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370 H. GE~LAC~: 45. H. GERLACtI-Siegen/Westf. : Der Steigbiigelersatz nach Staped- ektomie bei der 0tosklerose (Mit 10 Textabbildungen) Die gehSrverbessernde Chirurgie bei der Otosklerose hat in den letzten Jahren eine entscheidende Wendung genommen. In dem Be- streben, die normale Sehalltransformation fiber die GehSrknSchelehen zu erreiehen, wurde die Stapesmobilisation wieder aufgegriffen. Die grogen Vorteile dieser Operationsmethode wurden abet dadureh getrfibt, dab in 500/0 der Fglle (300/0 innerhalb der ersten 2 Jahre) eine Reankylo- sierung eintrat. Es fehlte in der Folgezeit nicht an Operatiossvariationen, diesen Nachteil auszugleiehen. Am Ende dieser En~wicklung steht meines Erachtens die Stapedektomie. Im Prinzip ist dieses Operationsverfahrerx der frfiheren Fer~estration sehr ghnlieh: Anlage eines Fensters, das gegebenenfalls enchondralisiert O. e b e Abb. 1. Sehematische DarsteUung der drei Stadien einer Stapedektomie: a Mittelohrfibersicht; b Stapes entfernt, offenes ovales Fenster; e Yenenwand iiberdeckt das ovale Fenster, Polyethylen als Stapesersatz und dutch das Trar~spla~tat mit dem Steigbfigelersatz invaginiert wird. Somit vereinigt die Stapedektomie die grogen Vorteile der endauralen Eingriffe am ovalen Fenster mit denen der Fenestration in ihren Dauer- ergebnissen. Erst damit war ffir mieh der Augenbliek gekommen, yon der Fensterungsteehnik abzugehen. Seit fast 1 Jahr ffihre ieh bis auf wenige Ausnahmen die Stapedektomie dureh. Methodiseh gehe ieh weitgehend naeh den Angaben yon S~IEAvor. Ieh verwende ebenso zur Abdeekung des offenen ovalen Fensters Venenwand, die besonders dfinn ist, sieh gut einlagem 1/iBg und sieh mit ihrer Endothelsehieht und den elastisehen Fasern den physiologisehen Gegebenheiten besonders anpagt. Als Stapesersatz sind viele M6gliehkeiten angegeben worden. (So ver- wenden z.~. HWE~MA~N und ZA~G~M~ISTE~ Bi~degewebsstfieke, UT~C~ Knorpel, Z6LLN~R Knoehen). Aueh ieh habe anfangs diese An- regungen aufgegriffen, bin aber wieder davon abgekommen. Soweit die alten Steigbfigelsehenkel nieht mehr zu verwerten sind, n ehme ieh Poly- ethylenr6hrehem Die frfiheren Bedenken gegenfiber Kuaststoff sind nicht

Der Steigbügelersatz nach Stapedektomie bei der Otosklerose

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Page 1: Der Steigbügelersatz nach Stapedektomie bei der Otosklerose

370 H. GE~LAC~:

45. H. GERLACtI-Siegen/Westf. : Der Steigbiigelersatz nach Staped- ektomie bei der 0tosklerose (Mit 10 Textabbildungen)

Die gehSrverbessernde Chirurgie bei der Otosklerose hat in den letzten Jahren eine entscheidende Wendung genommen. In dem Be- streben, die normale Sehalltransformation fiber die GehSrknSchelehen zu erreiehen, wurde die Stapesmobilisation wieder aufgegriffen. Die grogen Vorteile dieser Operationsmethode wurden abet dadureh getrfibt, dab in 500/0 der Fglle (300/0 innerhalb der ersten 2 Jahre) eine Reankylo- sierung eintrat. Es fehlte in der Folgezeit nicht an Operatiossvariationen, diesen Nachteil auszugleiehen. Am Ende dieser En~wicklung steht meines Erachtens die Stapedektomie.

Im Prinzip ist dieses Operationsverfahrerx der frfiheren Fer~estration sehr ghnlieh: Anlage eines Fensters, das gegebenenfalls enchondralisiert

O.

e

b e

Abb. 1. Sehematische DarsteUung der drei Stadien einer Stapedektomie: a Mittelohrfibersicht; b Stapes entfernt, offenes ovales Fenster; e Yenenwand iiberdeckt das ovale Fenster, Polyethylen

als Stapesersatz

und dutch das Trar~spla~tat mit dem Steigbfigelersatz invaginiert wird. Somit vereinigt die Stapedektomie die grogen Vorteile der endauralen Eingriffe am ovalen Fenster mit denen der Fenestration in ihren Dauer- ergebnissen. Erst damit war ffir mieh der Augenbliek gekommen, yon der Fensterungsteehnik abzugehen. Seit fast 1 Jahr ffihre ieh bis auf wenige Ausnahmen die Stapedektomie dureh. Methodiseh gehe ieh weitgehend naeh den Angaben yon S~IEA vor. Ieh verwende ebenso zur Abdeekung des offenen ovalen Fensters Venenwand, die besonders dfinn ist, sieh gut einlagem 1/iBg und sieh mit ihrer Endothelsehieht und den elastisehen Fasern den physiologisehen Gegebenheiten besonders anpagt. Als Stapesersatz sind viele M6gliehkeiten angegeben worden. (So ver- wenden z.~. HWE~MA~N und ZA~G~M~ISTE~ Bi~degewebsstfieke, UT~C~ Knorpel, Z6LLN~R Knoehen). Aueh ieh habe anfangs diese An- regungen aufgegriffen, bin aber wieder davon abgekommen. Soweit die alten Steigbfigelsehenkel nieht mehr zu verwerten sind, n ehme ieh Poly- ethylenr6hrehem Die frfiheren Bedenken gegenfiber Kuaststoff sind nicht

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Abb. 2

Abb. 3

Der Steigbiigelersatz nach Stal0edektomie bei der Otosklerose 371

mehr berechtigt. Auf Grund jahrelanger experimenteller Forschung hat sich Polyethylen neben anderen Vorziigen als besonders gewebsfreudig

erwiesen. Eine Labyrir~th- sch~digung durch Poly- ethylen -- wie sie yon S~AMSAUG~ angegeben is t-- habe ich bisher bei den 150 Stapedektomien in kei- nero Fall ertebt. Das L~by- rinth reagiert iiberhaupt gegeniiber den Manipula- tionen am ovalen Fenster welt weniger empfindlieh als bei der Fenestration. W/~hrend und naeh der Sta- pedektomie fehlen die friiher so belastenden Sehwindel- erscheinungen fast vSllig. Aueh die erw~hnte Sp~t- sch/~digung diirfte nicht zu befiirchten sein, wenn man bedenkt, dab S~EA naeh persSnlieher Nitteilung be- reits seit 1955 fiber 3500 Ope- rationen durchgefiihrt und bisher in keinem Fall eine ungiinstige t~eaktion erlebt hat. Selbst bei einer 14 Tage naeh der Operation auf- getretenen Otitis media zeig- te das Polyethylen keine Re- aktiort; das gute H6rresulta$

Abb. 4

Abb. 2. Erstes Stadium der Staped- ektomie (Trommeffell zurtickgeklappt, Blick auf die runde und ovale Fenster- nische mit Ambol3steigbfigelgelenk)

Abb. 3. Zweites Staditmt der Staped- ektomie (Stapes entfernt, Bliek auf AmboSfortsatz und das offene ovale

Fenster)

Abb.r Drittes S~adium der Staped- ektomie (Venenwand iiberdeekt das ovale Fenster, Polyethylen ats Stapes-

ersatz dazwisehengeschaltet)

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Abb. 5

H. GEIRLAOH :

C c c 1 c 2 c 3 c '~ c 5 c 8

_2~ G~Z 128 256 512 ?O2Zt ZOZ/8 q096 8792

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Legenden zu Abb. 5 und 6 siehe Seite 373

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Der Steigbiigelersatz nach Stapedektomie bei der Otosklerose 373

blieb erhalten. - - Polyethylen hat die besonderen Vorteile der besseren plastischen Gestaltung und der miihelosen Fixation. Je nach Weite des ovalen Fensters kann man Polyethylen in der GrSBe und Form varfieren.

a

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d

e

b

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f

Abb. 7. Sehematisehe Darstellung der verschiedenen ~6glichkeiten der ,,Kettenplastik'" mit Poly- ethylen: a, b Umwandlung des Typ l l I in Typ I oder I I ; e Umwandlung des Typ V in Typ I I I ;

d, e, f Umwandlung des Typ IV in Typ I; I I oder I I I

Durch Auff/~chern des anderen Endes umgreift es in lockerer, aber doch sioherer Verbindung den Prooessus lentioularis. Eirdge Bflder sollen dieses veranschauliohen (Abb. 1-- 6).

Auf Grund der genannten Vorteile versuche ich heute, auch bei der TympanoplastJk mit ttJlfe des Polyethylens die Ossicula in ihren Resten wieder zu verwerten, um eine optimale Transformation zu erreichen. So ist die Umwandlung des bisher audiologisch meist unerfreuliohen Typ IV durch Polyethylen als Stapesersatz in den Typ I I I mSglich, wie es WULLSTEIN bereits 1952 mit Palavi t versucht hat. Die guten Erfolge h~ben reich dazu ermutigt , auoh mSglichs~ die Defekte Jnnerhalb der

Abb. 5. Audiogramm (S. Agnes 49 J.) 1L Ohr: nach der Fenestration; re. Ohr: nach der Stapedektomie. Infolge Wiederherstellung der Schalltransformation fiber die Ossieula ist das audiologische Ergebnis

nach Stapedektomie gfinstiger Abb.6. Die natfirlichen und kfinstlichen Mittel bei der Durchffihrung der Stapedektomie und der Tympanoplastik: a kleine Reste des Steigbfigels (ffir die ~Viederverwendung ungeeignet) ; b die Steig- bfigelschenkel, teilweise mit FuBplatte; e Polyethylen als Stapesersatz naeh SHEA; d - - f unsere verschieden geformten Polyethylenstfiekeffir die,,Kettenplastik" bei der Tympanoplastik und Staped- ektomie; g die versehiedenen GrS•en yon PolyethylenrShrehen; h Venenwand vor und nach der

Preparation, i Spezial-Pinzette ffir die l~anipulationen mit Polyethylen

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374 H . GE~LAOH : D e r S t e i g b f i g e l e r s ~ t z n a o h S t a p e d e k t o m i e b e i d e r O~osk le rose

C C C 1 C 2 C 3 C g C 5 C G

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Abb. 8 Audiogramm (S. Edith 44 J.). Trockene Trommeffell-Perfo- ration mi t Unterbrechung des S teigbfigelamboB gelenkes. , ,Kettenplastik" mit Polyethy- len (Umwandlun~ yon Tylo I I I in Typ I)

C c c I c 2 c 3 c r c 5 c G

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Abb. 9 Audiograram (K. Manfred 36 J.). Isolierter Verlust der Steigbfigel- sohenkel beiderseits bei grol3en trockenen TrommelfeU-Perfora- tionen nach Detonationstrauma. Polyethylen als Stapesersatz (Umwandlung yon Typ IV in Typ I)

Abb. 10 Audiogramm (Str, Gerd 21 J.). Trockene Trommeffell-Perfora. tion mi t Verlust des langen AmboBfortsatzes und der Steig- bttgelschenkel. , ,Kettenplastik" mi~ Polyethylen (Umwandlung des Typ IV in Ty!o l i d

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W. W~IO~SELBAVMm~: Interposition bei kindlicher Stapesfixation 375

Kette mit Polyethylen zu schlie~en. Ich halte es aber fiir ganz wesentlich, dab diese , , K e t t e n p l a s t i k " - - wie ich dieses Vorgehen bezeiehnen m6chte -- primiir nur bei einem langjs reizlosen 0hr durchgeffihr~ wird. Anderenfalls wird nnter Sehonung der defekten Kette zun~chst eine Abheilung des Ohres mit Bildung einer abgesehlossenen Pauke zu erreichen versucht und im zweiten Operationsgang das entspreehend geformte Polyethylenstiick eingesetzt. Einige Schemata und Audio- gramme m6gen diese versehiedenen ~6glichkeiten demonstrieren (Abb. 7 -- 10).

46. W. WEICHSELBAUMER-Wien : Interposition bei kindlicher Stapes- fixation und histologisehe Untersuchung an Fullplatte und Ringband (Mit 13 Textabbildungen)

Seit der Wiedereinfiihrung und technischen Erweiterung der Stapes- chirurgie bei den variablen Erkrankungen an der fenestra ovalis (A_LT- MANN; FOWLER, E . E . ; HALL u. I:~YTZNER; HERRMANN; HEERMAN~; HOLMGREEN; ~UNDHICH; PORTMAHN, M.; ROSEN; SCHUBERT; SHEA jr.; ZANG~,MnISTm~ U.a.) manifestierte sich nach zahlreichen Dis- kussionen genannter Autoren aueh die Altersgrenze der Operabilitiit nach beiden Richtungen.

Es ist Tatsache, dab die Stapeschirurgie an ~lteren Personen mit- nnter bessere und vor allem li~nger anh~ltende Resultate erzielt als beim ]ungen Patienten. Der por6se Knochen ist eben einerseits leichter zu bearbeiten and die Mobilisation rascher durchfiihrbar, andererseits scheint auch der otosklerotisehe Prozel~ an Progredienz verloren zu haben (ScHwwTz U. a.).

Die enorme Progression der kindliehen Otosklerose scheint neben der Seltenheit des Krankheitsbildes und der Seheu, sic operativ anzugehen, der Grund fiir die relativ wenigen Publikationen dieser Richtung zu sein (LffsCHE~). Kindliche Otoslderosen an der Leiehe beschrieben M~HASS]~ 1914 (Stapes an Fenster fixiert), SC~AHDE~ 1936 (stumme 0tosklerose), SCH~I]~]~, W~BE~ und WITTMAACK.

Jugendliehe Otosklerosen beschrieben BA]~I~, GOOm~ILL, HE~I~- MANN, ~V[0LLEI%, PORTMANN, ~r MATIIIEU Ii. SEMETTE. GIUFFEIDA sah Prs

Eine operativ histologisch gewonnene kindliche Otosklerose konnten wit im zug~ngigen Sehrifttum nicht eruieren, da ja auch bei bestehender Otosklerose im vestibuls Anteil die Otosklerose in die Fu$platte ~ul~erst selten vordringt (GUILD). ZOLLHER mobflisierte zwei Fi~lle yon atresia auris minima. ESCHWl~ stellte ebenfalls eine beobachtete MiB- bfldung beim OtosklerosekongreB in Detroit vor. Es lag eine angeborene kn6cherne Spange vom Stapes an den Faeialiswulst vor.