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Deutsch in der Migrationsgesellschaft
SoSe 2016
1. VO: Einführung
Fachverständnis DaZ Interdisziplinäres Fachgebiet
Beschäftigung mit der Frage, wie die aus der (amtssprachlichen) Dominanz des
Deutschen erwachsenden Nachteile für migrationsresultierend zwei- und
mehrsprachige Kinder, Jugendliche und Erwachsene reduziert werden können?
Entwicklung und Evaluierung von Modellen der Unterstützung der Aneignung des
Deutschen
Untersuchung linguistischer Grundlagen und Rahmenbedingungen (z.B.
Sprachwandel)
Methodisch- didaktische Überlegungen zur Verwendung und Nutzung der
Migrations-/ Minderheitensprachen im Unterricht
Heranziehung machttheoretischer und rassismuskritischer Wissenschaftstraditionen
Qualitätsmerkmale der Sprachförderung: Individuelle Ebene: Sprachstandsdiagnostik, Konzepte der Deutschförderung,
Durchgängige Sprachbildung, Fächerübergreifende Kooperation, Didaktisches und
Linguistisches Wissen, Kenntnisse der Spracherwerbsforschung, Methoden- und
Evaluationskompetenz, Reflexion subjektivierender Effekte
Strukturelle Ebene: Postkoloniale Theorie, Diskurstheorie, Rassismuskritik,
Kulturalisierungskritik, Critical Whiteness, Kritik am Native- Speakerism, involvierte
Professionalität, Hegemoniekritik, Intersektionalität, Subjektivierungskritik,
Hierarchisierte Positionierung, legitimes und illegitimes Sprechen, Adressierung/
Readressierung
Die Macht der Sprache- 3 Facetten: Sprache ermächtigt in unterschiedlicher Weise und realisiert sich sozial und (mikro-
)politisch unterschiedlich.
1. Sprache und Handlungsfähigkeit: Sprache als Praxis der dialektischen Vermittlung
kollektiver Lebensform und individueller Lebensweise. Über Sprachgebrauch
vermittelt sich die Lebensform (=vorgegebene sprachlich- kulturelle Orientierung);
Sprache subjektiviert! Handlungserweiterung durch Spracherweiterung.
2. Legitime und illegitime Sprachpraxen: unterschiedliche Werte der Anerkennung;
Sprache ist Raum und Medium sozialer Distinktion. Legitimität des Gebrauchs
kontextspezifisch (Was wer wann wie zu wem sagen kann und darf!); Prestige
verschiedener Sprachpraxen (Zusammenhang Sprache- Nation- Kultur).
Die nationale Schule ...
... begründet und befördert die Vorrangstellung der offiziellen Sprache.
... stellt Erwartungen und Anforderungen an Sprache und trägt so zur systematischen
Reproduktion gesellschaftlicher Ungleichheit bei.
SuS "erlernen" so ihre soziale Position.
Gegenwärtige rassistische Unterscheidungen ohne explizite Rassekonstruktion,
aber mit Bezug auf das Konstrukt "kulturelle Differenz".
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3. Dominante und nachrangige Sprachen: Varietäten und Register sind mit
unterschiedlichem Prestige/ Wertschätzung verknüpft.
FAZIT: Sprache darf nie losgelöst von politischen, kulturellen und gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen betrachtet werden und wird faktisch sowie symbolisch für die
Regulierung von Zugehörigkeiten benutzt.
Sprachbegriff bei Bourdieu Sprache als soziale Praxis: Das Glücken von sprachlichen Äußerungen ist nicht nur
von ihrer Korrektheit im engeren sprachlichen Sinne abhängig, sondern von sozialen
Regeln zur Verwendung der Sprache!
Ob eine performative Äußerung (im Sinne Austins) glücken kann oder nicht, ist auch
eine Fragenach den sozialen und mikropolitischen Bedingungen (gesellschaftlichen
Voraussetzungen, Möglichkeiten und Restriktionen konkreter sprachlicher
Produktionssituationen und konkreter Sprecherinnen)
Konstruktive Wendung Erforderliche Anerkennung lingualer Disposition einerseits und der Anerkennung des
li guale ‚“ta da ds‘ a de e seits
Reduktion lingualer Herrschaft und Ermöglichung von Bildungsräumen:
Zurverfügungstellung von Lernorten, in denen es möglich ist, ein respektiertes
Deutsch zu sprechen.
Ansätze für die Schule Linguale Disponiertheiten anerkennender Ansatz: Die Schule fördert ein positives
Klima gegenüber Zwei- und Mehrsprachigkeit, sie ist offen gegenüber der
Anerkennung von lingualen und kulturellen Mehrfachzugehörigkeiten und ermöglicht
Spracherwerbs- und Bildungsprozesse zwischen den für sie bedeutsamen
unterschiedlichen Sprachen und Zugehörigkeitsräumen.
Rassismuskritischer Ansatz: Die Schule begreift, dass das Ineinandergreifen von
Unterschieden, die Schülerinnen in die Schule einbringen, und gesellschaftlichen
Machtverhältnissen, die diese Unterschiede in Ungleichheit umwandeln,
pädagogische Institutionen soweit in das dynamische Wechselspiel von Macht und
Differenz verstrickt, dass sie nicht allein auf diese Verhältnisse der Macht/Differenz
reagieren, sondern aufgrund der in der institutionellen Praxis bewahrten
Gewohnheiten zu aktiven Produzentinnen dieser Verhältnisse werden. Es ist dann ein
Zeichen pädagogischer Professionalität, sich nicht als Opfer, sondern in einer
methodischen Einstellung der (Selbst-)Reflexion als (Mit-)Verursacher der
Verhältnisse zu verstehen, nicht um das institutionalisierte pädagogische Tun zu
zerstören, sondern um es zu überdenken, neu auszurichten und zu modifizieren.
Dekonstruktiver Ansatz: Die Schule versteht es als ihre Aufgabe, die Angemessenheit
der Unterscheidung zwischen legitimen und illegitimen Sprechweisen kritisch zu
reflektieren, die Angemessenheit der Unterscheidungen zwischen vorrangigen und
nachrangigen Sprachen mit dem Ziel der Verschiebung der Unterscheidungen zu
thematisieren.
Ermöglichung des Erlernens der in einer Migrationsgesellschaft legitimen Sprache in ihrer legitimen Variante!
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Spannungsfelder im Praxisfeld Schule/ Universität
Zu erreichende Standards individuelle Förderung
Engagement einzelner Pädagog_innen ungünstige Rahmenbedingungen
Bildungsgerechtigkeit Selektionsdruck
Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit: Aufbrechen von Monolingualität
Dilemma nicht alle berücksichtigen zu können
Kritik an Sprachnormen Befähigung zur Teilhabe
Spannungsfelder in der wissenschaftlichen Reflexion Kritik an diskriminierenden/rassistischen/ungerechten Verhältnissen
Verflochtenheit in diese Verhältnisse
Wissenschaftliches Sprechen für andere Menschen, um ihnen Gehör zu verschaffen
Problematik des Sprechens für andere Menschen
Problematische Begriffe Verwendung dieser Begriffe, um verstanden zu werden
Kritik an Gruppenbildungen Gruppierung in wissenschaftlichen Untersuchungen
(2.VO entfällt)
3. VO: Überblick: Pädagogische Professionalität im Bereich DaZ
Linguistische Qualifikationen - Modell von Köker u.a. (2015) P ojekt „Da)Ko : theoretische Modellierung und empirische Überprüfung von
Kompetenzen im Bereich DaZ, die LehrerInnen zusätzlich zu ihrer disziplinären
Expertise besitzen müssen, um v.a. SuS mit nichtdeutscher Herkunftssprache im
regulären Unterricht angemessen fördern zu können.
Beschreibung empirisch begründeter Standards von DaZ-Kompetenzen (Am Bsp. des
Fachs Mathematik).
Dimensionen Fachregister (FOKUS AUF SPRACHE): Gammatische Strukturen und Wortschatz
(Morphologie, Semantik, Syntax, Textlinguistik), Semiotische Systeme
(Darstellungsformen, sprachliche Bezüge zwischen Darstellungsformen, Mündlichkeit
vs. Schriftlichkeit)
Mehrsprachigkeit (FOKUS AUF LERNPROZESS): Zweitspracherwerb (Interlanguage-
Hypothese, Meilensteine zweitsprachlicher Entwicklung, gesteuerter vs.
ungesteuerter Zweitspracherwerb, Literacy, Bildungssprache), Migration (sprachliche
Vielfalt in der Schule, Umgang mit Heterogenität)
Didaktik (FOKUS AUF LEHRPROZESS): Diagnose (Mikro-Scaffolding, Makro-
Scaffolding, Umgang mit Fehlern), Förderung (Makro-Scaffolding, Umgang mit
Fehlern)
Interlanguage- Hypothese: Zweitsprachenlernende bilden im Erwerbsprozess eine mentale
Zwischensprache aus, die ihren eigenen Regeln folgt.
Diagnose: standardisierte Verfahren und Formen der Einschätzung
Förderung: Formen sprachsensibler Unterstützung von SuS im Fachunterricht
Mikro- Scaffolding: kurzfristige, unmittelbare Maßnahmen
Makro- Scaffolding: langfristige Maßnahmen
Fehler= Indikatoren für die Entwicklung des lernsprachlichen Systems
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Wichtig!: Organisationsbezogene Qualifikationen (Organisationsmodelle der DaZ-Förderung)
und Pädagogische Qualifikationen (Migrationspädagogik= Differenzfreundlichkeit und Zuschreibungsreflexivität)!
Situation schulischer DaZ-Förderung: oft heterogene LernerInnengruppen, sprachliche
Anforderungen (Bildungs-/ Fachsprache), implizite Grammatik (z.T. vorhanden) muss explizit
werden, Seiteneinsteiger_innen (oft keine Kenntnisse und unterschiedliche
Kontaktmöglichkeiten mit der deutschen Sprache)
Pri zipie des „pädagogis he Gra atiku terri hts“ • Diagnosebasiert: Kenntnisse, Bedürfnisse und Voraussetzungen der LernerInnen?
Förderung wird aufgrund von Diagnose der erreichten Sprachkenntnisse geplant!
• Grammatik = Hilfe für das Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben und NICHT Ziel des
Unterrichts selbst
• Beschreibung von Teilen einer Regel/eines Systems, die aktuell für Kommunikation
benötigt werden- Vermittlung im Kontext
• implizite Grammatik explizit machen- Prinzip Grammatik entdecken und später
automatisieren
• Verwendung außerlinguistischer Mittel für die Regelpräsentation
Kontext DaZ – Kontext DaF DaF: relativ homogene Gruppen, weitgehende gemeinsame Progression, Möglichkeit
der Einteilung von Kursen und Lehrwerken/Material nach Niveaus (Gemeinsamer
Europäischer Referenzrahmen, A1 – C2)
DaF-Lehrwerke + Materialien meist NICHT geeignet für DaZ-Förderung in der Schule
Für Seiteneinsteiger_innen gibt es Lehrmaterialien, die sich an dem GERS orientieren:
„We kstatt Deuts h fü jü ge e Le e _i e G u ds hule/Vo s hule
und Mitsprache fü Älte e / Fo tges h itte e
Teachability-Hypothese nach Pienemann Sprachaneignung erfolgt in Erwerbssequenzen
z.B. Aneignungsfolge Tempus: Präsens Partizip ohne Hilfsverben Perfekt
Präteritum von "sein" Futur Präteritum
Aneignungsfolge Grundkasus: Nominativ Akkusativ Dativ Genetiv
Sequenzen können NICHT übersprungen werden
U te i ht u i de „Zone der nächsten Entwicklung si oll: Diffe e z z is he dem aktuellen Entwicklungsstand und dem potentiellen Entwicklungsstand
Konsequenz für die DaZ-Förderung
wird basierend auf Diagnose geplant
orientiert sich am individuellen Bedarf
erfordert flexible Unterrichtsplanung: Binnendifferenzierung, unterschiedliche
Themen, individuelle Arbeitspläne, etc.
ein Bedarf steht im Vordergrund, Thema wird so aufbereitet, dass die anderen SuS
mit der Aktivität andere Bereiche üben
Wichtig- Geduld: Effekte von DaZ-Förderung zeigen sich nach ca. 6 Monaten
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Grammatikwissen erwirbt sich am nachhaltigsten durch das reale Planen und
Du hfüh e o „G a atik-U te i ht
Vermittlung der 4 Fertigkeiten Hören Sprechen Schreiben Lesen und Lese-
verstehen
integrativ vermitteln
(im Unterschied zu
DaF)
Intonationsmuster Schlüsselwörter
Grammatische
Morpheme,
syntaktische
Strukturen
Textuelle Strukturen
Hängt stark vom
Input ab
Passive Kenntnisse
größer als aktive Freies Sprechen
Gelenktes Sprechen
Dialogisches
Sprechen
Mediengestützes
Sprechen
Monologische
Kommunikationssituati
on
i.d.R an Bildungssprache
orientiert
Verschiedene
Funktionen (Schreiben
als Mitteilung,
Schreiben zur
Dokumentation von
E ieg isse , …
Komplexe Fertigkeit
Kontinuierliche und
diskontinuierliche
Texte Erfahrungshorizont
und Weltwissen
wichtige Zugänge
Lesen als
detailliertes (totales)
Lesen, kursorisches
(globales) Lesen,
selektives
(suchendes) Lesen,
sortierendes (orientierendes)
Lesen
Lesen
aus inhaltlicher Sicht
aus sprachlicher
Sicht
aus struktureller
Sicht
Höraufträge
Hörunterstützungen:
Aufträge erst mündlich erteilen,
dann schriftlich
präsentieren
(Zuordnung von
Mündlichem zu
Schriftlichem)
Wiederholen
Intonationen
visualisieren Sprachkonstrastiv
arbeiten
Sprechanlässe
schaffen
Lerntechniken vermitteln:
Sprechen mit Hilfe
von Notizen
Gerüste anbieten
Nachfragen üben
Arbeit mit
Wörterbüchern
Mit kleinen Formaten
anfangen (Steckbriefe
verfassen, Notizen a fe tige ,…
Mitteilungen verfassen
lassen (Emails, Briefe,
..)
Schreiben nach
Textvorlagen
Schreiben nach
Gerüsten
Generatives Schreiben Schreiben in
Sachgenres
Lesetechniken
Grob überfliegen
Fragen stellen Gründliche Lesen
Wichtiges
Zusammenfassen
Wiederholen
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4. VO: Normreflexion und Native Speakerism
Normreflexivität Was sind Fehler? = Abweichungen von einer vorgegebenen Norm, die bestimmt, was
„ i htig ist. Was ist DIE Norm? Wer macht die Norm? Wie sinnvoll sind Normen und die
Einhaltung von Normen im Kontext von mündlicher und schriftlicher
Sprachverwendung?
Normen sind veränderlich Präskriptive Normen: z.B. Rechtschreibreform 2006
Deskriptive Normen: Grammatiken/Wörterbücher (Genetiv verschwindet immer
mehr; Hauptsatz nach weil im mündlichen Sprachgebrauch; neue Wörter entstehen)
Kriterien zur Bestimmung der Normabweichung Sprachliche Korrektheit in Bezug auf eine gesetzte Norm (z.B. kodifiziert durch
Wörterbücher und Grammatiken)
Situative Angemessenheit (Wahl des zum Kontext passenden Sprachregisters – wird
oft „auto atis h i Rah e de “ozialisatio gele t – daher Herausforderung für
DaZ, abhängig auch von Region)
Verständlichkeit als Kriterium
Die durch Unterricht und verwendete Lehrwerke etablierte curriculare Norm
Sprachebenen Phonetische/phonologische Fehler
Fehler in Orthographie und Zeichensetzung
Morphosyntaktische Fehler
Lexiko-semantische Fehler (Wortbedeutung)
Pragmatische Fehler (Falsches Register)
Inhaltliche/Diskursbezogene Fehler (Inhaltliche Korrektheit)
Analyse der Normabweichungen Interferenzfehler, Übergeneralisierung, Simplifizierung, Performanzfehler (Selbstkorrektur
möglich), Kompetenzfehler, Übergangsfehler/Interlanguage Analyseschritte
1. Fehleridentifikation
2. Bestimmung der Fehlerebene
3. Fehlerursache
4. Bewertung des Fehlers nach Kriterien
5. Fehlerkorrektur möglichst immer mit dem Ziel der Selbstkorrektur
Mündlich in Phasen des Unterrichts, bei denen Sprachformen im Zentrum stehen.
In mitteilungsbezogenen Unterrichtsphasen nur dann, wenn Äußerungen
unverständlich sind
In schriftlichen Texten nach einem transparenten Vorgehen
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Fehler „Fehle als i htige Hi eis auf „)o e de ä hste E t i klu g - daher
Meilensteine?
Ressourcenorientiertes Korrigieren (Was kann das Kind? Was muss es (als nächstes)
lernen?)
Leistungsbewertung: Soziale, individuelle und kriterienorientierte Bezugsnorm
Wichtig: Fehlerfreundliches Klima, Ermutigung, Sprache auszuprobieren, Fordernde
Aufgaben und Lob
Bewusstheit für die Besonderheiten der Sprache (Stolpersteine) Sprachbewusstheit (Sprachgefühl, metasprachliche Fähigkeiten)
Minimalgrammatik der resistenten Bereiche: Deklination (auch in Nominalgruppen:
Das große Fest), Konjugation (inklusive Zeitformen und Passiv), Wortarten und
Wortbildung, Satzmuster und Verbvalenzen (Verben verlangen bestimmte
Satzglieder)
"Native Speakerism" nach Adrian Holliday Begriff kritisiert die Vorstellung, dass erstsprachliche Kompetenz automatisch mit
perfekter Sprachkompetenz gleichzusetzen sei. Überhöhung erstprachlicher Kompetenz - koloniale Denktradition Hierarchie wohnt den Begriffen "Erst-" und "Zweitsprache" inne
Ideologische Form der Diskriminierung von Personen, denen zugeschrieben wird,
sprachlich nicht auf einem konstruie te „Ni eau von ErstsprachlerI e zu sei . Die Zuschreibung ist dabei mit Inferiorisierung verbunden.
5. VO: Bildungssprache
Bildungssprache
• Bildungssprache = sprachliches Register, das einerseits durch Ziele und Traditionen
der Bildungsinstitutionen geprägt ist (Reich) und andererseits nahezu ausschließlich
in Bildungsinstitutionen angeeignet werden kann (Gantefort/Roth)
• Bildungssprache ist (Bildungs-) Ziel und Handwerkszeug der Institution Schule
gleichermaßen (Döll 2012) Bildungssprache als Voraussetzung für Bildungserfolg
Alltagssprache Bildungssprache
Konzeptionell mündlich
Kontextgebunden (z.B. durch Deiktische
Begriffe)
Vom Alltag bestimmt
Erwerb konzeptuell mündlicher
Sprachkompetenz in der Zweitsprache:
Dauer 2 Jahre
BICS, basic interactive communicative skills
Konzeptionell schriftlich
Kontextreduziert
Von Anforderungen der
Bildungsinstitutionen bestimmt
Erwerb bildungssprachlicher Kompetenzen
in der Zweitsprache: Dauer 5-8 Jahre
CALP, cognitive-academic language
proficiency
Aneignung von Bildungssprache durch
mehrsprachige SchülerInnen variiert
individuell sehr stark!
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Disponiertheit-Kontext-Dissonanz Mehrsprachig aufwachsende Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund,
stehen in den monolingualen Bildungssystemen, vor der doppelten Herausforderung,
die dort legitime Variante der legitimen Sprache lernen zu müssen.
Die sprachlichen Fähigkeiten, die die SuS mitbringen, entsprechen nicht den
Erwartungen der monolingual geprägten Institution Schule.
Gleichbehandlung (unterschiedslose sprachliche Angebote) schreibt
Benachteiligungen angesichts ungleicher Startbedingungen fort.
Kontinuierliche Sprachbildung in allen Fächern ist unabdingbar! Konzept
„Du hgä gige “p a h ildu g
Funktionen von Bildungssprache • Bildungssprache als Medium von Wissenstransfer (Kommunikative Funktion)
• Bildungssprache als Werkzeug des Denkens (Epistemische Funktion)
• Bildungssprache als Eintritts- und Visitenkarte (Sozialsymbolische Funktion)
Kritik an einer Überhöhung des Konzepts der Bildungssprache • Vermittlung von Bildungssprache als Stabilisierung monolingualer Bildungssysteme
(gleiches Problem für DaZ)
• Stabilisierung von Ungleichheit reproduzierenden Verhältnissen
• A e : Ni ht‐Ve ittlu g ka U glei hheit/ Be a hteiligu g i ht eduzie e
• Nicht auflösbares Spannungsverhältnis
• Lehrkräfte müssen sich zu diesem Dilemma ins Verhältnis setzen (und können dies
auch SchülerInnen ermöglichen)
Merkmale von Bildungssprache Diskursive Merkmale (Rahmen und Formen): klare Festlegung von Sprecherrollen
und Sprecherwechsel; hoher Anteil monologischer Formen, fachgruppentypische
Textsorten, stilistische Konventionen (z. B. Sachlichkeit, logische Gliederung,
angemessene Textlänge)
Lexikalisch- semantische Merkmale (Wortschatz): normierte Fachbegriffe, nominale
Zusammensetzungen, differenzierende und abstrahierende Ausdrücke, Präfixverben,
darunter viele mit untrennbarem Präfix und mit Reflexivpronomen
Syntaktische Merkmale: explizite Markierungen der Kohäsion (Pronomina,
Adverbien), Satzgefüge, unpersönliche Konstruktionen, Funktionsverbgefüge,
umfängliche Attribute
Stolpersteine der deutschen Sprache • Ableitung von Wörtern
• Bedeutungsänderung durch Vorsilben
• Präpositionen und Konjunktionen
• Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung
• Verbstellung und Verbklammer bei Sätzen mit Modalverben
• Bildung von Fragen mit Fragepronomen
• Oberbegriffe – Unterbegriffe
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Gramscis (1891- 1937) Hegemoniebegriff Wozu: Als Werkzeug, um das pädagogische Verhältnis zu explizieren, zu deuten und
ein berufsbezogenes Selbstverständnis zu entwickeln. Herrschaft durch Herstellung von Konsens: Herrschaft stabilisiert sich sowohl durch
Zwang als auch durch Konsens, wobei Konsens (und nicht Gewalt und Repression)
dabei langfristig gesehen überwiegen muss. Macht konstituiert und erhält sich
zufolge also zu einem großen Teil durch die Herstellung von Einverständnis.
„Jedes Ve hält is o >Hege o ie< ist ot e dige eise ei pädagogis hes Ve hält is
Pädagogik ist nie neutral = es gibt kein neutrales Unterrichten
Pädagogik als ‚I strument der Hegemoniesicherung'= immer Entscheidung, ob
Stabilisierung von Herrschaftsverhältnissen oder Versuch der Transformation
Gramscis Hegemoniebegriff im Kontext von Bildungssprache
Bildungssprache dient der Vermittlung fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten und
zugleich der Einübung anerkannter Formen der beruflichen und staatsbürgerlichen
Kommunikation. (Reich)
„Bildu gssp a he als Instrument zur Herstellung von Konsens: Nur wer das
bildungssprachliche Register einer Sprache beherrscht, soll Zugang zu
Bildungsabschlüssen und bestimmten Berufen bekommen
„Bildu gssp a he als I st u e t zu Legiti ie u g o u glei he Cha e auf Bildungsabschlüsse
„Bildu gssp a he als I st u e t zur Stabilisierung herrschender Verhältnisse
6. VO: Durchgängige Sprachbildung
Maßnahmen zur Reduzierung der Ungleichstellungen- Ansätze Konzentration auf Sprachförderung im Deutschen: Spannung Unterstützung des
monolingualen Bildungssystems Unterstützung benachteiligter SchülerInnen
Additive Deutschförderung
Integrative Deutschförderung
Fachsensibler Sprachunterricht: Verzahnung von Sprach- und Fachunterricht;
Gestaltung des Deutschunterrichts mit Bezügen zu den verschiedenen
Unterrichtsfächern.
Sprachsensibler Fachunterricht: sprachförderliche Gestaltung jeder
Unterrichtsstunde
Durchgängige Sprachbildung: ist ein Konzept, das Kindern dazu verhelfen will, die
Unterschiede zwischen Alltagssprache, dem alltäglichen Kommunizieren und dem,
was bildungssprachlich verlangt ist, beherrschen zu lernen!
Durchgängige Sprachbildung 2 Grundelemente: Durchgängigkeit (bezogen auf die Umsetzung), Bildungssprache
(bezogen auf den Gegenstand)
Zielgruppe: Alle Kinder und Jugendlichen (mit besonderer Berücksichtigung von
Deutsch als Zweitsprache)
Ziele: Kumulativer Aufbau von bildungssprachlichen Fähigkeiten, Reduzierung von
Ungleichstellungen zwischen ein- und mehrsprachigen SchülerInnen
Ort von Sprachbildung: Unterricht in allen Ausprägungen
Ansatzpunkte für Gesamtkonzepte sprachlicher Bildung aus anderen Ländern:
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Language across the curriculum (LAC): England, Reduzierung der Nachteilen von
Kindern aus Fam. mit niedrigem sozioöko. Status
Content and Language Integrated Learning (CLIL): Kanada, Verbindung
Sprachunterricht und Sachfachlernen
Language Awareness: England: Förderung Sprachgefühl und Sprachbewusstheit;
Sprachvergleiche
„Spra hförderu g“ als Teil erei h o „Spra h ildu g“ Besondere Maßnahmen, die das Ziel verfolgen, einzelnen Kindern oder speziellen
Gruppen Hilfestellungen bei der Bewältigung bestimmter sprachlicher
Aneignungsaufgaben zu geben
Zielgruppe: Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf in bestimmten
Bereichen
Ziel: Förderung in bestimmten sprachlichen Bereichen + Heranführen an (z.B.
altersgemäße) Normen
Ort von Sprachbildung: parallel oder zusätzlich zum Regelunterricht, auch integrativ
FörMig = Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Ko zept de „Du hgä gige “p a h ildu g
2004 - 2009, als erfolgreich eingestuft,
)iel: U te stützu g ei de A eig u g de Bildu gssp a he; )u ä hst „Du hgä gige “p a hfö de u g , da „Du hgä gige “p a h ildu g
Dimensionen Durchgängiger Sprachbildung
Bildungsbiographische Dimension (Übergänge = VERTIKALEN SCHNITTSTELLEN):
Treffen von Lehrkräften unterschiedlicher Schultypen, institutionenübergreifende
Hospitationen, Besuche der Kinder in aufnehmenden Schulen, Information über
Arbeitsweise in abgebenden Institutionen
Situati ‐the atische Dimension (Register = HORIZONTALE SCHNITTSTELLEN I):
Fächer und Lernbereiche (Praktika, Sachfächer, Fremdsprachen, etc. -
Zusammenarbeit)
Treffen von LehrerInnen unterschiedlicher Fächer, Austausch von Ideen und
Materialien, Verankerung der Sprachbildung in Schulprofilen, Pädagogische
Diagnostik sprachlicher Fähigkeiten, auf die die Förderung in allen Lernbereichen
aufbauen kann
Sprachsozialisatorische Dimension (Verbindung schulisch/außerschulisch):
Regelunterricht - Eltern - Förderunterricht- außerschulische Instutionen
Einbindung von Eltern in den Unterricht, in Projekte, Informationsangebote,
Workshops und Kurse für Eltern; Kooperation mit den LehrerInnen des
Muttersprachlichen Unterrichts (auch außerschulisch), Koordinierte
Mehrsprachige Alphabetisierung, Lese- oder SprachpatInnen, Kooperation mit
Horten, Lerninstituten, NachhilfelehrerInnen oder Bibliotheken
Netzwerke für durchgängige Sprachbildung: Zusammenarbeit mehrerer
Bildungseinrichtungen (Schulen verschiedener Schularten,
Kindertageseinrichtungen), Unterstützung durch weitere PartnerInnen, Einbindung in
größere regionale Bildungsnetzwerke
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Qualitätsmerkmale
Die Netzwerkpartner teilen das Anliegen durchgängiger Sprachbildung
Die Netzwerkpartner arbeiten an gemeinsamen Zielen, überprüfen diese
regelmäßig und steuern evaluationsgestützt nach
Das Netzwerk hat eine klare Struktur.
Das Netzwerk verfügt über eine eigene Infrastruktur.
Die Netzwerkpartner gestalten das Sprachbildungsnetzwerk gemeinsam. Sie bringen
unterschiedliche Kompetenzen ein, die gleichermaßen wertgeschätzt werden.
Die Netzwerkpartner qualifizieren sich kontinuierlich weiter.
Das Sprachbildungsnetzwerk zeichnet sich durch Bildungs- und
Erziehungspartnerschaften mit den Eltern aus.
Die Netzwerkpartner verankern Inhalte der durchgängigen Sprachbildung in ihrer
Einrichtung.
Das Sprachbildungsnetzwerk stellt sich der Öffentlichkeit vor.
Interlinguale Dimension (Mehrsprachigkeit): DEUT“CHfö de u g ≠ u fasse de Sprachbildung, Gesamtsprachenkompetenzen, Vorteile für die kognitive Entwicklung,
EU-Ziel der (mind.) Dreisprachigkeit
Kooperation mit dem Muttersprachlichen Unterricht, Mehrsprachige
Alphabetisierung, Kooperation mit Fremdsprachenunterricht,
Sprachvergleichendes und metasprachliches Arbeiten
Qualitätsmerkmale bildungssprachförderlichen Unterrichts (1) Gestaltung des Unterrichts mit Blick auf das Register Bildungssprache, Herstellung
von Verbindung z is he Allge ei ‐ u d Bildu gssp a he
Lehrkräfte kennen Unterschiede zwischen verschiedenen sprachlichen
Registern, analysieren sprachliche Anforderungen des Unterrichts und der
Materialien, stellen im Unterricht explizit Verbindungen zwischen den Registern
her und machen Unterschiede zwischen sachlichen und sprachlichen
Anforderungen.
Lernplakate zu Bildungssprache, Reformulierungsaufgaben, Explizitmachen des
sprachlichen Ziels
(2) Berücksichtigung sprachlicher Ressourcen: Sprachstandsdiagnostik zur
Feststellung des Sprachstandes
zur Zuweisung von Ressourcen an Bildungseinrichtungen.
zur Evaluation von Programmen, Projekten, Fördermaßnahmen, Methoden etc.
als Grundlage für individuelle Angebote und Fördermaßnahmen.
Lehrgegenstände müssen auf Sprachaneignungsstand abgestimmt sein!
Einsatz Aneignungsverläufe berücksichtigender Diagnoseverfahren: Tests (C-
Tests, Lesetests), Pofilanalysen (FörMig, Tulpenbeet, HAVAS5),
Beobachtungsverfahren (USB- DaZ), Schätzverfahren
Unterricht kann zwar den Spracherwerb fördern, aber kann den natürlichen
Entwicklungsverlauf nicht außer Kraft setzen! Sprachunterricht, der dem natürlichen
Entwicklungsverlauf weit vorgreift, verzögert den Entwicklungsprozess sogar!
HAVAS 5: Aufgabenbewältigung, Kommunikatives Handeln (Code- Switching,
Gesprächsverhalten, Sprachliche Strategien), Morphosyntax (Verbstellung, Satzverb.,
Übergangsphänomene), Lexikon (Verben)
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Die Leh k äfte stelle allge ei ‐ u d ildu gssp a hli he Mittel e eit u d modellieren diese:
Wortfeldarbeit, Lehrkräfte als sprachliche Vorbilder, Erschließen sprachlicher
Mittel über Lesestrategien, Unterstützung der Sprachproduktion durch
Formulierungshilfen, Verbalisierung von Visualisierungen,
Bedeutungskonstruktion im Unterrichtsgespräch (Micro-Scaffolding),
Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Operatoren (Begründen,
beobachten, beschreiben, durchführen, markieren, skizzieren, vergleichen,
zusammenfassen)
Die “ hüle I e e halte iele Gelege heite , allge ei ‐ u d bildungssprachliche Fähigkeiten zu erwerben, aktiv einzusetzen und zu entwickeln.
Schaffen eines Klimas, in dem sich SchülerInnen als kompetent im Lesen,
Schreiben, Sprechen und Hören erfahren können
Ei ezug o L1‐Ke t isse , z.B. zu Akti ie u g o Vo isse
Gelegenheiten, sich über Gehörtes auszutauschen
Hoher SprecherInnenanteil der SchülerInnen im Unterricht
Zeit zur Konstruktion von Redebeiträgen
Schreibintensiver Unterricht
(5) Die Lehrkräfte unterstützen die SchülerInnen in ihren individuellen
Sprachbildungsprozessen differenzierte Aufgabenstellungen, Hilfsmittel;
„Ü e a ge ot sp a hli he Mittel : z.B. Wo tliste , Ü e s h ifte als Textgliede ung,
Bildmaterial,etc.
(6) Die Lehrkräfte und die SchülerInnen überprüfen und bewerten die Ergebnisse der
sprachlichen Bildung
Konstruktive Haltung Fehlern gegenüber – kompetenzorientiertes
Korrekturverhalten
Kriterienorientierte Erfassung und Bewertung sprachlicher Leistungen
Bewusstmachung von Fortschritten
Möglichkeit zur Selbstkorrektur und SuS Pee ‐Ko ektu
7. VO: Modelle der Deutschförderung
Entwicklung des pädagogischen Diskurses Ausländerpädagogik (Historischer Kontext: Arbeitsmigrant_innen)
Interkulturelle Pädagogik (Entsteht aus der Kritik an der AP. Fokussiert den Erhalt
von Vielfalt und hat verschiedene voneinander unterscheidbare Kulturen im Blick)
Migrationspädagogik (Entsteht aus einer Kritik an IP. Für die Kinder mit einem
sogenannten MH ist oft nicht die imaginierte Herkunftskultur wichtig, sondern der
reale Lebenskontext Österreich, in dem sie leben - Es werden Fragen gestellt und
thematisiert, die für eine Pädagogik unter den Bedingungen der
Migrationsgesellschaft bedeutsam sind.)
DaZ als additive Maßnahme Lehrgänge wie beim Fremdsprachenunterricht, aber auf Deutsch in der Schule
(fachsensibler Sprachunterricht)
Parallel zum Unterricht
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Vorübergehende Maßnahme (einige Monate vor Einmündung in den regulären
Unterricht)
Vorteile: relativ homogene Gruppe, Lernen ohne Konkurrenz, hohe Konzentration
und sichtbare Lernerfolge
Nachteile: Verzahnung zum Fachunterricht schwierig, SuS werden voneinander
getrennt, keine Akzeptanz von DaZ als Fach, Transfer des Gelernten kommt oft zu
kurz
DaZ im Fachunterricht Durchführung des Unterrichts unter Berücksichtigung von DaZ.
Besondere Maßnahmen, die das Ziel verfolgen, einzelnen Kindern oder speziellen
Gruppen Hilfestellungen bei der Bewältigung bestimmter sprachlicher
Aneignungsaufgaben zu geben, z.B. durch Scaffolding.
Vorbereitung der Texte im Hinblick auf bildungssprachliche Elemente
Vorteile: Verbindung von Sach- und Fachlernen, DaZ- didaktische Entlastung des U
ermöglicht Lernerfolge, Zugänglichmachen der Sprache des U, Fachsprachliche
Lernsituation (sprachsensibler Fachunterricht), Sprachkontakt der SuS untereinander
Nachtteile: Mangel an Zeit, gezielte Progression kaum möglich, Problem der
Simplifizierung von Lerninhalten, wenig Material, gegenwärtig noch selten
qualifizierte Lehrkräfte
Durchgängige Sprachbildung vs. Sprachförderung „Du hgä gige “p a h ildu g : Modell fü alle; Bildungssprache im Zentrum,
allerdings sind in der DaZ-Didaktik auch alltagssprachliche Kompetenzen wichtig
Berücksichtigung späten DaZ-Erwerbs kaum möglich
Berücksichtigung u-förmiger Verläufe
Fehle als Ausei a de setzu g it de „)ielsp a he
Schüler_innen einen Überblick über das eigene Lernen ermöglichen
Diagnosegestütze Förderung
Rolle der Erstsprache Spracherwerbstheoretische Modelle bieten wenig Fundament
Nicht gesicherte Korrelationen zwischen Förderung der Erst- und Zweitsprachen (!)
Schwellenniveauhypothese (Cummins 1982): Kognitive Kompetenz von
Sprachkompetenz abhängig.
Erstsprachen als Ressourcen, auf die zurückgegriffen werden kann
Interdependenzhypothese (Cummins 1982): L2- Entwicklung vom Stand der L1
abhängig.
Erstsprachen bieten spezifische Zugänge
Erstsprache, die sehr weit entwickelt ist, kann als Ressource genutzt werden. Dabei
beachten, dass in der Familie oft nicht Bildungs- sondern Alltagssprache verwendet
wird, so dass die Erstsprache eventuell auch nur auf alltagssprachlichem Niveau
ausgebildet ist.
Bei Kindern, die bereits in anderen Ländern beschult worden sind, können Lexika und
Fachbücher in den Erstsprachen weiterhelfen. (Hier müsste sich für die Auswahl
dieser Unterstützung gesucht werden.)
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Eignung DaF-Modelle Eher für Seiteneinsteiger_innen
Hörverstehen, Sprechen, Lesen und Schreiben keine isolierten Kompetenzen
Besser geeignetes Modell: Sprachliche Qualifikationsbereiche nach Ehlich: phonische: Differenzierung und Produktion von Lauten, Grundlage zur
Differenzierung von Wörtern, bei Zweitspracherwerb Vorteil für Kinder bis ca. 6
Jahre
pragmatische: Handlungsziele erkennen, angemessener Einsatz
semantische: Wortschatzerwerb, Verständnis von Wörtern,
Wortbildungsmöglichkeiten, Bildung Ober-/ Unterbegriffe, Metaphern
morphologisch- syntaktische: während der ersten 6 Jahre außer Passiv und
Genetiv
diskursive: Erzählfähigkeiten, Sprecherwechsel, Fähigkeit zum komplexen
zweckgerichteten sprachlichen Handeln
literale Basisqualifikationen: Erkennen und Produzieren von Schriftzeichen,
Orthographie, Textualität, Sprachbewusstheit
Prinzipien der DaZ-Förderung (Rösch 2005)
1. Pädagogisches Prinzip: Orientierung an den Lernenden
Kommunikationsbereitschaft wecken und aktives Lernen ermöglichen
Interesse an der Sprache wecken, Lebenswelt berücksichtigen
Lernvoraussetzung differenziert erheben und am individuellen Kenntnisstand
ansetzend fördern
Beobachtung und Überprüfung des Lernzuwachses, Berücksichtigung der Erstsprache
Hegemoniekritische Reflexion der Kommunikation zw. Erst-/Zweitsprachler_innen
2. Didaktisches Prinzip: Mitteilungskompetenz stärken
Vermittlung der sprachlichen Fertigkeiten und die dafür notwendigen sprachlichen
Mittel mit dem Ziel einer guten Sprachkompetenz
Schematische Übungen zur Internalisierung korrekter Formen notwendig
Schulung des kommunikativen Vermögens
Hinführung zu einem fächerübergreifenden Verstehen und Verwenden von Sprache
Behandelte Themen sollten sich an den Fächern orientieren
Sprachliche Fehler in Form von sprachentfaltenden Korrekturen aufgreifen
Mitteilungsbereiche: Identifizieren, Qualifizieren, Quantifizieren, Orts- und
Zeitangaben, Begründen, Nachfragen, Bedingungen, Zwänge, Wille, Zitieren
3. Methodisches Prinzip: Sprachreflexion anregen SuS sollen sprachliche Regula itäte sel st „e tde ke (Metasprachliche
Reflexionsfähigkeit)
Lernen durch Lehren
Sprache der Lehrkraft hat Vorbildfunktion
Vermittlung von Lernstrategien und –techniken. Ziel = metasprachliche
Reflexionsfähigkeit und Methodenkompetenz
Korrekturverhalten – korrektives Feedback nicht nur durch Lehrende, auch durch
Mitschüler_innen, bezogen immer nur auf bereits Gelerntes
Raum für das offene Reflektieren eigener Sprachschwierigkeiten oder Unsicherheiten
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8. VO: Scaffolding (engl. Baugerüst)
Te po ä e Hilfestellu g, u Le e de zu ih e „)o e de ä hste E t i klu g hinzuführen
genaue Planung, abgestimmt auf Bedarf der LernerInnen
Sequenzierung der Lernaufgaben von anschaulich nach abstrakt UND von
alltagssprachlich nach fachsprachlich
modellierende Interaktion zw. Lehrkraft und SchülerInnen
Hinführung zu bildungssprachlich reichem Input statt Vereinfachung von Inhalten
und Texten
Ziele: Unterstützung beim Erwerb bildungssprachlicher Sprachkompetenzen, bei der
Aneignung fachlicher Inhalte
Zur Reduzierung der Disposition-Kontext-Dissonanz
Kontext
sprachliche Bildung als Querschnittsaufgabe aller Fächer
sprachsensibler Fachunterricht
stammt ursprünglich aus der Erstspracherwerbsforschung, später konzeptioniert für
Unterricht in sprachlich heterogenen Klassen
Schritte:
Schritte 1-3: Makro-Scaffolding
Schritt 4: Mikro-Scaffolding, noch einmal unterteilt in 4 Phasen
1. Bedarfsanalyse: Ermittlung des Sprachbedarfs des geplanten Themas, Durchsicht des
vorhandenen Materials (Lehrbuch)- Texte, Fachtermini, bildungssprachliche oder
grammatische Phänomene?
Planungsrahmen: Ein Thema beinhaltet diese Aktivitäten, welche diese
Sprachfunktionen nach dieser Struktur unter Verwendung dieses Vokabulars
verlangen.
2. Lernstandsanalyse: Vergleich des Sprachstands der SuS mit den sprachlichen
Anforderungen des Themas - unterrichtsbegleitende Sprachstandsdiagnostik als
Grundlage
3. Unterrichtsplanung: Berücksichtigung der (fach)sprachlichen Perspektive bei der
Planung: zu Beginn Aktivierung des Vorwissens, Bezugnahme auf alltagssprachlichen
Wortschatz , Einsatz von geeignetem Zusatzmaterial, das auf das Thema hinführt,
geeignete Sequenzierung der Lernaufgaben:
fachlich: von der konkreten Anschauung zu einer abstrakteren Ebene
sprachlich: von konzeptuell mündlichen zu konzeptuell schriftl. Sprachhandlungen
4. Unterrichtsinteraktion: Sequenzierung von alltagssprachlichen hin zu
bildungssprachlichen Handlungen 4 Phasen: building the field (spielerisches Experiment, mündl. Erzählung), modelling
the genre/ register (mündl. Vortrag in Fachsprache), joint construction
(Zusammentragen der Ergebnisse), idependent writing (Verschriftlichung)
(Phasenmodell nach Gibbons)
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Fokus- Unterrichtsaktion Ziel: mode shifting (von Alltagssprache hin zu Bildungssprache)
macro mode-shifting über die gesamte Unterrichtseinheit
micro mode-shifting in den Phasen 2 und 3 (modeling the genre/register und joint
construction)
micro mode shifting Sprechen über das Sprechen
Umformulierung durch die Lehrkraft (Re-Kodierung)
Ermutigung zu längeren und/oder fachlichen Äußerungen
Aus e he aus „F age-Antwort-“ he a ; Verlangsamung der Lehrer-Schüler-Interaktion, Gewährung von mehr Planungszeit
für Schülerinnen und Schüler;
Variation der Interaktionsmuster
authentische Kommunikationssituationen mit Raum für komplexere Äußerungen
(statt einer Ein-Wort-Antworten)
aktives Zuhören durch die Lehrkraft
Verdeutlichung d. angemessenen Fachworts bzw. einer angemessenen Wendung im
jeweiligen Kontext
Bildungssprachförderliche Unterrichtsinteraktion • de “u“ das „“p e he i Gesa tzusa e ha g des je eilige Themas und des
jeweiligen Faches e ögli he • Entwicklung einer Diskurskultur in der Klasse
9. VO: Spracherwerbstheoretische Zugänge
Begriffe in Abgrenzung zu Modellen und Hypothesen: Erstsprache(n), Zweitsprache(n),
Fremdsprache(n), Muttersprache(n), Familiensprache(n), Herkunftssprache(n),
Migrantensprache(n), Migrationssprache(n)
Aneignung von Erst- und Zweitsprache(n) 0-3: monolingualer oder bilingualer Erstspracherwerb
3-6: Früher Zweitspracherwerb
6-12: Zweitspracherwerb
nach Pubertät: Zweitspracherwerb Jugendliche/ Erwachsene
DaZ DaF DaM
Aneignung in alltäglicher
Komm.
Bedeutsame komm.
Aufgaben, oft unzureichende
Sprachkompetenzen
Beginn im KiGa, Schuleintritt,
Migration
BildungseinrichtungenIm
engen sozialen Umfeld oft
eingeschränkt
Aneignung im Unterricht
Unterrichtliche
Anforderungen
Beginn: Unterschiedliche
Zeitpunkte
In institutionellen Kontexten
Erstsprache: Bleibt dominant,
Rückgriff auf L1 beim
Sprachenlernen
Aneignung in allt. Komm.
Kommunikations-prozess an
Sprachmöglichkeiten
angepasst
Von Geburt an
Im engen sozialen Umfeld, in
Bildungs-einrichtungen
Erstsprache: Weiter
gefördert und ausgebildet
17
Erstprache erst dominat,
dann häufig nicht gefördert
Typisch DaF
nicht amtlich deutschsprachige
Region
Lernen
keine auf Dauer angelegte
Migration
bewusste Entscheidung
Lernende mit gleicher L1
L1 bleibt dominant
Bedeutung in Bildungskontexten
z.B. Lernende in Japan,
Typisch DaZ amtlich deutschsprachige Region
Erwerben
Kontext Migration
als selbstverständlich geltend
Lernende mit unterschiedlicher L1
L1 häufig nicht weiter gefördert
Bedeutung lebensweltlich
z.B. SuS mit MH in Wien
Traditionellere Betrachtung des Spracherwerbs "Klassis he Bet a htu g o ) eisp a higkeit ezieht si h ehe auf das Aufwachsen
in bilingualen Elternhäusern
In der Migrationsgesellschaft Vielfalt von Spracherwerbskonstellationen
In der Pädagogik Interesse an Spracherwerbsmodellen, um auf ihrer Basis
Sprachförderprogramme aufzubauen
Lertheoretische Hypothesen Identitätshypothese (s. Königs 2010): Erst und Zweitspracherwerb verlaufen
weitgehend gleich, ähnliche Normabweichungen wie beim L1-Erwerb,ähnliche
Erwerbsfolgen; Kritik: andere Voraussetzungen, andere Normabweichungen von L2-
Lernenden als beim L1-Erwerb
Kontrastivhypothese (Fries 1947 & Lado 1957): Ähnlichkeiten führen zu positiven
Transfers, Unterschiede zu (negativer) Interferenz; Typische Normabweichungen von
L2-Lernenden mit gleichen Erstsprachen (z.B.: wenn Türkisch Erstsprache =
Sprossvokal); Kritik: auch Ähnlichkeiten können Normabweichungen verursachen und
nicht alle Abweichungen sind als Interferenz erklärbar
Interlanguagehypothese (Selinker (1972): Lernen als kreativer Prozess des Bildens
und Revidierens von Hypothesen, Lerner_innensprachen erhalten Elemente der L1
und L2 sowie Elemente, die weder der einen noch der anderen Sprache zugeordnet
werden können
Reihenfolge des Sprachenerwerbs Bilingualer (paralleler) Erstspracherwerb
Früher (sukzessiver) Zweitspracherwerb
Später (sukzessiver) Zweitspracherwerb (größere Wahrscheinlichkeit von
Interferenzen)
Hohe Kompetenz in der Zweitsprache kann in jedem Alter erworben werden,
allerdings mit unterschiedlichem Einsatz und Spracherwerbsstrategien
„Klassis he“ Spra her er shypothese Schwellenniveauhypothese u d „doppelseitige Hal sp a higkeit “e ili gualis us
(Gegenbegriff: Lebensweltliche Zweisprachigkeit)
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Interdependenzhypothese (Cummins)
BICS (Basic Interpersonal Communicative Skills)
CALP (Cognitive Academic Language Proficiency)
Einflussfaktoren auf den Spracherwerb DaZ Zeitpunkt, Dauer und Intensität des Kontakts zum Deutschen
Qualität des Inputs zum Deutschen
Deutschförderung und deren Qualität (FörMig 2012): je früher der Erwerb des DaZ
beginnt, desto ähnlicher ist der DaZ-Erwerb zum Erwerb des Deutschen als (alleinige)
Erstsprache
Sprachgebrauch in der Migrationsgesellschaft Migrationsspezifische Register, Code Switching, Code Mixing, Transfer „Türkis hdeuts h“: Syntaktische Veränderungen des umgangssprachlichen
Standarddeutsch, kurze und dicht aufeinanderfolgende Äußerungen, bestimmte
Satzmelodie, Sprachalternation, der Transfer türkischer Wörter und Äußerungsteile ins
Deutsche
Mehrsprachigkeit in der Kommunikation (Dirim 1998) Empirische Studie aus einer Hamburger Grundschulklasse
22 Schülerinnen und Schüler, die Hälfte aus türkisch-deutschsprachigem Elternhaus
Bilinguale Alphabetisierung der türkisch-deutschsprachigen Kinder, bilinguale
Kooperationsstunden mit dem Lehrer für den herkunftssprachlichen Unterricht
Sozialwissenschaftliche Zugänge, z.B. Bourdieu Sprachen werden innerhalb gesellschaftlicher Vorstellungen von Legitimität und
Illegitimität erworben
Kinder eignen sich nicht nur Wissen über Sprachen an, sondern auch ein Wissen
darüber, wann welche Sprache / welcher Code verwendet werden kann
Sprecher ohne legitime Sprachkompetenz sind in Wirklichkeit von sozialen Welten, in
denen diese Kompetenz vorausgesetzt wird, ausgeschlossen oder zum Schweigen
verurteilt.
Abschließende Reflexion
Hypothesen und Modellierungen zu stark an nationalstaatlichen Sprachmodellen
orientiert
Hybridisierungen werden nicht berücksichtigt
Einwirkung von Machtverhältnissen und anderen gesell. Einflüssen wird nicht
einbezogen
Eingeschränkte Aussagekraft
Derzeit keine passenden Modellierungen und Hypothesen für die Aneignung von
Sprachen unter Migrationsbedingungen und Sprachkontakten
19
10. VO: Linguizismuskritik
Vorbemerkungen Elemente pädagogischer Professionalisierung: Instrument Sprache, Sprachförderung
und sprachliche Bildung
Berücksichtigung von Sprache als Differenzlinie und Herrschaftsinstrument
Linguizismuskritik als Bestandteil pädagogischer Professionalität
Linguizismus
Einsatz sprachlicher Strukturmerkmale zur Begründung von Über- und
Unterlegenheit von Menschen
Verbindung linguistischer Beschreibungen von afrikanischen Sprachen und kolonialen
Argumentationen
Linguizismus ist das Bedeutsammachen sprachlicher Differenzen, um in einem
Machtgefälle den Ausschluss einer konstruierten Gruppe zu begründen.
Im Kolonialismus: "Wisse s haftli he Ve su h li guale Diffe e z e k ale so bedeutsam zu machen, dass Unterwerfungen legitimiert werden.
Isolierende, agglutinierende Sprachen galten als primitiv in der Kolonialzeit,
flektierende Sprachen galten als Herrensprachen
Sprache (eigentl. soziale Errungenschaft) wird biologisiert und naturalisiert!
Agglutination: Aneinanderfügung syntaktischer Elemente, um Äußerungseinheiten
zu bilden Türkisch, Estnisch, Ungarisch; Bsp.: Kasussystem des Türkischen
(morphologische Markierungen, um Beziehungen zw. Satzteilen herzustellen)
Syntaktische Merkmale des Deutschen: Typologische Mischstruktur; Deutsche vereint
beide Elemente
Neo- Linguizismus Linguizistische, an koloniale Logiken direkt oder indirekt anknüpfende
Argumentationen, mit denen Ausschluss und/oder Unterwerfung legitimiert werden.
1940er Elsass: Verbrennung frz. Bücher im Zuge der NS- Sprachenpolitik
Unabsichtlicher Linguizismus: Diskurstheoretische Betrachtung (Foucault),
Involviertheit (Messerschmidt)
Sprachlicher Rassismus: Abwertungen, die durch semantische Gehalte von sprachlichen
Ei heite ei he gehe , Bsp.: Moh i He d
Linguizismus im Bildungskontext 1. (Neo-)Linguizismus in bildlichen Darstellungen
2. (Neo-)Linguizismus in Form des „Nati e “peake is (Sprachkontaktphänomene
werden eingesetzt, um Ausschluss zu begründen)
3. (Neo-)Linguizismus in didaktischen Arbeitsgrundlagen (Begriffe, Schwellenhypothese,
Einsatz von Erstsprachen, um Zuständigkeit für SuS aus Schule auszulagern)
4. (Neo-)Linguizismus in organisatorischen Regelungen
Linguzismuskritische Professionalisierung Reflexion, ob sprachbezogene Vorgehensweisen linguizistisch markierte
Gruppenkonstruktionen erzeugen
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Suche nach Möglichkeiten von Umformulierungen, um linguizistische Markierungen
zu reduzieren und Umsetzung der erarbeiteten Möglichkeiten
Ziele: Förderung soweit wie möglich so zu gestalten, dass die Zielgruppe nicht durch
Begriffe, durch Adressierungen und Positionierungen ausgegrenzt wird; Mit
Mehrsprachigkeit so umzugehen, dass Sprache(n) nicht auf eine Weise thematisiert /
gebraucht werden, dass unterlegene Gruppen entstehen
11. VO: Subjektivierungskritik und involvierte Professionalisierung
Subjektverständnis Aufklärung: Ich denke, also bin ich.
Michel Foucault: Subjekte sind der Herrschaft eines anderen unterworfen und durch
das Bewusstsein und die Selbsterkenntnis an die eigene Identität gebunden.
Individuen werden durch diskursive Praktiken zu Subjekten. Macht ist nur über
"freie" Subjekte möglich Freiheit ist die Voraussetzung für Macht. Forderung:
Ablehnung dessen, was wir sind, wenn wir uns dem doppelten Zwang entziehen
wollen, der in der Individualisierung und Totalisierung der modernen Machstrukturen
liegt.
Laclau und Mouffe: Subjekte entstehen durch multiple Zuschreibungen und durch
Unabgeschlossenheit und Heterogenität gekennzeichnet und darum bemüht,
Eindeutigkeit herzustellen partielle Fixierung von Bedeutung = Knotenpunkte, die
mit Subjektpositionen korrespondieren. Subjekte = Artikulation einer Gesamtheit von diskursiv hergestellten Subjektpositionen,
mit denen sie im Moment verknüpft sind
Kein Subjekt kann auf eine einzige Subjektposition reduziert werden. Einzelne
Positionen können einander widersprechen. keine Eindeutigkeit = Fragmentierte
Identität
„“u jekte o de “u jekti ie u g z . Ide tifikatio „ estehe aus ei e Mangel,
daher Unterwerfung unter Diskurse aus der Hoffnung auf Vollständigkeit der
Identität.
Hall: Identifikation ist nie eindeutig und stabil, ist abhängig von den ständig im Fluss
befindlichen Diskursen. Wir müssen positioniert sein, um etwas sagen zu können, selbst
wenn wir eine Position nur vorläufig einnehmen, um sie später wieder aufzugeben. Das
Einnehmen einer Subjektposition erfordert nicht nur, dass das Subjekt innerhalb eines
Diskurses in die Subjektposition hineingerufen wird, sondern dass es auch in die Position
investiert.
Dies kann durch ein einfaches sich Hineinfügen geschehen, aber auch durch eine kreative Ausgestaltung oder Veränderung der Position bzw. durch einen anhaltenden Kampf gegen die Position.
Subjektpositionen in der Migrationsgesellschaft Angebot v.a. inferiorer Subjektpositionen für Menschen, die als „A de e gelten
Subjektivierungspraxen: Institutionelle Diskriminierung, Rassialisierungen etc.
Bsp.: Im Unterricht häufig Praxis der Subjektivierung durch Positionierung der Lehrerin,
Positionierungsangebot an betroffenen Schüler und Positionierungsangebot an die anderen
SchülerInnen.
Vorschläge für Prinzipien eines subjektivierungskritischen Deutschunterrichts
Dieser konfrontiert SuS mit unterschiedlichen Formen der (Kinder- und Jugend-)Literatur,
o ei ‚i te kultu elle‘ u d eh sp a hige We ke ei ezoge e de , u d ietet I pulse fü einen kritischen und (selbst)reflexiven Lektüreprozess
21
Er erarbeitet mit den Jugendlichen zusammen Fragen, die an Texte gestellt werden können
und bietet den SuS Möglichkeiten des Erkennens von Rassialisierungen und
Inferiorisierungen an.
Er zeigt die historische Entwicklung inferiorisierender Topoi auf und zeigt SchülerInnen, dass
diese Bedeutungen nicht unveränderlich und absolut sind.
Er lässt SchülerInnen Raum, ihre eigene Verwobenheit in hierarchisierende Diskurse zu
reflektieren, und zeigt Wege auf, diese Diskurse aktiv mitzugestalten und dadurch
Inferiorisierungen bestimmter Gruppen zu vermeiden.
Er hilft die selbstverständliche Macht der Zuweisung von Subjektpositionen durch Literatur aufzudecken und dadurch auch aufzubrechen und verweist auf die Möglichkeit, die eigene
Person betreffende Subjektpositionierungsangebote anzunehmen oder abzulehnen.
12. VO: Umgang mit Mehrsprachigkeit
Das Unterrichtsfach Deutsch
Spezifische Fachsprache, Orientierung an der Vorstellung, das DaM gelernt wird,
auch wenn Klassen fast ausschließlich an DaZ- SuS bestehen
Monolinguale Konzeption
Der Deutschunterricht geht in den amtlich deutschsprachigen Regionen von der
Entfaltung muttersprachlicher Fähigkeiten aus.
Trotz steigender Zahlen mehrsprachiger SuS mit unterschiedlichen Kompetenzen im
Deutschen und Ressourcen in anderen Sprachen nur sehr zaghafte Öffnung für
Mehrsprachigkeit.
SuS machen im Deutschunterricht häufig die Erfahrung, dass ihre sprachlichen
Kompetenzen genutzt und beachtet werden oder nicht genutzt und nicht beachtet
werden – sie lernen nicht nur Inhalte (mehr oder weniger), sondern auch, was es
heißt, MigrantIn oder Nicht-MigrantIn zu sein.
Die Didaktiken des Deutschen als Muttersprache, Zweitsprache und Fremdsprache
existieren weitgehend unberührt nebeneinander her.
DaM, DaF, DaZ DaF-Konzepte sind höchstens für SeiteneinsteigerInnen vorübergehend passend.
DaZ ist Querschnittsaufgabe; auch für den Deutschunterricht
Der Deutschunterricht wäre neu zu konzipieren als ein Unterrichtsfach, in dem
verschiedene sprachliche Zugänge, unterschiedliche Sprachstände im Deutschen und
unterschiedliche schriftkulturelle Erfahrungen angemessen berücksichtigt werden.
Nodari schlägt für den Deutschunterricht nach der folgenden Feststellung ein
Sprachkompetenzmodell vor, dass nur eine Deutschdidaktik kennt.
DaF- Konzepte eignen sich für DaZ- Lernende wenig:
DaF: Aufbau der Grundfertigkeiten Hörverstehen und Sprechen haben einen höheren
Stellenwert als die Vermittlung der Schriftsprache; mangelnde Berücksichtigung der
gesprochenen Sprache.
DaZ: Die Fähigkeiten zum mündlichen Sprachgebrauch werden weitgehend durch
außerschulische Sprachkontakte erworben, die institutionelle Sprachvermittlung
kann sich daher auf den schriftsprachlichen Ausbau dieser Fähigkeiten konzentrieren.
Migrationsgesellschaftliche Neuorientierung des Deutschunterrichts Allgemeine Merkmale: Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und von
verschiedenen Sprachständen im Deutschen (DaZ), Durchgängige Sprachbildung,
22
Repräsentation von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in den
Lehrwerken, Berücksichtigung migrationssprachlicher und –gesellschaftlicher
Gegebenheiten ohne Othering
Besondere Merkmale: Mehrsprachige Sprachreflexion und Orthographieerwerb
sowie Lesen, Einbezug von Literatur der Migrationssprachen
Aspekte der Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit: Nutzung von sprachlichen
Ressourcen; z.B. für Sprachvergleiche, Einbezug migrationssprachlicher Register des
Deutschen, Herstellung von Querverbindungen zum Muttersprachlichen Unterricht,
Berücksichtigung von Interferenzen in der Fehlerkorrektur
Berücksichtigung des Deutschen als Zweitsprache: Sprachstände sollen
berücksichtigt werden; ressourcenorientiertes Korrigieren
Einbezug migrationssprachlicher Register des Deutschen: Möglichkeiten des Umgangs
mit dem ethnolektalen Deutsch (nach Rösch 2005)
SchülerInnen sammeln Äußerungen in ihrer Umgebung
SchülerInnen vergleichen sie mit monolingualem Deutsch
SchülerInnen schreiben kleine Theaterstücke o.ä.
SchülerInnen reflektieren darüber, in welchen gesellschaftlichen Kontexten
welches Deutsch angebracht ist
Lernziel: SchülerInnen entwickeln ein Registerbewussten
Vorteil: Anerkennung migrationssprachlicher Register im Sinne von
„Mutte sp a he
Ei ezug der „Stolperstei e“ des Deuts he : Nicht nur traditionell bearbeitet
Fehle uelle ie „Dati -Akkusativ-Fehle , so de au h Fehle uelle ie „t e a e Ve e sollte ei ezoge e de .
Durchgängige Sprachbildung Der Begriff u de i A g e zu g zu „“p a hfö de u g ei gefüh t, da
„“p a hfö de u g oft als additi e Maß ah e e sta de i d.
„“p a h ildu g ist zuglei h ei e A leh u g a de Beg iff de „Bildu gssp a he .
Gemeint ist, dass alle Kindern ihren Voraussetzungen entsprechend über die gesamte
Schullaufbahn hinweg und in allen Fächern im Erwerb der Bildungssprache Deutsch
unterstützt werden.
Qualitätsmerkmale für den deutschsprachigen Unterricht in mehrsprachigen Klassen Gestaltung des Unterrichts it Bli k auf das Registe „Bildu gssp a he
Diagnosegestütze Sprachförderung
Modellierung (Scaffolding)
Binnendifferenzierte Aufgabenstellungen
Konstruktive und dialogische Rückmeldungen an die SchülerInnen
Darstellung der migrationsgesellschaftliche Realität oh e „Othe i g
Migrationsbedingte Mehrsprachigkeit erfordert ein neues Verständnis des
Deutschunterrichts
Es sind verschiedene migrationssprachliche und –gesellschaftliche Gegebenheiten zu
berücksichtigen
Aufgabe: Entwicklung eines migrationsgesellschaftlichen Konzepts des
Deutschunterrichts
23
13. VO: Sprachstandsdiagnostik
Rahmen: Durchgängige Sprachbildung Modellprogramm FÖRMIG
Merkmale besonders erfolgreicher Standorte:
integrierte Modelle, d. h. die Aneignung der deutschen Sprache unterstützende
Maßnahmen sind in den Regelunterricht integriert, Fokus auf Bildungssprache
z.T. vertiefende Zusatzangebote
schulische und einrichtungsübergreifende Netzwerke, in denen konkret, systematisch
und verbindlich an Förderkonzeptionen und deren Umsetzungen gearbeitet wird
Durchgängige Sprachbildung: 1. Explizite Vermittlung von Bildungssprache
2. Berücksichtigung sprachlicher Ressourcen
3. Bereitstelllung und Modellierung allgemein- und bildungssprachl. Mittel
4. Gelegenheiten Sprachkompetenzen zu erwerben und aktiv einzusetzen
5. Unterstützung individueller Sprachbildungsprozesse
6. Gemeinsame Überprüfung und Bewertung der Ergebnisse der sprachlichen Bildung
Prinzip der diagnosebasierten Förderung: Einsatz von Diagnoseinstrumenten: USB-DaZ für
die Klassenstufen 1-7, „Bu e a g fü Klasse stufe 9 „Zo e der ä hste E t i klu g“: Übergang von einem bereits erreichten Niveau zur
nächsten Phase. besondere Aufmerksamkeit des Kindes für das, worüber es noch nicht
verfügt. Sprachaneignung: Abstimmung der Lehrgegenstände auf den Sprachaneignungsstand der
Lernenden zu al „“p a hu te i ht, de de atü li he E t i klu gs e lauf eit o g eift, de E t i klu gsp ozess i Wi kli hkeit soga e zöge t. PIENEMANN Mehrsprachigkeit: Die Berücksichtigung der Erst- bzw. Familiensprachen der Kinder und
Jugendlichen ermöglicht die Feststellung des Sprachstandes im Sinne einer
Gesamtsprachlichkeit und ist Grundlage für eine an den tatsächlichen Ressourcen der
Schülerinnen und Schüler ansetzende (Sprach-) Förderung.
Sprachkompetenzdiagnose- Verfahrenstypen Testende Verfahren: Erhebung spezifischer Informationen über den erreichten
Aneignungsstand in einem oder mehreren sprachlichen Teilbereich(-en) anhand von
Testaufgaben quantitative Beschreibung von Kompetenzstufen (Umrechnung i
Punktwerte, allgemeines Urteil), z.B. durch Wortschatztest, Lesetest
Vorteile: präzise Messungen möglich, Standardisierbarkeit, Normierbarkeit, Effizienz,
niedrige Anforderungen an AnwenderInnen
Nachteile: konkrete Fähigkeiten und Probleme werden oft nicht sichtbar, keine
Kompetenzprofile, geringe Verwertbarkeit für Optimierung von individueller
Förderung
C-Tests (Grotjahn 1992-2002): allg. Korrektheit im Sinne der Übereinstimmung mit
Ursprungstext, semantische und morphologisch-syntaktische Angemessenheit sowie
orthographische Angemessenheit, Testnormierung zur Feststellung der Indikation
von Förderbedürftigkeit
CITO-Test (phonologische Bewusstheit, passiver Wortschatz, kognitive Begriffe
Textverständnis; Konak/Duindam/Kamphuis 2005)
Analytische Verfahren: Profilanalysen, Beobachtungen Profilanalysen: Analyse von Sprech- oder Schreibproben zur Gewinnung spezifischer
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Informationen über den erreichten Spracherwerbsstand in verschiedenen
sprachlichen Qualifikationsbereichen
Beispiele: HAVAS 5, FörMig-Tulpenbeet, FörMig-Bumerang
Beobachtungsverfahren: Erhebung spezifischer Informationen über den erreichten
Aneignungsstand durch Beobachtung; Anknüpfen an Unterrichtsbeobachtung, aber
systematisch und kriteriengeleitet in der (alltäglichen) Interaktion.
Vorteile: umfassende Kompetenzprofile, sehr gute Verwertbarkeit für Optimierung
von individueller Unterstützung, beliebig viele Erhebungszeitpunkte,
Wiederholbarkeit Nachteile/Herausforderungen: erfordert ausgeprägte linguistische Kenntnisse und
analytische Fähigkeiten
USB DaZ= Unterrichtsbegleitende Sprachstandsbeobachtung Deutsch als Zweitsprache Auftrag durch bm:ukk, Projektlaufzeit: 06/2011 bis 08/2013
Skalen- Formen: reduktiv deskriptiv, reduktiv einschätzend, Mischformen
Konzept: Verzicht auf Normierung im Sinne einer sozialen Bezugsnorm – da es für
Mehrsprachige kei e „ i htige No gi t, stattdessen Instrument zur Begleitung der
individuellen Aneignungsprozesse; Kompetenzstruktur: Angelehnt an Basisqualifikationen
Kompetenzstruktur
Pragmatische Fähigkeiten (Produktion & Rezeption) : Mündliche
Sprachhandlungsfähigkeit , Strategien
Lexikalisch-semantische Fähigkeiten (Produktion & Rezeption): Wortschatz – Primar-
/Sekundarstufe I
Morphologisch-syntaktische Fähigkeiten (Produktion): Verbformen, Verbstellung in
Aussagesätzen, Realisierung von Subjekten und Objekten, Aussageverbindungen
Literale Fähigkeiten(Produktion) : Textkompetenz (schriftlich)
Primarstufe/Sekundarstufe I, Orthographie
angelehnt an die Basisqualifikationen (Ehlich) aber bewusster Verzicht auf literale
BQ (Rezeption), phonische BQ (Produktion & Rezeption) Verweis auf
entsprechende Diagnoseinstrumente
Aneignungstheoretische Modellierung: Spracherwerb verläuft nicht in beliebigen Richtungen
oder chaotisch, sondern wird vielmehr von einem sequenziellen Ordnungssystem geleitet.
Orientierung am Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung (Ehlich et al.
2008).
USB DaZ in Ö: Empirische Prüfung
Setting: 227 Kinder und Jugendliche, aus 1 Volksschule und 1 NMS wurden von 17
Studierenden und AbsolventInnen der Universität Wien (FB DaF/DaZ) im Zeitraum
von Mitte April 2013 bis Ende Juni 2013 in Teams zu je 3 BeobachterInnen
beobachtet.
Zusammenfassung der Ergebnisse - USB DaZ in Ö ist bereit für die Praxis! Validität:
1.-6. Schulstufe: straffe, signifikante Korrelation mit äußeren Kriteriumswerten , 7.
Schulstufe: Validität gesichert, 8. Schulstufe: Gültigkeit der Ergebnisse nimmt ab,
Interne Konsistenz: hinreichend, Interraterreliabilität: Schulungsbedarf.