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276 Seit meinem Betreten der Kalkhtigelflora der Polauer and Nikolsburger Berge fiel mir eine Achillea auf. R o h r e r u n d M a y e r geben bier eine A. lanata L a m., S Chl o s s e r eine A. la~tata Spreng. an. Die yon mir gefundene Pflanze ist A. setacea W. et K., womit ich jedoch keineswegs die Angaben der genannten Floristen liiugnen will und kann, dean jeder Botaniker wird wohl wissen, wie schwer es ist ein solches Urthei! abet eine Pflanze mit Sicher- heit abzugeben. In Nikolksburg blieb ich aber Nacht, und ruhte bier nach mei- nero etwas langen Marsche recht angenehm. Den n'achsten Tag be- gab ich reich nach Eisgrub, woselbst ich mir den wundersch(inen Park mit all seinen Pflanzen- und Kunstmerkwtirdigkeiten ansah. Mitten unter den wunderbar priichtigen Gewiichsen der Tropen, die bier eine neue Heimat finden mussten, konnte ich doch derjenigen Pflanzen nicht vergessen, welche die Natur aus freiem Antrieb em- porspriessen liess. Ich sah bier Loranthus europaeus J a c q., $ilene viscosa P e r s. und Ettphorbia palustris L., in einer besondern Form auf trockenen Wiesea des farstlichen Thiergartens. Nach stunden- langem Verweilen im grossartigen Parke, wanderte ich der Bahn- station Lundenburg zu, um yon da aus nach Hause zu fahren. Die Strasse ftthrt eine Streeke durch die niederi)sterreischischen Diirfer Unter- und Ober-Demenau Wenige Schritte von Mahren entfernt auf einer Wiese am Mtihlteiche sammelte ich wie im vorigen Jahre Verbascum phoeniceun~ L. Einige Klafter yon einem Lande entfernt, das durch keine ausserordentIiche natth'liche Grfinze von dem andern geschieden ist, finde ich eine Pflanze, die ich nicht mehr zu M~ihrens Flora ziihlen darf! Brfinn, im Juni 1855. Der Rothenhauser Park am Fusse des Erzge- birges in Bfihmen. Von Anton Roth. Obschon man das Schloss Rothenhaus, man mag yon Osten, Stiden oder Westen kommen, schon in welter Ferne erblickt, so ist es doch tiberraschend dasselbe jetzt so ganz unvermuthet und so nahe vor sich zu haben; dean bisher wurde es durch verschie- dene Baumgruppen gedeekt, und erst bei der letzten Wegbiegung vom zweiten zum ersten Schlossplatze taueht es hinter dcr Syirnga- wand, die es nieht mehr ganz zu decken vermag, empor. Wit gehen nun zu dem dutch die Doppelstiege gebildeten Stie- genhause, das mit Schlingflanzen ganz bedeckt und mit den schiin- sten Exemplarea exotischer Baume und Straucher aus den wiirmsten Zonen bepflanzt ist, und iadem wir die herrlichen Pflanzengebilde aus den fernsten Gegendea bewundern, schweift unsere Phantasie selbst dahin, wo diese Pflanzen heimisch sind. Da die hier postirten Biiume nnd Straucher fast alle aus den Gewacltshausern genommen werden und sick jcdes Jahr ~ndern,

Der Rothenhauser Park am Fusse des Erzgebirges in Böhmen

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Seit meinem Betreten der Kalkhtigelflora der Polauer and Nikolsburger Berge fiel mir eine Achillea auf. R o h r e r u n d M a y e r geben bier eine A. lanata L a m., S Chl o s s e r eine A. la~tata S p r e n g . an. Die yon mir gefundene Pflanze ist A. setacea W. et K., womit ich jedoch keineswegs die Angaben der genannten Floristen liiugnen will und kann, dean jeder Botaniker wird wohl wissen, wie schwer es ist ein solches Urthei! abet eine Pflanze mit Sicher- heit abzugeben.

In Nikolksburg blieb ich aber Nacht, und ruhte bier nach mei- nero etwas langen Marsche recht angenehm. Den n'achsten Tag be- gab ich reich nach Eisgrub, woselbst ich mir den wundersch(inen Park mit all seinen Pflanzen- und Kunstmerkwtirdigkeiten ansah. Mitten unter den wunderbar priichtigen Gewiichsen der Tropen, die bier eine neue Heimat finden mussten, konnte ich doch derjenigen Pflanzen nicht vergessen, welche die Natur aus freiem Antrieb em- porspriessen liess. Ich sah bier Loranthus europaeus J a c q., $ilene viscosa P e r s. und Ettphorbia palustris L., in einer besondern Form auf trockenen Wiesea des farstlichen Thiergartens. Nach stunden- langem Verweilen im grossartigen Parke, wanderte ich der Bahn- station Lundenburg zu, um yon da aus nach Hause zu fahren. Die Strasse ftthrt eine Streeke durch die niederi)sterreischischen Diirfer Unter- und Ober-Demenau Wenige Schritte von Mahren entfernt auf einer Wiese am Mtihlteiche sammelte ich wie im vorigen Jahre Verbascum phoeniceun~ L. Einige Klafter yon einem Lande entfernt, das durch keine ausserordentIiche natth'liche Grfinze von dem andern geschieden ist, finde ich eine Pflanze, die ich nicht mehr zu M~ihrens Flora ziihlen darf!

B r f i n n , im Juni 1855.

D e r R o t h e n h a u s e r P a r k a m F u s s e d e s E r z g e - b i r g e s in B f i h m e n .

Von Anton Roth.

Obschon man das Schloss Rothenhaus, man mag yon Osten, Stiden oder Westen kommen, schon in welter Ferne erblickt, so ist es doch tiberraschend dasselbe jetzt so ganz unvermuthet und so nahe vor sich zu haben; dean bisher wurde es durch verschie- dene Baumgruppen gedeekt, und erst bei der letzten Wegbiegung vom zweiten zum ersten Schlossplatze taueht es hinter dcr Syirnga- wand, die es nieht mehr ganz zu decken vermag, empor.

Wit gehen nun zu dem dutch die Doppelstiege gebildeten Stie- genhause, das mit Schlingflanzen ganz bedeckt und mit den schiin- sten Exemplarea exotischer Baume und Straucher aus den wiirmsten Zonen bepflanzt ist , und iadem wir die herrlichen Pflanzengebilde aus den fernsten Gegendea bewundern, schweift unsere Phantasie selbst dahin, wo diese Pflanzen heimisch sind.

Da die hier postirten Biiume nnd Straucher fast alle aus den Gewacltshausern genommen werden und sick jcdes Jahr ~ndern,

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so wiire es iiberfltissig sie namentlich aufzufiihren. C o b a e a s c a n - dens, L o p h o s p e r m u m scandens und H e d e r a he l ix ~. h y b e r n i c a sind als Sehlingpfianzen zu r Deckung der Wiinde angebraeht. Ein Paar Exemplare W i s t e r i a chinensis haben dieselbe Bestimmung; abet sie scheinen hier nicht ihren richtigen Standort gefunden zu haben, da sie gegen Stt~rme und wesentlich gegen den kalten Nord- wind zu wenig geschtitzt sind, und deshalb auch im Waehsthume sehr zurttckbleiben. - - In der Mitte steht eine htibsche R o b i n i a P s e u - doacac ia [1. sophorae[o l i a , an deren Stamm sich gewi)hnlieh I p o - m a e e n oder andere fihnliche Schlingpfianzen hiaauf winden. u den spiiter aufgeftihrten C o n i f e V e n wurden bier mehrere der gr0ssten und sch0nsten Exemplare postirt. Ueberhaupt findet bier der Pflan- zenfreund und Botaniker so manehes lnteressante, das ihn lange an diesen Punkt fesselt. Doch die Zeit driingt, wir mtissen welter.

Ich ftihre nun meinen Reisenden an der niirdlichen Schlossseite vortiber und den Fahrweg verfolgend dutch die Einfahrt in das Schloss, worin gewiss Jeden die ausserordentliche Reinlichkeit sehr freundlieh ansprechen wird. Wir treten nun dureh das entgegenge- setzte Thor auf alas Plateau der vorerwahnten Schlossstiege und erblicken ein Panorama, das seiner Grossartigkeit und Seh0nheit wegen den Beschauer zur Bewunderung hinreisst. Links ist es yon dem hier sehr malerisehen Erzgebirge begriinzt, r e e h t s sehweiR das Auge bis zu de rmi t blauem Aether tiberzogenen Hoehebene, welehe die Griinzscheide' des Saazer und Rakonitzer Kreises bildet, und gegen Osten wird das Bild mit dem herrlieh sich aufbauenden Mit- telgebirge des Leitmeritzer Kreises geschlossen AIs ich dieses gross- artige Naturgemiilde zum Erstenmale sah, da kam mir die $telle der Bibel unwillkiirlich in den Sinn: ,,und alles dies will ieh dir geben, wenn Du niederfiillst und reich anbetest!" Seitdem butte ieh das Vergntigen, dieselben Worte yon mehreren Besuchern an derse | - ben Stelle zu h0ren.

Es ist hier sehr schiin und man treunt sich sehwer yon diesem Gemaide; allein wir haben noeh einiges Andere zu besehen, and die Zeit verrinnt. Also begleiten Sie reich auf die St~dseite des Sehlos- ses in den Schlossgarten. Da sehen Sie hier beim Entr6e einen ganzen Wald yon Neuholliindern; der Garten ist nicht gross, aber er hat so versehiedenartig geformte Blumengruppen mit ausgesuch- ten Novitfiten; - - {tie mit der Tapetenrose iiberzogene Sehlosswand ist zur Zeit der Rosenbltithe wie mit einem rothen Teppieh t~ber- zogen, - - das Glashaus mit einem niedlichen Cabinete ist dess- ha|b bemerkenswerth, well vom Frtihling bis zum Spiitherbste bier die sch0nsten bliihenden Gewiichse aufgestellt und so zierlieh ge- ordnet sind, dass dadurch eine permanente Blumenausstellung ge- bildet wird.

Betreten wir die hintere und schmiilere Seite des Sehlossgar- tens, so finden wir ein Pinetum, das ziemlieh ansehnlieh ist und wenigstens den Fachmann interessiren wird. Die hier vorkommen- den C o n i f e r e u , yon deneu wohl einige nicht aus dem Glashause kommen, sind :

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"~TS

A r a u c a r i a bras i l iana , Cunninghamii, excelsa und imbr i - tara. C e d r u s Deodara and Libani *) C r y p t o m e r i a j apon ica , C u n n i n g h a m i a sinensis~ C u p r e s s u s funebris , lusitanica, s em- perv irens mit den u horizontal is und pendula , thuri fera, tornlosa pendula , Tournefor t ia und Uhdeana. ~ D a c r y d i u m cupressinum und tax i fo l ium ~ J u n i p e r u s alpina ~ Bed for t iana , capensis, chinensis, excelsa, Lyc ia , marylandica, phoenieea~ recurva , 8abina nebst var. fol. ~)ariegat ~ tamar i sc i fo l ia , thuri fera und r giniana. , L i b o c e d r u s ch i lens i s , P h y I l o c I a d u s t r ichoma- noides , P i n u .4 A b i e s alba , Clanbrasi l iana , coerulea , diffusa, h y b r i d a , Menzies i i , Mor inda , n igra , orientalis vera~ pygmaea , rubra , viminalis. , P i n u s P i c e a canadensisr balsamea, Oouglasi i , Fraser i , mitis ~ Nordmanniana , pee t inata ~ Pinsapo , spectabilis, tenuifolia. P i n u s P i n e a alt issima, apulcensis, aus t r iaca , A y a - cahuite , Bru t t ia , eal i fornica , Cerebra ~ cephalonica , Devoniana, erecta~ exce lsa , Oerardiana, halepensis~ inopsi insignis, mari t ima, microcarpa, nigrieans, n i vea , Pallasiana~ palustr is , patula~ P s e u - dostrobus, Pi thyusa, resinosa, rigida, Russel iana, sinensis, S trobus var. compressa , Taeda, Teocote und variabi l is , P o d o c a r p u s eiongatns und lati folins, T a x o d i u m distichum und sempervirens . , T a x u s baccata, canadensis, I tarr ing toniana und hibernica., T h u j a nepalens is , occidentalis, or iental is mit der Yariet. s t r i c ta , pl icata, sphaeroidal is und Warreana .

~un nehmen Sic hier auf der Bank unter dem" alten Walinuss- baum ein wenig Platz und betrachten Sie die schiine Part ie, woria der Schlossteich and eine grosse Wiese , die yon der hintern Seite mit hohem Gehiilze eingeschiossen ist~ sich priichtig ausnehmen.

Wir gehen nun wieder zurtick und besehen das zweite, im Sehlossgarten befindliche Glas- und Warmhaus. Hier sehen wir ausser den Warmhauspf lanzen und tropischen Farrenkriiutern nnr Camellien~ Rhododendrons und Aza leen ; doch ausserhalb des Hau- ses findet der Blumist auf Stellagen eine Masse Topfpflanzen, wor- unter munches tnteressante vorki~mmt. Wir besehen uns das Bessere davon und gehen zur untern Thtire aus dem Schlossgarten, wo wir zum Htihnerhof kommen, der sich mit seinen geflOgelten Bewoh- nern recht gut ausnimmt. Von dem grtinen Rasenplatz beim lliihner- hole hat man eine etwas beschranktere Fernsicht als vom Schlosse, aber immer noch sehr imposant und reizend. Hier ft~hrt uns ein Weg in die Baumschulen, wo der Botaniker so wie der Blumist einen ganzen Tag gemilthlich znbringen kann, zumal hier noch vier Glas- ~t'artsor mtt herrtichen Pflanzen seine Aufmerksamkeit in Anspruch aehmen. Der Naturfreund besieht die sch0ne Flora im Voriibergehen, fo}gt mh' dnrch die Kiichengarten, wo er mehrere Treibk;tsten, das Feigenhaus, die edelsten Zwergobslsorten, so wie viele Arten yon Johannis- , Stachel- und Himbeeren, dann grosse Tafeln yon al ler-

~) In dem streagen Winter vom J~ 1829 auf 1830 ist in der hiesigen Baum- sehule eine Cedrus Libani dutch Frost zu Grunde gega~gen~ derea Stature bereits eine Stiirke yon 7" Durehmesser hatte.

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hand Gemti~sebeeten antrifft~ und ki)mmt van da in den Gasthof zu- rt~ck, h.h muss hier bemerken, das diese Tour f~r fltichfig Reisende berechnet ist; denn bei etwas l~ngerem Verwei]ert an ein oder den1 andern Orte, ist mart nicht im Stande sie in eiucr Strtnde durch- zumachen.

D i e k l e i n e r e T o u r geschieht in derselben Richtung wie die kleinste bis zum Ausgang aus dem Schtossgarten, van wo renan hier tiber die Br0cken, welche t~ber den Schlossteieh fiihren, geht, und einen rechts ftihrenden Weg einschl/igt, auf welchem man zu dem gleich Eingangs erwahnten Tempel gelangt. Hier kanrt man in heissen Sommertagen unter den schattertreichen alten Eichen sich erholen und zum weitern Marsche stfirken. Mart geht nun a b e t die steinerne Treppe beim Tempel hinab zu dem eben artch Eingangs erw~ihnten Rondell vow Weihmuthskiefern und virginischen Wach- holder, wendet sich dart links, wo man in eine lange Allee kommb die man ein Stack welt verfolgt his eirt rechts ausbiegender Weg uns wieder zu' eirter Wiesenpartie ft'thrt, art welcher wir den Weg gegen das Schloss welter gehen und danrt entweder deft ersten oder zwei- ten links f~ihrenden Weg einsehlagen~ um zu demt 6asthause zu gelangen.

Auf diesem Wege van der grossen Allee bis zum ersten Wege links muss ich den Naturfreund auf drei Durchsichten aufmerksam machen, die sich wunderhiibsch ausnehmen und die um so mehr aberraschen, als mart sie hier am wenigstert vermuthet.

Bei heissert Sommertagert ist der zweite Weg links, beim Fa r - stertbrunn vorg~ber, zur Riiekkehr in den Gasthof zu empfehlen, well er, wean aueh etwas I'anger, durchaus im Schatten ftthrt, wahrend tier Ers/ere, wenn auch kiirzer, doch wenig Schattertpartiert hat.

Diese Partie lass/ sich, wean man nirgends lange verweilt, in ein und einer halbert Stunde zuriicldegert.

D i e g r 6 s s e r e T o u r wird wie die vorhergehende gemacht bis zum Tempel, vort welchem man gleich die grosse Allee entlang bis zu den Erttrdeh~iusern geht. Diese rtaeh englisehem St~jle am Ertde der Allee links und reehts erbauten Hausehert bilde~ ~,on der Kal- lieher Strasse genommen, den Eingang in den Park und dienen dem Parkfi}rster zur Wohnung. Sie sind mit C l e m a t i s Fitalba and ViticeUa, so wie mit A m p e l o p s is hederacea umptlanzt, welehe sie im Sommer mit ihren Ranken ganz aberziehen, wodureh sie ein allerliebstes Artssehen gewirtnen. Vat diesert Erttrdehausehen auf der Strasse 0ffnet sich der Wald und ein tiberraschender Durchbliek in's flache Land entzt~ekt nrtser Auge. Wit tiberschreiten die Strasse und verfolgen den vat uns liegenden Weg, der an einer htibschen Waldpartie vortiber urts 'in eirt ertges schattiges Thai und zur gros- sen Briieke iiber den Aubaeh bringt. Diese iiberschreitend, erbliekt man links oben, aber noeh ziemlieh ferne, ein reeht nettes Gebfiude im Schweizerstyle, auf das wir zugehen und uns n~iher besehert wollen.

(Fortsetzung folgt.)