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Determinismus und Kausalit¨ at Deterministische vs. Statistische Naturgesetze Philipp Wilhelm Universtit¨ at Heidelberg 12. Januar 2011 Philipp Wilhelm ( Universtit¨ at Heidelberg ) Determinismus und Kausalit¨ at 11. Januar 2011 1 / 42

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Determinismus und KausalitatDeterministische vs. Statistische Naturgesetze

Philipp Wilhelm

Universtitat Heidelberg

12. Januar 2011

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1 VoruberlegungAlltagliche Nutzung der BegriffeArten der KausalitatLaplacesche Geistklassischer RationalismusEmpirismus: Krise der KausalitatKritizismus

2 Kausalitatsprinzip der klassischen PhysikGrundtypen physikalischer AussagenDer allgemeine Kausalsatz

3 Kausalitat und WahrscheinlichkeitDynamische und statistische GesetzmaßigkeitBegriff der Wahrscheinlichkeitallgemeiner Kausalsatz

4 Das Kausalproblem der QuantentheorieGrundlagen der QuantentheorieUnbestimmtheits-Relationallgemeiner Kausalsatz

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Voruberlegung Alltagliche Nutzung der Begriffe

Kausalitat: Zusammenhang von Ursache und Wirkung. 1

Determinismus: Lehre von der kausalen [Vor]bestimmtheit allesGeschehens.1

Kausalitatsprinzip: Grundsatz, nach dem fur jedes Geschehennotwendig eine Ursache angenommen werden muss.1

1DUDEN FremdworterbuchPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 3 / 42

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Voruberlegung Eigenschaften von Naturgesetzen

Eigenschaften von Naturgesetzen

Invarianz gegenuber gewissen Transformationen

Universalitat

Kausalitat

Kausalitat ist aus historischer Sicht wichtige allgemeine, aber auchproblematische Eigenschaft. Erhard Scheibe formuliert etwa:PhysikalischeGesetze sind Kausalgesetze - das ist ein philosophischer Gemeinplatz, derzumindest vorubergehend die Geister und wohl auch die Gemuterbeherrscht hat. 2

2ScheibePhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 4 / 42

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Voruberlegung Kausale Denkform

Das griechisch gepragte Denken ist stark durch den Kausalbegriffgepragt

Bedingt dadurch ist unsere Sprache durch den Kausalbegriff gepragt:Dutzende von lebenswichtigen Partikeln, wie weil, da, obwohl, damit,so dass, weshalb, dennoch, gegeben, geschweige denn, gleichviel usw.,haben eine feste logische Bedeutung angenommen, haben genaueGegenstucke in allen Sprachen, die geistig (nicht notwendigetymologisch) von der griechisch-lateinischen Mittelmeerkulturabstammen. 3

Selbst der immerhin noch recht weit verbreitete Aber- undGespensterglaube, Spiritismus, Astrologie u. dgl. sind relativ milde,unter dem Einfluß des kausalen Denkens gezahmteErscheinungsformen. 4

3Schrodinger4Schrodinger

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Voruberlegung Arten der Kausalitat

Kausalitat bzgl. Wesensursachen Erscheinungen werden durchverborgene Qualitaten als deren Ursachen erklart.

Ereigniskausalitat: Ereignisse werden als Ursache und Wirkungmiteinander verknupft.

(reversible) Zustandskausalitat oder Determinismus: Ursachenbestimmen ihre Wirkungen eindeutig.irreversible Kausalitat

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Voruberlegung Laplacesche Geist

Der Laplacesche GeistVon Laplace in der Einleitung seiner Schrift

”Theorie analytique des

probabilites“ (1812) eingefuhrtes Bild:

vollstandige Kenntnis eines bestimmten Weltzustandes in gegebenemAugenblick

Welt als Ganzes, in jedem Einzelzug ihres Daseins und Ablaufs, istvollstandig bestimmt

Ein solcher Geist gelangt zur Weltformel

Fur ihn ist nichts ungewiß; weder Zukunft noch Vergangenheit

Das Bild des Laplaceschen Geistes dient zur Verdeutlichung einer strengdeterministischen Auffassung. Nach Laplace stellt der menschliche Geistein schwaches Abbild dieses Geistes dar (bezogen auf die Astronomie).

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Voruberlegung Laplacesche Geist

1872 ruckt du Bois-Reymond in seiner Rede uber die Grenzen desNaturerkennens Laplace Weltformel in den Brennpunkt dererkenntnistheoretischen Betrachtung.

Ideal des Laplaceschen Geistes ist nur ein beschrankter Teilaspekt derWirklichkeit: Denn diese letztere enthalt weite und wichtige Bezirke,die der hier geschilderten Form der naturwissenschaftlichen Erkenntnisprinzipiell und fur immer unzuganglich bleiben mussen. 5

Laut du Bois-Reymond ist das Ingnorabimus die einzige Antwort, dieauf die Frage nach dem Wesen und Ursprung gegeben werden kann

Es gibt fur uns kein anderes Erkennen als das mechanische, ein wiekummerliches Surrogat fur wahres Erkennen es auch sei, unddemgemaß nur eine wahrhaft wissenschaftliche Denkform: diephysikalisch-mathematische. 6

5Cassirer6du Bois-Reymond: uber die Grenzen des Naturerkennens

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Voruberlegung Laplacesche Geist

Widerspruchlichkeit des Bild des Laplaceschen GeistesErlangung der vollstandigen Kenntnis des Weltzustandes

empirisch: Durch Messung kann nur relative Erkenntnis erreichtwerden. Die Maßgenauigkeit kann nie uber eine bestimmte Grenzehinaus gesteigert werden.

intuitiv: Eine solche Intelligenz musste nicht aus dem Gegenwartigenauf das Vergangene oder Zukunftige schließen. Sie besaß dievollstandige, unmittelbare Anschauung der gesamten Zeitreihe.

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Voruberlegung klassischer Rationalismus

Dennoch stellt das Bild eine Zusammenfassung der Weltsicht dar, aus derdie philosophischen Systeme des klasischen Rationaolismus entstandensind.

Kausalforderung des Rationalismus: Identitat von Mathematik undNatur.

Der Natur muß dieselbe Unfehlbarkeit zukommen, die sich in denRegeln des mathematischen Denkens ausdruckt, sonst ware sie furdas mathematische Denken undurchdringlich.

Leibniz, Descartes, Kepler und Galilei stimmten hierin uberein.

Mathematische Begriffe als Urbilder der Wirklichkeit

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Voruberlegung Empirismus: Krise der Kausalitat

Humes Kritik der Kausalitat

Mathematik kann dem Kausalbegriff keine Geltung verleihen:

Mathematik beschaftigt sich mit der Verbindung von Begriffen(relations of ideas)Kausalitat (Verhaltniss zwischen Ursache und Wirkung) ist einRealverhaltniss (matter of fact)matters of fact sind nur durch Beobachtung gegeben

Wenn die beiden Billardkugeln im Augenblick des Zusammenpralls,statt ihre Bewegungsrichtung zu andern, vielmehr ihre Farbengegeneinander austauschten: so ware das eine genau so viel undgenau so wenig begreiflich wie das andere.7

Hume erklart den Begriff der Kausalitat psychologisch durch denZwang der Gewohnung

7CassirerPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 11 / 42

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Voruberlegung Kritizismus

Der Kausalitatsbegriff bei Kant

auch hier wird die Ableitung des Kausalprinzips aus bloßen Begriffenabgelehnt

Empirische Daten belehren uns nicht daruber warum etwas geshieht

Losungsansatz: Kausalitat betrifft nicht unmittelbar die Dinge selbst,sondern die Erkenntnis.

Ich sehe also den Begriff der Ursache als einen zur bloßen Form derErfahrung notwendig gehorigen Begriff ... sehr wohl ein; dieMoglichkeit eines Dinges uberhaupt aber, als einer Ursache, sehe ichgar nicht ein, und zwar darum, weil der Begriff der Ursache ganz undgar keine den Dingen, sondern nur der Erfahrung anhangendeBestimmung andeutet.8

kritischer Determinismus: Prinzip der empirischen Begriffsbildung.

gegen Hume wendet Kant ein, dass die psychologische Determinationdie objektive Determination bereits vorraussetzt.

8Kant, ProlegomenaPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 12 / 42

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Der Grundsatz der Kausalitat sagt nichts uber das metaphysischeWesen der Dinge, sondern sagt lediglich aus, wie man von dem, wasgeschieht, einen bestimmten Erfahrungsbegriff bekommt.

Der Bezug auf die Erfahrung ist fur alle physikalischen Aussagen einwesentliches Element

Es konnen und mussen dennoch verschiedene Typen physikalischerAussagen unterschieden werden.

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Maßaussagen

Erster Schritt im Ubergang von der Welt des Gegebenen zur Weltnaturwissenschaftlicher Erkenntnis

Umsetzung der unmittelbaren Wahrnehmungsdaten in solcheBestimmungen, in die Begriffe von Maß und Zahl eingehen

Maßaussagen der Physik sind nicht mit dem was uns in der einfachenBeobachtung gegeben ist identisch

Ubergang von der unmittelbaren sinnlichen Auffassung zurexperimentellen Beobachtung und ihrer methodisch-systematischenAuswertung

zufallige Schranken die durch unsere Sinnesorgane gebeben sindwerden durch diesen Ubergang aufgehoben

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Reduktion ist ein typischer Zug aller physikalischen Begriffs- undUrteilsbildung

Bsp. Weltmechanik (Newton): Die in der Natur vorhandenen Kraftewerden durch die Beschleunigung gemessen

Was die Physik einen Gegenstand nennt, das geht zuletzt in einenInbegriff charakteristischer Zahlwerte auf. Kein Sein und keineEigenschaft kann anders als durch die Angabe solchercharakterisitschen Zahlen definiert werden. Indem wir auf diese Weiseden Druck, das Volumen, die Temperatur eines Gases, die potentielleoder kinetische Energie eines Systems, die elektirsche odermagnetische Feldstarke bestimmen, haben wir an diesenBestimmungen das, was die Physik unter ihren verschiedenenObjekten versteht; wir brauchen es nicht hinter ihnen, als einAbgesondertes, An-Sich-Seiendes, vorauszusetzen. 9

9CassirerPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 15 / 42

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Gesetzesaussagen

dem wachsenden Umfang des Wissens entspricht eine fortschreitendeintensive Zusammendrangung

Seit Kepler, Gallilei, Descartes und Leibniz hat sich daswissenschaftliche Denken im mathematischen Funktionsbegriff einideales Mittel geschaffen.

Es ist eine universelle Form gegeben, in die neuer Inhalt einstromenkann, ohne sie zu sprengen

Beispiel: Fouriersche FormelMathematische Beschreibung im Zuge einer Theorie der Warmeleitung(1822), die ganz auf der Vorstellung aufgebaut war, dass die Warme alseine Flussigkeit angesehen werden kann.Erwies sich allerdings als vollig unanbhangig von seinen hypotethischenAnnahmenBeim Ubergang zur modernen kinetische Theorie konnte daher dieGrundgleichung Fouriers beibehalten werden.

Gesetzesaussagen behaupten eine exakte Beziehung zwischenverschiedenen Gruppen von Maßaussagen

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Von den Maßaussagen zu Gesetzesaussagen

Ubergang durch Induktionsschluss: Schluss von einigen Fallen aufviele, von vielen auf alle ist problematisch

Problem: Mit welchem Recht kann uber eine unbestimmte Anzahl vonEinzelfallen uberhaupt etwas ausgesagt werden

Das Physikalische Experiment ist die einig legitime Grundlage allerGesetzesaussagen

Vorraussetzung: Was im Einzelexperiment festgestellt wurde, darf vonOrt zu Ort, von Augenblick zu Augenblick ubertragen werden.Es findet nicht eine Erweiterung innerhalb der raumlichzeitlichenSphare, sondern gewisermaßen eine Aufhebung dieser gesamtenSphare, es findet der Fortgang in eine neue Dimension statt: und diesAnderung der Dimension ist es, die die Gesetzesaussagen von denbloßen Maßaussagen unterscheidet. 10

10CassirerPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 17 / 42

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Bezug zum Kausalprinzip

Wesentlicher Gehalt des Kausalprinzips nach Maxwell: DerUnterschied zwischen zwei Ereignissen hangt nicht ab von dem reinenUnterschiede der Zeiten oder der Orte, in denen und an denen siestattfinden, sondern nur von Unterschieden in dem Wesen, derKonfiguration oder der Bewegung der betreffenden Korper 11

Das Kriterium von Maxwell sollte noch durch das von Leibnizaufgestellte Kriterium des Prinzips der Beobachtbarkeit erganztwerden.

11Maxwell, Substanz und BewegungPhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 18 / 42

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Prinzipien-Aussagen

physikalische Forschung besteht aus mehr als daraus beobachteteTatsachen zu Gesetzen zusammenzufassen.

Prinzipien beziehen sich nicht direkt auf die Phanomene, sondern aufdie Form der Gesetze, nach dnenen die Phanomene geordnet sind.

Ein Prinzip ist nicht mit einem Naturgesetz gleich; es ist vielmehrGrundlage fur Naturgesetze.

es ist nicht als bloßes Kollektiv von Gesetzesaussagen zu verstehen

Der Ubergang zum Prinzip stellt erneut den Ubergang zu einer neuenDimension dar.

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Beispiele

Prinzip der kleinsten Wirkung

Heron von Alexandria hat es benutzt, um die Gesetze der Reflexion vonLichtstrahlen zu findenFermat benutzte es, um das Brechungsgesetz abzuleiten.Leibnzi setzte das Prinzip in der Mechanik einin der Form des Hamiltonschen Prinzips ist es geradezu zumFundamentalsatz der Mechanik geworden.

Kausalprinzip

Wird zur Erklarung des Tragheitsprinzips der Dynamik angewandt.Korper mussen in ihrem Zustand der Ruhe oder der gleichformigenBewegung verharren, da jede Abweichung grundlos sei und somit einunmogliches Geschehen in sich einschließe

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Grundtypen physikalischer Aussagen

Zusammenfassung Die verschiedenen Stufen physikalischer Aussagenlasen sich in rein formaler und methodischer Hinsicht charakterisieren:

Maßaussagen sind individuell

Gesetzesaussagen sind generell

Prinzipien sind universell

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Der allgemeine Kausalsatz

Kausalprinzip der klassischen Physik nach HelmholtzDas Suchen nach immer allgemeineren Gesetzen ist ein Grundzug, einregulatives Prinzip unseres Denkens. Eben dieses regulative Prinzip, undnichts anderes, ist das, was wir das Kausalgesetz nennen. In diesem Sinneist es ein a priori gegebenens, ein transzendentales Gesetz: den ein Beweisdesselben aus der Erfahrung ist nicht moglich. Aber auf der anderen Seitegilt, dass wir fur seine Anwendbarkeit keine andere Burgschaft als seinenErfolg haben. 12

12Helmholtz, Die Tatsachen in der Wahrnehmung (1878)Philipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 22 / 42

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Der allgemeine Kausalsatz

Vorraussage des Zukunftigen spielt bei Helmholtz keine wesentlicheRolle

Er weicht hier von der Vorstellung ab, dass Voraussage wesentlicheBestimmung des Kausalgesetzes ist

Das Wissen von der Gesetzlichkeit beweist und bewahrt sich in derVorrausage der Zukunft.

Vorraussage und die auf sie gegrundete technische Beherrschung derNatur ist nicht einziger und wesentlicher Gehalt.

Vorraussage taugt auch nicht als einziges Kriterium, da auch in derklassischen Physik nach Planck kein Ereignis wirklich genauvorausgesagt werden kann.

Dieses Dilemma wird durch die Auffassung als Erkenntnissatzaufgelost.

Wesentlich am Gedanken der Vorraussage ist die Extrapolation: derGeltungsbereich geht uber die Beobachtungen, aus denen ein Gesetzabgeleitet wurde, hinaus.

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Kausalitatsprinzip der klassischen Physik Der allgemeine Kausalsatz

Erklarung fur den erkenntnistheoretischen Stellenwert derVorraussag

Klassische Physik hat es durchgehend mit dynamischen, d.h.deterministischen Gesetzen zu tun

Hier kann die Vorraussage als prinzipiell moglich fur alle Satzeangsehen werden

Kann im weiteren Fortschreiten der Physik an dem Begriff derKausalitat festgehalten werden?

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Dynamische und statistische Gesetzmaßigkeit

Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik

Formulierung von Planck: Es gibt keine Zustandsanderung, dereneinzige Ergebnisse das Abkuhlen eines Korpers und das Heben einesGewichtes sind

Alle spontan (in eine Richtung) ablaufenden Prozesse sind irreversibel.

Der Hauptsatz ist zunachst ein Fremdkorper im System derklassischen Mechanik und Elektrodynamik.

Boltzman ordnet das Phanomen der Einseitigkeit Mechanik ein: EineUmkehrung des Geschehens ware moglich, aber extremunwahrscheinlich.

Die Tatsache, dass in der Natur die Entropie einem Maximumzustrebt, beweist, dass bei jeder Wechselwirkung (Diffusion,Warmeleitung usf.) wirklicher Gase die einzelnen Molekule denWahrscheinlichkeitsgesetzen gemaß in Wechselwirkung treten. 13

13Boltzman, Vorlesungen uber GastheoriePhilipp Wilhelm ( Universtitat Heidelberg ) Determinismus und Kausalitat 11. Januar 2011 25 / 42

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Dynamische und statistische Gesetzmaßigkeit

Eine neue Art von Gesetzmaıgkeit ist eingefuhrt

Als ein Grundcharakter jedes Naturgesetzes war stets dieNotwendigkeit angesehen worden

Die Notwendigkeit, die keine Ausnahme zulasst, muss geopfert werden

Es wird zu bloßen Wahrscheinlichkeitsgesetzen ubergegangen

Neben die dynamischen Gesetze treten die statistischen Gesetze

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Dynamische und statistische Gesetzmaßigkeit

Auswege aus dem Dualismus von dynamischen und statistischenGesetzen

Nur wahrscheinlichkeitsfreie (deterministische) Gesetze (Planck):

dynamische Gesetze als die eigentlichen und unentbehrlichenFundamente aller wahrhaften Naturerkenntnisstatistische Gesetze werden als bloß vorlaufig angesehennur streng dynamische Gesetze genugen den Anforderungen unserersErkenntnistriebs, statistische Gesetze bleiben unbefriedigend

nur rein statistische (indeterministische) Gesetze (Exner,Schrodinger):

die Theorie hatte gelehrt, dass fur alle irreversiblen Prozesse diestatistischen Ansatze unentbehrlich seienstatistische Gesetze als umfassender Gattungsbegriff, der sich dendynamischen Gesetzen uberordnet und sie als Spezialfall einschließtwo man bisher Naturgesetze mit absoluter Gultigkeit zu erkennenglaubte, hat man es moglicherweise nur mit Durchschnittsgesetzen zutun, die in zu kleinen Zeiten und Raumen ihre Geltung verlieren.

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Dynamische und statistische Gesetzmaßigkeit

Folgen fur dynamische Gesetze

Ist es notwendig der Erkenntnis die Moglichkeit zu bestreiten,hypothetisch allgemeine und strege Gesetze aufzustellen und derenErgebnisse sodann durch das Experiment zu prufen?

Dynamische Gesetze stellen immer Idealisierungen dar, gelten alsostreng genommen nie.

Dynamische Gesetze mussen lediglich das Kriterium der Nachprufungbestehen

Physikalische Erkenntnis ist ein kontinuierlicher Prozess

Erweiterung der Theorie ergibt neue Annaherung an die Wirklichkeit.direkte Erfassung der Wirklichkeit ist im Rahmen der physikalischenBegriffsbildung nicht moglich

Solange es keinen empirischen Beleg fur die Unlanglichkeit derdynamischen Gesetze gibt, bleibt Exners Annahme derDurchschnittsgesetze leer

Allerdings: dynamischer Ansatz ist nicht notwendig, hinter derstrengen Kausalitat kann eine statistische Regelmaßigkeit liegen

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Begriff der Wahrscheinlichkeit

Wahrscheinlichkeit

Die Erklarung der apriorischen Wahrscheinlichkeit durch denQuotienten aus der Anzahl der gunstigen Falle durch die Anzahl dergleichmoglichen Falle lauft auf einen Zirkel hinaus.

im erkenntnistheoretischem Sinne kann der Begriff derWahrscheinlichkeit den der objektiven Wahrheit niemals ersetzen, weiler auf diesem aufgebaut ist.

Wahrscheinlichkeitssatze werden in den Naturwissenschaften objektivals Aussagen uber die relative Haufigkeit bestimmter Ereignisseinnerhalb einer Ereignisfolge gedeutet.

von Mises definiert den Begriff des Kollektivs als eineenWiederholungsvorgang bei dem gilt:

Der Grenzwert der relativen Haufigkeit bestehtRegellosigkeits-Postulat

Bei einem derartigen Kollektiv handelt es sich nicht um einenempirischen Gegenstant, sonder um einen ahnlich idealisierten Begriff,wie etwa den der Kugel

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit Begriff der Wahrscheinlichkeit

Kollektiv

sttatistische Feststellung ist keine ungenaue Feststellung: EinKollektiv enthalt als solches keinerlei Ungenauigkeit

ein Kollektiv besteht aus einer Folge exakter Beobachtungen

die Statistik kann erst beginnen, wenn eindeutige und scharfeEinzelbeobachtungen vorliegen

Begriffsbildung des Kollektivs ist mit dem des galileischen Begriffseines sich selbst uberlassenen Korpers vergleichbar

Forderungen der Begriffe werden durch empirische Inhalte nurangenahert.

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit allgemeiner Kausalsatz

allgemeiner Kausalsatz Der allgemeine Kausalsatz kann je nachBetrachtung notwendig oder zufallig genannt werden.

notwendig, in dem Sinne, dass jede besondere empirische Aussage aufihn angewiesen ist

er geht allen Erfahrungsurteilen voran

zufallig in dem Sinne, dass das Ganze der Erfahrung, auf das er sichstutzen muss, selbst nur faktisch gegeben ist

Die Begriffe Zufall und Gesetzlichkeit stehen keineswegs inkontradiktorischer Gegensatzlichkeit

In den Gebieten, in denen der Begriff des Zufalls eine klar umrisseneBedeutung hat, sthet er nicht im Wiederstreit zum Kausalitatsbegriff

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Kausalitat und Wahrscheinlichkeit allgemeiner Kausalsatz

Vereinbarkeit der Begriffe Aus alledem ergibt sich, dass Kausalitat undWahrscheinlichkeit, Gesetzlichkeit und Zufall nicht nur nebeneinanderbestehen konnen, sondern nebeneinander bestehen mussen, wenn wir dasGeschehen so vollstandig als moglich bestimmen wollen. Die Kausalitatbezieht sich hierbei innerhalb der klassischen Physik im wesentlichen aufdie Erkenntnis des Ablaufs des Geschehens; die Wahrscheinlichkeit auf dieKenntnis der Anfangsbedingungen. Aus beiden vereint resultieren dieLehrsatze der statistischen Mechanik, die strenge Folgen der gemachtenAnnahmen, in ihrer Anwendung auf das Naturgeschehen aber das Prototypeiner physikalischen Hypothese sind.14

14Vgl. Smoluchowski, Uber den Begriff des Zufalls und den Ursprung derWahrscheinlichkeitsgesetze in der Physik

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Das Kausalproblem der Quantentheorie Grundlagen der Quantentheorie

Das Kausalproblem der Quantentheorie

Einfuhrung des elementaren Wirkungsquantums durch Planck brichtGrundvorraussetzung der klassischen Theorie

Planck bemuht sich, den Gegensatz auf ein Mindestmaß zubeschranken

Uber die anfangliche Schranke wird aber bald hinausgegangen:Beispielsweise durch die Bohrsche Theorie

Allgemein vollzieht sich eine methodisch bedeutsame Entwicklung:das anfangliche Quantengesetz wird zum Quantenprinzip

es ist nicht langer auf Einzelgebiete der Physik beschrankt, sondernwird als ein Postulat der Naturerkenntnis uberhaupt gebraucht.

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Das Kausalproblem der Quantentheorie Unbestimmtheits-Relation

Unbestimmtheitsrelation

Problematik auf der Stufe der Maßaussagen tritt auf

Die Unbestimmtheits-Relation betreffen die Unsicherheiten, die beider Ubertragung eines Ereignisses aus der Sinnenwelt in dasphysikalische Weltbild, sowie der Ruckubertragung aus dem letzterenin die erstee enstehen.

Diese Unsicherheit ist nicht durch eine Verbesserung der Messtechnikzu beheben

Durch die Abhangikeit vom Beobachtungsmittel ist es prinzipiellverwehrt, Aussagen zu machen, die ein gewisses Maß an BestimmtheituberschreitenBeispiel: Die Orstsbestimmung eines Elektrons wird umso genauer, jekleiner die Wellenlange des benutzten Lichtes ist. Aber eine geringereWellenlange fuhrt zu einem starkeren Compton-Effekt. Hieraus folgt,dass es prinzipiell nicht moglich ist, gleichzeitig mit beliebigerGenauigkeit Ort und Geschwindigkeit eines Elektrons zu messen.Es wird keine Schranke der Experimentiertechnik sondern eineSchranke der physikalischen Begriffsbildung aufgezeigt

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Bedeutung fur das Kausalprinzip

Heisenberg erklart, dass durch die Einfuhrung derUnbestimmtheits-Relation die Ungultigkeit des Kausalgesetzeserwiesen werde.

Born betont, dass einer deterministischen Theorie, gemaß der derAblauf des Geschehens in einem System durch den Zustand desSystems zu einer Anfangszeit bestimmt sei, jedeAnwendungsmoglichkeit fehlen wurde.

Das Kausalgesetz scheint leer und die Physik prinzipiellindeterministisch

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Schrodinger stellte fest: Wenn es sich auch in der Quantenmechanikim allgemeinen um Wahrscheinlichkeitsaussagen handle, dieseAussagen doch, auf der anderen Seite, durch eine besondereGenauigkeit ausgezeichnet seien.

Soll der Wissenschaftscharakter der theoretischen Physikaufrechterhalten werden, kann nciht auf die Deckung fur ihre Begriffeund Urteile uberhaupt verzichtet werden

die moderne Atomphysik muss gewisse letzte, objektiv-gultigeGrundbestimmungen besitzen

Ruckkerh zu einem System dynamischer Gesetze ist unmoglich

statistische Gesetze mussen als eigener und fundamentaler Typphysikalischer Aussagen anerkannt werden.

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Die Quantenmechanik beinhaltet das Resultat, dass es eineuniverselle Naturkonstante gibt, die allem Naturgeschehen ihrenStempel aufdruckt

das elementare Wirkungsquantum bezeichnet den festen Rahmen, inden sich die Aussagen der Quantentheorie einordnen

aus diesem Rahmen des quantentheoretischen Determinismus tretenauch die Unbestimmtheits-Relationen nicht hinaus

in allen Fallen, in denen in der klassischen Theorie Relationenzwischen Großen bestehen die wirklich alle exakt meßbar sind, bleibendie exakten Relationen auch in der Quantentheorie gultig (Impuls-und Energiesatz)

das kausale Denken wird auch in der Quantentheorie benutzt (so etwabei dem Compton-Effekt, der bei der Ableitung derUnbestimmtheitsrelation eine Rolle spielt)

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Beibehaltung des Kausalprinzips

Einfuhrung einer einschrankenden Bedingung:

Die Werte, die in die Kausalrelation eingesetzt werden, mussenzulassige Werte seinNur solche Werte, dir durch ein gewisses Messungsverfahrenbestimmbar sind, sind zulassigder legitime Gebruach bleibt auf eine physikalisch-faßbare Bedeutungeingeschrankt.

Kausalprinzip ist nichts anderes als eine Anweisung zur Bildungbestimmter Erfahrungsbegriffe (Kant)

Beim Ubergang zu einem neuen Problemkreis dernaturwissenschaftlichen Erkenntnis mussen die alten Begriffe eineneue Bestimmung und Dweutung bekommen, um widerspruchsfreianwendbar zu sein

die Hinzunahme der Forderung der Beobachtbarkeit ist nun zwingendgeworden

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Das Problem der Ubersetzung

Man kann von den Maßaussagen zu strengen Gesetzesaussagenubergehen

Maßaussagen bleiben aber mit einer grundsatzlichen Unbestimmtheitbehaftet

die Ubersetzung dr Daten der Sinnenwelt in die physikalische Welt,und die Ruckubersetzung, lasst sich nicht mehr in der Weise derklassischen Physik vollziehen

Allerdings: der Ihnahlt unseres empirischen Wissens ist der Inbegriffder Beobachtungen, die wir zu bestimmten Ordnungenzusammenfassen und die wir, dieser Ordnung gemaß, durchtheoretische Gesetzesbegriffe darstellen.

Es gibt eine objektive Wirklichkeit wiel und sofern es Gesetzlichkeitgibt.

Anders als unter den Bedingungen der physikalischen Erkenntnis,sowohl ihren allgemeinen Bedingungen wie jenen besonderenBedingungen die fur ihre Messungen gelten, kann nicht von einemphysikalischem Sein gesprochen werden

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Das Kausalproblem der Quantentheorie allgemeiner Kausalsatz

Das Problem der Kontinuitat

Kontinutiat und Kausalitat sind in der klasischen Physik miteinanderverbunden

In fruheren Formulierungen des Kausaltiatsprinzips spielte die Zeit imSinne eines Nacheinander eine Rolle

Hiermit wird aber die Bedingung der Stetigkeit eingeschlossen

Durch die Quantentheorie kann die Kausalitat nicht langer derStetigkeitsforderung genugen

Dadurch folgt allerdings nicht die Ungultigkeit der Kausalforderung

Kausalbegriff erforder standige Anpassung

mit der Newtonschen Mechanik ging das physikalische Denken dazuuber, die Bedingung der unmittelbaren Nachbarschaft von Ursache undWirkung aufzugebendie Verknupfung mit der Anschauung des stetigen Raumes wurde gelostBeim Ubergang zur Feldtheorie musste der Kausalbegriff als Reaktionauf die geanderte Substanztheorie ebenfalls weiter entwickelt werden.

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Erhard Scheibe: VII. Kausalitat, Determinismus, Wahrscheinlichkeit in Die Philosophie derPhysiker, Beck, Munchen 2006.

Bruno Cassirer: Determinismus und Indeterminismus in der modernen Physik in Zurmodernen Physik, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1957.

Erwin Schrodinger, Was ist ein Naturgesetz? - Beitrage zum naturwissenschaftlichenWeltbild. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Darmstadt 1967.

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Vielen Dank fur die Aufmerksamkeit.

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