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Der lange Weg zu RFID Handel profitiert durch bessere Warenpräsenz Vorteile von RFID lassen sich konkret benennen Auch den Kunden gefällt die Vorstel- lung, meint Gill Mander, Analystin bei Gart- ner: «Nachdem wir die möglichen Aus- wirkungen auf Fehlbestände erläutert hatten, zeigten unsere Verbraucherziel- gruppen eine sehr positive Haltung ge- genüber RFID.» Ohne diesen Vorteil äus- serten sie sich eher ablehnend und drück- ten vorrangig Bedenken bezüglich des Da- tenschutzes aus. Die Vorteile von RFID lassen sich konkret benennen. Der deut- sche Handelskonzern METRO Group, der RFID in seinem Future Store in Rheinberg bei Duisburg erprobt, konnte die Waren- präsenz im Regal nach eigenen Berechnun- gen um 9 bis 14 Prozent steigern, indem er bestimmte Artikelgruppen einzeln mit RFID kennzeichnete. Vorteile vorhanden – wo bleibt der Durchbruch? Warum setzt sich RFID angesichts die- ses grossen Potenzials für Kunden und Händler nicht schneller durch? Die Kosten sind ein Faktor. «Das Problem ist, dass zur Kennzeichnung der einzelnen Waren eine riesige Investition in Konzepte wie das in- telligente Regal erforderlich wäre, die man sich heute einfach nicht leisten kann», re- sümiert Dr. Gerd Wolfram, Projektleiter bei METRO. Dagegen bringt die Kennzeich- nung von Kartons oder Paletten nach Auf- fassung der METRO nur etwa ein Drittel der Vorteile. Die britische Einzelhandelskette Marks & Spencer, die probeweise in sechs Ge- schäften einen Teil ihres Herrensortiments D er grösste Verbesserungswunsch der Verbraucher ist, die Ware vorrätig und leicht zu finden. Dies hat das Marktforschungsinstitut Gartner herausgefunden. Dagegen notieren Einzel- händler die rechtzeitige Regalbefüllung ganz oben auf ihrer Wunschliste. Durch- schnittlich sind etwa 10 Prozent des Wa- rensortiments eines Einzelhändlers ausver- kauft. Laut John Davison, Vice President und Forschungsleiter für den Einzelhandel bei Gartner UK, ist der Anteil der präsen- ten Ware eher bei 70 Prozent anzusiedeln. Ursache dieses Mankos ist häufig nicht etwa eine unzureichende Bevorratung, son- dern die Tatsache, dass es unmöglich ist, die Ware zu finden. Daher ist es keine Über- raschung, dass Einzelhändler sich viel von der RFID-Technik versprechen, die eine komplett transparente Supply Chain in Aus- sicht stellt. Die RFID-Technik sorgt für Schlagzeilen. Doch die Realität hat wenig mit dem Medienrummel ge- mein. Pilotprojekte wurden beispielsweise trotz erfolgreichen Verlaufs nicht verlängert. Die Gründe dafür: Bedenken hinsichtlich der Standards und der technischen Robustheit. Erste Erfahrungen von Handelsunternehmen zeigen dagegen die Potenziale der neuen Technik auf. OPAL Associates AG Motorenstrasse 116, 8620 Wetzikon Tel. 044 931 12 22 www.intermec.ch, www.opal-holding.com Der Handel verspricht sich viel von der RFID-Technik, die eine komplett transparente Supply Chain in Aussicht stellt Das Staplerterminal Intermec CV 60 wurde speziell für die Montage auf Staplern und Fahr- zeugen entwickelt polyscope 10/06 39 automation

Der lange Weg zu RFID Handel profitiert durch … · Der lange Weg zu RFID Handel profitiert durch bessere Warenpräsenz Vorteile von RFID lassen sich konkret benennen Auch den

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Der lange Weg zu RFID Handel profitiertdurch bessere Warenpräsenz

Vorteile von RFID lassen sich konkretbenennen

Auch den Kunden gefällt die Vorstel-lung, meint Gill Mander, Analystin bei Gart-ner: «Nachdem wir die möglichen Aus-wirkungen auf Fehlbestände erläuterthatten, zeigten unsere Verbraucherziel-gruppen eine sehr positive Haltung ge-

genüber RFID.» Ohne diesen Vorteil äus-serten sie sich eher ablehnend und drück-ten vorrangig Bedenken bezüglich des Da-tenschutzes aus. Die Vorteile von RFIDlassen sich konkret benennen. Der deut-sche Handelskonzern METRO Group, derRFID in seinem Future Store in Rheinbergbei Duisburg erprobt, konnte die Waren-präsenz im Regal nach eigenen Berechnun-gen um 9 bis 14 Prozent steigern, indemer bestimmte Artikelgruppen einzeln mitRFID kennzeichnete.

Vorteile vorhanden – wo bleibt der Durchbruch?

Warum setzt sich RFID angesichts die-ses grossen Potenzials für Kunden undHändler nicht schneller durch? Die Kostensind ein Faktor. «Das Problem ist, dass zurKennzeichnung der einzelnen Waren eineriesige Investition in Konzepte wie das in-telligente Regal erforderlich wäre, die mansich heute einfach nicht leisten kann», re-sümiert Dr. Gerd Wolfram, Projektleiter beiMETRO. Dagegen bringt die Kennzeich-nung von Kartons oder Paletten nach Auf-fassung der METRO nur etwa ein Drittelder Vorteile.

Die britische Einzelhandelskette Marks& Spencer, die probeweise in sechs Ge-schäften einen Teil ihres Herrensortiments

Der grösste Verbesserungswunschder Verbraucher ist, die Warevorrätig und leicht zu finden. Dies

hat das Marktforschungsinstitut Gartnerherausgefunden. Dagegen notieren Einzel-händler die rechtzeitige Regalbefüllungganz oben auf ihrer Wunschliste. Durch-schnittlich sind etwa 10 Prozent des Wa-rensortiments eines Einzelhändlers ausver-kauft. Laut John Davison, Vice Presidentund Forschungsleiter für den Einzelhandelbei Gartner UK, ist der Anteil der präsen-ten Ware eher bei 70 Prozent anzusiedeln.Ursache dieses Mankos ist häufig nichtetwa eine unzureichende Bevorratung, son-dern die Tatsache, dass es unmöglich ist,die Ware zu finden. Daher ist es keine Über-raschung, dass Einzelhändler sich viel vonder RFID-Technik versprechen, die einekomplett transparente Supply Chain in Aus-sicht stellt.

Die RFID-Technik sorgt für Schlagzeilen. Doch die Realität hat wenig mit dem Medienrummel ge-

mein. Pilotprojekte wurden beispielsweise trotz erfolgreichen Verlaufs nicht verlängert. Die Gründe

dafür: Bedenken hinsichtlich der Standards und der technischen Robustheit. Erste Erfahrungen von

Handelsunternehmen zeigen dagegen die Potenziale der neuen Technik auf.

OPAL Associates AGMotorenstrasse 116, 8620 WetzikonTel. 044 931 12 22www.intermec.ch, www.opal-holding.com

Der Handel verspricht sich viel von der RFID-Technik, die eine komplett transparenteSupply Chain in Aussicht stellt

Das StaplerterminalIntermec CV 60wurde speziell fürdie Montage aufStaplern und Fahr-zeugen entwickelt

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auf Einzelartikelebene kennzeichnete, hatähnliche Erfahrungen gemacht. Angesichtsder Kosten für die Ware ist die Kennzeich-nung nur im oberen Preissegment akzep-tabel: «Die Präsenz der Ware hat sich deut-lich verbessert», so James Stafford, Leiterfür RFID-Entwicklungen bei M&S, «und wirwissen jetzt auch, dass wir die Technik zurealistischen Kosten einsetzen können.»

Einstige Wegbereiter sind vorsichtigergeworden

Für M&S liegt das Problem weniger beiden Kosten als bei der Systemintegrationund dem Risiko, eine noch neue Technikin unternehmenskritische IT-Applikationenzu integrieren. Weitere Einzelhandelsun-ternehmen, die einst als Wegbereiter vonRFID galten, sind vorsichtiger geworden:Benetton stellte sein Projekt zurück, nach-dem es kritische Kommentare über den Da-tenschutz gegeben hatte. Wal-Mart wur-de attackiert, weil es auf etwas ungeschickteWeise seine Zulieferer verpflichten wollte,die Kartons zu kennzeichnen. Auch Gillet-te hält sich neuerdings zurück.

Doch in der Planung der IT-Abteilun-gen spielt RFID nach wie vor eine wichti-ge Rolle. Fast 25 Prozent der 600 SupplyChain Manager im Einzelhandel, die In-termec im Juni 2004 in einer europawei-ten Erhebung befragte, gaben an, dieTechnologie bereits erprobt zu haben oderes zu planen. Ein Drittel von ihnen bezeich-neten ihren Kenntnisstand über die tech-nischen Details von RFID als ausreichend.Weiterhin äusserten sich die Manager op-timistisch über das Potenzial von RFID.Mehr als 20 Prozent zeigten sich be-geistert. Sie versprechen sich geringere

Kosten, mehr Produktivität und einelückenlose Rückverfolgung in der SupplyChain.

Einige Firmen arbeiteten mit nichtstandardisierter Technik

Trotz allem Enthusiasmus sind noch tech-nische Probleme zu lösen: uneinheitlicheErgebnisse beim Einlesen der Daten und derMangel an globalen Standards. Einige Ein-zelhandelsunternehmen, die weit reichen-de RFID-Projekte implementiert haben, ar-beiteten mit nicht standardisierter Technik,darunter:

u Marks & Spencer mit einem Kennzeich-nungsprogramm für Lebensmittelbehäl-ter, das die Lieferzeiten für gekühlte Fer-tignahrungsmittel verbesserte

u Woolworth mit einem Projekt, das durcheine Kombination aus Barcodes undRFID den Bestandsschwund in der Sup-ply Chain deutlich reduzierte

u Figleaves mit seinem RFID-aktiviertenEntnahmesystem, das Entnahmefehlerauf 0,1 Prozent senkteAuch METRO bleibt aktiv – diesmal mit

standardisierter Technik. Bereits seit No-vember 2004 liefern rund 25 seiner Zulie-ferer RFID-gekennzeichnete Paletten an eines der Distributionszentren. Seit Jah-reswechsel 2005/06 erhöhten sich dieseZahlen auf 100 Zulieferer und 8 Distribu-tionszentren, die 269 Geschäfte versorgen.Ab Mitte des Jahres 2005 wurden auch ein-zelne Kartons gekennzeichnet.

In Zusammenarbeit mit Kurt Salmon As-sociates hat METRO als eines von weni-gen Handelsunternehmen schlüssige undüberzeugende betriebswirtschaftliche Ar-gumente für RFID. METRO-Manager Dr.Wolfram betont, dass auch Zulieferer vonRFID profitieren. Die Lieferanten äussertenbereits starkes Interesse an einer Teilnah-me. Darin unterscheidet sich METRO vonWal-Mart, dessen Handelspartner die et-was ungeschickte Verpflichtung zur Ein-führung abzulehnen scheinen. Wenn sichdie Lage bei den Standards geklärt hat unddie von Metro prognostizierten quantifi-zierbaren Vorteile in greifbare Nähe rücken,ist mit weiteren schnellen Implementierun-gen von RFID zu rechnen.

Ein typischer RFID-Reader in einem Verteilzentrum

Die Kennzeichnung der einzelnen Waren bedingt eine riesige Investition in Konzepte wiedas intelligente Regal

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