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In der Umgebung von Hochheim, Flörsheim und Wicker stehen – von jungen Locker- sedimenten verdeckt – Tone und Tonmergel an, die im „Tertiärmeer“ des Mainzer Beckens während des Oligozäns (vor rund 30 Mio. Jahren) abgelagert wurden. Mit dem ausgehenden Oligozän (vor rund 24 Mio. Jahren) änderte sich im Zuge eines neuen Meeresvorstoßes die Sedimentation hin zu Kalken und Kalkmergeln. Kalksteine prägen heute als Härtlinge die Landschaft, wie auch hier am Falkenberg. Bei Falkenberg wurden die Kalke durch Störungen kleinräumig in den Untergrund eingesenkt und waren daher besser vor Abtragung geschützt, während sie in der Umgebung bereits überwiegend abgetragen sind. Ab dem Jahre 1911 wurden die Kalklager durch die Fa. Dyckerhoff AG abgebaut. Die häufig vorkommenden fossilen Gehäuse der Schnecken- gattung Cerithium zeigt gemeinsam mit anderen Fossilien, dass die Kalke in einem mäßig salzigen (brackigen) Gewässer entstanden sind. Nach den häufigen Schnecken-Gehäusen wurden die Schichten lange Zeit als Cerithien-Schichten bezeichnet. Landschnecken Geschützt durch Kavernen in den Algenriffen konnten Gehäuse von Landschnecken gut erhalten bleiben. Schon im 19. Jahrhundert war der Steinbruch für seine mit etwa 100 Arten sehr reiche Landschneckenfauna berühmt, so dass man die Algenriffkalke von Hochheim ursprünglich als „Landschneckenkalke“ bezeichnete. Im Gegensatz zu den Brackwasserschnecken haben die Landschnecken nicht an Ort und Stelle gelebt, sondern sind durch Gewässer von der nahen Küste eingeschwemmt worden. Inzwischen wurde der Steinbruch zur Typlokalität dieser Schichten definiert. Sie führen den Namen „Hochheim-Formation“. Schn e c k e np ir s ch Geht auf Schneckensuche. Wie sehen die Schnecken aus, die heute hier leben? Dana ch könn t ihr euch ge gensei tig mi t d ie ser Schne c k enmassa ge ver wöhnen: Im Schneckenhaus ganz innen drin, da schläft die Schnecke Ann-Kathrin. (eine Spirale auf Rücken malen) Jetzt wacht sie auf und kriecht heraus (Wirbelsäule hoch kriechen) Sie kriecht bis oben hin, die Schnecke Ann-Kathrin. (die Wirbelsäule hoch, bis zum Haaransatz, etwas kitzeln) Sie schaut sich um, kriecht rundherum (um die Schultern kreisen, wie liegende acht) und sagt: „Bei diesem Wetter, da ist‘s in meinem Bett viel netter!“ (mit verstellter Stimme) Stück für Stück, kriecht sie zurück, (Wirbelsäule nach unten) legt sich dann zur Ruh und sperrt das Häuschen wieder zu. (Spirale auf Rücken malen, Zusperren mit Drehbewegung) Weinerlebnisweg Oberer Rheingau Der ehemalige Kalksteinbruch Falkenberg Eingangstor Massenheim Eingangstor Wicker Eingangstor Hochheim Eingangstor Kostheim Hochheim Kostheim Falkenberg Wicker Massenheim 49 48 47 46 45 44 43 42 40 39 38 31 33 30 27 26 25 24 23 22 50 21 20 19 18 29 32 37 34 35 36 28 10 11 12 9 1 2 13 14 15 8 3 4 17 7 6 16 5 41 Algenriffe Neben gebankten Kalksteinen findet man im Steinbruch auch massige Kalke, die Strukturen mit knubbelig-blumenkohlartigen Oberflächen bilden. Es sind Algenriffe. Sie werden von Cyanobakterien (Blaugrünalgen) gebildet, die Sedimentpartikel mit ihrem Schleim einfangen. Notwendig dafür ist ein hohes Strömungspotential, wie es an der Abhang-Kante zum Oberrheingraben vorhanden war. Vergleichbare Algenriffe sind heute aus West-Australien (Shark Bay) und in den Bahamas bekannt. Text und Bilder: Gudrun Radtke (Hessisches Landesamt für Geologie) und Gaby Försterling 17. IHR STANDORT Motiv Grandpatte von MICHAEL APITZ / Künstler - www.apitz-art.de Die Tafeln zum Nachlesen finden Sie unter www.kulturland-rheingau.de/Weinerlebnisweg_Oberer_Rheingau Übersetzungen finden Sie unter:

Der ehemalige Kalksteinbruch Falkenberg - hlnug.de · In der Umgebung von Hochheim, Flörsheim und Wicker stehen – von jungen Locker-sedimenten verdeckt – Tone und Tonmergel an,

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Page 1: Der ehemalige Kalksteinbruch Falkenberg - hlnug.de · In der Umgebung von Hochheim, Flörsheim und Wicker stehen – von jungen Locker-sedimenten verdeckt – Tone und Tonmergel an,

In der Umgebung von Hochheim, Flörsheim und Wicker stehen – von jungen Locker-sedimenten verdeckt – Tone und Tonmergel an, die im „Tertiärmeer“ des Mainzer Beckens während des Oligozäns (vor rund 30 Mio. Jahren) abgelagert wurden. Mit dem ausgehenden Oligozän (vor rund 24 Mio. Jahren) änderte sich im Zuge eines neuen Meeresvorstoßes die Sedimentation hin zu Kalken und Kalkmergeln. Kalksteine prägen heute als Härtlinge die Landschaft, wie auch hier am Falkenberg.

Bei Falkenberg wurden die Kalke durch Störungen kleinräumig in den Untergrund eingesenkt und waren daher besser vor Abtragung geschützt, während sie in der Umgebung bereits überwiegend abgetragen sind. Ab dem Jahre 1911 wurden die Kalklager durch die Fa. Dyckerhoff AG abgebaut.

Die häufig vorkommenden fossilen Gehäuse der Schnecken-gattung Cerithium zeigt gemeinsam mit anderen Fossilien, dass die Kalke in einem mäßig salzigen (brackigen) Gewässer entstanden sind. Nach den häufigen Schnecken-Gehäusen wurden die Schichten lange Zeit als Cerithien-Schichten bezeichnet.

Landschnecken Geschützt durch Kavernen in den Algenriffen konnten Gehäuse von Landschnecken gut erhalten bleiben. Schon im 19. Jahrhundert war der Steinbruch für seine mit etwa 100 Arten sehr reiche Landschneckenfauna berühmt, so dass man die Algenriffkalke von Hochheim ursprünglich als „Landschneckenkalke“ bezeichnete. Im Gegensatz zu den Brackwasserschnecken

haben die Landschnecken nicht an Ort und Stelle gelebt, sondern sind durch Gewässer von der nahen Küste eingeschwemmt worden. Inzwischen wurde der Steinbruch zur Typlokalität dieser Schichten definiert. Sie führen den Namen „Hochheim-Formation“.

SchneckenpirschGeht auf Schneckensuche. Wie sehen die Schnecken aus, die heute hier leben?

Danach könnt ihr euch gegenseitig mit dieser Schneckenmassage verwöhnen:Im Schneckenhaus ganz innen drin, da schläft die Schnecke Ann-Kathrin. (eine Spirale auf Rücken malen)Jetzt wacht sie auf und kriecht heraus (Wirbelsäule hoch kriechen)Sie kriecht bis oben hin, die Schnecke Ann-Kathrin. (die Wirbelsäule hoch, bis zum Haaransatz, etwas kitzeln)Sie schaut sich um, kriecht rundherum (um die Schultern kreisen, wie liegende acht)und sagt: „Bei diesem Wetter, da ist‘s in meinem Bett viel netter!“ (mit verstellter Stimme)Stück für Stück, kriecht sie zurück, (Wirbelsäule nach unten)legt sich dann zur Ruh und sperrt das Häuschen wieder zu.

(Spirale auf Rücken malen, Zusperren mit Drehbewegung)

Weinerlebnisweg Oberer Rheingau

Der ehemalige Kalksteinbruch Falkenberg

Eingangstor Massenheim

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AlgenriffeNeben gebankten Kalksteinen findet man im Steinbruch auch massige Kalke, die Strukturen mit knubbelig-blumenkohlartigen Oberflächen bilden. Es sind Algenriffe. Sie werden von Cyanobakterien (Blaugrünalgen) gebildet, die Sedimentpartikel mit ihrem Schleim einfangen. Notwendig dafür ist ein hohes Strömungspotential, wie es an der Abhang-Kante zum Oberrheingraben vorhanden war. Vergleichbare Algenriffe sind heute aus West-Australien (Shark Bay) und in den Bahamas bekannt.

Text und Bilder: Gudrun Radtke (Hessisches Landesamt für Geologie) und Gaby Försterling

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IHR STANDORT

Motiv Grandpatte von MICHAEL APITZ / Künstler - www.apitz-art.de

Die Tafeln zum Nachlesen finden Sie unterwww.kulturland-rheingau.de/Weinerlebnisweg_Oberer_Rheingau

Übersetzungen finden Sie unter:

Page 2: Der ehemalige Kalksteinbruch Falkenberg - hlnug.de · In der Umgebung von Hochheim, Flörsheim und Wicker stehen – von jungen Locker-sedimenten verdeckt – Tone und Tonmergel an,

EntstehungIm Laufe des Tertiärs (65–2,6 Mio. Jahre) wurde Europa durch Spannungen in der Erdkruste geprägt, die aus der Kollision der Afrikanischen mit der Eurasiatischen Platte herrührten. In Südeuropa führte dies zur Auffaltung junger Gebirgsketten, dem „alpidischen Gebirge“. Aber auch in Mitteleuropa hinterließen diese Kräfte ihre Spuren. Es entstand ein Grabensystem, das sich von der Nordsee über den Oberrheingraben und den Rhône-Graben bis nach Südfrankreich verfolgen lässt. Die Grabenstruktur des Oberrheingrabens lässt sich bis heute deutlich im Landschaftsbild erkennen.

Unter dem Mainzer Becken versteht man ein an die nordwestliche Grabenschulter des Oberrheingrabens angrenzendes Randgebiet, das weniger absank als der eigentliche Graben. Die Absenkungen schufen ab dem Eozän (vor rund 55 Mio. Jahren) bis ins tiefere Miozän (vor rund 20 Mio. Jahren) einen Sedimentationsraum mit Seenlandschaften, in das von dem umgebenden Festland Sedimente wie Tone, Silte, Sande und Mergel eingetragen wurden.

Die Randmeerzeit des Mainzer Beckens endete mit der fortschreitenden Hebung der Alpen und ihres süddeutschen Vorlandes, was zu dem Zurückweichen der Meere in ihre heutigen Gebiete führte. Die Mainzer Becken-Lagune wandelte sich zu einer vom Ur-Rhein geprägten Flusslandschaft.

Weinerlebnisweg Oberer Rheingau

Das Mainzer Becken am Rand des Oberrheingrabens

Die Zeit als RandmeerIn Zeiten mit global hohen Meeresspiegelständen gelangte Meerwasser in unsere Region und verwandelte den Oberrheingraben in eine schmale Meeresstraße, mit dem Mainzer Becken als lagunenartige Meeresbucht.

Die Meeresverhältnisse zeigen sich durch die reiche Überlieferung an marinen Fossilien wie Meeresfische, Haie, Korallen, Meeresschnecken und -muscheln. In dem subtropischen Gewässer lebten auch Seekühe. 1902 wurden mehrere – darunter ein fast vollständiges Skelett dieser Säugetiere – in den Tongruben bei Flörsheim gefunden (ausgestellt im Naturhistorischen Museum Mainz).

Text und Bilder: Gudrun Radtke (Hessisches Landesamt für

Geologie) und Gaby Försterling

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IHR STANDORT

Pliozän(5− 3 Mio. Jahre)

Miozän− Sedimente(23− 5 Mio. Jahre)

Oligozän(33− 23 Mio. Jahre)

Rotliegend(300− 260 Mio. Jahre)

Ordoviz, Silur des Vordertaunus(488− 416 Mio. Jahre)

Gesteinsgrenze

Verwerfung,örtl. vermutet

Abschiebung

Aufschiebung

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Die Tafeln zum Nachlesen finden Sie unterwww.kulturland-rheingau.de/Weinerlebnisweg_Oberer_Rheingau

Übersetzungen finden Sie unter:

So gibt es im Mainzer Becken immer wieder Schich-ten, in denen nur eine oder wenige Muschel- oder Schneckenarten massenhaft auftreten und der Schichtenfolge ihren historischen Namen gaben. So hat der um Hochheim anstehende Cyrenenmergel seinen Namen von der Körbchenmuschel Cyrena, die Cerithien-Schichten von verschiedenen Arten der Turmschnecke Cerithium und die Hydrobien-Schichten von der dort oft gesteinsbildend auftretenden kleinen Wattschnecke Hydrobia.

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A BFalkenbergerGraben Oberrheingraben

Kostheim

HochheimA 671

Rhein Main

Die meiste Zeit war das Gewässer allerdings brackig. Un-ter Brackwasser versteht man Wasser mit verringertem Salzgehalt. In Brackwasser können die meisten Meeresbe-wohner „nicht mehr“ und die meisten Süßwasserlebewesen „noch nicht“ existieren. Die wenigen Arten, die in bracki-gem Wasser leben können, sind in der Lage, aufgrund der geringen Konkurrenz Massenvorkommen zu bilden.

Südmeer

Nordmeer

Land

Land