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Auch die Bewohner fühlen sich wohl in ihrer neuen Umgebung.

58 wassergartenbau - kleimann-gartengestaltung.de · »teXt / biLDer: Hans-JoaCHiM KLeiMann ... neue Konzept mit einbezogen. …und in das kleine auFFangBecken aM Fusse des wasserFalls

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»Koi Kurier | 3-2013«

Auch die Bewohner fühlen sich wohl in ihrer neuen Umgebung.

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»Koi Kurier | 3-2013«

usgangssituation war eine tief liegen-de Terrasse auf Kellergeschoß-Höhe, die zwar als Sitzplatz hervorragend

gegen unerwünschte Einblicke geschützt war, leider jedoch in vielen anderen Punkten gewisse Verbes-serungsmöglichkeiten hatte. Zum ersten wurde die vorhandene Bodenabstützung aus alten Holzschwel-len langsam aber sicher marode und unansehnlich. Desweiteren entsprach die alte Flächenaufteilung nicht der Nutzung. Die Terrasse war unproportional groß. Es war viel zu viel Pfl asterung, stattdessen viel zu wenig Grün darum herum. Sie wirkte statisch und überdimensional, in ihrer Länge der Gebäudelänge entsprechend wie ein vorgelagerter tief gelegter LKW-Stellplatz.

So taten sich gleich zu Anfang schon 3 Fragen auf:1. Wie verkleinert man die Terrasse am sinnvollsten, um nicht zuviel Fläche zu verlieren, aber deutlich den statischen Effekt zu brechen?2. Wie geht man mit dem Höhenunterschied um? Stei-le Beetfl ächen bedeuten erschwerte Pfl ege. Durch Be-pfl anzung auf tiefem Terrassenniveau besteht ja die Möglichkeit, daß die erhöht liegenden Bereiche noch steiler würden.3. Welche Materialien kommen in Betracht, um in Far-be und Form mit den bestehenden Gegebenheiten zu harmonieren?

DASS MAN AUCH OHNE BUDDHA-FIGUREN, ROTE TORIIS UND PLAKATIV PLATZIERTEN STEINLATERNEN EINE ASIA-

TISCHE ATMOSPHÄRE SCHAFFEN KANN, ZEIGT DAS KLEINE TERRASSEN-UMBAU-PROJEKT, DAS VON KOICHI HORIUCHI

UND HANS-JOACHIM KLEIMANN DURCHGEFÜHRT WURDE.

OHNE KITSCH AUF NUR

45 m2EIN DEUTSCH-JAPANISCHER

WASSERGARTEN IM MINIATURFORMAT

a

»teXt / biLDer: Hans-JoaCHiM KLeiMann

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Nach intensiver Betrachtung und kurzer Diskussion waren wir uns einig: Die Terrasse wird in jedem Fall asymmetrisch verkleinert, die frei werdende Fläche sollte bepflanzt werden, Wasser sollte in jedem Fall Teil der Neugestaltung werden. Ein Wasserfall oder etwas ähnliches könnte bei einer Neuerrichtung der Stützmauer leicht miteinbezogen werden. Und so war die grobe Richtung klar. Für die Mauer kam dann letzt-lich auch nur noch eine Bauweise in Frage: japani-sches Ishizumi-Mauerwerk aus Naturstein. Am geeig-netsten erschien uns dabei ein Hartkalkstein aus dem Sauerland, der bereits bei der Anlieferung ab Stein-bruch derart unregelmäßige Formen aufweist, daß für den Bau eines individuellen Unikats beste Vorausset-zungen vorlagen. Die blaue Farbe des Natursteines mit den weißen Maserungen und Einschlüssen passt ideal zum vorhandenen Klinker und die völlig freie Form lässt viel Freiheit für den kreativen Umgang mit dem Werkstoff an sich.

Zuerst begannen die „groben“ Vorarbeiten. Die alte Abstützung wurde entfernt, das Klinkerpflaster in den entsprechenden Bereichen aufgenommen und dann

Der felsige Mergelboden wurde zunächst mit dem Presslufthammer gelockert und abgebaggert. Gleichzeitig wurde ein Ringanker aus Beton zur Abstützung erstellt.

Natürlich wurde auch ein Bodenablauf mit eingebaut und samt Verrohrung mit Beton fixiert.

Für die Mauer kaM dann letztlich auch nur noch eine Bauweise in Frage: japanisches ishizuMi-Mauerwerk aus naturstein.

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wurde begonnen, Erde abzubaggern. Aufgrund der be-engten Verhältnisse in der bestehenden Gartenanla-ge, der Hanglage und den schwierigen Bodenverhält-nissen – staunasser sandiger Lehm mit erheblichen Mergelschichten und großen Gesteinbrocken – hat der Bodenabtransport hier viel Handarbeit erfordert. Zur besonderen Freude derer, die die Karren gescho-ben haben, kam uns folgender Gedanke: wenn man schon einen Wasserfall bauen will, braucht man ja sowieso irgendein Auffangbecken an der tiefsten Stelle...und warum sollte man das dann so bauen, dass man später keine Fische einsetzen könnte...? Die räumliche Nähe zu Anschlussmöglichkeiten wie Strom, Frischwasser, Kanal bieten sich ja gerade da-für an, noch einen Meter tiefer auszuschachten und einen Bodenablauf miteinzubauen.

Auf diese Ausschachtungsarbeiten folgte dann eine Stabilisierung aus einem umlaufenden Rahmen aus Betonschalsteinen von 50 cm Höhe, der im oberen Bereich des Teiches später ein Aufl ager für die Na-tursteine im Beckenrandbereich schafft. Außerdem gewährleistet die lotrechte Wand in diesem Teil den sauberen Einbau von Einläufen und Durchbrüchen für Skimmer und Notüberlauf. Der Bodenablauf wurde in Beton versetzt, die restliche Boden- und Wandfl äche wurde lediglich mit Beton dünn verputzt, um scharf-kantige Steine, die es zur Genüge gab, von der Folien-auskleidung fern zu halten.

Die Auskleidung erfolgte dann mit einer Lage Schutz-vlies und einer 1,5 mm-PVC-Folie, die faltenfrei vor Ort passgenau eingeschweißt wurde, um eine absolut sauber anliegende Abdichtung zu haben, die keinerlei Flächen bietet, wo sich Schmutzpartikel einfach so ablagern und vermehren können.

Links: Foliendurchbrüche wie am Bodenablauf erfordern Dichtmittel und besondere Präzision.

Unten: Die Auskleidung erfolgte mit PVC-Folie, die vor Ort faltenfrei eingeschweißt wurde.

Der Bachlauf erhält eine betonierte Unterkonstruktion, auf die später eine Folienauskleidung erfolgt.

die restliche Boden- und wandFlÄche wurde lediglich Mit Beton dünn Verputzt, uM scharFkantige steine Von der Folienauskleidung

Fern zu halten.

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Nebenan entstand eine kleine „Filterkammer“, die die nötigste Technik beherbergen sollte, die so ein Was-serfall in einer Stützmauer so benötigen könnte.

Nachdem nun dieses ganze Material in der Erde ver-schwunden war, wurde das Sichtfeld jetzt wieder frei für die eigentliche Gartengestaltung. Der Mauerver-lauf wurde abgesteckt. Für unser Ishizumi-Mauer-werk, einem Zyklopen-Natursteinmauerwerk mit Hin-

terbetonierung, ist der geschwungene Verlauf sowohl der unteren wie auch der oberen Kante besonders markant und wichtig. Um hier jeden Stein passgenau einzubauen, markieren wir diese Linie mit Federstahl-stangen, die sich beliebig anpassen lassen und die Kontur wiedergeben. Der Anlauf der Mauer, das heißt ihre bergseitige Neigung, ist dabei nicht konstant, sondern schwingt mit der Kontur mit und so entsteht ein „Schleifenband“ im Hintergrund, das mit keinem sonst üblichen Betonwerkstein oder Naturwerkstein möglich wäre. Die Verwendung des roh gebrochenen Gesteins macht das Material kostengünstig und durch die handwerkliche Verarbeitung entsteht das unver-gleichbare Einzelstück.

Der Wasserzulauf ist als Felsvorsprung im Ishizumi-Mauerwerk dezent integriert.

die Verwendung des roh geBrochenen gesteins Macht das Material kostengünstig und durch die handwerkliche VerarBeitung entsteht das

unVergleichBare einzelstück.

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Jeder Stein wird dabei in seinen Kanten angepaßt, um möglichst enge Fugen zu erhalten. Dabei wird Wert darauf gelegt, daß er von selbst auf dem Darunterliegenden aufsteht ohne zu kippeln und dabei auch den Anlauf einhält – alles schon bevor der Beton hintergefüllt wird. Nur so ist eine einwandfreie Standfestigkeit gewähr-leistet. Mit einem langen Kantholz wird die vordere Fläche dabei immer wieder auf Geradlinigkeit zwischen oberer und unterer abgesteckter Kontur kontrolliert.

Durch den Schwung, den diese neue Stützwand ausdrückt, entsteht eine völlig neue Flächenform. Die statische Eckigkeit der alten Terrasse wird stimmungsvoll aufgeweicht und die neuen Pflanzen, die noch kommen sollen, bekommen einen neutralen, unaufdringlichen aber höchst eleganten Hintergrund.

Besonderheit dieser Mauer war nun der dezent eingebaute Wasserfall. Koichi Horiuchi mauert hier zwei beson-ders dafür ausgesuchte längliche Felsbrocken übereinander, die eine leichte Rundung in sich hatten. Diese hat er gegenläufig übereinander verbaut, daß eine rundliche Spalte entsteht, aus der später das Wasser austreten sollte. Im Hintergrund mauert er dazu einen Kasten, an den ein Rohr angeschlossen wird. Um zu Vermeiden, daß das Wasser an der Wand selbst herunterläuft, sondern zielgerichtet in ein davor liegen-den Becken, ist es erforderlich, den unteren Stein ca. 15 cm heraus stehen zu lassen.

Der Stützwand folgten dann weitere Erdarbeiten. Zu-nächst natürlich die Hinterfüllung, dann der Aushub des Wasserlaufes. Auch er sollte geschwungen sein, natürlich so angelegt, daß er das Wasser wirklich auf-nimmt, keinesfalls geradlinig, mit dicken Felsbrocken in der Kontur.

Demzufolge gingen wir wie beim Teichbau auch so vor, daß wir eine Unterkonstruktion aus Betonsteinen versetzt haben, die später als Auflager für die Steine im Randbereich dienen sollten. Auch hier wurde dann mit PVC-Folie ausgekleidet, danach allerdings we-gen der deutlich sichtbaren schwarzen Farbe bedingt durch die geringe Wassertiefe der gesamte Boden mit Betonbettung mit kleinen Felsstücken ausgepflastert. Dabei wurden diese Steine nach Kare-San-Sui-Vorbild geschuppt übereinander verlegt.

Besonderheit dieser Mauer war nun der dezent eingeBaute wasserFall.

Probelauf in bepflanzter Atmosphäre. Strukturiertes Laub von Ahorn und Mahonie harmonieren mit dem groben Felsgestein.

Die besondere Stammform der Kiefer eignet sich für eine Platzierung auf der Mauer. Der Rest wird an den neuen Standort angepaßt.

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Das Wasser sollte in den unteren Teich dann gemäch-lich hineinfließen, ohne größere Verwirbelungen an der Oberfläche zu erzeugen, die eventuell das Be-trachten der möglichweise später vorhandenen Fi-sche in dem eigentlich gar nicht so dafür geplanten Teich beeinträchtigen könnten. Dennoch ist es gerade an diesen Überlauf-Stellen wichtig, die Hohlräume zwischen den Steinen zu füllen, um das Wasser über die Steine zu zwingen und um zu vermeiden, daß es darunter und dazwischen durchläuft.

Nachdem nun auch der Zulauf fertig war, stand es nun vor uns, das massive Natursteinwerk. Soviel Stein hat Gewicht – und das auch optisch. Klar war sowieso, daß hier für kleine Pflanzen kaum Platz bleibt. Hier müssen richtige Solitäre verbaut werden, die ent-sprechend grünes Gegengewicht liefern. Auch klar

ist aber, daß so ein Mauerwerk in seinem Charakter erkennbar bleiben muß. Es wird gezielt optisch gebro-chen, ohne es großflächig zu verdecken.

Von der ursprünglichen Bepflanzung der Böschung ist nur eine schon seit längerem als Formbaum entwi-ckelte Zwergfichte und ein besonderer bunter Hartrie-gel, Cornus controversa, stehen geblieben. Sie beka-men noch einmal einen aktuellen Schnitt der Saison und bestimmen mit ihrer Höhe von über 3 Metern die Szene oberhalb der Stützmauer.

Die Technik wird durch Bambus-Terrassenholzdielen verdeckt.

nachdeM nun auch der zulauF

Fertig war, stand es nun Vor uns

– das MassiVe natursteinwerk.

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Ein weiterer Formbaum, ein japanischer Ilex crenata, wurde im Bereich der Filter- und Pumpenkammer ver-wendet. Der Wasserfall wird beschirmt durch einen Schleppast eines japanischen Schlitzahornes, der als Fußveredlung lange Zeit aufrecht gestäbt wurde, da-mit einen geschwungenen Stamm nach japanischem Vorbild hat und mit seinen über 2 m Höhe schon ein gewisses Alter hat. Die 1 m große Buxbaum-Kugel war schon vorher im Treppenbereich verwendet und wurde lediglich an einen neuen Platz versetzt.

Gleich darüber befindet sich der Stamm einer Kiefer, die bereits vor Jahren einen besondere Stammbie-gung bei mir bekommen hat. Wir haben sie jedoch völlig anders verbaut, um ihrem neuen Standort, der Mauerkrone Gerecht zu werden. Die Biegung des Stammes ist die aufwendigste Formerziehung bei der Baumkultur und hat damit Vorrang vor allen anderen Gestaltungsmaßnahmen. Somit ist es erforderlich, die Äste alle noch einmal an die neue Ausrichtung anzupassen. Der eigentliche Kopf des Baumes war unproportional hoch zur Stammdicke und zum Nei-gungswinkel. Ich entschied mich deshalb dazu, den Stamm um 30 cm einzukürzen und baue lieber in den nächsten 2 Jahren einen neuen Kopfteil aus den da-runter liegenden Seitenästen auf.

Im weiteren Verlauf über dem Wasserfall wird ein Feuerahorn Acer japonicum „Aconitifolium“ dem-nächst seine Herbstfärbung präsentieren. Gerade hier sind Solitärpflanzen als markante Blick- und Leitpunk-te von Bedeutung. Von oben gesehen markieren Sie eine Barriere und dienen dabei ebenso als Absturzsi-cherung. Aus demselben Grund ergänzen wir den obe-ren Bereich noch um eine kleine Bambus-Einzäunung im traditionellen japanischen Yotsume-Gaki-Stil. Die horizontal verlaufenden Bambusstangen werden dabei an Holzpfählen verschraubt. Die Senkrechten werden mit schwarzer „Shuronawa“-Schnur wechsel-seitig angebunden.

Dieser kleine Zaun am oberen Ende schafft noch einen weiteren Rahmen und Hintergrund, der diese kleine Japan-Anlage vom übrigen Hausgarten trennt – so-wie es eben auch für japanische Gärten üblich ist. Und in das kleine Auffangbecken am Fuße des Wasserfalls sind nun doch noch ein paar kleine „Ogatas“ einge-zogen. <<

Und zur täglichen Kontrolle der Wasserwerte haben sich schnell zwei Assistentinnen gefunden.

Die vorhandenen Altpflanzen wurden in das neue Konzept mit einbezogen.

…und in das kleine auFFangBecken aM Fusse des wasserFalls sind nun doch noch ein paar kleine „ogatas“ eingezogen.