucken. Die

chinesische Regierung musste sich denn auch damit begnügen, hervorzu-heben, das Treffen des Dalai Lama mit dem US-Präsidenten sei rein privater Natur gewesen. Auch im Parlament war das geistliche Oberhaupt der Tibe-ter ein begehrter Besucher. So kam es im Verlauf seines Aufenthalts in Was-hington zu Zusammenkünften mit füh-

Der Dalai Lama im Weißen Haus

Das geistliche Oberhaupt der Tibeter zu Gast in den USA

TIBET-JOURNAL

Obama sichert Unter-stützung zu und

spricht sich für den Schutz der Menschen-

rechte aus

Der Dalai Lama berichtet über die Situation der Menschen in Tibet. Fotos: Sonam Zoksang

3 TIBETJOURNAL

ICT THEMA

renden Vertretern beider Kammern des US-Kongresses. In Begleitung von Lobsang Sangay, dem im Frühjahr neu gewählten Chef der tibetischen Exilre-gierung, wurde der Dalai Lama von führenden Mitgliedern des einflussrei-chen Auswärtigen Ausschusses des US-Senats empfangen. Ebenso traf er sich zu einem gemeinsamen Mittagessen mit den Spitzenvertretern von Republikanern und De-mokraten im Abgeord-netenhaus, Paul Ryan und Nancy Pelosi. Diese betonte im Anschluss, welch großen Respekt der Dalai Lama in beiden Frak-tionen für seine „Botschaft von Frie-den, Mitgefühl und Verantwortung“ ge-nieße. Begleitet wurde der Dalai Lama dabei unter anderem vom Vorsitzenden des ICT-Vorstands in den USA Richard Gere. Eine Bildergalerie mit Fotos vom Aufenthalt des Dalai Lama in Washing-ton finden Sie auf unserer Seite auf Facebook (Beitrag vom 16. Juni).

Eine besondere Ehre wurde übrigens unseren US-Kollegen zuteil. Einen gan-zen Nachmittag widmete der Dalai La-ma einem Treffen mit der International Campaign for Tibet. Zunächst gab es ei-ne Audienz, an der Mitarbeiter der ICT-Büros und Vorstände von ICT teilnah-men. Als besonderer Höhepunkt über-

reichte der Dalai Lama dabei den Anwesenden Khattags, die tibetischen Glücks- und Segens-schals. Später dann fand eine Veranstaltung für langjährige Tibet-Unter-

stützer statt. Vor dem Hintergrund eines riesigen Fotos des Potala-Palastes in Lhasa führte der Dalai Lama ein Ge-spräch mit dem Vorsitzenden des ICT-Vorstands Richard Gere. Der Dalai Lama dankte den Anwesenden für ihre Unter-stützung der Sache Tibets und forderte sie auf, darin nicht nachzulassen. Alle sollten soweit ihnen möglich drei Ver-pflichtungen nachkommen: Der Verbrei-tung der Bedeutung menschlicher Wer-

te, der Förderung interreligiöser Harmo-nie und dem Schutz von Tibets Kultur, Sprache und Umwelt. Einige Augen-blicke der Veranstaltung können Sie in einem Video nacherleben, das sowohl auf youtube als auch der Seite von ICT Deutschland auf Facebook (18. Juni) angeschaut werden kann. In einem wei-teren Video (auf Facebook am 21. Juni) von dieser Veranstaltung kann man er-fahren, in welchem Teil des Potala der Dalai Lama einst gewohnt und was er von dort aus mit dem Fernrohr beob-achtet hat. Ein gut gelaunter Dalai Lama und ein ebenso gut gelaunter Richard Gere machen darin Späße über das Älterwerden, das auch vor Tibet-Unterstützern nicht Halt mache. Im An-schluss an seinen Washington-Aufent-halt reiste der Dalai Lama in den We-sten der USA weiter. Ende Juni kehrte er dann wieder nach Indien zurück, wo er am 6. Juli seinen 81. Geburtstag be-ging. (mr)

Intensives Treffen des Dalai Lama mit Mitarbeitern und

Vorständen von ICT

Links: Große Runde: Der Dalai Lama beim Treffen mit Mitarbeitern und Vorständen von ICT.Rechts: Nancy Pelosi, Führerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses, und ICT-Vorsitzender Richard Gere treffen den Dalai Lama. Fotos: Sonam Zoksang

Links: Freundschaftliche Verbundenheit: Der Dalai Lama begrüßt den ICT-Vorsitzenden Richard Gere. Foto: Sonam ZoksangRechts: Zeigt auf seine Räume: Der Dalai Lama steht zusammen mit Richard Gere vor einem großen Bild des Potala Palastes. Foto: Tseten Chhoekyapa

TIBETJOURNAL 4

ICT AKTION

sowie Akademiker und Journalisten. Voraussichtlich im Herbst soll ein Be-richt erscheinen, der die Ergebnisse der Konferenz zusammenträgt und sie um Handlungsempfehlungen sowohl an die Adresse der chinesischen Regie-rung als auch für die internationale Politik ergänzt. (mr)

Gemeinsam mit dem renommierten Clingendael-Institut veranstaltete ICT in den Niederlanden eine hochkarätig besetzte Konferenz zu Chinas neuem „Anti-Terror“-Gesetz, das insbesondere für Tibeter und Uiguren erhebliche Auswirkungen hat. Die Veranstaltung fand Anfang Juni in Den Haag statt. Von ICT-Seite nahmen unter anderem Tsering Jampa, Geschäftsführerin von ICT Europe in Amsterdam, Kommuni-kationsdirektorin Kate Saunders, der Leiter des Brüsseler Büros Vincent Metten sowie Kai Müller, der Ge-schäftsführer von ICT Deutschland, daran teil. An den verschiedenen Dis-kussionsrunden beteiligte sich neben den Fachleuten des Clingendael-Insti-tuts eine beeindruckende Riege inter-nationaler Experten aus aller Welt, wie zum Beispiel Sharon Hom, Geschäfts-führerin von Human Rights in China, die Sinologin Marie Holzman, der Re-präsentant des Dalai Lama Kelsang Gyaltsen, der Geschäftsführer des

ICT organisiert hochkarätige Konferenz in Den Haag

Weltkongresses der Uiguren Dolkun Isa oder Jayadeva Ranade vom indi-schen Centre for China Analysis. Unter den etwa 80 Besuchern der Veranstal-tung fanden sich Diplomaten, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und der tibetischen und uigurischen Gemeinden, chinesische Dissidenten

Tsering Jampa, Geschäftsfüherin ICT-Europe, spricht auf der Veranstaltung. Quelle: ICT

Mahnende Worte zum EU-China-GipfelGemeinsam mit drei weiteren Men-schenrechtsorganisationen schrieb die ICT im Vorfeld des EU-China-Gipfels in Peking einen Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Hauptforderung des Schreibens: Die Menschenrechte soll-ten im Verhältnis der EU zu China eine zentrale Rolle spielen. Die Internatio-nal Campaign for Tibet, der Men-schenrechtsdachverband FIDH, Hu-man Rights in China und Amnesty In-ternational verlangten von der EU, das zunehmend repressive Klima und die sich verschlechternde Menschen-rechtslage in der Volksrepublik China

Oben: EU-Ratspräsident Donald Tusk. Foto: Mateusz Włodarczyk_www.wlodarczykfoto.pl CC-BY-SA-4.0Unten: Gemeinsamer Brief. Foto: ICT

öffentlich und unzweideutig zu verur-teilen. Peking solle ganz konkret dazu aufgefordert werden, die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der inter-nationalen Menschenrechtsnormen zu respektieren. Dazu zählt auch die For-derung, die Strafverfolgung von Tibe-tern, Uiguren, Mongolen und anderen Angehörigen sogenannter ethnischer Minderheiten einzustellen, die ledig-lich ihr Menschenrecht auf freie Mei-nungsäußerung oder Religionsfreiheit ausgeübt haben. Den vollständigen Brief finden Sie in englischer Sprache auf der Internetseite unserer Brüsseler Kollegen (www.tibetpolicy.eu). (mr)

5 TIBETJOURNAL

macht worden. Bis zum Herbst ist die Zerstörung von 1.500 Behausungen vorgesehen, in einer ersten Welle soll dies vor allem die Unterkünfte von Nonnen und älteren Bewohnern La-rung Gars betreffen. Öffentlich erklä-ren die Behörden, beim Abriss der Unterkünfte gehe es nicht um die Zer-störung des Instituts, vielmehr handele es sich um Bautätigkeiten, die Teil des „beschleunigten Urbanisierungsprozesses“ der anson-sten ausgesprochen dünn besiedelten Region seien. Aus Sicht der ICT stellt das Vorgehen der Behörden von Serthar eine Verlet-zung des Rechts auf freie Religionsaus-übung dar. Die Zerstörungen in Larung Gar müssten gestoppt, die Anordnung der Kreisverwaltung zurückgenommen werden. In einem Brief an Bundesau-ßenminister Steinmeier forderte ICT ihn auf, sich in diesem Sinne gegen-über der chinesischen Regierung zu äußern. Verbunden mit der Bitte an die ICT-Unterstützer, sich ebenfalls an Herrn Steinmeier oder seine Amtskol-

ICT THEMA

Zerstörung in Larung Gar

Am 20. Juli kamen die Bagger. Damit begann der Abriss großer Teile des be-deutenden buddhistischen Studienzen-trums im osttibetischen Larung Gar. In kaum einem anderen Teil der Welt dürften mehr Menschen leben, die sich dem Studium der Lehre Buddhas ver-schrieben haben. Wie viele Mönche, Nonnen und wissbegierige Laien sich tatsächlich in Larung Gar aufhalten, vermag niemand mit Sicherheit zu sa-gen. Die Schätzungen reichen von 10.000 bis 50.000. In jedem Fall aber zu viele aus Sicht der herrschenden KP. In einer von „Human Rights Watch“ bereits im Juni veröffentlich-ten Anordnung der zuständigen Kreis-verwaltung Serthar wird das erklärte Ziel ausgegeben, bis Ende September 2017 die Anzahl der Bewohner von La-rung Gar auf 5.000 zu begrenzen. Al-lem Anschein nach waren die religi-ösen Institutionen von Larung Gar nicht in die Entscheidungsfindung ein-bezogen. Zunächst begannen Bau-trupps mit dem Abriss von Holzhüt-ten, bereits nach einer Woche waren Medienberichten zufolge mindestens 600 von ihnen dem Erdboden gleichge-

legen in Österreich und der Schweiz zu wenden, steht ein Musteranschreiben an die Außenminister im Internet. Wie notwendig dies ist, wurde Anfang Au-gust deutlich. Mit gut zwei Wochen Verspätung wurde bekannt, dass sich

die tibetische Nonne Rinzin Dolma bereits am 20. Juli aus Verzweiflung über die Abrissaktion in Larung Gar das Leben ge-nommen hatte. Aufgrund einer von den Behörden

verhängten Kommunikationsblockade und der verschärften Überwachung von Telefon und Internet hatte es so lange gedauert, bis die Information ans Licht der Öffentlichkeit gelangte. Zu-dem verfügten die Behörden ein Ver-bot von Foto- und Videoaufnahmen der Abrissarbeiten. Berichten zufolge suchten sie gezielt nach Bewohnern Larung Gars, denen es gelungen war, entsprechende Belege für die Zerstö-rungen in dem Studienzentrum weiter-zugeben. Die ICT möchte sich weiter-hin gegen die Zerstörung in Larung Gar einsetzen und benötigt hierfür Ihre Unterstützung. (mr)

Zerstörung und Vertreibung müssen

gestoppt werden

Links: Blick auf Larung Gar. Foto: Bodhicitta CC-BY-2.0 Rechts: Bild der Verwüstung: Bagger rissen die ersten Unterkünfte nieder. Quelle: ICT

TIBETJOURNAL 6

Ende Juni organisierte die ICT gemeinsam mit der Ti-bet Initiative Deutschland in Berlin einen Expertenvortrag zu dem von China rück-sichtslos vorangetriebenen Staudammbau in Tibet. Der australische Wissenschaftler Gabriel Lafitte berichtete, dass Peking in den kommen-den 15 Jahren den Bau von insgesamt 181 Dämmen pla-ne, die – teils kaskadenartig hintereinander platziert – ungeheure Mengen an elek-trischer Energie liefern sol-len. Wo sich heute noch un-regulierte Flüsse friedlich ih-ren Weg durch die osttibeti-schen Berge bahnen, könn-ten bald Dutzende Staudäm-me den Lauf des Wassers hemmen. In Verbindung mit dem Ausbau von Ultrahoch-

ICT THEMA

ICT VERANSTALTUNG

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Foto: Joi Ito-Daniel Case CC-BY

Risiko Staudammbauspannungsnetzen, die den Strom nahezu verlustlos in die industriellen Zentren Chinas leiten sollen, spiele Tibet eine enorme Rolle für den weiteren Ausbau der chinesischen Wirtschaft, so Gabriel Lafitte. Doch im geo-logisch jungen und seis-misch instabilen Hochland von Tibet sei der Ausbau der Wasserkraft mit massiven Ri-siken verbunden. Welche Auswirkungen all dies für die Menschen in Tibet haben dürfte und was Tibet-Freun-de angesichts dessen tun können, war anschließend Gegenstand lebhafter Debat-ten. (mr)

Gefragt nach dem „Bericht der Bun-desregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfrei-heit“ offenbarte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Bundestag eine fragwürdige Sicht auf die Lage in Tibet. Der Außenminister reduzierte dabei die Frage der Religionsfreiheit in Ti-bet alleine auf Person und Status des Dalai Lama, in-dem er von einem Grund-konflikt bezüglich der „Stellung des religiösen Oberhauptes der Tibeter“ sprach. Chi-na, so Steinmeier weiter, kümmere sich „intensiv um Religion in Tibet.“ Eine finanzielle Unterstützung für den „Bau von Gebetshäusern“ durch die Regierung in Peking wertete er als Be-leg für eine „nicht ganz widerspruchs-freie Entwicklung“ in Tibet.Aus Sicht der ICT bedenkliche Aussa-gen. Dazu sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller: „Wenn der Außenminister

Religionsfreiheit mit bunten Fassaden verwechselt und zugleich das umfas-send dokumentierte Ausmaß der Kon-trolle, Indoktrination und Überwa-chung des tibetischen Buddhismus ignoriert, dann hat er entweder den

Kern freier Religionsaus-übung nicht verstanden oder will sich den Konse-quenzen einer realisti-schen Einschätzung chine-sischer Politik verweigern. Beides untergräbt die Posi-tion der Bundesregierung

und des Deutschen Bundestages sowie zahlreicher zivilgesellschaftlicher Or-ganisationen, die sich nicht nur mit Ti-bet, sondern auch mit der Menschen-rechtslage in China insgesamt befas-sen.“ Dies gelte insbesondere nach dem Affront vom Mai, als China dem Vorsitzenden des Menschenrechtsaus-schusses die Einreise verweigerte. (mr)

Sorge um Glaubwürdigkeit

Fragwürdige Ansichten zur Reli-gions- und Weltan-schauungsfreiheit

Oben: Gabriel Lafitte während seines Vortrags. Foto: ICT Unten: Tal des Dadu-Flusses in Tibet. Foto: rduta CC-BY-2.0

7 TIBETJOURNAL

Einer der prominentesten gewaltlo-sen politischen Gefangenen Tibets ist endlich wieder auf freiem Fuß: Khen-po Kartse, der angesehene tibetische Geistliche, konnte die Gefängnismau-ern hinter sich lassen. Allerdings mus-ste er zuvor die volle Haftstrafe von zweieinhalb Jahren verbüßen, zu de-nen ihn ein chinesische Gericht verur-teilt hatte. Die Nachricht von Khenpo Kartses Freilassung wurde mit beson-derer Erleichterung aufgenommen, hatte es doch Meldungen gegeben, de-nen zufolge er sich schon kurz nach seiner Inhaftierung aufgrund einer Le-bererkrankung in kritischem Gesund-

heitszustand befunden habe. Khenpo Kartse war am 6. Dezember 2013 in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan wegen angeblicher Unterstüt-zung „staatsgefährdender Aktivitäten“ festgenommen und nach Chamdo in der sogenannten Autonomen Region Tibet (TAR) verbracht worden, wo er in einem nichtöffentlichen Verfahren verurteilt wurde. In den tibetischen sozialen Medien kursierte rasch ein Selfie-Foto, das ihn in relativ guter Verfassung zu zeigen scheint. Es ist davon auszugehen, dass die chinesi-schen Behörden ihn engmaschig über-wachen. (mr)

Khenpo Kartse wieder frei!

Gleich zweimal zeigte die Internatio-nal Campaign for Tibet Flagge beim UNO-Menschenrechtsrat in Genf. „Chi-nas Politik in Tibet schafft weder Sta-bilität noch Frieden“, lautete das Fazit von ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Er sprach am 20. Juni auf einer Podiums-veranstaltung am Rande des Men-schenrechtsrats über die repressive chinesische „Sicherheitsarchitektur“ in Tibet. Ausgerichtet wurde die Veran-staltung von der Gesellschaft für be-drohte Völker. Neben Kai Müller sprach auch die Präsidentin des unab-hängigen PEN Chinas, Tienchi Martin-Liao. Martin-Liao ist eine gute Bekann-te der ICT, sie hielt einen Gastvortrag anlässlich der ersten Verleihung unse-res Journalistenpreises „Schneelöwe“ vor mittlerweile sechs Jahren. Mode-riert wurde die Veranstaltung von Ngodup Dorjee, Repräsentant des Dalai Lama in Genf. Im UNO-Menschenrechtsrat selbst sprach unsere Brüsseler Kollegin Mélanie Blondelle. Für die Helsinki Foundation for Human Rights (HFHR) äußerte sie sich im Rahmen des inter-aktiven Dialogs zum Bericht des UNO-Sonderberichterstatters für den Schutz der Meinungsfreiheit David Kaye. Da-bei betonte sie den hohen Preis, den insbesondere die Menschen in Tibet für die Ausübung ihres Menschen-

rechts auf freie Meinungsäußerung zu bezahlen haben. In ihrer Stellungnah-me ging sie unter anderem auf den Blogger Shokjang ein, der am 17. Fe-bruar zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. Weitere Einzelheiten kön-nen Sie hier http://www.savetibet.org/ict-highlights-chinas-repressive-policies-and-security-architecture-in-ti-bet-at-un-human-rights-council-sessi-on/ aus unserer Zusammenfassung „ICT Highlights China’s Repressive Policies and ‚Security Architecture‘ in Tibet at UN Human Rights Council Session“ entnehmen. (mr)

Aktiv für Tibet ICT AKTION

Oben: Kai Müller, Tienchi Martin-Liao und Ngodup Dorjee vor dem UNO-Gebäude. Quelle: Tibet OfficeUnten: ICT-Kollegin Mélanie Blondelle spricht vor dem UNO-Menschenrechtsrat. Quelle: webtv.un.org

Der tibetische Geistliche Khenpo Kartse. Quelle: Woeser

TIBETJOURNAL 8

IMPRESSUM

TIBET-JOURNAL, September 2016Herausgeberin: International Campaign for TibetDeutschland (ICT) e.V., Schönhauser Allee 163,10435 Berlin, Tel. +49 (0) 30 / 27 87 90 86,Fax +49 (0) 30 / 27 87 90 87E-Mail: [email protected], www.savetibet.deSpendenkonto IBAN: DE 20100205000003210400BIC: BFSWDE33BERBank für Sozialwirtschaft BerlinOnlinespenden unter www.savetibet.de/spendenGeschäftsführer (V.i.S.d.P.): Kai MüllerRedaktion: Kai Müller (km), Martin Reiner (mr), Markus Feiler (mf)Bildnachweis: Sonam Zoksang, Tseten Chhoekyapa, Mateusz Włodarczyk_www.wlo-darczykfoto.pl CC-BY-SA-4.0, Bodhicitta CC-BY-2.0, rduta CC-BY-2.0, Joi Ito-Daniel Case CC-BY, Tibet Office, Woeser, webtv.un.org, tumblr.com, instagram.com, Pete Souza/whitehouse.gov, ICT Titelbild: Der Dalai Lama trifft Barack Obama Foto: Pete Souza/whitehouse.govGestaltung: text+design SpieckermannAuflage: 12.000Druck: Gieselmanndruck, Potsdam

Trauer um Armin KoschitzkeDie International Campaign for Tibet Deutschland trauert um ihren langjähri-gen Unterstützer Armin Koschitzke. Bereits seit dem Jahr 2007 half Armin Koschitzke mit seinen Spenden und leiste-te somit einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Menschen- und Selbstbestim-mungsrechte des tibetischen Volkes. Mit seinem Vermächtnis sorgte er dafür, dass sein Wirken für Tibet auch über sein Leben hinaus Bestand hat. In großer Dankbar-keit sind wir Armin Koschitzke verbunden und würdigen an dieser Stelle nochmals sein außergewöhnliches Engagement für das tibetische Volk. (mf)

Tibetische Butterlampe. Foto: ICT

ICT jetzt auch auf InstagramDie International Campaign for Ti-bet Deutschland ist seit langem in den Sozialen Netzwerken zu finden. Viele von Ihnen werden sicher regel-mäßige Besucher unserer Seiten auf Facebook (www.facebook.com/SA-VETIBETde) und Twitter (www.twit-ter.com/SAVETIBET) sein. Seit kur-zem sind wir auch auf Instagram ver-treten. Wir veröffentlichen auf unse-rer Seite auf Instagram regelmäßig Fotos und informieren Sie über aktu-elle Themen und unseren Einsatz für die Menschen in Tibet. Schauen Sie doch mal rein und folgen Sie uns auf Instagram. Und falls Ihnen unsere Seite gefällt, können Sie gerne unsere Fotos und Beiträge mit Ihren Freun-den und Bekannten teilen. Denn so-

mit leisten Sie einen wichtigen Bei-trag, um noch mehr Menschen auf die Situation in Tibet aufmerksam zu machen. Wir freuen uns auf Ihren Be-such! Sie finden unsere Seite unter www.instagram.com/SAVETIBETde.

(mf)

stützung für die Person des Dalai Lama und seinen Einsatz für einen friedlichen Dialog zwischen Tibet und China. Die Gesamtzahl sowie einzelne, ausgewählte Glückwünsche sind dem Dalai Lama bereits übermittelt wor-den. Wir danken allen sehr herzlich, die bei unserer Geburtstagsaktion mit-gemacht haben und wünschen dem Dalai Lama an dieser Stelle nochmals alles Gute. Mögen noch viele Lebens-jahre bei weiterhin guter geistiger und körperlicher Gesundheit folgen.

(mf)

Über 1.200 Geburtstagsgrüße für den Dalai LamaIm Vorfeld des Geburtstags des 14. Dalai Lama hat die International Campaign for Tibet Deutschland ihre Unterstützer über den Newsletter und Facebook aufgerufen, dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter zu seinem 81. Geburtstag zu gratulieren. Hierzu hatte die ICT eigens eine Seite auf tumblr (www.happybirthdaydalailama2016.tumblr.com) eingerichtet, auf der nicht nur wunderschöne Texte, sondern auch tolle Bilder und Fotos von unse-ren Unterstützern hinterlegt wurden. Insgesamt erreichten uns mehr als 1.200 Geburtstagsgrüße für den Dalai Lama. Ein deutliches Signal der Unter-

Übersicht einzelner Glückwünsche. Quelle: tumblr.com

Instagram-Auftritt der ICT. Quelle: instagram.com

ICT AKTION