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InTerJulI 01 I 2013 6 Der Tod ist nicht genug. Zur Inszenierung gewaltsamen Sterbens in den konflikt- reichen Settings dystopischer Jugendliteratur Sonja Loidl Während sich in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur Texte wie Wie viel Leben passt in eine Tüte? oder Das Schick- sal ist ein mieser Verräter mit dem in der Realität erfahrbaren Sterben, mit der Bewältigung des Todes von Fremdper- sonen oder des eigenen Todes (meist im Zusammenhang mit einer Krank- heit) beschäftigen, wird das Motiv in der dystopischen Jugendliteratur 1 gänzlich anders in Szene gesetzt. Dass Figuren sterben, scheint hier weniger im Zentrum zu stehen als die Um- stände des Todes. Dabei lässt sich be- obachten, dass natürliche Todesarten selten Bedeutung erlangen, während gewaltsames Sterben in großen (z.B. in Schlachtszenen) und kleineren Maßstä- ben (z.B. in Duellsituationen) oft eine zentrale Rolle übernimmt. Bei der Be- trachtung der Neuerscheinungen der letzten Jahre kristallisiert sich außer- dem heraus, dass das Tabuthema Tod in der Jugendliteratur vielfach als Auf- hänger mit Schockwirkung eine wich- tige Zutat für die erzählte Handlung darstellt. S chonräume? In Faszination Fantasy spricht Gudrun Stenzel mit ihrem Untertitel Realitäts- flucht oder Spiel mit kreativem Potential einen Punkt an, der in der Wahrneh- mung nicht-realistischer Literatur nach wie vor stark präsent ist: Der Gattung wird mit großer Häufigkeit Eskapismus zur Last gelegt – also dem Lesepublikum zu einer vorübergehen- den Flucht aus der Realität zu ver- helfen, wobei durchaus negative Asso- ziationen beabsichtigt sind. Eine der- artige Betrachtungsweise greift inso- fern deutlich zu kurz, als die Welten, in die eine breite Palette an Untergat- tungen das Lesepublikum führt, aus- gesprochen divergent sind. Besonders in der Sparte der jugendliterarischen Dystopien werden kaum angenehme Aufenthaltsorte oder einladende ge- sellschaftliche Rahmenbedingungen entworfen. Neben anderen nicht-rea- listischen Genres verzichtet gerade diese Unterkategorie der fantastischen Jugendliteratur oft gänzlich auf einen

Der Tod ist nicht genug. Alter und Tod/3...loIDl Der ToD iST nichT genug.11 Geisel genommen) wird zum aktiven und gewalttätigen Widerstand, indem er sich als „Klatscher“ (u.a

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Der Tod ist nicht genug.

Zur Inszenierung gewaltsamen Sterbens in den konflikt-

reichen Settings dystopischer Jugendliteratur

Sonja Loidl

Während sich in der aktuellen Kinder-und Jugendliteratur Texte wie Wie viel

Leben passt in eine Tüte? oder Das Schick-

sal ist ein mieser Verräter mit dem in derRealität erfahrbaren Sterben, mit derBewältigung des Todes von Fremdper-sonen oder des eigenen Todes (meistim Zusammenhang mit einer Krank-heit) beschäftigen, wird das Motiv inder dystopischen Jugendliteratur1

gänzlich anders in Szene gesetzt. DassFiguren sterben, scheint hier wenigerim Zentrum zu stehen als die Um-stände des Todes. Dabei lässt sich be-obachten, dass natürliche Todesartenselten Bedeutung erlangen, währendgewaltsames Sterben in großen (z.B. inSchlachtszenen) und kleineren Maßstä-ben (z.B. in Duellsituationen) oft einezentrale Rolle übernimmt. Bei der Be-trachtung der Neuerscheinungen derletzten Jahre kristallisiert sich außer-dem heraus, dass das Tabuthema Todin der Jugendliteratur vielfach als Auf-hänger mit Schockwirkung eine wich-tige Zutat für die erzählte Handlungdarstellt.

Schonräume?

In Faszination Fantasy spricht GudrunStenzel mit ihrem Untertitel Realitäts-

flucht oder Spiel mit kreativem Potential

einen Punkt an, der in der Wahrneh-mung nicht-realistischer Literaturnach wie vor stark präsent ist: DerGattung wird mit großer HäufigkeitEskapismus zur Last gelegt – also demLesepublikum zu einer vorübergehen-den Flucht aus der Realität zu ver-helfen, wobei durchaus negative Asso-ziationen beabsichtigt sind. Eine der-artige Betrachtungsweise greift inso-fern deutlich zu kurz, als die Welten,in die eine breite Palette an Untergat-tungen das Lesepublikum führt, aus-gesprochen divergent sind. Besondersin der Sparte der jugendliterarischenDystopien werden kaum angenehmeAufenthaltsorte oder einladende ge-sellschaftliche Rahmenbedingungenentworfen. Neben anderen nicht-rea-listischen Genres verzichtet geradediese Unterkategorie der fantastischenJugendliteratur oft gänzlich auf einen

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Schonraum. Dieser Begriff kann defi-niert werden als „Bereich, in dem sichjemand, etwas ungestört von äußerenEinflüssen oder Gefahren entwickeln,entfalten kann“ (Duden; StichwortSchonraum). Im Grunde widersprichtdieses Prinzip eines abgeschirmten,harmoniebasierten Bereiches dem derliterarischen Erzählung. Denn esbraucht ein (meist problembehaftetes)Initialereignis oder einen Konflikt, umeine wie auch immer geartete Hand-lung in Gang zu setzen.

In der dystopischen Jugendlitera-tur erreicht die Darstellung von gesell-schaftlichen oder kriegerischen Kon-flikten oft übersteigerte Ausmaße mitspeziellen Ausprägungen. Gabrielevon Glasenapp stellt diesbezüglich inihrem Vortrag Apokalypse now! Future-

Fiction-Romane und Dystopien für junge

LeserInnen fest:

Während wir im realen Leben dieKatastrophen zu vermeiden, ja, zufliehen suchen, stürzt sich die Li-teratur geradezu begierig auf alles,was wir im realen Leben fürchten– vom Taschendiebstahl über denGewaltexzess, vom Krieg über ter-roristische Szenarien bis hin zuapokalyptischen Weltentwürfen,deren Inszenierung, so hoffen wirdoch, auch in Zukunft den Arte-fakten und nicht der Realität vor-behalten bleiben wird. (vonGlasenapp 2)

Krieg und „Befriedung“

Anders als Gabriele von Glasenapp,die als primäres Thema dystopischerJugendliteratur die Umweltkatastro-phe sieht, möchte ich kriegerische Zu-stände, die gesellschaftliche Umwäl-zungen mit sich bringen, als ein domi-nantes Thema hervorheben. Unter die-sem Gesichtspunkt werden hier dieTexte Die Tribute von Panem von Su-zanne Collins, Vollendet von NealShusterman und Die Bestimmung vonVeronica Roth untersucht: Allen dreiErzählungen liegen Gesellschaftskon-zepte zugrunde, die direkt aus einemKriegszustand hervorgegangen sindoder direkt einer Vermeidungsstrate-gie weiterer Kriege entspringen: InCollins’ Texten stellen die Hunger-spiele das markanteste Symptom destotalitären Staats Panem dar: Dabeihandelt es sich um alljährlicheZwangsrekrutierung von 24 (per Losbestimmten) Jugendlichen zwischenzwölf und 18 Jahren, die sich in einereigens dafür konzipierten Arena ge-genseitig bekämpfen müssen, bis nurnoch einer am Leben ist. Die landes-weite Ausstrahlung der Spiele in denMedien Panems, die Verpflichtungzuzusehen und die Tour der Sieger,die jedes Jahr einige Monate nachden Spielen stattfindet, sorgen füreine starke Präsenz der Hungerspiele

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im alltäglichen gesellschaftlichenLeben. Ihr Ursprung liegt in einem 74Jahre alten Friedensvertrag, der amEnde des Krieges zwischen dem Ka-pitol (Regierungssitz) und den zwölfDistrikten vor dem Einsetzen derHandlung des ersten Bandes der Tri-logie, Tödliche Spiele, ausgehandeltwurde.

Auch in Vollendet hat ein Friedens-abkommen aus der Vergangenheit dererzählten Welt Auswirkungen auf dieGegenwart. Am Ende des Heartland-Kriegs zwischen Abtreibungsgegnernund Abtreibungsbefürwortern stehtdie „Charta des Lebens“:

Nach der Charta des Lebens istdas menschliche Leben von derEmpfängnis bis zum dem Zeit-punkt, an dem ein Kind dreizehn

Jahre alt wird, unantastbar. ImAlter zwischen dreizehn und acht-zehn Jahren können Eltern ein Kindrückwirkend „abtreiben“…… unter der Bedingung, dass dasLeben des Kindes „streng genom-men“ nicht endet. Der Vorgang, mit dem das Lebeneines Kindes abgeschlossen wird,das Kind aber dennoch am Lebenbleibt, wird Umwandlung genannt.(Shusterman 7)

Die praktische Umsetzung dieses Do-kuments mündet in der institutiona-lisierten Nutzung von, aus diversenGründen „ungewollten“, Teenagernals menschliche Ersatzteillager für dieBereitstellung transplantierbarer Kör-perteile. Die Umwandlung erfolgt insogenannten Ernte-Camps (u.a. Shus-termam 337), die von der Öffentlich-keit abgeschnitten sind. Hierinbesteht interessanter Weise eine ter-minologische Übereinstimmung zwi-schen den Texten Shustermans undCollins’. Denn in Die Tribute von

Panem wird das Auswahlverfahrender Tribute als Ernte (u.a. Collins2009, 7) bezeichnet. Die dabei hervor-gerufene Assoziation mit demSammeln von Nahrungsmitteln un-terstreicht die Herabstufung derProtagonistInnen zu Verbrauchswareund der damit einhergehenden Ab-sprache menschlicher Rechte, allenvoran des Rechts auf Leben.

Vollendet von Neal Schustermann(Sauerländer, 2012)

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In Die Bestimmung beobachtet dasLesepublikum den Zerfall einer alter-nativen Gesellschaftsform. Die Men-schen schließen sich nach ihrenÜberzeugungen zu fünf Fraktionenzusammen:

Altruan – die Selbstlosen. Candor– die Freimütigen. Ken – die Wis-senden. Amite – die Friedfertigen.Und schließlich Ferox – dieFurchtlosen. (Roth, Klappentext)

Diese Aufspaltung und die damit ein-hergehende Aufteilung von Aufgaben-bereichen sollen verhindern, dass eswieder zu Disharmonie und Kriegkommt. Deshalb sind es die selbstlosenAltruan, die die politische Macht inne-haben, da davon ausgegangen wird,dass sie diese nicht missbrauchen. DasSystem wurde zur Vermeidung zu-künftiger Konflikte eingeführt, wobei

die Zerstörungsspuren am Hand-lungsort Chicago durchaus plausibeldurch vorangegangene kriegerischeHandlungen zu erklären wären. In derZeremonie der Bestimmung wird derUrsprung des Gesellschaftssystemsder Fraktionen wie folgt dargestellt:

Vor vielen Jahrzehnten haben un-sere Vorfahren erkannt, dass nichtpolitische Lehren, religiöse Über-zeugung, Rasse oder Nationalitä-ten für die Kriege in der Weltverantwortlich sind. Sie erkann-ten, dass Menschen vielmehretwas Grundsätzliches fehlt – derWiderstand gegen das Böse, inwelcher Gestalt auch immer esauftreten mag. Deshalb teilten siesich in Fraktionen auf, die danachstrebten, jeden Makel, den sie fürdie Wirren der Welt verantwort-lich machten, auszulöschen. […]Diejenigen, die der Aggression dieSchuld gaben, gründeten Amite,die Fraktion der Freundschaft undFriedfertigkeit […] Jene, die dieUnwissenheit dafür verantwort-lich machten, gründeten die Ken,die Fraktion der Gelehrten. […]Diejenigen, die der Doppelzüngig-keit die Schuld gaben, schufenCandor, die Fraktion der Freimü-tigen. […] Diejenigen, die denEgoismus dafür verantwortlichmachten, schufen Altruan, dieFraktion der Selbstlosen. […] Undjene, die der Feigheit die Schuldgaben, wurden Ferox, die Furcht-losen. (Roth 45 –46)

Veronica Roths Die Bestim-mung (cbt, 2012)

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Am Ende von Die Bestimmung

kommt es zum blutigen Putsch durchdie Führung der Ken, die das von denAltruan eingeführte soziale Systemabsetzen möchten, um die finanziellenMittel und Güter zu ihren Gunsten an-ders zu verteilen. Das System ist damitgescheitert. In welche Richtung sichdie Umwälzungen in ShustermansSerie entwickeln, ist noch nicht fest-stellbar, da sie noch nicht vollständigerschienen ist. Auch für Collins’ Texteist das Scheitern der Regierungsform– mit dem in Band 3, Flammender Zorn,erneut ausbrechenden Krieg zwischenDistrikten und Kapitol – offenkundig.

Für die Zwecke dieser Analysewird auf eine simple, prägnante Defi-nition des Begriffs Krieg zurückgegrif-fen: Krieg als

organisierter und unter Einsatz er-heblicher Mittel mit Waffen undGewalt ausgetragener Konflikt, andem mehrere planmäßig vorge-hende Kollektive beteiligt sind.(Wikipedia; Stichwort Krieg).

Der Großkonflikt unter Beteiligungvon Kollektiven wurde in den Textendurch ein Sterben und Töten in ver-gleichsweise geringem Ausmaß er-setzt. In allen drei Beispielen werdendabei jugendliche Hauptfiguren andie Front einer phantastisch überstei-gerten Art von Stellvertreterkrieg ge-schickt: Beatrice soll als ferngesteuerte

Soldatin gegen ihre alte Fraktionkämpfen, während sich die Führungder Ken nur im Hintergrund beteiligt;Katniss und Peeta sind Hauptdarstel-ler in der Inszenierung von zwei Hun-gerspielen (einmal in Band 1 Tödliche

Spiele, einmal in Band 2 Gefährliche

Liebe); In Shustermans Text wird diePosition der Opferfigur, die aufgrundeines alten Friedensvertrages sterbenund damit andere vor dem Tod rettensoll, im Protagonisten Lev am deut-lichsten: Er wird von seiner Familie alsZehntopfer, Übergabe eines Zehntelsaller Habe an Gott, ins Ernte-Camp ge-schickt und ist sich dieser „Mission“Zeit seines Lebens bewusst.

In allen drei Fällen soll der gewalt-same Tod Vieler, der durch fort-gesetzten bzw. ausbrechenden Kriegunabwendbar wäre, durch den ge-waltsamen Tod Weniger verhindertwerden. Im Fall von Shustermans Textist es auch der Tod durch Unfall oderKrankheit, der umgangen werden soll,da die Medizin sich nun der Trans-plantierung aller Bestandteile des Kör-pers bedient und so praktisch allenicht umgewandelten Personen davonprofitieren. Zusätzlich wird in Vollen-

det die Komponente des Kampfes aufeine weitere Art und Weise integriert.Denn Levs ursprünglich unfreiwilligeFlucht (er wird vom anderen Protago-nisten Connor auf dessen Flucht als

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Geisel genommen) wird zum aktivenund gewalttätigen Widerstand, indemer sich als „Klatscher“ (u.a. Shuster-man 339), also als Selbstmordattentä-ter, in ein Ernte-Camp einschleicht.

Mit dem Austausch der Hunger-spiele bzw. der Umsetzung der„Charta des Lebens“ gegen einen offe-nen Krieg geht eine gesellschaftlicheAkzeptanz der Geschehnisse in denerzählten Welten einher: Die gängigePraxis wird als scheinbar unvermeid-lich, bzw. als das geringere Übel, Teildes Alltags. Unter anderem in diesemUmstand liegt das gesellschaftskriti-sche Potenzial des Konzepts der vorlie-genden Texte, welches bedauerlicher-weise nicht immer voll ausgeschöpftwird. Zusätzlich berechtigt die bedeu-tende Rolle von Gewalt und Blut-vergießen sowie deren literarischeUmsetzung durchaus Zweifel; einer-seits in Hinblick auf die pädagogischeEignung und andererseits in Hinblickauf die literarische Qualität der Texte.

Krieg und „Kriegsspiel“

Zuerst erfolgt hier ein Blick auf die In-szenierung von Gewalt. In Die Tribute

von Panem und Die Bestimmung

kommt dem unmittelbaren Kampfmit Hilfe von Waffen mit geringerReichweite große Bedeutung zu. Esfindet eine Inszenierung des Krieges

als Kriegsspiel statt, bei dem derFokus auf ‚Handgemengen’, also aufunmittelbarer Mensch-gegen-Mensch-Gewalt liegt. Der Anteil an geschilder-ter Gewalt ist in beiden Texten hoch.In Collins’ Trilogie bringen die Figu-ren einander zwar recht brutal um,aber die Autorin lenkt die Aufmerk-samkeit dabei weniger auf klaffendeWunden und zermalmte Körper alsauf Emotionen und die scheinbar aus-weglose Tragik der (durch das Kon-zept der Hungerspiele kreierten)Situation. Detailrealismus in Formvon Beschreibung des Gemetzels istsparsam eingesetzt.

Bei Roth müssen die Anwärter derFerox, zu denen auch Beatrice zählt, imZuge ihrer Initiation Nahkampftechni-ken, Waffengebrauch und das Über-winden eigener Ängste trainieren.Dieses Training bewirkt fortwährendeDuellsituationen, wobei die Initiations-phase einen Großteil der Handlungeinnimmt. Dass nur die Top 10 der An-wärter tatsächlich aufgenommen wer-den, sorgt, wenn auch nicht für Todwie in Collins’ Texten, doch für sozialeAusgrenzung als „fraktionslos“ im Falldes (nicht ganz) freiwilligen Verlassensder Fraktion oder des Nichtbestehensder Aufnahmerituale. Die Folgen die-ses Aufbaus der Handlung sind einer-seits Spannung, andererseits aber aucheine Gewaltspirale.

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Dem Prinzip des „Rauswählens“wird in Vollendet Rechnung getragen,indem diejenigen, denen die Fürsorgefür die betroffenen Jugendlichen ob-liegt, die Entscheidung treffen, sie um-zuwandeln, ergo zerstückeln zulassen. In dieser Handlungsgrundlageliegt objektiv betrachtet weit mehrSchrecken als in Situationen politi-schen Kalküls, wie sie in den anderenbeiden Beispieltexten anzutreffensind: Den Finger am Abzug habenVertrauenspersonen und Familie.

Um wieder auf die herangezogeneDefinition von Krieg zurückzukom-men: Das Ziel kriegerischer Handlun-gen, „den Konflikt durch gewaltsameKämpfe und Erreichen einer Über-legenheit zu lösen“ (Wikipedia; Stich-wort Krieg) wird in Die Tribute von

Panem und Vollendet zu einem end-losen Kreislauf umfunktioniert: JedesJahr finden Hungerspiele statt und diePraxis der Umwandlung ist etabliertesProcedere. Damit wird die in sichselbst bereits unstimmige Intention derKonfliktlösung durch Konflikt aufdem Rücken der nächsten Generationausgetragen. In Die Bestimmung gehtdas soweit, dass die etablierte Um-strukturierung, die Krieg vermeidensoll, durch Ausschalten der (per defi-nitionem selbstlosen) Führungsschichtder Altruan mittels willenlos gemach-ter Menschen jeden Alters erfolgt.

Gemeinsam ist den kriegerischenAuseinandersetzungen, die vor demEinsetzen der Erzählung von Die Tri-

bute von Panem und Vollendet stattge-funden haben, dass das Wissen übersie nicht allgemein zugänglich ist,bzw. propagandistischen Darstellun-gen unterliegt. Der Krieg, der zumherrschenden Status quo geführt hat,ist durch mangelndes Wissen in eineandere Sphäre gerückt, der eineAura der Unantastbarkeit verliehenwird.

In Vollendet wird dem mangelndenWissen ein Stück weit durch die Aus-führungen des Admirals entgegenge-wirkt. Dieser Leiter einer Art Camp, indas Wandler flüchten können, berich-tet Connor als Zeitzeuge davon, dassdie Charta nicht als tatsächliche Anre-gung gedacht war:

Suzanne Collins: Tribute von Panem:Tödliche Spiele (Oetinger, 2009)

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Ich war mit im Raum, als die Ideeaufkam, eine rückwirkende Been-digung der Schwangerschaft zuerlauben, sobald ein Kind das Ver-nunftalter erreicht […].Wir hieltenden Vorschlag für so schockie-rend, dass er beide Seiten wiederzur Vernunft bringen würde.(Shusterman 282)

Konkret ist der Wissensstand bezüg-lich der Umstände, die zu aktuellenEntwicklungen geführt haben, inso-fern von Bedeutung, als in nicht-realistischer Literatur die Vermittlungvon Wissen über die erzählte Welt vongrößerer Wichtigkeit ist als in realisti-schen Texten: Denn hier müssen demLesepublikum Unterschiede zwischeneiner erlebbaren Alltagswelt und dererzählten Welt, sowie die Gesetzmä-ßigkeiten dieser Unterschiede, vermit-telt werden: „Der Gegenwartsleserwird […] zu einem Detektiv, der diefremde Welt enträtselt“ (Suerbaum 18).

Bedeutung des Blickwin-

kels beim Sterben in SerieDabei spielt die Erzählperspektiveeine zentrale Rolle:

Die Welt ist nicht das, was der Fallist, sondern all das, was aus einerbestimmten Perspektive wahrge-nommen wird: Esse est percipi.(Werber 59)

Wer spricht, ist beim Aufbau vonnicht-realistischen Erzählungen aller

Kategorien nicht nur in Hinblick aufWissensvermittlung eine wichtigeFrage, sondern auch zentral für dasEinfühlen in die erzählte Welt und dieFiguren, die sie bevölkern. ErhardDahl stellt in seiner Untersuchung zurEntstehung der phantastischen Kin-der- und Jugenderzählung in Englandfest, dass die Innenperspektive fürPhantastik die beste Wahl darstellt,weil sie am meisten zur Identifikationeinlädt und bei der Illusionsbildungunterstützt (vgl. Dahl 136). Auchwenn Dahls Ausführungen sich aufZwei-Welten-Phantastik beziehen, sogilt diese Beobachtung auch für an-dere Genres. Tatsächlich lässt sich beider Betrachtung von Neuerscheinun-gen der letzten Jahre – sowohl originaldeutschsprachiger als auch ins Deut-sche übersetzter Texte – eine deutlicheVorherrschaft von personaler Erzähl-haltung und Ich-Erzählung beobach-ten, die sich nicht auf eine bestimmteUntergruppe nicht-realistischer Jugend-literatur beschränkt. Besonders im Be-reich Dystopie, dem ich die heran-gezogenen Textbeispiele zurechne, istdie Wahl einer Erzählung in der erstenPerson ein häufiges Mittel, um dieDrastik der Situation deutlich zu ma-chen und maximale Empathie beimLesepublikum hervorzurufen. AuchCollins’ und Roths Texte bedienensich der Ich-Perspektive: Katniss und

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Beatrice sind die Filter, durch die dasGeschehen präsentiert wird. Etwa lässtsich im Glanz und Glamour der Eröff-nungszeremonie der Hungerspiele so-wohl als LeserIn als auch als Tributphasenweise allzu leicht vergessen,dass es hier ums nackte Überleben geht.Aber das Lesepublikum wird regelmä-ßig unsanft auf den Boden der Tatsa-chen zurückgeholt. Denn es sieht dieerzählte Welt durch Katniss’ Augen, dieüber mehrere Hundert Seiten jederzeitdamit rechnet, getötet zu werden.

Shusterman greift zu einer olympi-schen Erzählerposition, schränkt dieseallerdings wiederum ein, indem einGroßteil der Handlung abwechselndauf die Gefühls- und Gedankenweltder drei Hauptfiguren Connor, Risaund Lev fokussiert. Daneben werdenimmer wieder einmalige Einschübemit Fokus auf anderen Personen he-rangezogen, um die Folgen der„Charta des Lebens“ auf diverse Le-bensbereiche möglichst deutlich vorAugen zu führen. Generell mag dieseVorgehensweise geeignet sein, die er-schreckend problemlose Integrationdes Gräuels in den Alltag auf breiterBasis zu demonstrieren. Allerdingswird dieser Ansatz durch die Un-unterscheidbarkeit der charakterisier-ten Personen und den immer wiedererfolgenden Rückgriff auf platteWendungen deutlich entwertet.

Aus erzähltechnischer Sicht ist pro-blematisch, dass sich der Spannungsbo-gen akuter Bedrohung, der für alle dreiTexte ein Handlungsfundament dar-stellt, nicht über mehrere Hundert Sei-ten aufrechterhalten lässt. Es istdarüber hinaus jeweils interessant, anwelchem Punkt der Erzählung dieBombe platzt: In Vollendet wird etwamit der Tür ins Haus gefallen und be-reits auf der ersten Seite die „Charta desLebens“ vorgestellt. In Die Bestimmung

hingegen wird erst gegen Ende desTextes klar, von wem und unter wel-chen Umständen der Blutzoll zu bezah-len sein wird. In Tödliche Spiele werdenLeserInnen über den gesamten erstenBand mit diversen Implikationen derHungerspiele vertraut gemacht.

Neben dem Trend hinsichtlich derPerspektive, dem sich zwei Texte zu-ordnen lassen, sind alle drei Beispieleder Tendenz zur seriellen Narration inder aktuellen nicht-realistischen Ju-gend- literatur zuzuordnen: Für dasThema „Gewaltsames Sterben“ bedeu-tet der Gesamtumfang der Erzählun-gen, dass der Versuch, dietodbringenden Elemente schrittweisezu überwinden, zu einem tragendenMotiv ausgebaut wird. Von den ge-wählten Beispielen ist nur SuzanneCollins’ Trilogie im Gesamten erschie-nen. Von Roths und Shustermans Tri-logie wurde bisher in deutscher

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Übersetzung jeweils nur der erste Teilpubliziert. Dennoch ist eine Entwick-lung in der Tradition dystopischerJugendliteratur zu erwarten. Es ergibtsich ein Muster, das durchaus anhandanderer Beispiele, wie etwa PatrickNess’ New World-Trilogie, verifiziertwerden kann. Es verläuft wie folgt:Band 1 stellt die Charaktere vor, reißtKonflikte und Potenzial zu Verände-rungen an. Band 2 verändert die Regelnund stellt die Ursachen, Auswirkungenund Hintergründe für den Missbrauchder Jugendlichen und das etablierteSystem stärker ins Zentrum. Es folgteine Auflösung der etablierten Verhält-nisse in Band 3, die sehr unterschiedli-che Ausprägungen annehmen undunterschiedliche Grade an Traumatafür die Figuren bereithalten kann.

Schockräume!

Zum Thema der Traumata, den kör-perlichen und seelischen Strapazen,denen die Figuren (und bis zu einemgewissen Grad damit auch das Lese-publikum) ausgesetzt werden, istabermals auf den Begriff des Schon-raums zu verweisen. Dystopische Ju-gendliteratur tendiert, wie anhand derbeschriebenen Szenarien in den Bei-spieltexten deutlich ersichtlich, viel-mehr zu „Schockräumen“. CharlesTownshend spricht in seiner Untersu-chung zu Terrorismus von der Vor-gehensweise,

Regeln aufzustellen und Grenzenzu setzen, um gewaltsame Vorge-hensweisen unter Kontrolle zuhalten: Werden diese Grenzenüberschritten, bewirkt dies einenSchock. (Townshend 17)

Der Einsatz von (tödlicher) Gewaltmag in vielen Texten plotmotiviertsein, da antagonistisches, unmenschli-ches Verhalten oft über die Bereitschaftzu töten charakterisiert wird. Zusätz-lich werden Angst- und Problembe-wältigung in vielen dystopischenTexten auf eine elementare Ebene ver-schoben: Es geht ums nackte Überle-ben – und das so lange wie möglich, inso vielen unterschiedlichen Variantenwie möglich. Unter welchen Umstän-den Leben genommen wird, ist dabei

Das dunkle Paradies: Der zweite Bandaus Patrick Ness’ New World-Reihe(Ravensburger, 2009)

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von fundamentaler Bedeutung. Diegrößte Schockwirkung im Bereich derJugendliteratur wird von SuzanneCollins einer bestimmten Art der Ge-walt zugeschrieben: „it’s not onlyhuman-on-human violence, it’s kid-on-kid violence“ (Collins, Youtube).Dieser Form der Gewalt wird auch inRoths Text einiger Raum gewidmet:Wie bereits erwähnt, führt das Aus-musterungsverfahren der Fraktions-anwärter zu Aggressivität unter-einander. Den Gipfel stellen eine ver-suchte Vergewaltigung und eine Mes-serattacke (die mit einem Messer imAuge eines der Initianten endet) dar.Aber auch Shustermans Erzählung,die sich gänzlich anderer Mechanis-men bedient, grenzt diesen Aspektnicht aus, wenn im vermeintlich siche-ren Hafen des Camps des Admiralsdie vier Jugendlichen ermordet wer-den, die ihm am nächsten stehen. Alldiese Elemente der Erzählungen füh-ren zu wiederholtem Bruch mit derVorstellung phantastischer Räume alssicherere Räume.

Ein Großteil der Schockwirkungkann die Inszenierung ausmachen. Su-zanne Collins ist weder die erste nochdie einzige Autorin, die ein Szenarioschafft, in dem die unfreiwillige Teil-nahme an einem „Spiel“ für die Figu-ren mit hoher Wahrscheinlichkeit eineReise ohne Wiederkehr bedeutet. An-

dere Beispiele sind etwa Die Ritter der

vierzig Inseln von Sergej Lukianenkooder Battle Royale von Koushun Ta-kami, welches oft als direkte Vorlagefür Die Tribute von Panem bezeichnetwird. Was Collins von anderen Textenabhebt, ist u.a. – zumindest in Band 1und 2 – die Konzeption der Serie alskritische Reflexion von Rezeptionsver-halten und Mechanismen von Massen-medien. Diesbezüglich ist interessantzu beobachten, dass im aktuellen Un-terhaltungsfernsehen eine Desensibili-sierung stattzufinden scheint:

Reality-Shows wie Castaway aufBBC, Survivor auf CBS, DasDschungelcamp auf RTL oder Ex-pedition Robinson auf ORF setzenauf den Unterhaltungswert desÜberlebenskampfes, selbst wenndieser nur vorgeblich passiert.(Ulm 13)

Vicki Goldberg stellt hierzu in ihrerUntersuchung zur Darstellung desTodes in den Medien fest, dass derTod mit zunehmend verbreiteter Me-dialisierung der Gesellschaft einemWandel vom Ritus zur Unterhaltungunterworfen wird (Goldberg 27–28).Sie setzt den Beginn dieser Entwick-lung im 19. Jahrhundert mit einemRückgang der Präsenz des Todes imAlltag, früher etwa der Aufbahrungder Toten im eigenen Heim, an. Siestellt auch einen losen zeitlichen

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Zusammenhang mit zunehmenderVerbreitung von Todesdarstellungenin den Printmedien an – die durch dieEntwicklung neuer Technologien ih-rerseits größeren Rezipientengruppenzugänglich wurden:

[T]he diminution of the visible pre-sence of death was not the primarycause of the expansion of depicti-ons, but history and psychologyindicate that representation ra-pidly supplanted actual experienceas a new and newly anxious audi-ence sought novel ways to copewith its fears. (ebd. 28)

Texte wie Die Tribute von Panem, Voll-

endet oder Die Bestimmung inszeniereneffektvoll den gewaltsamen Tod, ladenaber – zumindest an der Oberfläche –durch die gewählten Erzählformen zuEmpathie und Reflexion ein.

Zum Aspekt der Inszenierung ge-waltsamen Sterbens ist abschließend einkurzer Blick auf (Blockbuster-) Filmadap-tionen lohnend, die auf explizite visuelleDarstellung des blutigen Schreckens injugendliterarischen Schockräumen kaumverzichten (können).

Ausblick auf die leinwand

Chad Stahelski, der Stunt-Koordinatorder Verfilmung von Tödliche Spiele, for-muliert das Problem der Umsetzungder Gewaltszenen wie folgt:

How do you manage to create afight scene, a big brawl, like theCornucopia entrance, [and] stillcreate a realistic kind of violenceon a PG-13 rating – with children?(Ross 0:31–0:41)

Die Antwort des Regisseurs Gary Rossist der massive Einsatz von Handkame-ras, der zu zahlreichen Sequenzen mitverwackeltem Bildmaterial führt. Ei-nerseits wird dadurch auf ungewöhn-liche und effektive Weise die personalePerspektive übertragen: Durch dieseInszenierungsstrategie entsteht derEin- druck unmittelbarer Teilnahmeam Geschehen. Andererseits sind da-durch viele Details der Kampfszenenmit bloßem Auge und ohne die Unter-stützung von Zeitlupe nicht erkennbar.

Generell überrascht nicht, dass ge-rade Texte wie Die Tribute von Panem,Vollendet und Die Bestimmung für diegroße Leinwand adaptiert werden: Sieeignen sich aufgrund zahlreicher Ac-tionszenen, einer zumindest ansatz-weise tragischen Liebesgeschichteund ihrer Bekanntheit im Vorfeld(durch die printliterarischen Vorla-gen) gut für Blockbuster-Verfilmun-gen mit Aussicht auf Gewinn. ZumErscheinungszeitpunkt dieses Arti-kels ist die Adaption von Die Tribute

von Panem. Gefährliche Liebe voraus-sichtlich gerade in der Postproduction-Phase. Filmrechte für Vollendet und Die

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Bestimmung wurden von Summit En-tertainment angekauft, die sich sonach dem Ende der Adaptionen vonStephenie Meyers Bis(s)-Serie weiterezugkräftige Serien gesichert haben. Esbleibt abzuwarten, wie in den Verfil-mungen von Roths und ShustermansTexten – so es sie tatsächlich gebenwird – mit Fragen der Figurencharak-terisierung, Gesellschaftskritik und Ge-waltinszenierung umgegangen wird.

Vicky Goldberg stellt fest:

[W]e need to know, or think weneed to know, what it is, how itlooks, what it does to us, what wecan do about it. Images step upand offer their services. (51)

Manchmal müssen wir vielleicht auchnur das Kino oder den Lesesessel mitdem Gefühl verlassen können, unsselbst in einer Realität zu befinden,die, im Vergleich, ein Schonraum ist.

Sonja Loidl (1983) hat

2012 an der Univer-

sität Wien zum

Thema Weltenüber-

tritt und Tod in der

phantastischen Kin-

der- und Jugendlitera-

tur im Fachbereich Germanistik promo-

viert. Sie ist freie Literaturwissenschaftle-

rin und freie Mitarbeiterin der STUBE -

Studien- und Beratungsstelle für Kinder-

und Jugendliteratur, Wien.

InTerJulI 01 I 2013

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ANMERKUNGEN

1 Im Rahmen dieses Artikels wird auf eine Auseinandersetzung mit Genreabgrenzungen

verzichtet. Die Zuordnung der gewählten Beispiele zur Dystopie erfolgt in Hinblick auf

das Charakteristikum weitgehend pessimistischer Darstellung gesellschaftlicher Ent-

wicklungen in einer fiktiven Zukunft der Erde mit Referenz u.a. auf Ralf Schweikart (vgl.

Schweikart 3–5). Eine Zuordnung zur Science Fiction u.a. nach Ulrich Suerbaum (vgl.

Suerbaum 68–69) ist selbstverständlich möglich, wobei die „Rangordnung“ dieser beiden

Teilbereiche nicht-realistischer Literatur in der Forschung nicht eindeutig geklärt ist.

LITERATURANGABEN

Primärquellen

Collins, Suzanne. Die Tribute von Panem: Tödliche Spiele. A. d. Amerikan. v. Sylke Hach-

meister und Peter Klöss. Hamburg: Oetinger, 2009.

---. Die Tribute von Panem: Gefährliche Liebe. A. d. Amerikan. v. Sylke Hachmeister und

Peter Klöss. Hamburg: Oetinger, 2010.

---. Die Tribute von Panem:. Flammender Zorn. A. d. Amerikan. v. Sylke Hachmeister und

Peter Klöss. Hamburg: Oetinger, 2011.

Lukianenko, Sergej. Die Ritter der vierzig Inseln. A. d. Russ. v. Matthias Dondl. Mün-

chen: Heyne, 2009.

Ness, Patrick. .New World: Die Flucht. A. d. Amerikan. v. Petra Koob-Pawis. Ravens-

burg: Ravensburger Buchverlag, 2009.

---. New World: Das dunkle Paradies. A. d. Amerikan. v. Petra Koob-Pawis. Ravensburg:

Ravensburger Buchverlag, 2009.

---. New World: Das brennende Messer. A. d. Amerikan. v. Petra Koob-Pawis. Ravensburg:

Ravensburger Buchverlag, 2010.

Ross, Gary. The Hungergames: Die Tribute von Panem. Blu-ray Special Edition. Lionsgate,

2012. Extras > Die Entstehung von „Die Tribute von Panem“ > Bereit für die

Arena.

Roth, Veronica. Die Bestimmung. A. d. Amerikan. v. Petra Koob-Pawis. München: cbt, 2012.

Shusterman, Neal. Vollendet. A. d. Amerikan. v. Ute Mihr und Anne Emmert. Mannheim:

Bibliographisches Institut, 2012.

Takami, Koushun. Battle Royale. A. d. Jap. v. Jens und Akiko Altmann. München:

Heyne, 2006.

loIDl Der ToD iST nichT genug.

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Sekundärquellen

Dahl, Erhard. Die Entstehung der phantastischen Kinder- und Jugenderzählung in England.

Paderborn: Ferdinand Schöningh, 1986.

Goldberg, Vicki. „Death Takes a Holiday, Sort Of“. In: Jeffrey Goldstein (Hrsg.): Why We

Watch. The Attractions of Violent Entertainment. New York, NY [u.a.]: Oxford Univ.

Press, 1998. 27– 52.

Schweikart, Ralf. „Nur noch kurz die Welt retten. Dystopien als jugendliterarisches Rand-

thema“. kjl&m.12.3 (2012): 3–11.

Stenzel, Gudrun. Faszination Fantasy. Realitätsflucht oder Spiel mit kreativem Potential?

Wien: o.V., 2001. (= fokus, Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur der STUBE).

Suerbaum, Ulrich, Ulrich Broich und Raimund Borgmeier. Science Fiction: Theorie und

Geschichte, Themen und Typen, Form und Weltbild. Stuttgart: Reclam, 1981.

Townshend, Charles. Terrorismus. A. d. Engl. v. Ursula Blank-Sangmeister unter Mitarbeit

von Helga Biem. Stuttgart: Reclam, 2005.

Ulm, Christina. „Tabula Rasa: Die jugendliterarische Insel im Spannungsfeld zwischen

Utopie, Dystopie und Heterotopie“. kjl&m 12.3 (2012): 12–17.

Werber, Niels. „Phantasmen der Macht. Funktionen des Phantastischen – nach Todorov“.

Nach Todorov. Beiträge zu einer Definition des Phantastischen in der Literatur. Hg.

Clemens Ruthner, Ursula Reber und Markus May. Tübingen: Narr Francke At-

tempto Verlag, 2006. 53–66.

Internetquellen

Duden; Stichwort Schonraum. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Schon-

raum (32.10.2012).

Glasenapp, Gabriele von. Apokalypse now! Future-Fiction-Romane und Dystopien für junge

LeserInnen [Redemanuskript, gehalten auf der Tagung „Albtraum Zukunft.

Politisierung von Jugend und Jugendliteratur“ vom 1.-3. Juni 2012 in der

Evangelischen Akademie Tutzing]. URL: http://www.uni-frankfurt.de/fb/fb10/

jubufo/Tutzing-2012/GlasenappBeitrag1.pdf (30.12. 2012).

Wikipedia; Stichwort Krieg. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Krieg (30.12. 2012).

Youtube; Interview mit Suzanne Collins. URL: http://www.youtube.com/watch?feature=

endscreen&v=ZrK3qYNcgq4&NR=1 (30.12. 2012).

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