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Der Wandel des Münzbildes auf öster- reichischen Dukaten. 1 ) Eine numismatisch-ikonographische Studie. Von August Loehr. Mit 2 Tafeln. Die historische Wissenschaft erkenrt in immer steigendem Maße, daß sie zur Ergänzung ihrer schriftlichen Quellen der Kenntnis und Verwertung gegenständlicher Denkmale bedarf, also aus den Gebieten der Architektur, der großen und der kleinen Plastik, der Malerei und der Graphik. Es zeigt sich aber, daß die Disziplinen, welche sich hauptsächlich mit diesen gegen- ständlichen Denkmalen zu befassen haben, in erster Linie Kunstgeschichte, Numismatik usw. sich fast ausschließlich von ihren eigenen Gesichts- punkten leiten lassen und ihre Resultate nicht ohne weiteres und nicht in genügendem Ausmaße dem größeren allgemein historischen Ziele dienst- bar gemacht werden können. Bestrebungen einer historischen Ikonographie erscheinen umso notwendiger, wenn selbst ganz moderne kunsthistorische oder numismatische Publikationen zwar den ganzen Apparat ihrer Spezial- wissenschaft aufwenden, aber die allgemein geschichtliche Bedeutung der Objekte, die sie beschreiben, vernachlässigen. Es zeigt sich als notwendig, in den allerletzten Jahren erschienene bedeutende Publikationen selbst von Porträtmedaillen der Renaissance, die sich die größte Mühe mit nicht immer sehr glaubhaften Künstlerzuweisungen geben, erst im Nachhinein durch die unterlassenen Untersuchungen über die Authentizität der Porträts zu ergänzen. So unzweifelhaft es ist, daß die Medaille, die Schaumünze wichtige Ergebnisse für die historische Ikonographie zu bieten vermag, so unerläßlich ist es auch, das zweite Hauptgebiet der numismatischen Disziplin, die Münze, in dieser Richtung zu untersuchen. Wenn auch die Hauptaufgabe der Münze die ist, wirtschaftliche, Geld- funktionen zu erfüllen, so hat sich doch rein äußerlich im stärksten Maße der Einfluß des Staates, der das Münzwesen regelt, vor allem der Wille ') Vortrag, gehalten am Internationalen Historikertag in Warschau 1933. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library Authenticated Download Date | 10/22/14 4:46 AM

Der Wandel des Münzbildes auf österreichischen Dukaten

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Der Wandel des Münzbildes auf öster-reichischen Dukaten.1)

Eine numismatisch-ikonographische Studie. Von Augus t Loehr .

Mit 2 Tafeln.

Die historische Wissenschaft erkenrt in immer steigendem Maße, daß sie zur Ergänzung ihrer schriftlichen Quellen der Kenntnis und Verwertung gegenständlicher Denkmale bedarf, also aus den Gebieten der Architektur, der großen und der kleinen Plastik, der Malerei und der Graphik. Es zeigt sich aber, daß die Disziplinen, welche sich hauptsächlich mit diesen gegen-ständlichen Denkmalen zu befassen haben, in erster Linie Kunstgeschichte, Numismatik usw. sich fast ausschließlich von ihren eigenen Gesichts-punkten leiten lassen und ihre Resultate nicht ohne weiteres und nicht in genügendem Ausmaße dem größeren allgemein historischen Ziele dienst-bar gemacht werden können. Bestrebungen einer historischen Ikonographie erscheinen umso notwendiger, wenn selbst ganz moderne kunsthistorische oder numismatische Publikationen zwar den ganzen Apparat ihrer Spezial-wissenschaft aufwenden, aber die allgemein geschichtliche Bedeutung der Objekte, die sie beschreiben, vernachlässigen. Es zeigt sich als notwendig, in den allerletzten Jahren erschienene bedeutende Publikationen selbst von Porträtmedaillen der Renaissance, die sich die größte Mühe mit nicht immer sehr glaubhaften Künstlerzuweisungen geben, erst im Nachhinein durch die unterlassenen Untersuchungen über die Authentizität der Porträts zu ergänzen.

So unzweifelhaft es ist, daß die Medaille, die Schaumünze wichtige Ergebnisse für die historische Ikonographie zu bieten vermag, so unerläßlich ist es auch, das zweite Hauptgebiet der numismatischen Disziplin, die Münze, in dieser Richtung zu untersuchen.

Wenn auch die Hauptaufgabe der Münze die ist, wirtschaftliche, Geld-funktionen zu erfüllen, so hat sich doch rein äußerlich im stärksten Maße der Einfluß des Staates, der das Münzwesen regelt, vor allem der Wille

') Vortrag, gehalten am Internationalen Historikertag in Warschau 1933.

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des Münzherrn geltend gemacht. Meist in raschem Wechsel ändern sich, wirtschaftlichen Einflüssen folgend, die einzelnen Münzsorten und, den äußeren Schicksalen des Staates und dem Eingreifen des Münzherrn ent-sprechend die äußere Form des Gepräges. In ungemein anziehender Weise hat Dieudonne in seinem vor kurzem erschienenen ausgezeichneten Werke über die Münzen des späteren Mittelalters in Frankreich dargetan, wie die häufigen Veränderungen des Münzfußes, namentlich der Goldmünze, sofort ihren Ausdruck in einer Abänderung des Äußeren des Gepräges finden. Dieser Beweglichkeit genau entgegengesetzt ist das Phänomen der Kon-stanz bestimmter Münzsorten durch lange Zeiträume und über verschiedene Länder, wofür als extremes Beispiel der österreichische Maria-Theresien-Taler dienen kann, der mit der Jahreszahl 1780 bis ins kleinste Detail unverändert durch 150 Jahre für den Sudan hergestellt wurde und her-gestellt werden mußte, da nicht nur jeder der vielen auswärtigen Versuche einer Nachahmung, sondern selbst die geringste Veränderung in einem nebensächlichen Detail zur Zurückweisung führte.

So groß die Literatur über die Numismatik auch sein mag und so genau jeder Typenwechsel und jede nur irgendwie erfaßbare Prägevariante im Münzumlauf eines Territoriums festgestellt wird, so mangelt es doch an Untersuchungen unter zusammenfassenden, über längere Zeit-räume und größere Territorien reichenden Gesichtspunkten, wie sie gerade für die Zwecke der historischen Ikonographie von Nutzen wären. Gegen-über den früher dargestellten Fällen sehr großer Beweglichkeit einerseits und völliger Erstarrung auf der anderen Seite, erschien es mir zweckmäßig, mit der Untersuchimg einer Münzsorte zu beginnen, die einerseits eine starke Konstanz infolge des viele Jahrhunderte und verschiedene Länder umspannenden Umlaufes aufweist, andererseits doch Veränderungen unter-worfen war, die der Forschung nach den Gründen des Sich-Veränderns und des Festhaltens Raum gibt. Eine solche Münzsorte besitzen wir in dem Dukaten und zwar besonders in den Schicksalen, die diese Münzsorte als charakteristisches Gepräge eines der bedeutendsten europäischen Staaten-gebildes, der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, gefunden hat. Zudem war diese Münze niemals eigentlich Währungsmünze, sondern Handelsmünze, also nicht ohne weiteres den einseitigen Willensakten des Münzherrn überlassen, sondern durch ihre Bestimmung für den Umlauf in anderen Ländern gebunden, der freien Kursbildung unterworfen, so daß eine äußerliche Wertbezeichnung sich ausschloß.

Die seit dem 13. Jahrhundert sich mächtig fortentwickelnde Geld-wirtschaft Europas hat in ihren früheren Jahrhunderten etwa drei Sorten von Goldmünzen entstehen sehen, die zunächst durch den Grad ihres Ge-haltes an Feingold bestimmt waren und dies durch eine deutlich hervor-

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tretende Art der äußeren Ausstattung kennzeichnen. Es war dies der all-mählich bis zu drei Viertel, 750/1000 Teilen sich verringende Goldgulden, dessen Symbol der Reichsapfel im Dreipaß oder eine Art Blumenkreuz wurde, dann unter Ausscheidung des allzugroßen Zusatzes an Silber und Kupfer eine Goldm unzart, die 9/10 bis 11/12 Feingold enthielt, Krone, Pistole oder ähnlich genannt wurde u.id drittens die Urform der europäischen Goldmünze, der feine Dukaten. Ursprünglich war er völlig fein gewollt, infolge der damaligen technischen Unzulänglichkeit doch mit einigen Bei-mengungen versehen, die aber so gering waren, daß sich diese Münzsorte über 980/1000 Teile fein gehalten hat. Ihr Archetyp war der ca. 1250 aus-gegebene Fiorino d'oro in Florenz im Gewichte von rund 3.5 g, darstellend eine Lilienblume als Wappen von Florenz und den Schutzpatron dieser Stadt, den heiligen Johannes d. Täufer im Büßergewande. Fast gleich-zeitig hatte auch Venedig an dem Wiederaufleben europäischer Gold-prägung teilgenommen und den ziemlich genau gleichschweren und eben-falls feinen Zecchino geschaffen, der bis zum Ende der Republik und selbst noch unter Franz I. im Bilde unverändert ausgeprägt wurde, mit byzantini-sierenden Darstellungen; er besaß eine Umschrift: SIT TIBI CHRISTE DATVS QVEM TV REGIS ISTE DVCATVS, aus der die Bezeichnung für die Münzsorte übernommen ist. Dieser bis heute, von geringen Änderun-gen abgesehen, mit den gleichen Prägenormen ausgegebene, ursprünglich Florentiner Münztypus ist in der nächsten Zeit nach seinem ersten Auf-treten von zahlreichen Herren und Ländern übernommen und nachge-ahmt worden, wobei in der Folge häufig Landeswappen und Landespatrone dargestellt wurden. Der Landespatron erschien um die Wende der Neuzeit in Gestalt eines in ganzer Figur stehenden gepanzerten R i t t e r s und diese Darstellungsform ist für die Münzsorte charakteristisch geblieben. Mit dieser Darstellung drang der Dukat im europäischen Geldverkehr durch, die den Geldwechslern dienenden Münzgewichte des 17. und 18. Jahr-hunderts, die die einzelnen Münzsorten hieroglyphenartig mit Siegel be-zeichnen, gebrauchen für den Dukaten ein derartiges gepanzertes Männchen und heute noch prägt Holland seine Dukaten in ununterbrochener Folge mit einem solchen Münzbild. Wir stehen also einer starken Tradition in der Ausstattung dieser Münzsorte, des Dukaten, gegenüber, einer Tradition, die durch den Geldverkehr sehr stark unterstützt war. Welche Wandlung ist nun in den vier Jahrhunderten, da der Habsburgerstaat sich dieser Münzsorte bediente, an den Dukaten vor sich gegangen ?

Von den Ländergruppen der alten Monarchie hat zunächst Ungarn entscheidende Bedeutung für den Dukaten gewonnen. Waren ja doch dort in Oberungarn und in Siebenbürgen die größten damals maßgebenden europäischen Goldbergwerke. Wie viele andere Fürsten hatte Karl Robert

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von Anjou bald nach 1300 den Florentiner Goldgulden in der ihm in Florenz gegebenen Ausstattung übernommen. Schon er selbst und sein Nachfolger Ludwig der Große haben an Stelle der Florentiner Lilie ihr Wappen und an Stelle Johannes d. Täufers Ungarns Landespatron, den hl. König Ladislaus, zu setzen begonnen. Äußerlich hat in der Folge namentlich die Wappenform stark gewechselt und seit Matthias Corvinus, also vor 1500, ist an Stelle des früheren meist quadrierten ungarischen Wappens die hl. Maria mit dem Kinde als Patrona Hungariae getreten. Gleichzeitig hat dieser ungarische Dukaten infolge seiner andauernd guten, auf den reichen Bergsegen begründeten massenhaften Ausprägung die Funktion der maß-gebenden Goldmünze in seinen Nachbarländern gefunden, so in Böhmen, wo die nicht sehr starke Goldausprägung ebenfalls zuerst als Nachahmung von Florenz und später unter Übernahme des ungarischen Typus geschah, wobei bloß der böhmische Löwe und der Hl. Wenzeslaus an Stelle der ungarischen Symbole traten. Dann in den österreichischen Alpenländern, wo nach einem kurzen Versuch der Prägung nach Florentiner Typus der ungarische Dukat selbst an Stelle eines österreichischen Gepräges im Um-lauf getreten war und sogar die Rolle einer Währungsmünze spielte. Erst am Ende des 15. Jahrhunderts haben Friedrich V., Erzherzog Sigismund von Tirol und Maximilian I. in nicht geradliniger Münzpolitik verschiedene Goldmünzen nach dem Muster des rheinischen Goldgulden und des un-garischen Dukaten zu schlagen begonnen. Erst Ferdinand I. hat seit 1524 eine langsichtige Politik eingeschlagen, der auch eine neue Form des Du-katens zu verdanken ist, der Erzherzog erscheint in ganzer Figur stehend, die Rückseite bringt das quadrierte Wappen. Das Feingewicht an Gold ist etwas geringer als das in Ungarn gebrauchte. Nun erfolgt 1527 die Ver-einigung Österreichs mit Böhmen und Ungarn und dieses äußere, staats-rechtlich für lange Zeit entscheidende Ereignis drückt sich auch in einer einheitlichen Geld- und Münzpolitik aus. Die Währungsverhältnisse der drei Ländergruppen werden planmäßig allen Schwierigkeiten zum Trotz angeglichen. Auch die Goldmünze wird schon vereinheitlicht. Auf den Dukaten erscheint auf der Hauptseite wieder die Figur des Gewappneten, stellt aber nicht wie früher den Erzherzog, sondern den hl. Ladislaus dar. Das Wappen auf der Rückseite ist den neuen Verhältnissen angepaßt, die Münze ist dem ungarischen Gebrauche folgend, ein wenig schwerer und zu-gleich feiner geworden. Es ist aber auch den Reichsmünzvorschriften (dritte Reichsmünzordnung von 1559) zu entsprechen; und so wird mit Ende der Regierung Ferdinands der Gewappnete wieder ein wenig ver-ändert; er erhält an Stelle der offenen Krone eine geschlossene, die Um-schrift belehrt uns, daß der Kaiser Ferdinand selbst dargestellt ist. Auch die Wappendarstellung, die früher den einzelnen Ländern volle Rechnung

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getragen hat, wird vereinfacht. Nur ir Ungarn selbst bleibt im wesentlichen der alte imgarische Typus St. Ladislaus-Patrona Hungariae unverändert. Und so bleibt es im Wesen auch uDter den beiden nächsten Herrschern, Max II. und Rudolf II., wenigstens in der ersten Zeit seiner Regierung. Eine wesentliche Änderung tritt ein, als Rudolf II. Bruder Matthias, zu-nächst einen Teil der Länder übernimmt, um schließlich auch Kaiser zu werden. In den Jahren 1608—1612, da Matthias einen Teil der Länder, vor allem Ungarn, dessen König er geworden war, beherrscht, kommt dieser, Matthias höchster Titel, in der Umschrift zum Ausdruck. Es wird aber auch der Monarch selbst dargestellt, die ungarische Königskrone am Haupte mit dem Krönungsmantel bekleidet. Natürlich nennt die Umschrift nicht mehr den Hl. Ladislaus, sondern König Matthias. Aber auch in jenen Münzstätten, wo noch die alte Figur, die ursprünglich den hl. Ladislaus darstellen sollte, bleibt, nennt die Umschrift den neuen König Matthias. Sobald Matthias an Stelle seines Bruders Kaiser geworden ist, kommt diese staatsrechtliche Rangserhöhimg sofort zum Ausdruck, nicht bloß in der Titelaufzählung der Umschrift, sondern auch in der Ersetzung der ungarischen Königskrone durch eine geschlossene kaiserliche in der Form der in diesen Jahren hergestellten habsburgischen Hauskrone. Gleichzeitig tritt auch, was schon unter Rudolf II. begonnen war, als Wappen der kaiserliche Doppeladler stärker hervor, die Wappen der Länder werden in den Doppeladler eingelegt. Diese ganze Veränderung ist ein bemerkens-wertes Zeichen, wie die Münze heraldisch und staatsrechtlich zuverlässig ausgestattet wurde. Die eben umschriebenen Tendenzen zeigen sich unter den nächsten Nachfolgern verstärkt. Der Krönungsmantel findet starke Anwendung und allmählich tritt an Stelle der ganzen Figur, die jetzt immer den Herrscher bedeutet, ein Brustbild, das schon gelegentlich unter Matthias Anwendung gefunden hat, besonders stark aus der schlesischen Serie sich entwickelte und selbstverständlich auf Silbermünzen seit Generationen üblich gewesen war. Aber nur sehr allmählich verdrängt das Brustbild die stehende Figur. Die Tendenz der Beharrung beim alten Typus ist zu groß. Dieses Brustbild zeigt natürlich gegenüber der stehenden Figur in stärkerem Maße individuelle Züge. Sicher war der erste Dukat Ferdinand I. als in-dividuelle Darstellung dieses Fürsten gemeint. Selbst die letzte Form, da er unter der Kaiserkrone stehend dargestellt wird, erweist dies durch das Vorkommen des Bartes, den Ferdinand seit dem Tode der Gemahlin Anna 1547 sich hatte stehen lassen. Sonst ist es aber schwer, an den stehen-den Figuren Individuelles festzustellen. Erst bei den Brustbildern Fer-dinands III. und namentlich Leopolds I. ist dies der Fall. Da kann schon in einigen Fällen von, wenn auch nicht guten Porträten gesprochen werden. Besonders bei dem Regierungsantritt wird dieser neue Typ verwendet, die

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große Menge der Ausprägung weist aber noch lange die gewohnte Figur des Gewappneten auf. Im Äußeren ist dann mit Josef I. und Karl VI. eine entscheidende Wandlung festzustellen. Das Münzamt Wien wird Haupt-münzamt, hat die übrigen bis zu anderthalb Dutzend Münzstätten mit Stempeln zu versorgen, wird mit einer Graveurakademie und künstlerischem Personal ausgestaltet, von Warou, Gennaro u. a. wird das kaiserliche Porträt hergestellt, das als Vorbild dienen soll und 1712—1717 werden allgemeine gleichartige Normen für die Ausprägung für alle Münzstätten eingeschärft. Allerdings finden sie nicht überall sofort Anwendung. Die ungarische Tradition hält sich in starkem Maße aufrecht, und wenn auch die Nebenmünzstätten in Siebenbürgen und in Nagybanya als spätere, un-mittelbar vom Hof abhängige Münzämter sich gehorsam erweisen, so ist das alte Kremnitz konservativ. Für Franz I., den Gemahl Maria Theresias, der nicht König von Ungarn war, darf in Kremnitz Gold nicht ausgeprägt werden, während alle übrigen Münzstätten die Hälfte der Ausprägung mit seinem Brustbild zu versehen haben, die andere Hälfte mit dem Maria Theresias; nur in Kremnitz kann das Brustbild auch Maria Theresias nicht eingeführt werden, es bleibt die Herrscherin in ganzer Gestalt. Ihr Nach-folger Josef II., Vertreter des uneingeschränkten Zentralismus, versucht auch hier völlig Gleichheit und von 1785 ab erscheint in sämtlichen Münz-stätten der Monarchie, auch in Kremnitz, der Dukat mit Josefs II. Brust-bild und mit dem Doppeladler auf der Rückseite in völlig gleicher Aus-führung. Die Reaktion unter Leopold II. zeitigt auch für den Kremnitzer Dukaten die Wiederkehr alter Ausstattung, der stärkere Zentralismus unter Franz II. bringt zunächst wieder völlige Gleichheit und am Schlüsse der Regierung ganz entsprechend dem Gang der politischen Ereignisse Kon-zessionen an die ungarische Nation, die unter Ferdinand sich steigern, so daß die wiedererscheinende ganze Figur des Herrschers und die Patrona Hungariae von einer magyarischen Umschrift umgeben sind. Die außer-ordentlich reiche Ausprägung an Dukaten mit dem kaiserlichen Kopf hat aber den Geldverkehr so sehr an diese neue Form gewöhnt, daß die unter Franz Josef I. versuchte Renaissance des ungarischen Dukaten nicht ge-lingt. Die alte Darstellung des Gewappneten und der Patrona Hungariae ist nicht mehr beliebt, der Kopf Franz Josefs und der kaiserliche Doppel-adler werden die einzige angewendete Darstellung über das Ende der Monarchie hinaus. Dieser neue Typus hat sich im Verkehr so durchgesetzt, daß selbst Nachahmungen und Fälschungen von ihm ausgehen, ζ. B. den Kopf Franz Josefs und den Alexander II., den österreichischen Doppel-adler mit dem russischen verändern. Die aus staatsrechtlich-heraldischen Gründen hervorgegangene Veränderungen sind also sehr sinnfällig.

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Die Münze ist nun zwar äußerlich eine kleine Plastik, ihrem Wesen mach aber ein Geschöpf des Geldverkehres und durch diese Funktion be-stimmt. Es ist schon festgestellt, daß sich für die Zwecke des Verkehres bestimmte Sorten auch der Goldmünzen entwickelten und daß unter diesen als Klasse der Dukaten die fast 980/1000 feinen Goldausprägungen be-zeichnet wurden. Wenn nun auch dieser hohe Grad von Feinheit alle Du-katen im Geld- und Wechselverkehr gleichartig behandelt werden ließ, so gab es doch unter ihnen kleinere Unterschiede. Der Verkehr tarifierte ζ. B . Salzburger, holländische oder gar türkische Dukaten geringer als die italienischer oder ungarischer Provenienz. Hiebei kommt noch ein Moment zur Geltung. Sind seltene in geringer Zahl ausgeprägte Stücke numismatisch besonders interessant, so sind für den Geldverkehr und die Geldgeschichte derartige Stücke häufig belanglos, dagegen numismatisch weniger wichtige Massenprägungen nach dem gleichen Stempel hier entscheidend. Der Ver-kehr hatte vielleicht gar keinen Anlaß Seltenheiten zu tarifieren, während er für selbst geringere Edelmetallunterschiede bei in Mengen vorkommenden Typen Interesse zeigen mußte. So kommt es, daß in manchen Valvations-patenten die Dukaten alle zusammen oder nach zwei oder drei Gattungen gewertet werden, während in anderen Fällen die an und für sich ja nicht sehr großen Feingewichts-Unterschiede mit der letzten jeweils erreichbaren Genauigkeit angegeben werden.

Für uns erhebt sich nun die Frage: hat es unter den verschiedenen Dukaten der Habsburgermonarchie erkennbare Differenzen im Feingewicht gegeben und sind sie äußerlich im Münzbilde zum Ausdruck gekommen ? Beide Fragen müssen bejaht werden. Der unter Ferdinand I. ursprünglich eingeführte Dukat war mit 3.44 g Feingold etwas leichter als der ungarische mit 3.52 g und wurde 1534 dessen Prägenormen völlig angeglichen, also in Rauhgewicht und Feinheit ein wenig erhöht. Die dritte Reichsmünz-ordnung von 1559 sah einen Reichsdukaten vor, der gegenüber den un-garischen um 1 Grän in der Feinheit, daß ist um 1 /288 und um ein ganz Geringes im Rauhgewicht geringer war. Dieser Reichsdukat von 3.44 g Feingewicht wurde von Ferdinand für seine Länder außer Ungarn über-nommen und in der ganzen Folge bis heute beibehalten. Einerseits hat Tirol eine weitere geringe Abschwächung auf 3.41 g Feingewicht vorge-nommen, die wieder beseitigt wurde, andererseits war man in der ungari-schen Münzstätte Kremnitz bei der etwas höheren Ausbringung geblieben. Die Differenz, 1 Gran in der Feinheit (23 Karat 9 Grän gegen 23 Karat 8 Grän) und etwa 5 Centigramm im Rauhgewicht (3.55 g :3.49 g) wurde bei größeren Zahlungen bemerkbar und kam in der Mindertarifierung um einige Kreuzer gegenüber dem Kremnitzer Dukaten zum Ausdruck. Die Reformen Karls VI. und schließlich die Verordnung Josefs II. von 1785

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setzten dann endgültig die Ausbringungsnonnen des Kremnitzer Dukaten dem des österreichischen gleich.

Ist nun diese allerdings sehr geringe Differenz in den Dukatensortem äußerlich erkennbar? Bei den Dukaten Ferdinands haben wir das schom festgestellt. Eine vom Kaiser genehmigte und zur Durchführung bestimmt« Unterbreitung der Hofkammer befaßt sich 1712 mit der völligen An-gleichung aller Münzen Karl VI. — Belgien und Mailand ausgenommen — präzisiert bis ins letzte Detail die Ausstattung und sagt, daß bei der,,güldenem müntz" die angeordnete Ausstattung mit dem kaiserlichen Brustbild un<d Adler anzuwenden sei, außer bei den Kremnitzern Dukaten, „deren Extrm-secum ohne Präjudiz des aus dem innerlichen Valor weltkundbaren pretii πι nichts zu ändern ist", also daß der Kaiser in völliger Leibsstatur abzubilden sei, und statt des Adlers der hl. Mutter Gottes Bild und zwar zu Kremnitz sitzend, zu Nagybanya stehend; in Preßburg und Prag sei die ungehörige Anwendung dieses Typus sofort einzustellen. Dies letztere geschah auch. Dagegen lag insofern ein Irrtum vor, als in Nagybanya nur ganz ausnahms-weise die Madonna stehend verwendet wurde, in der Regel auf dem Throne sitzend, also wie in Kremnitz, im übrigen sind, wie mein Schüler Gündisch gezeigt hat, die Dukaten in Nagybanya nicht nach den Kremnitzer, sondern nach den Wiener Normen ausgeprägt worden. Es ist also die sehr präzise Stellungnahme dieser Verordnung den tatsächlichen Verhältnissen nicht völlig konform und bereits in den nächsten Jahren hat Karl VI. im Verfolge seiner Münzpolitik im Einzelnen und im Verfolge der durch die ungarischen Aufstände erforderlich gewordenen Neuordnung in Kremnitz weitere Schritte zur Anpassung der Kremnitzer Dukatenprägung an die öster-reichische unternommen, um 1727 das Wiener Münzgewicht und die das Rauhgewicht bestimmende Ausbringungszahl 802/5 aus der Wiener Mark gegen früher 69 aus der imgarischen Mark eingeführt, bis 1785 dauernd auch die letzte Differenz von ungefähr 1 Grän Feinheit = 1 Centigram Feingewicht Gold verschwunden ist. Es hatte also tatsächlich das Fein-gewicht und seine Veränderung einigen Einfluß auf die Ausstattung, die aber natürlich bei so geringen Differenzen nicht voll entscheidend ist. Es kann vielleicht sogar die geringe Verschiedenheit in der Ausbringung zu-gleich mit der äußeren Ausstattung aus dem Festhaltenwollen an den alten traditionellen Verhältnissen in Kremnitz miterklärt werden.

Die eben zitierte Verordnung von 1712 bringt noch in anderer Hinsicht Aufklärung für die Münzbilder der Dukaten. Wir wissen schon von Maxi-milian I., daß er sich für das Außere seiner Münzen, namentlich für sein Porträt interessiert hat und das blieb auch in der Folge so. In ganz seltenen Fällen wissen wir, daß der Kaiser dem Künstler für die Ausfertigung eines Münzbildes Gelegenheit gab, ad vivum zu arbeiten, das ist aber gerade für

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1(712 bezeugt, da Karl VI. „ihme Warou die allerhöchste Gnade tat zu siitzen, auf daß er das Profil und die Bildnus seiner kaiserlichen Majestät im Wachs machen und formieren könne". Zugleich war nach den Ideen des ehemaligen Vorstandes des Kaiserlichen Münzkabinetts, des Schweden Heraus, angegeben worden, wie dieses Porträt auszuführen sei, nämlich dias Haupt in einer sogenannten spänischen Perücke und solche mit dem Lorbeerkranz, als denen römischen Kaisern eigen; die Kleidung solle um dias Numisma in der Observanz der Antiquität zu halten, ein Paludamentum Imperatorium sein und weil die nach Römerart erforderliche Blöße des Halses mit der Perücke nicht wohl stehen würde, so solle der unter dem Paludamento tragende Küraß die Diskonvenienz beheben, so daß neben dem Antiken zugleich das Moderne beibehalten würde, welches auch das g'oldene Velus bestätigen solle. Es ist also nicht ein realistisches, sondern ein r e p r ä s e n t a t i v e s Porträt erwünscht und das ist oft ζ. B. ebenso bei Franz Josef der Fall. Als erster hatte Radnitzky ad vivum einen Entwurf zu machen, der aber als zu realistisch zurückgewiesen wurde zugunsten eines ebenfalls gleich darauf nach dem Leben verfertigten Entwurfs von Konrad Lange. Und das hat sich nochmals wiederholt, indem ein Porträt von Marschall ebenfalls zugunsten eines von Schwartz zurückgestellt wurde.

Noch ein anderes Moment ist zu erwägen. Künstlerisches Eigentum haben frühere Zeiten nicht gekannt. Ganz besonders haben Münzstätten sich wenig darum gekümmert, wer der künstlerische Urheber eines Bildes des Münzherrn gewesen war. Selbst noch im 18. Jahrhundert sind solche Porträts durch Dezennien verwendet, von verschiedenen Stempelschneidern nachgeschnitten worden und haben dabei nicht imbeträchtliche Veränder-ungen erlitten. Signaturen sind häufig nicht vorhanden und können ebenso wohl den ursprünglichen Verfertiger wie den späteren Nachschneider fest-halten. Manchmal waren verschiedene Leute mit der Herstellung von Herrscherporträts für Medaillen und andere mit Medaillenreversen betraut. Zu besonderen Anlässen wurden längst bestehende Porträts wieder ver-wendet. Ist also ζ. B. die eine Seite der Medaille signiert, so ist damit noch nicht gesagt, daß auch die andere Seite vom selben Medailleur oder Stempel-schneider herrührt und schließlich ist noch zu beachten, daß das geistige Eigentum von früheren Medaillen, ganz besonders in der Barockzeit, unter mehrere Personen geteilt sein konnte, außer dem Stempelschneider war noch der Porträtist tätig, während erster Entwurf und Idee eines solchen Werkes der kleinen Plastik (ob Münze oder Medaille) wieder von einem oder mehreren herrühren konnte, was gelegentlich sogar durch invenit, delineavit, sculpsit und ähnliches festgehalten wird. Im erwähnten Falle der Münzausstattung Kails VI. sind neben den eigentlichen Stempelschneidern Warou als Porträtist und Heraus als geistiger Urheber zweifellos festzustellen.

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Es ergeben sich also aus der Beobachtung der Darstellungen einer langen Zeit hindurch gleichartig ausgeprägten Münzsorte verschiedene An-regungen. Das Bild und seine Veränderung sind keineswegs allein stilistisch festgelegt. Sachliche Gründe wie wirtschaftlich und technisch die Zwecke des Geldverkehres und ganz besonders stark staatsrechtlich-heraldische Einflüsse sind bis ins Einzelne als maßgebend erkennbar und begrenzen auch den Porträtwert des Münzbildes, der mehr repräsentativ als realistisch gewollt wird.

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