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Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914-1963 Review by: Herbert Timm FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 25, H. 1 (1966), pp. 103-108 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40909993 . Accessed: 17/06/2014 16:43 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 188.72.126.41 on Tue, 17 Jun 2014 16:43:39 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914-1963

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Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914-1963Review by: Herbert TimmFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 25, H. 1 (1966), pp. 103-108Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40909993 .

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Literatur

Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914-1963* von

Herbert Timm

Von der 2. Auflage dieses Buches unterscheidet sich diese 3., ein Jahr- zehnt später erschienene, Auflage vor allem dadurch, daß den sechzehn Kapi- teln der 2. Auflage drei Kapitel mit insgesamt 77 Seiten angefügt wurden, in denen Verf. „Die goldenen Jahre 1953-1958" (17. Kapitel), „Das große binnen wirtschaftliche Versagen der Notenbankpolitik" (18. Kapitel) und „In- stitutionelles und Strukturelles" (19. Kapitel) behandelt.

1 . Nach den offenkundigen Intentionen des Verf. und der ganzen Anlage des Buches liegt das Gewicht der Ergänzungen, die die 3. Auflage bringt, auf den beiden ersten der erwähnten Kapitel, so daß es als angemessen erscheint, wenn der Rezensent das letzte Kapitel vorweg mehr referierend abhandelt. In ihm werden zunächst die Neuordnung des deutschen Notenbankwesens auf der Grundlage des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank von 1957 sowie die Neufassung des Kreditwesengesetzes von 1961 dargestellt. Abge- sehen von wenigen kritischen Bemerkungen bieten diese Abschnitte über „Institutionelles" Deskription und Interpretation. Verf. war offenbar und mit Recht der Meinung, die wichtigsten institutionellen Änderungen oder Gegebenheiten, die ja den Rahmen für das politische Handeln abgeben, für die Periode zu berücksichtigen, die er in den beiden vorangegangenen Kapi- teln analysiert hat. Seine kritischen Bemerkungen richten sich gegen das Kreditwesengesetz von 1961, das er bezeichnenderweise ein „ordentliches gewerbepolizeiliches Gesetz" nennt, in dem er solche Vollmachten für den Bundeswirtschaftsminister vermißt, „die denen des englischen Schatzkanz- lers auf dem Gebiet des Bankwesens an die Seite gestellt werden könnten", und das von vornherein darauf verzichte, „nennenswert in die Struktur des Bankwesens einzugreifen" (S. 305/306). Während Verf. die Vollmachten für den Bundeswirtschaftsminister, die er vermißt, in der kritischen Analyse des vorangegangenen Kapitels nennt und begründet, äußert er sich kaum zu den von ihm offenbar für wünschenswert gehaltenen Eingriffen in die

* Zu Rudolf Stucken: Deutsche Geld- und Kreditpolitik 1914-1963.3. Aufl., Tübingen 1964. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck). 341 Seiten.

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Struktur des Bankwesens. Es wäre wünschenswert, wenn ein Kenner der Materie, wie Verf. es ist, dies in der nächsten Auflage nachholen könnte.

Die Abschnitte über den Geldschöpfungskoeffizienten der Kreditinstitute und die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes sind zu begrüßen ; denn sie ver- mitteln dem Leser konkrete Vorstellungen über Größen, die für die Entwick- lung von Geldmenge und monetärer Nachfrage so wichtig sind. Es hat den Rezensenten überrascht, daß nach den Angaben des Verf. (S. 317) die Um- laufsgeschwindigkeit des Geldes in den USA so erheblich unter der in der Bundesrepublik liegen soll, zumal doch der Anteil des Giralgeldes (das ja eine höhere Umlaufgeschwindigkeit als das Stückgeld hat) an der Gesamt- geldmenge in den USA seit langem höher als in Deutschland ist. - Recht instruktiv ist der letzte Abschnitt, der über die Struktur der Passiv- und Aktivgeschäfte der deutschen Kreditinstitute und über die Wandlungen dieser Struktur von 1950-1962 Auskunft gibt. Es wäre besonders verdienstvoll, wenn Verf. diese Betrachtungen bei Gelegenheit auf die Vorkriegszeit aus- dehnen würde, um den wirklich langfristigen Strukturwandlungen nachzu- spüren.

2. Wie schon bemerkt, beanspruchen die beiden vorletzten Kapitel der 3. Auflage das Hauptinteresse des Lesers, nicht nur, weil sie die Analyse der deutschen Geld- und Kreditpolitik fortsetzen, die in der 2. Auflage mit der Betrachtung der Periode von 1948-1952 vorläufig abgeschlossen worden war, sondern vor allem deswegen, weil Verf. in diesen Kapiteln kritisch zur deutschen Geld- und Kreditpolitik des Jahrzehnts von 1953-1963 Stellung nimmt. Schon die Überschrift des 17. Kapitels ,,Die goldenen Jahre 1953 bis 1958" bringt das im ganzen positive Urteil des Verf. über die Geld- (und übrigens auch die Finanz-) Politik in der ersten Hälfte dieses Dezenniums zum Ausdruck. Nachdem zunächst die Ursachen der großen und zunehmen- den Export- und Devisenüberschüsse und die Kehrseite dieser Überschüsse, nämlich die durch sie bedrohte Geldwertstabilität im Innern, herausgeschält wurden, erklärt Verf., daß und warum es in der betrachteten Periode trotzdem gelang, dem Druck auf die Preise nach oben im wesentlichen mit Erfolg ent- gegenzuwirken. Einen Teil des Verdienstes schreibt Verf. der Finanzpolitik zu, die bis 1956 zu Kassenüberschüssen führte, die in den dann folgenden beiden Jahren zwar abgebaut, aber wegen der Verwendung zu Käufen im Ausland (im Rahmen von Rüstungskäufen, der Schuldentilgung und der Wiedergutmachungsleistungen) dennoch nicht zur Erhöhung der monetären Inlandsnachfrage beigetragen haben. Daß die Politik des „Juliusturms", vom Erfolg her gesehen, dieses Lob verdient, kann zugegeben werden, aber es ist bekanntlich mehr als fraglich, ob sie in dieser konjunkturpolitischen Ab- sicht vorgenommen wurde. Verf. deutet darauf in einer sehr kurzen und für den uneingeweihten Leser nicht recht verständlichen Erwähnung hin (S.257). Bewußt und erfolgreich eingesetzt zur Kompensation der Devisenüberschüsse wurde die Offenmarktpolitik der Notenbank mit Hilfe der neu geschaffenen Mobilisierungstitel. Der Verf. zögert nicht, der deutschen Notenbankleitung deswegen und auch wegen ihrer Diskont- und Mindestreservenpolitik in dieser Periode eine gute Note zu erteilen. Auch die privaten Kreditinstitute kommen im Urteil des Verf. wegen ihrer zunehmenden Aktivität im Wert-

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Papiergeschäft - ein altes Anliegen des Verf. - gut weg, wenngleich diese Institute in den letzten Phasen dieser Periode den Absichten der Notenbank (vor allem mit der Rückgabe der Mobilisierungstitel) zuwiderhandelten.

Deutliche und massive Kritik an der deutschen Geldpolitik übt Verf. demgegenüber im 18. Kapitel, das den Geschehnissen in der Zeit von 1959 bis 1963 gewidmet ist, die als eine Zeitspanne der ,, Irrungen und Wirrungen" bezeichnet wird, ,,in der von einer Meisterung der auftretenden Probleme ganz und gar nicht die Rede sein kann'4 (S. 273). Zur Begründung dieses harten Verdikts stellt Verf. zunächst die Restriktionspolitik der Deutschen Bundesbank in der Zeit von Herbst 1959 bis Herbst 1960 dar, mit der die Notenbank versuchte, der inflationären Entwicklung im Inland Einhalt zu gebieten. Bekanntlich schlug diese Politik fehl, und zwar deshalb, weil ,,die Kreditinstitute durch ihr Verhalten die Notenbankpolitik durchkreuzt haben" (S. 279), was Verf. dadurch belegt, daß die Kreditbanken sich in dieser Phase einen Betrag von 4-5 Mrd. DM Guthaben bei der Notenbank beschafften, teils durch Minderung ihres Bestandes an Mobilisierungstiteln, teils durch Rückzug von Einlagen bei Auslandsbanken sowie durch das Abstoßen von ausländischen Geldmarkttiteln und teils durch Aufnahme von Krediten im Ausland. Daraus sei den Kreditbanken kein Vorwurf zu machen ; denn nach der ganzen Anlage der Geld- und Kreditpolitik in der Bundesrepublik, wonach die Notenbank volkswirtschaftlich ausgerichtete, die Kreditbanken hingegen privatwirtschaftlich orientierte Geldschöpfungspolitik betreiben (S. 281), sei dieses Verhalten der Kreditbanken gewissermaßen legitim ge- wesen.

Auch dem Wechsel in der Politik der Deutschen Bundesbank, zu dem sie sich im Frühjahr 1961 mit der Aufwertung der DM unter gleichzeitiger Lockerung der Restriktionspolitik entschloß, sei der Erfolg versagt geblieben. Zwar habe sich mit dem Passivsaldo der Leistungsbilanz und der Kapital- bilanz die Devisenbewegung nach der Aufwertung im Vergleich zu den Vor- jahren umgekehrt. Aber erstens sei die Inlandsexpansion mit ihrem inflato- rischen Druck nicht gebremst, und zweitens sei die Überliquidität der Kredit- institute als Finanzierungsquelle für die übermäßige Expansion tatsächlich nicht abgebaut worden. ,,Das große binnenländische Versagen der Noten- bankpolitik besteht fort" (S. 287). Es hätte sich noch stärker bemerkbar gemacht, wenn nicht die staatliche Finanzpolitik, der die Deutsche Bundes- bank mit dem Abbruch ihrer Restriktionspolitik zugleich den „Schwarzen Peter" zuschob (S. 287), wie schon in der Restriktionsperiode so auch danach der ,, beste Helfer der Notenbank gewesen wäre" (S. 288), was an Hand der negativen Nettoposition des Bundes, der Länder und der Lastenausgleichs- behörden gegenüber der Deutschen Bundesbank (die 1960 und 1961 beson- ders hoch war) nachgewiesen wird. Obwohl die Frage der Mitwirkung der staatlichen Finanzpolitik bei der inländischen Stabilisierungspolitik im Zu- sammenhang mit den vom Verf. erörterten Problemen mehr am Rande liegt, sollte darauf hingewiesen werden, daß die günstige Wirkung, die Verf. der Finanzpolitik in dieser Phase (1961-1963) zuschreibt, doch wohl weniger durch eine bewußte, adäquate Politik als eher dadurch herbeigeführt wurde, daß die öffentlichen Ausgaben wegen der unerwarteten Zunahme der Ein-

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nahmen (insbesondere der Steuereinnahmen) hinter diesen zurückblieben. Der Verf. selbst hegt auch keine großen Hoffnungen im Hinblick auf eine effiziente antizyklische Finanzpolitik (in Expansionsphasen), so daß er seine kritische Analyse der Jahre 1959-1963 mit der Forderung beendet: „Die Notenbank muß die Herrschaft über die Geldschöpfung wiedergewinnen!" (S. 290; im Text gesperrt).

Wiedergewonnen werden kann sie nach Ansicht des Verf. nur durch eine Partnerschaft zwischen Notenbank und Kreditinstituten in der Geldpolitik. Nur sie könne den Gefahren einer Überliquidität der Kreditinstitute, wie sie jederzeit durch einen Devisenzufluß via aktiver Leistungsbilanz und ,,hot money" wieder auftreten könne, erfolgreich entgegenwirken. Nur mit ihrer Hilfe ließen sich die gegenüber der Zeit der klassischen Goldwährung ver- änderten Zielsetzungen der Geldpolitik (feste Wechselkurse und inneres Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung) erreichen. Diese Partnerschaft, dieser ,,neue Stil" in der Zusammenarbeit von Notenbank und Kreditinstituten erfordere, ,,daß, wo die Notenbank mit ihrem Instrumentarium den gewollten Erfolg nicht herstellen kann, die Kreditinstitute freiwillig auf die Linie der Notenbank einschwenken" (S. 294). Für die Phase von 1959/60 hätte das bedeutet, daß die Notenbank die Diskontsätze hätte niedrig halten müssen, um den Geldexport anzuregen, die Kreditinstitute aber gleichzeitig darauf hätten verzichten müssen, von ihrer Überliquidität Gebrauch zu machen, und daß sie entsprechend ihre Kredite an die Kundschaft hätten beschränken müssen. Gegegebenenfalls hätte man für die Überschußreserven der Kredit- banken bei der Notenbank eine verzinsliche Anlage schaffen sollen, um den Kreditbanken diese Abstinenz zu erleichtern. Sollte die Bereitschaft zu einer solchen Partnerschaft seitens der privaten Kreditinstitute nicht bestehen - obwohl sie ja doch in anderen Ländern, wie England und der Schweiz, funktioniere -, dann sei eben die Möglichkeit ins Auge zu fassen, „Zwangs- rechte zu konstituieren" (S. 295), wie sie z.B. der englische Schatzkanzler ausüben kann, um die Kreditinstitute zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen. Die englischen Erfahrungen hätten gezeigt, daß diese Macht- mittel tatsächlich nicht angewendet zu werden brauchen, da auf Grund ihres bloßen Vorhandenseins die Banken ausreichend auf ,, moral suasion" reagieren. Leider habe man in der Bundesrepublik anläßlich der Neufassung des Kreditwesengesetzes versäumt, solche Zwangsrechte zu institutionali- sieren. Unter Berufung auf gewiß nicht verdächtige Zeugen wie Ricardo, Eucken und Gestrick betont Verf., „daß gerade bei grundsätzlicher Freiheit im Wirtschaftsleben auf dem Gebiet des Geldwesens strenge Bindungen herrschen müssen" (S. 296).

3. Soweit die Kritik und die Konsequenzen, die Verf. daraus zieht. Da es sich bei ihm um einen Autor handelt, der eine intime Kenntnis von Fakten und Institutionen, angereichert durch eine lange Erfahrung, mit den Fähig- keiten zur theoretischen Analyse verbindet und der im übrigen nicht zu extremen Vorschlägen neigt, sind seine Darlegungen in den beiden erwähnten Kapiteln gewiß nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wenn der Rezensent sich in aller Kürze zu ihnen äußert, dann gerade deswegen, weil er ihnen eine so große Bedeutung zumißt und weil er hier und da einige Fragen stellen möchte.

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Zunächst würde der Verf. vermutlich damit einverstanden sein, daß das 18. Kapitel besser eine andere Überschrift erhalten hätte. Denn auch nach den Ausführungen des Verf. hat weniger die Notenbankpolitik in Deutschland versagt, sondern - sofern das Versagen überhaupt allein oder vorwiegend in der Bundesrepublik lag! - eher unsere Geld Verfassung. Ihre Mängel, d.h. hier die zu geringen, institutionell gegebenen Einflußmöglichkeiten der Deutschen Bundesbank sind es ja doch im Grunde, die Verf. beklagt und durch eine institutionell gesicherte Partnerschaft zwischen Notenbank und Kredit- instituten behoben sehen möchte. Aber abgesehen davon: Drängt sich nicht nach der Erfahrung etwa der letzten 10-15 Jahre, nicht nur in Deutschland, die Frage auf, ob die Wurzeln des Übels nicht doch tiefer oder z.T. anderwo liegen - mit der Konsequenz, daß der an sich doch weitgehende Vorschlag des Verf. der Konstituierung von Zwangsrechten für die Notenbank möglicher- weise auch keine befriedigende Lösung bringen kann, ganz abgesehen davon, daß nach der alten englischen Weisheit ,,men not measures" institutionelle Reformen allein noch nicht ausreichen.

Es sind doch im wesentlichen folgende Situationen, die in jüngerer Zeit Kummer bereitet haben: Einmal ist es der im Inland induzierte, dauerhafte Inflationsdruck, verursacht durch die produktivitätsorientierte Lohnpolitik in Verbindung mit dem immer stärker sichtbar werdenden Bestreben aller Einkommensgruppen nach Konstanz der Einkommensverteilung trotz unter- schiedlicher Produktivitätsfortschritte in den einzelnen Sektoren und Aktivi- täten und in Verbindung mit der ,, Vollbeschäftigungsideologie"; eine Er- scheinung, die das Wachstum mit Inflation produziert. Selbst wenn die Notenbank mit Hilfe ihres Instrumentariums die Möglichkeit hätte, die Herrschaft über den Geldmarkt, d.h. also konkret über die Geldschöpfung auch der privaten Banken, auszuüben: ist tatsächlich zu erwarten, daß sie sie ausübt ? Ist sie, auch in Verein mit den Kreditbanken, in der Lage, sich gegen mächtige Gruppen und Ideologien zu behaupten ? Kann sie tatsächlich die Geldwertstabilität garantieren, wenn diese mit nennenswerter Unter- beschäftigung erkauft werden müßte ? Solange es bei einer mäßigen Inflation bleibt, mag es hingehen. Aber wenn es dabei bleibt, dann scheint das eher ein Verdienst der Gewerkschaftspolitik als des Banksystems zu sein.

Doch um auf die Situation zurückzukommen, die Verf. analysiert hat: Es ging in den Jahren vor der Aufwertung praktisch um die Abwehr der importierten Inflation. Selbst wenn die Kreditinstitute damals darauf ver- zichtet hätten, den Restriktionsmaßnahmen der Notenbank durch eigene Maßnahmen (wie Rückruf von Anlagen im Ausland und Aufnahme von Krediten im Ausland) entgegenzuwirken, so wären ihnen immer noch Noten- bankguthaben über die Devisenzuflüsse auf Grund der aktiven Leistungs- bilanz - auch gegen ihren Willen - zugeschwemmt worden. Hätte man auch diese neutralisiert, dann wäre alles nur Mögliche getan worden, und schließ- lich doch ohne durchgreifenden Erfolg. Denn je wirksamer die Restriktion im Innern gewesen wäre, um so mächtiger wäre der Inflationsdruck von außen geworden. Notenbank und Kreditbanken hätten gemeinsam mit dem Rücken an der Wand gegen eine Entwicklung gekämpft, deren Impulse ihrer Kontrolle entzogen waren und der sie am Ende doch nicht gewachsen

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gewesen wären. Und wenn das Rezept des Verf., nämlich eine Zinssenkung zur Abwehr des Geldstromes aus dem Ausland, befolgt worden wäre, dann ist doch die Frage, ob sie angesichts der gerade wegen der Restriktions- politik immer stärker werdenden Erwartung der DM-Aufwertung diesen Zustrom von ,,hot money" hätte bremsen können. Gibt es - kurz gesagt - bei voller Konvertibilität und festen Kursen ein wirksames Rezept für die Abwehr der importierten Inflation, solange deren Quellen im Ausland nicht verstopft werden ? War die Notenbank nicht schlechthin überfordert, auch wenn die Kreditbanken auf ihre Linie eingeschwenkt hätten ? Hätten die ausländischen Notenbanken nicht eher Tadel verdient als die Deutsche Bundesbank ? Nach Ansicht des Rezensenten hätte früher und stärker auf- gewertet werden sollen. Aber es ist bekannt, daß auch hier starke wider- streitende Interessen im Spiel waren. Daß die Aufwertung entbehrlich gewe- sen wäre, wenn die Notenbank die Geldschöpfung in der Bundesrepublik noch in der Hand gehabt hätte - wie Verf. (S. 283) meint -, das erscheint dem Rezensenten jedenf alisais recht fragwürdig.

Nichts natürlich gegen den Vorschlag des Verf. einer institutionalisierten Partnerschaft zwischen Notenbank und Kreditinstituten ; denn es ist immer besser, wenn die Notenbank mit den Kreditinstituten statt gegen sie operie- ren kann. Aber es ist eben die Frage, ob es genügt. Im Gegensatz zum Verf. bezweifelt der Rezensent das.

Es wäre von großem Nutzen gewesen, wenn Verf. im Zusammenhang mit dem Problem der deutschen Geld- und Kreditpolitik der letzten Jahre sein sachverständiges Urteil über eine mögliche Änderung des Wechselkurs- systems, d.h. den Übergang zu flexiblen Wechselkursen oder zu einem System größerer Bandbreite, abgegeben hätte. Aber da dies eine Frage der inter- nationalen Währungsordnung ist, hat der Verf. verständlicherweise darauf verzichtet. Hoffentlich hat er Gelegenheit, sie in einer Neuauflage seines Buches „Geld und Kredit" zu behandeln.

4. Vielleicht fragt der Leser sich, warum der Rezensent den Ergänzun- gen, die die 3. Auflage dieses Stuckenschen Buches der 2. Auflage hinzu- gefügt hat, soviel Aufmerksamkeit geschenkt hat. Die Antwort lautet: weil sie es verdient haben. Einmal indem sie in einer zwar gestrafften, aber gekonnten und eindrucksvollen Darstellung die wesentlichen Etappen und die neuralgischen Punkte der deutschen Geldpolitik von 1953-1963 beleuch- ten. Ferner, weil sie den Leser mit dem sachverständigen Urteil des Verf. über diese Zeit bekanntmachen. Daß der Rezensent diesem Urteil nicht in allen Punkten zustimmt, ist angesichts der Kontroversen, die die Meinungen zu den vom Verf. aufgeworfenen Problemen beherrschen, sicherlich nicht überraschend.

Überblickt man diese 3. Auflage, die etwa den doppelten Umfang wie die 1. Auflage (1937) erreicht hat, dann kann dem Verf. bescheinigt werden, daß er ein eindrucksvolles Werk über ein halbes Jahrhundert deutscher Geld- und Kreditpolitik vorgelegt hat, dessen Lektüre insbesondere den Studenten ohne Einschränkung zu empfehlen ist.

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