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Der Einflul3 von Temperatur und Zeit beim Schweil3en von Baustahlen mit Strahlen hoher Intensitat G. Sepold und W. Jiiptner Mitteilung aus der AFAM, Bremen Mit Hilfe einer neuartigen MeJmethode lieJen sich hohe ortlicbe und zeitliche Temperaturgradienten mit groJer Genauigkeit be- stimmen. Die Untersuchungen ergaben u. a,, da/l bei bestimmten SchweiJbedingungen ein Warmeworlauf nicht stattfindet. Auf Grund der sehr steilen Temperaturverlaufe lassen sich Vorher- sagen zur Gefigeausbildung nicht treffen. Hlirtespitzen in? SchweiJnahtbereich sind durch verschiedenartige Warmebeband- lungen abzubauen. Problemstellung Das SchmelzschweiBen von zwei stumpf aneinanderstoBen- den Blechen mit Hilfe konventioneller Verfahren erfolgt durch Warmeleitung von der Werkstuckoberseite in das Metallinnere. (jrtlicher und zeitlicher Temperaturverlauf bestimmen dabei in der SchweiBzone entscheidend die Ge- fugeausbildung. Wahrend jedoch beim Lichtbogen- oder GasschmelzschweiBen Werkstoffbereiche rnit Spitzentempe- raturen oberhalb von Ac3 relativ langsam abkuhlen, erstar- ren durch energiereiche, gebundelte Strahlen erschmolzene Bereiche wesentlich schneller. Im Regelfall werden hierbei kritische Abkiihlzeiten erreicht. Ziel der Untersuchungen war es daher, Temperatur-Zeit-Verlaufe beim Strahlschwei- Ben aufzunehmen, ihnen den metallographischen Befund gegenuberzustellen und die Ergebnisse mit solchen bekann- ter Arbeiten zu vergleichen. Hieraus sind Folgerungen fur die Einstellung der SchweiB- daten sowie eine Warmebehandlung der Bauteile zu ziehen, sofern sie sich als notwendig oder zweckmaBig erweisen sollte. Zu den SchweiBverfahren hoher Intensitat gehoren solche mit Leistungsdichten oberhalb von lo4 W/cm2,wie z. B. das Elektronen- und Photonenstrahlschweifien. Als Kennzei- chen fur diese Verfahren gilt die geringe je Schweihaht- lange eingebrachte Energie, welche insbesondere beim Fiigen mit dem Elektronenstrahl zu schmalen und tiefen Nahten fuhrt (Abb. 1). Im Gegensatz zu der in Abb. 1 dargestellten TiefschweiB- naht gelingt es infolge hoher Reflexionsverluste bisher nicht, beim SchweiBen mit monochromatischem koharenten Licht einen ahnlichen Tiefeneffekt [l, 21 zu erzielen. Dennoch lassen sich durch Laserbeschufi im Impulsbetrieb auch kleinere Werkstoffbereiche kurzfristig aufschmelzen, wobei sehr steile Temperaturgradienten in der Nahe der Schmelzzone zu erwarten sind. Dies gilt zunachst auch fur das Plasmaschweifien mit Intensitaten im Bereich von 104 W/cm2.Hier ergeben sich infolge des Schlussellocheffek- tes [3] ebenfalls relativ schmale und tiefe Nahte. Die zum Aufschmelzen bestimmter Werkstoffdicken erforderliche Streckenenergie erreichte jedoch im Vergleich zum Strahl- Temperature and Time Dependent Fusion Welding with Beams of High Intensity By a special set-up very high local and time- dependent temperature gradients were measured in the weld zone of beam affected areas. Under certain weld conditions a leading preheat wave does not exist. As to the resulting microstructure in the beam, the characteristic steep temperature curves do not allow any prediction. Zones of enlarged hardness were reduced by different heat-treatments. Abb. 1. Tiefschweinnaht in elektronenstrahlgeschweiR- tern Cr-Mo-legierten Bau- stahl. dtzrnittel2% ig. HNO,. Verg. 9,5 x. schweinen so hohe Werte, daR dieses Verfahren fur die wei- teren Untersuchungen ausgeschlossen wurde. Bei einem Vergleich der Temperaturgradienten, die sich beim Schwei- Ben mit den Strahl-Verfahren in bestimmten Entfernungen r senkrecht zur Schweifinaht an der Blechoberflache einstel- len, ergeben sich z. B. im Bereich von 800 "C charakteristi- sche Werte, Tabelle 1, welche das Laser-PunktschweiBen in dieser Hinsicht als extremes Verfahren ausweisen. Fur die folgenden Betrachtungen wurden Temperaturverlaufe beim Elektronenstrahlschweioen zugrundegelegt. Werkstoffe In die Untersuchungen wurden ein niedriglegierter, hochfe- ster Baustahl sowie ein Kohlenstoffstahl nach Tabelle 2 einbe- zogen. 356 2. f. Werkrtofitecbnik I J. of Materials Technology 2. Jahrg. 1971 I Nr. 7

Der Einfluß von Temperatur und Zeit beim Schweißen von Baustählen mit Strahlen hoher Intensität

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Der Einflul3 von Temperatur und Zeit beim Schweil3en von Baustahlen mit Strahlen hoher Intensitat

G. Sepold und W. Jiiptner

Mitteilung aus der AFAM, Bremen

Mit Hilfe einer neuartigen MeJmethode lieJen sich hohe ortlicbe und zeitliche Temperaturgradienten mit groJer Genauigkeit be- stimmen. Die Untersuchungen ergaben u. a,, da/l bei bestimmten SchweiJbedingungen ein Warmeworlauf nicht stattfindet. Auf Grund der sehr steilen Temperaturverlaufe lassen sich Vorher- sagen zur Gefigeausbildung nicht treffen. Hlirtespitzen in? SchweiJnahtbereich sind durch verschiedenartige Warmebeband- lungen abzubauen.

Problemstellung

Das SchmelzschweiBen von zwei stumpf aneinanderstoBen- den Blechen mit Hilfe konventioneller Verfahren erfolgt durch Warmeleitung von der Werkstuckoberseite in das Metallinnere. (jrtlicher und zeitlicher Temperaturverlauf bestimmen dabei in der SchweiBzone entscheidend die Ge- fugeausbildung. Wahrend jedoch beim Lichtbogen- oder GasschmelzschweiBen Werkstoffbereiche rnit Spitzentempe- raturen oberhalb von Ac3 relativ langsam abkuhlen, erstar- ren durch energiereiche, gebundelte Strahlen erschmolzene Bereiche wesentlich schneller. Im Regelfall werden hierbei kritische Abkiihlzeiten erreicht. Ziel der Untersuchungen war es daher, Temperatur-Zeit-Verlaufe beim Strahlschwei- Ben aufzunehmen, ihnen den metallographischen Befund gegenuberzustellen und die Ergebnisse mit solchen bekann- ter Arbeiten zu vergleichen.

Hieraus sind Folgerungen fur die Einstellung der SchweiB- daten sowie eine Warmebehandlung der Bauteile zu ziehen, sofern sie sich als notwendig oder zweckmaBig erweisen sollte.

Zu den SchweiBverfahren hoher Intensitat gehoren solche mit Leistungsdichten oberhalb von lo4 W/cm2, wie z . B. das Elektronen- und Photonenstrahlschweifien. Als Kennzei- chen fur diese Verfahren gilt die geringe je Schweihaht- lange eingebrachte Energie, welche insbesondere beim Fiigen mit dem Elektronenstrahl zu schmalen und tiefen Nahten fuhrt (Abb. 1).

Im Gegensatz zu der in Abb. 1 dargestellten TiefschweiB- naht gelingt es infolge hoher Reflexionsverluste bisher nicht, beim SchweiBen mit monochromatischem koharenten Licht einen ahnlichen Tiefeneffekt [l, 21 zu erzielen.

Dennoch lassen sich durch Laserbeschufi im Impulsbetrieb auch kleinere Werkstoffbereiche kurzfristig aufschmelzen, wobei sehr steile Temperaturgradienten in der Nahe der Schmelzzone zu erwarten sind. Dies gilt zunachst auch fur das Plasmaschweifien mit Intensitaten im Bereich von 104 W/cm2. Hier ergeben sich infolge des Schlussellocheffek- tes [3] ebenfalls relativ schmale und tiefe Nahte. Die zum Aufschmelzen bestimmter Werkstoffdicken erforderliche Streckenenergie erreichte jedoch im Vergleich zum Strahl-

Temperature and Time Dependent Fusion Welding with Beams of High Intensity By a special set-up very high local and time- dependent temperature gradients were measured in the weld zone of beam affected areas. Under certain weld conditions a leading preheat wave does not exist. As to the resulting microstructure in the beam, the characteristic steep temperature curves do not allow any prediction. Zones of enlarged hardness were reduced by different heat-treatments.

Abb. 1. Tiefschweinnaht in elektronenstrahlgeschweiR- tern Cr-Mo-legierten Bau- stahl. dtzrnittel2% ig. HNO,. Verg. 9,5 x.

schweinen so hohe Werte, daR dieses Verfahren fur die wei- teren Untersuchungen ausgeschlossen wurde. Bei einem Vergleich der Temperaturgradienten, die sich beim Schwei- Ben mit den Strahl-Verfahren in bestimmten Entfernungen r senkrecht zur Schweifinaht an der Blechoberflache einstel- len, ergeben sich z. B. im Bereich von 800 "C charakteristi- sche Werte, Tabelle 1, welche das Laser-PunktschweiBen in dieser Hinsicht als extremes Verfahren ausweisen. Fur die folgenden Betrachtungen wurden Temperaturverlaufe beim Elektronenstrahlschweioen zugrundegelegt.

Werkstoffe

In die Untersuchungen wurden ein niedriglegierter, hochfe- ster Baustahl sowie ein Kohlenstoffstahl nach Tabelle 2 einbe- zogen.

356 2. f. Werkrtofitecbnik I J. of Mater ia ls Technology 2. Jahrg. 1971 I Nr. 7

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Tabelle 1 : Temperaturgradienten 6T/6t, Streckenenergie N und Aufschmelztiefen d bei StrahlenbeschuR; Wirkungsgrad 7, bedingt durch Wechselwirkungen im Metal1 (Stahl).

Abstand r Auf- von schmelz-

GTsoooc/6t 7" Schmelze tiefe

["C/SI [ J b l [mml [mml

Laserstrahl nach [4] 20000 0,3 . 15 O J 0 2

strahl 500 0,9 . 2500 0,2 10,2 Elektronen-

Plasmastrahl 50 0,7 . 7200 . 0,65 4,o

Tabelle 2: Zxsammensetzung der untersuchten Stahle

TYP c Si Mn P + S Mo Cr Zr

CrNo- leg. Stahl 0,19 0,78 0,84 0,04 0,35 0,89 0,09

C- Stahl 0,18 0,22 0,42 0,04 - - -

Wahrend der niedriglegierte Baustahl im verguteten Zu- stand vorwiegend Zwischenstufengefuge aufweist, besteht das Gefuge des Werkstoffs der Qualitat C 22 aus Ferrit und Perlit. Aus den ZTU-Schaubildern beider Stahle lant sich fur die Gefuge im Schweinnahtbereich ein erhohter Marten- sitanteil voraussagen, wahrend bei den ublichen Schmelz- schweinverfahren in den genannten Stahlen iiberwiegend Zwischenstufengefuge bzw. angelassener Martensit zu fin- den ist.

Temperaturmessungen

In Abhangigkeit vom Strahldurchmesser, der Blechdicke, der Streckenenergie und den physikalischen Eigenschaften der Werkstoffe ergeben sich beim Elektronenstrahlschwei- Ben Warmeeinflunzonen rnit einer Breite bis zu 1 mm. Men- fiihler zur Aufnahme des Temperaturverlaufs in derartig schmalen Bereichen mussen den Dimensionen dieser Zonen angepant sein. Ortlich sehr grol3e Temperaturgradienten von dT/dr = 750 "C/mm bedingen fur ein exaktes Erfassen des Temperaturfeldes ein genaues Lokalisieren des MeRfiih- lers, der eine geringe Eigenzeit von kleiner 1 ms besitzen sollte. Wachskegel, wie sie vor 50 Jahren zur Aufnahme von Temperaturfeldern beim SchweiBen verwandt wurden [5], erfullen diese Bedingungen nicht, wahrend diinne durch Kondensatorentladung auf der Werkstuckoberflache ange- schweinte Thermoelemente ein schnelles Registrieren von Temperaturanstieg und -abfall mit Hilfe eines Oszillogra- phen erlauben. Da beim Elektronenstrahlschweinen ein nahezu zylindrisches Schmelzbad entsteht und Verluste durch Strahlung und Konvektion vernachlassigbar klein bleiben, laRt sich aus dem Temperaturverlauf an der Werk- stiickoberflache bzw. der Werkstiickunterseite auch auf sol- che in Blechdickenmitte schliekn. Ein Thermoelement wurde auf dem Werkstiick angebracht und in einer ge- schatzten Entfernung von z. B. r = 2 mm zum Thermoele- ment eine erste Blindnaht geschweint. Nach Abkiihlen der Probe wurde eine zweite Naht mit Ar = 0,2 mm neben der ersten gezogen.

2. f . Werkrtofftechnik I I . of Materials Technology Z.]ahrg. 1971 I N r . 7

Um eine zeitliche Zuordnung der einzelnen Ar- T-Verlaufe zu erhalten, wurde quer zur Naht ein dunner Draht als Elek- tronenauffanger angebracht, der uber einen Widerstand ge- gen Erde kurzgeschlossen war (Abb. 2). Beim Abschmelzen des Drahtes durch den Elektronenstrahl entstand am Wider- stand ein kurzer Spannungsimpuls, der sich als Signal auf dem Schirmbild eines Oszillographen darstellt. Diese An-

0s

v Ar

Abb. 2. Versuchsaufbau zur Temperaturmessung beim Elektronen- strahlschweinen (oben) mit oszillographischer Aufzeichnung eines zeit- lichen Temperaturverlaufs (unten T-t-Kurve). dr = Abstand von zwei aufeinanderfolgenden Blindnahten. Z = Zeitimpuls. Or = Oszil- lograph. V = Vergleichsstelle. T = Thermoelement. B = Blind- nahte.

ordnung gestattete die Aufnahme aller interessierenden Temperaturzeitverlaufe einschlienlich des Isothermenfeldes (Abb. 3 und 4). Um eine genaue Zuordnung von Schmelze und Thermoelement zu erhalten, tragt man die Maximal- temperaturen iiber den Entfernungen Ar auf, wobei sich eine e-Funktion ergibt. Verlangert man diese uber den letz- ten MeBpunkt der bei 950 "C gemessenen Spitzentempera- tur hinaus, so stellt sich der Koordinatennullpunkt fur r als Schnittpunkt von Schmelztemperatur am Nahtrand rnit der nahezu senkrecht verlaufenden Kurve dar.

Ergebnisse

Der Temperaturanstieg betragt in einem Abstand von 0,6 mm vom Schmelzbad 830 OC/s und in 0,l mm Entfer- nung nahezu 10.000 "C/s. Dieser ungewohnlich steile Tem- peraturanstieg druckt sich in Abb. 4 auch dadurch aus, daf3 ein dem Elektronenstrahl vorauseilendes Warmefeld ab einer bestimmten SchweiRgeschwindigkeit nicht mehr meB- bar war. Die Isothermen laufen am StrahlauftreApunkt zu-

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gebnis steht im Gegensatz zu den bisher veroffentlichten theo- retischen und praktischen Untersuchungen nach [6] . Die Ab- kuhlung erfolgte in relativ kurzen Zeiten. So ist im Fall des Cr-Mo-legierten Stahls die Temperatur nach etwa einer Sekunde in allen Bereichen senkrecht zur Naht unter den Martensitpunkt bei 470 "C gesunken.

ion0

go[:

- 600 u u c L 3 - F! a, a 5 LOO

200

0

176031

r: 0.1 n

Zeit t [sl

Abb. 3. Zeit- und ortsabhangiger Temperaturverlauf beim EB- SchweiRen T = T (t; r). Werkstoff: Cr-Mo-legierter Baustahl. Blech- dicke 10 mm; Spannung 140 kV; Strom = 18 mA; Leistung =

25 kW; Vorschub = 12,7 mm/s; Energieeinbringung = 2000 J/cm. T = Temperatur; f = Zeit; r = Abstand vom Nahtrand (Schmelze).

Verbindet man die Orte maximaler Temperatur miteinander (Abb. 4), so ergeben sich angenahert Geraden, welche sich im Strahlmittelpunkt schneiden und mit der Warmequelle mitwandern. Der Offnungswinkel des so entstandenen ,,Warmekeils" wird durch Warmeleitzahl bzw. Warmelei- tung des Werkstoffs und die SchweiBgeschwindigkeit be- stimmt. Weniger steile Temperaturverlaufe anderer Verfah- ren bewirken ein der eigentlichen Energiequelle voraus-

stoffs. Dies driickt sich z. B. in kleineren Werten der ort- lichen Temperaturgradienten aus.

Stellt man fur unterschiedliche Verfahren bei gleicher Blechdicke die Bereiche mit Spitzentemperaturen zwischen 500 und 800 "C einander gegenuber, so lassen sich hieraus wesentlich breitere Warmeeinflunzonen fur die konventio- nellen Verfahren erkennen (Abb. 5).

1500

- 1000 0 Y

L - 3 I a, n

E

S- 500

L

c m N c -

0

St 37 V = 2rnIh . .. .. ..

5 10 15 Entfernung Spitzentemperatur - Schrnelze [mm]

Abb. 5. Spitzentemperaturen bei unterschiedlichen SchWeif3verfahr.cn und Abstanden r von der Schmelze. Werkstoff Cr-Mo-legierter Bau- stahl. G = GasschmelzschweiBen nach [7] ; EH = Elektrodenhand- schweif3en E/cm = 8200 J/cm nach [8] ; V = Vorwarmung w 150 "C, 3. Lage; ES = Elektronenstrahlschweif3.m E/cm = 2000 J/cm.

Spitzentemperaturen und Harte-Weg-Verlaufe geben Auf- schliisse uber Gefugeumwandlungen in der Warmeeinflun- zone. Entsprechende Werte wurden fur den Cr-Mo-legierten, elektronenstrahlgeschweinten Stahl in Abhangigkeit vom Weg ermittelt (Abb. 6).

Das Schweingut setzt sich demnach im uberwiegenden MaBe aus Martensit zusammen, wahrend in den Warmeein- fluBzonen ein erhohter Anteil von Zwischenstufengefuge vorliegt. Beim Schweinen mit Hilfe konventioneller Schutz-

1

Abb. 4. Isothermenfeld beim Elektronenstrahl- schweiflen von Cr-Mo-legier- tem Baustahl. Dicke 10 mm, .Y = Spitzentemperatur.

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HV 0,l 1. kplmmzl Entfernung Cmml

Grundwerkstoff

322 468 498 536 572 570 572 0.6 03 0,4 0,3 0,2 0,l 0

WEZ

Abb. 6. Harte-Weg-Verlauf und Spitzentemperaturen in der WEZ.

gasverfahren ergaben sich dagegen im SchweiBgut und in den WarmeeinfluBzonen Hartewerte von maximal 430 kp/mm2. Hier lieBen sich auch weichgegluhte Zonen mit Hartewerten unterhalb derjenigen des Grundwerkstoffs nachweisen, wahrend beim ElektronenstrahlschweiBen auf- grund der kurzen Abkuhlzeiten derartige Bereiche nicht auftraten.

Eingehendere Aussagen uber die Umwandlungsvorgange, insbesondere in der WarmeeinfluBzone, setzen die Kenntnis dort herrschender Spitzentemperaturen und der Austenit- korngroBe voraus. Fur eine ubersichtliche Darstellung waren eine entsprechende Anzahl von ZTU-Schaubildern, ausgehend von unterschiedlichen Austenitisierungstempe- raturen, aufzunehmen. Generell kann jedoch festgestellt werden, daR sich bei vielen Stahlen rnit erhohter Austeniti- sierungstemperatur die Bildung von Ferrit, Perlit und Zwischenstufe zu groneren Zeiten im jeweiligen ZTU-Dia- gramm verschiebt.

Sehr hohe Abkuhlungsgeschwindigkeiten fuhren demnach beim StrahlschweiBen in jedem Falle primar zur martensiti- schen Gefugeausbildung. Ein direkter Zusammenhang zwi- schen SchweiBparametern und Abkuhlungsdauer im Be- reich von 800 bis 500 "C (Zwischenstufenumwandlung), wie von Rose [9] fur das ElektrodenhandschweiBen festgestellt, lie6 sich fur die StrahlschweiBverfahren nicht nachweisen. Die fur die verschiedenen StrahlschweiBverfahren ermittel- ten Werte reihen sich in keinem Fall in die von Rose ge- wahlte Darstellung ein (Abb. 7).

Hieraus sind fur SchweiBverfahren rnit extremen Abkuhlge- schwindigkeiten im Nahtbereich in Abhangigkeit von SchweiBleistung, Blechdicke und Werkstoffart andere Ge- setzmanigkeiten als fur konventionelle Verfahren abzulei- ten.

Moglichkeiten tur Gefugebeeinflussung Wahrend sich beim Lichtbogen- und Gasschmelzschweinen durch geeignete Elektrodenfuhrung, Mehrlagenschweinung

SchweiOe

oder Variation der SchweiRdaten die Gefugeausbildung ohne Vor- oder Nachwarmen der Bauteile wesentlich beein- flussen la&, ist dies beim ,,EinlagenschweiBen" mittels in- tensiven Strahlenbeschusses nicht moglich. Zwar lassen sich Ladungstragerstrahlen kreisformig durch magnetische Fel- der ablenken oder im Falle der Photonenstrahlen eine ahn- liche Strahlfuhrung mit Hilfe von Ultraschall vornehmen, wobei in allen Fallen ein groBeres Schmelzbad entsteht, doch bewirkt dies keine wesentliche Veranderung der quasi- stationaren Temperaturverlaufe in der Nahe des SchweiBba- des [lo]. In vielen Fallen genugt ein einfaches Anlassen der Baustahle mit Kohlenstoffgehalten bis zu 0,25%, wobei Temperaturen von 450 bis 500 O C / l h ausreichen.

0.01 0,l 1 10 100 Kuhlzeit 1800 -500'1 in Sekunden

Abb. 7. Gegeniiberstellung der Abkiihlzeiten in Abhangigkeit von der Streckenenergie bei konventionell [9] und strahlgeschweiflten Stahlen. P = Plasmastrahl; E = Elektronenstrahl; L = Laserimpuls; R = konventionelle Verfahren n. Rose [9].

Kerbschlagversuche an geschweinten Verbindungen der Qualitat C 22 belegen diese Aussage (Abb. 8).

Verbindungen aus niedrig-legierten, hochfesten Baustahlen bediirfen aufgrund ihrer giinstigen mechanisch-technologi-

2. f . Werkstofftechnik I I . of Materials Technology 2 . l a h r g . 1971 I N r . 7 359

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schen Gutewerte [ 1 11 keiner weiteren Warmebehandlung, wahrend bei den Kohlenstoffstahlen auch ein Vorwarmen bis zu 200 "C vorgcnommen werden kann (Abb. 9 und 10).

2 6 x

r m N

m r 0

0,

m

$ 3 Y

0 100 200 300 400 500 Ternperatur T ["C] rn

Abb. 8. Werkstoff C 22.

Kerbschlagzahigkeit bei verschiedenen Anlantemperaturen.

Ein Spannungsfreigluhen der Verbindungen empfiehlt sich dariiber hinaus immer dam, wenn sehr hohe Eigenspannun- gen in der Naht zu erwarten sind. Rontgenographische Eigenspannungsmessungen an 5 mm dickem Stahl der Qua- litat C 35 lassen z. B. positive Spannungsspitzen im Bereich der Streckgrenze erkennen (Abb. 11).

Wenn auch derartige Spannungen infolge erhohter Nahtfe- stigkeit nicht uberbewertet werden sollten, so ist hierin ein Grund fur die RiBbildung im martensitischen Schweingut zu sehen. Wachsende Umwandlungsspannungen bei erhoh- tem C-Gehalt der Verbindungen lassen sich oft durch ein ge- ringfugiges Vorwarmen der Bauteile verringern, da die Ab- kuhlungskurven in Bereiche mit Zwischenstufe verschoben werden.

450

kplrnrn 400

3rnrn von NO

NM 350

-. D >

300 L W a, m I:

250

NM 200

08 OL 0 OL 08rnrn Entfernung

p&N

Abb. 9. Harteverlauf uber den Querschnitt von Elektronenstrahl- schweihahten an Stahl C 22, 10 mm dick. 0 = Nahtoberseite; NM = Nahtmitte; W = Wurzel. -- ohne Vorwarmung; -.-. mit Vorwarmung 100 'C; ---- mit Vorwarmung 200 O C ; __ mit Vorwar- mung 200 OC.

12

9 - N

5 z g6

. s Y

c - m - LZ m N m

F

2 3 0 m

a, Y e

0 100 200 300 400 530 Vorwarmternperatur T ["El

Kerbschlagzahigkeit in Abhangigkeit von der Vorwarm- Abb. 10. temperatur; Werkstoff C 22; Pruftemperatur + 20 '(1.

60

50

LO

30

20 10

- 10 0

IpL

- a [mml

- 8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8

Abb. 11. Quereigenspannungen (oben) und Langseigenspannungen (unten) beim ElektronenstrahlschweiBen nach [12]. Q = Quereigen- spannungen; u2 kp/mm2; L = Langseigenspannungen ul kp/mm2. Werkstoff C 35; 5 mm dick. U = 150 kV; J = 8,5 mA; v = 10 mm/s.

Zusammenfassung und Ausblick

Das SchweiBen mit Strahlen hoher Intensitat zeichnet sich durch sehr steile Temperaturgradienten im Nahtbereich aus. Hieraus resultiert fur Baustahle im Gegensatz zum Fugen mit konventionellen Schmelzschweinverfahren ein erhohter Martensitgehalt im Schmelzbereich und der danebenliegen- den schmalen WarmeeinfluBzone. Genauere Aussagen uber Art und Menge der Gefugeanteile sind nicht ohne weiteres den bekannten ZTU-Schaubildern zu entnehmen.

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Insbesondere erscheint eine Analyse der Warmeeinflufizone problematisch, da in kleinsten Bereichen unterhalb von 0,l mm Breite ein steiler Abfall der Spitzentemperaturen und damit des Austenitisierungsgrades stattfindet. Die von Kohlenstoff und anderen Legierungselementen abhangigen Umwandlungsspannungen konnen sehr grone Werte anneh- men und zu Rissen fuhren.

Warmebehandlungen sind abhangig von der Werkstoffzu- sammensetzung ; ein Anlassen empfiehlt sich oft fur einen Spannungsab bau.

Literatur

[l] L. Dorn u. H. Ziirn, SchweiOen und Schneiden 17, 1/17 (1965). [Z] S. P. F&ip&i, Welding Journal 4J, 937 (1964). [3] A. H. Wagenleitner, Journal de la Soudure, 51/67, 1967. [4] J. E. Anderson u.1. E. Jackson, Welding Journal 44, 1020 (1965). [5] G. Flamm, Temperaturmessungen beim SchweiBen, Schmelz-

schweiRung 1929, S. 210. [6] L. Dorn, Temperaturmessungen beim Elektronenstrahlschwei-

Oen, IIW-Dokument IV 25/70. [7] K. Borflefeld, Die Aufnahme von Temperaturfeldern beim Gas-

und LichtbogenschweiBen, Diss. 1931, T U Berlin. [8] S. KLinguaf, Personl. Mitteilungen, Bremen.

Es ist beabsichtigt, die RiBbildungsbedingungen beim Strahlschweifien von Baustahlen eingehender zu untersu- chen, wofiir die Kenntnis der zeitlichen und ortlichen Tem- peraturverlaufe Voraussetzung ist. Mit Hilfe bekannter Temperaturzyklen lassen sich - wenn auch unter Vorbehal- ten - kritische Gefugezonen simulieren und im Hinblick auf die Rinentstehung Aussagen treffen. Diese sind jedoch nur dann endgultig, wenn die Eigenspannungszustande in Mikrobereichen bekannt sind und fur die Rinentstehung mit berucksichtigt werden konnen.

[9] A. Rose, Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen

[lo] H.-D. Steffens u. G. Sepold, 1st International Conference Electron

[ l l ] K. Seifert, Personl. Mitteilung, Bremen. 1121 R. Priimmer, DVS-Berichte 5, S . 63/69.

Nr. 1534.

Beam Welding und Metting, Interbus Paris 1970.

Anschrift: Dr.-Ing. G. Sepold und DipLPhys. W. Juptner Arbeitsgruppe fur angewandte Materialforschung (AFAM), 282 Bremen 77, Lesumer-Heerstr. 36.

Manuskripteingang: 2. Februar 1971 T 60

Schneiden und Schweisen mit dem Con-Laser

Christian Ruffler und Karl Gurs

Mitteilung aus dem Battelle-lnstltut e. V., Frankfurt/M.

Unter allen Lasertypen i s t der COz-Laser f u r die kontinttierliche Materialbearbeitung besonders geeignet. Er hat einen sehr hohen Wirkungsgrad (1J--20 010) und eine groJe Ausgangsleistung (bis zu einigen k W ) . Bei Biindelung mittels Lime oder Spiegel erreicht man i m Dauerbetrieb eine Leistungsdichte won mehr als 109 Wlcm2. Die Anwendung des Lasers braucht nicht im Vakuum zu erfolgen. Zahireicbe Werkstoffe lassen sich vorteilhaft mit dern C0z-Laser schneiden, z . B. Metalle wie Titan oder Stahl, brennbare Materia- lien wie Papier, Textilien, Holz und Kunststoff sowie auch harte und sprode Materialien wie Aluminiumoxid und Siliciumcarbid. Wenn man die Metalle in oxydierender Atmosphare schneidet, d a m erhoht sich die Schnittgeschwindigkeit. Die Schnittbreite ist in jedem Fall durch die GroJe des Laserflecks bestimmt. Ferner wird uber Experimente berichtet, bei denen der Con- Laser zum SchweiJen won Stahl, Titan, Kunststoff, Quarz und Glas eingesetzt wurde. Die Vorteile des Lasers f u r diese Anwen- dung werden diskutiert. Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet ist das Herstellen von Einkristallen. In einigen Bereichen konkurriert der Laser mit der Elektronen- strahlkanone. Die Elektronenstrahltechnik und die Lasertechnik werden deshalb verglichen.

1. Einleitung

Bevor das eigentliche Thema ,,Schneiden und Schweinen mit dem C0,-Laser behandelt wird, sol1 der C0,-Laser kurz erlautert werden.

Cutting and Welding Using a C0,-Laser. Among the various types o f lasers the COe laser is particulary suitable for materials working. I t has a very high efficienty (15-20olo) and a high output power (up to several kW) . When the laser light is focused by means o f a lens or a mirror, a power density of more than 109 Wlcme is attained in continuous operation. The laser need not be applied in vacuum. The COz laser is a suitable cutting tool for numerous materials, e. g . for metals such as titanium or steel, for combustible materials such as paper, textiles, wood, and plastics, and also for hard and brittle materials such as aluminium oxide and silicon carbide. I f the metals are cut in an oxidizing atmosphere, the cutting speed may be increased. The cutting width however is determined by the size o f the laser spot. In addition, experiments are reported in which the COz laser was used for welding steel, titanium, plastics, quartz, and glass. The advantages of the laser f o r this application are discussed. Another important field of application is the growth of single crystals. In several fields the laser is in competition wi th the electron gun. Therefore, the laser technique is compared with the electron beam technique. ~

Das Laserprinzip kann hier als bekannt vorausgesetzt wer- den. Wichtig ist aber zu erklaren, warum gerade der C0,- Laser hochste Dauerleistungen erzielt. Sein Wirkungsgrad liegt bei ca. 15 bis 20% und damit urn 1 bis 3 Zehnerpoten- zen hoher als bei allen anderen fur technische Zwecke in Frage kommenden Lasern.

2. f. Werkriofftechnik I I . ofMaterials Technology Z.]ahrg. 1971 I Nr. 7 361