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7. NOVE~Bti~R I936 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 15. JAHRGANG. Nr. 45 1641 bet den,, Redoxontieren" tebhafter einsetzt und starker wird als bet den Normaltieren. Deutlich gehemmt ist sie bet den Tieren der Gruppe I, die unter einem C-Mangel litten. Wit ffihren diese Differenzen nicht zurfick anf einen direkten Einflug der Ascor- bins~Lure auf die Leukopoese, sondern betrachten sie nur als einen Ausdruck tier allgemeinen Steigernng der AbwehrmaBnahmen des K6rpers dutch das Vitamin C. ]3ezfiglich der qualitativen Zusammensetzllng der Leukocyten wXhrend des Infekts ergaben sich keine irgendwie nennenswerten Unterschiede zwischen den Tiergruppen des Versuches. Es fanden sich allgemein eine Neutrophilie mit sehr geringer Linksverschie- bung, entsprechendes Absinken der Lymphocyten und Mono- cyten und eine Aneosinophilie, Ver~nderungen, die, wie unsere Tabellen zeigen, bet allen Tieren fibereinstimmend auftraten. 2. ]3eobachtungen an Kindern mit langdauernden In- fektionszllstAnden, a) Jakob H., 3 Jab_re, kryptogene Sepsis, w~hrend der 13eobach- tungszeit wenig wechselnder Fieberzllstand. Erhielt ab 27. V. tag- lich 200 mg l~edoxon per os. Tabelte 4- Jakob tI. Tempe-I Le----~lko "'--~ EosinO-phile Stab- I Segment-I Lympho- Mono- Datum ratur I cyten Jugd. kernige' kernige I cyten eyten 25 . V. 38,8 199oo 1 6 46 41 6 26. V. 38,8 ~o6oo I 3 IO 46 33 7 "21300 I I 6 25 8 27. V. 39,0 18900 59 29. V. 38, 5 -- I 7 57 29 6 I. VI. 38,4 193oo 2 -- 8 59 24 7 4- VI. 38, 8 ~3 IOO I -- 7 5~ ' 37 5 IO. VI. 38,6 239oo 2 I 8 4 ~ 44 5 18. VII. 38,5 1~I2OO I I 8 53 31 6 Eine Beeinflussung des weiBen Blutbildesdurch die Redoxon- zufuhr ist nicht erkennbar (Zahlen in Tabelle 4). b) Therese S, 6 Monate Mtes M~dchen mit chronischer Pyllrie, bet dem w~hrend der Versuchszeit st~.ndig der gteiche pyurische Urinbefund bet m~tBigem Fieber bestand. Ab 8. IIL erhiett das Kind t~gIich 3oo mg Redoxon per os. Tabelle 5. Therese S. Datum ffoIII 7III t. III[iOIII l .I ,i 6III I IV cyten 11200 11600 1480o 123oo 13800 1o6oo 1o8oo 113oo ~V~hrend der 3w6chigen Redoxonzufuhr zeigte sieh (Tabelle 5) keine I3eeinflussung der bestehenden infekti6sen Leukocytose. c) Erika Sch., 5 Monate attes M~dchen mit einem Wander- erysipel und einer Pneumonie, fieberte in der Beobachtungszeit dauernd um 39 ~ Ab I8. III. t~glich 200 nag Redoxon per os. Die Leukocytose bleibt hoch, zeigt dem Fieber entsprechende Schwan- k11ngen (Tabelle 6). Tabelle 6. Erika Sch. Loeo cyten i 2oo i I65OO l I7 OO i I45OO ! i 1oo Die 3 Fglle verschiedenartig bedingter chronisch-infek- ti6ser Leukoeytosen dieser Beobachtllngsgruppe zeigen ge- meinsam keinerlei t3eeinflussung und insbesondere kein Ab- sinken der Leukocytose durch Zufuhr groBer C-Vitamindosen. Natfirlieh finden sieh Meine Schwankungen der Zahlen zwischen den ve:schiedenen Zghttagen, wie sie sich im Verlauf jeder chronischen Infektion ergeben und im wesentlichen dem Fieberverlallf entsprechen. Irgendwelehe gleichsinnigen Ver- ~inderungen aber, die man den Redoxongaben zuschreiben k6nnte, fehlen. 3. JBeobact~tunge~bei Diphtherie. Diese warden an 8 F~llen yon mittelschwerer Rachendiphtherie gemacht. Die eine H~lfte der Kinder erhielt yore Einliefe'~11ngstag (zusammen- fallend mit dem Tag der Seruminjektion) an t~glich IOO mg Redoxon intraven6s und ioo mg Redoxon per os, die andere H~lfte erhielt kein Redoxon. Bet tgglicher Z~.hlung ergab sich Klinisc~eVc'ochenschrift, zS. Jahrg. vom Injektionstag an ein rascher Abfall der Leukocyten in beiden Gruppen. Abb. 7 zeigt den beinahe kongruenten Ver- lauf dieses Abfalles in 2 Kurven, yon denen die eine die Mittelwerte der Leukocytenzahlen der vier mit Redoxon behandelten Kinder und die andere diejenige der vier Kontrollkinder an- gibt. Nachdem schon bei einer so geringen Fallzahi (wo doch Schwankungen im individuellen Verlauf noch merklich den Mittel- wert beeinflussen) sich eine derartige/3bereinstimmung ergibt, ist anzunehmen, dab diese bet gr6Beren Versllchsreihen noch dent- licher wtirde. Diese Beob- z ~ J. ~. a. 6: achtungen zeigen also, dai3 /~,r auch bet einer akuten In- Abb. 4. fektionskrankheit der Ab- lauf der Leukoeytose durch Vitamin C-Gaben nicht ge- st6rt wird. Zusamnzen/assung: Da manche Angaben in der Literatur den Eindruck erwecken, dal3 das Vitamin C leukopenische Reaktionen hervorrufen k6nnte, wurde dessen EinfluB auf infekti6se Lenkocytosen untersucht. Keinesfalls erfotgt, wie Tierversuche und klinische Untersuchungen ergaben, eine depressive Beeinflussung der Leukocytensteigerungen im Verlauf yon Infekten. Die Tierversuche erwecken sogar den Anschein, dab durch die Ascorbins~uregaben ein Antrieb des Leukocytenanstiegs erfolge; dies wird auf eine allgemeine Aktivierung der Abwehrkr~fte des I(Srpers zurfickgeffihrt. Liter~tur : BOGER U. MARTIN, Mfinch. naed. Wschr. 1935, 889, -- EUFINGER ll. GAEHTGEIs-S, Klin. Wschr. I936, 15o.-- OEALKA, Jb. Kinderheilk. 1oo, 265 (1923). -- ScHAnE, Klin. W~schr. 1935, 6o. DER GRUNDPROZESS DER MUSKEL- KONTRAKTION*. Von E. E~NST, Pdcs. Kurz nach dem Erscheinen der Arbeiten yon FLETCHER nnd HOPKINS [J. of Physiol. 35, 247 (19o7)] fiberdie Milch- s~urebildllng des Muskels versuchten bekanntlich PAULI (Kolloidchernie der Muskelkontraktion. 1912) 11nd spXter V. FORTH [Erg, Physiol. 17, 343 (1919)] eine Theorie der Muskelkontraktion zu geben, welche darin bestand, dab die Ursache der Kontraktion die Milchsgurebildung ist. Es hat sich abet gezeigt, dab die damaligen experimentellen Kennt- nisse noch unzul~nglich waxen, um auf sie eine gut fundierte Kontraktionstheorie aufbauen zu k6nnen. Es war dalter die Anerkennung berechtigt, mit welcher die weiteren experimen- tellen Arbeiten yon E~BDEN, HILL und ~r anf- genommen wurden [z. B. Erg. Physiol. 22, 328 (1923) ]. Abet auch HILL nnd MEYERtIOF stellten ihre Experimen- talergebnisse in den Dienst der MilchsXuretheorie, obzwar dieselben im Gegenteil bereits genfigten, uIn diese Theorie zu widerlegen. Sie fanden z. }3. ffir die isotonische Non- traktion eine geringere ;u bzw. Milchsgurebildung ats ftir die isometrisehe. In diesen ~v'ersuchen richtete sich also die Milchsgurebildllng nach der Form des tgtigen ?vlnskels, somit mugte sie auch ws derTgtigkeit vonstatten gehen, nicht nur vor der T~tigkeit; spgter fanden dann EMBDE~ 11nd Mitarbeiter [Hoppe-Seylers Z. 165, 255 (1927)], dab die gesteigerte Milchsgurebildung sogar a11ch nach der Kontraktion noch eine Zeitlang weitergeht. Es stellte Rich also folgendes heralls: Die Milchsgure bildet sich schon w~hrend der Ruhe in einem gewissen Tempo, welches bei einem Reiz in groBem * Vortrag, gehalten in tier Wiener BiologisehenGesellsehaft am 22. Jtmi ~936. 115

Der Grundprozess der Muskel-Kontraktion

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7. NOVE~Bti~R I936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15. J A H R G A N G . N r . 45 1641

bet den, , Redoxontieren" t ebhaf ter e insetz t und s ta rker wird als bet den Normal t ie ren . Deut l i ch g e h e m m t is t sie bet den Tieren der Gruppe I, die un te r e inem C-Mangel l i t ten. W i t ffihren diese Dif ferenzen n ich t zurfick anf einen d i rek ten E inf lug der Ascor- bins~Lure auf die Leukopoese, sondern be t r ach t en sie nur als einen Ausdruck tier a l lgemeinen Ste igernng der A b w e h r m a B n a h m e n des K6rpers du t ch das Vi t amin C. ]3ezfiglich der qua l i t a t i ven Zusammense tz l lng der Leukocy t en wXhrend des Infek ts e rgaben sich keine i rgendwie nennenswer ten Unte rsch iede zwischen den T ie rg ruppen des Versuches. Es fanden sich al lgemein eine Neut rophi l ie m i t sehr ger inger Linksverschie- bung, en tsprechendes Abs inken der L y m p h o c y t e n und Mono- cy ten und eine Aneosinophil ie , Ver~nderungen, die, wie unsere Tabel len zeigen, bet al len Tieren f ibere ins t immend auf t ra ten .

2. ]3eobachtungen an K inde rn m i t l angdauernden In- fektionszllstAnden,

a) Jakob H., 3 Jab_re, kryptogene Sepsis, w~hrend der 13eobach- tungszeit wenig wechselnder Fieberzllstand. Erhielt ab 27. V. tag- lich 200 mg l~edoxon per os.

T a b e l t e 4- Jakob tI.

Tempe-I Le----~lko "'--~ EosinO-phile Stab- I Segment-I Lympho- Mono- Datum ratur I cyten Jugd. kernige ' kernige I cyten eyten

25 . V. 38,8 199oo 1 6 46 41 6 26. V. 38,8 ~o6oo I 3 IO 46 33 7

"21300 I I 6 25 8 27. V. 39,0 18900 59 29. V. 38, 5 - - I 7 57 29 6

I. VI. 38,4 193oo 2 - - 8 59 24 7 4- VI. 38, 8 ~3 IOO I - - 7 5 ~ ' 37 5

IO. VI. 38,6 239oo 2 I 8 4 ~ 44 5 18. VII. 38,5 1~I2OO I I 8 53 31 6

Eine Beeinf lussung des weiBen Blu tb i ldesdurch die Redoxon- zufuhr ist n icht e rkennbar (Zahlen in Tabel le 4).

b) Therese S , 6 Monate Mtes M~dchen mit chronischer Pyllrie, bet dem w~hrend der Versuchszeit st~.ndig der gteiche pyurische Urinbefund bet m~tBigem Fieber bestand. Ab 8. I IL erhiett das Kind t~gIich 3oo mg Redoxon per os.

T a b e l l e 5. Therese S.

Datum ffoIII 7III t. III[iOIII l .I ,i 6III I IV

cyten 11200 11600 1480o 123oo 13800 1o6oo 1o8oo 113oo

~V~hrend der 3w6chigen Redoxonzu fuh r zeigte sieh (Tabelle 5) keine I3eeinflussung der bes tehenden infekt i6sen Leukocytose .

c) Erika Sch., 5 Monate attes M~dchen mit einem Wander- erysipel und einer Pneumonie, fieberte in der Beobachtungszeit dauernd um 39 ~ Ab I8. I II . t~glich 200 nag Redoxon per os. Die Leukocytose bleibt hoch, zeigt dem Fieber entsprechende Schwan- k11ngen (Tabelle 6).

T a b e l l e 6. Erika Sch.

Loeo cyten i 2oo i I65OO l I7 OO i I45OO ! i 1oo

Die 3 Fglle versch iedenar t ig bed ing te r chronisch-infek- t i6ser Leukoey tosen dieser Beobacht l lngsgruppe zeigen ge- me insam keinerlei t3eeinflussung und insbesondere kein Ab- s inken der Leukocy tose durch Zufuhr groBer C-Vitamindosen. Natf i r l ieh f i nden sieh Meine Schwankungen der Zahlen zwischen den ve : sch iedenen Zghttagen, wie sie sich im Ver lauf j eder chronischen In fek t ion ergeben und im wesent l ichen dem Fieberver la l l f entsprechen. I rgendwelehe gleichsinnigen Ver- ~inderungen aber, die m a n den Redoxongaben zuschreiben k6nnte , fehlen.

3. JBeobact~tunge~ bei Diphtherie. Diese warden an 8 F~llen yon mi t t e l schwerer Rachend iph the r i e gemacht . Die eine H~lf te de r Kinder erhiel t yore Einliefe'~11ngstag (zusammen- fal lend mi t dem Tag der Seruminjekt ion) an t~glich IOO mg R e d o x o n in t raven6s und i o o m g Redoxon per os, die andere H~lf te erhie l t kein Redoxon . Bet tggl icher Z~.hlung ergab sich

Klinisc~e Vc'ochenschrift, zS. Jahrg.

v o m In jek t ions tag an ein rascher Abfal l der Leukocy ten in beiden Gruppen. Abb. 7 zeigt den beinahe kongruen ten Ver- lauf dieses Abfalles in 2 Kurven , yon denen die eine die Mi t te lwer te der Leukocy tenzah len der vier mi t Redoxon behande l ten Kinder und die andere diejenige der vier Kon t ro l lk inde r an- gibt .

N a c h d e m schon bei einer so ger ingen Fa l lzah i (wo doch Schwankungen im individuel len Ver lauf noch merk l ich den Mit te l - wer t beeinflussen) sich eine de ra r t ige /3bere ins t immung ergibt , is t anzunehmen, dab diese bet gr6Beren Versl lchsreihen noch den t - l icher wtirde. Diese Beob- z ~ J. ~. a. 6: ach tungen zeigen also, dai3 /~,r auch bet einer aku ten In- Abb. 4. f ek t ionskrankhe i t der Ab- lauf der Leukoeytose durch Vi tamin C-Gaben nicht ge- s t6r t wird.

Zusamnzen/assung: Da manche Angaben in der L i t e r a t u r den E ind ruck erwecken, dal3 das V i t amin C leukopenische Reak t ionen he rvor ru fen k6nnte , wurde dessen EinfluB auf infekti6se Lenkocy tosen untersucht . Keinesfalls erfotgt, wie Tie rversuche und klinische Un te r suchungen ergaben, eine depressive Beeinflussung der Leukocytens te igerungen im Verlauf yon Infekten . Die Tierversuche erwecken s o g a r den Anschein, dab durch die Ascorbins~uregaben ein An t r i eb des Leukocytenans t iegs erfolge; dies wird auf eine a l lgemeine Akt iv i e rung der Abwehrkr~f te des I(Srpers zurfickgeffihrt.

Liter~tur : BOGER U. MARTIN, Mfinch. naed. Wschr. 1935, 889, - - EUFINGER ll. GAEHTGEIs-S, Klin. Wschr. I936, 15o.-- OEALKA, Jb. Kinderheilk. 1oo, 265 (1923). - - ScHAnE, Klin. W~schr. 1935, 6o.

D E R G R U N D P R O Z E S S D E R M U S K E L -

K O N T R A K T I O N * .

Von

E. E~NST, Pdcs.

Kurz nach dem Erscheinen der Arbeiten yon FLETCHER nnd HOPKINS [J. of Physiol. 35, 247 (19o7)] fiber die Milch- s~urebildllng des Muskels versuchten bekanntlich PAULI (Kolloidchernie der Muskelkontraktion. 1912 ) 11nd spXter V. FORTH [Erg, Physiol . 17, 343 (1919)] eine Theorie der Muske lkon t rak t ion zu geben, welche dar in bestand, dab die Ursache der K o n t r a k t i o n die Milchsgurebi ldung ist. Es h a t sich abe t gezeigt, dab die damal igen exper imente l len K e n n t - nisse noch unzul~nglich waxen, u m auf sie eine gu t fund ie r te Kont rak t ions theor ie aufbauen zu k6nnen. Es war dalter die Ane rkennung berecht igt , m i t welcher die wei te ren exper imen- te l len Arbe i t en yon E~BDEN, HILL und ~r anf- genommen wurden [z. B. Erg . Physiol . 22, 328 (1923) ]. Abe t auch HILL nnd MEYERtIOF stel l ten ihre E x p e r i m e n - ta lergebnisse in den Diens t der MilchsXuretheorie, obzwar dieselben im Gegentei l berei ts genfigten, uIn diese Theor ie zu widerlegen. Sie fanden z. }3. ffir die isotonische Non- t r ak t i on eine geringere ; u bzw. Milchsgurebi ldung ats ftir die isometr isehe. I n diesen ~v'ersuchen r ich te te sich also die Milchsgurebi ldl lng nach der F o r m des tg t igen ?vlnskels, somi t m u g t e sie auch ws d e r T g t i g k e i t v o n s t a t t e n gehen, n ich t nur vo r der T~t igke i t ; spg ter fanden dann EMBDE~ 11nd Mitarbe i te r [Hoppe-Seylers Z. 165, 255 (1927)], dab die gesteigerte Milchsgurebi ldung sogar a11ch nach der K o n t r a k t i o n noch eine Zei t lang wei tergeht . Es stel l te Rich also folgendes heral ls : Die Milchsgure b i lde t sich schon w~hrend der R u h e in e inem gewissen Tempo, welches bei e inem Reiz in groBem

* Vortrag, gehalten in tier Wiener Biologisehen Gesellsehaft am 22. Jtmi ~936.

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~642 K L t N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15. J A H R G A N G . Mr. 45 7. NOVEMBER i936

Mal3e zun immt (s. Abb. I) ; diese Ste igerung hSr t aber nach dem Reiz n icht auf, sondern t iberdauer t wesent l ich die tZontraktion, und die Niilchs~urebildung kehr t erst nach einer gewissen Zeit zum R u h e t e m p o zurfick. Somi t kann diese s te t ig ver laufende Milchs~turebildung ftir die schnell und revers ibel ver laufende Kon t r ak t i on n ich t ve ran twor t l i ch gemach t werden; und pr in- zipiell di irf te dasselbe auch ffir andere Ahnliche enzymat i sche Prozesse giiltig sein.

Mir schien daher das P rob lem klar vorzuliegen, nnd zwar in dem Sinne, dab zum GrundprozeB der Kon t r ak t i on nur ein sehr schnell und revers ibel ver tanfender Vorgang dienen kann. Wi r wissen ja, dab Insek tenmuske ln 3oo Kon t r ak t i onen pro Sekunde ausi~ihren k6nnen; diesen E inze lkon t rak t ionen miissen nat t i r l ich ebensoviel Einzelprozesse zur Grundlage dienen. Die 1Vfuskelkontraktionen yon h6heren Tieren schmel- zen zwar bet f r equen te r Re izung zu einem Te tanus zusammen, wi t wissen jedoch, dab der Akt ionss t rom auch bet e inem gla t ten Te tanus t t u n d e r t e yon Einzelvorg~,ngen zeigt. Es tat

Abb. x. M=gi~chs~iurebildmlg. K=Kont rak~ion , R=Reiz.

t Abb. ~. Dez Volummesser.

tllb il, IIlli I!11,, lib,,,,,,.. 5 ~ Z e / f 6 "~

Abb. 3. M=Meniscus, S = Sdmmgabel v. d.

P. x/~oo Sek. Abb. 4.

also logisch, wenn wi t auch fiir diese F o r m des Te tanus in. Anbe t r ach t der hohen F requenz des Akt ionss t roms n ich t einen s te t ig ve r laufenden ProzeB, sondern einen solchen yon gleich hoher F reqnenz postul ieren. Wot len wi t also die Reak t ion feststelten, wetche der Kon t r ak t i on zugrnnde liegt, so miissen wi t nach einem schnell und reversibeI verIaufenden Vorgang forschen.

Auf Grund dieser und anderer T]berlegungen, die hier n icht besprochen werden sollen, un te r sneh te ich die Volumverh~tlt- nisse wi~hrend der K o n t r a k t i o n nnd k a m zu dem Ergebnis , da~3 der Muskel bei der T~i.tigkeit eine Vo lumve rminde rung erleidet . Dies ist folgendermaBen zu vers tehen : Abb. 2 zeigt den Volummesser :

Der 1Viuskel wird in das Gef~3, der Nerv auf die Elektroden gelegt, der St6psel be~estigt, das GeI~B yon dem Rohr (i) aus mit Ringer gefallt; der Meniscus wird in der Capillare mittels der beiden Zapfen (2, 3) eingestetlt* und daun vergr6Bert photographiert. Bei M sieht man (Abb. 3) den Sehatten des Meniscus in der Ruhe ; wird nun mit einem Einzelreiz gereizt, so springt der B,ieniscus zurtick, um in dem folgenden Augenblick seine frtihere Lage wieder einzu- nehmen, Man sieht an der Abb. 4 [EldeST, Pfliigers Arch. 209, 613 (1925) ], dab in einer Ermiidungsreihe die nacheinanderfolgenden

* Die Votum~nderung l~gt sich in diesem Gef~ig als in etnem ,,ge~chlossenen 5'Iano- meter" registrieren.

Volumverminderungen kontinuierlich kleiner werden (die Absz, bedeutet die Zeit, die vertikalen Linien bedeuten die nacheinander- iolgenden Volumverminderungen), w~hrend sic bet Einschaltung yon Ruhepausen wiederum zunehmen. Die Volumverminderung zeigt also in einer Reizserie Ermiidungserscheinungen. Werden weiterhin verschieden groBe Muskeln untersucht, so sieht man, dab die Volumverminderung tier NIuskelgr6ge proportional ist.

Diese Angaben geniigen bereits, u m zu demonstr ieren, dab die Vo lmnve rminde rung haupts~chl ich eine Kon t rak t ions - erscheinung sein mul3. Sie kann ta ts~chl ich mi t der IZon- t r ak t ion noch enger ve rkn i ip f t werden. Wi rd n~Lmlich je eine Ermi idungsre ihe mi t isotonischer bzw. m i t i sometr ischer TSt ig- kei t ausgeft ihr t und dabei t ( on t r ak t ion and Vo lumverminde - rung gleichzeit ig regis tr ier t , so gehen Arbei t s te is tung und Vo lumverminde rung bzw. Spannungsen twick lung und Volum- ve rminde rung mi te inander ziemlich paral le l [etwa o,2 Sek. Te tan i ; ER~ST, Pfli igers Arch. 213, 144 (I926)].

Wi r kennen nun die mechanische Tgt igke i t nnd den Akt ions- s t rom seit j eher Ms die zwei kard ina len Tgt igke i t sersche innngen des ,~vluskels. Von diesen beiden war es schon bekannt , dab sie in einer Ermfidungsre ihe zue inander im groBen und ganzen paral lel ver laufen [Li tera tur : Pfltigers Arch. 218, 137 (I927) ]. Nun sahen wir, dab die Vo lumverminde rung m i t der IZon- t r ak t ion ebenfalls paral le l ver lauf t . Es I rag t sich also, wie verh~l t sich die Vo lumverminde rung in bezug auf den Akt ions- s t rom? Pr t i f t m a n diese F rage exper imente l l , indem Volum- ve rminde rung und Akt ionss t rom in ether Ermi idungsre ihe gleichzei t ig pho tog raph ie r t werden, so s ieht man, dab diese beiden ebenfalls ziemlich paraIlel ve r laufen [ERNST, Pfli igers Arch. 218, 137 (1927)]. Zu den zwei bekann ten kard ina len Tgt igkei t serscheinungen des Muskels - - Ak t ionss t rom und K o n t r a k t i o n - - gesellt sich also die V o l u m v e r m i n d e r u n g als die dr i t t e kardinate Tgt igke i te r sche inung; sie verh~l t sich ja den beiden anderen gegentiber anaiog.

Die nfi.chste F rage ergab sich yon selbst : zu welcher der beiden anderen Tgt igkei t serscheinnngen s teh t die Vo lumver - minderung in n~herer Beziehung? Es war nun bekannt , dab der Ak t ionss t rom eine vim kfirzere Ze i tdauer bes i tz t als die Kont rak t ion . D a m i t h~ngt die erw~hnte Eigenschaf t des Akt ionss t roms zusammen, dab n~mlich derselbe bet i oo bis 2oo Reizen pro Sekunde - - den einzelnen Reizen ent - sprechend - - noch i m m e r einzelne Vorg~nge aufweist, w~tl- rend die K o n t r a k t i o n schon yon e twa 2o Reizen pro Sekunde anfangend als ein g la t te r Te tanus auf t r i t t . Hie r - mi t war nun der Weg schon gewiesen, wie m a n exper imente l l en tseheiden kann, wie die V o l u m v e r m i n d e r u n g zu bewer ten ist. L a u t des Gesagten miissen die Zei tverhMtnisse un ter - sucht werden. Dies geschah nun m i t dem Ergebnis , dab die V o l u m v e r m i n d e r u n g eine ki irzere Zei t d a u e r t ats die I~on- t rak t ion .

Sehr schSn wird diese Tatsache demonstriert, wenn man eine frequente 1Reizung anwendet, t~s hat sich gezeigt, dab dabei die Volumverminderung noch aus einzelnen Vorg~ngen besteht, wenn die I{ontraktionen bereits zu einem glatten Tetanus ver- schmelzen [ERNST, Pfli~gers Arch. 22o, 672 (I9~8)]. Wie weit- gehend die Volumvermindernng der Reiz.periode folgen kann, m6chte ich an der Hand der n~chstfotgenden 5. Abb. zeigen. FElaNS$ u. KOCZKs Pfliigers Arch. 23S, 389 (1934)]. Oben be- deuten die einzelnen kleinen Zacken x/100 Sek. oder IO ~. Unten ist der Schatten des Meniscus in Ruhe zu sehen, welcher auf den Reiz hin in Richtung der Volumverminderung periodische Vor- sprfmge maeht, and zwar bet IOO Reizen pro Sekunde noch immer einzelne Beweguugen zeigt. Demgegeniiber braucht wohI nicht gesagt zu werden, dab bet einer solchen Reizfrequenz die I(on- traktion sehon l~ngst einen absolut glatten Tetanus aufweist

Fassen w i r nun die bisherigen Ergebnisse zusammen, so sahen wir, dab Kont rak t ion , Akt ionss t rom und Vo lumvermin - derung in einer Ermfidnngsre ihe paral le l ver laufen; sie sind die drei kardinMen TSt igkei tserscheinungen.

Sie k6nnen weiterhin au~ Grand ihres-zeitlichen Verlaufes in dem Erscheinungskomplex der l~Iuskeltgtigkeit vorl~ufig so eingeteilt werden :

Die Dauer des Aktionsstromes betr~gt 3--6 e, die der Volum- vernainderung 7- - Io a and die der Kontraktion 4o---5 ~ ~. Somit eilt einerseits die Volumverminderung der I(ontraktion voraus, andererseits verl~u~t sie in einer ]?;rmiiduugsreihe -- wie fri~her

~. NOVEMBER 1936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15, J A H R G A N G . N r . 45 1643

gesagt - - n i t derselben parallel. Diese einander scheinbar wider- spreehenden Angaben ffihren z u d e r Annahme, dab zwar beide ]~rscheinungen einen gemeinsamen Grundvorgang haben - - das %lgt aus dem parallelen Verlauf -- , dieser Grundvorgang kommt .abet in der ~*otumvermindernng unmittelbar zum Ausdruek, w~thrend die Kontraktion erst seknnd~r hervorgerufen wird.

Es t r i t t n u n die ]?rage ant, wor th dieser G r u n d v o r g a n g b e s t e h e n kann, welcher n i t einer V o l u m v e r m i n d e r u n g einher- g e h t ? Dabe i mul3 er - - gem~13 d e n Ze i twer t en der Volum- v e r m i n d e r u n g - - nur ganz kurze Zeit dauern und revers ibel

Abb. 5. M = Meniscus, S ~ Stimmgabel v. d. P. ~/~00 Sek.

ve r l au fen k6nnen . U n t e r den b e k a n n t e n Vorggngen en t spre - t h e n diesen F o r d e r u n g e n in e rs te r Linie Vorg~nge, die s ich an den I o n e n abspielen, und es n a g sogleich kurz be sp rochen werden , welche Bez iehung zwischen den I o n e n u n d einer V o l u m v e r m i n d e r u n g bes t eh t .

Will man z. 13. aus i g lVlol I{C1, das heil3t 74,46 g, dessen spez. 74,46

,Gew. 1,98 betrggt, also aus ~ = 37,5 ccm, einen Liter n. KC1-

LSsung bereiten, und giegt man daher 962, 5 ccm Wasser hinzu, so bekommt man beka~mtlich nicht Iooo,o ccm, wie es sein soltte, sondern es fehlen 9 ccm. Dies kommt daher, dab in der L6sung K- und Cl-Ionen entstehen und die Volnmenabnahme verursachen. Das Wassermolektil baut sich ngmlich aus einem groBen O-Atom und aus zwei kleinen t~i-Atomen unsymmetrisch auf; auf dem .einen Pol derselben si tzt daher eine kteine negative Restladung, .auf dem anderen Pol ein gleicher +-Ladungsrest . Diese bipolaren Wassermolekiile werden infolge dieser Restladnngen yon anderen gelbsten Teilchen, die ebenfalN freie Ladung besitzen, gebunden. Nat~rlich erfolgt dies am ausgesprochensten bei Ionen, die min- destens ~iber eine ganze Ireie Ladnng verftigen.

Diese E r s c h e i n u n g der W a s s e r b i n d u n g - - die H y d r a t a t i o n d e r Ionen - - b e s t e h t also dar in , dab die I o n e n sich m i t e ther Wasserhf i l le u m g e b e n ; diese Wasserht i l le ist - - Ehnlich den adso rb i e r t en Sch ich ten - - d i ch t e r als das t ibrige \Erasser in t ier L6snng und d a h e r von ger ingerem spezi f ischen Volumen. Das d r t i ck t s ich in der V o l u m a b n a h m e aus, m i t welcher eine Ionenb i ldung e inhergeh t , u n d welche yon DRUDE u n d NE~NST :Elekt ros t r ik t ion g e n a n n t wurde [Z. physik . Chem. A u. B I5, 79 (I894)].

Die bei der Muskeltg~tigkelt au/tretende Volumver~r~inderung ]getrachten wi t deme-ntspreche4~d als Ausdrucle einer Ionenbildung u~d stellen die Hypothese au], daft au/ den Reiz hin im Muslcel eine Neubitdung vcm~ Ionen 8tatt/indet; w~hreru:~ nach dem Ab- klingen des Beize8 diese neugeb~ldeten Ionen rekombinieren.

N u n e rheb t sich die wei tere F rage : Welche Ionen e n t s t e h e n ? :Es ist eine a l lgemeine Auffassung, dal3 der Si~z der K o n t r a k -

t ion die an i so t ropen F ib r i l l enabschn i t t e sind. Dieselben wet- sen n a c h h i s tochemischen A n g a b e n [Li te ra tur : Pflfigers Arch. 22o, 655 (1928)] e inen besonders re ichl ichen K-Geha l t auf, so dab fas t alles K des l~Iuskels s ich do r t bef indet , u n d zwar in e iner so groBen K o n zen t r a t i o n , welche yon den fibrigen Niuskelbes tandte i len n ich t e inmal ann~he rnd e r re ich t ~drd. Dies und noch viel anderes , was j e t z t n i ch t ausgei f ihr t we rden soll, l enk te unsere A u f m e r k s a m k e i t auf das Muskelkal ium.

z g Muskel (wir betrachten den Froschgastrocnemius, die Angaben k6nnen aber unbedenklich verallgemeinert werden) enth~lt rund 3 mg K, oder ~ anders ausgedrfickt - - der K-Gehatf des lVIuskels betrXgt etwa 800 rag%. In Anbetraeht dieses hohen K-Gehaltes ist es fiberraschend, dab der 1Y!uskel im K6rper n i t dem ]31ut und such der ausgeschnittene 5{uskel n i t der Ringer- 16sung in K-Gleichgewicht steht, obzwar beide Flt~ssigkeiten das K in ether viel niedrigeren Konzentration yon etwa 15 rag% eilt- halten.

W i t sehen also ein K-Gle ichgewich t bet e inem sche inba ren 2o lachen K o n z e n t r a t i o n s u n t e r s c h i e d u n d erkl~ren diese Er - sche inung n i t der Auffassung, dab im Muskel der H a u p t t e i l des K in e inem n ich t ionis ier ten, n ich t d i f fus iblen Zus t and sieh be f inde t und nur ein kleiner Tell, e twa ebenial ls 15 mg %, diffusibel i s t ; nu r dieser Meine Teil s t e h t n i t de r AuBenI6sung im Konzen t ra t ionsg le ichgewich t .

Zur Demonstration der Sachlage eignet sich folgender Versuch yon NETT~R [NETT~R, Pflfigers Arch. 234, 680 (t934)] : Ein Frosch- pr~parat nach LAEWEN-TRIgND]ELENt3URG nimmt aus einer Durch- strSmnngsflfissigkeit, weIche einen K-Gehalt yon 60 rag% besitzt, t( auf, nnd zwar in einem n i t dem Fortschreiten des Ver- suches kontinuierlich abnehmenden ?r So wurde - - wie aus der Tabelle zu ersehen ist - - y o n Muskel in der ersten Periode yon 3 Minuten I mg t~ aufgenommen, dann immer weniger, zuletzt nur 1/4 davon, 0,27 mg. An der Abb. 6 zeigen die mit + ge- zeichneten Punkte die aufgenommenen K-SIengen, welche also entsprechend der Kurve schnei1 abnehmen. Wollte man nun den gesamteu K-Gehult des Ruhemuskels, also atle 30o rag%, als fret diffusibel ansehen, so w~ren diese Versuchsdaten unverst'~tndlich, w~hrend sie auf Grund nnserer Annahme, daI3 n~mtich nut 15 rag% fret sind, geradezu yon vornherein berechnet werden k6nnen. Von diesen aufgenommenen K-Mengen wt~rde ngmlich die hohe Ausgangskonzentration yon 300 rag% relativ nut unbedeutend gesteigert werden, wie diet dutch die nntere Kurve ( . . . . . ) gezeigt wird. Es w~re daher nieht zu verstehen, warum der Muskel bet ether fast unvergnderten Innenkonzentration nut so rapid ab- nehmende Betr~ge aufnehmen kann. VVenn wir demgegentiber annehmen, dab die Ausgangskonzentration des Muskels an freiem K

K = Aufnahmc in mg

I

0,85

0,64

0,44

0,47

0,37

0,34

o,32

0,28

0,27

+ +

7g, W%

- - - - J ' l l , I 1 I J I _ J 0 7 2 3 ~ J 8 7 8 3 7#

Abb. 6.

nur 15 rag% 5etr~gt, so bedingen bet dieter kl~inen Anfangs- konzentration dieselben aufgenommenen K-Mengen eine sehr groBe relative Zunahme der Innenkonzentration, wie dies aus der oberen Kurve (o--o) zu ersehen ist. So ist es selbstverst•ndlieh, dab yore 5inskeI in den nacheinanderfolgenden Perioden so rapid abnehmende Mengen aufgenommen werden, welt ja die Innenkonzentration dutch diese K-Mengen in demselben Verh~ltnis rapid zunahm, und zwar wurde die Innenkonzentration des Muskels yon den gesamten aufgenommenen !K-SIengen um 4 ~ rag% gesteigert, d . h . von 15 auf 55 rag%. Es ist Ilur nati~rlich, dab zaerst bet dem steilen Konzentrationsgef~lle yon 6o/15 eine ausgiebige K-Aufnahme vonstat ten ging, welehe abet sparer sieh bedentend verriilgern mugte, da das Gef~lle sich zu 6o/55 abflachte.

115"

1644 K L I N I S C H E W O C H E N S C t I

Somit unterstt i tzt NZTCERS VersuchsergeblfiS unsere An- nahme, laut welcher der gr6gte Teil des K im ruhenden Muskel in einer indiffusiblen Form ellthalten ist. Dieses indiffusibIe IZ befindet sich aller Wahrscheinlichkeit nach in einer labilen Verbindung, welche anf jeden Reiz zerfillt, gleichgtiltig, ob derselbe in einem elektrischen Schlag oder in einer Schidigung besteht. Wegen dieser Labilit~t mnB der Muskel ohne Reizung aufgearbeitet werden, wenn man die Frage experimenteI1 prfift, ob das K im ruhenden ~{uskel in einer indiffusiblen Verbin-

Abb. y.

dung vorhanden ist oder nicht. Es ist ja bekannt, dab die Bestimmung des Ruhegehaltes auch an Lactat oder an P Q ebenfalls erst dann gelang, als man lernte, wie der Muskel auf- zuarbeiten sei, ohne durch das Verfahrell selbst den Muskel zu reizen und dadurch eine gesteigerte Bildung dieser Sub- stanzen hervorzurufen. VCenn man demgegenfiber - - wie eine Reihe yon Forschern dies getan ha t - - den lebensfrischen

a b Abb. 8.

Muskel bei Zimmertemperatur mit der Schere zerMeinert, was nattirlich einen exzessiven l~eiz bedeutet, dieses Haschee weiterhin ebenfalis bei Zimmertemperatur f~r I - - 2 Tage in Wasser stehenl~gt, so zerfMlen natfirlich durch diese Behand- lung die IabiIen Verbindung~n des Muskels. Es ist also prinzi- piell fehlerhaft, aus dem Verhalten des K in einem derartig behandelten N[uskelhaschee entseheiden zu wollen, ob das t42

a b

Abb. 9.

ira lebensfrischen Muskel gebunden war. Genau so gut k6nnte man aus den einzelnen Ziegelsteinen eines zertrfimmerten Hauses den SchluB ziehen, dab diese Ziegelsteine auch in dem noeh stehellden Geb~ude Irei beweglich waren.

Bei Berficksichtigung dieser Umst~nde konnten wir nun tats~tchlich die Indiffusibil i t i t des 5Iuskelkaliums zeigen. Der Musket wurde in nnseren Versuchen bei m6glichster Ver- meidung jeder Reizung aufgearbeitet, und zwar gefroren, pulverisiert, ausgef~llt und dann filtriert. Befand sich nnn

R I F T . 15 . J A H R G A N G . Mr. 45 7. NOVEMBER I936

das K in dem intakten Muskel zu einem Muskelbestand- teil indiffusibel gebunden, welcher bei dieser Behandlung ausgef~llt wurde, so muB es sich nach dieser Behandlung in der F~itlung befillden; war es hingegen ira Muskel frei diffusfbel, in dem Muskelwasser gel6st vorhanden, so wird es sich nach der Aufarbeitung im Fi l t ra t nachweisen lassen. Der Versuch [ERlqST u. FRICI~ER, Pfltigers Arch. 234, 36o (1934)] lieferte folgende Ergebnisse:

Tabe l l e I.

Muskel- Kalium ia mg MuskeI- Ii Kalium in mg gewicht in gewicht in

g Filtrat F~llung I Gesamt g Filtrat F~llung I Gesamt

1,45 1,I4 2 , 4 3 3,57 1,53 2,45 1,19 3,64 1,o5 0,96 1 , 6 9 2,65 1,12 2,1o o,76 2,86 0'92 I 0,69 1,67 2,36 0,93 1,94 ~ -- -- 0,95 0,60 2,05 2,65 o,91 1,99 o,71 2,70 1,15 1,29 1,5 ~ 2,79 I,IO 2,31 o,53 2,84 1,15 1,o5 1 , 5 7 2,62 1,13 2,II . 0,68 2,79

Im Filtrat des lebensfrischen Muskels konnte nut em Teil, 6fters nur ein Meiner Bruehteil des K-Gehaltes gefunden werden ; der gr6Bere, ja der gr6Bte Teil des 2r wurde mit dell gefMlten Substanzen mitgef~tllt, es war also vor der Aufarbeitung an diese gebun4en. Der Kontrollversuch zeigte hingegen, dal3. bei starren Muskeln umgekehrt der gr6Bere Teil des K im Filtrat gefunden wird. Die \rersuetle mit elekt~iseher Reiztmg ffihrten zu ~hnlicllen Ergebnissen, wie aus der Tabelle 2 zu ersehen ist.

Tabe l l e 2.

Muskelgewicht Kalium in mg in g Filtrat FStlung Gesamt

ruhend gereizt ruhend gereizt ruhend ! gereizt ruhend gereizt

1,30 1,31 1,58 2,60 2 ,04 1,O8 3,62 3,68 1,3 ~ 1,28 1,26 1,93 2 ,24 1,48 3,5 o 3,41 1,27 1,3o 1,3 ~ 2,IO 2,42 1,38 3,72 3,48 1,25 1,3 ~ 1,38 1,88 1,94 ~ 1,6o 3,32 3,48

Im Filtrat des ruhenden Gastrocnemius fanden wir 1, 3 nag t,2, hingegen im Filtrat des gereizten Muskels desselben Frosches. viel mehr.

Nun land man bekanntlich im Filtrat des Ruhemuskels, weniger Lactat und PO 4 als in dem des starren oder gereizten Muskels, und daraus wurde allgemein gefolgert, dab dutch Reizung oder Starre diese Substanzen gebildet bzw. frei- gemacht werden. Durch die obigen Versuche wird also genau so demonstriert, dab im Muskel dutch W~rmestarre bzw. Rei- zung iK freigemacht wird. Und dies mul3 mit derselben Wahr- scheinlichkeit gelten, wie die Bildung yon PO~ oder Lac ta t ; der chemische Nachweis geschieht ja fiir alle drei auf einem prinzipM1 gleichen ~Vege, welcher darin besteht, dab diese Substanzen im Salt des gereizten Muskels in einer viel gr6Beren Menge zu finden sind als im Saft des frischen Muskets. Auf Grund dieser und zahlreicher anderer Versuchsreihen kamen wir also zu der l)berzeugung, dab im ruhenden Muskel nieht- ionisiertes, indiJJusibles K sieh befindet welches auf den Beiz hi~ in ]onen]orm iibergeht. Die Volumvevminderung wird minde- stens teilwe@e a~s ein Ausdruelc dieses Ionenprozesses anffesehen. Diese unsere Annahme erkl~rt gleichzeitig den schnellen Ver- lauf und die momentane hochgradige IZeversibilitit der Volum- vernlinderung.

Es ist nun bekannt, dab ~/[EYERHOF seit I932 in einer ]Reihe yon Mittei~ungen meine Angaben und Folgerungen be- k impf t e ; so schien es mir angebracht zu sein, nach den experi- mentellen Ursachen der Abweiehungen zwischen Ni~YERHOFS und meinen Ergebnissen zu suchen. Das erste Ergebnis meiner diesbeztiglichen Bestrebungen war es, dab MEu seinen frfiheren Standpunkt bezfiglich der Zeitvefnil tnisse der Vo- lumverminderung aufgab, da er selbst nach Verbesserung seiner Methodik kurze Zeitwerte land, die den meinigen schon genfigend llahestanden. Demgegentiber h~lf er scheinbar an einem anderen sehr wichtigen Einwand lest, daft n~mlieh die Volumverminderung prinzipieI1 nicht reversibel verl iuf t , son- dern bei Einzelzuckung bis zu 1/6, bei Tetanus bis zu ~/i0 ihrer

7, NOVEMBER x936 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 15 . J A H R G A N G . N r . 45 1645 t o t a l en GrSI3e auch nach der K o n t r a k t i o n zurfickbleibt . Die pr inzipiel le Er led igung dieser ganzen F rage wird ers t in e inem sp~teren Z u s a m m e n h a n g erfolgen k6nnen ; zun/~chst wollen wi t die Meyerhofsche Angabe beztiglich der I r revers ibi l i t / i t der E inze lvo lumverminde r ung prfifen.

Zuerst zeige ich drei nacheinanderlolgende Volumverminde- rungen aus einer Reizserie. Abb. 7 zeigt, dab die Volumverminde- rung nach dem Reiz glat t verschwindet, also entgegen xN[EYERI-IOFS Einwand reversibel ist. Nach MEYERItOF sollte weiterhin der absteigende Ast der Volumverminderung um x/6 kfirzer sein als der aufsteigende, wie es dutch diese schematische Zeichnung angedeutet wird (Abb. 8, a). InIolgedessen mfigte bei frequenter Reizung die Volumverminderung eine Treppenform zeigen (b), und zwar, da 1/s jeder einzelnen Volumverminderung zurt~ck- bleiben sollte, maBte die Summe dieser RfickstAnde nach 6 Reizun- hen schon die voile H6he einer ganzen Volumverminderung aus- machen; es mflBte also nach ~V]~EYERHOF die 7. Votumverminderung um ihre volle L/~nge h6her liegen Ms die t3asisiinie (b). Davon kann jedoch keine Rede sein, wie dies aus folgender Abb. 9 erhellt. Man sieht 9 getrennte Volumverminderungen nebeneinander in einem zeitlichen Abstand yon je 1[~ 0 Sek. (9- Abb., a). Die Einzel- volumverminderungen kehren zu ihrer queren ]3asislinie zuriick. MEYEI~HOFS Auffassung dfir/te daraus stammen, dab er bei seiner nnempfindlichen Registrierung schon bei 12 Reizen pro Sekunde ein derartiges (b) Zusammenfliegen der Einzelvolumverminderungen erhielt, hingegen sollte eine richtige Aufnahme etwa so ausschauen wie in a, aber noch besser, da die Methode noch verbessert werden kann, und auch wird]

Wit k6nnen also rukig als festgestellt ansehen, daft eine Einzelvolumverminderung prinzipiell momentan reversibel ver- ldiuJt. Diese Reversibilitdit and die kurze Zeitdauer von einigen a sind die tatsgchlivken Eigenscka]ten der Votumve~'minclerung; derartige :Eigenscha]ten besitzen nun unter allen bekannten Pro- zessen in h6ch~tem Grade die Ionenreaktionen.

W e n n nun aus dieseln Grunde die s te t igen Stoffwechsel- prozesse ffir die Er ld / t rung der Vo lumve rminde rung verst/~nd- l icherweise n icht herangezogen warden, so k6nnte t r o t zdem die F rage gestelI t werden, w a r u m wir es vorzogen, die Volum- ve rminde rung durch die K- Ion i sa t ion zu erkl/~ren, ans t a t t du tch die Ionisa t ion der gebi ldeten Milchs~nre. Ers tens aus q u a n t i t a t i v e n Grf inden; es ist n~mlich die Ionisa t ion jener Menge yon Milchs/~ure, wetche bekann te rmaBen bei einer Kon- t r ak t i on gebi ldet wird, bei we i t em nicht genfigend, u m die GrSBe der V o l u m v e r m i n d e r u n g zu erkI~ren. Vor al lem ge- schah es aber aus prinzipiel len Grfinden, weshalb ich niemals geneigt war, die enzymat i sche Milchs~urebi ldung f iberhaupt als e inen spezifisehen Kon t r ak t i onsvo rgang anzusehen. Es kann n/~mlich Ms eine gu t Iundier te Auffassung gelten, daB, w/~hrend die Kon t r ak t i ons funk t ion den Fibr i l len zukommt , das Sa rkop lasma - - wie f iberhaupt das P ro top l a sma jeder Zelte - - den Stoffwechsel besorgt. Das Glykogen bef indet sich nun im Sarkoplasma [Li te ra tur : Pfltigers Arch. 228, 697 (i931)], and seine Spa l tung in Mitchs~ure soll te daher ffir den Muskel genau so aN ein unspezif ischer Stoffwechselvor- gang gelten, wie fiir zahlreiche andere Gewebe, in welchen derselbe enzymat i sche ProzeB im Diens te des Stoffwechsels s teht . Die spezifische Kon t r ak t ions funk t ion der hochdifferen- z ier ten Fibr i l len a n d der unspezif ische Stoffwechselvorgang des undif ferenzier ten Sarkoplasmas dtirfen also a priori keines- falls ident i f iz ier t werden.

Wie berecht ig t die T rennung dieser beiden Vorg/~nge ist, 1ABt sich folgenderweise zeigen.

Es wird ein Laewen-Trendelenburgsches Froschpr/iparat mit Ringerl6sung durchstr6mt, dana die eine Seite abgebunden and beiderseits der Plexus ischiadicus gereizt. Die Tabelle 3 zeigt,

T a b e l l e 3.

Gewicht des Muskels in g

a d

1 ,18 1 ,52 1,33 1,72 1,42 1,82 1,24 1,63

Gehalt an (in mg)

Milchsfiu~e I Kalium

a d t a d

I , I 7 1,64 2,46 1,46

0,90 [ 3,43 0,90 1 3'50 o,67 4,13 0,73 ] 3,5 ~

3 , 2 2 3,61 3,85 3,36

dab w~hrend in dem Gastrocnemius der abgebundenen Seite dutch die Reizung 2 mg Milchs~ure sich anhgufte, in dem durchstr6mteu anderen Gastrocnemius desselben Frosches nut 0,9 mg gefunden werden konnten. Somit verlieB 1/~ bis ~]a der gebildeten Milchs~ure den Muskel mit der Durchstr6mungsilfissigkeit. Betrachtet man demgegenfiber den K-Gehalt, so finden wit keinen nennenswerten Unterschied in denselben beiden Gastrocnemien.

Daraus folgt, dab der ind i rek t gereizte, du rchs t r6mte Muskel seinen K-Geha t t fas t u n v e r m i n d e r t beibeh~lt , w~hrend die Milchs~ure sich en t fe rnen l~Bt. Ganz dasselbe Verha l ten f indet m a n auch bei Hunger , bei Fieber, nach Zuckerst ich, bei Pankreas- , Adrenalin- , PhIorrhizindiabetes , bei v ie len Ver- g i f tungen usw. : Glykogen verschwinde t aus dem Muskel, der K-Geha l t bleibt . Es ist also auch experimentetl begri~ndet, wenn man die Glykolyse im Sarkoplasma und die K-Mobilisation in der Fibrills unterscheideL

Da aber der Muskel aus Sarkoplasma und Fibri l le un t renn- ba r au fgebau t ist, so konn l en diese verschiedenen Lebens- erscheinungen der be iden Antei le der Muskelfaser verst/~nd- licherweise n u t schwer ause inandergehal ten werden. Es wurde ja schon yon R o u x [Pftfigers Arch. 2s8, 202 (193I)]. der SachverhaI t in der ~r formulier t , dab yon dem Reiz die spezifische F u n k t i o n und der Stoffwechsel des MuskeIs gteich- zei t ig getroffen werden. Daraus ist es zu ve r s t ehen dab der Stoffwechsetvorgang der Milchs~urebi ldung yon den Forschern so lange Zeit m i t der K o n t r a k t i o n in einen nrs~chlichen Zu- s a m m e n h a n g gebrach t wurde, welcher sogar eine q u a n t i t a t i v e Formul ie rung und den N a m e n Milchs~urekoeffizient erhiel t . DaB abe t derar t ige quan t i t a t i ve Verknf ipfungen prinzipieI1 uns t a t t ha f t sind ergibt sich aus folgendem Versuch [ERNST U. FRICK~R, Pflfigers Arch. 2so, 702 (1931)]:

Die beiden Gastroenemien eines Froschunterleibpr~parates wer- den miteinander vermittelst einer Rolle mit einem Faden verbunden (s. Abb. IO). Wird nun der eine Gastrocnemius indirekt gereizt, so verkilrzt er sich und debut infotgedessen den anderen Gastrocne- talus. Auf diese Weise wird eine gauze Ermfidungsreihe in der N-Kammer ausgef~hrt, indem der eine Muskel sich aktiv bet/~tigt, wahrend der andere nur passiv mitbewegt wird, und am Ende wird der Milchs~uregehatt beider Muskeln bestimmL Es ergab sich, dab ein Drittel der Milchs~urebildung des ermtideten Muskels in dem nur pass;~v bewegten anderen Muskel aufztffinden war.

Milclas~uregehalt in mg

Kontrolle passiv ge- ruhend dehnt gereizt

o,8 4

1,4o

0,56

0,35

o,14

1 ,5o

2 , 1 o

1 ,4o

1,4o

0,84

o,39

o,77

o,98

0 , 9 Abb. io.

3,89

3,75

3,5 ~

3,36

3,o8

3,29

2,63

2,96

2,5

Indem also dieser 2vluslcel nut passiv mechaniseh in Anspruch genommen vmvde, entwickelte sick eine bedeutende Menge Milch- s4ure ohne ]ede a~tive Tdtigkeit.

U n d das ist e igentl ich se lbs tvers t~ndl ich: das Baumate r i a l der Muskelmaschine ist ein lebendes Gewebe, welches auch otme jede Arbe i t s funkf ion eillen gewissen Selbs terhat tungs- stoffwechsel besi tzen muB. Aus den, Um]ange des gesamten Sto]]wechsels t5flt sick also die eigenttiehe Arbeits]unlction en- ergetlsch nieht beurteilen, well ]a mindestens ein Teil desselben nicht mit der eigentlichen Arbeit zusammenhgngt. D a t u m mfissen also Kon t r ak t i on a n d Stoffwechsel so lange auseinander- gehal ten werden, his w i t diejenige Reak t ion kennenlernen, die der K o n t r a k t i o n ta ts~chl ich zugrunde liegt. U n d eben das gtauben wir gefunden zu haben, als wir zeigten, dab ein Vorgang im t~t igen Muskel s ta t t f inde t , welcher m i t einer ~uBerst schnell und reversibel ver laufenden Vo lumverminde -

i 6 4 6 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

rung einhergeht und daher h6chstwahrscheinlich in einer Ionenreaktion besteht.

Das war der Grund, weshalb ich die Methode der Volum- messnng angewandt habe; es war n~imlich eben ant diesem \u am ehesten zu hoffen, aus dem verwieketten Er- scheinungskomplex des ~iuskelchemismus denjenigen Vor- gang herauszufinden, wetcher gentigend schnell nnd rever- sibel verl~uft, um als Grundprozeg der ebenfalls schnell und reversibel verlaufenden Kontrakt ion dienen zu k6nnen. Dieser Forderung entspricht eine Ionenreaktion, nicht aber ein StoffwechselprozeB, wie es die l\![ilchs~iurebildung ist, welehe stetig und irreversibeI verlguft.

Und gerade diesen Punkt meiner Angaben negiert 1KEYzI~- ~IOF am entschiedensten. Nach MEu und lVfitarbeitern ist n~imlich die Volumverminderung eben durch die enzy- mafischen Prozesse bedingt, diese gehen ja ebenfalls mit einer Volumeninderung einher. Ja, 1VI~EYI~RHOF nnd Mitarbeiter geben an, und zwar als einen endgiiltigen Beweis fiir die Richtigkeit ihres Standpunktes, dal3 die gemessene Volum- verminderung mit der aus den Spaltungen berechneten quanti- ta t iv fibereinstimmt.

Ich will jetzt die Zeit nicht damit zubringen zu zeigen, wie diese quant i ta t ive fJbereinstimmung sich aus Irrtf imern und Rechenfehlern ergab, um so weniger, da die Entscheidung zwischen den beiden Anffassungen tiber den Ursprung der Volumverminderung sich experimentell erbringen l~Bt.

Nach I~[EYERHOF und 1V!itarbeitern ruft nimlich die PO~-Bildung pro Mol eine Volumenabnahme yon --14 ccm, diejenige der iViilch- s~urebildung eine u yon +24 ccm hervor [JYIAIRT- mA~, Biochem. Z. 270, t64 (~934)]. Es mfiBte also bet der 5iuskel- t~tigkeit entweder eine Votumverminderung oder eine Volum- vermehrung anftreten, je nachdem, in welchem MengenverhMtnis die PO~-Bildung zur Milchsiurebildung steht. I~OGI..gTON [J. of Physiol. 63, I55 (1927) ] und sparer N A c H ~ s o I ~ [bei NEYERIIOF, Biochem. Z. I96, 73 (I9z8)] fanden nun, dab in ether Ermi~dungs- reihe zuerst die PO~-Bildung flberwiegt, sprier wird sie hingegen yon der IVIilehsgurebildung in steigendem lVial3e iiberholt. Es inflate also in einer Reizserie zuerst eine Volumverminderung auftreten, spiter abet eine Volumvergr613erung, wenn 5I~vzR~Iops Behauptung richtig w~re. Demgegenflber finder man hie etwas Derartiges! Sondern es erscheinen auf den Reiz bin Volumvermin- derungen, die in der Ermfidungsreihe koutinuierlich abnehmen, um endlich au fo abzusinken. Aber eine auf den Reiz bin auf- tretende VolumvergrOfierung des Muskels findet man nie in vielen Tausenden yon Versuchen. Dasselbe kann auch bezi~glieh der Volumverminderung bet ether tetanisehen Ermfidungsreihe gesag~ werden.

Wir kommen also znm SchluB, dab die Volumverminde- rung nicht ein Ausdruck der bekannten enzymatischen Pro- zesse sein kann. So kehren wir zu unserem ursprtinglichen Standpunkt zurfick nnd/asse~z die Votumverminderung in der Wei~e au[. dab sie aus einer 7onenrealction stammt, weIche in]otge der Reizung stattJindet.

Zum Schlug dtirfte die Frage zu er6rtern sein, wie die Bildung und Rekombination der Iionen eigentlich zustande kommt. Von WIE~ und SCHII;LE [Physik. Z. 32, 545 (1931)] wurde un l ings t mitgeteitt, dab bei groBen Spannungen die Dissoziation der get6sten Motekfile bedeutend zunimmt. \ u wir voraussetzen, dab die ionisierenden Verbindungen des Niuskels sehr labil stud, so wfirde eine l~otentialdifferenz yon der Gr6Be des Aktionsstromes bet den Mikrodimensionen des Muskels bereits genfigen, um eine Erldirungsm6glichkeit ffir die Ionenbildnng zu liefern. Wit k6nnen uns also die Ionisation im gereizten iKuskel in AnMogie zu dem jetzt erw~hnten Dissoziationsspannungseffekt yon ~VIzN und SCHIELg vor- stellen. Aueh tier schnelie Rfickgang der Volumvernfinderung, also die Reversibilit~t der Ionenbildung, lieBe sieh auf Grund derselben Analogie gut erkliren, da ja WI~N ebenfMls eine sehr schnelle IRekombination der auf solche Weise entstande- hen Ionen annimmt.

Das sind jedoeh vorlgufig nur Analogieschlfisse, die erst in der Znkunft experimentell gepriift werden sollen und bet welchen wir bier nieht t~nger verweilen wolten, lVfeine Ab- sicht war vielmehr, meine Auffassung darzulegen, nach welcher die L6sung des Kontraktionsproblems nieht mit der Unter-

R I F T . I5. J A H R G A N G . Mr. 45 % NOVEMBER x93&

suchung des Stoffwechsels zu erzielen ist, sondern in erster Linie yon der Erforschung jener speziellen I~eaktion zu er- warten ist, welche der Kontrakt ion tatsgehlich zugrunde liegt. Ich glaube sagen zn dtirfen, dab diese 1Reaktion durch eine Neubildnng yon Ionen dargesteltt wird. Erst durch die ge- naue Kenntnis dieser Ionenreaktion sowie der maschinellen Struktur dfirfen ~dr hoffen, der Frage fiber den Mechanismus der Kontrakt ion n iher t re ten zu k6nnen. Der Mechanismus. der Kontraktion, oder allgemeiner der Mechanismus der Funkt ionen ist nun eben diejenige Frage, durch deren Er- forschung wir einen riehtigen Einblick in das Lebensproblem erwarten konnen.

NUCLEALSTUDIEN AM NORMOBLASTISCHEN BLUTBILD,

Yon

K. VOIT und K . W . DAISER, Atis der L lVfedizflfischen Klilfik Miinchen (Direktor: Prof. STEPP) und der Medizini- schen Abteilung der Stadt. Krankenanstalten Sotingen (Leit. Arzt: ProL K. VOLT).

Durch die yon trEULG~N und tROSSE~BECK angegebene Nuclealfirbung sind wir in der Lage, Kernsubstanzen, die Nucleinsiuren yore Typus der Thymonucteins~inre enthalten, mikrochemisch nachzuweisen. Der Nuctealf~rbung liegt die Nuclealreaktion zugrnnde. Sie beruht ant der F~higkeit der Thymonucleins~ture, nach milder partielIer Hydrolyse unter AbapMtung der beiden Purinderivate Guanin und Adenin reduzierende Gruppen freizumachen, die sichwie echte Aldehyd- gruppen verhalten nnd mit fuehsinschwefliger Saute unter Bildung eines blanvioletten Farbstoffs reagieren. Diese Eigen- schaft wird dazu benfitzt, eine , ,Fgrbung" anzustellen, die nichts anderes darstellt als die Anwendnng ether chemischen Reaktion, die auch jederzeit im Reagensglas ausfiihrbar ist, auf mikroskopische Pr&parate zum Nachweis der Thymo- nucleins5ure. Wir haben hierbei keine pr/~formiert vorhande- hen trarbstoffe, sondern erst bet der Reakfion entsteht auf ehemischem VVege ein Farbstoff, der dann die F i r b u n g liefert. Fehlt im Pr~parat die chemisch nachzuweisende Substanz, so kann es such nicht zur Reaktion und damit anch nicht zur Anf i rbung kommen. Hydrolysiert man also z. B. einen Aus- strich yon Frosch- oder Vogelblut in n-Salzsaure bet 6o ~ nnd 4 Minuten Dauer nnd l~Bt dann etwa I Stunde fuchsin- schwefiige Siure einwirken, so t r i t t iiberall da, wo Thymo- nucleins~ure vorhanden ist, d . h . wo Kernmaterial vor- liegt, eine starke Violettfarbung auf. Ant den genaueren chemischen Mechanismus der Reaktion sowie auf die ausftihr- liehe Technik kann bier nicht eingegangen werdel~. Wir ver- weisen auI die einschlXgigen Arbeiten yon FE~TLa~N nnd ROSSENBtECI~ und Y o n K. VOLT.

~Vir hubert mit dieser Methode also einen exakten mikro- chemischen Nachweis der Nucleins~nren vom Typns der Thymonucleins~nre, gleichzeitig aber auch eine ~iul3erst elek- tive ,,Kernf~rbung", da die Thymonucleins~ure einen typi- schen Kernbestandteil darstellt und bet tierischen Geweben bisher noch keine Kerne gefunden wurden, die die NucleM- reaktion nieht gaben. Im Protoplasma f~llt dagegen die Re- aktion immer negativ aus. Ein Zellbestandteil, bet dem die Nucleatf~rbung posi t iv is t , steht demnach mit dem Zellkern. in genetischem Zusammenhang. Die Nuclealfgrbung ist also, da sie eine mikrochemische Reaktion darstellt, allen Fgrbe- methoden mit prXformierten Farbstoffen iiberlegen. Die oft recht weitgehenden Schlfisse, die yon manchen Autoren aus dem rein tinktoriellen Verhalten einzelner Zellbestandteile bezfiglich ihrer chemischen Beschaffenheit oder Genese ge- zogen werden, sind nur sehr bedingt zu verwerten.

Es ist klar, dab man die Methode tiberall da mit Erfolg heranziehen wird, woes sieh durum handelt, festzustellen, ob irgendwelche Zeltbestandteile oder Zelleinsehtiisse genetisch mit dem Kern zusammenhgngen. Besonders in der H~mato- logie sind derartige Untersuchungen yon 13edeutung, und K.VOlT konnte mit der 1Kethode nachweisen, dab die Thrombo- cyten echtes Kernmaterial enthalten. In friiheren Unter- suchungen wurde ferner gezeigt, dab die Kerne sgmtlicher