Click here to load reader

Der Tod kam von den Sternen

Embed Size (px)

Citation preview

  • Der Tod kam von den SternenTERRA - Utopische Romane

    Band 107

    von CLARK DALTON

  • 3 TERRA

  • Der Tod kam von den Sternen 4

    Das Raumschiff kam zwei Lichtwochen von ZetaHerkuli entfernt aus dem Hyperraum in das normaleUniversum zurck.

    Die nahe Sonne war nichts als ein besonders hellerStern.

    Die an Bord befindlichen Karten bezeichneten ihnals Spektraltyp der G-Klasse, genau 30 Lichtjahrevom heimatlichen System entfernt und mit einem un-gefhren Durchmesser von zweieinhalb Millionen Ki-lometern.

    Die Zahl eventuell vorhandener Planeten war unbe-kannt.

    Kommandant John Russell betrachtete den Bild-schirm mit gefurchter Stirn und drckte dann auf denKnopf, der die Bordsprechanlage einschaltete. Ruhigwartete er, bis die aufleuchtenden Lmpchen anzeig-ten, da sich die gewnschten Teilnehmer anschls-sen. Der kleine Bordschirm glhte in allen Kabinenauf und zeigte das Gesicht des Kommandanten. Dafrhatte dieser Gelegenheit, in der Zentrale die gespann-ten Zge der Teilnehmer auf einem Reihenbildschirmzu studieren.

    Wie immer war der stellvertretende Kommandant,Captain Harry Klein, der erste, der auf das Rufzei-chen reagierte. Der schlanke Deutsche, ein erfahre-ner Raumpilot und zugleich bekannter Physiker, lieein flchtiges Lcheln ber sein Gesicht huschen, alswolle er sagen: ,Na, da haben wir es wieder einmalgeschafft!

    Russell nickte ihm kurz zu, ehe er sich den anderenzuwandte.

    Da war der Biologe Olaf Gulbrandsen, ein blonderNorweger und ein regelrechter Hne an Gestalt. So-weit das Universum in die Karten der Raumflotte ein-getragen war, kannte er jeden Planeten und jede Pflan-ze beim Namen. Sein Gedchtnis glich einer Kartei,und die geringste Andeutung gengte, die gewnschteInformation zu erhalten.

    Seine Kollegin, die amerikanische Zoologin RitaRichards, befand sich auf dem Bildschirm nebenan.Die blonden Haare aus dem frischen Gesicht strei-chend, lchelte sie Russell erwartungsvoll entgegen.

    Der Kommandant nickte auch ihr zu, obwohl je-der der Teilnehmer dieses Lcheln auf sich beziehenkonnte. Dann wartete er auf den letzten Teilnehmer.

    Doch wie gewhnlich lie sich der Zeit. Erst nacheiner vollen Minute leuchtete sein Bildschirm auf undmit einer lebhaften Gebrde bat Torrelli um Verzei-hung.

    Ich hatte zu tun! sollte das heien.Russell nickte auch ihm zu, ehe er begann:Wir haben das befohlene Ziel erreicht und werden

    uns Zeta Herkuli mit halber Lichtgeschwindigkeit n-hern. Es ist Torrellis Aufgabe, nach Planeten zu su-chen und ich bitte, mir bei einer entsprechenden Fest-stellung sofort Meldung zu machen. Finden wir kei-ne Planeten, wird dieser Auftrag gestrichen und unser

    nchstes Ziel ist das bereits bekannte System L 37 C,das vor zehn Jahren entdeckt wurde. Es wird also vonIhnen, Torrelli, abhngen, ob wir sehr bald den neuenKurs aufnehmen knnen oder ob wir bald wissen,da eine Landung in vier Wochen mglich ist.

    Werde mein Bestes tun, Bo, gab der Italiener zu-rck.

    Russell wandte sich an Klein und Rita:

    Sie beide werden in stndiger Verbindung mit derastronomischen Abteilung bleiben, um sofort Ihre Be-obachtungen aufnehmen zu knnen, wenn ein Planetfestgestellt wird. Noch bevor wir das System errei-chen, mssen wir wissen, womit wir es zu tun haben.Erkunden Sie den gnstigsten Landeplaneten, den wirals Hauptquartier fr unsere interplanetarischen Er-kundungsflge benutzen knnen. Vorausgesetzt natr-lich immer, da Zeta Herkuli berhaupt Planeten be-sitzt.

    Die beiden Angesprochenen nickten ihr Einver-stndnis.

    Klein, Sie bernehmen die vorbereiteten Arbeitenund unterrichten mich laufend ber die Fortschritte.Veranlassen Sie auch die routinemige berprfungaller Waffen und setzen Sie das Schiff in Verteidi-gungszustand.

    Ich danke Ihnen allen.

    Er schaltete die Anlage aus und wartete nicht, bisdie Schirme verglhten. Mit einem erleichterten Auf-atmen lie er sich in den Sessel vor den Navigationsin-strumenten nieder und betrachtete mit intensivem In-teresse den groen Bildschirm, der den Sektor vor derHELOS wiedergab.

    Zeta Herkuli stand fast in der Mitte, ein hellerleuch-teter Stern von ungewhnlicher Schnheit.

    Nach drei Wochen entdeckte Torrelli Hen erstenPlaneten.

    Die HELOS war inzwischen bis auf drei Licht-tage an die Sonne herangekommen und hatte dieGeschwindigkeit noch nicht verringert. Zeta Herkuliselbst war zu einer beachtlichen Gre angeschwol-len, die aus dem Meer der Sterne auffallend hervor-stach.

    Der Planet wurde mit den Teleskopen sichtbar undRussell lie das Bild auf den dafr bestimmten Schirmprojizieren.

    Stark vergrert lieen sich Einzelheiten bereitserkennen. Drei Hauptkontinente hoben sich von dergleichfarbenen Flche eines Ozeans ab, Wolkenschlei-er behinderten die Sicht und verrieten eine Atmo-sphre. Torrelli beeilte sich ausnahmsweise, die inzwi-schen in gemeinsamer Arbeit mit den anderen Abtei-lungen herausgefundenen Daten bekanntzugeben.

    Die Atmosphre ist nicht atembar, soviel wissenwir. Drei Kontinente sind auf der uns zugekehrten Sei-te. Rotation sehr gering, vielleicht eine Umdrehung

  • 5 TERRA

    in mehr als zwei Wochen. Entfernung von der Son-ne: 250 Millionen Kilometer, was jedoch fast gleicheBedingungen wie auf der Erde vermuten lt fallsman davon sprechen darf. Oberflchenelemente allebekannt. Nichts Neues.

    Also fr uns nicht geeignet, meinte Russell.Torrelli auf dem Bildschirm schttelte den Kopf.Das will ich damit nicht sagen. Leben ist dort ohne

    weiteres mglich, wenn auch vielleicht nicht in unse-rem Sinne.

    Wir suchen nicht nur nach Leben! erinnerte ihnRussell.

    Torrelli nickte.Sondern auch nach neuen Elementen und uns be-

    kannten Edelmetallen, nach radioaktiven Stoffen undvielleicht fr uns besonders interessanten Vegetations-erscheinungen.

    Also doch geeignet! stellte Russell fest und fgtehinzu: Unterrichten Sie

    mich bitte, sobald Sie Neues entdecken.Dann unterbrach er die Verbindung.Drei weitere Tage vergingen.Ein zweiter Planet wurde nicht mehr gefunden. Al-

    ler Wahrscheinlichkeit nach besa also Zeta Herkulinur diesen einen Trabanten.

    Die Sonne selbst war jetzt etwa so gro wie Sol,whrend der einzige Planet zu einem gewaltigen Glo-bus angewachsen war. Die HELOS legte in der Sekun-de nur noch wenige Kilometer zurck und hatte einestabile Kreisbahn eingeschlagen, um weitere Erkun-dungen der entsprechenden Abteilung abzuwarten.

    Dabei verringerte sich die Entfernung stndig. Inweiteren zwei Tagen konnte dann die Landung erfol-gen.

    Und sie erfolgte, nachdem kein Leben festgestelltwurde.

    Vegetation jedoch gab es zweifellos.Olaf Gulbrandsen konnte das in Zusammenarbeit

    mit der astronomischen Abteilung herausfinden undverfate einen entsprechenden Kommentar, der Rus-sell zugeleitet wurde. Er besagte:

    Der Planet ist mit einer dichten Pflanzenschicht be-deckt, die in ihrer Zusammensetzung einer Art ent-spricht, wie sie auf Centauri III vorkommt. Wie be-kannt, ist auch dort eine nicht atembare Atmosphrevorhanden. Es handelt sich um eine Strauchgattung,die nicht hher als zwei Meter wird. Der spezielle Na-me ist im Biologischen Handbuch zu finden. DieseArt also scheint nach bisherigen Beobachtungen denHauptanteil der vorhandenen Flora auszumachen. MitBestimmtheit lt sich das jedoch erst nach der Lan-dung sagen. Meiner Ansicht nach bestehen gegen einesolche also keine Bedenken.

    Auch die Zoologin Richards hatte keine Bedenken.Anzeichen einer Fauna konnten von ihr nicht gefun-den werden.

    Also setzte die HELOS Stunden spter zur Landungan.

    Russell hatte dazu eine Hochebene gewhlt, die mitdem Fluggleiter nur wenige Minuten vom Meeres-strand entfernt lag.

    Drei weitere Stunden nach der Landung lagen Rus-sell alle Einzelheiten der Bedingungen vor, die auf derfremden Welt herrschten.

    Die Atmosphre war giftig und wirkte nach weni-gen Minuten bereits tdlich. Genau wie auf CentauriIII, erinnerte Rita sachlich, whrend sie den Bescheiderhielt, sich fr die Landeexpedition bereitzumachen.

    Der Gleiter lag startbereit in der Ladeluke. Die Luft-schleuse war bereits geffnet und die Rollschienenfhrten direkt in sie hinein.

    Russell hatte das Anlegen der Schutzbekleidung zurPflicht gemacht, wenn auch die Kabine des Gleitersgenauso dicht war wie die Zentrale der HELOS.

    Dann kletterte er zuerst in das Flugzeug, gefolgtvon Rita Richards, Olaf Gulbrandsen und Torrelli. Je-der der Teilnehmer trug den Ionenstrahler, die ultimateWaffe der Menschheit.

    Harry Klein blieb auf der HELOS und bernahmsomit die Verantwortung fr das Schiff. Er hatte Be-fehl, sofort zu starten, wenn Russell dazu per Funkden Befehl gab. Mit dieser Manahme sollte verhin-dert werden, da bei unvorhergesehenen Zwischen-fllen das Hauptschiff in die Hnde eines mglichenGegners fiel.

    Der Gleiter rutschte auf den Schienen vor und hieltan. Hinter ihm schlo sich die gewaltige Luke und iso-lierte ihn vom brigen Schiff. Die Pumpen begannen,die wertvolle Luft abzusaugen, um sie nicht unntzzu verschwenden. Dann verstummte auch dieses Ge-rusch.

    Langsam und wie zgernd ffnete sich dann vor derNase des Gleiters die Auenluke. Nach beiden Seitenschob sie sich in die Hohlrume der Schiffswandung.

    Das knstliche Licht in der Schleuse erlosch, als dashelle Leuchten der Sonne in die Kammer eindrang;und damit auch die fremde Atmosphre.

    Kommandant John Russell sa hinter den Kontrol-len. Langsam gewhnten sich seine Augen an die un-gewohnte Helligkeit und er konnte die ersten Einzel-heiten durch die Plastikkuppel erkennen.

    Bis fern zum Horizont erstreckte sich die fast glat-te Flche der steinigen Hochebene, auf der keinePflanzen wuchsen. Hier und da verrieten einige Ge-steinsbrocken Verwitterungsttigkeit, was wiederumauf Niederschlge und Winde schlieen lie.

    Nach links senkte sich die Flche und endetein einem niedrigen Gebirgszug. Rechts unvernderteHochflche bis zum Horizont. Hinter ihnen mute dasMeer sein.

    Russell drckte auf den Fahrthebel.

  • Der Tod kam von den Sternen 6

    Der Gleiter scho mit unwahrscheinlicher Be-schleunigung aus der Schleuse heraus und erhob sichgehorsam in die Luft was immer sie auch seinmochte. Die kurzen Flgelstummel erfaten den Wi-derstand sofort, der Gleiter lie sich manvrieren.

    In einem Winkel von fast fnfundvierzig Grad zogRussell das kleine Flugzeug hoch, legte es in eineKurve und schaute dann seitlich aus der Kanzel. Weitunten stand die HELOS, ein silberschimmerndes Ge-bilde aus Energium, jenem geheimnisvollen Metallmit allen merkwrdigen Eigenschaften einer fremdenWelt. Einsam und grenzenlos verlassen schien dasSchiff, aber Russell versprte eine Beruhigung. Sostand die HELOS sicher. Niemand wrde sich ihr un-bemerkt nhern knnen, denn die Hochflche bot sogut wie keine Deckungsmglichkeit.

    In einer Schleife kehrte der Gleiter zurck undstrebte dann in Richtung des Meeres davon, die HE-LOS weit hinter sich lassend.

    Gleichzeitig prfte Russell die Funkanlage.

    Hallo, Klein! Hren Sie mich?

    Verbindung deutlich und einwandfrei, kam es zu-rck. Besttigen Sie bitte!

    Hier auch Empfang gut, sagte Russell befriedigt.Bleiben Sie stndig auf Empfang. Ich lasse den Sen-der eingeschaltet. So knnen Sie alles mitverfolgen.

    Danke, Commander!

    Rita zeigte nach vorn.

    Sehen Sie dort, Russell das Meer! Ich bin ge-spannt, woraus es bestehen wird.

    Das Meer lag ruhig da, als bestnde es aus flssi-gem Blei. Keine Welle beunruhigte die glatte Oberfl-che, und fast htte man meinen knnen, sie sei schonvor Jahrtausenden erstarrt.

    Auf keinen Fall ist es Wasser! lie sich Russellvernehmen.

    Auf der anderen Seite verstehe ich dann nicht, wie-so die Pflanzen existieren knnen, gab Rita zu beden-ken.

    Aber Mdchen! entrstete sich der Biologe. Wieknnen Sie denn so etwas sagen? Hier herrschen dochganz andere Bedingungen, als wir sie kennen. Viel-leicht strben hier alle Vegetationsarten, begsse mansie mit Wasser. Unter Umstnden gedeihen sie nurdann, wenn sie ein tgliches Benzinbad erhalten.

    Rita warf Russell einen fragenden Blick zu, aber aufdem Gesicht des Kommandanten zeigte sich keinerleiRegung. Da gab sie es auf und schwieg. Es gab auchgenug zu sehen.

    Der Strand unterschied sich nur wenig von demFestland, denn beides schien gleich unbeweglich undfest zu sein. Lediglich die kaum merklichen Farbfleckebezeichneten das Land; Vegetationsinseln auf der hierweniger steinigen Oberflche.

    Der Gleiter sank tiefer und berhrte fast die jetztdeutlich werdende Flssigkeit. Hinter dem Flugzeug

    entstanden kleine und trge Wellen, hervorgerufendurch den Luftzug. Doch auch sie sackten gewisser-maen sofort wieder in sich zusammen, kaum da dieUrsache der Strung vorber war.

    Das spezifische Gewicht des ,Meerwassers mutesehr gro sein.

    Der Kstenstreifen mochte knapp hundert Meterbreit sein. Dann steilte die Hochflche empor, wie voneinem Gigantenmesser abgeschnitten. Senkrecht fielder Abschnitt in die Tiefe, mehrere hundert Meter.

    Auf dem Kstenstreifen landeten sie.

    Dank der im Bug angebrachten Bremsdsen ben-tigte der Gleiter kaum zehn Meter Landeflche. Dieschwenkbaren Sitze in der Kabine lieen den Andruckertrglich werden.

    Russell sagte in das pltzliche Schweigen hinein:

    Torrelli, Sie bleiben hier. Setzen Sie sich hinter dieKanone und achten Sie darauf, da sich uns nichts Le-bendiges nhern kann. Vielleicht gibt es etwas in denKlippen oder in dem Meer, was wir bisher nicht ge-merkt haben. Feuern Sie rcksichtslos, verstanden?

    Okay, Bo! nickte der Italiener mit etwas sauremGesicht. Er wre offensichtlich lieber mit von der Par-tie gewesen, anstatt den Schutzengel zu spielen. Dannaber nahm er gehorsam den bisherigen Platz des Kom-mandanten ein und fuhr das Rohr des mittleren Strah-lers aus.

    Der winzige Gleiter besa keine besonderen Luft-schleusen. Die mitgefhrten Vorrte reichten geradeaus, die Atemluft in der Kabine zweimal zu erneuern,einmal beim Verlassen, das zweite Mal beim Wieder-einsteigen.

    Alle vier schlssen die Helme; dann ffnete Rus-sell die kleine Ausstiegluke. Der Austausch der beidensich feindlichen Gasgemische erfolgte sehr schnell,obgleich kein Druckunterschied bestand. Russell, Ritaund Olaf sprangen hinab auf den harten Boden undverharrten hier, bis sich die Luke hinter ihnen ge-schlossen hatte. Um mehrmals ein- und aussteigen zuknnen, verzichteten sie auf ein Ausblasen der Giftat-mosphre.

    Torrelli mute mit verschlossenem Helm in derKantine sitzen bleiben.

    Langsam gingen sie einige Schritte und blieben er-neut stehen.

    Unter ihren Fen befand sich jungfrulicher Erd-boden, der noch niemals von den Sohlen einesmenschlichen Schuhes berhrt worden war. Vielleichtnoch nie von den Fen eines Lebewesens berhaupt.

    Die Erde war hart und steinig. Nur dort, wo ein-zelne kahle Gebsche ihre wie abgefressenen Zweigegen Himmel reckten, zeigte sich etwas aufgelockerterBoden. Aber das war auch alles.

    Die Welt war tot, und die vier Menschen schienen,das einzig Lebendige auf ihr zu sein.

  • 7 TERRA

    Kein Laut war zu hren; die Stille wirkte unheim-lich und drohend. In den Lften kein Vogel oder In-sekt, auf dem Land kein Tier und in dem Gewsser was immer es auch war kein Fisch.

    Zeta Herkuli war ein toter und ausgestorbener Pla-net.

    Aber hatte er jemals Leben getragen?

    Olaf Gulbrandsen zeigte auf das nahe Gebsch.

    Ja, es hat eine gewisse hnlichkeit mit jenenPflanzen auf Centauri; eine entfernte Verwandtschaftscheint zu bestehen. Sollte das die einzige Vegetationsein, die wir hier finden?

    Rita schttelte den Kopf. Sie verstellte die Lautstr-ke ihres Helmgertes ein wenig.

    Ich habe von oben her durch das Teleskop nochandere Pflanzen bemerken knnen. Die Blten schim-merten in allen Farben. Es mssen ganz niedrige Ge-wchse sein. Sie erinnerten mich an einen Teppich.

    Ja, das habe ich auch gesehen, gab der Norwegerihr recht. Wie konnte ich das nur vergessen. Nun, hieram Meer scheinen diese Dinger ja nicht zu gedeihen.Vielleicht knnen sie keine Feuchtigkeit vertragen.

    Russell knurrte in sein Mikrophon:

    Feuchtigkeit? Wollen wir erst einmal feststellen,ob es sich bei diesem merkwrdigen Ozean um Feuch-tigkeit handelt.

    Er begann langsam auf den schmalen Streifen zu-zuschreiten, der das Festland vom Ozean trennte. Dieanderen folgten ihm gemchlich.

    Etwa fnf Meter von der Grenzlinie entfernt blie-ben sie stehen. So recht wute keiner, was er tun soll-te. Gerte zur exakten Untersuchung hatten sie auchkeine bei sich.

    Russell sah sich suchend um und fand einen gre-ren Gesteinsbrocken. Er nahm ihn auf und schleuderteihn mit ausholender Bewegung in das Meer hinein.

    Schwer fiel der Brocken in die Flssigkeit, die nurzgernd beiseite wich und sich teilte. Langsam ver-sank der Stein darin. Ebenso langsam schlssen sichdie kaum merklichen Wogen wieder und nichts ver-riet, da soeben ein Gegenstand hier an dieser Stelleversunken war.

    Unheimlich! fate Olaf seine Meinung in einemWort zusammen.

    Wahrhaftig unheimlich! stimmte Rita ihm bei.

    Russell schttelte den Kopf.

    Ich mchte wissen, was es ist. Hallo, Klein! HrenSie mich?

    Deutlich kam die Antwort aus der weit entferntenHELOS:

    Sehr gut, Commander.

    Woraus, glauben Sie, wird dieses Meer bestehen?

    Das kann ich von hier aus kaum feststellen, gabKlein ein wenig schadenfroh zurck. Htten Sie michmitkommen lassen...

    Sie wissen genau, da es eine Art Vorschrift gibt,erinnerte ihn Russell vorwurfsvoll. Doch versuchenSie so, eine Definition zu finden. Sie haben ja allesmit angehrt.

    Mu demnach ein zher Brei sein. Vielleicht brin-gen Sie eine Probe mit.

    Im Gleiter befinden sich Energiumsonden.Holen Sie sich eine ab, kam die Aufforderung

    Torrellis aus dem Gleiter. Ich habe sie gefunden. Ge-ngt eine?

    Russell ging statt einer ausfhrlichen Antwort zumGleiter und holte die Sonde, ein schmales und hoh-les Stbchen. Mit Hilfe eines daran gekuppelten Ger-tes gelang es, einen geringen Teil der geheimnisvollenFlssigkeit zu isolieren und in die Sonde zu bringen.Gut verschlossen wanderte dann diese in die weitenTaschen von Russells Schutzanzug, nachdem die dar-an haftenden Feuchtigkeiten abgestreift worden wa-ren.

    Das htten wir, sagte er zufrieden. Und nun rei-en Sie noch einen der Bsche aus, Gulbrandsen, dannknnten wir ein Stck weiterfliegen. Die bunten Blu-men Rita Richards reizen mich ungemein.

    In geringer Hhe berquerten sie einen Teil desHochplateaus und gelangten bis zum Fu des anstei-genden Gebirges. Wie alpine Matten breiteten sichhier bunte Teppiche hangaufwrts aus und brachtenein bichen Leben in die eintnige Landschaft des To-des.

    Rita stie einen berraschten Ruf aus.Sind sie nicht wunderbar, diese Blumen?Dicht ber dem in allen Farben schimmernden Tep-

    pich glitten sie dahin und nahmen den bunten Anblickmit neuer Hoffnung in sich auf.

    Konnten so herrliche und schne Blumen auf einerWelt gedeihen, die kein Leben trug?

    Niemand konnte sich das vorstellen, am allerwenig-sten Rita.

    Knnen wir landen? fragte sie.Olaf grinste gemtlich.Man sollte meinen, Sie seien der Biologe, nicht

    ich! Oder wollen Sie Ihr Fachgebiet wechseln, weil eshier sowieso keine Tiere zu geben scheint?

    Vielleicht, gab Rita zurck. Nun? Landen wir?Lieber Himmel, ich suche doch schon seit einer

    Viertelstunde nach einem geeigneten Platz, lie sichRssel vernehmen. Ich mchte dort die Alm vor-schlagen. Sie ist ziemlich eben.

    Das Manver verlief glatt, und der Gleiter stand.Diesmal blieb Russell zurck; dafr durfte Torrelli

    den fremden Boden betreten, was er auch mit sichtli-cher Freude tat.

    Rita wolle auf die nahen Blumen zueilen, aber Olafhielt sie zurck.

    Seien Sie vorsichtig, Rita. Mit Blumen habe ichschon bse Erfahrungen gemacht.

  • Der Tod kam von den Sternen 8

    Wieso? Hat Sie mal ein Mdchen sitzenlassen?Der Norweger ging ber das schadenfrohe Gelch-

    ter des im Gleiter sitzenden Russells hinweg und ent-gegnete ernst:

    Ich bin schon harmlos aussehenden Pflanzen be-gegnet, die einen Menschen allein durch ihren Duft zutten vermochten.

    Haben wir nicht Schutzanzge an, Olaf?Es gibt Pflanzen im Universum, die einen feinen

    Flssigkeitsstaub versprhen, der sich innerhalb weni-ger Minuten durch die dickste Isolierung fressen kann.Meiner Meinung nach ist unbekannte Vegetation ge-fhrlicher als alle Raubtiere, denn man sieht ihnen ihreGefhrlichkeit nicht an.

    Hinter ihrem Helm war Rita bla geworden.Mit derart ernsten Dingen treibt man keine Spe.

    Aber nun kommen Sie. Vielleicht irre ich mich dies-mal, und die Blumen sind wirklich harmlos.

    Der Biologe beugte sich dann vorsichtig herab undbetastete die farbenfrohen Blten der unbekanntenPflanze.

    Sie erinnerte an eine Rose. Das Merkwrdige je-doch war, da die Blten an ein und demselben Buschverschiedenfarbig leuchteten. Es waren Farben, dieteils auf der Erde unbekannt waren und deren Be-schreibung unmglich gewesen wre. Doch auch alleFarben des Spektrums kamen vor und leuchteten der-art frisch, als habe man sie eben erst aufgetragen.

    Die Pflanze besa keinerlei Stacheln und verhieltsich auch bei heftiger Berhrung vollkommen passiv.

    Wo Blten verblht, getrocknet und abgefallen wa-ren, bildeten sich ovale Kapseln, deren Farbe ins Dun-kelblaue wechselten. Diese Kapseln reizten Olaf be-sonders.

    Man sollte welche mitnehmen. Vielleicht lt sichdiese Pflanze ich werde sie herba zetae nennen auf der Erde nachzchten. Aber auch ein ausgegrabe-nes Exemplar mchte ich mitnehmen. Russell, habenwir einen entsprechenden Behlter dort?

    Vorhanden! gab der Kommandant Bescheid.Torrelli holte den Energiumkasten und begann mit

    den darin befindlichen Instrumenten eine der Pflanzenauszugraben. Die Wurzeln erwiesen sich als weit ver-zweigt, und es war verhltnismig schwer, das ganzeGebilde in dem Behlter unterzubringen.

    Rita hatte Bedenken.Wird sie nicht eingehen, wenn sie in die fr sie

    fremde Atmosphre gebracht wird?Sie kommt zuerst in eine Kammer mit Herkuliat-

    mosphre. Spter versuchen wir, sie umzugewhnen.Das haben wir schon mehr als einmal erfolgreich ver-sucht.

    Rita atmete auf. Sie hatte scheinbar groe Sorgenum ,ihre Pflanze.

    Nachdem Olaf einige reife und unreife Kapseln ab-gepflckt und ebenfalls in den Kasten getan hatte,

    wurde dieser luftdicht verschlossen und in den Glei-ter gebracht.

    Bevor sie einstiegen, sagte Torrelli:

    Habt ihr auch das Gefhl, als hielten uns die Blu-men zum Narren?

    Rita und Olaf sahen ihn erstaunt an.

    Wie meinen Sie das, Torrelli?

    Der Italiener zog die Stirn in Falten.

    Ich habe ein sehr gutes Auge und man kann michnur sehr schwer tuschen. Aber ich vermeinte mehr-mals mit Bestimmtheit bemerkt zu haben, da ein unddieselbe Blte ihre Farbe wechselte. Zuerst war sieblau, dann rot und schlielich wurde sie ganz dunkel-violett.

    Olaf schttelte den Kopf.

    Sie mssen sich getuscht haben. So etwas gibt esnicht!

    Das sagen Sie?

    Der Norweger schien verblfft. Da setzte Torrellihinzu:

    Die Erfahrungen der letzten hundert Jahre habengezeigt, da alles das, was wir von der Erde her ken-nen, nur ein Bruchteil dessen ist, was es wirklich gibt.Beurteilen Sie die Welt nicht vom Standpunkt einesGoldfisches aus, der nur sein eigenes Glasgefngniskennt, Mr. Gulbrandsen!

    Olaf nickte langsam.

    Sie haben recht, Torrelli. Verzeihen Sie. Fr einenAugenblick verfiel ich wieder in den alten Fehler derMenschen des vorigen Jahrhunderts, alles von der ei-genen Warte aus zu sehen. Sie sind also sicher, dadiese Pflanze es versteht, die Farbe ihrer Blten will-krlich zu wechseln?

    Nun, vielleicht nicht willkrlich, aber sie kann es.Vielleicht zwingen sie uere Umstnde dazu, sich ei-ner neuen Umgebung anzupassen.

    Das wre also doch willkrlich!

    Ich habe mich undeutlich ausgedrckt, Olaf. Ichmeine, die Pflanze besitzt einen gewissen Grad der In-telligenz und kann Umgebungseinflsse aufnehmen.Je nachdem diese ausfallen, mu sie ihre Farbe wech-seln.

    Der Biologe versank in tiefes Nachdenken.

    Russell hatte bereits die Luke zum Gleiter geff-net und wartete auf das Einsteigen seiner Passagiere.Schlielich rusperte er sich.

    Kann man das nicht auch hier besprechen? Ich fin-de es ohne Schutzanzug gemtlicher.

    Olaf stieg als erster ein und half dann Rita. Torrellibildete den Abschlu.

    Die Giftatmosphre wurde aus der Kabine geblasenund durch Atemluft ersetzt. Sie nahmen die Helme ab.Russell startete.

  • 9 TERRA

    Denkende Pflanzen sind uns bisher noch niemalsbegegnet, nahm Russell das begonnene Thema wie-der auf. Halten Sie es berhaupt fr mglich, Torrelli,da eine Pflanze zu denken vermag?

    Ich habe nicht behauptet, da sie denkt. Wenig-stens nicht in unserem Sinne. Es wre jedoch durchausmglich, da uns unbekannte Faktoren es ihr ermg-lichen, unsere Gedankenwellen zu erfassen. Sie rea-giert, indem ihre Blten die Farbe verndern.

    Unheimlich! gab Russell zu und schwieg dann.Olaf fragte:Landen wir noch einmal?Der Kommandant schttelte den Kopf.Nein. Wir beschreiben einen groen Bogen und

    betrachten uns die Hochflche von oben. Dann kehrenwir zum Schiff zurck. Ich mchte erst einmal wissen,was mit den Pflanzen los ist und woraus dieser merk-wrdige Ozean besteht.

    Sie fanden nichts mehr, das interessant genug gewe-sen wre, eine erneute Landung vorzunehmen. OhneZwischenfall kehrten sie zur HELOS zurck, lande-ten und wurden durch den Kran in die gewaltige Luft-schleuse gehievt. Dann, nach einer Ruhepause, der ei-ne ausgiebige Mahlzeit vorausging, begannen die er-sten Untersuchungen.

    Der Ozean bestand aus einer undefinierbaren Su-re, die auf organisches Leben im Sinne des Menschenunbedingt tdlich wirkte. Man konnte sie weder ge-nieen, noch blieb die Berhrung mit der Haut oh-ne schdliche Folgen. Die Sure fra sich sofort wei-ter und ihr konnte nur durch einen operativen EingriffEinhalt geboten werden.

    Gulbrandsen dagegen erzielte ein erfreulicheres Er-gebnis.

    Die Kapseln der Pflanzen enthielten einen ausge-zeichneten Farbstoff, der wesentlich bessere Eigen-schaften besa, als jeder bekannte knstliche Farbstoffder irdischen Industrien. Noch gelang es dem Biolo-gen nicht, alle Geheimnisse und Fhigkeiten diesesneu entdeckten Stoffes zu entrtseln, aber seine Au-gen leuchteten vor Begeisterung, wenn er von herbazetae sprach, wie er die Pflanze getauft hatte.

    Die grte berraschung war wohl, da herba ze-tae die irdische Atmosphre unbeschadet vertrug undsomit auch auf der Erde gedeihen konnte. Gulbrand-sen konnte sich zwar diese verblffende Tatsache nichterklren, aber er hatte es sich abgewhnt, bei kosmi-schen Wundern nach dem ,Warum zu fragen.

    Er erhielt die Erlaubnis, eine gengende Menge die-ser Pflanzen in dafr bestimmten Behltern einzusam-meln, um eine Zucht auf der Erde zu garantieren.

    Zwei Wochen spter verlie die HELOS Zeta Her-kuli, wie der Planet mit den bunten Blumen in derSternkarte genannt war.

    Das Schiff warf sich hinein in die Unendlichkeit desKosmos und erreichte wenige Tage spter den Transi-tionspunkt, eine Lichtwoche von der irdischen Son-ne entfernt. Mit halber Lichtgeschwindigkeit nherte

    es sich dem Sonnensystem, verlangsamte seinen Flugund nahm Funkverbindung mit dem Hauptquartier derRaumflotte auf.

    Alles weitere erfolgte routinemig, und es gibtheute keinen Menschen mehr, der die damaligen Er-eignisse nicht kennen wrde, so unbedeutsam sie aucherschienen.

    Die Farbindustrie lie riesige Plantagen mit derneuen Pflanze anlegen, nachdem die ersten groange-legten Versuche eine weitere, erstaunliche Tatsache er-geben hatten.

    Die im Labor hergestellten Farben besaen die glei-chen Fhigkeiten wie die Blten: sie vernderten sich.Und zwar beruhte diese Vernderung auf noch unbe-kannten Faktoren. Man war auch nicht in der Lage,eine solche Farbnderung mit Bestimmtheit vorauszu-sagen. Sie trat eben einfach ein und war nicht zu ver-hindern.

    Wissenschaftler machten sich daran, das Geheimnisder Farbpflanze endgltig zu klren, ehe man sie aufden Markt brachte.

    Es gelang ihnen jedoch nicht.

    Und als es ihnen gelang, war es beinahe zu spt...

    Zehn Jahre spter hie Rita Richards nicht mehr so,denn sie hatte geheiratet. Ihr Gatte, der Angestellte der,Terra-Mars-Passagierlinie Jerry Smith, leitete in demriesigen Verwaltungsgebude selbstndig eine ganzeAbteilung.

    In der Nhe von Terraport besaen sie ein eige-nes Huschen mit allen Bequemlichkeiten des ein-undzwanzigsten Jahrhunderts, und es fiel Rita nichtschwer, ihren ehemaligen Beruf vollstndig zu verges-sen.

    Nach zwei weiteren Reisen mit der HELOS hattesie Jerry rein zufllig kennengelernt und sich in ihnverliebt. Kurz darauf hatten sie geheiratet, eine Hoch-zeitsreise zum Mars gemacht und dann ihr gemeinsa-mes Leben in Terraport begonnen.

    Rita sa auf der Terrasse und sah hinab in den Gar-ten. Das Schwimmbecken war gefllt und verlocktesie, der Hitze des Sommertages zu entrinnen. Dochdann lehnte sie sich zurck und gab sich ihren Tru-men hin.

    Drinnen im Haus bereitete der Roboter die Mittags-mahlzeit vor. Es gab immer noch Schnitzel auf Grilloder Hamburger. Darin hatten sich die Zeiten nicht ge-ndert.

    In seinem Bro sa Jerry Smith und hrte sich dieGeschftsberichte auf Tondraht an. Der automatischeKalender zeigte den achtzehnten August zweitausend-undeinundachtzig an. Ein Tag wie jeder andere.

    ... hat der Reiseverkehr in erheblichem Mae zuge-nommen. Das Reineinkommen betrug im Monat Julimehr als dreizehn Millionen Solarkredite. Es ist daherunerllich, da weitere Passagierraumer aufgekauft

  • Der Tod kam von den Sternen 10

    und eingesetzt werden. Die Flugpreise bleiben stabil,doch ist im kommenden Jahr eine Erhhung geplant.Die Einstellung weiterer Arbeitskrfte bleibt den ein-zelnen Abteilungen vorbehalten und...

    Jerry unterdrckte ein Ghnen.

    Er sehnte den Feierabend herbei und damit ein ab-khlendes Bad im Swimmingpool. Allmhlich lang-weilte ihn die Arbeit und er wnschte sich eine Vern-derung. Aber wenn er seine ertrgliche und einflurei-che Stellung aufgab, wrde das Verdacht erregen.

    Und das war es, was Jerry Smith unter allen Um-stnden zu vermeiden hatte.

    Seine Papiere lauteten auf den Namen Smith, dasging soweit in Ordnung. Geboren am zehnten Ju-ni zweitausendundvierundvierzig in Denver. Das warschon schlechter. Aber bis heute war niemand auf denGedanken gekommen, das nachzuprfen.

    Wenigstens wute er nichts davon. Und das wargut, denn sonst htte er nicht so seelenruhig in seinemStuhl gesessen.

    Er lauschte weiter dem Bericht:

    ... und der Broangestellte Charles Myer mutewegen Unterschlagung entlassen werden. Der Ersatzkann mit den allgemeinen Neueinstellungen kombi-niert werden. Auf seinem Flug zum Mars muteder Raumer PHOBOS auf dem Mond eine Zwischen-landung unternehmen, da sich ein gesuchter Verbre-cher an Bord befand. Er wurde dem solaren Sicher-heitsdienst bergeben. Gestern abend...

    Jerry ghnte jetzt ungeniert.

    Er lehnte sich zurck und gab sich seinen Gedankenhin.

    Heute abend wrden Browns zu Besuch kommen.Glcklicherweise erst nach dem Abendessen, so daihm keiner die Gelegenheit nehmen konnte, ein Badim Garten zu nehmen.

    Aber Browns waren nette Leute und verkehrtenschon mehr als drei Jahre bei ihnen. Mrs. Brown warzwar fr Jerrys Geschmack ein wenig zu neugierig,aber da diese Eigenschaft den meisten Frauen zu ei-gen war, fand er sich mit dieser Situation bald ab.

    Er schaltete das Tondrahtgert aus und packte ver-schiedene Schriftstcke in den Aktenschrank. Seineganze Arbeit hier war nichts als Routine, aber er fhr-te sie so korrekt und auch pnktlich aus, da er in denvergangenen Jahren sehr schnell von einem kleinenAngestellten zum Abteilungsleiter avancierte.

    An der freien Wand leuchtete ein Bildschirm auf.

    Mr. Smith, sagte die freundliche Stimme desMannes, der von diesem Schirm auf Jerry herabblick-te. Ist noch etwas?

    Es war nichts mehr.

    Dann wnsche ich Ihnen einen guten Abend. AufWiedersehen bis morgen frh.

    Der Schirm erlosch. Nun erst war Feierabend.

    Jerry Smith nahm seinen Hut, verlie das Bro undnahm ein Flugtaxi. Zehn Minuten spter gab ihm Ri-ta den Empfangsku und erkundigte sich nach seinenWnschen fr das Abendessen.

    Wieder zehn Minuten spter kletterte Jerry erfrischtaus dem Schwimmbecken und setzte sich, eingehlltin den Bademantel, neben Rita auf die Terrasse. Drin-nen im Haus war das leise Summen des Kochroboters.

    Nun, Liebes? Was hast du heute getan?Sie zeigte ein schmollendes Lcheln. Nichts!Das ist nicht viel, gab Jerry zu bedenken und

    stimmte in ihr Lachen ein. Sie schwiegen eine Weile.Dann sagte sie leichthin:Heute war jemand da, der sich nach dir erkundig-

    te.Er sah sie erstaunt an, obwohl in seinem Innern sehr

    laut eine Alarmglocke zu schrillen begann.So? machte er.Ja, er zeigte eine Erkennungsmarke des Solaren Si-

    cherheitsdienstes.Was will denn der SSD von mir?Keine Ahnung, das sagte er nicht. Er wollte ledig-

    lich wissen, ob du tatschlich in Denver geboren seist.So eine dumme Frage! Ich habe ihm erklrt, natrlichseiest du in Denver geboren, denn deine Papiere sagenes ja aus.

    Wollte er die Papiere sehen?Ja, ich zeigte sie ihm. Er fotokopierte sie und ver-

    abschiedete sich dann sehr hflich. Weit du, was daszu bedeuten hat?

    Nein.Eine Abschrift der Papiere liegt doch bei der Fir-

    ma, oder?Natrlich tut sie das. Ich verstehe auch nicht, was

    das zu bedeuten hat. Vielleicht suchen sie einen Ver-brecher und veranstalten eine allgemeine Kontrolle.

    Hltst du das fr mglich?Soll ich es fr unmglich halten?Nein, das gerade nicht. Aber man sollte Erkundi-

    gungen einziehen, ob bei anderen Familien die glei-chen Kontrollen stattfanden. Ich werde Mrs. Brownfragen, wenn sie kommt.

    Nein, nur das nicht! protestierte Jerry, abwehrenddie Hnde hebend. Dann ist es in zwei Tagen in derganzen Stadt bekannt.

    Das wre zwar nicht schlimm, aber angenehm istes auch nicht, gab Rita zu. Man kann es unaufflli-ger machen.

    Sie schwiegen.Whrend Rita hinaus in den Garten sah und ber-

    legte, ob sie fr morgen den Mhroboter bestellen soll-te, beschftigte sich Jerry mit ganz anderen Proble-men.

    Mit sehr ernsten und lebenswichtigen Problemen.Wenigstens fr ihn lebenswichtig!

  • 11 TERRA

    Das Hauptquartier des SSD befand sich in ei-nem nchternen, quadratischen Steinblock inmittender Hauptstadt. Schon auf den ersten Blick verriet die-ses wuchtige Gebude Strke und Macht, undurch-dringliche Geheimnisse und absolute Befehlsgewalt.

    Die erste Tuschung konnte erst dann entstehen,wenn man Hal Ferguson, den allmchtigen Chef desSicherheitsdienstes, persnlich erblickte, was nur we-nigen Menschen bewut gelang.

    Ferguson war etwa fnfzig Jahre alt, sehr gesetztund von der Natur mit einer ausgesprochenen Glat-ze bedacht. Die restlichen zwlf oder dreizehn Haarewrden sich trotz der bevorzugten Pflege nicht mehrlange halten knnen. Das gutmtige Gesicht zeugtevon ausgeprgtem Familiensinn und die fleischigenHnde von wenig krperlicher Arbeit.

    Doch von allen Eindrcken stimmte nur der letzte.

    In Wirklichkeit war Ferguson ungemein hart. Ermute es sein, denn sonst wre er nicht der Chef einesSicherheitsund Geheimdienstes, der ein ganzes Son-nensystem beherrschte.

    Die Maske des Wohlwollens fiel, sobald er in sei-nem abgeschlossenen Bro hinter dem Tisch sa undseine Befehle erteilte.

    Dieses Bro war die technische Zentrale einer Or-ganisation, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte.Von hier aus liefen die Fden in alle Welt und zu allenPlaneten, auf denen Menschen lebten. Die eine gan-ze Wand bestand aus Bildschirmen, die durch winzi-ge Nummernschilder gekennzeichnet waren. Eine an-dere Wand war ein Bildschirm die Direktverbin-dung zu den Agenten in allen Teilen des Systems, einekomplizierte Doppelanlage. Zwei Menschen, Millio-nen von Kilometern getrennt, konnten sich mit ihrerHilfe so unterhalten, als sen sie im gleichen Raum.Die Zeitdifferenz wurde durch ultraschnelle Wellenausgeschaltet, die jedoch nur innerhalb des Sonnen-systems wirksam blieben.

    Der Schreibtisch der veraltete Name hatte heutekeine praktische Bedeutung mehr war angefllt mittechnischen Gerten der Nachrichtenbermittlung, an-gefangen beim Fernschreiber und Diktaphon.

    Und inmitten dieser berwltigenden Technik saFerguson wie eine Spinne, stets darauf lauernd, ei-nem Feind der Menschheit und des Sonnensystemsden Garaus zu machen.

    Denn der SSD kannte keine Gefangenen, wenn eineSchuld erst einmal klipp und klar bewiesen war.

    Ferguson kannte nur zwei Urteile.

    Das erste lautete: freilassen!

    Und das zweite: liquidieren!

    Dazwischen gab es nichts.

    Heute hatte Ferguson einen Besucher.

    Das kleine, unscheinbare Mnnchen sa ihm gegen-ber auf einem spartanischen Stuhl und bltterte inseinen Papieren. Mit gerunzelter Stirn sah der Chef zu,

    unterbrach jedoch nicht die scheinbar berflssige Be-schftigung seines Besuchers.

    Teddy Small trug seinen Namen nicht zu Unrecht.Seine Gre mochte kaum ein Meter sechzig ber-

    schreiten, dazu besa er eine fast berschlanke Figurund nichtssagende, blonde Haare. Das etwas blasseGesicht zeugte davon, da er die Erde noch nie verlas-sen hatte und die Direktbestrahlung der Sonne nichtkannte.

    Wahrscheinlich befand er sich berhaupt nur seltenan der frischen Luft.

    Irgendwie sah Teddy Small harmlos aus, aber nochniemals htte sich ein unbefangener Beobachter derartgetuscht. Denn in Wirklichkeit war Small einer derfhigsten Agenten Fergusons.

    Nun? unterbrach der Chef das dumpfe Schwei-gen. Was haben Sie herausgefunden?

    Teddy Small blickte auf und klopfte dann auf seineNotizen.

    Ich werde es wohl niemals lernen, mit diesem alt-modischen Kram zurechtzukommen aber es ist inmeinem Beruf doch das praktischste und unauffllig-ste. Er seufzte. Unser Verdacht scheint begrndet zusein, wenn ich auch noch nicht begreife, wieso.

    Berichten Sie!Ich war heute nachmittag bei Mrs. Smith und er-

    kundigte mich unter irgendeinem Vorwand nach demGeburtsdatum ihres Gatten. Sie besttigte genau das,was wir in unseren Berichten haben. Jerry Smithwurde am zehnten Juni zweitausendvierundvierzig inDenver geboren.

    Ferguson nickte vor sich hin. Weiter! sagte erknapp.

    Teddy Small betrachtete voller Interesse den leerenWandbildschirm.

    Das wre nicht ungewhnlich, denn schlielichsind wir alle irgendwann und irgendwo einmal gebo-ren worden. Nur lt sich das bei uns genau nachpr-fen. Bei Jerry Smith unbekannt. Ich habe dort nachfor-schen lassen. Am zehnten Juni des betreffenden Jahreswurden zweihundertvierzig Knaben und dreihundert-vier Mdchen in Denver geboren. Keiner der Knabenhie Jerry Smith.

    Also existiert in Wirklichkeit berhaupt kein JerrySmith?

    Natrlich existiert er. Es ist sogar sein richtiger Na-me. Aber es bleibt nun nichts anderes brig, als dieSpur von der anderen Seite her zu verfolgen. Wir ms-sen in der. Gegenwart beginnen, statt in der Vergan-genheit. Geben Sie mir einige Tage Zeit, und wir wer-den endlich wissen, wer und was dieser Jerry Smithist.

    Was er ist?Teddy Small grinste flchtig.Nun, er ist Leiter einer Abteilung bei der Passa-

    gierlinie zum Mars. Aber das hat nicht viel zu sagen.

  • Der Tod kam von den Sternen 12

    Dort wurde er vor zehn Jahren eingestellt. Ich werdeam Tage seiner Einstellung mit meinen Nachforschun-gen, beginnen. Im brigen mchte ich nur zu gern wis-sen, wer eigentlich auf den Gedanken gekommen ist,mit Smith sei etwas nicht in Ordnung. Seine Gattin istreizend.

    Ferguson verzog keine Miene.

    Sie beginnen also bereits morgen? Heute drfte eszu spt sein?

    Der Agent seufzte entsagungsvoll.

    Ich werde mich mit den entsprechenden Stellenunauffllig in Verbindung setzen. Vielleicht kommeich vom Finanzamt.

    Ferguson nickte ihm flchtig zu.

    Sie berichten mir, sobald sich etwas Neues ergibt.Und noch eins, Small: die Sache ist streng geheim undverdammt ernst! Glauben Sie nur nicht, es handle sichum eine Kleinigkeit. Ich kann Ihnen noch nicht verra-ten, um was es geht. Aber seien Sie gewi: wenn Siedazu beitragen, diesen Smith nun, sagen wir einmalzu entlarven, dann ist die Befrderung sichergestellt.

    Der kleine Agent erhob sich.

    Sein Gesicht war auf einmal nicht mehr harmlos.Kalt und entschlossen blitzte es in seinen Augen.

    Geht in Ordnung, Chef. Die Befrderung ist sicher.Lassen Sie schon mal die notwendigen Anweisungenan die Zahlstelle ergehen. Auf Wiedersehen!

    Er machte eine knappe Verbeugung und nhertesich der Tr.

    Ferguson drckte auf einen Knopf unter der Tisch-platte.

    Der fast unsichtbare Energieschirm fiel in sich zu-sammen und der Agent verlie den Raum.

    Als sich die Tr geschlossen hatte, drckte Fergu-son erneut auf den Knopf. Die durchscheinende Sper-re war wieder vorhanden. Niemand, selbst eine Fliegenicht, konnte nun in den Raum eindringen.

    Dann bettigte der Chef des SSD eine andere Taste.

    Der Wandschirm flammte auf. Ein junges Mdchenin blauer Uniform fragte hflich:

    Ja, bitte?

    Geben Sie mir Agenten CYK 45 auf Pluto. Aberschnell!

    Das Mdchen nickte und der Schirm erlosch.

    Natrlich war Mrs. Brown so neugierig wie immer.Und diesmal hatte sie sogar allen Grund dazu.

    Am Nachmittag war ein Mann bei ihr gewesen undhatte sich recht auffllig nach Jerry Smith erkundigt.

    ,Stellen Sie sich nur vor. Mr. Smith, er wollte vonmir wissen, wann und wo Sie geboren wurden! Nun,ich wute zwar, da Ihr Geburtstag auf den zehntenJuni fllt, aber in welchem Jahr Sie das Licht der Welterblickten und wo, das konnte ich dem Herrn natr-lich nicht sagen. Ich empfahl ihm, sich doch bei Ihnendirekt zu erkundigen. Hat er das getan?

    Jerry warf Rita einen schnellen Blick zu, aber zuspt.

    Scheinbar ja, nickte sie. Wie sah der Mann aus,der bei Ihnen war?

    Mrs. Brown rhrte in ihrem Tee.Sah aus wie einer, der nicht bis drei zhlen kann.

    Ziemlich klein und mickrig, vielleicht fnfunddreiigJahre alt und blondes Haar. In seinen Augen war eineTraurigkeit, die mich direkt ansteckte. Vielleicht wares ein Verwandter?

    Das glaube ich nicht, denn dann mte ich ihn jaerkannt haben. Er war heute nachmittag auch bei mir.

    Also kein Verwandter? Vielleicht von der Polizei?Wenn Mrs. Brown sprach, bestand die Hlfte ihrer

    Stze aus mehr oder minder versteckten Fragen. Nichtimmer erhielt sie darauf eine Antwort, aber das schiensie nicht zu stren. Wenn man ihr nicht sagte, sie solledamit aufhren. Und das tat ihr Mann fters.

    ,.Vielleicht, gab Rita zu, der Jerry inzwischen er-folgreich auf den Fu hatte treten knnen. Ich weies nicht.

    Was mgen die nur von Ihrem Gatten wollen?versuchte Mrs. Brown es noch einmal. Aber selbstdann, wenn man gewollt htte, htte man ihre Fragenicht beantworten knnen.

    Irgendeine behrdliche Auskunft, nehme ich an,sagte Mr. Brown vermittelnd. Vielleicht eine Erb-schaft.

    Mglich, knurrte Jerry und griff zum Programmdes interplanetarischen Televisionprogramms. DieVenus bringt eine Revue. Sehen wir uns die an?

    Man war einverstanden.Als Jerry am anderen Abend nach Hause kam, er-

    wartete ihn eine berraschung.Rita hatte das Badezimmer mit der immer noch ge-

    bruchlichen Wasserwanne und dem modernen Elek-troschauer neu streichen lassen.

    Das wre an sich nichts Besonderes gewesen undJerry htte die Sache wahrscheinlich mit einem er-freuten ,Ah! zur Kenntnis genommen, wre nicht et-was Erstaunliches geschehen, als ihn Rita in den Raumfhrte.

    Die blauen Kacheln frbten sich bei seinem Eintrittrot.

    Mit einem Ruck blieb er wie gebannt stehen undstarrte auf die in flammendem Rot leuchtenden Wn-de. Er war totenbla geworden.

    Rita trat auf ihn zu.Aber Jerry warum erschrickst du so? Was ist

    denn geschehen?Die Farben! Was ist mit ihnen?Sie lachte.Eine ganz neue Sache, Jerry. Doch kein Grund,

    sich aufzuregen. Sie sind seit einigen Wochen auf demMarkt Und ich wollte dich damit berraschen. Schein-bar ist mir das auch gelungen.

  • 13 TERRA

    Die Farben sie wechseln willkrlich?Ja, ist das nicht wunderbar? Im Grunde genommen

    bin ich sogar an dieser Erfindung beteiligt, doch das isteine lange Geschichte. Noch aus jener Zeit, da ich mitder HELOS Flge in den Kosmos unternahm.

    Inzwischen waren die Kacheln des Bades olivgrngeworden. Eine beruhigende Farbe, wie Jerry zugebenmute. Und sie verfehlte tatschlich ihre Wirkung aufihn nicht.

    So, eine neue Erfindung? Wer hat sie denn ge-macht?

    Das wei ich nicht. Die Farben wurden seit einigenTagen in den Geschften angeboten und ich entschlomich, einen Versuch mit dem Badezimmer zu machen.Ich dachte, du wrdest dich freuen.

    Ja, ja, ich freue mich auch, Liebes. Aber verste-he ich war doch ein wenig berrascht.

    Nun du schienst mir mehr erschrocken zu sein.Vielleicht. Was besagt die Gebrauchsanweisung?

    Kann ich sie sehen?Rita schttelte ein wenig verdutzt den Kopf.Sie liegt in der Kche. Soll ich sie holen?Er nickte und sie lief davon.Noch eine Weile betrachtete Jerry die nun konstant

    bleibende Farbe der Kacheln, dann drehte er sich ab-rupt um und ging ins Wohnzimmer. In sein Gesichtwar ein harter und fast brutaler Zug getreten, der sichjedoch sofort verflchtigte, als Rita den kleinen Kata-log brachte. Sie schlug eine Seite auf.

    Hier, dies wird dich interessieren.Jerry setzte sich und nahm den Katalog. Ohne sich

    weiter um seine Frau zu kmmern, begann er zu lesen.Neuartig! Die Farbe, die sich Ihrer Stimmung an-

    pat! war da gedruckt. ,Wenn Sie sich rgern, frbensich die Wnde Ihres Zimmers grn und Sie beru-higen sich! Einmaliger Erfolg unserer Wissenschaft!

    Jerry berflog die unwichtigen Anpreisungen undsuchte nach den entscheidenden Hinweisen. Aber erfand sie nicht.

    Schlielich legte er den Katalog beiseite.Wie lange geht das schon? fragte er.Rita sah ihn erstaunt an.Was meinst du?Das mit dieser neuen Farbe. Seit wann gibt es sie?

    Ich habe bisher noch nichts davon bemerkt.Ich sagte es schon. Erst seit wenigen Tagen. Aber

    wenn es dich so sehr interessiert, werde ich mich viel-leicht mit Hilfe meiner alten Freunde bei der Raum-flotte genauer danach erkundigen knnen.

    Die Raumflotte? Was hat denn die Raumflotte da-mit zu tun?

    Es schien Rita, als sei Jerry wieder einen Scheinblasser geworden. Sie konnte sich aber auch tuschen.

    Es ist nur eine Vermutung von mir. Aber wennsie stimmt, dann war unser damaliger Flug nach Zeta

    Herkuli doch nicht umsonst. Von dort nmlich brach-ten wir eine Pflanze mit, deren Blten die Fhigkeitenhatten, ihre Farbe willkrlich oder auch unwillkr-lich zu verndern. Und die Samenkapseln enthiel-ten einen Farbstoff mit den gleichen Fhigkeiten. Wirbrachten diese Pflanze mit zur Erde. Seitdem habe ichnichts mehr davon gehrt. Schlielich ist das auch be-reits zehn Jahre her.

    Jerry hatte zugehrt, ohne Rita zu unterbrechen. Alssie endete, erhob er sich und legte seine Rechte auf ih-re Schulter.

    Mein Liebes, ich frchte, wir gehen einer unruhi-gen Zeit entgegen. Du wirst es aber nicht bemerken,denn scheinbar wird es eine ruhige und immer beque-mere Zeit werden. Es ist sogar mglich, da wir dasEnde der ruhigen und den Beginn der unruhigen Zeitnicht mehr erleben, so lange kann das dauern.

    Sie blickte ihn fragend an.

    Ich verstehe dich nicht, Jerry. Was willst du damitsagen?

    Er lchelte und schttelte den Kopf.

    Zerbrich dir nicht den Kopf, Rita. Es hat doch kei-nen Sinn. Aber bitte, unterrichte mich von allen Din-gen, die mit dieser Farbe zu tun haben. Man wird baldKleider kaufen knnen, die mit diesem Farbstoff ge-frbt wurden, Hemden und Mntel. Vielleicht auchZahnpasten und Lippenstifte.

    Lippenstifte gibt es bereits, rief Rita sich erin-nernd. Ich habe gleich einen mitgebracht. Soll ich ihnholen?

    Jerry schien erschrocken, dann sagte er:

    Ja, hole ihn. Er interessiert mich.

    Er setzte sich wieder und versank in tiefes Grbeln.Als Rita zurckkehrte, schrak er zusammen. Stummnahm er die schimmernde Metallhlse in Empfangund nahm die Kappe ab. Zum Vorschein kam ein hell-roter Stift, der langsam ins Blaue wechselte, nochwhrend er ihn betrachtete. Dann wurde er grn.

    Es drfte ungefhrlich sein, ihn zu benutzen, mein-te Jerry sinnend. Gefhrlich wird er nur auf die Dauersein. Rita sah ihn forschend an.

    Wie meinst du das, Jerry? Was heit: auf die Dau-er?

    Er schttelte den Kopf. Vielleicht zehn Jahre, viel-leicht auch hundert. Das ist verschieden. Das hngtvon den Menschen ab.

    Sie starrte ihn an, aber er beantwortete ihre stummeFrage nicht.

    Ferguson schaltete den Energieschirm aus und lieTeddy Small eintreten.

    Der unscheinbare Agent schlpfte ins Zimmer undschlo die Tr. Erneut zuckte der unsichtbare Schirmauf. Nur eine Kontrollampe verriet sein Vorhanden-sein.

  • Der Tod kam von den Sternen 14

    Guten Tag, Chef, begrte er seinen Vorgesetz-ten und nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz. Ichbringe einige recht interessante Neuigkeiten.

    Der allgewaltige Ferguson nickte scheinbar unge-rhrt und entgegnete:

    Guten Tag, Small. Berichten Sie!Ich habe mich diesem Jerry Smith ein wenig an die

    Fersen gehngt, ohne da er etwas davon gemerkt hat,natrlich. Auerdem erkundigte ich mich bei der Ge-sellschaft nach ihm. Es war allerdings unvermeidlich,dabei meinen Ausweis zu zeigen. Man verwies michan die Personalabteilung.

    Die Ergebnisse, bitte. Meine Zeit ist knapp.Small zuckte unmerklich zusammen.Die Personalabteilung besttigte, da vor etwa

    zehn Jahren ein gewisser Jerry Smith, geboren am 10.Juni 2044 in Denver, eingestellt wurde. Die Papierewaren in Ordnung.

    Weiter!Teddy Small sah ein wenig hilflos ans, als er sagte:Das ist es ja eben: es gibt kein weiter!Was soll ich darunter verstehen?Smith tauchte bei der Gesellschaft auf, brachte sei-

    ne ausgezeichneten Papiere mit und bewarb sich umdie Stellung. Seine Zeugnisse waren in Ordnung undbesagten, da er seine letzte Stellung freiwillig verlas-sen hatte, um sich zu verbessern.

    Sich verbessern, indem er die Stellung eines einfa-chen Schalterbeamten annahm?

    Die Leute der Personalabteilung sind keine Detek-tive, entschuldigte Small die Leute der Raumfahrtli-nie. Das beweist sich auch in der nchsten Tatsache,die ich feststellte. Um die Spuren von Smith weiterverfolgen zu knnen, suchte ich natrlich die Firmaauf, in der Smith zuvor gearbeitet hatte. Und?

    Es hat hier niemals einen Jerry Smith gegeben.Aha!Ferguson drngte nun nicht mehr. Ruhig und still

    sa er hinter seinem Tisch und dachte nach. Wenig-stens sah es so aus. In Wirklichkeit jedoch wartete er.

    Und Teddy Small sagte:Die Spur hrt da auf, wo sie anfing. Jerry Smith

    begann erst vor zehn Jahren zu existieren. Davor gabes ihn nicht.

    Vielleicht hat er einen falschen Namen angenom-men.

    Zu dem festgelegten Zeitpunkt gab es keinen ver-miten Menschen in der Welt. Jerry Smith ist prak-tisch aus dem Nichts aufgetaucht, so als sei er vor zehnJahren geboren worden. Unsere Nachforschungen be-weisen das eindeutig.

    Ferguson sah Small durchdringend an.Somit bleibt nur der einzige Weg: wir mssen

    Smith selbst fragen!Small nickte langsam und schwer.

    Er wute, was das bedeutete. Jerry Smith wr-de festgenommen werden. Man wrde ihn verhren,wenn notwendig mit Hilfe der Detektoren und Wahr-heitsdrogen. Und wenn das nichts nutzte...

    Er erhob sich.

    Gut, Chef. Ich werde ihn holen.

    Ferguson nickte ihm abschiednehmend zu undschaltete den Energieschirm aus. Teddy Small verlieden Raum und trat hinaus auf den Gang.

    Er ging zum entsprechenden Dezernat und lie sicheinen Haftbefehl geben.

    Noch einen Tag Freiheit hatte dieser Jerry Smith vorsich.

    Morgen abend wrde er ihn verhaften.

    Nie in seinem ganzen Leben hatte sich Teddy Smalletwas Unmglicheres vorgenommen als in diesem Au-genblick.

    Aber das wute er leider nicht...

    Als Jerry in seinem Bro sa, klopfte es an die Tr.

    James Torres, ein flchtiger Bekannter aus der Per-sonalabteilung, trat ein.

    Verzeihen Sie die Strung, Mr. Smith, aber viel-leicht kann ich Ihnen mit einem Hinweis dienen. Ge-stern hatte ich Besuch. Es war ein Herr da, der sichnach Ihnen erkundigte.

    Jerry sah interessiert hoch.

    Ach... Er winkte Torres, sich zu setzen. Wie saher aus?

    Wie er aussah? Hm ich glaube, er hatte eineschmchtige, fast zierliche Figur, blonde Haare und und... nun, er sah eigentlich recht harmlos und durch-schnittlich aus.

    Das sind die gefhrlichsten, stellte Smith fest undlchelte. Er wollte wissen, wann und wo ich geborenbin. Stimmts?

    Stimmt! machte Torres ein wenig enttuscht, daaus seiner berraschung nichts geworden war. Wo-her wissen Sie das?

    Weil der gleiche Bursche sich bei meiner Frauebenfalls zu erkundigen versuchte.

    Wie merkwrdig! Schlielich kann man dieseAuskunft ja auf jedem Meldeamt erhalten.

    Vielleicht. Nun, was haben Sie ihm gesagt?

    Ich habe ihm Ihre Akten gegeben, und er machtesich Notizen. Sagen Sie, Mr. Smith: ist etwas nicht inOrdnung?

    Was sollte denn nicht in Ordnung sein?

    Nun, umsonst kommen doch keine Fremden in diePersonalabteilung einer groen Firma und erkundigensich nach dem Lebenslauf der Angestellten. Im bri-gen handelte es sich um einen Mann des SSD. Er zeig-te seine Marke, eine Uraniumplatte.

    Und da meinen Sie, er she harmlos aus.

  • 15 TERRA

    Sah er auch, Ehrenwort! Gott sei Dank wurde ichihn sehr schnell los, als ich ihm Ihre letzte Firma an-gab.

    Meine letzte Firma? Ach so, ja. Und da ging er?Ja. Er meinte, dort wrde er sicher mehr erfahren.Jerry Smith berwand die augenblickliche Lh-

    mung und versuchte ein verbindliches Lcheln.Vielen Dank, Mr. Torres, fr Ihre Ausknfte. Ich

    glaube, ich werde mich mal beim SSD erkundigen,warum man die Routineerkundigungen ausgerechnetin aller ffentlichkeit durchfhren lt. Es handeltsich ganz bestimmt um eine solche, und ich wurde daszufllige Opfer. Also, besten Dank. Und wenn wiedereinmal jemand kommt und meine Kragenweite ken-nenlernen mchte, lassen Sie mich rufen.

    Geht in Ordnung, Mr. Smith. Auf Wiedersehen.Als Jerry allein war, sank er in seinen Stuhl zurck.Man hatte Verdacht geschpft. Soviel stand fest.Nicht da er Furcht htte! O nein, das war es nicht,

    was Smith so beunruhigte. Der SSD konnte ihm nichtsanhaben, wenn er das nicht wollte. Aber da war dervernderliche Farbstoff und seine unheimliche Gefahrfr die Menschheit.

    Und da war Rita!Niemals htte er geglaubt, jemals ein anderes We-

    sen so lieben zu knnen, da die Trennung schwer fiel.Acht Jahre lebte er nun bereits mit dieser Frau zusam-men, ein glckliches und normales Leben. Sie ahntenicht, wer er war und wie seine Mission lautete. Frsie war er einfach Jerry Smith, leitender Angestelltereiner Firma von interplanetarischer Bedeutung.

    Wenn jedoch der SSD einmal Verdacht geschpfthatte, wrde er nicht locker lassen, bis er hinter dasGeheimnis gekommen war.

    Und dann war er erledigt!Den Kopf in die Hnde gesttzt, sann er darber

    nach, wie er eine Frist erhalten konnte. Denn wenndie Maske fiel, verlor er Rita; auch wenn er das Lebengewann.

    Und Rita wollte er so lange behalten, wie es nureben ging.

    Eine Galgenfrist! Ein galaktisches Reich fr eineGalgenfrist!

    Als er an diesem Abend nach Hause kam, fhlteer eine momentane Schwche und lie sich schwerin den Sessel fallen, der im Wohnzimmer stand. Ritawar noch fort, einige Besorgungen machen. Der Ro-botdiener hatte die ihm aufgetragenen Worte solangevor sich hingeleiert, bis Jerry ihn davongejagt hatte.

    Diese Farbe! Diese verdammte, sich nach Beliebenverndernde Farbe! Wenn sie nicht wre, fiele die Ent-scheidung leichter.

    Doch das mit der Farbe hatte Zeit.Zuerst einmal mute der SSD von der heien Spur

    abgebracht werden. Und da gab es einen sehr einfa-chen, wenn auch harten Weg. Noch heute wrde der

    harmlos aussehende Agent des SSD zu ihm kommenund ganz offen fragen, aus welcher Versenkung er vorzehn Jahren aufgetaucht sei. Er wrde nach seinemrichtigen Namen fragen und nach seiner Herkunft.

    Und, so beschlo Jerry, er soll es erfahren.

    Minuten spter kam Rita zurck, ein Paket im Arm.Mit einem unsicheren Lcheln lste sie auf den fra-genden Blick Jerrys die Verschnrung und frderte einKleid zutage.

    Ein Kleid, das in dem gleichen Augenblick, da Jer-ry es erblickte, blitzschnell die Farbe wechselte undblutrot wurde.

    Du hattest gesagt, ich solle dich stets von neuenErscheinungen, die mit der Farbe zu tun haben, un-terrichten, sagte Rita schnell, ehe Jerry seinen. Mundffnen konnte. Seit heute gibt es Kleider dieser Art.Und nicht einmal billig!

    Je nach Stimmung hast du dann tglich ein neu-es Kleid, denn es kann jeden Tag eine andere Farbeannehmen. So wird der erhhte Preis wieder aufgeho-ben.

    So bist du mir nicht bse, wenn ich es trage?

    Woher? Es ist vollkommen unschdlich.

    Sie schttelte den Kopf.

    Dann begreife ich nicht, warum du dich so berdie Farbe aufregst. Im brigen habe ich erfahren kn-nen, da diese Farbe tatschlich aus den Samenkap-seln dieser Pflanze hergestellt wird, die wir vor zehnJahren von Zeta Herkuli mitbrachten. Nach jahrelan-gen Versuchen, die hauptschlich die Unschdlichkeitdes Farbstoffes ergeben sollten, hat man sie der Indu-strie bergeben. Es gibt bereits riesige Plantagen aufder ganzen Erde.

    Dann ist es schon sehr weit, stellte er fest.

    Was soll das heien?

    Er seufzte.

    Vielleicht werde ich dir das eines Tages erzhlen.Und dann wirst du eine sehr, sehr schwere Entschei-dung treffen mssen. Denn wenn ich es dir erzhle,gibt es kein Zurck mehr. Du wirst mich dann mehrlieben mssen, als du jemals dich selbst liebtest. Sonstverlierst du mich.

    Sie sah ihn mit aufgerissenen Augen an.

    Wie wie meinst du das?

    Er stand auf und trat zu ihr. Zrtlich strich er ihrber das blonde Haar, das hinten von einem Knoten,der in einen Pferdeschwanz berging, gehalten wurde.Fr eine ehemalige Raumfahrerin eine ganz und garunmgliche Frisur.

    Spter, Liebes. Ich erwarte noch Besuch. Dukannst schon ins Bett gehen, sobald wir gegessen ha-ben. Bist du mir sehr bse, wenn ich dich darum bit-te?

    Ja, aber ich verstehe nicht...

  • Der Tod kam von den Sternen 16

    Du wirst spter einmal alles verstehen. Habe Ver-trauen!

    Sie nickte. Irgend etwas in ihren Augen schimmertefeucht.

    Hat das etwas mit dem Mann vom SSD zu tun?Er nickte.Alles! sagte er dster.Rita lag bereits im Bett, als der Erwartete kam.Jerry erkannte ihn nach der Beschreibung auf dem

    kleinen Bildschirm neben dem Knopf des elektroni-schen Trffners. Langsam und mit einem grimmigenLcheln drckte er den Knopf nieder.

    Teddy Small hatte den winzigen aber tdlichen Na-delstrahler in der rechten Hosentasche, entsichert undschubereit. Mit festen Schritten kam er den Kieswegentlang und wartete, bis sich die Haustr ffnete.

    Mr. Smith? sagte er fragend, als Jerry ffnete.Der bin ich. Guten Abend, Mr. Small. Ich habe Sie

    erwartet.Zum erstenmal verlor Small einen Teil seiner Fas-

    sung. Kein Mensch, auer einigen Beamten des SSD,wute, da er heute nach hier kommen wrde. Undam allerwenigsten konnte es dieser Smith wissen,ganz abgesehen davon, da es hchst unwahrschein-lich war, da er seinen Namen kannte.

    Sie haben mich erwartet? Woher kennen Sie mei-nen Namen?

    Ist das so wichtig? Kommen Sie herein, Mr.Small.

    Obwohl es unhflich erscheinen mute, behieltSmall die rechte Hand in der Hosentasche. Erst alsSmith ihn bat, doch die berjacke abzulegen, muteer notgedrungen seine Waffe loslassen.

    Aber er sprte das Gewicht des Strahlers an seinerSeite und kannte die Schnelligkeit, mit der er ihn zuerreichen vermochte, sollte es sich als notwendig er-weisen.

    Jerry bot seinem Gast einen Sessel an, rckte denRauchtisch mit den Zigaretten und Getrnken nherund lie sich dann selbst ebenfalls nieder.

    Womit kann ich Ihnen also dienen, Mr. Small?Vielleicht htten Sie gleich zu mir kommen sollten,statt nutzlos und recht auffllig fremde Leute auszu-fragen.

    Das wissen Sie auch? wunderte sich der Agent,dem der zu Verhaftende immer unheimlicher wurde.Dann rusperte er sich. Nun, es ist ja auch gleichgl-tig, ob Sie es wissen oder nicht. Dann kann ich mirdie Vorrede ersparen und gleich zur Sache kommen.

    Selbst das ist nicht notwendig. Ich bin, den Papie-ren nach, am 10. Juni 2044 in Denver geboren undSie haben festgestellt, da diese Angaben nicht stim-men. Nicht, das wollten Sie doch sagen?

    Teddy Small starrte seinen Gastgeber an.Ja! Genau das wollte ich sagen! Sind Sie Gedan-

    kenleser?

    Vielleicht. Telepathie ist nichts Auergewhnli-ches, wenn man sich ihrer bewut ist.

    Sind Sie also zu dem angegebenen Zeitpunkt inDenver geboren oder nicht?

    Natrlich nicht!

    Small starrt Smith einen Augenblick verwundert an.So leicht hatte er es sich nicht vorgestellt.

    Sie leugnen also nicht, eine falsche Identitt ange-nommen zu haben?

    Nein!

    Und woher haben Sie die falschen Papiere?

    Gekauft.

    Von wem?

    Wie soll ich das wissen? Es ist zehn Jahre her.

    Small setzte zum entscheidenden Sprung an.

    Und warum haben Sie das getan? Wie lautet Ihrwirklicher Name?

    Sie wrden ihn kaum aussprechen knnen, meinlieber Small. Vielleicht spter einmal.

    Der Agent ahnte erneute Verwicklungen.

    Warum haben Sie Ihre Identitt gewechselt?

    Weil ich mich in meiner wirklichen nicht sehenlassen konnte. Ich htte viel zuviel Aufsehen erregt.

    Small winkte wtend ab.

    Schweifen Sie nicht vom Thema ab, sonst werdeich Sie verhaften. Ich besitze alle Vollmachten, Sie mitin das Gebude des SSD nehmen zu knnen. LegenSie ein volles Gestndnis ab, dann wird das nicht not-wendig sein.

    Das hatte ich vor, denn anders werde ich Sie kaumlos.

    Der Agent unterdrckte ein triumphierendes L-cheln.

    Also los!

    Und Jerry Smith begann zu reden.

    Er redete noch keine zwei Minuten, als Teddy Smallwtend aufsprang und schrie:

    Hren Sie mit dem Unsinn auf, Sie verdammterLgner! Sie sollen mir die Wahrheit erzhlen, aberkeine Mrchen. Hren Sie, Smith: ich warne Sie! Ichgebe Ihnen eine letzte Chance, mir alles zu erklren.Wenn Sie diese Chance nicht nutzen, kommen Sie mit.Und Sie kennen ja wohl die Methoden des SSD?

    Ich kenne sie. Also gut, Sie sollen Ihren Beweishaben.

    Jerry hatte sich erhoben und war ein wenig zurck-getreten. Er stand jetzt mit dem Rcken zur Wand, et-wa vier Meter von dem Agenten entfernt. Zwischenihnen war nichts.

    Wie Sie wissen, habe ich einen anderen Namen an-genommen, und damit eine nicht mir gehrende Iden-titt. Sie wollen meinen richtigen Namen wissen, Mr.Small. Ersparen Sie mir das. Aber ich will Ihnen mein

  • 17 TERRA

    wahres Gesicht zeigen. Ich werde die Maske fallen-lassen, die ich mir aufsetzte. Aber ich warne Sie! Siewerden der erste Mensch sein, der mich sieht!

    Teddy Small wartete, die rechte Hand in der Ta-sche. Vielleicht hatte Smith einen schmutzigen Trickvor, und in dem Augenblick, da er sich die Plastikmas-ke vom Gesicht ri, machte er von einer verborgenenWaffe Gebrauch.

    Auf so einen Unsinn fiel ein Teddy Small nicht her-ein!

    Doch als Jerry Smith die Maske fallen lie, schrieTeddy Small gellend auf.

    Seine Hand griff zum Herzen, krallte sich in den lo-sen Stoff des Jacketts.

    Dann strzte der Agent leblos zu Boden und bliebliegen, ohne sich noch einmal zu rhren. Er war tot.

    Hal Ferguson erwartete den Bericht seines AgentenTeddy Small mit Ungeduld. An sich htte er gesternden Verhafteten noch vorfhren sollen. Da dies jedochnicht geschah, nahm der Chef des SSD an, es httensich vielleicht neue Umstnde ergeben, die eine Fest-nahme erbrigten.

    Er atmete also erleichtert auf, als ihm die Wacheden Agenten meldete.

    Teddy Small betrat das Bro Fergusons mit der ge-wohnten Vorsicht. Er setzte sich auf ein Zeichen desChefs und sah diesen fragend an.

    Nun? machte Ferguson ein wenig ungeduldig.

    Der Agent sah ihn durchdringend an, ehe er denBlick senkte und sagte:

    Ich glaube nicht mehr, da eine Verhaftung not-wendig sein wird. Jerry Smith ist genauso harmlos wieSie oder ich zumindest, was seine von uns vermu-teten verbrecherischen Neigungen angeht. Eine noch-malige berprfung unserer Stellen in Denver ergab,da tatschlich kein Jerry Smith am 10. Juni 2044 dortgeboren wurde. Aber ein gewisser John Smith hatte et-wa drei Wochen spter ein Findelkind an Vaters Stattangenommen und es auf den Namen Jerry taufen las-sen. Daher fanden wir natrlich den Namen des Neu-geborenen nicht. Wir unterlieen es, nach einem ande-ren Jerry Smith zu forschen, daher unser Verdacht.

    Ferguson sah nachdenklich zur Decke empor.

    Wie kann einer Dienststelle von uns ein derartigerIrrtum unterlaufen? Ich werde die Sache untersuchenlassen.

    Das wre sicher angebracht, empfahl TeddySmall.

    Und weiter? Haben Sie Ihn gestern aufgesucht?

    Allerdings. Bei der Gelegenheit erzhlte er mirauch, warum er vor zehn Jahren seine Papiere gen-dert hat. Er war wegen einer Kleinigkeit aus seinerStellung entlassen worden. Um eine neue Stellung zuerhalten, flschte er seine Zeugnisse. Es wird Sacheder zivilen Polizei sein, sich damit zu befassen.

    Und aus dem Grund erhielten wir bei der angege-benen Firma den Bescheid, ein Jerry Smith sei niemalsbei ihr beschftigt gewesen? Hm, das klingt ja allessehr einleuchtend. Also gut, ich werde den entspre-chenden Stellen die notwendigen Anweisungen zurEinstellung des Verfahrens geben.ES ist gut, Small,Sie knnen dann gehen. Es wartet ein neuer Auftragauf Sie. Unser Vertreter bei der ,Luna-Export wirdSie unterrichten. brigens, Small: seit wann tragen Sieeinen Ehering? Ich meine, Sie wren ledig?

    Small zuckte unmerklich zusammen, ehe er ver-wundert seine Hnde betrachtete. An keinem der Fin-ger befand sich ein Ring.

    Einen Ehering, Mr. Ferguson? Sie mssen sich ge-irrt haben.

    Ferguson starrte auf die Hnde seines Agenten. Inseinen Augen war ein unglubiger Ausdruck. Dannschttelte er den Kopf.

    Es ist nicht zu fassen! Leide ich bereits an Alter-serscheinungen? Ich htte schwren mgen, da Sieeinen Ring trgen.

    Immer noch sichtlich verstrt schaltete er die Ener-giesperre aus und verabschiedete Small.

    Der Agent verbeugte sich kurz und verlie denRaum.

    Er atmete erleichtert auf.Die Sache mit dem Ring htte fast seinen ganzen

    Plan zuschanden gemacht.Ohne sich umzusehen trat er auf die Strae, wink-

    te einer Lufttaxe und lie sich in das knapp 200 kmentfernte Terraport bringen. Er konnte keine Verfolgerfeststellen. Scheinbar schpfte Ferguson keinen Ver-dacht.

    Am Ziel angelangt, bezahlte er den Piloten und be-gab sich auf eine der ffentlichen Toiletten.

    Sekunden spter trat Jerry Smith aus der gleichenTr und begab sich mit festen, sicheren Schritten zudem Gebude, das seine Firma beherbergte.

    Der Mann auf dem Bildschirm sah ernst aus.Nein, wir irren uns nicht. Mr. Ferguson. Der Tote

    wurde einwandfrei als Teddy Small identifiziert. Wirfanden ihn im Centralpark der Stadt auf einer Bank.Jeder Zweifel ist ausgeschlossen.

    Ferguson stellte eine sehr merkwrdige Frage:Trgt der Tote einen Ehering?Der Mann auf dem Bildschirm bltterte durch seine

    Notizen, dann schttelte er den Kopf.Nein! Praktisch wurde nichts bei ihm gefunden.

    Seine Papiere fehlen, seine Uhr, seine Waffe ber-haupt alles. Man scheint ihn ausgeraubt zu haben,nachdem man ihn tot auf der Bank fand. Auf kei-nen Fall jedoch kommt Raubmord in Frage. Auer-dem lt das schrecklich verzerrte Gesicht auf einenSchock schlieen.

    Ferguson versank in tiefes Schweigen. Seine Augenwaren ins Leere gerichtet, und hinter seiner Stirn be-gann es sichtlich zu arbeiten. Der Berichterstatter war-tete ab.

  • Der Tod kam von den Sternen 18

    Endlich sah der Chef des SSD auf.

    Lassen Sie den Toten nach hier berfhren. Ichmchte ihn mir ansehen. Halt, noch eine letzte Fra-ge: was meint der Arzt, wie lange Small bereits totist?

    Bereits seit gestern abend.

    Ferguson gab keine Antwort. Er war totenbla ge-worden.

    In den dreidimensionalen Lichtspielhusern, imFernsehprogramm, in den Mikroausgaben der Zeitun-gen und in jeder Reklameleuchtschrift warb die Indu-strie fr ihren neuen Farbstoff.

    ,Ihr Heim wird zur Insel des Friedens! behauptetendie Werbefachleute und versuchten zu erklren, dadie je nach Stimmung wechselnde Farbe der eigenenvier Wnde jede Aufregung im Keime ersticke.

    ,Keine Managerkrankheit mehr! rasten die Leucht-buchstaben ber die verdunkelten Flchen der Wol-kenkratzer. ,Rckgang der nervsen Todesflle dankunserer selbstttigen Wechselfarbe!

    ,Sie sehen nur die Farbe, die Ihnen gefllt! besag-ten die Werbesprche auf den Bildschirmen in jedemHaus. ,Unsere Farbe errt Ihre geheimsten Wnsche und erfllt sie!

    Ganz langsam nur begann die neue Industrie Fuzu fassen und die Lebensgewohnheiten der Menschenzu ndern, ohne da diese sich der nderung bewutwurden.

    Bisher recht jhzornige Personen lieen ihre erho-benen Fuste wieder sinken, wenn sie sich pltzlichvon einem beruhigenden Grn oder Braun umgebensahen oder wenn der Anzug ihres Gegenber ohnebergang die eigene Lieblingsfarbe annahm.

    Neugebildete Farborchester gaben lautlose Konzer-te, indem jeder Solist bestimmte Farben, von einemDirigenten geleitet, auf eine dafr bestimmte Wandzauberte, die lediglich mit der Wechselfarbe bestri-chen war. Die dabei entstehenden Farbkompositionenerfreuten den Kenner genauso, wie frher eine laute,akustische Darbietung. Allerdings stellte es sich spterheraus, da diese Farborchester von der geschftstch-tigen Industrie ins Leben gerufen waren. Aber da hat-ten sie bereits solche Beliebtheit erlangt, da sie nichtfortzudenken waren.

    Die Kinder profitierten am meisten. Wenn sie in ih-ren Kleidchen oder Anzgen Schmutzflecken einfin-gen, nahm sofort die ganze Kleidung einem unbe-wut geuerten Wunsche folgend die gleiche Far-be an. Und der Schmutzfleck war verschwunden.

    Die Farbe beruhigte ungemein. Sie beruhigte nichtnur einzelne, sie versetzte die ganze Menschheit in ei-ne immer intensiver werdende Lethargie.

    Es gab sehr bald nichts mehr, was nicht mit derWechselfarbe bestrichen worden war. Selbst die In-neneinrichtung der groen Passagierraumer richtetensich farblich nach den Wnschen ihrer Fluggste.

    Jeglicher Streit verschiedener Geschmacksrichtungenwurde dadurch vermieden, da die Farbe zwar fr deneinen rot leuchtete, fr den anderen jedoch grn oderviolett, je nach Wunsch.

    Die Wissenschaftler suchten immer noch nach einerLsung fr dieses bunte Problem. Lediglich eine dervielen Theorien, so phantastisch sie auch anmutete,schien der Wahrheit am nchsten zu kommen. Sie be-sagte, da die Pflanze - herba zetae - in gewissem Sin-ne intelligent war und die Fhigkeit besa, die Farb-tnung ihrer Blten und damit des spteren Farb-stoffes nach den sie treffenden Gedankenstimmun-gen zu orientieren. Diese Fhigkeit starb nicht etwamit der Pflanze, sondern vererbte sich auf den Farb-stoff selbst. Vielleicht, so vermutete man khn, ver-suchte die Pflanze auf diese Art und Weise, mit denMenschen in Verbindung zu treten. Ihre Sprache wardie Farbe, nicht der akustische Laut, vielleicht warensie sogar Telepathen.

    Jerry Smith selbst kannte das Geheimnis dieserPflanzen auch nicht, aber er kannte ihre Gefahr fr dieMenschheit.

    Nach dem Tod des Agenten Small und dem gelun-genen Versuch, den SSD von sich abzulenken, beob-achtete er die Entwicklung sehr genau, wenn auch ausdem Hintergrund. Er vermied es, mehr Aufsehen alsunbedingt notwendig zu erregen. Aber er bemerktesehr bald, da der Zweck der geheimnisvollen Pflanzevon jenem fernen Planeten sich langsam aber sichererfllte.

    Und er bemerkte noch etwas anderes: er wurde be-obachtet!

    Scheinbar gab sich Ferguson nicht mit der Tatsachezufrieden, da sein Agent einfach an Herzschlag ge-storben war. Vielleicht aber auch wute er zu genau,da der Ehering tatschlich an der Hand Smalls ge-steckt hatte.

    Und Jerry Smith trug den gleichen Ring.

    Eines Tages wrde Ferguson ihm offen gegenber-treten. Und auf diesen Tag wartete Jerry mit allerSpannung, deren er fhig war.

    Denn er wrde das Schicksal einer Welt entschei-den.

    Hal Ferguson wartete nicht allzu lange.

    Zum ersten Male seit vielen Jahren entschlo ersich, eine Aktion selbst zu leiten und durchzufhren.Er nahm zwei seiner besten Leute, befahl die Bewaff-nung mit dem Strahler, steckte selbst eine dieser klei-nen und gefhrlichen Waffen in seine Tasche und be-stellte das Flugtaxi des SSD.

    Zwanzig Minuten spter landete das Flugzeug inder beginnenden Dmmerung nicht weit von JerrySmiths Haus entfernt. Der Pilot erhielt die Anweisung,hier auf die Rckkehr der drei Mnner zu warten.

    Dann setzten sich Ferguson und seine Mnner inBewegung.

  • 19 TERRA

    Es war ihnen klar, da sie sich niemals unbe-merkt dem Haus nhern oder gar sein Inneres betre-ten konnten, denn die modernen Meldeanlagen warenohne Fehler. Aber Ferguson hatte auch gar nicht dieAbsicht, sein Erscheinen geheimzuhalten. Schlielichvermutete er in Smith lediglich einen mittleren Verbre-cher wenn berhaupt. Aber es konnte auch genausogut sein, da er ein Agent der Regierungsoppositionauf Titan war, die von dort aus versuchte, die Gewaltber das Sonnensystem an sich zu reien.

    In beiden Fllen jedoch wrde man mit ihm fertigwerden.

    Das Gartentor war geffnet, und sie schritten bis zurHaustr. Automatisch wurde drinnen die Anlage aus-gelst.

    Jerry sah das Warnlicht und erhob sich. Auf demBildschirm sah er die drei Mnner und erkannte Fer-guson sofort.

    Noch Besuch? fragte Rita ein wenig verrgert.Sie hatte sich auf einen gemtlichen Abend vorberei-tet und empfand jede Strung als eine unverschmteZumutung.

    Ja, wir erhalten Besuch, Rita. Es wre vielleichtbesser, du wrdest schon mal ins Bett gehen. Es wirdnicht sehr lange dauern.

    Ich soll um acht Uhr ins Bett gehen? wundertesie sich. Findest du das nicht reichlich frh fr eineerwachsene Frau?

    Jerry konnte ihr das nicht mehr erklren. Er sah ein,da er das htte frher tun sollen.

    Also gut, dann bleibe. Aber versprich mir, dichnicht zu erschrecken. Unsere Besucher kommen nm-lich vom SSD.

    Sie wurde ein wenig bleich.Dann lie Jerry die Besucher ein.Ich freue mich, Mr. Ferguson, Sie als meinen Gast

    begren zu drfen, sagte er und verbeugte sichknapp. Darf ich Sie bitten, gleich in mein Wohnzim-mer zu kommen. Gestatten Sie, da ich Ihnen meineFrau vorstelle? Rita, das ist Mr. Ferguson vom SSD.

    Die anderen beiden Herren nannten ihre Namen undsetzten sich, nachdem Jerry sie dazu aufgefordert hat-te.

    Ferguson rusperte sich.Sie erleichtern mir meine unangenehme Aufgabe

    dadurch, da Sie mich zu kennen scheinen. Darf ichfragen, ob wir bereits einmal das Vergngen hatten?

    Wir hatten, entgegnete Jerry. Aber wenn es Ih-nen recht ist, mchte ich erst spter davon sprechen.Zuerst einmal: darf ich Ihnen etwas zu trinken anbie-ten?

    Nein danke, wir sind im Dienst.Jerry nickte.Dann wird es vielleicht besser sein, Sie beginnen.Er lehnte sich bequem auf der Couch zurck und

    legte seine Hand auf Ritas Knie. Ferguson betrachtete

    sinnend den Ehering an der Hand des Hausherrn. Einesteile Falte bildete sich auf seiner Stirn. Dann scht-telte er den Kopf und begannt:

    Es wird Ihnen nicht entgangen sein, Mr. Smith, dawir einige Nachforschungen, Ihre Person betreffend,angestellt haben. Leider erwiesen sich einige Anga-ben, die Sie gemacht haben, als unrichtig, und wir wa-ren gezwungen, in Denver genaue Erkundigungen ein-zuziehen. Damit war einer unserer Agenten, ein ge-wisser Teddy Small, beauftragt.

    Er machte eine kleine Pause, als erwarte er einenEinwand. Als dieser jedoch nicht kam, fuhr er fort:

    Es stellte sich heraus, da am 10. Juni 2044 inDenver niemand geboren worden war, der spter ein-mal auf den Namen Jerry Smith gehrt htte. Auer-dem besttigte uns Ihre angebliche frhere Firma, daniemals ein Jerry Smith bei ihr beschftigt gewesenwar.

    Seltsamerweise kam der Agent Small einen Tagnach Ihrer geplanten Verhaftung zu mir und versuchtemit Erfolg, meine Bedenken zu zerstreuen. Man fandihn noch am gleichen Tag tot im Park unserer Stadt.

    Wieder machte Ferguson eine kleine Pause. Er warfJerry einen fragenden Blick zu, ohne eine Reaktion zuerwarten.

    Der Arzt stellte Herzschlag durch Schreck fest. Al-so eine natrliche Todesursache in gewissem Sinne.Ich vermute, da jener Small, der mich kurz zuvor be-suchte, nicht der echte Small war, denn der war bereitszwanzig Stunden zuvor gestorben. Die Maske des Un-bekannten war ausgezeichnet und tuschte auch mich.Alle Angaben, die er in dem Gesprch mit mir mach-te, erwiesen sich spter als falsch. Wenn Sie dahinterstecken, Mr. Smith, dann begreife ich nur eins nicht:warum nutzten Sie nicht die Zeit, die Ihnen zur Verf-gung stand und verschwanden?

    Jerry Smith lchelte geheimnisvoll.Ich bin verheiratet, sagte er, und ich liebe meine

    Frau. Im Grunde genommen ist damit das ganze Pro-blem meines Hierseins gelst, denn ich wute, da Siekommen wrden.

    Ferguson beugte sich vor:Ihr richtiger Name lautet nicht Smith?Nein!Ah Sie wollen also gestehen? lauerte der SSD-

    Chef.Wenn Sie es so nennen wollen ja.Beruhigend drckte Jerry die Hand Ritas, die sich

    in die seine gestohlen, hatte. Er nickte ihr zu.Ferguson gab einem der beiden Mnner einen

    Wink. In dessen Tasche war ein leises und kaum ver-nehmendes Klicken. Der Tonaufnehmer war einge-schaltet worden.

    Sie sind also nicht Smith? Wer sind Sie also?Mein Name tut nichts zur Sache, Mr. Ferguson.

    Vielleicht meine Person und meine Ttigkeit...

  • Der Tod kam von den Sternen 20

    Sie arbeiten fr die Gruppe auf Titan?Fr einen Augenblick schien Jerry verwirrt, aber

    aus ganz anderen Grnden, als Ferguson annahm.Dann schttelte er lchelnd den Kopf.

    Sie meinen die Opposition der solaren Regierung?O nein, damit habe ich nicht das geringste zu tun. ImGegenteil, ich bin der offiziellen Regierung sehr wohl-gesonnen. Nein, es wird wenig Sinn haben, wenn ichSie fragen lasse, es wird das Beste sein, Sie lassenmich erzhlen. Doch zuvor eine andere Aufklrung:jener Mann, der Sie als Teddy Small besuchte, warnicht Teddy Small oder ein maskierter Fremder. Ichselbst war es, Mr. Ferguson, der Sie in Ihrem Broaufsuchte. Ich hatte nur vergessen, meinen Ring ver-schwinden zu lassen.

    Der untersetzte Mann mit der Glatze sah Jerry anwie ein Gespenst.

    Sie Sie waren Small? Aber das ist doch un-mglich! Small hatte eine ganz andere Figur als Sie,er war klein und schmchtig, hatte blonde Haare. Siesind gro und schlank, haben dunkle Haare. Selbst derberhmteste Maskenbildner des ganzen SSD knnteSie nicht in einen Small verwandeln.

    Und doch tat ich es. Sie werden das spter viel-leicht verstehen.

    Nun gut, selbst wenn es so gewesen wre: wiestarb Teddy Small?

    Tatschlich an einem Herzschlag, gab Jerry Aus-kunft. Er uerte an jenem Abend, da er mich verhaf-ten wollte, den gleichen Wunsch, den auch Sie uernwerden, wenn ich mit meiner Erzhlung fertig bin. Icherfllte seinen Wunsch. Und er starb.

    Ferguson sa da, den Mund grimmig zusammenge-kniffen. Er hatte die Maske des gutmtigen Bieder-mannes schon lngst fallenlassen.

    Reden Sie, ich werde nicht mehr unterbrechen.Jerry wandte sich an seine Frau:Du wirst jetzt Dinge hren, die dir phantastisch

    und furchtbar vorkommen mgen vielleicht auchnicht. Du warst selbst lange Jahre im Weltraum undahnst viele seiner Geheimnisse. Ich habe dir niemalserzhlt, wer ich bin, denn ich liebte dich wirklichund wollte dich nicht erschrecken. Heute sollst du dieWahrheit hren und dann kannst du dich entschei-den, ob du bei mir bleiben willst oder nicht.

    Er streichelte ihre Wangen noch einmal, ehe er sichwieder dem gespannt lauschenden Ferguson zuwand-te:

    Lesen Sie utopische Romane, Ferguson?Der SSD-Chef schttelte energisch den Kopf.Diesen Unsinn mit den bewohnten Milchstraen

    und den blutrnstigen Invasionen? Nein, dazu habe ichkeine Zeit.

    Jerry zuckte die Achseln.Dann habe ich eine unerfreuliche berraschung

    fr Sie: denn Sie mssen sich jetzt eine utopische Er-zhlung anhren, die ich zum besten geben werde.

    Sie wollen uns ein technisches Mrchen erzhlen?Hren Sie, Smith, wir sind gekommen, um einige Auf-klrungen zu erhalten, nicht aber, um uns die Zeit mitGeschichten zu vertreiben.

    Diese Geschichte gehrt mit in Ihr Programm, Mr.Ferguson! antwortete Jerry ernst. Sie hren Sie sichentweder an, oder Sie werden berhaupt nichts erfah-ren. Nun?

    Der Chef knurrte etwas von Bldsinn und ,Zeit-verschwendung, aber dann nickte er widerwillig.

    Also gut! Aber versuchen Sie mir nicht, wenn Siefertig sind, einen Roman von sich anzuhngen. Wenndas ein Werbetrick sein soll...

    Jerry winkte ab.Es ist keiner, das kann ich Ihnen versprechen.

    Doch nun hren Sie zu. Wie gesagt, es ist eine uto-pische Geschichte.

    Seit hundert Jahren ist die Erde nicht mehr schlecht-hin ,Die Welt und damit Heimat des Menschen, son-dern lediglich einer von neun Planeten eines Sonnen-systems, das eine einheitliche Regierung besitzt undder alle Sttzpunkte und selbstndige Kolonien, woimmer sie auch sein mgen, unterstehen.

    In hundert Jahren interplanetarischer und auch in-terstellarer Raumfahrt hat der Mensch sein Hoheitsge-biet immer weiter ausgedehnt und Sterne erreicht, diedreiig und mehr Lichtjahre vor uns entfernt sind. Erwei, da die Technik des Raumfluges weiter voran-schreiten und neue Erkenntnisse bringen wird, aber erfhlt sich bereits heute als der Herr des Universums.

    Denn bis heute begegnete er keiner anderen intel-ligenten Rasse. Vielleicht whnt er sich allein in derUnendlichkeit, was eine weitere Steigerung seines oh-nehin nicht geringen Selbstbewutseins zur Folge ha-ben knnte. Was die ausgeschickten Expeditionen bis-her fanden, war zwar fr die Mineralogen, die Biolo-gen oder auch Zoologen interessant, aber es befriedig-te nicht die Neugier der Menschen, die sich fragten und allen Ernstes fragten: sind wir allein?

    So, Mr. Ferguson, was nun kommt, ist die Utopie,aber doch wenigstens das, was wir einmal als Utopiebezeichnen mgen:

    Irgendwo in der Galaxis, zehn oder auch zwanzig-tausend Lichtjahre von uns entfernt, existierte vor Tau-senden von Jahren eine Rasse, genauso intelligent undfortschrittsbesessen wie die Menschen der Erde. Siebegannen ihre Laufbahn in den Hhlen der Gebirgeihres Heimatplaneten und langten ber Kannibalismusund mrderische Kriege untereinander schlielich dortan, wo wir vor hundert Jahren auch standen. Sie stie-en in den Weltraum vor.

    Bereits nach zehn Jahren trafen sie auf die erstenWesen, denen die Beherrschung des Raumes ebenfallskein Geheimnis bedeutete. Um nicht in einen alles ver-nichtenden Energiekrieg gestrzt zu werden, schls-sen die beiden Rassen einen Pakt. Gemeinsam durch-forschten ihre Schiffe daraufhin das Universum und

  • 21 TERRA

    entdeckten im Laufe der folgenden zwei Jahrhunderte ich spreche immer von Erdenjahren elf weitereintelligente Rassen, meist an der Schwelle der Raum-fahrtperiode.

    Diese dreizehn Rassen verfielen nicht in den Fehler,sich gegenseitig auszulschen, sondern sie verbnde-ten sich und grndeten das erste galaktische Imperi-um. Es umfate einen Raum von mehr als fnftausendLichtjahren.

    Der Sternenkaiser einer Amtsperiode wurde jeweilsvon einem der dreizehn Hauptplaneten gewhlt. Da-nach stellte der nchste Hauptplanet den Herrscher und so fort. Jede Rasse also hatte die faire Chance, dasgesamte Reich fr eine stets gleichbleibende Zeitperi-ode zu leiten.

    Jerry schwieg, denn Ferguson machte eine ungedul-dige Handbewegung.

    Sagen Sie, Mr. Smith, knurrte er mrrisch. Wol-len Sie uns nicht endlich sagen, was Sie mit diesemMrchen bezwecken? Es ist ja alles recht nett und in-teressant, was Sie uns da erzhlen, aber schlielich istdas Jugendlektre, und man kann es sich in jeder Mi-krobcherei ausleihen.

    Es mag eine gewisse hnlichkeit mit derartigenRomanen haben, verehrter Mr. Ferguson, aber da istnoch ein gewaltiger Unterschied zu ihnen. Doch dasmchte ich erst am Ende meiner Erzhlung nher er-lutern. Geben Sie mir eine halbe Stunde und hrenSie mir zu, ohne mich zu unterbrechen. Wenn Sie dastun, werden Sie ganz genau wissen, was ich mit mei-nem Mrchen bezwecke. Einverstanden?

    Mit rhrender Ergebenheit nickte der Chef desSSD, und seine dreizehn Haare machten diese Bewe-gung gehorsam mit. Die Gesichter seiner beiden Be-gleiter blieben gelangweilt. Ihre Hnde hatten sie nichtaus den Taschen genommen.

    Jerry berging diese Unhflichkeit und fuhr fort:

    Das Regierungssystem funktionierte und das ge-waltige Sternenreich wurde mchtiger. Neue Zivili-sationen kamen hinzu und lsten sich aus ihrer Iso-lierung. Sie mochten einsehen, da ihr Glck nur inder groen Gemeinschaft lag und die Abgeschlossen-heit ihre Entwicklung nicht gerade vorantrieb. Die ur-sprnglichen dreizehn Rassen jedoch stellten weiter-hin in regelmigen Abstnden den regierenden Kai-ser des Sternenreiches.

    Bis endlich, nach mehr als 1500 Jahren, die erstegewaltttige Handlung erfolgte.

    Ein neueres Mitglied des Imperiums berfiel einenkleineren Planeten, der sich ebenfalls der Union ange-schlossen hatte. Er vernichtete die Bewohner, raubtedie aufgespeicherten Schtze, die zumeist aus Ener-giemineralien bestanden, und zog sich in sein eigenesSystem zurck. Alle Aufforderungen der Regierung,sich dem obersten Gericht zu stellen und den Raub zu-rckzugeben, blieben unbeantwortet.

    Daraufhin wurde beschlossen, eine exemplarischeStrafe durchzufhren. Die Polizeiflotte startete vomaugenblicklichen Regierungsplaneten und begab sichin den Raumsektor des frechen Piraten. Aber sie kamzu spt.

    Die Plnderer hatten ihre Heimatwelt verlassen undwaren in den unbekannten Tiefen des Raumes ver-schollen. Eine ganze Rasse hatte sich aufgemacht, derdrohenden Vergeltung zu entgehen. Nicht ein einzigerwar zurckgeblieben, und die Flotte fand nicht ein in-taktes Gebude.

    Zwei Jahre lang durchsuchte man den benachbartenSektor, aber die Plnderer waren und blieben spurlosverschwunden. Es schien, als habe der Raum sie ver-schluckt.

    Allmhlich legte sich die Beunruhigung der verei-nigten Intelligenzen, aber man war doch klger gewor-den.

    Niemand wurde mehr in den galaktischen Staaten-bund aufgenommen, den man zuvor nicht einer einge-henden Prfung unterzogen htte. Dieses vollzog sichetwa nach dem folgenden Schema:

    Die Expeditionsschiffe der Union, bemannt mitMitgliedern der dreizehn Grnderrassen, durchstreif-ten weite Rume der Galaxis und suchten bewohn-te Planeten. Wenn ein solches Schiff sich einem Sy-stem nherte, verhielt es sich auerordentlich vorsich-tig und achtete darauf, nicht gesehen zu werden. MitHilfe empfindlicher Gerte stellte die Besatzung sehrbald fest, ob einer der Planeten bewohnt war undwenn, in welchem Stadium sich die Bewohner befan-den, falls diese sich als intelligent erwiesen. Das warnatrlich nur selten der Fall, kam jedoch immer wie-der vor.

    Ferngesteuerte Beobachtungsstationen, ausgerstetmit Televisionanlagen, wurden in Richtung des zu un-tersuchenden Planeten geschickt, whrend das Mut-terschiff in gengendem Abstand eine Kreisbahn ein-schlug.

    Diese winzigen Beobachtungsslitionen, Miniatur-raumschiffe im wahrsten Sinne des Wortes, nhertensich der betreffenden Welt und schickten das Bild, dassie aufnahmen, zurck zum Mutterschiff, wo es auf-genommen und analysiert wurde. Es kam vor, da sol-che Mutterschiffe jahrelang um einen Planeten krei-sten, ehe die Beobachtungen abgeschlossen waren.

    Der Planet wurde ordnungsgem registriert, nach-dem seine Bewohner, je nach dem Stand ihrer Intel-ligenz und Entwicklung, in ein sogenanntes ,Stadi-um eingeteilt worden waren. Zum Beispiel bedeutet,Stadium 10 das Ende einer planetengebundenen Ent-wicklung und Beginn der Raumfahrt.

    Dann kehrte das Schiff zum Zentralplaneten des Im-periums zurck, wo seine Beute ausgewertet wurde.

    Und nun geschah etwas, das seit dem Ereignis mitden Plnderern zum Gesetz geworden war. Whrend

  • Der Tod kam von den Sternen 22

    man sich frher offen der neu entdeckten Rasse gen-hert und die Aufnahme in das galaktische Reich an-geboten hatte, schickte man heute einen sogenannten,Galaktischen Beobachter zu dem aufgefundenen Pla-neten.

    Dazu mu ich noch einige Erklrungen abgeben.

    Eine der dreizehn Grnderrassen besa eine wahr-haft erschreckende Eigenschaft: jeder einzelne An-gehrige dieser Rasse hatte die Fhigkeit, sein u-eres beliebig zu verndern. Ohne jede Anstrengungund Konzentration verharrte die uere Form in dieserneuen Gestalt. Jedoch vermochte die kleinste Willens-beeinflussung diese Gestalt beliebig zu ndern und dieneu angenommene Form solange beizubehalten, wiedas gewnscht wurde. Auch jahrelang, wenn es seinmute. Bei entsprechender bung vermochte der Be-treffende