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Deutscher Bundestag Drucksache 17/4630 17. Wahlperiode 28. 01. 2011 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 26. Januar 2011 gemäß § 14b Absatz 4 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsberichte 2008 und 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen gemäß § 14b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und Stellungnahme der Bundesregierung Inhaltsgliederung Seite Stellungnahme der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Tätigkeitsbericht 2008 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick . . . . 52 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Tätigkeitsbericht 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick . . . . 110 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Deutscher Bundestag Drucksache 17/4630 17. Wahlperiode 28 ...dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/046/1704630.pdf · 01. 2011 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr,

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Deutscher Bundestag Drucksache 17/463017. Wahlperiode 28. 01. 2011

Unterrichtungdurch die Bundesregierung

Tätigkeitsberichte 2008 und 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen gemäß § 14b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes

und

Stellungnahme der Bundesregierung

I n h a l t s g l i e d e r u n g

Seite

Stellungnahme der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Tätigkeitsbericht 2008 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick . . . . 52Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Tätigkeitsbericht 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick . . . . 110Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 26. Januar 2011 gemäߧ 14b Absatz 4 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes.

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Drucksache 17/4630 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Stellungnahme der Bundesregierung

A. Aufgaben der Bundesnetzagentur

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtli-cher Vorschriften vom 27. April 2005 hat das AllgemeineEisenbahngesetz (AEG) eine umfassende Novellierungerfahren. Der Bundesnetzagentur wurden neue Zustän-digkeitsbereiche im Rahmen der Eisenbahnregulierungübertragen. Sie ist seitdem verantwortlich für die Über-wachung der Gewährung eines diskriminierungsfreienZugangs zur Eisenbahninfrastruktur und damit für dieAufsicht über den Wettbewerb auf der Schiene.

Die Aufgaben der Bundesnetzagentur im Rahmen derEisenbahnregulierung ergeben sich aus den §§ 14 bis 14fAEG, die durch die Regelungen der Eisenbahninfrastruk-tur-Benutzungsverordnung (EIBV) ergänzt werden. DieBundesnetzagentur wacht über die Einhaltung der Zu-gangsvorschriften zur Eisenbahninfrastruktur, insbeson-dere hinsichtlich der Erstellung des Netzfahrplans, derEntscheidungen über die Zuweisung von Zugtrassen, desZugangs zu Serviceeinrichtungen sowie der Benutzungs-bedingungen, der Entgeltgrundsätze und der Entgelthö-hen. Ziel ist die Förderung von Wettbewerb im Eisen-bahnverkehrsmarkt. Die Bundesregierung ist mit derBundesnetzagentur der Auffassung, dass funktionierenderWettbewerb zu qualitativ und preislich attraktiven Ver-kehrsangeboten und damit zu mehr Verkehr auf derSchiene führt.

Im Gegensatz zu den Märkten Telekommunikation undPost erfolgt im Bereich der Eisenbahninfrastruktur einesymmetrische Regulierung, d. h., ihr unterliegen alle öf-fentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen, unabhän-gig von ihrer Marktstellung. Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen müssen den Eisenbahnverkehrsunternehmen undsonstigen Zugangsberechtigten – z. B. Spediteuren undVerladern – nicht nur den Zugang zum reinen Fahrweggewähren, sondern auch zu sog. Serviceeinrichtungen,wie z. B. zu Bahnhöfen, Wartungseinrichtungen, Häfenund Abstellgleisen, sofern keine Ausnahme nach § 14Absatz 1 Satz 4 AEG vorliegt (Hauptfall: ausschließlichzur Nutzung für den eigenen Güterverkehr betriebene In-frastruktur).

In den für den Zugang wichtigen Fällen verpflichtet dasGesetz die Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die Bun-desnetzagentur vorab über beabsichtigte Entscheidungenzu unterrichten, z. B. wenn der Antrag auf Zuweisungvon Zugtrassen oder auf Zugang zu Serviceeinrichtungenabgelehnt werden soll. Die Bundesnetzagentur hat danndie Möglichkeit, der geplanten Entscheidung zu wider-sprechen und Vorgaben zu machen, nach denen neu ent-schieden werden muss. Dies kann auch dazu führen, dassbestimmte Regelungen und Bedingungen, wie z. B. dieHöhe von Entgelten, nicht in Kraft treten dürfen. Nebendiesen präventiven Regulierungsbefugnissen hat der Ge-setzgeber auch die Möglichkeit der nachträglichen Über-prüfung von Zugangsentscheidungen, von Nutzungsbe-dingungen für Schienennetze und Serviceeinrichtungensowie von Regelungen über die Höhe oder Struktur derWegeentgelte und sonstiger Entgelte geschaffen.

Der nach § 35 AEG eingerichtete Eisenbahninfrastruktur-beirat berät die Bundesnetzagentur bei der Wahrnehmungihrer Aufgaben und macht Vorschläge für die Schwer-punkte ihrer Tätigkeit. Im Jahr 2008 fanden sechs, imJahre 2009 fünf Sitzungen statt. Die Bundesnetzagenturnimmt hier zu aktuellen Entwicklungen und Entscheidun-gen im Bereich der Eisenbahnregulierung Stellung.

B. MarktentwicklungWährend sich der Eisenbahnmarkt im Jahre 2008 trotz derschwierigen wirtschaftlichen Situation der Gesamtwirt-schaft aufgrund der Finanzmarktkrise in der Gesamtschauweiter positiv entwickelt hat, stand der Eisenbahnmarkt imJahr 2009 im Zeichen der allgemeinen Wirtschaftskrise.

Während insgesamt im Jahre 2008 in allen Verkehrsseg-menten des Eisenbahnmarkts die Leistung im Vergleichzum Vorjahr weiter gesteigert werden konnte, traf derRückgang des Bruttoinlandprodukts um 5 Prozent imJahre 2009 gegenüber dem Jahr 2008 den Transportsektorhart; eine Entwicklung, die bereits Ende 2008 einsetzteund sich 2009 fortsetzte.

Die Bundesregierung hat durch die gesetzten politischenRahmenbedingungen dazu beigetragen, dass der Tief-punkt der Wirtschaftskrise durchschritten ist. Damit dürf-ten sich für die Eisenbahnunternehmen auch wieder neueMarktchancen eröffnen.

Im Einzelnen:

Im Jahre 2008 erreichten die im Schienengüter- und -per-sonenverkehr erbrachten Verkehrsleistungen noch neueHöchstmarken. Im Jahr 2009 konnte dieser Trend nichtfortgesetzt werden: Umsatz und Transportleistung blie-ben im Personennah- und -fernverkehr weitgehend stabil,der Anteil des Schienengüterverkehrs an der gesamtenTransportleistung in Deutschland nahm 2009 erstmaligseit etwa zehn Jahren wieder ab.

Die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr (SGV)wuchs 2008 um etwa ein Prozent auf 116 Mrd. Tonnen-kilometer (2007: 115 Mrd. Tonnenkilometer). Aufgrundder durch die Finanzmarktkrise bedingten schwierigenMarktverhältnisse fiel das Wachstum im SGV deutlichschwächer aus als in den Vorjahren. Nach einem anfängli-chen Zuwachs ging im vierten Quartal 2008 das Trans-portvolumen rund ein Prozent unter dem Wert des ent-sprechenden Vorjahresquartals zurück. 2009 nahm inDeutschland die Transportleistung im Schienengüterver-kehr erstmalig seit etwa zehn Jahren wieder leicht ab(Rückgang von 116 auf 96 Mrd. Tonnenkilometer).

2009 musste insbesondere der gesamte Güterverkehr er-hebliche Rückgänge der Umsatzerlöse und des Verkehrs-aufkommens verkraften: Die Bundesnetzagentur rechnetim Bereich des Schienengüterverkehrs mit einem Um-satzrückgang von etwa 17 Prozent, einem stärkerenRückgang als im Straßengüterverkehr.

Im Schienenpersonenverkehr wuchs die Verkehrsleistung2008 wie folgt: im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)um zwei Prozent auf 46 Mrd. Personenkilometer (Vor-jahr: 45 Mrd.) und im Schienenpersonenfernverkehr

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4630

(SPFV) um etwa fünf Prozent auf 36 Mrd. Personenkilo-meter (Vorjahr: 34 Mrd.).

2009 wird im Schienenpersonenfernverkehr mit einemleichten Rückgang der Verkehrsleistung auf 35 Mrd. Per-sonenkilometer gerechnet.

Im Schienenpersonennahverkehr, in dem das Verkehrs-angebot von öffentlichen Aufgabenträgern und langfristigorientierten Verkehrsverträgen geprägt ist, hatten dieschwierigen gesamtwirtschaftlichen Marktbedingungendagegen weder bis Jahresende 2008 noch im Jahre 2009wesentliche Auswirkungen. Der stetige Aufwärtstrendder Vorjahre mit einer durchschnittlichen jährlichenWachstumsrate von rund drei Prozent konnte jedoch nichtfortgesetzt werden (Stagnation bei 46 Mrd. Personenkilo-metern).

Die Bundesregierung sieht wie die Bundesnetzagentur,dass sich der Wettbewerb im Eisenbahnverkehrsmarktinsgesamt positiv entwickelt hat. Sie geht aber auch da-von aus, dass in dem Bereich noch Wettbewerbspotentialbesteht.

Die Deutsche Bahn AG (DB AG) ist auch 2008 und 2009in allen Eisenbahnverkehrssegmenten auf herausragenderMarktposition geblieben und musste nur geringfügigMarktanteile abgeben. 2008 erreichten die Wettbewerberder DB AG im Schienengüterverkehr einen Marktanteilvon rund 21 Prozent. Erfreulich ist, dass trotz der schwie-rigen wirtschaftlichen Bedingungen im Jahr 2009 imSchienengüterverkehr die Wettbewerber der DB AG ih-ren Marktanteil bei einem insgesamt rückläufigen Trans-portvolumen auf fast 25 Prozent ausbauen konnten.

Im Schienenpersonennahverkehr konnten die Wettbewer-ber im Jahre 2008 ihren Marktanteil gemessen an der Ver-kehrsleistung (Personenkilometer) nur geringfügig aufknapp über 10 Prozent ausbauen. Im Jahre 2009 konntendie Wettbewerber im Schienenpersonennahverkehr erneutleicht zulegen. Sie bauten ihren Marktanteil von 10 Pro-zent auf ca. 12 Prozent aus. In den kommenden Jahrenwerden weitere Teile der bundesweiten Verkehrsleistungdes SPNV von den Aufgabenträgern neu vergeben. DieBundesregierung erwartet, dass der Wettbewerberanteilweiter zunehmen wird und sich durch transparente undwettbewerbliche Vergabeverfahren der Wettbewerb inten-siviert. Das ist Voraussetzung für mehr Wettbewerb undein weiteres Wachstum des Wettbewerberanteils in die-sem Segment.

Im Schienenpersonenfernverkehr bleibt die DB AG 2008im Wesentlichen alleiniger Anbieter. Auch 2009 stagniertder Wettbewerberanteil weiter bei unter einem Prozent.Zunächst angekündigte Pläne von zwei Wettbewerbern,in den Markt des nationalen Schienenpersonenfernver-kehrs einzutreten, wurden wieder aufgegeben bzw. ver-schoben.

Nach § 14 AEG müssen im Grundsatz alle Eisenbahn-infrastrukturunternehmen diskriminierungsfreien Zugangzu ihrer Infrastruktur gewähren. Ende 2009 hatte die Bun-desnetzagentur mehr als 500 solcher Unternehmen erfasst(180 Betreiber von Schienenwegen und 400 Betreiber

von Serviceeinrichtungen). Ausnahmen von dieser Zu-gangsverpflichtung können nur für Infrastrukturen bean-sprucht werden, die ausschließlich für den eigenen Güter-verkehr betrieben werden. Das sind nach Schätzung derBundesnetzagentur mehrere Tausend. Die DB AG ist beiallen Infrastruktureinrichtungen mit deutlichem Abstandgrößter Betreiber (oftmals über 90 Prozent Marktanteil).

Einen Überblick über die Einhaltung des diskriminie-rungsfreien Zugangs erhält die Bundesnetzagentur durchihre jährlichen Erhebungen bei den Eisenbahnverkehrs-unternehmen. Erfreulicherweise werden die Zugangs-möglichkeiten zu Schienenwegen (Trassen), Personen-bahnhöfen, Schulungseinrichtungen und Einrichtungenzur Brennstoffaufnahme überwiegend gut oder sehr gutbeurteilt. In Bereichen, in denen die Eisenbahnverkehrs-unternehmen Probleme aufgezeigt haben, wie Güter- undRangierbahnhöfe, Terminals, Gleisanschlüsse, Wartungs-einrichtungen, Abstellgleise und Erstellung der Rahmen-vertragsangebote, besteht daher noch Handlungsbedarf.Auch die Wettbewerbsneutralität der Preissysteme wurdezum Teil, insbesondere bei den Rangierbahnhöfen, alsweniger positiv bewertet. Die Bundesregierung ermuntertdie Bundesnetzagentur, hier sowohl durch Gespräche mitdem Infrastrukturbetreiber als auch erforderlichenfallsdurch die ihr zur Verfügung stehenden verwaltungsrecht-lichen Erzwingungsmöglichkeiten Abhilfe zu schaffen.

Nach den Ermittlungen der Bundesnetzagentur entfielen2008 rund 30 Prozent der Gesamtkosten von Eisenbahn-verkehrsunternehmen auf Infrastrukturnutzungsentgelte.Dies sind insbesondere Entgelte für die Nutzung vonSchienenwegen und Stationen (Personenbahnhöfe undHaltepunkte). Insgesamt belaufen sie sich auf ca. 5 Mrd.Euro (davon ca. 4 Mrd. Euro Trassenentgelte). Die Schie-nenwegsbetreiber der DB AG vereinen rund 98 Prozentder Trassenentgelte auf sich. Die von der DB AG erhobe-nen Trassen- und Stationspreise sind in den letzten Jahrenzum Teil deutlich angestiegen, auch im Jahre 2009. Derprozentuale Anteil des Umsatzes der Eisenbahnverkehrs-unternehmen, den sie in Form von Infrastrukturnutzungs-entgelten an die Eisenbahninfrastrukturunternehmenweitergeben, ist bei zum Teil sinkenden Erlösen (insbe-sondere im SGV) bei rund 30 Prozent geblieben.

Die Bundesregierung begrüßt, dass die Bundesnetzagen-tur in verschiedenen Verfahren die Rechtmäßigkeit derfestgesetzten Preise überprüft. Die Bundesregierungstimmt der Bundesnetzagentur auch zu, dass nur einewettbewerbsneutrale Ausgestaltung der Preissysteme si-cherstellt, dass die Wettbewerber eine faktisch gleicheAusgangsposition wie die Eisenbahnverkehrsunterneh-men der DB AG haben.

Ergänzend hierzu beabsichtigt das Bundesministerium fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Förderung undSicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs auf denEisenbahnmärkten sowie zur Wahrung der Nutzer-, insbe-sondere der Verbraucherinteressen auf dem Gebiet derEisenbahnmärkte Vorschläge zur Novellierung des Allge-meinen Eisenbahngesetzes zu erarbeiten. Dabei wirdauch eine Anreizregulierung für die Trassen- und Sta-tionspreise zur Hebung von Effizienzpotentialen und zur

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Drucksache 17/4630 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Schaffung ökonomischer Anreize bei der Bereitstellungder Eisenbahninfrastruktur und damit zur Verbesserungder Bedingungen für den Zugang zur Eisenbahninfra-struktur geprüft.

Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Bundes-netzagentur, dass ein funktionierender Wettbewerb in derFolge zu monetär und qualitativ attraktiven Verkehrs-angeboten und somit zu mehr Verkehr auf der Schieneführt. Die Entwicklungen im Schienengüter- und imSchienenpersonenverkehr bestätigen dies.

C. TätigkeitenDie wesentliche operative Tätigkeit der Bundesnetzagen-tur, die ihr §§ 14 ff. AEG und § 4 Gesetz über die Eisen-bahnverkehrsverwaltung des Bundes zuweisen, ist dieÜberwachung des diskriminierungsfreien Zugangs zuSchienenwegen, des Zugangs zu Serviceeinrichtungenund die Kontrolle bezüglich der Höhe der Zugangsent-gelte. Die Entwicklung des Wettbewerbs im Eisenbahn-verkehrsmarkt für die Berichtsjahre 2008 und 2009 zeigtaus Sicht der Bundesregierung, dass die mit dem DrittenGesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriftengeschaffenen Instrumente und Eingriffsmöglichkeiten(vgl. unter A.) gegenüber den Eisenbahninfrastrukturun-ternehmen zur Gewährleistung eines diskriminierungs-freien Zuganges zur Eisenbahninfrastruktur durchaus wir-ken, aber auch weiterer Anpassungen bedürfen.

Erfreulich ist, dass gute Ergebnisse auch durch die vonder Bundesregierung unterstützte Entwicklung einer kon-struktiven Gesprächskultur zwischen der Bundesnetz-agentur und den von ihr regulierten Unternehmen erzieltwerden.

Im Einzelnen:

I. Diskriminierungsfreier Zugang zu Schienenwegen

Im Jahre 2008 bildeten die Themenkomplexe Disposi-tion, Baumaßnahmen, Rahmenverträge und Kapazitätsowie die Überprüfung von Schienennetz-Benutzungsbe-dingungen (SNB) Tätigkeitsschwerpunkte der Bundes-netzagentur. Die Prüfung der Schienennetz-Benutzungs-bedingungen für 2011 (SNB 2011) war auch im Jahre2009 ein Tätigkeitsschwerpunkt. Die DB Netz AG plante,zahlreiche ihrer Konzern-Richtlinien aus den SNB he-rauszunehmen. Dem hat die Bundesnetzagentur nach um-fangreichen Ermittlungen mit Bescheid insofern wider-sprochen, als es sich um Richtlinien handelt, auf derenKenntnis die Zugangsberechtigten vor einem Zugangsbe-gehren unmittelbar angewiesen sind.

Die Bundesregierung begrüßt, dass mit dem VerbandDeutscher Verkehrsunternehmen (VDV) im vergangenenJahr „Muster-SNB“ erarbeitet wurden. Diese können vonEisenbahninfrastrukturunternehmen, insbesondere auchkleinen Betreibern, als Vorlage für die Erstellung eigenerNutzungsbedingungen verwendet werden.

Ein Erfolg der Tätigkeit der Bundesnetzagentur 2008 warauch ein verbessertes Baumaßnahmenmanagement, so

dass nun sowohl für die DB Netz AG als auch für die be-troffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen befriedigendeErgebnisse erzielt werden können.

Weitere Tätigkeitsschwerpunkte beim Zugang zu Schienen-wegen waren 2008 die Vorbereitung der neuen Rahmen-fahrplanperiode sowie die Anwendung der Vorschriften beider Überlastung von Schienenwegen. Die Bundesregie-rung begrüßt die 2009 durchgeführten Verfahren zur Ver-besserung der Transparenz und zur Sicherstellung einerGleichbehandlung zwischen der DB AG und ihren Wett-bewerbern sowie die anhaltenden Bemühungen der Bun-desnetzagentur, auch in Zusammenarbeit mit dem Eisen-bahn-Bundesamt, die Auswirkungen von Überlastungenzu reduzieren.

Die Bundesnetzagentur verpflichtete z. B. die DB Netz AG,interessierten Wettbewerbern künftig Zugang zu den un-ternehmenseigenen Betriebszentralen einzuräumen. Zu-dem wurde festgelegt, dass die DB Netz AG den Eisen-bahnverkehrsunternehmen ständig einen Überblick überden Zugverkehr auf den Strecken, z. B. in Form eines mo-dernen Internetsystems, geben muss, um die Entscheidun-gen der Disponenten der DB Netz AG in den Betriebszen-tralen genau verfolgen zu können.

II. Diskriminierungsfreier Zugang zu Serviceeinrichtungen

Mit Zunahme des Anteils der von Wettbewerbern er-brachten Verkehrsleistungen nehmen ebenso wie bei denSchienenwegen die Nachfrage nach und der Bedarf anServiceeinrichtungen zu. Die Prüfung der Einhaltung dereisenbahnrechtlichen Vorgaben zur diskriminierungs-freien Zugangsgewährung zu Serviceeinrichtungen wardaher auch aus Sicht der Bundesregierung in den Jahren2008 und 2009 ein wichtiger Schwerpunkt der Tätigkeitder Bundesnetzagentur. 2008 prüfte die Bundesnetzagen-tur u. a. die Nutzungsbedingungen von Häfen und Termi-nals sowie Fragen zur Öffentlichkeit von Eisenbahninfra-strukturen und des Zugangs zu Wartungseinrichtungen.Auch 2009 prüfte die Bundesnetzagentur den Zugang zuPersonen-, Güter- und Rangierbahnhöfen, Wartungsein-richtungen oder Terminals, um Diskriminierungsfreiheitzu gewähren und die Wettbewerbschancen zu erhöhen

Die Bundesregierung begrüßt, dass die Bundesnetzagenturim Jahr 2009 grundsätzliche Fragestellungen der Nutzungvon Serviceeinrichtungen im Hinblick auf mehr Transpa-renz und Diskriminierungsfreiheit bei der Nutzung vonServiceeinrichtungen beleuchtet und entsprechende Ent-scheidungen getroffen hat. Die Bundesregierung unter-stützt auch die Ankündigung der Bundesnetzagentur,denkbare Maßnahmen mit dem Markt zur Verbesserungder wettbewerblichen Situation zu entwickeln und umzu-setzen.

III. Kontrolle der Höhe der ZugangsentgelteNeben der Prüfung nichtbundeseigener Eisenbahnen wur-den 2008 schwerpunktmäßig die Preissysteme der DBNetz AG und der DB Station und Service AG (Diskrimi-nierung, Preishöhenmissbrauch) untersucht. Im Berichts-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4630

zeitraum 2009 wurde die Prüfung von Nutzungsentgeltenweiter intensiviert. Die Tätigkeit der Bundesnetzagenturim Jahr 2009 war geprägt durch den Abschluss der Ver-fahren zur Überprüfung der Stationspreise der DB Sta-tion&Service AG sowie der Rabatt-, Stornierungs- undMinderungsregelungen der DB Netz AG. In diesen Fällengenügten die Entgeltregelungen nicht den gesetzlichenVorgaben, so dass ein regulierungsbehördlicher Eingrifferforderlich war.

In anderen Fällen hat die Bundesnetzagentur im Jahr2009 Ermittlungen eingeleitet, beispielsweise zum vonder DB Netz AG erhobenen Regionalfaktor im Trassen-preissystem der DB Netz AG für den SPNV. Nachdemdie Bundesnetzagentur am 5. März 2010 den Regional-faktor für ungültig erklärt hatte, wurde inzwischen mitder DB AG eine Verständigung erzielt.

Darüber hinaus hat die Bundesnetzagentur die Entgeltre-gelungen vieler weiterer Eisenbahninfrastrukturunterneh-men, auch außerhalb des DB-Konzerns, überprüft. DieBundesregierung unterstützt das Bestreben der Bundes-netzagentur, gleichzeitig zu den konkreten Einzelprüfun-gen die Kenntnis und Akzeptanz der derzeitigen Ent-geltregelungen für mehr Rechtssicherheit im Marktvoranzutreiben. So führte sie einen Austausch mit demVDV über bedenkliche Formulierungen in den Entgelt-grundsätzen der Nutzungsbedingungen und erarbeitet ei-nen Leitfaden.

IV. QualitätssicherungDie Bundesregierung begrüßt, dass die Bundesnetzagen-tur auch den Vollzug der Vorschriften im Zusammenhangmit leistungsabhängigen Entgeltregelungen im Blickhatte. Sowohl Betreiber der Schienenwege (§ 21 Absatz 1EIBV) als auch Betreiber von Serviceeinrichtungen (§ 24EIBV) sind verpflichtet, durch leistungsabhängige Ent-geltregelungen Anreize zur Verringerung von Störungenund zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Infrastruk-tur zu setzen. Dies kommt allen Nutzern zu Gute und stei-gert die Attraktivität des Eisenbahnmarktes. Nach Bean-standungen des Anreizsystems der DB Netz AG durch dieBundesnetzagentur im Dezember 2008 im Hinblick aufdas Diskriminierungsverbot und das Erfordernis einermessbaren Anreizwirkung wurde dieses überarbeitet. DieBundesnetzagentur wird das neue Anreizsystem (ARS09)mit Blick auf die tatsächlichen Anreizwirkungen weiterbeobachten und gegebenenfalls erforderliche Maßnah-men treffen.

V. AnreizregulierungDie Bundesnetzagentur legte im Jahre 2008 die revidierteFassung des Abschlussberichts zur Anreizregulierung fürden Eisenbahnsektor vor. Kern des von der Bundesnetz-agentur entwickelten Anreizsystems ist eine Preisober-grenzenregulierung für die Eisenbahninfrastruktur. Zielist, den Infrastrukturbetreibern Anreize zu geben, eine op-timale Kapazitätsauslastung der Netze und ein effizientesAngebot an Schienenverkehrsleistungen zu ermöglichen.Die Bundesregierung bewertet den Vorschlag im Rahmender Prüfung zur Überarbeitung der Entgeltregulierung der

Eisenbahninfrastruktur und der Einführung einer Anreiz-regulierung als sehr hilfreich. Die Regulierungstiefehängt vom Missbrauchspotential der Infrastrukturbetrei-ber ab, das nach deren Struktur und Marktmacht zu be-werten ist. Weiterhin sind auch die Ergebnisse des vonder Bundesnetzagentur in Auftrag gegebenen Gutachtensüber die am Markt zu erzielende Rendite und die Erfah-rungen mit dem Vertrag zur staatlichen Finanzierung derbundeseigenen Eisenbahninfrastruktur, der „Leistungs-und Finanzierungsvereinbarung“ als neuem Steuerungs-instrument zu berücksichtigen und zu klären, wie im Rah-men der symmetrischen Regulierung die Heterogenitätdes Eisenbahninfrastrukturmarktes angemessen abgebil-det werden kann.

VI. Internationale Kontakte

Nach § 14b Absatz 3 AEG ist die Bundesnetzagentur ver-pflichtet, anderen Regulierungsstellen der Mitgliedstaa-ten der Europäischen Union Informationen über ihreArbeit, ihre Entscheidungsgrundsätze und ihre Entschei-dungspraxis mit dem Ziel zu übermitteln, zur Koordinie-rung der Entscheidungsgrundsätze in der gesamten Unionbeizutragen. Schwerpunkte waren 2008 unter anderemInteroperabilitätsthemen, die Revision des ersten EU-Eisenbahnpaketes und die Arbeit an zahlreichen weiterenqualitäts- und potentiell diskriminierungsrelevanten inter-national geprägten Themenfeldern. In 2009 hat dieBundesnetzagentur außerdem begonnen, Infrastruktur-verknüpfungsverträge von Schienenwegbetreibern be-nachbarter Länder auf die Einhaltung der Vorschriftenüber den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur hin zu über-prüfen, um den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrzu erleichtern.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und der damitverbundene Erfahrungsaustausch ist im Hinblick darauf,dass Deutschland auch im Eisenbahnverkehr Transitlandist, nach Auffassung der Bundesregierung von besondererBedeutung. Zudem erhöht sie die Wettbewerbsfähigkeitdes Verkehrsträgers Schiene.

VII. Öffentlichkeitsarbeit

Mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit verfolgt die Bundesnetz-agentur das von der Bundesregierung unterstützte Ziel,die dynamischen Entwicklungen im Eisenbahnsektor, ins-besondere auch im Eisenbahnrecht, aktiv zu begleitenund engen Kontakt zu den Marktteilnehmern zu pflegen.Im Jahre 2008 führte die Bundesnetzagentur deshalb dieerfolgreich etablierten „Eisenbahnrechtlichen For-schungstage Tübingen“ als gemeinsame Veranstaltungmit der Eberhard-Karls-Universität und dem Eisenbahn-Bundesamt fort.

D. Organisation der Bundesnetzagentur, Ausblick

Die Abteilung Eisenbahnregulierung der Bundesnetz-agentur ist zuständig für die Kontrolle der Gewährung ei-nes diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfra-struktur. Der Eisenbahninfrastrukturbeirat als Gremium

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Drucksache 17/4630 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

von Bundestags- und Bundesratsmitgliedern, an demauch Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr, Bauund Stadtentwicklung und des Bundesministeriums fürWirtschaft und Technologie teilnehmen, berät die Bun-desnetzagentur bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben undder Erstellung des Tätigkeitsberichtes und macht Vor-schläge für die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit.

Als wesentliche Vorhaben für das Jahr 2010 nennt dieBundesnetzagentur die konsequente Fortführung ihrer ak-tuellen Tätigkeiten und die Vertiefung der Prüfungstätig-keiten im Bereich der Entgeltregulierung sowie derSchienennetzbenutzungsbedingungen und der Nutzungs-bedingungen für Serviceeinrichtungen.

Ziel der Bundesregierung ist, den Wettbewerb auf derSchiene weiter zu stärken. Eine Sicherstellung des diskri-

minierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur zuangemessenen Preisen ist dabei unverzichtbare Voraus-setzung.

Die Bundesregierung wird daher die engagierte Regulie-rungstätigkeit der Bundesnetzagentur weiterhin unterstüt-zen. Die praktischen Erfahrungen und Erfolge aus dertäglichen Arbeit und die Kontakte der Bundesnetzagentursowohl mit den Infrastrukturbetreibern als auch mit denNutzern werden der Bundesregierung auch künftig wert-volle Unterstützung bei der politischen und rechtlichenWeiterentwicklung des Eisenbahnregulierungsrechts sein.Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung prüft daher auch eine weitere Stärkung der Bun-desnetzagentur, um eine wirksamere Regulierung der Ei-senbahninfrastruktur zu erreichen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/4630

Tätigkeitsbericht 2008 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1 Marktstrukturdaten des Eisenbahnsektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.1 Umsatzentwicklung im Eisenbahnsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.2 Verkehrsleistung und Verkehrsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2 Wettbewerbsentwicklung im Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . . . . 14

3 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.1 Eisenbahninfrastrukturmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.2 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4 Nutzungsentgelte und Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.1 Anteil der Infrastrukturnutzungsentgelte am Umsatz der EVU . . . . . 174.2 Trassenentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.3 Stationsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184.4 Entgeltsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

5 Eisenbahnrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215.1 Erstellung von Nutzungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215.2 Mitteilungspflichten der EIU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

6 Bewertung der Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236.1 Korrelation von Wettbewerb, Wachstum und Preisentwicklung . . . . 236.2 Gegenläufige Entwicklung von Erlössituation und Infrastruktur-

kosten bei den EVU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

1 Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.1 Grundlagen der Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.2 Durchführung der Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2 Zugang zu Schienenwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.1 Prüfung von Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) . . . . . . . 262.2 Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.3 Sonstige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

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Drucksache 17/4630 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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3 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263.1 Stand der Öffnung von Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.2 Prüfung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen

(NBS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363.4 Sonstige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4 Prüfung von Entgelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384.1 Überblick über Aktivitäten der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . 384.2 Besondere Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394.3 Aktivitäten im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394.4 Herausforderungen der symmetrischen Regulierung . . . . . . . . . . . . . 46

5 Ausgewählte gerichtliche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475.1 DB Regio AG – Wartungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475.2 Railion Deutschland AG – Auskunftsrechte Marktbeobachtung . . . . 475.3 Deutsches Güterverkehrsunternehmen – Entgelterhebung in Häfen . 47

6 Ökonomische Grundsätze der Eisenbahnregulierung . . . . . . . . . . . . 486.1 Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486.2 Bestimmung einer zulässigen Rendite bei Schienenwegsbetreibern . 496.3 Abbildung der Infrastruktur im Rechnungswesen von Eisenbahn-

infrastrukturunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

7 Internationale Abstimmung der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497.1 Technische Spezifikation für die Interoperabilität zum Teilsystem

Telematikanwendungen für den Güterverkehr (TAF TSI) . . . . . . . . . 497.2 Grenzbetriebsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507.3 Rail Net Europe (RNE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507.4 Revision des Ersten EU-Eisenbahnpaketes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517.5 Zusammenarbeit mit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) . . . 517.6 International Group for Improving the Quality of Rail Transport

in the North-South Corridor (IQ-C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

8 Öffentlichkeitsarbeit, Marktpräsenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528.1 Fachgespräche zur Eisenbahnregulierung: Infrastrukturnutzungs-

entgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528.2 Eisenbahnrechtliche Forschungstage in Tübingen . . . . . . . . . . . . . . . 52

Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

1 Rolle und Organisation der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 521.1 Aufgaben und Struktur der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 521.2 Aufbau der Abteilung Eisenbahnregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531.3 Eisenbahninfrastrukturbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

2 Herausforderungen im gegenwärtigen Regulierungsrahmen . . . . . . . 542.1 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542.2 Verfahrensfragen und Auskunftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

3 Ausblick 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563.1 Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/4630

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3.2 Anreizsystem zur Verringerung von Störungen (Performance Regime) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3.3 Nutzungsbedingungen für Schienenwege und Serviceeinrichtungen 573.4 Genehmigung von Rahmenverträgen mit Laufzeiten von mehr

als fünf Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.5 Trassenzuweisungsverfahren im Netzfahrplan und im

Gelegenheitsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.6 Auswirkung von Baumaßnahmen im Netz auf Wettbewerber . . . . . . 583.7 Zugang zu Rangierbahnhöfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.8 Internationale Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Anhang 59

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Umsatzentwicklung im Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . 13

Abbildung 2 Entwicklung der Verkehrsleistung in den jeweiligen Eisenbahnverkehrsegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Abbildung 3 Entwicklung des Wettbewerbs in den jeweiligen Eisenbahnverkehrssegmenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Abbildung 4 Marktkonzentration in ausgewählten Teilmärkten der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur, 2008 . . . . . . . . . . 15

Abbildung 5 Bewertung des Zugangs zu Eisenbahninfrastruktur, 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Abbildung 6 Entwicklung der Infrastrukturnutzungsentgelte im Verhältnis zum Umsatz der EVU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Abbildung 7 Entwicklung der durchschnittlichen Trassenpreise der DB Netz AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Abbildung 8 Entwicklung ausgewählter Trassenpreise der DB Netz AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Abbildung 9 Entwicklung der durchschnittlichen Stationspreise der DB Station und Service AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Abbildung 10 Bewertung von Verständlichkeit und Neutralität der Preis-systeme der Infrastrukturbetreiber, 2008 . . . . . . . . . . . . . . . 19

Abbildung 11 Bewertung der Entgelthöhen für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur, 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Abbildung 12 Erstellung von Infrastrukturnutzungsbedingungen . . . . . . . 21

Abbildung 13 Entwicklung der Mitteilungseingänge nach §14 d AEG . . . 22

Abbildung 14 Korrelation von Wettbewerb, Wachstum, Preis-entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Abbildung 15 Entwicklung der Erlössituation und der Trassennutzungs-kosten der EVU je Segment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

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Drucksache 17/4630 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

VorwortSeit dem 1. Januar 2006 überwacht die Bundesnetzagentur die Einhaltung derRechtsvorschriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur. Gemäß den Vor-schriften im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) erstellt die Bundesnetzagenturjährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit sowie über die Lage und Entwicklung indiesem Aufgabengebiet. Der vorliegende „Tätigkeitsbericht 2008 für den BereichEisenbahnen“ ist damit der dritte Bericht der Bundesnetzagentur auf dem Gebiet derEisenbahnregulierung.

Das beherrschende Thema im Eisenbahnbereich war in 2008 der jetzt zunächst bisauf Weiteres verschobene Börsengang der Deutschen Bahn AG (DB AG). Im Zu-sammenhang damit wurde der Bereich DB Mobility Logistics AG (DB ML) als Ver-kehrssparte neu konzipiert. Die Bundesregierung hatte geplant, hiervon 24,9 Prozentan private Investoren zu veräußern. Das ungünstige Finanzmarktumfeld bewog diepolitischen Entscheidungsträger dazu, zunächst von der Teilprivatisierung der DBAG abzusehen.

Ebenso stand im Mittelpunkt der politischen Diskussion die zwischen Bund und denEisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) der DB AG in 2008 ausgehandelte Leis-tungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), die am 14. Januar 2009 unterzeich-net wurde. Der Bund stellt bis 2013 jährlich 2,5 Mrd. Euro für die Erhaltung des Be-standsnetzes bereit. Die DB AG wird pro Jahr 500 Mio. Euro an Eigenmitteln in dasbestehende Netz investieren und jährlich weitere 1,25 Mrd. Euro für dessen Pflegeund Wartung aufbringen. Mit der LuFV verpflichtet sich die DB AG, Qualitätsstan-dards für das Schienennetz und die Bahnhöfe einzuhalten. Hierdurch soll die sachge-rechte Verwendung der Bundesmittel gesichert werden. Welche Konsequenzen diesebeiden zentralen Entscheidungen auf die weitere wettbewerbliche Entwicklung ha-ben werden, bleibt zu beobachten.

Die schwierige wirtschaftliche Situation der Gesamtwirtschaft hinterlässt ihreBremsspuren auch im Eisenbahnsektor. 2008 hat sich der Eisenbahnmarkt zwar insge-samt weiter positiv entwickelt. In allen Verkehrssegmenten konnte die Leistung im Ver-gleich zum Vorjahr weiter gesteigert werden. Die Verkehrsleistung im Schienengüter-verkehr wuchs um etwa ein Prozent auf 116 Mrd. Tonnenkilometer (Vorjahr: 115 Mrd.),im Schienenpersonennahverkehr um zwei Prozent auf 46 Mrd. Personenkilometer(Vorjahr: 45 Mrd.) und im Schienenpersonenfernverkehr um etwa fünf Prozent auf36 Mrd. Personenkilometer (Vorjahr: 34 Mrd.). Aufgrund der durch die Finanz-marktkrise bedingten schwierigen Marktverhältnisse fiel das Wachstum im Schie-nengüterverkehr aber deutlich schwächer aus als in den Vorjahren. Im vierten Quar-tal 2008 war ein Rückgang des Transportvolumens festzustellen; dieVerkehrsleistung für das vierte Quartal 2008 lag rund ein Prozent unter dem Wert desentsprechenden Vorjahresquartals. Nur im Schienenpersonenverkehr, wo das Ver-kehrsangebot großteils von öffentlichen Aufgabenträgern und langfristig orientiertenVerkehrsverträgen geprägt ist, hatten die schwierigen gesamtwirtschaftlichen Markt-bedingungen dagegen bis Jahresende noch keine wesentlichen Auswirkungen.

Der Anteil der von Wettbewerbern erbrachten Verkehrsleistungen hat 2008 in derGesamtschau weiterhin zugenommen. Sowohl im Schienengüterverkehr als auch imSchienenpersonennahverkehr konnten die Wettbewerber ihren Marktanteil ausbauen.Lediglich im Fernverkehr bleibt die Deutsche Bahn AG im Wesentlichen alleinigerAnbieter. Erste Anzeichen für mehr Bewegung gibt es auch in diesem Markt-segment. Die Bundesnetzagentur begleitet diese Entwicklung sehr genau und unter-stützt Erleichterungen des Marktzugangs.

Mittelfristig ergeben sich für die Eisenbahnverkehrsunternehmen zahlreiche neueMöglichkeiten im deutschen Schienenpersonennahverkehrs-Markt. In den kommen-den fünf Jahren werden dort rund zwei Drittel der bundesweiten Verkehrsleistungenvon den Aufgabenträgern neu vergeben. Dadurch eröffnen sich für Wettbewerber at-traktive Marktperspektiven, was die Bundesnetzagentur ausdrücklich begrüßt. MitBlick hierauf wird die Sicherstellung von transparenten und diskriminierungsfreienZugangsbedingungen zu Eisenbahninfrastrukturen weiter an Bedeutung gewinnen.Dabei geht es nicht nur um den konkreten Zugang beispielsweise zu Wartungsein-richtungen, Vertriebswegen oder Bahnhöfen, sondern auch vor allem darum, dass

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/4630

Eisenbahnverkehrsunternehmen schon bei Angebotserstellungen in Vergabeverfah-ren ihre Betriebskonzepte rechtssicher planen und kalkulieren können. Hier wird dieRegulierung ihren Beitrag leisten.

Für diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und mehr Wettbe-werb auf der Schiene ist dabei von Bedeutung, dass Eisenbahninfrastrukturbetreiberdiskriminierungsfreie und transparente Nutzungsbedingungen erstellen und veröf-fentlichen. Im Laufe des Jahres hat die Bundesnetzagentur wieder zahlreiche Nut-zungsbedingungen geprüft, deutlich mehr Transparenz erwirkt und Verbesserungenfür die Eisenbahnverkehrsunternehmen durchsetzen können. Zudem hat die Bundes-netzagentur eine Vielzahl meist kleiner Infrastrukturbetreiber erneut auf ihre eisen-bahnrechtlichen Verpflichtungen hingewiesen und bei der Erstellung der jeweiligenNutzungsbedingungen vereinzelt beraten. Inzwischen haben 65 Prozent der Schie-nenwegsbetreiber entsprechende Nutzungsbedingungen erstellt. Allein in 2008 mel-deten mehr als 50 Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Bundesnetzagentur neueoder geänderte Nutzungsbedingungen. Aber hier bleibt noch viel zu tun, damit alle,die rechtlich zur Erstellung von Nutzungsbedingungen verpflichtet sind, diesePflicht auch erfüllen.

Auch weitere Herausforderungen bleiben. Kritisch betrachtet die Bundesnetzagenturetwa die Entwicklung der Infrastrukturnutzungsentgelte. Sinkende spezifische Er-löse und hoher Margendruck auf der einen Seite und steigende Infrastrukturnut-zungsentgelte auf der anderen Seite belasten die Eisenbahnverkehrsunternehmen be-reits heute stark. Diese Entwicklung stellt die Unternehmen insbesondere imwirtschaftlichen Abschwung vor große Herausforderungen. Hier hat die Bundesnetz-agentur vorgeschlagen, die gegenwärtige Entgeltregulierung stärker um eigenstän-dige Anreizaspekte zu erweitern, um so zur Senkung von Kosten und Erhöhung derLeistungsfähigkeit der Netze beizutragen.

Zu zahlreichen in den nächsten Jahren anstehenden Themenbereichen (Trassen- undStationsentgelte, Anreizsysteme, Zugang zu Werkstätten, Vertriebsfragen, Informa-tionsrechte, …) gibt es offene Fragen zu Auslegung, Anwendung und Reichweite derRechte und Pflichten von Eisenbahninfrastrukturbetreibern, Zugangsberechtigtenund letztlich auch den beteiligten Behörden. Die Bundesnetzagentur wird sich imInteresse von chancengleichem und fairem Wettbewerb auf der Schiene für ihre Klä-rung einsetzen. Die Auswirkungen der Finanzmarktkrise erfordern dabei eine wach-same Regulierung mit Augenmaß.

Matthias Kurth

Präsident der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post undEisenbahnen

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Drucksache 17/4630 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zusammenfassung

Teil I – Marktentwicklung

Die positive Entwicklung im Eisenbahnsektor setzte sichin 2008 fort. Im Schienengüter- und -personverkehr wur-den bei den erbrachten Verkehrsleistungen neue Höchst-marken erzielt (Kapitel 1). Der von den Eisenbahnver-kehrsunternehmen erzielte Umsatz erhöhte sich zwischen2005 und 2008 um rund 14 Prozent auf 17,1 Mrd. Euro.

Auch der Wettbewerb auf der Schiene nahm weiter zu. ImSchienengüterverkehr erreichen Wettbewerber inzwi-schen einen Marktanteil von rund 21 Prozent. Lediglichim Schienenpersonenfernverkehr bleibt die DB AG imWesentlichen alleiniger Anbieter (Kapitel 2).

Die Märkte für Eisenbahninfrastruktur sind, historischbedingt, hochkonzentriert. Bei Schienenwegen als auchServiceeinrichtungen (etwa Bahnhöfe oder Wartungsein-richtungen) ist die DB AG mit ihren TochterunternehmenDB Netz AG und DB Station&Service AG jeweils mitAbstand weiterhin größter Betreiber (Kapitel 3). DieMöglichkeit des Zugangs zu dieser Infrastruktur wird vonden Eisenbahnverkehrsunternehmen zum Teil noch alsproblematisch bewertet. Insbesondere der Zugang zu Ab-stellgleisen, Güterbahnhöfen, Terminals, Rangierbahnhö-fen und Wartungsseinrichtungen wird kritisch beurteilt.

Rund 30 Prozent der Gesamtkosten von Eisenbahnver-kehrsunternehmen entfallen auf Infrastrukturnutzungsent-gelte (Kapitel 4). Dies sind insbesondere Entgelte für dieNutzung von Schienenwegen und Stationen (Personen-bahnhöfe und -halte). Die von der DB AG erhobenenTrassen- und Stationspreise sind in den letzten Jahrenzum Teil deutlich angestiegen.

Die Umsetzung der eisenbahnrechtlichen Vorschriften,insbesondere bezüglich der Verpflichtung der Eisenbahn-infrastrukturbetreiber zur Erstellung von Nutzungsbedin-gungen, verläuft noch zögerlich (Kapitel 5). Kleinere Ei-senbahninfrastrukturbetreiber haben häufig noch keineNutzungsbedingungen erstellt. Eisenbahninfrastrukturbe-treiber unterliegen zudem besonderen, in § 14d Allgemei-nes Eisenbahngesetz (AEG) festgelegten Mitteilungs-pflichten. Im Jahr 2008 erhielt die Bundesnetzagentur122 sogenannter „14d-Mitteilungen“ von den Eisenbahn-infrastrukturunternehmen. Der Großteil davon bezog sichauf geplante Trassenablehnungen oder auf neue Nut-zungsbedingungen.

Die steigenden Infrastrukturnutzungsentgelte können vordem Hintergrund sinkender Margen und spezifischer Er-löse der Eisenbahnverkehrsunternehmen ein potentiellesHemmnis für die Wettbewerbsposition des Verkehrsträ-gers Schiene darstellen (Kapitel 6). Weitere Preissteige-rungen bei den Infrastrukturnutzungsgebühren könntenzu verlangsamten Wachstum oder gar, in Teilbereichen,zu rückläufigen Verkehrsleistungen auf der Schiene füh-ren.

Teil II – Tätigkeiten

Grundlage eines für die Einschätzung von Regulierungverwertbaren Monitorings der Marktentwicklung ist kon-tinuierliche Marktbeobachtung. Im Zuge der drittenMarktbeobachtung wurden im Jahr 2008 rund 800 Frage-bögen an Marktteilnehmer versandt und anschließendausgewertet (Kapitel 1).

Eine wesentliche operative Tätigkeit der Bundesnetz-agentur ist die Überwachung des diskriminierungsfreienZugangs zu Schienenwegen (Kapitel 2). Zentrale Tätig-keitsschwerpunkte in 2008 waren hierzu die fortgesetztePrüfung von Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB)sowie die Themenkomplexe Disposition, Baumaßnah-men, Rahmenverträge und Kapazität.

Die Prüfung der Einhaltung der eisenbahnrechtlichenVorgaben zur diskriminierungsfreien Zugangsgewährungbei Serviceeinrichtungen bildet einen weiteren Schwer-punkt der Arbeit der Bundesnetzagentur (Kapitel 3). ImFokus standen hier die Prüfung von Nutzungsbedingun-gen von Häfen und Terminals, Fragen zur Öffentlichkeitvon Eisenbahninfrastrukturen und des Zugangs zu War-tungseinrichtungen.

Zentral ist die Kontrolle (Leistungsbezug, Diskriminie-rung, Preishöhenmissbrauch) der Zugangsentgelte (Kapi-tel 4). Im Zentrum der Prüfungen standen hier 2008 diePreissysteme der DB Netz AG und der DB Station undService AG. Es wurden daneben zahlreiche weitere Preis-systeme geprüft und isolierbare Fragestellungen zu Stor-nierungsentgelten, Entgeltminderungen und zur Gestal-tung von Anreizsystemen bearbeitet.

In 2008 ergingen wichtige gerichtliche Entscheidungen(Kapitel 5). So wurde etwa die Rechtsauffassung derBundesnetzagentur zur Reichweite des Eisenbahnregulie-rungsrechts sowie zur Ausgestaltung von Nutzungsbedin-gungen für Serviceeinrichtungen (NBS) in einem Verfah-ren gegen die DB Regio AG (5.1 DB Regio AG –Wartungseinrichtungen) in weiten Teilen bestätigt.

Neben den operativen Tätigkeiten standen in 2008 zahl-reiche ökonomische Grundsatzfragen auf der Agenda(Kapitel 6). So legte die Bundesnetzagentur im Mai 2008die revidierte Fassung des Abschlussberichts zur Anreiz-regulierung für den Eisenbahnsektor vor.

Auf internationaler Ebene kam die Bundesnetzagentur ih-rer Aufgabe nach Zusammenarbeit und Informationsaus-tausch nach (Kapitel 7). Schwerpunkte waren unter ande-rem Interoperabilitätsthemen, die Revision des erstenEU-Eisenbahnpaketes und die Arbeit an zahlreichen wei-teren qualitäts- und potentiell diskriminierungsrelevanteninternational geprägten Themenfeldern.

Der enge Kontakt mit Marktteilnehmern gehört ebenso zuden Aufgaben der Bundesnetzagentur wie die öffentlicheErörterung und Diskussion zu regulatorischen Grundsatz-fragen. In 2008 führte die Bundesnetzagentur deshalb dieerfolgreich etablierten „Eisenbahnrechtlichen Forschungs-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/4630

tage Tübingen“ als gemeinsame Veranstaltung mit derEberhard-Karls-Universität und dem Eisenbahn-Bundes-amt fort (Kapitel 8). Mit den „Fachgesprächen Eisen-bahnregulierung“ organisierte die Bundesnetzagenturerstmals eine stärker ökonomisch geprägte Veranstaltungunter dem Arbeitstitel „Gibt es ein gerechtes Trassen-preissystem?“.

Teil III – Organisation der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick

Die Abteilung Eisenbahnregulierung der Bundesnetz-agentur ist zuständig für die Kontrolle der Gewährung ei-nes diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfra-struktur. Neben einzelnen Erfolgen bei der Sicherstellungdieser Aufgabe, zeichnen sich weitere zugangsrelevanteEntwicklungen für Wettbewerber und Regulierer ab (Ka-pitel 1 und 2). Für Wettbewerber wird zunehmend der un-zureichend geregelte Anspruch auf Zugang zur Ver-triebsinfrastruktur des Personenverkehrs problematisch.Ebenso stellt die gesetzliche Festlegung von Informa-tions- und Auskunftsrechten die Bundesnetzagentur häu-fig vor Herausforderungen bei Abfragen zur Vorbereitungregulatorischer Maßnahmen.

Wesentliche Vorhaben für 2009 sind neben der konse-quenten Fortführung der aktuellen Tätigkeiten die Weiter-entwicklung weiterer Tätigkeitsschwerpunkte (Kapitel 3).Zu den im Jahr 2009 anstehenden Themenkomplexenzählen etwa die Vertiefung der Prüfungstätigkeiten imBereich der Entgeltregulierung sowie der SNB und NBS,die Klärung dafür noch offener Sach- und Rechtsfragenund die fachliche und konzeptionelle Begleitung des poli-tischen Prozesses um die bisher für die Eisenbahninfra-struktur eingehend untersuchte Anreizregulierung.

Teil I – Marktentwicklung

1 Marktstrukturdaten des Eisenbahn-sektors

1.1 Umsatzentwicklung im Eisenbahn-sektor

Die Umsätze der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)haben sich in dem betrachteten Zeitraum insgesamt posi-tiv entwickelt. Der Gesamtumsatz der EVU im deutschenMarkt in 2007 betrug ersten Schätzungen der Bundes-netzagentur zufolge etwa 17,1 Mrd. Euro. Dies entsprichteiner Steigerung von 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr.Von 2006 auf 2007 war der Umsatz der EVU um 3,7 Pro-zent gestiegen. Den größten Anteil am Umsatz generierteder Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Hier erwirt-schafteten die EVU in 2008 insgesamt 8,8 Mrd. Euro. DieUmsätze im SPNV setzen sich dabei zum einen aus Fahr-gelderlösen (etwa 35 Prozent) und zum anderen aus denBestellerentgelten der regionalen Aufgabenträger (etwa65 Prozent) zusammen. Im Schienenpersonenfernver-kehr (SPFV) wurden in 2007 3,6 Mrd. Euro umgesetzt.Im Bereich des Schienengüterverkehrs (SGV) erzieltendie EVU insgesamt 4,7 Mrd. Euro Umsatz.

A b b i l d u n g 1

Umsatzentwicklung im Eisenbahnverkehrsmarkt* Umsätze der Eisenbahnverkehrsunternehmen

in Mrd. Euro

* erwartet (erste vorläufige Schätzungen)SGV: Schienengüterverkehr; SPFV: Schienenpersonenfernverkehr;SPNV: Schienenpersonennahverkehr

Quelle: Bundesnetzagentur

1.2 Verkehrsleistung und Verkehrs-entwicklung

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wuchs imJahr 2008 das Schienenverkehrsaufkommen weiter an underreichte neue Höchstwerte. Damit sind die auf der Schieneerbrachten Verkehrsleistungen mit Ausnahme des Schie-nenpersonenfernverkehrs (SPFV) seit 2002 stetig gestiegen.

Für das Jahr 2008 berichtete das Statistische Bundesamtfür den Schienengüterverkehr (SGV) eine Transportleis-tung von 116 Mrd. Tonnenkilometern, was im Vorjahres-vergleich einer Steigerung von rund einem Prozent ent-spricht. Damit fiel das Wachstum allerdings geringer ausals in den letzten Jahren. In den ersten drei Quartalen2008 war noch ein Zuwachs von drei Prozent zu verzeich-nen. Dagegen ergab sich für das letzte Quartal des Jahres2008 konjunkturbedingt mit einem Rückgang von etwaeinem Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Hierwird die güterverkehrsspezifische Abhängigkeit von derEntwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds deut-lich. Das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2002liegt dennoch bei sechs Prozent.

Die Entwicklung des konjunkturellen Umfelds zeigte da-gegen bisher keine Auswirkungen auf den schienenge-bundenen Personenverkehr. Die 2008 im SPFV erbrachteVerkehrsleistung in Höhe von 36 Mrd. Personenkilo-metern stellt gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs vonetwa fünf Prozent dar. Damit konnte der SPFV nachleichten Verlusten in 2007 wieder zulegen. Die ver-gleichsweise niedrige Verkehrsleistung in 2007 war we-sentlich durch den Streik der Gewerkschaft DeutscherLokomotivführer (GDL) bestimmt.

Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) repräsentierendie 2008 erbrachten 46 Mrd. Personenkilometer eine er-neute Höchstmarke; der Vorjahreswert wird um etwa zweiProzent übertroffen. Die daraus resultierende jährliche Zu-nahme der Verkehrsleistung seit 2002 von durchschnittlichdrei Prozent ist – wie auch der kontinuierliche Wachstums-prozess im SGV– nicht zuletzt auf den wachsenden Wett-bewerb in diesen Marktsegmenten zurückzuführen.

8,3 8,6 8,8

3,1 3,3 3,4 3,64,0 4,4 4,6 4,7

7,9

2005 2006 2007 2008

15,0 16,0 16,6

SGV

SPFV

SPNV

17,1

e*

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Drucksache 17/4630 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2 Wettbewerbsentwicklung im Eisenbahn-verkehrsmarkt

Wie bereits in den Jahren zuvor konnte auch in 2008 einWachstum des Marktanteils der Wettbewerber auf derSchiene verzeichnet werden. Gemessen an der Verkehrs-leistung nahm der Wettbewerberanteil im SGV in 2008um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent zu. Im SPNVkonnten die Wettbewerber ihren Marktanteil gemessen ander Verkehrsleistung (Personenkilometer) nur moderatausbauen. Ihr Anteil liegt nun bei knapp über 10 Prozent.Da im SPNV in der Vergangenheit häufig aufkommens-schwächere Strecken an Wettbewerber der DB AG verge-

ben wurden, liegt der Wettbewerberanteil gemessen ander Betriebsleistung (Zugkilometer) mit rund 18 Prozentspürbar höher. Zunehmend werden mittlerweile aber auchaufkommensstärkere Strecken ausgeschrieben und damitfür den Wettbewerb geöffnet. Von den in 2008 ausge-schriebenen Leistungen konnten sich Wettbewerber derDB AG rund zwei Drittel sichern. Mittelfristig wird einsignifikantes Wachstum des Wettbewerberanteils in die-sem Segment erwartet, da in den kommenden fünf Jahrenrund zwei Drittel der bundesweiten Verkehrsleistung desSPNV von den Aufgabenträgern neu vergeben werdensollen.

A b b i l d u n g 2

Entwicklung der Verkehrsleistung in den jeweiligen Eisenbahnverkehrsegmenten

tkm –Tonnenkilometer; Pkm –PersonenkilometerQuelle: Statistisches Bundesamt

Güterverkehr (SGV)

in Mrd. tkm, durchschnittliches Wachstum in %

Personenfernverkehr (SPFV)

in Mrd. Pkm, durchschnittliches Wachstum in %

Personennahverkehr (SPNV)

in Mrd. Pkm, durchschnittliches Wachstum in %

81 8592 95

107115 116 33 32 32

34 35 34 36

38 40 41 42 44 45 466%1% 3%

2002 03 04 05 06 07 2008 2002 03 04 05 06 07 2008 2002 03 04 05 06 07 2008

A b b i l d u n g 3

Entwicklung des Wettbewerbs in den jeweiligen Eisenbahnverkehrssegmenten

Quelle: Bundesnetzagentur, Wettbewerbsberichte DB AG, Statistisches Bundesamt

96 96 95 94 91 90 90

4 4 5 6 9 10 10

99 99 99 99 99 99 99

<1<1<1<1<1<1 <1

Güterverkehr (SGV)

in Mrd. tkm, Anteile in %Personenfernverkehr (SPFV)

in Mrd. Pkm, Anteile in %Personennahverkehr (SPNV)

in Mrd. Pkm, Anteile in %

95 93 90 86 84 80 79

5 7 10 14 16 20 21

Anteil DB AGAnteil Wettbewerber

81 9285 95 107Mrd.tkm

%

%

33 3232 34 35Mrd. Pkm 38 4140 42 44

Mrd.Pkm

%

%

%

%

115 4534

2002 03 04 05 06 07 2008

116

2002 03 04 05 06 07 2008 2002 03 04 05 06 07 2008

36 46

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Im SPFV stagniert der Wettbewerberanteil weiterhin beiunter einem Prozent; die DB AG bleibt der einzige we-sentliche Anbieter. Hauptgründe für das geringe Engage-ment sind nach Aussagen von EVU die starke Marktposi-tion der DB AG durch ihr attraktives Vertriebs- undTarifsystem (BahnCard) sowie fehlende Planungssicher-heit hinsichtlich der Infrastrukturkapazitäten. AktuelleEntwicklungen im In- und Ausland zeigen, dass diese vonGeldgebern explizit verlangt wird.

3 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur

3.1 Eisenbahninfrastrukturmarkt

Unter Eisenbahninfrastruktur fallen nach § 2 AEG insbe-sondere Schienenwege und sogenannte Serviceeinrich-tungen. Zu den relevanten Serviceeinrichtungen zählenEinrichtungen zur Brennstoffaufnahme, Personenbahn-höfe, Güterbahnhöfe und -terminals, Rangierbahnhöfe,Zugbildungseinrichtungen, Abstellgleise, Wartungsein-richtungen und Häfen. Nach § 14 AEG müssen imGrundsatz alle EIU diskriminierungsfreien Zugang zu ih-rer Infrastruktur gewähren. Eine Ausnahme von dieserZugangsverpflichtung kann allenfalls für Infrastrukturenbeansprucht werden, die ausschließlich für den eigenenGüterverkehr betrieben werden. (siehe auch Teil II Ab-schnitt 3.4.2). Diese Ausnahme kann insbesondere für

private Gleisanschlüsse greifen. Hierunter fallen nachSchätzung der Bundesnetzagentur mehrere Tausend An-schließer.

Zugangsverpflichtete Betreiber und Anzahl von öffentli-chen Eisenbahninfrastruktureinrichtungen sind in Abbil-dung 4 dargestellt. Die Angaben basieren zum Teil aufSchätzungen der Anbieter. Insgesamt gibt es mehrereHundert zugangsverpflichtete Betreiber von Serviceein-richtungen (BvSE) und Betreiber der Schienenwege(BdS), die der Regulierung der Bundesnetzagentur unter-liegen. In allen dargestellten Bereichen ist die DB AG mitdeutlichem Abstand größter Betreiber, oft mit einem An-teil von über 90 Prozent an der Anzahl der Einrichtungenin Deutschland. Insgesamt ist die Eisenbahninfrastrukturin allen Teilbereichen (auch historisch bedingt) hochkon-zentriert. Die vergleichsweise geringste Marktkonzentra-tion (bezogen auf die Anzahl der Einrichtungen) weisendie Wartungseinrichtungen auf. Hier betreiben die dreigrößten EIU rund 50 Prozent der Einrichtungen. Anzu-merken ist, dass die Top-Betreiber in der Regel auch diegrößten Einrichtungen betreiben. Würde die Marktkon-zentration mit Blick auf den Umsatzanteil der drei größ-ten Betreiber am Gesamtumsatz für Wartung in Deutsch-land betrachtet, wäre die Marktkonzentration deutlichhöher.

A b b i l d u n g 4

Marktkonzentration in ausgewählten Teilmärkten der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur, 2008

* Anteil an der Anzahl der Einrichtungen der Top 3 EIU an der Gesamtzahl der Einrichtungen; BdS auf Basis des Streckennetzes** Güterladestellen: Güterbahnhöfe, Terminals, öffentliche Ladestraßen; Rangiereinrichtungen: Rangierbahnhöfe und Zugbildungseinrichtungen*** StreckenkilometerQuelle: Bundesnetzagentur

Einrichtungsart

Brennstoffaufnahme

Personenbahnhöfe /-halte

Güterladestellen**

Rangiereinrichtungen**

Abstellgleise

Wartungseinrichtungen

Schienenwege

Betreiber

AnzahlEinrichtungen

Anzahl

290

Marktkonzentration

Anteil Top 3*

NiedrigHoch

250

6.400

600

200

17.000

39.000 ***

70

70

100

30

110

120

170

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3.2 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur

Im Rahmen der jährlichen Markterhebung gibt die Bun-desnetzagentur den Unternehmen im Eisenbahnverkehrs-markt die Möglichkeit, eine Reihe von marktrelevantenAspekten mit Noten zu bewerten1, um Ansatzpunkte fürden Abbau von Wettbewerbshürden frühzeitig erkennenzu können. Von dieser Möglichkeit hat die überwiegendeMehrheit der EVU Gebrauch gemacht.

Einer der wesentlichen Teilbereiche stellt hier der Zugangzur Eisenbahninfrastruktur dar. Je nach Infrastrukturartfielen die Bewertungen der EVU deutlich unterschiedlichaus. Während der Zugang zu Schulungseinrichtungen undEinrichtungen zur Brennstoffaufnahme überwiegend guteoder sehr gute Bewertungen erhielt, markierten Güter-bahnhöfe/Terminals/Gleisanschlüsse, Wartungseinrichtun-gen und Rangierbahnhöfe/Zugbildungseinrichtungen mitnur wenigen guten Noten eine gegensätzliche Position.Noch schlechter bewerteten die EVU den Zugang zu Ab-

1 http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/13273.pdf

stellgleisen, bei denen 26 Prozent guten bzw. sehr gutenBewertungen 36 Prozent an sehr schlechten oder schlech-ten Beurteilungen gegenüberstehen. Hauptkritikpunkt ausGesprächen mit betroffenen EVU war die oftmals lang-fristig fixierte Vermietung von Abstellmöglichkeiten anEinzelkunden. Hinzu kommt der weiterhin – oft auch imRahmen der Errichtung elektronisch gesteuerter Stell-werke (ESTW) – vorangetriebene Rückbau von Gleisen,die als Kreuzungs- oder Abstellmöglichkeit genutzt wer-den könnten und deren Fehlen in der Folge möglicheMehrverkehre verhindert. Als verbesserungswürdig be-trachten mehrere Marktteilnehmer ebenso den Zugang zuRangierbahnhöfen; es wurde neben allgemein schleppen-der Bearbeitung der Nutzungsanträge auch kritisiert, dassin einigen Fällen statt der DB Netz AG die DB SchenkerRail Deutschland AG2 (als unmittelbarer Konkurrent derbetreffenden EVU) das entsprechende Angebot erstellte.Weiterhin wird ein Mangel an Information und Koordina-tion insbesondere bei unterjährigen Baumaßnahmen imNetz der DB beklagt.

2 Vormals Railion Deutschland AG

A b b i l d u n g 5

Bewertung des Zugangs zu Eisenbahninfrastruktur, 2008Prozent der Antworten*

* Umfrage bei Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträgern; Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht)Quelle: Bundesnetzagentur

100%

Abstellgleise

Wartungs- und sonstige technische EinrichtungenGüterbahnhöfe / Terminals / Gleisanschlüsse

Rangierbahnhöfe / ZugbildungseinrichtungenHäfen mit SchieneninfrastrukturPersonenbahnhöfe / Stationen / Haltepunkte

Einrichtungen für die BrennstoffaufnahmeSchienenwege (Trassen); Vergabeprozess

Schulungseinrichtungen

362422

19138764

3851

4853

3730

4233

28

2625

3028

5062

5161

68

Schlecht oder sehr schlecht

Mittel

Gut oder sehr gut

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4 Nutzungsentgelte und Preise4.1 Anteil der Infrastrukturnutzungsentgelte

am Umsatz der EVUMit ihren Erlösen müssen die EVU einerseits ihre Kostendecken und andererseits eine angemessene Rendite erwirt-schaften können. Zu den größten Kostenblöcken gehörenneben den Personalkosten, den Abschreibungen und denEnergiekosten auch die Kosten für die Nutzung der Eisen-bahninfrastrukturen. Knapp 30 Prozent vom Umsatz rei-chen die EVU in Form von Infrastrukturnutzungsentgeltenan die EIU weiter. Den mit Abstand größten Teil der Infra-strukturnutzungsentgelte bilden dabei die Kosten für dieNutzung der Schienenwege (Trassenentgelte). Für Perso-nenverkehrsunternehmen kommen in der Regel noch Kos-ten für die Nutzung von Bahnhöfen (Stationsentgelte)hinzu. Daneben zahlen Personen- und Güterverkehrsunter-nehmen auch Entgelte für die Nutzung weiterer Eisenbahn-infrastruktur, etwa für die Nutzung von Rangierbahnhöfen,Zugbildungsanlagen oder Abstellgleisen.

A b b i l d u n g 6

Entwicklung der Infrastrukturnutzungsentgelte im Verhältnis zum Umsatz der EVU

Anteile in Prozent, Gesamtumsatz in Mrd. Euro

* „Sonstige“umfasst Entgelte für Nutzung von Abstellgleisen, Ran-gierbahnhöfen, Zugbildungseinrichtungen und Güterbahnhöfen (et-wa 1.5 Prozent)

Quelle: Bundesnetzagentur

23,5 23,7

5,5 5,4

71,0 70,9

2006 2007

Trassenentgelte

Stationsentgelte & sonstige*

Deckung sonstiger Kosten (Personal, Abschreibungen, Energie, etc) und Rendite der EVU

100% = 16,0 16,6 Mrd. €

4.2 Trassenentgelte

Die Trassenentgelte stellen einen signifikanten Kosten-faktor für die EVU dar (Abbildung 6). Entsprechend hochist die Bedeutung der Trassenpreisentwicklung für dieUnternehmen.

Die durchschnittlich gezahlten Trassenpreise (berech-net als Quotient aus Trassenentgelten in Euro und Be-triebsleistung in Trassenkilometern) je Verkehrssegmentsind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Auf Ba-sis der Angaben zur konzerninternen Leistungsverrech-nung im Konzerngeschäftsbericht der DB AG ergebensich zwischen 2002 und 2008 Steigerungen des durch-schnittlichen Trassenerlöses von 14 Prozent im SPNV,24 Prozent im SGV und 27 Prozent im SPFV (Abbil-dung 7).

Die Preissteigerungen lassen sich auch anhand der Ent-wicklung von Trassenpreisen ausgewählter Produkte nach-vollziehen (Abbildung 8). Betrachtet wurde die Preisent-wicklung typischer Trassenprodukte aus den öffentlichverfügbaren Entgeltlisten der DB Netz AG. Entsprechendden üblichen Vorlaufzeiten für die Veröffentlichung sindhier bereits die Preise bis zum Fahrplanjahr 2010 verfüg-bar. Die Gesamtpreissteigerungen von 2002 bis 2010 lie-gen zwischen 21 und 33 Prozent. Die durchschnittlichenjährlichen Preissteigerungen für den Zeitraum von 2002bis 2008 lagen zwischen 2,2 und 4,0 Prozent. Bis 2010verteuern sich die einzelnen Produkte um weitere 2,0 bis3,1 Prozent pro Jahr. Typischerweise vom SPNV undSGV genutzte Trassenprodukte erfahren dabei die höhe-ren Preissteigerungen.

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Drucksache 17/4630 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4.3 Stationsentgelte

Neben den Trassenentgelten sind die Stationsentgelte fürdie EVU der zweite große Kostenblock im Bereich derInfrastrukturentgelte.

Insbesondere im Schienenpersonennahverkehr mit seinenvielen Stationshalten wurden die Preissteigerungen der

letzten Jahre von den Verkehrsunternehmen und Aufga-benträgern deutlich wahrgenommen. Der durchschnittlichgezahlte Stationspreis (berechnet als Quotient aus Sta-tionsentgelten und Anzahl der Zughalte) ist zwischen2002 und 2008 um insgesamt 16 Prozent gestiegen (Ab-bildung 9). Dies entspricht einer durchschnittlichen jähr-lichen Steigerung von 2,5 Prozent.

A b b i l d u n g 7

Entwicklung der durchschnittlichen Trassenpreise der DB Netz AGIndexiert*, 2002 = 100 (Basis: Euro je Trassenkilometer)

* Quotient aus gezahlten Entgelten und Betriebsleistung der EVU der DB AG laut Leistungsverrechnungsdaten des Konzernberichts** Anpassung des Segments SGV im Jahr 2005 um Railion Intermodal TractionQuelle: Bundesnetzagentur, DB AG

A b b i l d u n g 8

Entwicklung ausgewählter Trassenpreise der DB Netz AGEuro je Trassenkilometer

* Streckenkategorie, Produktfaktor** Ohne Berücksichtigung der RegionalfaktorenQuelle: Bundesnetzagentur

95

100

105

110

115

120

125

130

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

SPNV

SPFV

08/02

+14%

Verkehrsart*

+27% +4,1%

+2,2%

per anno

SGV +24% +3,7%**

3,42 3,63 3,65 3,583,89 3,99 4,13 4,24

5,58 5,79 6,07 6,256,63

6,95 7,08

3,704,17 4,17 4,13

4,59 4,70 4,80 4,92

2,17 2,12 2,28 2,29 2,26 2,47 2,53 2,61 2,68

3,50

6,80

5,58

3,71

0

1

2

3

4

5

6

7

8

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

F3, SGV Stand.

F4, SPNV Takt

F1, SPFV Takt

per anno

+2,6%

+2,2%

Strecke, Produkt*

+3,4% +2,0%

+2,9%

+3,1%

2008-10

F2, SPV Takt +4,0% +2,3%**

10/02

+24%

+21%

+27%

+33%

2002-08

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/4630

4.4 Entgeltsysteme

Analog zur Bewertung des Zugangs zu Eisenbahninfra-struktur (vergleiche Abschnitt 3.2), konnten die EVU ineinem weiteren Themenkomplex des Fragebogens dieVerständlichkeit und Wettbewerbsneutralität der Preissys-teme für die entgeltpflichtige Nutzung von Eisenbahnin-frastruktur bewerten.

In keinem der einzelnen Punkte vergaben die befragtenEVU überwiegend gute oder sehr gute Noten. Die insge-samt positivste Notenverteilung ergab sich für den Be-reich Schienenwege (Trassen). Mit nur 22 Prozent gutenoder sehr guten Bewertungen schnitt der Bereich Perso-nenbahnhöfe hier am schlechtesten ab. Als Hauptgrundfür die Kritik wird mehrheitlich die teils nicht nachvoll-ziehbare Einstufung von Stationen in bestimmte Katego-rien und die daraus folgende Bepreisung angegeben.

Ein weiterer bedeutender Themenkomplex umfasst dieBewertung der Preishöhe der durch die Eisenbahninfra-strukturunternehmen erhobenen Nutzungsentgelte. Hiervergaben die EVU nur für die Nutzungsentgelte der Ein-richtungen für die Brennstoffaufnahme sowie die der Hä-fen mit Schieneninfrastruktur mehr positive als negativeBewertungen. Deutlich unterdurchschnittlich wurde dasEntgeltniveau für Abstellgleise mit 38 Prozent sehrschlechten oder schlechten Bewertungen sowie für Perso-nenbahnhöfe mit 47 Prozent sehr schlechten oderschlechten Bewertungen beurteilt. Insbesondere für diePersonenbahnhöfe wird kritisiert, dass hauptsächlich beikleineren Stationen Preis und Leistung nicht im Einklangstünden; selbst Umsteigebahnhöfe sind teilweise auf-grund ihrer Einstufung in eine niedrige Kategorie vonLautsprecherdurchsagen im Störungsfall ausgenommen.Dies bedeutet, dass die wartenden Fahrgäste im Fall eines

A b b i l d u n g 9

Entwicklung der durchschnittlichen Stationspreise der DB Station und Service AGIndexiert*, 2002 = 100 (Basis: Euro je Zughalt)

* Berechnet als Quotient aus Stationsentgelten und StationshaltenQuelle: Bundesnetzagentur, DB AG

105103

108109

112

116

95

100

105

110

115

120

125

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Durchschnittlicher Erlös je Stationshalt

08/02 per anno

+16% +2,5%

A b b i l d u n g 10

Bewertung von Verständlichkeit und Neutralität der Preissysteme der Infrastrukturbetreiber, 2008Prozent der Antworten*

* Umfrage bei Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträgern; Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht)Quelle: Bundesnetzagentur

353128

2522222020

43344150

5050

4141

223631

252829

3939

Personenbahnhöfe / Stationen / Haltepunkte

AbstellgleiseFahrstrom

Rangierbahnhöfe / Zugbildungseinrichtungen

Wartungs- und sonstige technische EinrichtungenHäfen mit Schieneninfrastruktur

Güterbahnhöfe / Terminals / Gleisanschlüsse

Schienenwege (Trassen)

100%

Schlecht oder sehr schlecht

Mittel

Gut oder sehr gut

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Drucksache 17/4630 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

verspäteten oder ausgefallenen Zuges keinerlei Informa-tionen erhalten.

Zu beobachten bleibt, inwieweit sich die Beurteilung derBepreisung von Fahrstrom angesichts der merklichenPreiserhöhung durch DB Energie im Januar 2009 ändert.Kritisiert wurde insbesondere, dass sich der für EVU im

Güterverkehr wichtige Niedertarifstrom um 23 Prozentverteuerte, der zu Verkehrsspitzenzeiten gültige Hochta-rifstrompreis dagegen nur um knapp 3 Prozent. Mit derPreisanpassung zum 1. April 2009 senkte DB Energiezwar die Entgelte wieder; jedoch sind sowohl Nieder- alsauch Mitteltarifstrom immer noch über 13 Prozent teurerals im Vorjahr.

A b b i l d u n g 11

Bewertung der Entgelthöhen für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur, 2008Prozent der Antworten*

* Umfrage bei Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträgern; Noten von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht)Quelle: Bundesnetzagentur

4639

34313129

232018

4545

46504951

5455

55

915

21192020

232527

Personenbahnhöfe / Stationen / HaltepunkteAbstellgleiseFahrstrom

Schienenwege (Trassen)Rangierbahnhöfe / Zugbildungseinrichtungen

Güterbahnhöfe / Terminals / GleisanschlüsseWartungs- und sonstige technische EinrichtungenHäfen mit SchieneninfrastrukturEinrichtungen für die Brennstoffaufnahme

100%

Schlecht oder sehr schlecht

Mittel

Gut oder sehr gut

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/4630

5 Eisenbahnrechtliche Vorschriften

5.1 Erstellung von Nutzungsbedingungen

Die Erstellung und Veröffentlichung von Nutzungsbedin-gungen für Schienenwege und Serviceeinrichtungen isteine wichtige Voraussetzung für die Sicherstellung einesdiskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfrastruk-tur. Die EIU sind aufgrund dessen zur Anfertigung undVeröffentlichung ihrer Nutzungsbedingungen gesetzlichverpflichtet.

Im Jahr 2008 haben rund 65 Prozent der Betreiber derSchienenwege Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNB)erstellt. Die deutlichen Steigerungen gegenüber dem Vor-jahr sind jedoch zum Teil darauf zurückzuführen, dasssich einige EIU inzwischen als Betreiber von Serviceein-richtungen einstufen. Hier haben in 2008 nur rund 42 Pro-zent der Betreiber Nutzungsbedingungen für Service-einrichtungen (NBS) erstellt (siehe auch Teil II,Abschnitt 3.1 – Stand der Öffnung von Serviceeinrichtun-gen). Diese Zahlen sind vor dem obigen Hintergrundnoch nicht zufriedenstellend.

A b b i l d u n g 12

Erstellung von InfrastrukturnutzungsbedingungenProzent der zugangsverpflichteten EIU

SNB: Schienennetz-Benutzungsbedingungen; NBS: Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen; BdS: Betreiber der Schienenwege; BvSE: Be-treiber von ServiceeinrichtungenQuelle: Bundesnetzagentur

Ohne NBS/SNB

Mit NBS/SNB

65%

35%

2008

Betreiber der Schienenwege Betreiber von Serviceeinrichtungen

VORLÄUFIG

42%

58%

2008

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Drucksache 17/4630 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5.2 Mitteilungspflichten der EIUIn § 14d des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) sindbesondere Mitteilungspflichten öffentlicher EIU geregelt.So haben öffentliche EIU die Bundesnetzagentur zumBeispiel über beabsichtigte Ablehnungen von Trassenoder über beabsichtigte Neufassungen von Infrastruktur-Nutzungsbedingungen zu unterrichten. Die Anzahl derseit Aufnahme der Eisenbahnregulierungstätigkeit derBundesnetzagentur eingegangenen Meldungen ist in Ab-bildung 13 dargestellt.

Der größte Teil der Meldungen bezieht sich auf Mittelun-gen nach § 14d AEG Nummer 2 (beabsichtigte Ab-lehnung von Gelegenheitstrassen) und § 14d AEG Num-mer 6 (beabsichtigte Neufassung oder Änderung vonNutzungsbedingungen und Regelentgelten).

Die Meldungen nach § 14d AEG Nummer 1 (beabsich-tigte Ablehnung von Netzfahrplantrassen) beziehen sichlediglich auf abschließend ungelöste Konflikte bei derJahresfahrplankonstruktion (vergleiche auch Teil II, Ab-schnitt 2.2.11 – Ablehnung von Trassenanmeldungen).Laut Wettbewerbsbericht der Deutschen Bahn AG gab esin 2007 insgesamt 46 620 Trassenanmeldungen für den

Jahresfahrplan 2008. Davon überlagerten sich zunächstetwa 10 000 Trassenanmeldungen, die laut Wettbewerbs-bericht einvernehmlich im Koordinierungsverfahren auf-gelöst werden konnten. Für den Jahresfahrplan 2007(Fahrplankonstruktion in 2006) hatte es 6 nicht gelösteTrassenkonflikte gegeben, für den Jahresfahrplan 2006(Fahrplankonstruktion in 2005) lag die Zahl der ungelös-ten Konflikte laut Wettbewerbsbericht der DB AG nochbei 101. Trassenkonflikte werden also zunehmend direktzwischen DB AG und den EVU verhandelt und nicht derBundesnetzagentur angezeigt.

Ob und gegebenenfalls inwieweit die DB Netz AG ihrePosition als (Monopol-) Infrastrukturbetreiber gegenüberden Wettbewerbsunternehmen nutzt, um „Einvernehm-lichkeit zu forcieren“ und somit nicht zur Anzeige durch14d-Mitteilungen verpflichtet zu sein, kann noch nichtabschließend beurteilt werden. Hinweisen zufolge sehensich die EVU jedoch zum Teil gezwungen, vorgeschla-gene Alternativangebote anzunehmen, um überhaupt einTrassenangebot zu erhalten (vergleiche auch Teil II –Abschnitt 2.3.1 Koordinierungs- und Entscheidungsver-fahren nach Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverord-nung (EIBV)).

A b b i l d u n g 13

Entwicklung der Mitteilungseingänge nach § 14d AEGAnzahl bei der Bundesnetzagentur eingegangener Meldungen

SNB: Schienenetz-Benutzungebedingungen; NBS: Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen Quelle: Bundesnetzagentur

Art der Meldung

§14d Nr.1 Ablehnung Trasse Netzfahrplan

§14d Nr.2 Ablehnung Gelegenheitstrasse

§14d Nr.3 Ablehnung Zugang Serviceeinrichtung

§14d Nr.4 Abschluss Rahmenvertrag

§14d Nr.5 Erhöhtes Entgelt

§14d Nr.6 Neufassung SNB

§14d Nr.6 Neufassung NBS

SUMME

2006 20082007

6

84

5

0

0

15

40

150

0

49

0

3

0

10

18

80

3

40

1

18

0

19

41

122

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/4630

6 Bewertung der Marktentwicklung6.1 Korrelation von Wettbewerb, Wachstum

und PreisentwicklungWesentliches Ziel der regulatorischen Sicherstellung desdiskriminierungsfreien Zugangs zu Eisenbahninfrastruk-tur ist die Förderung von Wettbewerb im Eisenbahnver-kehrsmarkt. Funktionierender Wettbewerb führt in derFolge zu monetär und qualitativ attraktiven Verkehrsan-geboten und somit zu Mehrverkehr auf der Schiene. Dassdiese Zusammenhänge in der Praxis tatsächlich und un-mittelbar wirken, legen die Zahlen zu Wettbewerbsent-wicklung, Marktwachstum und Preisentwicklung der ver-gangenen Jahre nahe.

Der SGV, das Segment mit dem höchsten Wettbewerber-anteil (21 Prozent), verzeichnete sinkende Transport-preise und wuchs seit 2002 mit etwa 6 Prozent pro Jahrüberdurchschnittlich.

Im SPNV (10 Prozent Wettbewerberanteil) sanken diespezifischen Einnahmen seit 2003 noch deutlicher. Die(erstmalig) im Ausschreibungswettbewerb vergebenenStrecken hatten hier in der Regel einen deutlich geringe-

ren Zuschussbedarf als nicht im Wettbewerb vergebeneStrecken und Netze. Die so generierten Einsparungen derAufgabenträger konnten entsprechend auch in die Bestel-lung zusätzlicher Nahverkehrsleistung anlegt werden. DieVerkehrsleistung wuchs seit 2002 mit etwa 3 Prozent proJahr.

Im SPFV (weniger als 1 Prozent Wettbewerberanteil)fehlt bislang nennenswerter Wettbewerb. Der Marktwuchs seit 2002 nur geringfügig, die Preise stiegen deut-lich.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die Infrastrukturmärkteab. Direkter Wettbewerb ist bei der Schieneninfrastrukturaufgrund des offensichtlichen natürlichen Monopols (feh-lenden Duplizierbarkeit) und der damit verbundenen Be-harrungskräfte nicht möglich. Die aus dem intermodalenWettbewerb abgeleiteten Wirkungen sind nicht gleich-wertig. Hier bietet sich vor wie nach der Beseitigung derim Infrastrukturbereich bestehenden Kostenunterdeckungder Weg einer Simulation wettbewerbsähnlicher Verhält-nisse an (siehe Teil II, Abschnitt 6.1 – Anreizregulie-rung).

A b b i l d u n g 14

Korrelation von Wettbewerb, Wachstum, Preisentwicklung

* Basis: tkm bei SGV, Pkm bei SPNV und SPFV** Preisniveau errechnet als Umsatz je tkm, bzw. Umsatz je Pkm, bzw. Umsatz je trkm in den jeweiligen Segmenten der DB AGQuelle: Bundesnetzagentur

10%

21%

<1%

SGV

SPNV

SPFV

Segment

Marktanteil Wettbewerber

Prozent, 2008Entwicklung Preise** DB

Differenz 2008 zu 03 in Prozent

Netz (zum Vergleich)

NatürlicheMonopole

9%

-6%

-3%

9%

Marktwachstum*

Jährlich, 2002-08 in Prozent

1%

3%

6%

Steigende Preise

Abhängig von der Betriebsleistung der EVU

Sinkende Preise

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Drucksache 17/4630 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6.2 Gegenläufige Entwicklung von Erlös-situation und Infrastrukturkosten bei den EVU

Wie in Kapitel 4 dargelegt, sind die Trassenpreise in denletzten Jahren deutlich angestiegen. Demgegenüber ste-hen zum Teil sinkende spezifische Erlöse der EVU (sieheAbbildung 15). Dieser Trend hat sich auch im Berichts-zeitraum fortgesetzt.

Am deutlichsten wird diese „Lücke“ im SGV. Währendsich die durchschnittlichen Trassenkosten (Basis: Euro jetrkm) seit 2003 deutlich nach oben bewegt haben, sinddie spezifischen Erlöse der EVU (Basis: Euro je tkm) no-minell gesunken. Der SGV steht in Teilbereichen, etwaim Einzelwagenladungsverkehr, in starkem Konkurrenz-druck zum Straßentransport. Weitere Trassenpreiserhö-hungen würden hier Wachstum im SGV verhindern undim ungünstigsten Fall sogar zu (Rück-)Verlagerungen vonTransporten auf die Straße führen.

Im SPFV steigen zwar die spezifischen Erlöse der EVU(Basis: Euro je Pkm), jedoch nicht in gleichem Maße wiedie Trassenpreise. Anzumerken ist, dass im SPFV die DBAG im Wesentlichen alleiniger Anbieter ist. Für die Ent-wicklung des Marktsegments SPFV ist die Höhe derTrassenpreise zurzeit nur bedingt relevant. Höhere Tras-senpreise führen zu höheren Gewinnen beim Netz und ge-ringeren Gewinnen bei der Fernverkehrssparte der DB

AG. In der konsolidierten Gewinn- und Verlustrechnungdes Konzerns können diese Zusammenhänge zum Aus-gleich gebracht werden. Die durch konzerninterne Ver-schiebung von Zahlungen bewirkte Erfolgsneutralität vonTrassenpreiserhöhungen kann im Verhältnis zu potentiel-len Wettbewerbern im SPFV hingegen wettbewerbsver-zerrend prohibitiv wirken. Wie sich die neue Struktur derDB AG nach Bildung der DB Mobility Logistics AG aus-wirkt, bleibt abzuwarten, auch vor dem Hintergrund derverschobenen Privatisierung.

Im SPNV treffen Erhöhungen von Trassenentgelten in derRegel nicht direkt die EVU. Zum Teil werden die Kostenfür die Trassennutzung direkt an die Aufgabenträger„durchgereicht“, zum Teil existieren Vertragsanpassungs-klauseln, so dass den EVU für höhere Trassenkosten ent-sprechend höhere Leistungsentgelte vom Aufgabenträgerzustehen. Das Kostenrisiko der Infrastrukturnutzungsent-gelte trägt also in der Regel der öffentliche Aufgabenträ-ger. Die „Ertragssituation“ der Aufgabenträger ergibt sichaus der Höhe der Regionalisierungsmittel. Bleiben denAufgabenträgern durch erhöhte Infrastrukturnutzungsent-gelte weniger Regionalisierungsmittel für die Bestellungvon Verkehrsleistung, müssen die Anzahl der bestelltenVerkehre verringert werden und/oder die Endkunden-preise für den SPNV erhöht werden. Dementsprechenddürften weiter steigende Trassenpreise auch das Markt-wachstum im SPNV gefährden.

A b b i l d u n g 15

Entwicklung der Erlössituation und der Trassennutzungskosten der EVU je Segment

* Für Trassenkosten und Regionalisierungsmitten auf der Basis Euro je Trkm, für die spezifischen Erlöse auf der Basis Euro je tkm, bzw. Euro jePkm für die jeweiligen Segmente der DB AG

Quelle: Bundesnetzagentur

859095

100105110115120

TrassenkostenErlöse der EVU

Güterverkehr (SGV)

Indexiert*, 2003=100Personenfernverkehr (SPFV)

Indexiert*, 2003=100Personennahverkehr (SPNV)

Indexiert*, 2003=100

859095

100105110115120

859095

100105110115120

Regionalisierungsmittel

2003 04 05 06 200807 2003 04 05 06 2008072003 04 05 06 200807

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/4630

Teil II – Tätigkeiten

1 Marktbeobachtung

1.1 Grundlagen der MarktbeobachtungDie Bundesnetzagentur überwacht die Einhaltung derVorschriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastrukturgemäß § 14b Absatz 1 Allgemeines Eisenbahngesetz(AEG). Neben der Überwachungsaufgabe, ist die Bun-desnetzagentur nach § 14b Absatz 4 AEG gehalten, jähr-lich einen Bericht über ihre Tätigkeiten sowie über dieLage und Entwicklung auf ihrem Aufgabengebiet für dieBundesregierung zu erstellen. Die Erfüllung dieser ge-setzlich geregelten Aufgaben setzt notwendigerweise denZugriff auf eine aktuelle und valide Datenbasis voraus.Hier hatte sich bereits mit Aufnahme der Tätigkeit derBundesnetzagentur im Eisenbahnbereich gezeigt, dassinsbesondere zu Themen des Eisenbahninfrastruktur-markts, Nutzungsentgelten und des Zugangs zu Eisenbah-ninfrastruktur bisher keine geeigneten Datenquellen exis-tierten. Seit 2006 erhebt die Bundesnetzagentur deshalbDaten mittels Fragebogen, die sie jährlich an die Markt-teilnehmer versendet: an regulierte Eisenbahninfrastruk-turunternehmen (EIU) einerseits und Zugangsberechtigte,namentlich Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sowieAufgabenträger andererseits. Ergebnisse der Marktbeob-achtung sind unter anderem im Teil I – Marktentwicklungdargestellt. Zudem veröffentlicht die Bundesnetzagenturdie „Marktuntersuchung Eisenbahn“3, um die Ergebnisseder Erhebung den Teilnehmern und sonstigen Interessen-ten zurückzuspielen.

1.2 Durchführung der MarktbeobachtungDie Bundesnetzagentur hatte ab April 2008 die Erhe-bungsbogen an rund 800 Unternehmen versandt. Damiterfolgte nach 2006 und 2007 die dritte Markterhebungdieser Art. Die Unternehmen waren gehalten, unter ande-rem Angaben zum Unternehmensgegenstand und zu Um-sätzen, Verkehrsleistungen, Infrastruktur und Serviceein-richtungen für das Berichtsjahr 2007 zu machen.

Ab Herbst 2008 wurden zudem Ergebnisse und Hinweiseaus vorausgegangenen Marktbeobachtungen in einer Se-rie von Arbeitstreffen direkt erörtert. In insgesamt rund20 Treffen wurden mit Verbänden, der DB AG und weite-ren interessierten Eisenbahnunternehmen individuelle Er-gebnisse und Auswertungen erläutert und die Ausrich-tung der Marktbeobachtung der Bundesnetzagenturdiskutiert.

2 Zugang zu Schienenwegen

Die Themen, mit denen sich die Bundesnetzagentur imJahr 2008 hinsichtlich des Zugangs zu Schienenwegenbeschäftigte, waren vielfältig:

Im Wesentlichen lagen die Schwerpunkte der behördli-chen Verwaltungsentscheidungen im Zusammenhang mitSchienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) sowie mit

3 http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/15287.pdf

Fragestellungen zum Thema Rahmenvertrag und Kapazi-tät.

Im Themenschwerpunkt SNB stand aufgrund des Wider-spruchs der DB Netz AG gegen den Ausgangsbescheid2007 Anfang des Jahres 2007 die erneute Prüfung der SNBder DB Netz AG 2008/2009 an (siehe Abschnitt 2.1.1. –DB Netz AG – SNB 2008/2009). Zum Jahresende 2008wurden die SNB 2009/2010 der DB Netz AG geprüft(siehe Abschnitt 2.1.2 – DB Netz AG – SNB 2009/2010).

Aufgrund der Vielzahl der Betreiber der Schienenwege,die im Jahr 2007 noch nicht über gültige SNB verfügte,klärte die Bundesnetzagentur mittels eines Informations-schreibens die Infrastrukturbetreiber über ihre Pflicht zuderen Erstellung auf (vergleiche Teil I – 5.1 Erstellungvon Nutzungsbedingungen). Da, anders als im Bereichder Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen, keingültiges Muster für SNB vorhanden ist, zielten zahlreicheAnfragen darauf ab, wie derartige SNB zu verfassen seienund ob das jeweils betroffene Unternehmen nicht auf-grund der Ausnahmetatbestände im Gesetz von der Er-stellung befreit sei. Aufgrund der von der Bundesnetz-agentur daraufhin geleisteten Beratung, erstellten einigeder angeschriebenen Unternehmen erstmalig SNB. DerAnteil der Betreiber der Schienenwege ohne SNB ist al-lerdings weiter signifikant. Es besteht also weiterhinHandlungsbedarf.

Im Zusammenhang mit der Erstellung von SNB stelltesich vermehrt die Frage, wie dem Bedürfnis der Betreiberder Schienenwege (BdS), gesetzlich grundsätzlich nichtvorgesehene unterjährige Änderungen der SNB vorzu-nehmen, Rechnung getragen werden kann. Dieses trittinsbesondere in den Fällen auf, in denen Infrastruktur un-terjährig dazugekauft wird oder Änderungen der techni-schen Einrichtungen oder Betriebsverfahren unterjährigeingeführt werden sollen. Die Bundesnetzagentur plantim laufenden Jahr eine rechtlich vertretbare Lösung, dieauch den Marktbedürfnissen gerecht wird, vorzustellen.

Neben dem Verfahren zum Baumaßnahmenmanagementder DB Netz AG, welches bereits im Jahr 2007 eingeleitetworden war und 2008 mit einem Widerspruchsbescheidabgeschlossen wurde, wurden viele Einzelfälle im Zu-sammenhang mit der Abstimmung von Baumaßnahmender DB Netz AG bearbeitet. Oftmals konnte durch dasVermitteln der Bundesnetzagentur ein sowohl für die DBNetz AG als auch das betroffene Eisenbahnverkehrsun-ternehmen befriedigendes Ergebnis erzielt werden (sieheAbschnitt 2.2.1 – Baumaßnahmen und Abschnitt 2.2.2. –Vorermittlungsverfahren in Sachen Baumaßnahmen derDB Netz AG).

Ebenfalls im Fokus der Tätigkeit der Bundesnetzagenturstand die Disposition der Züge und die zugehörigen Re-gelungen der Infrastrukturbetreiber in den SNB (sieheAbschnitt 2.2.3 – Disposition, Abschnitt 2.2.4 – Fehler-hafte Disposition der DB Netz AG und Abschnitt 2.2.5 –Betriebszentralen der DB Netz AG).

Beim Thema Rahmenverträge standen Fragen zur Erfül-lung der Informationspflichten des BdS nach § 13 Absatz 6Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) über

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Drucksache 17/4630 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

rahmenvertraglich vergebene Infrastruktur im Vorder-grund. Andererseits war zu bewerten, ob Rahmenverträgenur für Verkehre abgeschlossen werden dürfen, die mitBeginn der anstehenden Rahmenvertragsperiode aufge-nommen werden oder ob auch eine spätere Verkehrsauf-nahme möglich ist (siehe Abschnitt 2.2.7 – Offene Frage-stellungen zu Rahmenverträgen sowie Abschnitt 2.2.8 –Festlegung der Anmeldefristen für Rahmenverträge).

Weiterhin setzt sich die Bundesnetzagentur mit den Über-lastungserklärungen der DB Netz AG aus dem Jahr 2007und der dazugehörigen Kapazitätsanalyse sowie dem Planzur Erhöhung der Kapazität auseinander. In diesem Zu-sammenhang wurde in Zusammenarbeit mit dem Eisen-bahn-Bundesamt die Praxistauglichkeit der vorhandenenDefinition, ab wann ein Schienenweg als überlastet ange-sehen werden muss, überprüft (siehe Abschnitt 2.2.10 –Überlastung von Schienenwegen).

2.1 Prüfung von Schienennetz-Benutzungs-bedingungen (SNB)

2.1.1 DB Netz AG – SNB 2008/2009

Aufgrund des Widerspruchs der DB Netz AG vom 7. De-zember 2008 gegen den Bescheid vom 12. November2007 (vergleiche hierzu ausführlich Tätigkeitsbericht2007, S. 29 f.) erließ die Bundesnetzagentur am 14. April2008 einen Widerspruchsbescheid. Die Bundesnetzagen-tur hielt im Wesentlichen an ihrem Ausgangsbescheid festund nahm lediglich die Beanstandung einer Klausel ausGründen der Zweckmäßigkeit zurück. In dieser Klauselging es um die Festlegung der Frist, binnen derer dieZugangsberechtigten ihr Interesse zum Abschluss vonRahmenverträgen anmelden können. Da die Bundesnetz-agentur zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbe-scheids beabsichtigte, zu diesem Thema ein eigenständi-ges neues Verfahren einzuleiten, wurde die Frage, ob dieseitens der DB Netz AG festgelegte Frist korrekt gewähltwurde, in das zukünftige Verfahren verlagert.

Im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren obsiegte dieBundesnetzagentur in den wesentlichen Punkten. So wiesdas Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 28. Januar 2008 die Be-schwerde der DB Netz AG hinsichtlich des Zeitpunktesder Beteiligung der Bundesnetzagentur bei Trassenableh-nungen zurück. Während die DB Netz AG in ihren SNBdie Beteiligung der Bundesnetzagentur zunächst gar nichtund dann zu einem Zeitpunkt vorsah, in dem noch eineEinigung unter den Beteiligten möglich war, hatte dieBundesnetzagentur darauf bestanden, eine Mitteilungnach § 14d AEG zu dem Zeitpunkt zu erhalten, in demdie Ablehnung seitens der DB Netz AG feststeht.

Die Bundesnetzagentur unterlag lediglich mit der An-sicht, dass die Vorgaben zu GSM-R in Rangierbereichenaus Transparenzgründen ausschließlich in den Nutzungs-bedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) und nicht inden SNB zu regeln seien. Nach Angaben der DB NetzAG im Ausgangsverfahren hatten diese Regelungen näm-lich keine Auswirkungen auf den Verkehr auf den Schie-nenwegen. Da dies nicht eindeutig aus den SNB hervor-

ging, hatte die Bundesnetzagentur der Einführung derRegelung in die SNB widersprochen.

Gegen den überwiegenden Teil des Widerspruchsbe-scheids legte die DB Netz AG am 5. Mai 2008 Klagebeim Verwaltungsgericht Köln ein. Dieses Gerichtsver-fahren ist derzeit noch nicht beendet.

2.1.2 DB Netz AG – SNB 2009/2010

Am 20. Oktober 2008 teilte die DB Netz AG die beab-sichtigten Änderungen ihrer SNB der Bundesnetzagenturmit.

Auf Einwirken der Bundesnetzagentur hat die DB Netz AGdavon Abstand genommen, ihr „netzzugangsrelevantesbetrieblich-technisches Regelwerk“, was bislang Bestand-teil der SNB war, in ein „betrieblich-technisches Regel-werk“ und ein „netzzugangsrelevantes Regelwerk“ einzu-teilen und diese Änderung der SNB nach § 14d Satz 1Nummer 6 AEG mitzuteilen. Die DB Netz AG hatte be-absichtigt, die überwiegende Zahl der Konzernrichtlinien,die bisher in den SNB veröffentlicht waren, als nichtnetzzugangsrelevant zu deklarieren und aus den SNB he-rauszunehmen. Grundsätzlich ist die beabsichtigte Tren-nung in netzzugangsrelevante Teile und interne Regelun-gen der DB Netz AG zu begrüßen, da sie die Transparenzerhöht. Das Vorgehen bedarf aber ausführlicher Betrach-tung, daher haben sich die Parteien darauf geeinigt, dassdas Verfahren nach § 14e AEG (mit einer Prüfungsfristvon vier Wochen) hierfür nicht geeignet ist. Aus diesemGrund wurde zwischen der DB Netz AG und der Bundes-netzagentur verabredet, nunmehr in 2009 in einem län-gerfristigen Verfahren zu klären, welche Regelwerke alsnetzzugangsrelevant einzustufen sind und welche nicht.Fest steht, dass aus Sicht der Bundesnetzagentur alle Vor-schriften, die Rechte und Pflichten der Zugangsberechtig-ten hinsichtlich ihres Netzzugangs beschreiben, in denSNB enthalten sein müssen.

In ihrem Bescheid vom 17. November 2008 beanstandetedie Behörde zum einen nur noch die beabsichtigte Anpas-sung der Klauseln zu den Entgeltgrundsätzen. In diesemZusammenhang wurde eine Diskriminierung der Zu-gangsberechtigten aufgrund sachlich ungerechtfertigterunterschiedlicher Bepreisung dispositiver Lok- undTriebwagenfahrten festgestellt. Zum anderen wurde dergeplanten Neueinführung einer Dispositionsregel wider-sprochen, die zu einer Diskriminierung kleiner Güterver-kehrsunternehmen geführt hätte.

Gegen den Bescheid legte die DB Netz AG am 15. De-zember 2008 Widerspruch ein.

2.1.3 SNB anderer Unternehmen

Die Bundesnetzagentur führte die im Jahre 2007 begon-nen Prüfungen zu den SNB weiterer Betreiber der Schie-nenwege fort. Bei den Prüfungen legte die Bundesnetz-agentur Wert darauf, die Unternehmen durch Anhörungenin den Prüfprozess mit einzubeziehen und durch kon-struktive Hinweise eine rechtssichere Ausgestaltung derRegelungen zu erreichen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/4630

Bei den Prüfungen kritisierte die Bundesnetzagentur ins-besondere die Bereiche mit hoher wettbewerblicher Rele-vanz. So machten die Unternehmen häufig unzureichendeAngaben zur Infrastrukturbeschreibung oder Anreizsyste-men in ihren Schienennetz-Benutzungsbedingungen.Weitere Schwerpunkte lagen in einer häufig nicht ausrei-chenden Umsetzung der Baumaßnahmenplanung, einerunzureichenden Beschreibung der betrieblichen und tech-nischen Zugangsbedingungen und des Verfahrens der Ko-ordinierung der Zugbewegungen. Gerade die transparenteDarstellung aller für den Zugang zur Voraussetzung er-klärten Regelungen und deren Zugänglichkeit für alle Zu-gangsberechtigten sieht die Bundesnetzagentur als zentra-les Element der Schienennetz-Benutzungsbedingungenan. Die Prüfungen dauern zum Teil noch an.

2.2 Weitere Verfahren

2.2.1 Baumaßnahmen

Die Bundesnetzagentur hat das Verfahren zur Baumaß-nahmenplanung bei der DB Netz AG durch einen Wider-spruchsbescheid vom 31. Oktober 2008 abgeschlossen.Grund des Verfahrens waren mehrere Beschwerden vonEVU über die Information und Abstimmung von Bau-maßnahmen der DB Netz AG. Dadurch war es wiederholtzu erheblichen Behinderungen von EVU gekommen. ImWiderspruchsverfahren wurden zahlreiche Anhörungenmit der DB Netz AG durchgeführt. Darüber hinaus holtedie Bundesnetzagentur die Meinung der Zugangsberech-tigten über eine schriftliche Befragung sowie über ein In-formationsgespräch ein, zu dem alle Zugangsberechtigteneingeladen wurden.

Die DB Netz AG arbeitete während des Verfahrens dasRegelwerk „Fahren und Bauen“ aus. Es beschreibt dieIst-Situation der Baumaßnahmenplanung sowie die ge-plante Durchführung und enthält insbesondere detaillierteRegeln zur Information und Abstimmung von Baumaß-nahmen mit den Zugangsberechtigten. Die Bundesnetz-agentur hat die DB Netz AG im Widerspruchsbescheidverpflichtet, dieses Regelwerk in ihre SNB aufzunehmenund zu veröffentlichen. Das Regelwerk dient dazu, Trans-parenz in das Informations- und Abstimmungsverfahrenfür die Zugangsberechtigten zu bringen, damit diese ihreRechte erkennen und einfordern können. Darüber hinaussoll damit die Planungssicherheit der Zugangsberechtig-ten erhöht werden, indem durch frühzeitige Baumaßnah-menplanung vertraglich zugesicherte Trassen grundsätz-lich nicht mehr kurzfristig verändert oder sogar vereiteltwerden können.

Die DB Netz AG hat gegen den Widerspruchsbescheidam 29. November 2008 Klage beim VerwaltungsgerichtKöln eingereicht.

2.2.2 Vorermittlungsverfahren in Sachen Baumaßnahmen der DB Netz AG

In mehreren Vorermittlungsverfahren wurde 2008 aufspezielle Probleme eingegangen, die insbesondere vonden Aufgabenträgern des Schienenpersonennahverkehrs

(SPNV) und im SPNV tätigen EVU an die Bundesnetz-agentur herangetragen wurden.

Ein Schwerpunkt ergab sich bei den Vorermittlungsver-fahren insbesondere bei der konkreten Abstimmung derAuswirkungen von Baumaßnahmen auf die bestelltenNahverkehre: Die betreffenden Baumaßnahmen wurdenhäufig so geplant, dass sie aus Sicht des Netzbetreibersmöglichst effizient waren, während die Folgekosten – fürBetriebserschwernisse, Schienenersatzverkehre usw. –einseitig auf die EVU entfielen.

In einem Fall funktionierte die Kommunikation zwischeneinem Besteller von Nahverkehrsleistungen und der DBNetz AG nicht: Der Umfang der geplanten Verkehrsein-schränkungen, der sich durch das Fehlen von Überleitstel-len ergab, war für den Aufgabenträger nicht nachvollzieh-bar. Durch Auskunftsersuchen der Bundesnetzagenturwurden jedoch einvernehmliche Lösungen für die Bau-ausführung gefunden.

In einem anderen Fall fand eine Baumaßnahme auf einerStrecke statt, von der vor dem betreffenden Bauabschnittdie Strecke eines Wettbewerbers abzweigt; gleichwohl er-gaben sich am abzweigenden Bahnhof und auf der Stre-cke davor massive Eingriffe in den Verkehr des an sichnicht unmittelbar betroffenen EVU, die – obwohl vorher-sehbar – vorab nicht kommuniziert worden waren. Folg-lich unterblieb auch die Suche nach Lösungen. Die Folgewaren erhebliche Verspätungen des Wettbewerbers, diedieser gegenüber dem Besteller der Nahverkehrsleistungzu verantworten hatte. In der Regel drohen den im Nah-verkehr tätigen EVU erhebliche Pönalen (Strafzahlungen)an den Aufgabenträger, selbst wenn sie selbst dieSchlechtleistung nicht zu verantworten haben. Durch einAuskunftsersuchen der Bundesnetzagentur konnten diefür eine Woche massiv auftretenden Verspätungen– 48 Stunden binnen fünf Tagen – zwar nicht verhindertwerden, aber der Betreiber des Schienennetzes verpflich-tete sich, die Erfahrungen bei künftigen Baumaßnahmenkünftig umfassend zu berücksichtigen und mit dem be-troffenen Wettbewerber alternative Regelungsarten zu er-wägen. Bei einer weiteren Baustelle im Herbst 2008 kames in der Folge nicht mehr zu Problemen.

In Nordrhein-Westfalen plante die DB Netz AG für Bau-stellenarbeiten für 2009 eine vierwöchige Vollsperrungeiner Hauptstrecke, die zudem so verschoben wurden,dass ein Teil nicht mehr auf die Herbstferien entfiel, son-dern vollständig auf den in der Region besonders nachfra-gestarken Monat November. Die Beschwerde erfolgtedurch einen Wettbewerber der Deutschen Bahn, obwohlletztlich deren eigenes Nahverkehrsunternehmen DB Re-gio noch stärker betroffen war. Auch der Aufgabenträgermachte wie der Wettbewerber deutlich, dass über den ge-planten Zeitraum ein Schienenersatzverkehr wegen derfünfstelligen Fahrgastzahlen pro Tag nicht realisierbar ist.Aufgrund eines Auskunftsersuchens der Bundesnetzagen-tur prüfte die DB Netz AG die infrastrukturellen Voraus-setzungen der geplanten Baustelle erneut und beriefschließlich ein Kundeninformationsgespräch ein, bei demsie eine erheblich verbesserte Baustellenplanung vor-stellte. Durch das unmittelbare Gespräch der beiden be-

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Drucksache 17/4630 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

troffenen EVU, des Aufgabenträgers und der DB NetzAG konnten weitere Verbesserungen aufgezeigt werden,die anschließend in Arbeitsgruppen ausgearbeitet wur-den. Im Kern werden jetzt zu den Stoßzeiten einige Zügetrotz der Baustelle fahren können, und die Sperrungenselbst werden sowohl zeitlich als auch abschnittbezogendeutlich verkürzt. Nach Auskunft von Wettbewerbs-EVUund Aufgabenträger kam die Einigung erst durch denDruck der Bundesnetzagentur zustande.

In einem weiteren Fall konnte schließlich ein saisonaler,grenzüberschreitender Gelegenheitsverkehr, der durcheine Baustelle in Frage gestellt worden war, durch derenzeitliche Verschiebung wie vorgesehen gefahren werden.

2.2.3 Disposition Die Bundesnetzagentur hat sich im vergangenen Jahr in-tensiv mit dem Thema „Störungsdisposition der Verkehreund deren Auswirkungen auf den Wettbewerb“ beschäf-tigt. Unter Maßnahmen der Störungsdisposition fallensolche, die vom Netzbetreiber ergriffen werden, um Ver-spätungen im Netz abzubauen. Die Bundesnetzagentur istzu dem Schluss gekommen, dass die Störungsdispositionaufgrund der zahlreichen Verspätungen im deutschenNetz, insbesondere für die sich am Markt etablierendenEVU, eine große wirtschaftliche Rolle spielt. Grund hier-für sind Qualitätsvereinbarungen der EVU mit ihren Kun-den, nach denen Strafzahlungen (Pönalen) zu leisten sind,wenn es zu Verspätungen kommt.

Vor diesem Hintergrund verfolgt die Bundesnetzagenturin der künftigen Disposition mehrere Ziele. Zum einen istdarauf hinzuwirken, dass die Infrastrukturbetreiber klareAussagen über ihre Störungsdispositionsregeln treffen.Diese müssen sich an sachlich nachprüfbaren Kriterienorientieren. Grundsätzlich sind alle Verkehre und Zu-gangsberechtigte gleich zu behandeln. Jede Art von Be-vorzugung ist anhand sachlicher Kriterien zu begründen.Zum anderen ist die direkte Einflussnahmemöglichkeiteinzelner Zugangsberechtigter auf die Handlungen der fürdie Störungsdisposition zuständigen Mitarbeiter desNetzbetreibers zu unterbinden.

Weiterhin sind Anreize für eine Verringerung von Störun-gen zu schaffen. Außerdem ist die Störungsdisposition alsAusnahme und nicht als Regel anzusehen. Ereignisse, diewie planbare Baumaßnahmen per definitionem keine Stö-rungen sein können, sind nicht der Störungsdisposition zuüberlassen.

2.2.4 Fehlerhafte Disposition der DB Netz AGAnfang des Jahres lag der Bundesnetzagentur eine Be-schwerde eines EVU vor, dass seine Züge bei dispositi-ven Zugregelungen von der DB Netz AG gegenüber Zü-gen der DB Regio AG nachrangig behandelt sah. Auchein weiteres EVU informierte die Bundesnetzagenturüber ihrer Meinung nach diskriminierende Dispositions-entscheidungen von DB Netz AG in derselben Region.Die Bundesnetzagentur ermittelte daraufhin vor Ort undführte mehrere Anhörungen zur Klärung der Sachlage mitden Beteiligten durch.

Im Falle des erstgenannten EVU konnte für den betref-fenden Bereich eine konkrete Lösung gefunden werden.Pünktliche Züge des betroffenen EVU wurden in einemBahnhof im Einmündungsbereich zur S-Bahn vor allemin der Hauptverkehrszeit von unpünktlichen Zügen derDB Regio AG verdrängt und somit ebenfalls verspätet.Grund war eine signaltechnische Schaltung, die im Re-gelbetrieb den S-Bahnen die Vorfahrt ermöglichte. DieBediener von DB Netz AG erhielten nach Interventionder Bundesnetzagentur die schriftliche Anweisung, diesesignaltechnische Schaltung des sogenannten Selbststell-betriebes bei Verspätungen der S-Bahn zurückzunehmenund den Zügen des betroffenen EVU manuell die Vorfahrtzu gewähren. Außerdem wurde durch die Intervention derBundesnetzagentur die Kommunikation zwischen denprivaten EVU und der Betriebsleitzentrale (BZ) der DBNetz AG in der Region entscheidend verbessert, indemeine Teilnahmemöglichkeit an den werktäglich stattfin-denden Lagebesprechungen in der BZ angeboten wurde.Bis zu diesem Zeitpunkt war die Teilnahme nur den kon-zerneigenen EVU der DB AG möglich. In diesen Gesprä-chen werden alle auftretenden betrieblichen Problemeerörtert und Lösungen vereinbart. Thema dieser Abstim-mungen sind auch Baumaßnahmen und andere vorherseh-bare störende Einflüsse im Bahnbetrieb.

Im Rahmen dieses Verfahrens prüfte die Bundesnetzagen-tur auch die Dispositionsrichtlinie der DB Netz AG. Diesführte zu einer Änderung dieser Richtlinie mit transparen-teren und einheitlichen Regelungen für alle EVU.

So wurde unter anderem die Möglichkeit der Teilnahmefür alle EVU an den Lagebesprechungen aller sieben BZder DB Netz AG geregelt, die Möglichkeit der Vereinba-rung von regionalen Dispositionsvereinbarungen angebo-ten (bis dahin auch nur den konzerneigenen EVU der DBbekannt) und klare Rangfolgen für Dispositionsentschei-dungen unter Einbezug der in dem Trassenpreissystem(TPS) dargestellten unterschiedlichen Qualitätsmerkma-len veröffentlicht.

2.2.5 Betriebszentralen der DB Netz AGIm engen thematischen Zusammenhang zur Dispositions-problematik steht die Frage der Verteilung der Arbeits-plätze in den Betriebszentralen der DB Netz AG auf dieEisenbahnverkehrsunternehmen.

Die Bundesnetzagentur hat ein Verfahren zur Überprü-fung des Diskriminierungspotentials aufgrund der Anwe-senheit der konzerninternen Eisenbahnverkehrsunterneh-men in den Betriebszentralen der DB Netz AGeingeleitet, das in Zusammenarbeit mit dem Eisenbahn-Bundesamt stattfindet. In diesem Zusammenhang wurdendrei Betriebszentralen der DB Netz AG aufgesucht. Wei-terhin fanden mehrere Gespräche mit der DB Netz AGstatt.

Die DB Netz AG verfügt über eine Netzleitzentrale(Frankfurt) und sieben regionale Betriebszentralen (BZ).Die BZ wurden nach 1994 eingerichtet. In den Räumlich-keiten bestehen Arbeitsplätze für DB Netz AG und diekonzerninternen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU).In den BZ werden die Verkehre disponiert: Gerade im

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täglich auftretenden Fall von Abweichungen vom Netz-fahrplan/Gelegenheitsfahrplan kommt ihnen aus Regulie-rungssicht eine wichtige Rolle zu. Die Disponentenkönnen, um das Ziel der schnellstmöglichen Wiederher-stellung der Planmäßigkeit bzw. des Regelzustandes inder Betriebsdurchführung zu erreichen, erhebliche Ein-griffe in das Verkehrsgeschehen vornehmen. So könnensie etwa Züge verlangsamt oder beschleunigt verkehrenlassen, diese umleiten oder die Benutzung einer anderenals der vereinbarten Infrastruktur vorsehen.

Das Eisenbahnrecht enthält zum Thema „Dispositionenvon Störungen im Betriebsablauf“ keine detaillierten aus-drücklichen Regelungen. Die Regelungen in den SNB derDB Netz AG sind sehr unbestimmt und allgemein gefasstund lassen der DB Netz AG sehr viel Spielraum für dis-positive Entscheidungen.

Nach umfänglichen Amtsermittlungen im Inland und beiausländischen Netzbetreibern soll im Jahr 2009 eine Ent-scheidung darüber getroffen werden, ob die Anwesenheitder konzerninternen EVU Diskriminierungspotential be-inhaltet und – falls ja – wie dieses beseitigt werden kann.

2.2.6 Beabsichtigte Abschlüsse von Rahmen-verträgen der DB Netz AG

Bei Rahmenverträgen handelt es sich um Vereinbarungenüber die Nutzung von Zugtrassen für einen längeren Zeit-raum als eine Netzfahrplanperiode. Einerseits dienenRahmenverträge der Erhöhung der Planbarkeit der betrof-fenen EVU und EIU, andererseits binden sie mittel- oderlangfristig Kapazitäten, die anderen interessierten Infra-strukturnutzern dann nicht mehr zur Verfügung steht.

Die Bundesnetzagentur erließ im März 2008 gegenüberder DB Netz AG im Rahmen von Vorabprüfungsverfah-ren gemäß § 14e Absatz 1 Nummer 3 AEG zehn Be-scheide hinsichtlich des beabsichtigten Abschlusses vonRahmenverträgen.

Aufgrund von Verstößen gegen die Rechtsvorschriftenüber den diskriminierungsfreien Eisenbahninfrastruktur-zugang wurde dem Abschluss von zehn Rahmenverträgenin Teilen widersprochen. Von den vorgenannten Wider-sprüchen waren insgesamt ca. 1 200 Bandbreiten (Zeit-fenster) im Sinne des § 13 Absatz 1 EIBV umfasst, wo-durch die Rahmenverträge im Umfang der vorgenanntenBandbreiten nicht wirksam wurden.

Die Widersprüche der Bundesnetzagentur bezogen sichinsbesondere auf fehlerhafte oder unvollständige Anga-ben zu den Bandbreiten in den Rahmenverträgen, die eineeindeutige Zuordnung der vereinbarten Bandbreiten zuden abzusichernden Trassen während der Netzfahrplaner-stellung nicht ermöglicht hätten.

Die Bescheide sind zwischenzeitlich sämtlich bestands-kräftig.

2.2.7 Offene Fragestellungen zu Rahmen-verträgen

Im Dezember 2010 beginnt laut Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) die nächste, fünfjährige

Rahmenfahrplanperiode. Im Hinblick auf die frühzeitigfestzulegenden und zu veröffentlichenden Termine undModalitäten der Rahmenvertragsvergabe stand das Jahr2008 im Zeichen umfangreicher Gespräche mit der DBNetz AG, dem bisher einzigen Betreiber von Schienenwe-gen, der Rahmenverträge mit Zugangsberechtigten abge-schlossen hat. Neben zahlreichen einvernehmlich geklär-ten Eckpunkten für die Überarbeitung der ab April 2009geltenden SNB, u. a. zu Mindestverkehrstagen, Bandbrei-ten und Konstruktionsspielräumen sowie Regelungen imMusterrahmenvertrag, verblieben drei Konfliktfelder, diegegenwärtig den Kern der weiteren Diskussion mit derDB Netz AG bilden.

Umstritten ist erstens, wie der Betreiber der Schienen-wege der Informationsverpflichtung nach § 13 Absatz 6EIBV nachkommen muss, um „die wesentlichen Merk-male jedes Rahmenvertrags anderen Zugangsberechtigtenauf Verlangen offen zu legen“, gegebenenfalls auch durch„Einstellung in das Internet“. Die DB Netz AG betrachtethier die Veröffentlichung des Musterrahmenvertrags ein-schließlich allgemeiner Aussagen zur Kapazitätsbindungdurch Rahmenverträge als ausreichend. Die Bundesnetz-agentur verlangt hingegen deutlich mehr Transparenz.Aus Sicht der Bundesnetzagentur müssen die wesentli-chen Merkmale der bereits mit Zugangsberechtigten ge-schlossenen Rahmenverträge dem jeweils anfragendenZugangsberechtigten bekannt gegeben werden. Zu denwesentlichen Merkmalen eines Rahmenvertrages gehörenunter anderem Beginn- und Endzeitpunkt der Rahmen-verträge sowie die Angabe der Schienenwege, deren Ka-pazität durch Rahmenverträge gebunden wurde.

Der zweite Konflikt liegt im Bereich der Rahmenver-tragsänderungen, bei denen die DB Netz AG die Bundes-netzagentur lediglich informieren möchte, ohne eine for-melle Mitteilung nach § 14d AEG abgeben zu müssen.Die Möglichkeiten der Bundesnetzagentur, ihre Zustän-digkeit angemessen auszuüben, würden insofern erheb-lich eingeschränkt, da an die Stelle eines Vorabprüfungs-verfahrens eine reine Information träte, die derBundesnetzagentur nicht ausreicht.

Der dritte Diskussionspunkt betrifft die Vorlaufzeiten derRahmenverträge. Vor allem potentielle Neueinsteiger imSchienenpersonenfernverkehr und die lange im Vorausplanenden Aufgabenträger des SPNV wollen lang lau-fende Rahmenverträge mit längeren Vorlaufzeiten ab-schließen. Dieser Wunsch resultiert aus den zum Teil sehrlangen Lieferzeiten von Neufahrzeugen und langwierigenAusschreibungsverfahren für die Vergabe von Nahver-kehrsleistungen. Die DB Netz AG weigert sich jedochbislang, diesen Gegebenheiten des Marktes Rechnung zutragen und Rahmenverträge zuzulassen, bei denen mehrals die momentan geplanten neun Monate zwischen An-gebotsannahme und Verkehrsaufnahme liegen.

2.2.8 Festlegung der Anmeldefristen für Rahmenverträge

Die gegenwärtig geltende Fassung des § 13 Absatz 7EIBV zur Bestimmung einer gemeinsamen Anmeldefristfür Rahmenverträge durch die Betreiber der Schienen-

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wege (BdS) sieht vor, dass die BdS „rechtzeitig“ vor Be-ginn einer Rahmenfahrplanperiode einen gemeinsamenZeitraum festzulegen haben, binnen dessen Zugangsbe-rechtigte Anträge auf Abschluss eines Rahmenvertragesabgeben können.

Bislang sind die BdS ihrer gesetzlichen Verpflichtungnicht nachgekommen. Es wurde keine gemeinsame Fristzur Anmeldung durch die BdS bestimmt. Darüber hinauswerden die von der DB Netz AG festgesetzten Anmelde-fristen für Rahmenverträge von einigen Zugangsberech-tigten, insbesondere den Markteinsteigern, im Hinblickauf die Vorlaufzeit zwischen Anmeldung und Aufnahmeder entsprechenden Eisenbahnverkehre als zu kurz be-wertet.

Die Bundesnetzagentur schlägt nach rechtsgutachterli-cher Beratung und Bedarfsabfrage im Eisenbahnmarktdaher eine Änderung des § 13 Absatz 7 EIBV vor.

Ein entsprechender Diskussionsentwurf des BMVBSsieht nunmehr vor, dass die Anmeldefrist nach § 13 Ab-satz 7 EIBV nicht mehr von den BdS gemeinsam festge-legt wird, sondern dass diese von Gesetzes wegen immerim vierten Jahr einer Rahmenfahrplanperiode im Zeit-raum von Juni bis Juli liegt. Hierdurch wird eine einheitli-che, klare und rechtzeitige Festlegung des Anmeldezeit-raums gewährleistet.

2.2.9 Genehmigung von lang laufenden Rahmenverträgen

Rahmenverträge haben grundsätzlich eine Laufzeit vonfünf Jahren (vergleiche § 13 Absatz 5 EIBV). Unter be-stimmten Voraussetzungen können sich die Vertragspar-teien jedoch auf längere Laufzeiten verständigen. In die-sem Fall ist die Laufzeit des Rahmenvertrags allerdingsdurch die Bundesnetzagentur zu genehmigen (vergleiche§ 14a AEG).

Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist die Genehmigungzu erteilen, wenn der Antragsteller vertragliche Bindun-gen, Investitionen oder sonstige vergleichbare Risikennachweist. Um zu überprüfen, ob ein Unternehmen dieseökonomischen Genehmigungsvoraussetzungen bei derAntragstellung erfüllt, hat die Bundesnetzagentur einKonzept erarbeitet, das der Öffentlichkeit in einer Kun-denveranstaltung am 17. Februar 2009 erstmals vorge-stellt wurde.

Mit der Genehmigung lang laufender Rahmenverträgeverfolgt die Bundesnetzagentur das Ziel, Verkehr zu er-möglichen, der ohne eine langfristige Absicherung vonFahrwegkapazität nicht zustande kommt. Darüber hinauszeichnen sich die im Prüfkonzept enthaltenen Methodenaber auch durch ihre Anpassungsfähigkeit an neue gesetz-liche Rahmenbedingungen aus.

Mit Beginn der zweiten Rahmenfahrplanperiode (Beginn:Dezember 2010) rechnet die Bundesnetzagentur erstmalsmit Anträgen zur Genehmigung von solchen Rahmenver-trägen.

2.2.10 Überlastung von Schienenwegen

Eines der wichtigsten Grundsatzthemen für den Zugangzu Schienenwegen war auch in 2008 die Kapazität desNetzes, zumal zahlreiche Strecken, vor allem aber auchKnoten im Schienennetz nach allgemeiner Einschätzungder Eisenbahnbranche weitgehend ausgelastet sind unddamit nennenswerte Neuverkehre gar nicht mehr aufneh-men können. Allein für den Schienenpersonenfern-und -güterverkehr, also ohne den Nahverkehr, weist bei-spielsweise der Bericht zum Ausbau der Schienenwege2007 vier Engpässe in Knotenbereichen und 14 Engpass-strecken aus. Schwerpunkte bilden dabei die BereicheHamburg mit den Hauptabfuhrstrecken des Seehafenhin-terlandverkehrs, Emmerich–Duisburg–Köln, Fulda–Frank-furt–Rhein-Neckar, die Oberrheinstrecke Karlsruhe–Baselund Augsburg–München–Mühldorf. Besonders proble-matisch ist der im deutschen Schienennetz häufigeMischverkehr, weil die Kapazität von Strecken umso stär-ker abnimmt, je heterogener die auf ihnen gefahrenenGeschwindigkeiten sind. Gleichzeitig besteht ein erheb-liches Problem, die Kapazitäten von Strecken genau zubestimmen, weil diese jeweils von den konkreten Betriebs-programmen abhängig sind. Gelingt es, Geschwindigkei-ten homogener zu gestalten – beispielsweise durch Bün-delung gleichschneller Züge – wächst die Kapazität unterUmständen sprunghaft an. Umgekehrt können zusätzlichverkehrende, besonders schnell oder langsam fahrendeZüge die Kapazität massiv herabsetzen. Aufgrund des inden vergangenen Jahrzehnten erheblichen Rückbaus vonÜberholmöglichkeiten bestehen auf vielen Strecken keineoder zu wenige Abschnitte, langsame Züge zu überholen.Auch die Möglichkeiten, nach Störungen wieder mög-lichst rasch zum Fahrplan zurückzukehren, sind dadurcherheblich verringert.

Die Diskussion über die verfügbaren Kapazitäten wirdinsbesondere dadurch erschwert, dass sich der größteSchienennetzbetreiber in Deutschland an Transparenz zurNetzkapazität wenig interessiert zeigt, während in der be-nachbarten Schweiz beispielsweise aktuelle Bildfahr-pläne, Trassenkataloge und Informationen über Restkapa-zitäten leicht zugänglich sind (www.fahrplanfelder.ch,www. trasse.ch) und über langfristige Fahrplanszenariendefinierte Ausbauvorhaben quasi öffentlich diskutiertwerden.

Da die Kapazität von Schienenwegen als Parameter fürden Netzzugang relativ schwer zu fassen ist, bietet sicheine andere Größe als besser geeignet an: die Überlastungbzw. die in naher Zukunft zu erwartende Überlastung.Gemäß §§ 16 bis 18 EIBV sind Betreiber der Schienen-wege verpflichtet, überlastete Schienenwege unverzüg-lich dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und der Bundes-netzagentur mitzuteilen und diese zu veröffentlichen.Selbst die in naher Zukunft zu erwartende Überlastungkann zumindest in Teilbereichen oft schon frühzeitig er-kannt werden: Der Schienennetzbetreiber ist verpflichtet,für Gelegenheitsverkehre die voraussichtlich erforderli-che Schienenwegkapazität innerhalb des Netzfahrplansvorzuhalten, um auf zu erwartende Anträge reagieren unddann weitere Trassen anbieten zu können (§ 14 Absatz 4

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EIBV). Ist das nicht möglich, weil bereits im Rahmen desNetzfahrplans zu viele Regeltrassen nachgefragt werden,liegt eine in naher Zukunft zu erwartende Überlastungvor. Allerdings bestehen auch hierbei wiederum erhebli-che Transparenzprobleme, denn die Anwendung von § 14Absatz 4 EIBV im Zusammenhang mit der Überlastungnach § 16 EIBV setzt Informationen über die die tatsäch-liche Trassenbelegung der Schienenstrecken voraus:Zwar müssen Informationen über die verfügbare Schie-nenwegkapazität allen Zugangsberechtigten auf Verlan-gen unverzüglich zur Verfügung gestellt werden, wozuauch das Internet genutzt werden kann (§ 14 Absatz 3EIBV), aber in der Praxis gibt es die entsprechenden In-formationen nur dann, wenn ein Zugangsberechtigter mit-tels Trassenstudie konkret nachfragt.

Anschließend an die Überlastungserklärung sind eine Ka-pazitätsanalyse und ein Plan zur Erhöhung der Schienen-wegkapazität nach jeweils einem halben Jahr vorzulegen.Diese Verfahrensschritte bieten den Infrastrukturunter-nehmen die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit den zu-ständigen Behörden und den ebenfalls zu beteiligenden,betroffenen Ländern sowie den Nutzern der betreffendenSchienenstrecken Strategien zu entwickeln, um die Aus-wirkungen von Überlastungen zu reduzieren, unter ande-rem durch Maßnahmen im betrieblichen oder entgeltli-chen Bereich.

Inzwischen liegen einige Praxiserfahrungen mit demÜberlastungsverfahren nach §§ 16 bis 18 EIBV vor: Ob-wohl nach Aussagen von Marktteilnehmern große Teiledes deutschen Schienennetzes als überlastet gelten, erfol-gen die entsprechenden Überlastungsmitteilungen gemäߧ 16 EIBV seitens der DB Netz AG bisher nur sehr zu-rückhaltend. 2007 wurden drei Schienenstrecken in Bay-ern, 2008 drei weitere Schienenstrecken in Baden-Württemberg und Hessen als überlastet ausgewiesen. Ei-senbahn-Bundesamt und Bundesnetzagentur sind dahergegenwärtig dabei, die Anfang 2007 seitens des Eisen-bahn-Bundesamtes erlassene Verfahrensanweisung hin-sichtlich ihrer Anwendbarkeit zu prüfen. Auch die Vor-lage und Diskussion von Kapazitätsanalyse und Plan zurErhöhung der Kapazität (PEK) verliefen bei den erstendrei als „Pilotverfahren“ deklarierten Strecken zäh und imErgebnis unbefriedigend. Die vorgeschlagenen Maßnah-men sind nur bedingt für eine Verbesserung der Lage aufden betroffenen Strecken geeignet. So verzichtete die DBNetz AG zum Beispiel auf einen Zuschlag, mit dem Ka-pazitätsauslastungen effektiver gesteuert werden könnten.Ebenso konnte die Bundesnetzagentur die betrieblichenMaßnahmen für die betroffenen Strecken im Hinblick aufihre kapazitätssteigernde Wirkung nicht ausreichendnachvollziehen.

Mittelfristig ist die Ausweisung überlasteter Schienenwegevoranzutreiben, um bestehende Diskrepanzen zwischenMarkterfordernissen und Kapazität des Schienennetzesbesser als bisher abzubilden und kurz- bis mittelfristigeLösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Der Schienennetz-ausbau gemäß Bundesschienenwegeplanung greift dem-gegenüber erst als langfristiges Instrument.

2.2.11 Ablehnung von Trassenanmeldungen

Gemäß § 14d Satz 1 Nummer 1 und 2 AEG haben öffent-liche Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Bundes-netzagentur über beabsichtigte Trassenablehnungen zumJahresfahrplan und hinsichtlich unterjährigen Trassenab-lehnungen im Gelegenheitsverkehr vorab zu informieren.Vor dieser Mitteilung kann die Trassenablehnung demZugangsberechtigten nicht wirksam mitgeteilt werden.Die Bundesnetzagentur erhielt im Jahr 2008 Mitteilungenzu insgesamt 43 betroffenen Trassen, davon drei Mittei-lungen im Rahmen des Jahresfahrplans und 40 Mitteilun-gen im Rahmen des Gelegenheitsverkehrs (vergleicheTeil I, Abschnitt 5.2 – Mitteilungspflichten der EIU).

Hinsichtlich der beabsichtigten Trassenablehnungen zumJahresfahrplan und im Gelegenheitsverkehr prüfte die Bun-desnetzagentur deren Vereinbarkeit mit den Vorschriftendes Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfra-struktur. Dabei stehen für die zum Jahresfahrplan beab-sichtigten Trassenablehnungen zehn Arbeitstage, fürTrassenablehnungen im Gelegenheitsverkehr nur ein Ar-beitstag zur Verfügung.

In einigen Fällen beanstandete die Bundesnetzagentur dieverspätete Einreichung der Mitteilung oder die fehlendeBegründung der beabsichtigten Trassenablehnung. In dreiFällen, in denen die DB Netz AG wegen fehlender Gleis-kapazitäten die Anmeldung von Trassen ablehnte, prüftedie Bundesnetzagentur anhand der graphischen Trassen-konstruktionsunterlagen die sachliche Rechtfertigung derAblehnung und die Möglichkeit, alternative Trassen zukonstruieren.

2.2.12 Zeitpunkt des Zusendens der Trassen-angebote

Aufgrund des gerichtlich bestätigten Widerspruchs derBundesnetzagentur gegen die bislang bestehende Pro-zesskette der DB Netz AG zur Trassenvergabe teilte dieDB Netz AG ihren Kunden per Rundschreiben mit, dasssich das Datum für die Bekanntgabe des endgültigenNetzfahrplanentwurfs verschiebe, ohne ein genaues Da-tum zu nennen.

Berechtigte Beanstandungen der Zugangsberechtigtensind somit zukünftig zu bearbeiten, bevor im Fall einerbeabsichtigten Trassenablehnung eine Mitteilung nach§ 14d AEG an die Bundesnetzagentur erfolgt. Daranschließt sich die nach § 14e AEG vorgesehene zehntägigePrüffrist der Bundesnetzagentur an. Eventuell seitens derBundesnetzagentur gemachte Vorgaben sind zunächst inden Netzfahrplanentwurf einzuarbeiten, bevor die Tras-senangebote an die Zugangsberechtigten verschickt wer-den. Die zehntägige Prüffrist wurde in den Prozessen derDB Netz AG nicht berücksichtigt. Insbesondere die Un-klarheit, wann eine Übersendung der Bekanntgabe desendgültigen Netzfahrplanentwurfs erwartet werden kann,beeinträchtigte die Planungssicherheit der Zugangsbe-rechtigten. Da diesen ebenfalls nur eine kurze Frist zurBearbeitung des Entwurfs bleibt, erhob ein EVU auf-grund der erheblichen Beeinträchtigung des gesamtenAblaufprozesses der Trassenvergabe Beschwerde bei der

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Bundesnetzagentur. Durch Verpflichtung zur Bekannt-gabe des genauen Datums an die betroffenen Zugangsbe-rechtigten konnte eine zeitnahe und für alle Kunden ein-heitliche Information durch die DB Netz AG über denZeitpunkt der Versendung der Trassenangebote sicherge-stellt werden.

2.2.13 Berücksichtigung der Stellungnahme der EVU im Rahmen der Netzfahrplan-erstellung

Im Rahmen des Trassenanmeldeverfahrens zum Netz-fahrplan bei der DB Netz AG wurde beklagt, dass Bean-standungen nicht als berechtigt angesehen und Stellung-nahmen zum vorläufigen Netzfahrplanentwurf nichtausreichend berücksichtigt würden. Dies betraf unter an-derem auch beanstandete Abweichungen vom ursprüngli-chen Trassenangebot aufgrund von Baumaßnahmen. DieBundesnetzagentur prüfte die Sachverhalte und erzielte inAbstimmung mit den Beteiligten über modifizierte Tras-senangebote des Netzbetreibers eine einvernehmliche Lö-sung.

2.3 Sonstige Aktivitäten

2.3.1 Koordinierungs- und Entscheidungs-verfahren nach Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)

Die Bundesnetzagentur sieht in der gegenwärtigen An-wendung des § 9 EIBV und der darauf basierendenDurchführung des entsprechenden Koordinierungsverfah-rens für den Netzfahrplan ohne Einbeziehung der Bun-desnetzagentur erhebliche Diskriminierungspotentiale.

Im Rahmen des Koordinierungsverfahren gemäß § 9 Ab-satz 3 EIBV wird dem Betreiber der Schienenwege dieMöglichkeit eingeräumt, Nutzungskonflikte durch alter-native Trassenangebote im Einvernehmen mit den jeweilsbetroffenen Zugangsberechtigten zu lösen. Nach Kennt-nis der Bundesnetzagentur – insbesondere durch zahlrei-che entsprechende Hinweise der Zugangsberechtigten –sehen sich die Zugangsberechtigten gezwungen, diese Al-ternativangebote anzunehmen, um überhaupt ein Trassen-angebot zu erhalten. Eine neutrale Kontrollinstanz ist indas Koordinierungsverfahren nach § 9 EIBV gegenwärtignicht eingebunden (vergleiche auch Abschnitt 2.2.11 –Ablehnung von Trassenanmeldungen). Aus Sicht derBundesnetzagentur birgt das gegenwärtige Koordinie-rungsprozedere nach § 9 EIBV mangels Kontrollmöglich-keiten der Regulierungsbehörde Diskriminierungspoten-tiale insbesondere durch die Möglichkeit einer sachlichnicht gerechtfertigten Bevorzugung einzelner Zugangsbe-rechtigter in sich.

Die Bundesnetzagentur ist bestrebt, zukünftig im Koordi-nierungsverfahren nach § 9 EIBV durch den Betreiber derSchienenwege unverzüglich über Konfliktfälle informiertzu werden, um frühzeitig Diskriminierungen bei der Tras-senvergabe entgegenwirken zu können. Eine Einbindungder Bundesnetzagentur in das Koordinationsverfahrenwird auch vom BMVBS befürwortet. Der Entwurf zur

Neufassung der EIBV beinhaltet entsprechende konkreteVorgaben.

2.3.2 Unterstützung des Eisenbahn-Bundes-amtes bei einem Verfahren gegen die DB Netz AG

Die Bundesnetzagentur unterstützte das Eisenbahn-Bundes-amt in einem Verfahren gegen die DB Netz AG, nachdemdiese angekündigt hatte, zukünftig die Aufgabenverteilungzwischen Netzbetreiber und EVU bei der Umsetzung vonMaßnahmen bei bahnbetriebsgefährdenden Umständenzu Lasten der EVU abzuändern. Eine Folge hiervon wäregewesen, dass EVU beispielsweise bei der Möglichkeitdes Eintretens extremer Witterungsverhältnisse selbsthätten entscheiden müssen, ob und mit welcher Ge-schwindigkeit eine Strecke zu befahren wäre; unabhängigund im Zweifelsfall ohne Rücksicht auf die Entscheidun-gen anderer EVU.

In Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur konntedas Eisenbahn-Bundesamt erreichen, dass die DB NetzAG gesetzeskonform auch zukünftig als Netzbetreiber inder Verantwortung steht, geeignete Maßnahmen zur Früh-erkennung bahnbetriebsgefährdender Umstände sowie imjeweiligen Fall sicherheitsrelevante Entscheidungen zutreffen und dies nicht den EVU auferlegen kann.

2.3.3 Stilllegung von Strecken nach § 11 AEGDas Verfahren nach § 11 AEG betrifft nicht nur die dau-ernde Einstellung des Betriebes einer Strecke, sondernauch die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazi-tät einer Strecke; gerade ein solcher Rückbau ist häufigwettbewerblich relevant, weil er dazu führen kann, dassattraktive, marktfähige Trassen nicht mehr konstruiertwerden können.

Wird befürchtet, dass ein Rückbau nachteilige Auswir-kungen auf den Wettbewerb haben könnte oder den Zu-gang für ein EVU gänzlich verhindern könnte, so nimmtdie Bundesnetzagentur Einblick in die Verfahren des Ei-senbahn-Bundesamtes und wird gegebenenfalls bereitsim Vorfeld bei der Entscheidungsfindung des Eisenbahn-Bundesamtes unterstützend tätig.

Die von der DB Netz AG geplanten umfangreichen Rück-baumaßnahmen auf der rechten Rheinstrecke wurdenvom Eisenbahn-Bundesamt nicht zuletzt auf Grund derErläuterung der wettbewerblichen Problematik durch dieBundesnetzagentur untersagt.

3 Zugang zu Serviceeinrichtungen3.1 Stand der Öffnung von Service-

einrichtungen3.1.1 Einleitung und HintergrundDie Entwicklung des Wettbewerbs auf der Schiene spieltesich in den vergangenen Jahren (2004 bis 2008) vor demHintergrund einer, im intermodalen Vergleich, überdurch-schnittlich stark zunehmenden Verkehrsleistung derSchiene im Güterverkehrsmarkt ab. Von dieser Entwick-

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lung konnten insbesondere auch die Wettbewerbs-Eisen-bahnverkehrsunternehmen der Deutschen Bahn AG profi-tieren. Ihr Anteil an der Verkehrsleistung im Güterverkehrnahm stetig bis auf circa 21 Prozent im Jahr 2008 zu(siehe Teil I, Abschnitt 2 – Wettbewerbsentwicklung imEisenbahnverkehrsmarkt). Im Bereich des SPNV kom-men die Wettbewerber der DB AG auf einen Anteil an derVerkehrsleistung von gut 10 Prozent (2008). In den kom-menden fünf Jahren werden zudem circa zwei Drittel derbundesweiten Verkehrsleistungen von den Aufgabenträ-gern neu vergeben werden, so dass sich für die Wettbe-werber große Chancen ergeben. Insbesondere die Nut-zungsmöglichkeiten der Personenbahnhöfe sowie dieChancen und Möglichkeiten eines eigenen Leistungs-angebotes in Serviceeinrichtungen seitens der EVU wer-den weiter an Bedeutung gewinnen.

Da der Anteil der von Wettbewerbern erbrachten Verkehrs-leistung in der Vergangenheit kontinuierlich zugenommenhat, wurden und werden analog zu der Entwicklung beiden Schienenwegen somit auch die Serviceeinrichtungenund die spezifischen Nutzungsmöglichkeiten dieser Ei-senbahninfrastrukturen in verstärktem Maße von den imMarkt aktiven EVU nachgefragt und benötigt.

Die Prüfung der Einhaltung der eisenbahnrechtlichenVorgaben zur diskriminierungsfreien Zugangsgewährungbei Serviceeinrichtungen bildet parallel zu den Aufgabenim Bereich des Zugangs zu Schienenwegen einenSchwerpunkt der Arbeit der Bundesnetzagentur. Mit derPrüfung der Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtun-gen und dem Tätigwerden der Behörde bei konkretenVerdachtsmomenten hinsichtlich Verstößen gegen die Zu-gangsrechte, zum Beispiel aufgrund von Beschwerdender Zugangsberechtigten, lassen sich die Kernaufgabenskizzieren.

Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), die Service-einrichtungen nach § 2 Absatz 3c AEG betreiben, habenim Rahmen der eisenbahnrechtlichen Vorgaben Zugangzu ihrer Infrastruktur und den damit verbundenen Leis-tungen zu gewähren.

Nach derzeitigem Kenntnisstand der Bundesnetzagentursind die meisten dieser Infrastrukturen für Wettbewerberweitestgehend zugänglich, doch sind unterschiedlicheAusprägungen hinsichtlich des Grades der tatsächlichenNutzungsmöglichkeiten dieser Einrichtungen festzustel-len. Die Marktbeobachtung der Bundesnetzagentur hatunter anderem ergeben, dass eine Vielzahl der Eisenbahn-infrastrukturunternehmen, die Serviceeinrichtungen be-treiben, noch keine durch den Gesetzgeber vorgeschriebe-nen Nutzungsbedingungen (NBS) aufgestellt, mitgeteiltbzw. veröffentlicht haben (vergleiche Teil I, Abschnitt 5.1 –Erstellung von Nutzungsbedingungen). Obwohl die gesetz-liche Pflicht zur Erstellung, Veröffentlichung und Mittei-lung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungenbereits seit dem Jahr 2005 besteht, ist diesbezüglich nochimmer ein Informationsdefizit bei vielen Eisenbahninfra-strukturunternehmen zu erkennen. Die Bundesnetzagenturhat daher die bisher bekannten Eisenbahninfrastruktur-unternehmen nochmals deutlich auf die Pflicht zur Auf-stellung von Nutzungsbedingungen und die diesbezüglich

notwendigen, formalen Verfahrensschritte hingewiesen.Eine Vielzahl von Eisenbahninfrastrukturunternehmenhat sich daraufhin bereits mit weiterem Beratungsbedarfan die Bundesnetzagentur gewandt. Es handelte sich da-bei vielfach um kleine und mittelständische Unterneh-men.

3.1.2 Besondere Themen im Rahmen der Zugangsregulierung bei Service-einrichtungen

Im Zuge der bisherigen regulatorischen Arbeit der Bun-desnetzagentur lassen sich exemplarisch insbesondere dienachfolgend dargestellten Themenbereiche anführen, de-nen bei Fragen des Zugangs und der Nutzung von Servi-ceeinrichtungen eine besondere Bedeutung zukommt.

Neben der Bewertung der Öffentlichkeit von bestimmtenEisenbahninfrastrukturen sieht sich die Bundesnetzagen-tur im Rahmen ihrer Regulierungsarbeit unter anderemmit dem Themenbereich der Betriebspflicht von Service-einrichtungen und den sich daraus ergebenden Konse-quenzen konfrontiert (siehe Abschnitt 3.4.2 – VDV – Ent-wicklung des Begriffs der „Verlader-Gemeinschaft“ undTeil III, Abschnitt 2.1.2 Offene Fragen zur Betriebspflichtbei Serviceeinrichtungen).

Die Bundesnetzagentur führt seit 2006 zudem verschie-dene Verfahren mit Bezug zu Fragen des Zugangs zuWartungseinrichtungen (siehe Abschnitt 3.2.3 – War-tungseinrichtungen und Abschnitt 5.1 – DB Regio AG –Wartungseinrichtungen).

3.1.3 Schwerpunkt bei NBS-Prüfungen und Fragen des Zugangs

In den folgenden Abschnitten werden außerdem NBS-Prüfungen bzw. Zugangsverfahren ausgewählter Bereichenäher erläutert. Zu dem im Bereich des Schienengüterver-kehrs in den Jahren 2004 bis 2008 zu verzeichnendenüberdurchschnittlich starken Wachstum der Verkehrsleis-tung hat, neben dem Transport bahnaffiner Massengüter,insbesondere der boomende Seehafenhinterlandverkehrwesentlich beigetragen. Deshalb stellen unter anderemder Zugang und die Nutzungsmöglichkeiten von Service-einrichtungen wie z. B. Häfen und Terminals wichtigeDeterminanten des intra- und intermodalen Wettbewerbsdar. Die schließlich auch für den internationalen Güter-verkehr bedeutende Schnittstelle zwischen Schienen- undWasserwegen gewinnt insofern auch regulatorisch immermehr an Bedeutung. Die Bundesnetzagentur hat einenentsprechenden Prüfungsschwerpunkt bei den Häfen undTerminals im Jahr 2008 angelegt (siehe Abschnitt 3.2.2 –Häfen und Terminals und Abschnitt 3.3.1 – Häfen).

Des Weiteren fordern bei diesen Serviceeinrichtungenauch konkrete Zugangsverweigerungen gegenüber Eisen-bahnverkehrsunternehmen (EVU) zunehmende regulato-rische Beachtung (siehe Abschnitt 3.3 – Zugang zu Servi-ceeinrichtungen). Die Bundesnetzagentur wird daherinsbesondere bei diesen Serviceeinrichtungen aufmerk-sam die weitere Entwicklung im Markt verfolgen und dieAusgestaltung der für die Zugangsberechtigten wesentli-

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Drucksache 17/4630 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

chen Rahmenbedingungen der Nutzung dieser Infrastruk-turen eingehender analysieren.

3.2 Prüfung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS)

3.2.1 NBS Schwerpunkte Die Bundesnetzagentur hat seit den wesentlichen Ände-rungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in den letzten3 Jahren der Zugangsregulierung eine Vielzahl von Nut-zungsbedingungen für unterschiedliche Arten von Servi-ceeinrichtungen geprüft.

Dabei hat sie inhaltliche Schwerpunkte von besonders ho-her wettbewerblicher Relevanz herausgearbeitet, wie bei-spielsweise die Regelungen zum Anmelde- und Koordi-nierungsverfahren. Für die unterschiedlichen Arten vonServiceeinrichtungen zeichnen sich außerdem noch cha-rakteristische zugangsrelevante Themen ab, wie etwa dieFrage, ob in Wartungseinrichtungen für Schienenfahr-zeuge Ersatzteile vorrätig gehalten werden müssen oderwelche Leistungen ein Zugangsberechtigter unter wel-chen Bedingungen in Personenbahnhöfen selbst erbrin-gen darf.

Dies hat die Bundesnetzagentur dazu veranlasst, bei derPrüfung von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrich-tungen eine Erheblichkeitsschwelle anzuwenden und,anstatt einer Klausel zu widersprechen, konstruktive Hin-weise zur eisenbahnrechtskonformen Ausgestaltung be-stimmter Regelungen zu geben, soweit sich dies nicht ne-gativ auf die Entwicklung des Wettbewerbs auswirkt.Hierbei berücksichtigt sie insbesondere die Wettbewerbs-relevanz der betreffenden Klausel sowie des konkret be-troffenen Eisenbahninfrastrukturunternehmens.

Schließlich hat die Bundesnetzagentur die Prüfung vonNutzungsbedingungen im Jahr 2008 auf bestimmte Artenvon Serviceeinrichtungen fokussiert (vergleiche hierzuim Folgenden).

3.2.2 Häfen und Terminals Einen besonderen Schwerpunkt hat die Bundesnetzagen-tur in 2008 auf die Prüfung von Nutzungsbedingungen fürServiceeinrichtungen (NBS) von Häfen und Terminalsgelegt. So hat sie die NBS der größten Terminalbetreiberin den Häfen Bremerhaven und Hamburg im Rahmen ei-ner Vorabprüfung (§ 14e Abs.1 Nummer 4 AEG) bewer-tet.

Sie hat Regelungen in der beabsichtigten Neufassung derNBS der Eurogate Container Terminal BremerhavenGmbH widersprochen. Hierbei wurde die in den NBSvorgenommene Eingrenzung des Nutzungszwecks derServiceeinrichtung beanstandet, da das eisenbahnrechtli-che Zugangsrecht keine pauschale Einengung auf einenNutzungszweck zulässt. Ebenso hat die Bundesnetzagen-tur eine Regelung als zugangsrechtlich nicht zulässig an-gesehen, wonach Leistungen, die zwingend mit der Nut-zung der Serviceeinrichtung verbunden sind, auf einanderes Unternehmen verlagert werden sollten. Im Au-ßenverhältnis zum Zugangsberechtigten muss der Infra-

strukturbetreiber allein seiner Leistungspflicht nachkom-men. Im Weiteren hat die Bundesnetzagentur daraufhingewiesen, dass sie sich die Prüfung der Zusammenar-beit und Aufgabenteilung bei der Betriebsführung desTerminals der Eurogate Container Terminal BremerhavenGmbH mit weiteren Unternehmen in einem späteren Ver-fahren vorbehält. Im Übrigen hat sie Hinweise gegeben,wie der Regelungsgehalt verschiedener Bestimmungen inden geprüften Nutzungsbedingungen präzisiert werdenkann.

Zwei weiteren, von der Eurogate Container TerminalHamburg GmbH und der Hamburger Hafen und LogistikAG mitgeteilten, beabsichtigten Neufassungen von NBShat die Bundesnetzagentur nicht widersprochen. Sie hatteim Laufe des Jahres 2008 den Prozess der Erstellung derNutzungsbedingungen begleitet. Es konnten so bereits imVorfeld Regelungen in den NBS vermieden werden, diezu einer für die Zugangsberechtigten nicht eindeutigen,intransparenten Situation bei der Nutzung der Eisenbahn-infrastrukturen führen.

Im Rahmen der Vorabprüfung der Nutzungsbedingungengab die Bundesnetzagentur den EIU indes noch Hinweisezu mehreren Regelungen bzw. Formulierungen der NBS,bei denen Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Vorschrif-ten des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahn-infrastruktur bestehen. Die Hinweise sollen bei künftigenÄnderungen berücksichtigt werden. So sah die Bundes-netzagentur einen kritischen Punkt darin, dass Regelun-gen, die sich auf die Aufteilung von Zuständigkeiten undVerantwortlichkeiten zwischen dem Eigentümer der In-frastruktur und dem EIU als Betreiber der Serviceeinrich-tung beziehen, in den NBS nicht hinreichend klar undeindeutig erkennbar dargestellt sind. Für Zugangsberech-tigte muss der Aufgaben- und Verantwortlichkeitsbereichdes EIU indes zweifelsfrei zu erkennen sein, insbeson-dere wenn neben dem EIU selbst noch weitere Beteiligtemit Einflussnahmemöglichkeiten etwa auf Ausstattungoder bauliche Veränderungen der Serviceeinrichtung inErscheinung treten. Gegenüber der Hamburger Hafen undLogistik AG wies sie unter anderem darauf hin, dass dieMöglichkeit, einem Zugangsberechtigten zeitlich zuge-teilte Nutzungsfenster (Slots) wieder entziehen zu kön-nen, wenn dieser mehrfach sein Zeitfenster nicht einhält(Pünktlichkeitsquote), zugangsrechtlich kritisch ist. Siehat sich eine nachträgliche Prüfung dieser Regelungenvorbehalten.

Die Hamburg Port Authority (HPA) als Betreiberin derHafenbahn im Hamburger Hafen teilte der Bundesnetz-agentur ebenfalls ihre beabsichtigten NBS – Änderungenmit. Ihnen hat die Bundesnetzagentur ebenfalls nicht wi-dersprochen. Allerdings gab sie auch hier Hinweise zurAusgestaltung von Regelungen, die im Rahmen dernächsten Änderung der HPA-NBS berücksichtigt werdensollen. Demgegenüber wurde die Einführung einer vonder HPA entworfenen Regelung, welche das eisenbahn-rechtlich vorgesehene Koordinierungs- und Konfliktlö-sungsverfahren (§ 10 Absatz 5 und 6 EIBV) – als Teil desAnmeldeverfahrens – mit Regelungen über die Disposi-tion im laufenden Betrieb vermischt hätte, nach einem

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/4630

Hinweis durch die Bundesnetzagentur auf den damit ver-bundenen, systembedingten Bruch, von der HPA zurück-genommen. Ein Widerspruch seitens der Bundesnetz-agentur konnte damit vermieden werden.

3.2.3 WartungseinrichtungenEin weiterer Prüfungsschwerpunkt der Bundesnetzagen-tur im Jahr 2008 lag auf den Wartungseinrichtungen imSinne von § 2 Absatz 3c Nummer 7 AEG. Diese sind einSchlüsselelement des allgemeinen Eisenbahnbetriebes.Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen ist auf die Inan-spruchnahme von Wartungsleistungen angewiesen. Damiterweist sich die Frage nach dem Zugang zu Wartungska-pazitäten als Markteintrittsschwelle; und zwar insbeson-dere für solche Eisenbahnverkehrsunternehmen, die überkeine eigene Werkstatt verfügen. Die Bundesnetzagenturmusste allerdings feststellen, dass die Betreiber für ihreWartungseinrichtungen vielfach keine Nutzungsbedin-gungen aufgestellt hatten. Zu diesen Unternehmen ge-hörte auch die DB Regio AG, welche eine Vielzahl vonWartungseinrichtungen sowie andere technische Einrich-tungen (wie z. B. Waschanlagen) für Fahrzeuge desSchienenverkehrs betreibt.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur derDB Regio AG mit Bescheid vom 8. Mai 2008 aufgege-ben, Nutzungsbedingungen für ihre Wartungseinrichtun-gen aufzustellen und die Bundesnetzagentur hierüber imRahmen einer gesetzlich vorgesehenen Mitteilung (§ 14dSatz 1 Nummer 6 AEG) zu unterrichten. Die Anordnungdieses Bescheides war erforderlich geworden, weil dieDB Regio AG, nachdem zunächst der notwenige Inhaltvon Nutzungsbedingungen für Wartungseinrichtungenzwischen den Beteiligten erörtert worden war, pauschalauf die Position zurückfiel, die Wartungseinrichtungenunterlägen nicht dem Regulierungsrecht. Infolgedessenweigerte sie sich dann, Nutzungsbedingungen für ihreWartungseinrichtungen aufzustellen und der Bundesnetz-agentur in der gesetzlich vorgesehenen Form mitzuteilen.Die Bundesnetzagentur teilt die Rechtsauffassung der DBRegio AG, Wartungseinrichtungen unterlägen nicht demEisenbahnregulierungsrecht, nicht.

Die deutsche Rechtslage ist eindeutig und durch die bis-herige Rechtsprechung des VG Köln sowie des OVGNRW bestätigt: Wartungseinrichtungen sind Serviceein-richtungen und unterliegen als solche ohne weiteres demEisenbahnregulierungsrecht. Im Gemeinschaftsrecht an-gelegte Möglichkeiten, Regulierungsfreiräume einzuräu-men, hat der deutsche Gesetzgeber bewusst nicht in dasnationale Recht übernommen. Er hat sich damit zu einerbesonders wettbewerbsfreundlichen Umsetzung der euro-päischen Mindestvorgaben entschieden. Betreiber vonWartungseinrichtungen sind damit als Eisenbahninfra-strukturunternehmen einzuordnen. Sie unterfallen der Ei-senbahnregulierung auch dann, wenn sie zugleich Eisen-bahnverkehrsunternehmen sind. Damit trifft sie auch diePflicht zur Aufstellung und Mitteilung von Nutzungsbe-dingungen.

Gegen den Bescheid vom 8. Mai 2008 hat die DB RegioAG Widerspruch eingelegt, welcher von der Bundesnetz-

agentur mittlerweile zurückgewiesen wurde. Allerdingshat die DB Regio AG bereits angekündigt, die streitigeFrage der Eisenbahninfrastruktureigenschaft von War-tungseinrichtungen in einem gerichtlichen Hauptsache-verfahren klären lassen zu wollen.

Aufgrund des vorangegangenen Bescheides hat die DBRegio AG der Bundesnetzagentur die von ihr beabsichtig-ten Nutzungsbedingungen mitgeteilt und beispielhaft dreisogenannte „Steckbriefe“ ausgesuchter Wartungseinrich-tungen beigefügt, anhand derer die jeweils angebotenenLeistungen überblicksartig dargestellt werden sollten.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2008 hat die Bundesnetzagentureinzelnen Entgeltbestimmungen der Nutzungsbedingungenwidersprochen, da diese eine individuell vereinbarte An-dersbehandlung von Zugangsberechtigten ermöglichten.

Die Bundesnetzagentur vertritt die Ansicht, dass Stand-platzmieten und Stornierungsentgelte eisenbahnrechtlichals Entgelte einzuordnen sind und ein zu weitreichenderEntscheidungsspielraum gegen das eisenbahnrechtlicheDiskriminierungsverbot verstößt.

Zugleich hat die Bundesnetzagentur die DB Regio AG zueiner erweiterten Leistungsbeschreibung in den Nut-zungsbedingungen verpflichtet. Wenn die Erbringung derLeistungen in einer Serviceeinrichtung eindeutig im Vor-dergrund steht, muss die Leistungsbeschreibung alle In-formationen enthalten, die es den Zugangsberechtigtenermöglichen, ihren Zugangsanspruch ungehindert wahr-nehmen zu können. Jeder Zugangsberechtigte muss ohneweiteres erkennen können, welche Leistungen er bean-spruchen kann.

Die DB Regio AG verlor die von ihr angestrengten Eil-verfahren vor dem VG Köln sowie dem OVG NRW ge-gen beide von der Bundesnetzagentur erlassenen Be-scheide, weitestgehend. (s. Kapitel 5.3 – DB Regio AG –Wartungseinrichtungen).

Nachdem die Rechtsauffassung der Bundesnetzagenturzur Qualifizierung der Wartungseinrichtungen als Eisen-bahninfrastruktur durch die aktuelle Rechtsprechung be-stätigt wurde, beabsichtigt die Bundesnetzagentur nun-mehr, auf weitere Betreiber von Wartungseinrichtungenzuzugehen und diese zur Erstellung von Nutzungsbedin-gungen anzuhalten.

3.2.4 NBS DB Netz AGAuch die DB Netz AG teilte beabsichtigte Änderungenihrer NBS zusammen mit beabsichtigten Änderungen inihren Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNB) undinsbesondere auch in ihren betrieblich-technischen Regel-werken mit. Sie sollen unabhängig von ihrem inhaltlichenSchwerpunkt sowohl in den SNB als auch in den NBSAnwendung finden. Die Bundesnetzagentur hat deshalbhinsichtlich dieser Regelwerke ihre Prüfungsverfahrenverbunden.

Von der ursprünglichen Absicht, eine Trennung zwischen„netzzugangsrelevanten“ und „betrieblich-technischen“Regelwerken schon mit Wirkung zum 15. April 2009 vor-zunehmen und einen Großteil der Regelwerke als nicht

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netzzugangsrelevant und damit nicht mehr als Bestandteilder SNB/NBS einzustufen, nahm die DB Netz AG aufBetreiben der Bundesnetzagentur Abstand. Diese Regel-werke beschreiben die Schnittstellen zwischen Eisenbah-ninfrastruktur- und Verkehrsunternehmen und sind damiteine wichtige Basis für die reibungslose und diskriminie-rungsfreie Zusammenarbeit im Eisenbahnbetrieb. Sie ent-halten sowohl netzzugangsrelevante Regelungen mitwichtigen Hinweisen für die Zugangsberechtigten alsauch z. B. rein konzerninterne Mitarbeiter-Anweisungen,deren Kenntnis für die Zugangsberechtigten nicht erfor-derlich ist. Die Bundesnetzagentur und die DB Netz AGhaben sich darüber geeinigt, die Abgrenzung zwischenBestimmungen der betrieblich-technischen Regelwerke,die notwendiger Bestandteil der SNB/NBS sind und densonstigen betrieblich-technischen Inhalten der Regel-werke in einem gesonderten Verfahren bis zum nächstenÄnderungsturnus für Nutzungsbedingungen zu diskutie-ren.

Mit Bescheid vom 17. November 2008 widersprach dieBundesnetzagentur einigen Regelungen (siehe Ab-schnitt 2.1.2 – DB Netz AG – SNB 2009/2010).

In Ergänzung zu diesem Bescheid gab sie insbesondereHinweise zu Regelungen, deren Missverständlichkeit eindiskriminierendes Verhalten zulässt oder die Zugangsbe-rechtigten über ihre Rechte im Unklaren lässt. Zum Bei-spiel hat die DB Netz AG eine Neuformulierung in ihrerInfrastrukturbeschreibung zur Nutzung von Bremsprobe-anlagen in ihren Serviceeinrichtungen vorgenommen, diean vielen Punkten missverständlich ist und zum Teil nichtmit der graphischen Infrastrukturbeschreibung im Inter-net übereinstimmt.

Weiterhin hat die DB Netz AG eine neu eingeführte Defi-nition des sogenannten gewöhnlichen Halteplatzes einesReisezuges am Bahnsteig in der Richtlinie 408.0201 ein-geführt. Hier hat die Bundesnetzagentur darauf hingewie-sen, dass Regelungen zu Zug- und Bahnsteiglängen mitden eisenbahnrechtlichen Regelungen (§ 34 Absatz 8Satz 2 der Eisenbahn Bau und Betriebsordnung (EBO))und der Überwachungspraxis des Eisenbahn-Bundes-amtes übereinstimmen müssen.

3.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen3.3.1 HäfenNeben der Prüfung der Nutzungsbedingungen fordernauch konkrete Zugangsverweigerungen gegenüber Eisen-bahnverkehrsunternehmen (EVU) immer stärkere regula-torische Beachtung.

Die Kapazitätsgrenzen der Hafeneisenbahninfrastruktu-ren veranlassen deren Betreiber zum Teil zur Abweisungvon Nutzungsanträgen der EVU. Erstmalig verpflichtetedie Bundesnetzagentur die Bremische Hafeneisenbahndazu, über einen Nutzungsantrag neu zu entscheiden. Dievon ihr vorgebrachten Ablehnungsgründe waren nichttragfähig, da sie sich nicht in den von der Betreiberin er-stellten NBS wiederfanden. Die Bundesnetzagentur ach-tet darauf, dass das für die effiziente Infrastrukturnutzungentscheidende Koordinierungsverfahren in den NBS

transparent verankert ist und eine diskriminierungsfreieNutzung der Infrastruktur ermöglicht. Auch wenn es z. B.grundsätzlich möglich sein kann, Kapazitätsreserven fürzu erwartende Verkehrssteigerungen zurückzubehalten,muss diese Einschränkung der Kapazitätsvergabe in denNutzungsbedingungen verankert werden. Ein weitererAspekt, der den Zugang zu Häfen und Güterterminals er-schwert, ist eine verbreitete Ansicht der Betreiber, sieseien nicht zur Zugangsgewährung verpflichtet. Sie ten-dieren teilweise dazu, sich exklusiv an ein Eisenbahnver-kehrsunternehmen (EVU) zu binden, das auf ihrer Infra-struktur verkehrt. So verweigerte im Hafen Hamburg dieBetreiberin eines Kais zur Schüttgutverladung einemEVU den Zugang zum Kai mit dem Hinweis, dass für dieEinfahrt ein Exklusivvertrag mit einem anderen EVU be-stünde. Die Bundesnetzagentur eröffnete kurzfristig einErmittlungsverfahren und erläuterte, dass grundsätzlichjede Eisenbahninfrastruktur jedem EVU diskriminie-rungsfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Zur Ver-meidung eines Rechtsstreites war die Infrastrukturbetrei-berin bereit, dem EVU vorläufig Zugang zu gewähren.Eine ausführliche Betrachtung und Bewertung der Infra-struktur steht noch aus.

3.3.2 GSM-R

Die Bundesnetzagentur hat zur Prüfung, welche Diskri-minierungspotenziale sich für die Zugangsberechtigtenaus der Art und Weise der Einführung von GSM-R – Ran-gierfunk in Serviceeinrichtungen ergeben, circa 50 vonrund 350 öffentlichen Eisenbahnverkehrsunternehmenbefragt.

Bei einer Rücklaufquote von circa 50 Prozent haben circa20 Prozent der insgesamt befragten EVU die Befürchtunggeäußert, dass die von der DB Netz AG vorgesehenenFristen für die Einführung von GSM-R nicht ausreichenkönnten, um Fahrzeuge umzurüsten und ihr Personal zuschulen. Die Umrüstung auf GSM-R, die mit der Einfüh-rung anderer Sicherheitssysteme, z. B. ETCS, zusammen-fällt, gefährde ihre Wirtschaftlichkeit. Die Bundesnetz-agentur hat die DB Netz AG auf diese Befürchtungenhingewiesen und wird die Einführung von GSM-R weiteraufmerksam beobachten.

Kritisch beurteilten die Zugangsberechtigten die Verfüg-barkeit mobiler GSM-R – Rangierfunkgeräte am Markt.Viele Antworten aber auch kritische Stimmen im Nach-gang zur Kundenveranstaltung der DB Netz AG am4. September 2008 in Fulda konzentrierten sich auf zu ge-ringe Endgerätevorräte, monopolartige Herstellerstruktu-ren, hohe Preise und die nicht rechtzeitig abgeschlosseneEntwicklung neuer Geräte. Die Marktversorgung mit mo-bilen GSM-R Endgeräten zum Einsatz im Rangierbetriebist bisher nicht optimal. Die Bundesnetzagentur hat, ver-anlasst durch Beschwerden von zwei betroffenen Eisen-bahnverkehrsunternehmen, festgestellt, dass die Versor-gung aber soweit ausreichend ist, dass der Einsatz vonmobilen Geräten im Rangierfunk auch in den Serviceein-richtungen möglich ist, die ohne Parallelbetrieb aufGSM-R umgestellt werden bzw. in denen der parallel be-triebene analoge Rangierfunk abgeschaltet wird. Die

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Funktionstauglichkeit der derzeit im Markt erhältlichenmobilen Rangierfunk-Endgeräte ist für den Einsatz imRangierbetrieb allerdings eingeschränkt, da eine Frei-handbedienung im Rangierfunk nur bedingt möglich ist.Die Bundesnetzagentur wird auch diese Entwicklungweiter beobachten.

Die DB Netz AG, die zeitgleich befragt wurde, betont un-ter anderem, dass bei der Applikation „Rangieren imZugfunk“, einem Unterfall von GSM-R – Rangierfunk,mit keiner Behinderung der EVU zu rechnen sei. Mittel-bar bestätigt die DB Netz AG jedoch eine Verknappungmobiler GSM-R -Rangierfunkgeräte.

3.3.3 Zugbildungsanlagen, insbesondere Rangierbahnhöfe

Von der bis Ende 2008 positiven Wettbewerbsentwick-lung im Güterverkehrsmarkt profitierten insbesondere dieWettbewerber der Deutschen Bahn AG. Dabei haben dieWettbewerber-EVU ihre Marktanteile insbesondere imGanzzugverkehr gewonnen, während der Einzelwagen-verkehr auch heute noch fast ausschließlich von der DB –Konzerntochter DB Schenker Rail Deutschland AG,durchgeführt wird.

Im Einzelwagenverkehr ist neben dem Zugang zumSchienennetz der Zugang zu Zugbildungsanlagen, insbe-sondere Rangierbahnhöfen, eine unerlässliche Vorausset-zung, um die notwendige Zugbildung und -auflösung zurZusammenstellung und Sortierung der einzelnen Wagenin den Regionen vornehmen zu können. Die Bundesnetz-agentur misst ihnen für den reibungslosen Ablauf des(Einzelwagen-)Güterverkehrs besonders deshalb einehohe Bedeutung bei, weil sie im Netz wie ein Nadelöhrwirken. Der diskriminierungsfreie Zugang für alle Eisen-bahnverkehrsunternehmen ist erfolgskritisch für die Ent-stehung und Stabilisierung des Wettbewerbs im (Einzel-wagen-)Güterverkehr.

Nach derzeitiger Praxis werden die Gleise in Rangier-bahnhöfen von der DB Netz AG langfristig und fast voll-ständig an die DB Schenker Rail vermietet. Weitere EVUkönnen die verbleibenden Gleise, teilweise nur noch„Restposten“ anmieten. Da für Serviceeinrichtungenkeine zeitliche Beschränkung der Nutzungsvereinbarun-gen vorgeschrieben ist, besteht die Gefahr, dass sich die-ser Status unabhängig von der wettbewerblichen Ent-wicklung perpetuiert.

Die Bundesnetzagentur hat immer wieder Hinweise er-halten, die darauf hindeuten, dass die Wettbewerber-EVUnur erschwert oder gar keinen Zugang zu Rangiereinrich-tungen, insbesondere Rangierbahnhöfen erhalten. Sie hatdeshalb zur weiteren Aufklärung des sehr komplexen lo-gistischen Verfahrens und des zum Teil auch historisch ge-wachsenen Beziehungsgeflechts der beteiligten Unterneh-men, gegenüber der DB Netz AG und der DB SchenkerRail erste Auskunftsersuchen gestartet. Die Auswertungder Antworten führte zu weiterem Aufklärungsbedarf,und zwar insbesondere zur Vergabepraxis der Gleiskapa-zitäten und der tatsächlichen Betriebspraxis in derartigenServiceeinrichtungen.

Auch wenn die wirtschaftliche Lage an vielen Stellen zueinem spürbaren Rückgang des Schienengüterverkehrsinsgesamt geführt hat, erhält die Bundesnetzagentur auchweiterhin Hinweise darüber, dass Eisenbahnverkehrs-unternehmen der Zugang zu Serviceeinrichtungen, insbe-sondere Zugbildungsanlagen, verwehrt wird. Sie wirdihre Untersuchungen unter Beachtung der Auswirkungender wirtschaftlichen Lage weiterführen, da weiterhingrundsätzlich Aufklärungsbedarf zur Koordination vonNutzungsanfragen und zur Betriebsführung in Serviceein-richtungen besteht.

3.3.4 Öffentlichkeit von Eisenbahninfra-strukturen/IDR

Die Bundesnetzagentur hat in 2008 Eisenbahninfrastruk-turbetreiber von Werks- und Anschlussbahnen aufgefor-dert, diskriminierungsfreien Zugang zu ihrer Infrastrukturzu gewähren und insbesondere Nutzungsbedingungen fürihre Infrastruktur zu erstellen. Die Bundesnetzagentur hatdabei die in 2007 begonnene Prüfung der Reichweite desBegriffes des „eigenen Güterverkehrs“ in § 2 Absatz 3bAEG und die Anwendung der Ausnahmevorschriften in§ 14 Absatz 1 Satz 4 AEG weiter vertieft. Nachdem sieim Anschluss an eine ausführliche Diskussion mit demVerband Deutscher Verkehrsunternehmen eine Auslegungdes Begriffs des „eigenen Güterverkehrs“ entwickelt hat,die den modernen Strukturen von Werks- und Industrie-parks Rechnung tragen soll (siehe Abschnitt 3.4.2 – VDV –Entwicklung des Begriffs der „Verlader-Gemeinschaft“),hat die Bundesnetzagentur die Prüfung der Werks- undAnschlussbahnen, insbesondere der Chemie- und Indus-trieparks, wieder aufgenommen. Mittlerweise hat sie dieIndustrie Terrain Düsseldorf Reisholz GmbH & Co KG(IDR) zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen ver-pflichtet. Eine zukünftige rechtliche Auseinandersetzungist zu erwarten. Die Prüfung weiterer Unternehmen stehtnoch aus.

3.4 Sonstige Aktivitäten

3.4.1 Eigene Fahrausweisautomaten in Personenbahnhöfen der DB Station & Service

Die Bundesnetzagentur verzeichnet einen Anstieg vonBeschwerden in Verbindung mit dem Zugang zu Perso-nenbahnhöfen, deren Gebäude und sonstige Einrichtun-gen (§ 2 Absatz 3c Nummer 2 AEG). Dabei stehen insbe-sondere Vertriebsleistungen im Vordergrund.

In diesem Zusammenhang wandte sich ein im Schienen-personennahverkehr tätiges Eisenbahnverkehrsunterneh-men (EVU) mit Fragen zu den Rahmenbedingungen, un-ter denen eigene Fahrausweisautomaten in den Stationender DB Station&Service AG aufgestellt werden dürfen,an die Bundesnetzagentur. Das EVU hatte die Bundes-netzagentur darüber informiert, dass es sich gegenüberden DB konzernangehörigen EVU benachteiligt fühle, dadiese schon alle attraktiven Flächen zur Aufstellung vonFahrausweisen besetzt hielten. Kritische Punkte in dessenVerhandlung mit dem Infrastrukturanbieter waren die

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Drucksache 17/4630 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Aufteilung der Verantwortung für die energie- und tele-kommunikationstechnische Anbindung der Fahrausweis-automaten sowie die Frage, wie viele Automaten, anwelchen Standorten, kostenfrei oder kostenpflichtig auf-gebaut werden können.

Die Bundesnetzagentur konnte durch Darstellung ihrerRechtsauffassung und durch gezielte Aufklärung errei-chen, dass ein Mustervertrag für die Aufstellung allerFahrausweisautomaten durch die DB Station&ServiceAG übermittelt wurde. Um die rechtzeitige Aufstellungder Fahrausweisautomaten vor der Betriebsaufnahme si-cherzustellen, wurde hierzu zunächst eine vorläufige Ei-nigung erzielt.

3.4.2 VDV – Entwicklung des Begriffs der „Verlader-Gemeinschaft“

Die Bundesnetzagentur hat im Laufe des Jahres 2008 eineintensive Diskussion mit dem Ausschuss „Werks- und In-dustriebahnen“ des Verbands Deutscher Verkehrsunter-nehmen (VDV) und anderen Marktteilnehmern darübergeführt, bis zu welchem Punkt die Betreiber von Werks-und Industriebahnen der Verpflichtung unterliegen, Zu-gang zu ihren Eisenbahninfrastrukturen zu gewähren. Indiesem Ausschuss sind insbesondere die Betreiber vonWerks- und Industriebahnen namhafter Chemie- und In-dustriekonzerne vertreten, die – historisch bedingt – um-fangreiche eigene Eisenbahninfrastruktur aufgebaut ha-ben. Deren Infrastruktur liegt quasi als „letzte Meile“zwischen der „öffentlichen“ Eisenbahninfrastruktur undden zu beliefernden Firmen (Anlieger), bzw. teilweiseauch den Häfen und Terminals als Schnittstelle zum wei-teren Verkehrsträger.

Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des Eisenbahn-rechts einen Paradigmenwechsel im Hinblick auf den Zu-gang zu Eisenbahninfrastrukturen vollzogen. Im Gegen-satz zur früheren Rechtslage, nach der der Zugang zurInfrastruktur nur von der Zweckbestimmung des Betrei-bers selbst abhing, unterliegen heute Betreiber vonWerks- und Industriebahnen grundsätzlich auch derPflicht, Zugang zu ihrer Infrastruktur zu gewähren.

Eine Ausnahme kommt seit der AEG – Änderung in 2005nur für die Eisenbahninfrastrukturen in Frage, die aus-schließlich für den eigenen Güterverkehr des Eisenbahn-infrastrukturbetreibers betrieben werden (§ 14 Absatz 1Satz 4 Alt. 1 AEG). Eine Eisenbahninfrastruktur wirdausschließlich zur Nutzung für den eigenen Güterverkehrbetrieben, wenn sie sich auf einem Werksgelände befin-det, das einer auf dem Gelände ansässigen Firma gehört,diese Firma sowohl die Eisenbahninfrastruktur als auchdie angeschlossenen Betriebstätten betreibt und zugleichdie Güter für eigene Zwecke über die Eisenbahninfra-struktur transportieren lässt.

Diese klassische Form der Werksbahn ist in modernen In-dustrie- und Chemieparks nicht mehr häufig anzutreffen.Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hat die Bun-desnetzagentur zusammen mit dem „Ausschuss fürWerks- und Industriebahnen“ des Verbands DeutscherVerkehrsunternehmen, den Begriff des „eigenen Güter-

verkehrs“ auf eine sogenannte „Verlader-Gemeinschaft“ausgedehnt. Betreiber von Eisenbahninfrastrukturen, ins-besondere von Werks- und Industriebahnen, betreiben da-nach eine Eisenbahninfrastruktur ausschließlich zur Nut-zung für den eigenen Güterverkehr (§ 14 Absatz 1 Satz 4Alt. 1 AEG), wenn ein gemeinschaftlicher Verbund deranliegenden Unternehmen („Verlader-Gemeinschaft“)mit der Konstellation einer Werksbahn vergleichbar ist.Dies ist der Fall wenn, alle „Verlader“ an die Werks-Eisenbahninfrastruktur anschließen und der Eisenbahnin-frastrukturbetreiber selbst Anschließer und Teil der „Ver-lader-Gemeinschaft“ ist oder über eine Konzernzugehö-rigkeit mit einem oder mehreren Anschließern, die Teilder „Verlader-Gemeinschaft“ sind, verbunden ist. Außer-dem müssen alle Anschließer in der „Verlader-Gemein-schaft“ sich zur gemeinsamen Nutzung der Eisenbahn-infrastruktur für eigenen (gemeinsamen) Güterverkehrbereit erklären.

Auf Basis dieser Kriterien wird die Bundesnetzagenturden Zugang zur Eisenbahninfrastruktur der sogenannten„Werks- und Industriebahnen“ sowie die mit der Zu-gangsgewährungspflicht verbundenen Pflichten, insbe-sondere das Aufstellen von Nutzungsbedingungen, be-werten.

4 Prüfung von Entgelten

4.1 Überblick über Aktivitäten der Entgelt-regulierung

Die Entgeltregulierung war im Jahr 2008 geprägt vonzwei besonders umfänglichen sowie verschiedenen ande-ren Verfahren und von Aktivitäten im weiteren Zusam-menhang mit der Erhebung von Entgelten für die Benut-zung der Eisenbahninfrastruktur.

Die Trassen- und Stationspreissysteme der Eisenbahnin-frastrukturunternehmen aus dem DB-Konzern bildendeutschlandweit den wohl bedeutsamsten Prüfungsgegen-stand. Ihnen galt und gilt auch weiterhin ein besonderesAugenmerk – die Prüfungen dauern an (vergleiche Ab-schnitt 4.3.1 – DB Station&Service AG – Stationspreis-system und Abschnitt 4.3.2 – DB Netz AG – Trassen-preissystem).

Gleichwohl ist die Vorgabe einer symmetrischen Regulie-rung im Eisenbahnbereich für die Bundesnetzagentur mitbestimmten Prüfanforderungen verbunden. Nichtbundes-eigene Eisenbahninfrastrukturunternehmen unterliegen– sofern deren Infrastruktur als öffentlich anzusehen ist –den gleichen regulatorischen Bedingungen wie bundesei-gene Eisenbahnen. Die Bestimmungen des AEG und derEIBV sehen außerdem im Hinblick auf die Nutzungsent-gelte für Betreiber der Schienenwege und Betreiber vonServiceeinrichtungen teils anderslautende Regelungenvor, die differenzierte Prüfmaßstäbe erforderlich machen.Die Auswahl der Unternehmen, deren Entgelte einer Prü-fung von Amts wegen unterzogen werden, erfolgt nachjeweils unterschiedlichen, immer aber nachvollziehbarenKriterien. Die Bundesnetzagentur richtet ihre Entschei-dung über das Ob und Wie einer Entgeltprüfung nach die-sen Umständen aus und führt die Entwicklung von Kon-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/4630

zepten über die Reihenfolge der zu prüfendenUnternehmen fort. Gleichzeitig wird eine einheitliche in-haltliche Vorgehensweise für die Prüfungen selbst forciert(Abschnitt 4.4 – Herausforderungen der symmetrischenRegulierung).

Zur Unterstützung des operativen Geschäfts ist die Bun-desnetzagentur intensiv an der Klärung des Rechtsver-ständnisses und der Weiterentwicklung der regulatori-schen Grundlagen beteiligt, namentlich durch Mitarbeitan Gesetzes- und Verordnungsnovellierungen. Besondershervorzuheben sind hierbei die im Auftrag der Bundes-regierung vorgenommenen konzeptionellen Arbeiten zurVorbereitung einer Anreizregulierung, die bereits im Ener-giesektor implementiert worden ist und die nach der bis-herigen Regulierungserfahrung der Bundesnetzagenturauch für die Entgelte der Eisenbahninfrastrukturunterneh-men mittelfristig die bessere Alternative zur jetzigen Kos-tenzuschlagsregulierung darstellen kann. Ziel einer An-reizregulierung ist es – wie es die Bundesnetzagenturauch in ihrem im Mai 2008 vorgelegten Abschlussberichtumfassend dargelegt hat – überproportionale Steigerun-gen der Nutzungsentgelte zu vermeiden und die Eisen-bahninfrastrukturunternehmen zu mehr Effizienz anzu-halten. Näheres zu diesem Konzept findet sich inAbschnitt 6.1 – Anreizregulierung. Unterdessen hat sichder Bundesrat in einem Beschluss (Bundesratsdrucksache716/08 (Beschluss)) explizit dafür ausgesprochen, auf derGrundlage des Abschlussberichts der Bundesnetzagenturdie entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen zuschaffen und der Bundesnetzagentur verbesserte Informa-tionsrechte einzuräumen. Nach Ansicht des Bundesratsstellt die Anreizregulierung ein zentrales Element für denErfolg der Regulierung im Eisenbahnsektor dar.

4.2 Besondere Herausforderungen

Im Rahmen der symmetrischen Regulierung wurden imJahr 2008 zahlreiche Verfahren gegen nichtbundeseigeneEisenbahninfrastrukturunternehmen geführt und teilweiseabgeschlossen. Hinsichtlich der Prüfung von Entgelt-grundsätzen ergeben sich nach Einschätzung der Bundes-netzagentur in der Regel wenige Probleme, da durch dievom VDV zur Verfügung gestellten Musterentwürfe vonNutzungsbedingungen auf ausreichend Hilfestellung zu-rückgegriffen werden kann. Vereinzelt lässt sich jedochfeststellen, dass die Entgeltgrundsätze sehr allgemein ge-halten sind und den Zugangsberechtigten nur ansatzweiseermöglichen, die zu entrichtenden Nutzungsentgelte ei-genhändig zu kalkulieren. Nicht selten traten Unsicher-heiten in der Handhabung der im AEG und in der EIBVumfangreich geregelten Fristenregelung zur rechtzeitigenEinreichung von prüffähigen Unterlagen auf, so dass eszu Verzögerungen in der Bekanntgabe und der Inkraftset-zung von geänderten Entgelten kam.

Auffällig oft haben sich Fragestellungen in Zusammen-hang mit leistungsabhängigen Entgeltregelungen ergeben.Der Gesetzgeber hat die Vorschriften so ausgestaltet, dasssowohl Betreiber der Schienenwege (§ 21 (1) EIBV) alsauch Betreiber von Serviceeinrichtungen (§ 24 EIBV)durch leistungsabhängige Entgeltregelungen Anreize zur

Verringerung von Störungen und zur Erhöhung der Leis-tungsfähigkeit der Infrastruktur setzen müssen. Die meis-ten Eisenbahninfrastrukturunternehmen haben dies lautEIBV auch in ihren Entgeltgrundsätzen zu spezifizieren.Bei der Umsetzung dieser Vorgabe mussten allerdingswiederholt Defizite festgestellt werden. Dies gilt einer-seits für die größeren Eisenbahninfrastrukturunterneh-men, allen voran die DB Netz AG. Aber auch die kleine-ren Unternehmen erfüllen oftmals die diesbezüglichenVorgaben nicht. Während bei der DB Netz AG und derDB Station&Service AG die strukturelle Ausgestaltungund die Praktikabilität des Anreizregimes zu Diskussio-nen führen, muss den kleineren Eisenbahninfrastruktur-unternehmen häufig bereits die Notwendigkeit, leistungs-abhängige Entgeltbestandteile einzuführen, erst vermitteltwerden.

Als besondere Herausforderung in der Entgeltregulierunghat sich die Tatsache herausgestellt, dass sich nicht alleEisenbahninfrastrukturunternehmen in gleicher Weise ko-operativ gegenüber der Behörde zeigen. Der Bundesnetz-agentur stehen im Allgemeinen Eisenbahngesetz explizitnormierte Befugnisse im Hinblick auf die Einsichtnahmevon Unterlagen zur Verfügung. Die Behörde hat unter an-derem das Recht, Auskünfte über die Entgeltkalkulationzu verlangen und Bücher, Geschäftspapiere, Dateien undsonstige Unterlagen einzusehen. Zwar steht den Unter-nehmen grundsätzlich die Möglichkeit zu, die Erforder-lichkeit einer behördlichen Maßnahme in Frage zu stel-len. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein bestehenderDiskriminierungsverdacht bei kooperativem Verhaltenoftmals schnell und unkompliziert ausgeräumt werdenkann. Die nicht immer zufriedenstellende Bereitschaft derUnternehmen aus dem DB-Konzern, aber auch einzelnernichtbundeseigener Infrastrukturunternehmen, zur Zu-sammenarbeit mit der Behörde, haben die Bundesnetz-agentur nicht dazu veranlasst, ihre Prüfungsintensität zuverringern. Dies wäre gerade in den Fällen, in denenernstzunehmende Beschwerden über die Entgeltgestal-tung vorliegen, gegenüber den betroffenen Zugangsbe-rechtigten nicht zu verantworten.

4.3 Aktivitäten im Einzelnen

4.3.1 DB Station&Service AG – Stations-preissystem

Einer der bedeutsamsten Tätigkeitsschwerpunkte in derEntgeltregulierung bildete auch im Jahr 2008 die Über-prüfung der Stationspreise der DB Station&Service AG.Das Verfahren wurde im August 2007 eingeleitet und hatsich als besonders komplex herausgestellt – zumal einenur oberflächliche Prüfung der hohen Bedeutung der Sta-tionspreise für den Wettbewerb nicht gerecht werdenwürde. Hinzu kommt, dass sich viele Unklarheiten erst imLaufe des Verfahrens herausgestellt haben. Dies gilt spe-ziell für die Grundsätze der Preisbildung, z u denen teilswidersprüchliche Aussagen des Unternehmens vorlie-gen. Das Stationspreissystem sieht vor, dass jeder Bahn-hof einer Kategorie zugewiesen wird. Außerdem existie-ren für alle Bundesländer unterschiedliche Entgelthöhen.

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Drucksache 17/4630 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Überprüft werden die Struktur des Preissystems und dieBildung der konkreten Stationspreise. Die Regulierungs-behörde hat hierfür unterschiedliche thematische Aspektezum Untersuchungsgegenstand gemacht. Zur Ermittlungdes vollständigen Sachverhaltes fand nach mehrerenschriftlichen Auskunftsersuchen eine mündliche Anhö-rung des Unternehmens am 10. September 2008 in Bonnstatt. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Kosten-basiertheit der von dem Unternehmen erhobenen Stations-entgelte. Hinterfragt wurde insbesondere, wie die nichtdirekt zurechenbaren Kosten auf die verschiedenen Sta-tionskategorien verteilt werden. Ebenso waren die imPreissystem verorteten Preisbildungsdeterminanten Ge-genstand behördlicher Fragestellungen. Maßstab für diePrüfung ist dabei die gesetzliche Vorgabe, dass keinemZugangsberechtigten ohne sachlichen Grund Vorteilegegenüber anderen Zugangsberechtigten eingeräumt wer-den dürfen. Ein jedes öffentliches Eisenbahninfrastruktur-unternehmen ist verpflichtet darzulegen, dass die entste-henden Kosten möglichst verursachergerecht auf dieEntgelte umgelegt werden. Wird von diesem Verursacher-prinzip abgewichen, müssen hierfür stichhaltige Gründegenannt und nachgewiesen werden.

Das bis Ende des Jahres 2004 geltende Preissystem derDB Station&Service AG sah für jeden Bahnhof einenEinzelpreis vor, der sich nach Angaben des Unterneh-mens anhand der lokal anfallenden Kosten und der Leis-tungsmenge (Anzahl der Zughalte) errechnete. MitAbkehr von diesem System und Einführung des Katego-riepreismodells 2005 konnte zum einen die Übersichtlich-keit gesteigert werden, indem nunmehr die maximaleZahl der Entgelte auf 96 (jeweils sechs Kategorien in den16 Bundesländern) reduziert wurde. Andererseits tratenvermehrt Beschwerden auf, wonach die Umstellung zuerheblichen Preissteigerungen geführt hatte. Zudemwurde der Verdacht geäußert, durch die neuen Preise wür-den Wettbewerber der Deutschen Bahn AG benachteiligt.Außerdem seien die Unterschiede in den Preishöhen – fürgleiche Stationskategorien und Verkehrsleistungen – zwi-schen den einzelnen Bundesländern nicht gerechtfertigt.

Im letzten Quartal des Jahres 2008 kritisierte die DB Sta-tion&Service AG erstmals das Fehlen eines hinreichen-den Anlasses für die Einleitung des Verfahrens und dasFehlen eines behördlichen Ermittlungskonzeptes. DasUnternehmen beantragte daher Akteneinsicht, die von derBundesnetzagentur gewährt wurde. Hierbei wurdenSchwärzungen zur Anonymisierung der Identitäten be-stimmter Beteiligter vorgenommen sowie der Aktenein-sicht nicht unterliegende Schriftstücke entnommen. DieseMaßnahmen waren notwendig, um die Interessen der Be-hörde und derjenigen Personen, die sich an die Bundes-netzagentur gewandt hatten, zu wahren.

Zu Ermittlungsanlass und -konzept ist die Bundesnetz-agentur an die Vorgaben des Regulierungs- und Kartell-rechts gebunden: Die Bundesnetzagentur benötigt jedochals Voraussetzung ihres Einschreitens keinen konkretenVerdacht. Sie kann vielmehr von Amts wegen Entgeltprü-fungen einleiten, wie im Falle des Stationspreissystemsder DB Station&Service AG geschehen. Obwohl die Vor-

gehensweise in einem Verwaltungsverfahren grundsätz-lich der Behörde obliegt, hat die Bundesnetzagentur ge-genüber dem Unternehmen stets ausführlich erklärt,welche Hintergründe für die jeweilige Maßnahme beste-hen. Die dauerhafte Forderung eines Anfangsverdachteszur Einleitung eines Verfahrens hat dazu geführt, dass dieRessorts vom BMVBS und BMWi mit Schreiben vom7. April 2008 explizit die Auffassung der Bundesnetz-agentur gestützt haben.

Die von der Bundesnetzagentur angeforderten und gelie-ferten Daten zu den Kosten und Erlösen, die mit dem Be-trieb der Stationen erzielt werden, förderten eine un-gleichmäßige Kostendeckung der Kategorien aber auchder jeweiligen Bundesländer zutage. Das Unternehmenselbst gab hierzu an, dass noch weitere Kriterien in diePreisbildung einfließen würden. Diese Kriterien konntenallerdings nur im Ansatz und ohne nähere Substantiierunggenannt werden. Die gewünschte Transparenz der Grund-lagen der Gestaltung der Stationspreise war damit auchüber eineinhalb Jahre der Verfahrensführung nicht gege-ben.

Ähnliches gilt für die von der Bundesnetzagentur zurKontrolle der Kostenbasiertheit beabsichtigte Einzelbe-trachtung bestimmter Bahnhöfe. Geplant war, die Kosten-und Erlössituation von 160 repräsentativ ausgewähltenBahnhöfen zu untersuchen. Diese Daten wurden von derDB Station&Service AG nicht vollständig übersandt.Auch konnte nicht, wie von der Bundesnetzagentur ge-wünscht, Einsicht in das Rechnungswesen des Unterneh-mens genommen werden.

Im Nachgang zu Gesprächen zwischen Vorstand von DBStation&Service AG und Präsidium der Bundesnetzagen-tur wurden dann zunächst aggregierte Kostendaten zuzehn von der Bundesnetzagentur benannten Stationenübermittelt. Damit ist die DB Station&Service AG in sehrbegrenztem Umfang und mit erheblichem Zeitverzug denAufforderungen der Bundesnetzagentur zur Datenliefe-rung nachgekommen.

Im Ergebnis stellt sich das Stationspreissystem als querfi-nanzierende Deckung der Gesamtkosten des Unterneh-mens dar. Die Kostendeckung wird durch Ausrichtungder Preiskategorien an der unterschiedlichen Mittelver-fügbarkeit der zuschussgebenden und verkehrsauftragge-benden Länder erreicht. Es kann daher im Rahmen desStationspreissystems nicht von allein kostenbasiertenEntgelten gesprochen werden.

Der DB Station&Service AG wurde zwischenzeitlichmehrfach dargelegt, welche Schlüsse die Bundesnetz-agentur aus der bisherigen Prüfung und der Auswertungder eingegangenen kostenrechnerischen Unterlagen zieht.Neben den nicht exakt herzuleitenden Preisbildungsfakto-ren und Schwellenwerten, die zur Kategorisierung derStationen herangezogen werden, bleibt vor allem die ei-gentliche Bestimmung der Preishöhen im Vergleich derStationen zueinander und im Ländervergleich ein zentra-ler Kritikpunkt.

Aufgrund der erheblichen Relevanz der Stationspreise fürden gesamten Eisenbahnmarkt im Personenverkehr strebt

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/4630

die Bundesnetzagentur eine möglichst zügige Entschei-dung in der Sache an.

4.3.2 DB Netz AG – Trassenpreissystem

Im Berichtszeitraum wurde zudem ein Verfahren zurÜberprüfung der Nutzungsentgelte für Trassen der DBNetz AG (Trassenpreissystem, TPS) eingeleitet. Auch fürdiesen Bereich lagen der Bundesnetzagentur eine Reihevon Beschwerden durch Verbände, Aufgabenträger undVerkehrsunternehmen vor. Die Bundesnetzagentur nimmtdie Eingaben sehr ernst und greift in ihrem Verfahrenviele Mitteilungen und entsprechende Gutachten auf.

Die DB Netz AG hat zum Ende des ersten Quartals 2008eine erste Anfrage der Bundesnetzagentur zum TPS be-antwortet. Im Wesentlichen legt das Unternehmen dar,dass die einzelnen Kostenkomponenten des Preissystemsnicht das Ergebnis einer eigenständigen Kostenkalkula-tion, sondern einer gesamthaften Optimierung unter Be-rücksichtigung der Marktverträglichkeit darstellten. ImWesentlichen stelle das Preissystem eine marktorientierteFortschreibung des Preisniveaus unter Berücksichtigungder Wettbewerbsfähigkeit der Nutzergruppen dar.

Für die Bundesnetzagentur ergeben sich zwei unter-schiedliche Herangehensweisen für die weitere Prüfungdes TPS, die parallel vorangetrieben werden:

Zum Einen ist die Struktur des TPS auf Diskriminierun-gen und Verstöße gegen den Entgeltmaßstab und die Ent-geltgrundsätze zu untersuchen. Hier ist zwar nicht zuvermuten, dass es zu unmittelbaren direkten Diskriminie-rungen kommen wird. Es besteht jedoch die Gefahr, dassRegelungen, die per se für alle Zugangsberechtigtengleich gelten, unterschiedliche Wirkungen entfalten. DieBundesnetzagentur hat – zur Forcierung einer schnellerenLösung – verschiedene Einzelaspekte zur Struktur desTPS aus dem Trassenpreissystem herausgelöst (Stornie-rungsentgelte, Minderung, Performance Regime, Regio-nalfaktoren; vergleiche 4.3.2.1 bis 4.3.2.4).

Zum Zweiten ist die Untersuchung der Höhe der einzel-nen Trassennutzungsentgelte relevant. Die DB Netz AGhat in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2008 einen Ge-winn in Höhe von 338 Mio. Euro (Vorjahr: 146 Mio.Euro) ausgewiesen. Für zukünftige Geschäftsjahre ist mitweiteren Steigerungen des Unternehmensgewinns zurechnen. Die damit notwendige Überprüfung der eben-falls ansteigenden Eigenkapitalrendite, die in 2008 beietwa 5,1 Prozent liegt (Vorjahr: 2,2 Prozent), betrachtetdie Bundesnetzagentur als einen der Hauptpunkte des lau-fenden Trassenpreisverfahrens.

Durch die parallele und teilweise auch in unterschiedlicheVerfahren aufgesplittete Herangehensweise (siehe nach-folgende Abschnitte 4.3.2.1 bis 4.3.2.4) zu einzelnen(Teil-)Verfahren im Rahmen der Trassenpreisprüfung er-reicht die Bundesnetzagentur eine themenspezifischereAufstellung und kann schnell auf neu auftretende Anfor-derungen des Marktes reagieren. Gleichzeitig wird einegesamtheitliche Betrachtung gewährleistet.

4.3.2.1 DB Netz AG – Stornierungsentgelte

Im Hinblick auf die erhobenen Stornierungsentgelte istdie DB Netz AG im vergangenen Jahr mehrfach zu Stel-lungnahmen und einzelnen Darlegungen aufgefordertworden. Es besteht nach wie vor der dringende Verdacht,dass die DB Netz AG zu hohe pauschale Stornierungsent-gelte verlangt.

Dies insbesondere deswegen, weil keine Aussage dazugetroffen wird, in welchem Umfang die DB Netz AG er-sparte Aufwendungen oder mögliche Vermarktungserlösestornierter Trassen gegenrechnet. In beiden Fällen liegtnach gegenwärtiger Einschätzung der Bundesnetzagentureine unbillige Verteilung der Lasten zu ungunsten der Zu-gangsberechtigten vor. Das Teilverfahren wird voraus-sichtlich im ersten Halbjahr 2009 abgeschlossen werdenkönnen.

4.3.2.2 DB Netz AG – Minderung

Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen hatte dieBundesnetzagentur bereits 2008 festgestellt, dass die DBNetz AG Regelungen zur Minderung getroffen hat, die inder tatsächlichen Anwendung nahezu zu einem Minde-rungsausschluss führten. Als Ausprägung des Diskrimi-nierungsverbotes und aufgrund der speziellen Regelungin § 21 Absatz 6 Satz 2 EIBV sind Betreiber der Schie-nenwege indes gesetzlich verpflichtet, die Entgelte beinicht vertragsgemäßem Zustand der Infrastruktur zu min-dern. Die DB Netz AG hat hierzu selber konstatierenmüssen, dass in den vergangenen Jahren nur in geringemUmfang Minderungen gewährt wurden, ohne den Betragkonkret beziffern zu können.

Die Gewährung eines Minderungsrechts ist zur Sicher-stellung eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs vonerheblicher Bedeutung. Fehlt es an einem Minderungs-recht, werden diejenigen Zugangsberechtigten diskrimi-niert, die trotz einer schlechten Leistung den vollen Tras-senpreis zu zahlen haben.

Inzwischen hat die Bundesnetzagentur das Verfahren imersten Quartal 2009 mit einem Bescheid abgeschlossen,der die DB Netz zur eigenständigen Minderung der Tras-senentgelte bei Schlechtleistungen unter den mit dem Ge-setz verfolgten Äquivalenzgesichtspunkten verpflichtet.Hiergegen hat die DB Netz Antrag auf Aussetzung dersofortigen Vollziehung gestellt.

4.3.2.3 DB Netz AG – Performance Regime (Anreizsystem zur Verringerung von Störungen)

Monetäre Anreize sollen Infrastruktur- und Verkehrs-unternehmen zur Leistungs- und Verhaltensoptimierungmotivieren. Die Vorschrift des § 21 (1) der Eisenbahn-infrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) gibt den Ei-senbahninfrastrukturunternehmen auf, im Rahmen derEntgeltregelungen in den SNB Anreize zur Verringerungvon Störungen und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeitder Schieneninfrastruktur durch leistungsabhängige Be-standteile zu schaffen. Im Rahmen ihres gesetzlichen

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Drucksache 17/4630 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auftrags – insbesondere der Entgeltkontrolle – überwachtund begleitet die Bundesnetzagentur die Ausgestaltungrechtskonformer Anreizsysteme bei Eisenbahnen. In die-sem Sinne hatte sie im Jahre 2006 darauf hingewirkt, dassdie DB Netz AG als größter deutscher Schienenwegsbe-treiber ein sog. Performance Regime aufstellt. EinzelneRegelungen des Anreizsystems beanstandete die Bundes-netzagentur unter dem Gesichtspunkt des Verbots derDiskriminierung und des Erfordernisses einer messbarenAnreizwirkung. Derzeit ist der Streitfall vor dem Verwal-tungsgericht Köln in der Hauptsache rechtshängig.

Das Anreizsystem (Performance Regime) der DB NetzAG ist seit dessen Einführung bei den meisten Marktteil-nehmern auf Ablehnung gestoßen. Netzwerk Privatbah-nen e. V., ein Verband privater Eisenbahngüterverkehrs-unternehmen, griff das Anreizsystem durch Klage beimLandgericht Frankfurt am Main an. Der Verband vertratdie Ansicht, das Anreizsystem der DB Netz AG benach-teilige seine Gütertransporte durchführenden Mitgliederunangemessen, sei undurchschaubar und verfehle die zuerreichenden Ziele. Im November 2007 verurteilte dasLandgericht die DB Netz AG, die Verwendung der meis-ten der beanstandeten Klauseln bei Verträgen über dieNutzung ihrer Schieneninfrastruktur gegenüber Eisen-bahnverkehrsunternehmen zu unterlassen. Die betroffe-nen Klauseln der SNB hätten die Wirkung, dass Zah-lungsansprüche regelmäßig zugunsten der DB Netz AGentstünden. Daraufhin setzte die DB Netz AG die Zah-lung von Anreizentgelten aus. Auf die Berufung der DBNetz AG änderte das Oberlandesgericht Frankfurt amMain das erstinstanzliche Urteil ab. Damit entfiel derGrund für die Aussetzung der Anreizzahlungen. Gleich-wohl berechnet die DB Netz AG seither keine Anreizent-gelte. Damit bleiben die sogenannten zentralen Vorgabendes § 21 (1) EIBV unerfüllt, die die Schienenwegebetrei-ber unter anderem zur Aufstellung und Anwendung einesAnreizsystems verpflichten. Mit Bescheid vom 30. De-zember 2008 hat die Bundesnetzagentur die DB Netz AGdaraufhin verpflichtet, ein – gegebenenfalls neues – An-reizsystem spätestens im Dezember 2009 anzuwenden.Die DB Netz AG und die übrigen Marktteilnehmer habenin den kommenden Monaten die Möglichkeit, im Wegedes Dialogs und auf der Basis der bisherigen konzeptio-nellen Überlegungen und gewonnenen praktischen Er-kenntnissen ein Anreizsystem zu entwickeln, das dengesetzlichen Anforderungen entspricht und die gerecht-fertigten eigenen Belange sowie die Belange der Eisen-bahnverkehrsunternehmen berücksichtigt. Allen Beteilig-ten wurde verdeutlicht, dass der 12. Dezember 2009 alsStarttermin für ein Anreizsystem unverrückbar feststeht.Die Bundesnetzagentur hat dazu mehrmals ausdrücklichihre Unterstützung angeboten.

4.3.2.4 DB Netz AG – RegionalfaktorenDer Regionalfaktor wurde zum 1. Januar 2003 von derDB Netz AG eingeführt. Der Regionalfaktor bildet einenmultiplikativen Aufschlag auf den Basis-Trassenpreis(Streckenkategorie multipliziert mit dem Produktfaktor).Der Regionalfaktor wird ausschließlich für den SPNVund ausschließlich auf Strecken in sogenannten Regional-

netzen erhoben. Diese Regionalnetze bestehen aus Stre-cken außerhalb von Ballungsräumen, die überwiegenddem SPNV dienen, eine geringe Verkehrsdichte aufwei-sen und deren Einnahmen regelmäßig nicht die Kostendecken. Aufgrund von Beschwerden von EVU und Auf-gabenträgern, hat die Bundesnetzagentur ein Verfahreneingeleitet und bei der DB Netz AG in 2008 in zwei Aus-kunftsersuchen zusätzliche Informationen angefordert.Die Prüfungen dauern zurzeit noch an.

4.3.3 Weitere Verfahren4.3.3.1 DB Netz AG – Zusätzliche Kosten für die

Besetzung von StellwerkenIm April 2008 reichte ein Zugangsberechtigter bei derBundesnetzagentur eine Beschwerde über die Abrech-nung infolge der Besetzung von Stellwerken über die ur-sprünglichen Betriebszeiten hinaus durch die DB NetzAG ein. Der zu überweisende Rechnungsbetrag wurde alszu hoch angesehen. Zudem beschwerte sich der Zugangs-berechtigte darüber, dass die DB Netz AG den Zugangzur Eisenbahninfrastruktur von der Unterzeichnung einersogenannten Kostenübernahmeerklärung abhängig ma-che. Die Bundesnetzagentur führte daraufhin unter Betei-ligung des Zugangsberechtigten eine mündliche Anhö-rung durch. Im Rahmen der Anhörung konnte zunächstdahingehend Einigkeit erzielt werden, dass der Zugangs-berechtigte seinen unbestrittenen Zahlungspflichten un-verzüglich nachkommt, um die Notwendigkeit einer Kos-tenübernahmeerklärung abzuwenden.

Hinsichtlich des Rechnungsbetrages, der sich aus den zu-sätzlichen Stellwerksöffnungszeiten ergab, warenschwerpunktmäßig drei Fragen zu klären. Zunächst trugder Zugangsberechtigte vor, während einer Fahrt einenentgegenkommenden Zug wahrgenommen zu haben unddementsprechend eine entsprechende Aufteilung der Kos-ten fordere. Nach interner Prüfung bestätigte die DB NetzAG, dass zeitgleich weiterer Verkehr auf der Strecke statt-gefunden habe und nahm eine entsprechende Anpassungdes Rechnungsbetrags vor.

Zweitens konnten einige von der DB Netz AG benanntenStellwerke, die zur Durchführung der Fahrt besetzt wer-den mussten, nicht in der Liste der „Betriebsstellenbeset-zungszeiten der DB Netz AG“ gefunden werden. Die DBNetz AG erklärte, dass es sich bei den fraglichen Stell-werken um Unterwerke handelt, die zu benachbarten, inder Liste enthaltenen Stellwerken gerechnet werden. Wei-terhin war aus der Liste zu entnehmen, dass einige Stell-werke während der Verkehrszeit des Zugangsberechtigtenplanmäßig besetzt waren. Die DB Netz AG nahm auchdiesbezüglich eine Anpassung des Rechnungsbetrags vor.

Drittens wurde festgestellt, dass der berechnete Aufwandfür zusätzliche Stellwerksöffnungszeiten den betrieblichtatsächlichen Aufwand teilweise erheblich überschritt.Die DB Netz AG führte aus, dass aufgrund bestehenderarbeitsrechtlicher Tarifverträge eine Mindestzeit von vierStunden in Rechnung gestellt werden müsse.

Da die Entgeltgrundsätze der DB Netz AG eine solcheMindestzeit jedoch nicht vorsahen, sondern lediglich eine

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/4630

Bepreisung des tatsächlich entstehenden Aufwands, gabdie Bundesnetzagentur der DB Netz AG per Bescheidauf, den Rechnungsbetrag rückwirkend so zu verändernund zukünftig so zu gestalten, wie sie es in ihren Entgelt-grundsätzen geregelt hat. Dagegen legte die DB Netz AGWiderspruch ein, hat diesen jedoch zwischenzeitlich zu-rückgezogen.

4.3.3.2 DB Station&Service AG – Bahnhofs-kategorien

In drei verschiedenen Fällen haben sich Zugangsberech-tigte mit der Bundesnetzagentur in Verbindung gesetzt,weil aus ihrer Sicht einzelne Personenbahnhöfe der DBStation&Service AG nicht korrekt zugeordnet waren undsomit ein nicht zutreffender Preis ausgewiesen wurde. Pa-rallel zur allgemeinen Überprüfung des Stationspreissys-tems hat sich die Bundesnetzagentur diesen Hinweisender Zugangsberechtigten angenommen und jeweils denSachverhalt untersucht.

Laut Schilderung eines Verkehrsverbundes, der als Auf-gabenträger im Schienenpersonennahverkehr fungiert,waren in der ab 1. Januar 2008 geltenden Stationspreis-liste zwei Bahnhöfe einem Bundesland zugeordnet, wasaugenscheinlich nicht das zutreffende Land war. In die-sem Bundesland war jedoch im Verhältnis zum tatsäch-lich zutreffenden Bundesland der Stationspreis für dieentsprechende Kategorie höher. Die DB Station&ServiceAG erklärte auf Nachfrage, dass ein Irrtum vorgelegenhabe. Die Preisliste wurde korrigiert und sowohl der Auf-gabenträger als auch das Eisenbahnverkehrsunternehmendarüber informiert, sodass sich für die Bundesnetzagenturkein weiterer Handlungsbedarf ergab.

In einem weiteren Fall wandte sich ebenfalls ein Aufga-benträger an die Bundesnetzagentur. Diese Institution or-ganisiert den S-Bahn-Verkehr in einer Metropolregionund hat die Verpflichtung übernommen, dem Eisenbahn-verkehrsunternehmen die zu entrichtenden Infrastruktur-nutzungsentgelte zurückzuerstatten. Somit kommt derAufgabenträger indirekt auch für die Stationspreise auf.Ein bedeutsamer Bahnhof war 2007 der Kategorie 2 zu-geordnet, in den Jahren davor und danach befand er sichhingegen in Kategorie 3. Für ein Jahr wurde demnach einhöheres Entgelt berechnet. Die Einordnung (Kategorisie-rung) der Stationen richtet sich nach einem einheitlich de-finierten System unter Berücksichtigung der Ein- undAussteiger, der Anzahl der Zughalte sowie weitererFaktoren. Die Bundesnetzagentur hat bei der DB Sta-tion&Service AG Einblick in die Berechnung der Grund-kategorisierungszahl für den strittigen Bahnhof genom-men. Die DB Station&Service AG konnte wiederumdarlegen, dass die ihr übermittelten Verkehrsdaten tat-sächlich Schwankungen beinhalteten und die Einordnungin den betroffenen Jahren zutreffend war.

Die Höherkategorisierung eines Bahnhofes führt gleich-wohl nicht nur zu einem anderen Entgelt, sondern bedingtzwingend auch eine erweiterte Ausstattung. Die erforder-lichen Ausstattungsmerkmale sind in den Nutzungsbedin-gungen festgelegt. Für Kategorie 2 ist als entscheidendeszusätzliches Merkmal die Besetzung des Bahnhofs mit

Servicepersonal vorgesehen. Die DB Station&ServiceAG erklärte daraufhin, dass der Personaleinsatz grund-sätzlich mit einer sehr langen Vorlaufzeit geplant wirdund eine Abstimmung mit verschiedenen Stellen, insbe-sondere der Personalvertretung, zu erfolgen hat. Dadurchkonnte der Einsatz von Servicepersonal und somit die zuerbringende Mindestausstattung des Bahnhofs nichtgewährleistet werden. Mit der erneuten Änderung der Ka-tegorie ab dem 1. Januar 2008 hatte sich der Mangel aller-dings erledigt. Für die Bundesnetzagentur bestand inso-fern kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Die DBStation&Service AG wurde jedoch darauf hingewiesen,dass die Nichtbesetzung des Bahnhofs mit Serviceperso-nal einen Verstoß gegen die Pflichten aus den Nutzungs-bedingungen dargestellt hat. Dem Aufgabenträger wurdeangeraten, eine Minderung der Stationspreise oder ver-gleichbare Ansprüche geltend zu machen.

Daneben bemängelte ein Eisenbahnverkehrsunternehmendie Höherkategorisierung und die damit verbundene Preis-erhöhung für einen bestimmten Bahnhof. Hintergrund wardie zeitweise erhöhte Anzahl von Fernverkehrszughalten,da der dortige Bahnhof wegen Bauarbeiten am nahegele-genen Hauptbahnhof als Ausweichmöglichkeit genutztwurde. Die DB Station&Service AG konnte nachweisen,dass für den Zeitraum der Bauarbeiten eine überdurch-schnittliche Anzahl an Zughalten und Ein- und Ausstei-gern verursacht wird. Diese Daten seien für die Einkate-gorisierung relevant und müssten einheitlich zurAnwendung kommen, damit kein Missbrauchspotenzialbestünde. Die Bundesnetzagentur sah daher zum gegen-wärtigen Zeitpunkt keinen Anlass für ein Einschreiten,betonte aber auch die Verpflichtung des Unternehmens,für den Bahnhof die entsprechende Ausstattung vorzuhal-ten.

4.3.3.3 Autozug-Terminals

Die Bundesnetzagentur befasst sich seit Ende 2008 mitder Anfrage eines Eisenbahnverkehrsunternehmens, dasdie Aufnahme von Autozug-Verkehren plant. Die DBStation&Service AG betreibt mehrere Autozug-Terminalsin Deutschland. Bisher ist die DB AutoZug GmbH ein-zige Nutzerin dieser speziellen Infrastruktur. Sie hat je-doch ihr Angebot an Zügen in den letzten Jahren zurück-gefahren. Unter anderem wird das Terminal Stuttgart-Kornwestheim nicht mehr bedient. Genau dort erwägtnun eine nichtbundeseigene Eisenbahngesellschaft dieWiederaufnahme der Autozug-Verkehre.

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen hat sich im Zugedieser Planungen mit der Bundesnetzagentur in Verbin-dung gesetzt, weil die DB Station&Service AG keine In-formationen über die Modalitäten der Terminalnutzungveröffentlicht hat und auch auf Anfrage nur zögerlichüber Leistungen und Preise informierte. Die Bundesnetz-agentur hat sich daher an das Unternehmen mit einem ers-ten Auskunftsersuchen gewandt. Es wurde hierbei u. a.darauf hingewiesen, dass das Eisenbahnrecht gewisseAnforderungen an die Transparenz stellt. Insbesonderemüssen allgemeingültige Nutzungsbedingungen mit darinenthaltenen Entgeltgrundsätzen aufgestellt werden.

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Drucksache 17/4630 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die DB Station&Service AG hat in ihrer Antwort zu-nächst auf die vermeintlich untergeordnete Bedeutungdieser Terminals und auf die geringe Nachfrage der Zu-gangsberechtigten nach Nutzung dieser Einrichtungenverwiesen. Für sie sei der Betrieb der Autozug-Terminalslediglich eine Nebenleistung zur Bereitstellung der Perso-nenbahnhöfe. Eine Pflicht zur Aufnahme der Terminals indie Nutzungsbedingungen sehe sie nicht. Die Nutzungs-entgelte würden jeweils im Einzelfall pauschal und kos-tenbasiert in Rechnung gestellt.

Die Bundesnetzagentur kommt nach aktueller Einschät-zung zu einer abweichenden Bewertung der Rechtslage.Als Betreiberin von Autozugterminals ist die DB Sta-tion&Service AG, wie in ihrer Funktion als Betreiberinvon Personenbahnhöfen und wie andere Betreiber vonTerminals, verpflichtet, transparente Nutzungsbedingun-gen aufzustellen und die Nutzungsentgelte für die Zu-gangsberechtigten in gleicher Weise zu berechnen. DieRegulierungsbehörde beabsichtigt, in geeigneter Formdarauf hinzuwirken, angemessene Regelungen für dieNutzung öffentlich zu machen.

4.3.3.4 Hamburg Port Authority (HPA)Die HPA führte zum 1. Januar 2009 eine Modifikationdes seit dem 1. Januar 2008 bestehenden neuen Entgelt-systems ein. Damit wurden die nutzungsabhängigen Ent-gelte, mit Ausnahme der zeitabhängigen Entgelte („Park-gebühren“), der Gleiskategorien 2 und 3 erhöht. DasGrundentgelt für die Zugein- und -ausfahrt von je 80 Euroblieb konstant. Ziel der Entgelterhöhung ist es nach Un-ternehmensangaben, den Kostendeckungsgrad zu stei-gern.

Die bisher vorliegenden Auswertungen bestätigen denvom Frühjahr/Sommer 2008 eingeschlagenen Trend, dassdas neue Entgeltsystem seine Anreizwirkung zur Verbes-serung der Effizienz wirksam entfaltet hat. Für das Jahr2009 wird mit einer weiteren Effizienzsteigerung gerech-net, da zahlreiche Eisenbahnverkehrsunternehmen dieMöglichkeit genutzt haben, ihre Fahrpläne mit den beider HPA bestehenden kapazitätssteuernden Maßnahmen– vornehmlich im Entgeltsystem – in Einklang zu brin-gen. Die im Jahr 2008 aufgetretenen Beschwerden hin-sichtlich der umfangreichen Rechnungsanhänge habendurch die Abkehr von einem waggonabhängigen Systemund Hinwendung zu einem Pauschalpreissystem pro Zugstark abgenommen.

Der Einführung einer Regionalkomponente, die die finan-zielle Entlastung bestimmter Verkehre von und zu dendeutschen Seehäfen aus dem Hinterland vorsieht, wirdderzeit noch geprüft. Dazu hat die Bundesnetzagenturihre Hilfe angeboten und verschiedene Behörden undVerbände um Bereitstellung belastbarer Daten gebeten.

4.3.3.5 Gelsenkirchener Logistik-, Hafen- und Servicegesellschaft mbH (Gelsen-Log GmbH)

Das oben genannte Unternehmen ist eine Untergesell-schaft der Gesellschaft für Energie und Wirtschaft mbH

(GEW) in Gelsenkirchen. In dieser Eigenschaft bündeltsie die typischen Aktivitäten der ehemaligen Stadtwerke.Dazu zählen u. a. die Energieversorgung, Telekommuni-kation, Schieneninfrastruktur und Eisenbahnverkehrsbe-triebe. Zur Hebung von Synergieeffekten wurdenbestimmte Tätigkeiten, wie z. B. das Regulierungsma-nagement, zentralisiert. Die Bundesnetzagentur steht da-mit einem in Regulierungsfragen erfahrenen Unterneh-men gegenüber.

Im Februar 2008 legte die Gelsen-Log GmbH Nutzungs-bedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) sowie eineListe der Entgelte vor. Die Bundesnetzagentur nahmdiese Unterlagen für eine Prüfung von Amts wegen zumAnlass. Nach Durchsicht der Unterlagen wurde festge-stellt, dass das Unternehmen, analog der Regelungen derEnergieregulierung, entsprechende Wiederbeschaffungs-werte für Sachanlagen mit der Begründung angewendethat, dass sowohl im AEG als auch in der EIBV keineAussagen zum Themenkomplex der Kapitalkostenermitt-lung enthalten sind. Die Bundesnetzagentur vertritt hin-gegen die Auffassung, dass eine Regelungslücke in AEGund EIBV nicht automatisch zu einer analogen Anwen-dung von energierechtlichen Normen führen darf.

Ferner würden durch die Anwendung von EnWG, Gas-NEV und StromNEV die in ihnen enthaltenen negativenFolgen eines Nettosubstanzerhaltes übernommen werden.Dazu zählen insbesondere die durch den Ansatz von Wie-derbeschaffungswerten höheren kalkulatorischen Ab-schreibungen und kalkulatorischen Zinsen und die damitverbundene Möglichkeit, Gewinne versteckt als Kostenzu realisieren. Des Weiteren besteht Unsicherheit darüber,ob nach Ablauf der Nutzungsdauer der Sachanlage wie-der neu investiert wird, so dass die zuvor in die Entgelteeingeflossenen kalkulatorischen Abschreibungen undZinsen nun als Gewinne an die Anteilseigner ausgeschüt-tet werden können.

Nach konstruktiven Gesprächen konnte Ende Januar 2009einvernehmlich der Verzicht auf den Ansatz von Wieder-beschaffungskosten vereinbart werden. Stattdessen flie-ßen nunmehr die tatsächlichen Abschreibungen als Kos-tenbestandteil in die Nutzungsentgelte ein.

4.3.3.6 Deutsche Regionaleisenbahn GmbH (DRE)

Die DRE begehrte im Jahr Mai 2008 rückwirkend zum1. März eine Trassenpreiserhöhung für unterjährige Tras-senbestellungen in einem nicht unerheblichen Maße.Gleichzeitig forderte die DRE ein EVU auf, für Bestel-lungen im Rahmen des Netzfahrplanes eine Trassenprei-serhöhung zum Netzfahrplanwechsel am 14. Dezember2008 zu akzeptieren.

Die Bundesnetzagentur beanstandete hierbei insbeson-dere zwei Aspekte, die einen Verstoß gegen das geltendeEisenbahnrecht darstellen. Das AEG und die dieses kon-kretisierende EIBV sehen zum einen ein konkret festge-legtes Zeitkorsett für die Vorlage und die Inkraftsetzungvon SNB und der Liste der Entgelte vor. Hiernach müssenu. a. Änderungen der Entgelthöhe für Trassenbenutzun-

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gen spätestens einen Monat vor dem Beginn der Tras-senanmeldefrist für den Netzfahrplan in der Liste der Ent-gelte veröffentlicht werden. Spätestens einen weiterenMonat vor der Veröffentlichung müssen die beabsichtig-ten Änderungen jedoch der Bundesnetzagentur vorgelegtwerden. Die Mitteilung der DRE gegenüber der Bundes-netzagentur erfolgte somit verspätet und war damit nichteisenbahnrechtskonform.

Nur für den Fall, dass die Bundesnetzagentur den geplan-ten preislichen Änderungen nicht widerspricht, treten dieEntgelthöhen in Kraft. Die veröffentlichte Liste der Ent-gelte erlangt hierbei jedoch nur Geltung für den kommen-den Netzfahrplan, frühestens somit zum zweiten Sonntagdes Monat Dezembers im Jahr der Veröffentlichung. Einerückwirkende Geltendmachung von höheren Preisen isthierbei normativ gänzlich ausgeschlossen. In der Forde-rung nach einer rückwirkenden Erhöhung der Trassen-preise lag somit ein weiterer Verstoß gegen geltendesEisenbahnrecht vor.

Nach einem dementsprechenden Einschreiten der Bun-desnetzagentur erkannte die DRE den festgestellten Fris-tenverstoß und das Rückwirkungsverbot an. Des Weiterenerklärte sie sich zu einer Neukalkulation der vom EVUbefahrenen Strecke bereit. Infolge dieser Neuberechnungkonnte der für diese Strecke geltende Trassenpreis redu-ziert werden. Das behördliche Verfahren konnte somit zurZufriedenheit der Beteiligten abgeschlossen werden. DieBundesnetzagentur wird die DRE auch zukünftig zumWohl der Zugangsberechtigten bei ihrer Geschäftstätig-keit proaktiv unterstützen.

4.3.3.7 EVS EUREGIO Verkehrsschienennetz GmbH (EVS)

Im Rahmen der ex ante – Regulierung prüfte die Bundes-netzagentur die Entgelte der EVS GmbH sowohl in ihrerEigenschaft als Betreiber der Schienenwege als auch inihrer Eigenschaft als Betreiber von Serviceeinrichtungen.

In beiden Fällen beanstandete die Bundesnetzagentur dasvom Unternehmen entwickelte Anreizsystem. Für jedesöffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen sieht dasEisenbahnrecht die Gestaltung und Anwendung von leis-tungsabhängigen Entgeltbestandteilen vor, mit denen demregulierten Unternehmen sowie den EVU Anreize zurVerringerung von Störungen und zur Erhöhung der Leis-tungsfähigkeit der Infrastruktur geboten werden (Anreiz-system). Die EVS sah nunmehr ein System vor, das aus-schließlich der Eingrenzung von Störungsfolgen diente,nicht jedoch, wie vom Gesetz gefordert, auf die Verringe-rung von Störungen selbst abzielte. Darüber hinaus ließsich bereits aus der bloßen Eingrenzung der Störungsfol-gen keine signifikante Anreizwirkung erkennen.

Im Hinblick auf die von der EVS betriebenen Abstell-gleise beabsichtigte das Unternehmen eine Preiserhöhungvon erheblichem Ausmaß, die sich jedoch nicht insge-samt auswirken sollte, sondern lediglich auf die Tages-Wochen- und Monatspreise beschränkt war. Die Jahres-preise sollten dementsprechend keine Veränderung erfah-ren.

Die Bundesnetzagentur sah hierin insbesondere eine Be-nachteiligung derjenigen Zugangsberechtigten, die Ab-stellgleise für einen Zeitraum von weniger als einem Jahranmieten. Diese würden dann Adressat der erhöhten Ent-gelte sein, während diejenigen Nutzer, die sich ein Jahroder länger an die EVS gebunden haben, Entgelte in un-veränderter Höhe zu zahlen hätten. Die behördlichen Be-denken konnten im Rahmen der Anhörung seitens derEVS nicht ausgeräumt werden, sodass die Bundesnetz-agentur der beabsichtigten Erhöhung der Entgelte wider-sprach.

Auch hinsichtlich der Stornierungsentgelte für Zugtrassenbeabsichtigte die EVS eine umfangreiche Preiserhöhung.In der Folge hätten die Stornierungsentgelte die Regelent-gelte in erheblichem Maße übertroffen. Der Auffor-derung, die Kalkulation der Stornierungsentgelte offen-zulegen und somit darzulegen, dass die beabsichtigteErhöhung sachlich gerechtfertigt sei, kam die EVS nichtnach. Die Bundesnetzagentur hat somit auch in diesemPunkt der beabsichtigten Entgelterhöhung widerspro-chen.

Darüber hinaus ordnete die Bundesnetzagentur teilweiseKlarstellungen in den Entgeltgrundsätzen der SNB undNBS an, um klare und damit transparente Regelungenherbeizuführen. Die EVS hat zwischenzeitlich gegen allevorgenannten Aspekte des in dieser Sache an sie gerichte-ten Bescheides Widerspruch eingelegt.

4.3.4 Gestaltung von Anreizsystemen

Die nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE-Bahnen) set-zen derzeit die Vorgaben des § 21 Absatz 1 und § 24 Ab-satz 1 EIBV zum Großteil nicht um.

Dort, wo bereits Anreizsysteme konzipiert wurden, wardies zumeist auf eine Intervention der Bundesnetzagenturim Vorfeld der Erstellung der Nutzungsbedingungen zu-rückzuführen. Die Bundesnetzagentur überprüft im Rah-men der behördlichen Kapazitäten derzeit vorrangig wett-bewerbsrelevante Unternehmen mit entsprechend hohemDiskriminierungspotenzial. Im Bereich kleiner und mit-telständischer NE-Bahnen konzentriert sie sich gegen-wärtig darauf, die Infrastrukturunternehmen über dieAnforderungen, denen Anreizsysteme gerecht werdenmüssen, zu informieren und wird in einem zweiten Schrittüberprüfen, inwieweit diese Hinweise aufgegriffen undumgesetzt wurden.

In einigen Fällen, oftmals bei Häfen, erheben die Betrei-ber keine Nutzungsentgelte von den Zugangsberechtig-ten. Bei diesen Infrastrukturunternehmen fehlt es in derRegel auch an leistungsabhängigen Entgeltbestandteilen,die unternehmerische Anreize setzen sollen. Die Bundes-netzagentur analysiert derzeit die entsprechenden Kosten-strukturen und wird demnächst auf die Infrastrukturbe-treiber zugehen. Bei kleinen Unternehmen gestaltet sichdie Einführung eines Anreizsystems oft herausfordernd.Aufgrund der überschaubaren Komplexität existierenüberwiegend kaum betriebliche Störungen, die sich nega-tiv auf den Betriebsablauf auswirken. So erscheinen An-reize zur Verringerung von Störungen und zur Erhöhung

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der Leistungsfähigkeit beispielsweise bei jenen Unterneh-men fragwürdig, deren Infrastruktur von zwei Zügen proTag genutzt wird.

Die Bundesnetzagentur hat auch die Erfahrung gemacht,dass einige regulierte Unternehmen zwar in ihren Benut-zungsbedingungen ein Anreizsystem formuliert haben,dieses jedoch im tatsächlichen Betrieb der Eisenbahn-infrastruktur überhaupt keine Auswirkungen zeigt. Sowerden beispielsweise ausschließlich solche Störungendurch das Anreizsystem erfasst, die nicht häufiger alsdrei- bis viermal jährlich auftreten. Einige Unternehmenhaben zudem ein System entwickelt, das nicht, wie vorge-schrieben, an die Störung selber sondern lediglich an dieStörungsfolge anknüpft. Es werden somit bloße Anreizeerzeugt, die Störung möglichst rasch zu beheben, nicht je-doch, sie von vornherein zu vermeiden.

4.4 Herausforderungen der symmetrischen Regulierung

4.4.1 Bildung einer Prüfungsreihenfolge

Der Gesetzgeber hat für die Eisenbahnregulierung diesymmetrische Regulierung der im Eisenbahnsektor täti-gen öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen nor-miert. Bei der somit gesetzlich zwingend vorgegebenengleichmäßigen Prüfung von Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen hat die Bundesnetzagentur ihrem Ermessen fol-gend zu entscheiden, in welcher Reihenfolge die einzel-nen Unternehmen von ihr geprüft werden sollen, da einegleichzeitige Prüfung aller im Eisenbahnsektor tätigen öf-fentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen durch diesymmetrische Regulierung nicht bedingt und auch zwei-felsohne nicht durchführbar ist.

Die Bundesnetzagentur prüft daher Unternehmen, derenGeschäftstätigkeit den Wettbewerb auf der Schiene be-sonders stark beeinflussen, prioritär vor denjenigen Un-ternehmen, die den Wettbewerb nur marginal tangieren.Um den einzelnen Unternehmen eine entsprechende Be-deutung zuordnen zu können, stützt sich die Regulie-rungsbehörde auf die erhobenen Daten der hausinternenallgemeinen Marktbeobachtung. Aufgrund der einge-schränkten Rechte zur Erhebung von allgemeinen Markt-daten kann die Bundesnetzagentur jedoch gegenwärtignur auf ein teilweise fundiertes Datengerüst zurückgrei-fen.

Die vorhandenen Daten werden für die Bildung einer Prü-fungsreihung in zwei Dimensionen unterteilt. So werdenzum einen Angaben zur Betriebsleistung, zur Verkehrs-dichte, zum Umsatz und zum Marktanteil berücksichtigt,um die Unternehmensbedeutung zu taxieren. Zum ande-ren werden Indikatoren zur Wettbewerbsförderungberücksichtigt. Dazu zählen der Integrationsgrad des Un-ternehmens, die Einhaltung der Mitteilungspflichten ge-genüber der Bundesnetzagentur, der durchschnittlicheTrassenpreis und seine Aufteilung auf mit dem betroffe-nen Eisenbahninfrastrukturunternehmen verbundeneEVU und unverbundene EVU. Durch die Gewichtung dergenannten Kriterien wird der Unternehmensbedeutung,

aber auch der Förderung des Wettbewerbs Rechnung ge-tragen.

Nicht zuletzt im Hinblick auf die eingeschränkten Befug-nisse der Bundesnetzagentur im Rahmen der allgemeinenMarktbeobachtung bedarf das entwickelte System einerweiteren Schärfung und Ergänzung. Die Bundesnetzagen-tur ist bestrebt, eine solide Datengrundlage für dasSystem zu generieren. Hierfür wirbt sie bereits um dieUnterstützung durch die im Eisenbahnsektor tätigen Un-ternehmen.

4.4.2 Leitfaden KostenprüfungEine transparente Regulierung ist für die Akzeptanz derEntscheidungen der Bundesnetzagentur essenziell. Da-rüber hinaus ist die Bundesnetzagentur bestrebt, dieKenntnis und Akzeptanz der eisenbahnrechtlichen Ent-geltregelungen für mehr Rechtssicherheit im Markt vo-ranzutreiben. Daher erarbeitet die Bundesnetzagenturmomentan einen Leitfaden für die Vorgehensweise beider Entgeltprüfung. Dieser Leitfaden soll die gegenwär-tige Entgeltregulierung operationalisieren und die gesetz-liche Anwendung und Auslegung der entgeltbezogenenVorgaben im AEG und in der EIBV durch die Bundes-netzagentur für die Zugangsberechtigten transparenter ge-stalten.

Die aktuelle regulatorische Tätigkeit der Bundesnetz-agentur in der Entgeltregulierung im Eisenbahnsektor ba-siert auf den Vorgaben einer Kostenzuschlagsregulierung.Danach fehlen Anreize zur Effizienzsteigerung (Kosten-senkung), da die Bundesnetzagentur lediglich befugt ist,die Kosten dem Grunde, nicht aber der Höhe nach infragezu stellen. Somit können die Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen die ihnen insgesamt für die Erbringung derPflichtleistungen entstehenden Kosten sowie eine Ren-dite, die am Markt erzielt werden kann, in ihren Nut-zungsentgelten gemäß § 14 Absatz 4 AEG abbilden.

Im Hinblick auf die Verteilung der Kosten verfügt die Bun-desnetzagentur über gesetzliche Eingriffsmöglichkeiten,um eine diskriminierende sowie missbräuchliche Entgelt-gestaltung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu un-tersagen.

Schwerpunkte im Rahmen von Entgeltprüfungen auf Ba-sis geltenden Rechts sind nach Auffassung der Bundes-netzagentur unter anderem die Überprüfung der Rechts-konformität bezüglich:

– der Diskriminierungsfreiheit der Entgeltgestaltung(z. B. bei Preisdifferenzierungen),

– der Einhaltung des Vollkostenmaßstabes,

– der Kontrolle der Kostenbasiertheit der Entgelte,

– der Strukturierung der Entgelte auf der Basis vonGrenzkosten und von Aufschlägen,

– der Renditehöhen,

– der Zuschlüsselung von Gemeinkosten,

– der Berücksichtigung von Konzernumlagen und Ver-rechnungspreisen in verbundenen Unternehmen,

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– der Überprüfung der Markttragfähigkeiten sowie

– der Untersuchungen zu Standardleistungen von Servi-ceeinrichtungen.

Die Bundesnetzagentur wird zu gegebener Zeit die hierzukonkret ermittelten Erkenntnisse dem Markt gegenüberkommunizieren.

5 Ausgewählte gerichtliche VerfahrenIm Bereich der Eisenbahnregulierung sind auch im Jahr2008 gerichtliche Entscheidungen ergangen. Gegenstandder gerichtlichen Verfahren waren beispielsweise grund-sätzliche Auffassungen zu der Reichweite des Eisenbahn-regulierungsrechts und den Auskunftsrechten der Bun-desnetzagentur.

5.1 DB Regio AG – WartungseinrichtungenDie in den Verfahren gegen die DB Regio AG (siehe Ka-pitel 3.2.3 – Wartungseinrichtungen) vertretene Rechts-auffassung der Bundesnetzagentur zur Reichweite des Ei-senbahnregulierungsrechts sowie zur Ausgestaltung vonNutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen wurde inden hierzu ergangenen Beschlüssen des OVG NRW unddes VG Köln vom 19. November und 7. Oktober 2008(Az.: 13 B 1543/08 und Az.: 18 L 1371/08) in weiten Tei-len bestätigt. Dies gilt insbesondere für die Einordnungder DB Regio AG als Eisenbahninfrastrukturunterneh-men sowie die Beurteilung verschiedener Entgeltklauselnals unvereinbar mit dem eisenbahnrechtlichen Diskrimi-nierungsverbot.

Das OVG NRW hat festgestellt, dass Standplatzmietenund Stornierungsentgelte eisenbahnrechtlich als Entgelteeinzuordnen sind. Das Gericht bestätigt damit die Auffas-sung der Bundesnetzagentur, der Entgeltbegriff sei weitzu interpretieren. Entgeltklauseln, in denen sich die DBRegio AG einen zu weitreichenden Entscheidungsspiel-raum zugebilligt hat, verstoßen auch nach Auffassung desOVG NRW gegen das eisenbahnrechtliche Diskriminie-rungsverbot. Eine Diskriminierung von Zugangsberech-tigten sei damit greifbar.

Lediglich für die Anordnung der Bundesnetzagentur, einepräzise Leistungsbeschreibung in die Nutzungsbedingun-gen aufzunehmen, vermochte das OVG NRW keine Er-mächtigungsgrundlage erkennen. Der Senat ist der Auf-fassung, dass es – mit Blick auf Wartungseinrichtungen –an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage derBundesnetzagentur fehle. Es sei Sache des Verordnungs-gebers, die Pflicht zur Vorlage detaillierter Leistungsbe-schreibungen zu normieren, falls er dies für angezeigthalte. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien dievon der Bundesnetzagentur angemahnten Angaben in denLeistungsbeschreibungen der DB Regio AG allerdingsnicht einzuordnen.

5.2 Railion Deutschland AG – Auskunfts-rechte Marktbeobachtung

In einer Eilentscheidung des OVG NRW vom 22. Februar2008 – 13 B 68/08 – wurden der Bundesnetzagentur für

die allgemeine Marktüberwachung der Zugangsbedin-gungen Informationsrechte auf Basis des § 14c Absatz 3AEG abgesprochen. Nach Auffassung des Gerichts er-streckt sich ferner die Reichweite des Auskunftsgegen-stands des § 14c (3) AEG ausschließlich auf das Führenvon Verwaltungsverfahren zur Ergreifung regulatorischerMaßnahmen im Sinne des § 14c (1) AEG.

Zudem sollen ausschließlich die EIU Adressat einer sol-chen Auskunftsanordnung sein. Die Bundesnetzagenturbetont indes die Notwendigkeit eines breiten Kreises anAuskunftsadressaten, um Diskriminierungen aufdeckenzu können (siehe Abschnitt 5.3 – Deutsches Güter-verkehrsunternehmen – Entgelterhebung in Häfen) undweist darauf hin, dass der europäische Gesetzgeber in Ar-tikel 30 Absatz 4 RL 2001/14/EG die Informationsrechteder Regulierungsbehörde explizit auf die EVU sowie allesachdienlichen Informationen erstreckt.

Das Verfahren wird indes voraussichtlich nicht in einemHauptsacheverfahren weitergeführt. Die Railion Deutsch-land AG (jetzt DB Schenker Rail Deutschland AG) hateinen Teil der fehlenden Daten nachgeliefert. Die Bun-desnetzagentur hat im Gegenzug die Abfrage stark inUmfang und Detailtiefe reduziert und wird im Rahmender Marktbeobachtung einen Teil der strittigen Daten(etwa Auslastungs- und Renditefragen bei den Service-einrichtungen) zukünftig nicht mehr erheben.

5.3 Deutsches Güterverkehrsunternehmen – Entgelterhebung in Häfen

Zu Beginn des Berichtszeitraums hat die Bundesnetz-agentur festgestellt, dass ein großes deutsches Güterver-kehrsunternehmen in seinen Entgelten eine sogenannte„Hafenzugangspauschale“ regelte. Das Entgelt sollte zurDeckung von Nutzungsgebühren für den Zugang zur Ei-senbahninfrastruktur in allen betroffenen Häfen erhobenwerden und fällt daher auch primär bei den Häfen an, dievon dem Eisenbahnverkehrsunternehmen Nutzungsent-gelte verlangen.

Aus der Formulierung war zu schließen, dass das Güter-verkehrsunternehmen erstens deutlich mehr Hafeninfra-strukturen anfährt, und zweitens bei den dortigen Betrei-bern offenbar keine Nutzungsentgelte zu entrichten hat.Die Bundesnetzagentur leitete aufgrund dieses Rück-schlusses ein Verfahren gegen diejenigen Hafenbetreiberein, bei denen das betroffene Güterverkehrsunternehmenkeine Hafenzugangspauschale erhebt (Verfahren gegenunbekannt). Grundlage hierfür war, dass die Nichterhe-bung von Nutzungsentgelten für die Eisenbahninfrastruk-tur in den betroffenen Häfen nach Einschätzung der Bun-desnetzagentur ein Indiz für ein eisenbahnrechtswidrigesVerhalten darstellt. Durch die Nichterhebung der Nut-zungsentgelte könnte ein Verstoß entweder gegen dasDiskriminierungsverbot oder gegen die eisenbahnrechtli-chen Entgeltgestaltungsvorschriften vorliegen.

Die Bundesnetzagentur richtete zur Ermittlung der o. g.Hafenbetreiber an das betroffene Güterverkehrsunterneh-men ein Auskunftsersuchen, indem um Unterstützung beider behördlichen Sachverhaltsrecherche und um entspre-

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chende Auskünfte gebeten wurde. Das Güterverkehrsun-ternehmen verweigerte jedoch jegliche Auskunft. DasUnternehmen wurde daher mit Bescheid vom 25. Februar2008 zur Auskunft verpflichtet. Noch im Frühjahr 2008hat das Unternehmen gegen den Bescheid Widersprucheingelegt; ein Klageverfahren ist hierzu gegenwärtig an-hängig.

Kern der rechtlichen Auseinandersetzung sind unter-schiedliche Auffassungen zur Anwendung von § 14c Ab-satz 3 AEG als eigenständige Ermächtigungsgrundlage.Die Bundesnetzagentur ist der Auffassung, dass sich derGesetzgeber bewusst dazu entschieden hat, der Regulie-rungsbehörde Informationsrechte auch gegenüber denZugangsberechtigten an die Hand zu geben, wenn diesezur Vorbereitung regulatorischer Maßnahmen gegen dasEIU nach § 14c (1) AEG notwendig sind. Das Unterneh-men hingegen ist der Auffassung, dass es zwar als Zu-gangsberechtigter möglicherweise zu einer Informationverpflichtet sei, diese Verpflichtung jedoch von der Bun-desnetzagentur nicht durchzusetzen ist.

6 Ökonomische Grundsätze der Eisenbahnregulierung

6.1 Anreizregulierung

Aufbauend auf dem von ihr erstellten Konzept einer An-reizregulierung im Eisenbahnsektor und den hierzu einge-gangenen Stellungnahmen legte die Bundesnetzagenturim Mai 2008 eine revidierte Fassung des Abschlussbe-richts zur Anreizregulierung für den Eisenbahnsektor vor.Der Bericht wurde ausführlich diskutiert. Zu den wesent-lichen Diskussionspunkten soll nachfolgend Stellung ge-nommen werden.

6.1.1 Anreizregulierung und LuFV

Die Bundesnetzagentur sieht die Anreizregulierung alssinnvolle Ergänzung zur geltenden Leistungs- und Finan-zierungsvereinbarung (LuFV) an. Die LuFV ersetzt nichtdie Wirkungen einer Anreizregulierung, denn die Aufga-ben der LuFV und einer Anreizregulierung sind grund-verschieden. Originäre Aufgabe einer Anreizregulierungist es, durch Preishöhenvorgaben Anreize zur Senkungder Kosten (Effizienzanreize) zu setzen, Einsparpotenti-ale im und für das Unternehmen zu realisieren und aucheine Weitergabe sowohl in Form von Preissenkungen anInfrastrukturnutzer als auch über verringerte Zuschussan-forderungen an Zuwendungsgeber zu ermöglichen. DieLuFV hingegen ist ein Steuerungsinstrument zur Sicher-stellung des Infrastrukturauftrages des Bundes nach Arti-kel 87e GG. Der in der LuFV vereinbarte Förderbeitragdes Bundes könnte durch den fehlenden Inflationsaus-gleich Anreize zur Kostensenkung setzen. Der Beitragdes Bundes sinkt durch die mangelnde Inflationsbereini-gung real, dem Unternehmen fehlen somit Einnahmen.Da das Unternehmen aber weiterhin der Handlungspara-meter „Entgelte“ uneingeschränkt zur Verfügung steht, esalso nicht in seinem Preissetzungsspielraum beschränktwurde, muss es den real sinkenden Förderbeitrag nichtüber Effizienzanstrengungen in Kostensenkungen umset-

zen, sondern kann ebenso seine Infrastrukturnutzungsent-gelte zum Ausgleich erhöhen.

Zur Umsetzung des Artikel 6 Absatz 2 RL 2001/14/EG, indem Anreize zur Senkung der Zugangsentgelte gefordertwerden, ist somit die Einführung einer Anreizregulierungzwingend erforderlich. Zusätzlich soll die Anreizregulie-rung mit Effizienzvorgaben der fortwährenden Steigerungder Nutzungsentgelte bei unverändertem Effizienzniveaumaßvoll entgegenwirken.

Zudem sei darauf hingewiesen, dass nach AEG imGrundsatz alle EIU Zugang gewähren müssen (symmetri-sche Regulierung) und bei einer Umsetzung der europäi-schen Vorgaben berücksichtigt werden müssen. DieLuFV beschreibt jedoch ausschließlich Finanzierungs-und Leistungsverhältnisse für drei EIU der DB AG (DBNetz AG, DB Station&Service AG, DB Energie GmbH).

6.1.2 Anreizregulierung und intermodaler Wettbewerb

Mit Bezug auf die intermodale Konkurrenzsituationwurde die Frage aufgeworfen, ob der intermodale Wettbe-werb die Höhe der Zugangsentgelte im gesamten Schie-nennetz nicht ausreichend reguliere und dadurch eine An-reizregulierung obsolet werde.

Der intermodale Wettbewerb stellt die Disziplinierung derbestehenden Marktmacht der Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen nicht erschöpfend sicher. Direkter Wettbewerb be-steht – in Teilen – nur zwischen den Verkehrsunternehmen,also Eisenbahnverkehrsunternehmen (Schiene) und denSpeditionen/Busunternehmen (Straße) bzw. Binnenschif-fern (Wasserwege). Die Eisenbahninfrastrukturbetreiberstehen dabei nur in indirektem Wettbewerb, da Wettbe-werb lediglich in Teilen der ihnen nachgelagerten Märktebesteht. Abgesehen von einzelnen Relationen, auf denentatsächlich realistische Substitutionsmöglichkeiten mitanderen Verkehrsträgern bestehen, ist der intermodaleWettbewerb in Bezug auf das gesamte Schienennetz ohneeinschneidende Wirkung. Die jährlich steigenden Infra-strukturnutzungsentgelte können hierfür als Indikator he-rangezogen werden.

6.1.3 Zeitlicher Rahmen bei Umsetzung einer Anreizregulierung

Die Einführung einer Anreizregulierung erfolgt system-immanent zu Beginn einer Netzfahrplanperiode im De-zember eines Kalenderjahres. Die Länge der Übergangs-phase von mindestens 38 Monaten berücksichtigt dieFristen aus § 21 Absatz 7 Satz 1 EIBV sowie u. a.folgende Faktoren: Ermittlung und Bekanntgabe der Pa-rameter für eine Anreizregulierung, Aufstellen und Über-mittlung der geplanten Entgelte an die Bundesnetzagen-tur, Entgeltgenehmigung durch die Bundesnetzagentursowie Veröffentlichung der Entgeltlisten. Voraussetzungfür diesen Zeitplan ist allerdings, dass die gesetzlichenGrundlagen zur Erhebung der erforderlichen Daten Gül-tigkeit besitzen und die Daten ohne Verzögerung seitensder regulierten Unternehmen der Bundesnetzagenturübermittelt werden.

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Gleichzeitig war der Abschlussbericht und damit die Ein-führung einer Anreizregulierung Thema des Eisenbahn-infrastrukturbeirats. Dieser verständigte sich in seinerletzten Sitzung im Jahr 2008 auf eine Erklärung zur An-reizregulierung. Inhaltlich wird in dieser Erklärung u. a.festgestellt, dass eine Entgeltkontrolle nach dem Vollkos-tenprinzip Defizite aufweise und dass Anreize zur Sen-kung der Kosten sowie der Zugangsentgelte gesetzt wer-den sollten. Darüber hinaus solle die Ausarbeitung einerAnreizregulierung vorangetrieben sowie im Sinne einerverbesserten Durchführbarkeit der aktuellen Kosten- undPreiskontrolle eine Entgeltgenehmigung gesetzlich veran-kert werden.

Die Bundesnetzagentur sieht die Beschlussvorlage desEisenbahninfrastrukturbeirats als einen wichtigen politi-schen Schritt hin zu einer Anreizregulierung. Durch dievom Beirat vorgeschlagene Entgeltgenehmigung erhieltesie insbesondere die Möglichkeit, Kostenanalysen in Vor-bereitung einer Anreizregulierung vorzunehmen.

Der revidierte Abschlussbericht zur Einführung einer An-reizregulierung im Eisenbahnsektor ist auf der Homepageder Bundesnetzagentur veröffentlicht4.

6.2 Bestimmung einer zulässigen Rendite bei Schienenwegsbetreibern

Betreiber der Schienenwege können gemäß der Regelungin § 14 Absatz 4 Satz 1 AEG in ihre Trassenkalkulationeine Rendite einbeziehen, die am Markt erzielt werdenkann. Zur Bestimmung einer im Eisenbahnsektor ange-messenen Kapitalverzinsung für die Betreiber der Schie-nenwege hat die Bundesnetzagentur ein Gutachten inAuftrag gegeben. Erste Ergebnisse sind Mitte 2009 zu er-warten.

6.3 Abbildung der Infrastruktur im Rechnungswesen von Eisenbahn-infrastrukturunternehmen

Im Rahmen von Prüfungs- und Monitoringtätigkeiten derBundesnetzagentur werden von öffentlichen Eisenbahn-infrastrukturunternehmen neben technischen sowie zu-gangsbezogenen Daten auch grundlegende Entgelt-, Kos-ten und Umsatzdaten erhoben. Mit diesen Informationenkönnen Betreiber von Schienenwegen und Serviceein-richtungen ermittelt werden, bei denen genauere Prüfun-gen erforderlich scheinen. Aufgrund der symmetrischenRegulierung mit einer Vielzahl unterschiedlicher Eisen-bahninfrastrukturunternehmen erfordert diese Aufgabejedoch umfangreiche Kenntnisse über geeignete Indikato-ren für eine Schwerpunktsetzung bei der Kostenprüfung.

Die Bundesnetzagentur hat daher eine Studie in Auftraggegeben, in der die Abbildung der Infrastruktur im Rech-nungswesen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen un-tersucht werden soll. Mit der Durchführung der Studiewurde das Unternehmen KCW GmbH aus Berlin betraut,

4 http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/15476.pdf

das wiederum auf die aktive Mitwirkung einiger Eisen-bahninfrastrukturunternehmen zurückgreifen kann.

Die Bundesnetzagentur erwartet ein tieferes Verständnisüber die Vorgehensweise der Eisenbahnunternehmen beider Erfassung von Kosten, die im Zusammenhang mit derEisenbahninfrastruktur entstehen. Ziel der Studie ist es,die Belastung der Unternehmen durch Datenabfragenmöglichst gering zu halten. Darüber hinaus soll sie dazubeitragen, die Überwachung der Eisenbahninfrastruktur-unternehmen im Bereich der Regelungen über die Höheund Struktur der Entgelte wirksam und effizient durch-führen zu können.

7 Internationale Abstimmung der Regulierung

Zahlreiche grenzüberschreitende Angelegenheiten ausder Eisenbahnregulierung sind aktuell Gegenstand vonDiskussionen der quartalsweise unter dem Vorsitz derEuropäischen Kommission stattfindenden Arbeitsgrup-pen europäischer Regulierungsbehörden „Task Force RailRegulatory Bodies“ sowie „Working Group Rail Regula-tory Bodies“. Hierzu gehören insbesondere die Entwick-lung der Technischen Spezifikationen für Interoperabilitätzum Teilsystem Telematikanwendungen für den Güter-verkehr (TAF TSI) (Abschnitt 7.1), der Umgang mitGrenzbetriebsabkommen im Fall regulierungsrelevanterSachverhalte (Abschnitt 7.2) sowie Gespräche mit derVereinigung europäischer Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen Rail Net Europe (RNE) zum Abschluss einer Ab-sichtserklärung (Abschnitt 7.3). Die Regulierungsbehör-den begleiten die Entwicklungen zusammen mit derEuropäischen Kommission. Der gesetzliche Rahmen fürdiese Kooperation ergibt sich aus dem im AEG umgesetz-ten Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EG.

Ein Erfahrungsaustausch über grenzüberschreitende The-men ist für die wettbewerbliche Entwicklung in Deutsch-land angesichts der geographischen Lage Deutschlandsmit neun Nachbarn und 56 Grenzübergängen für Eisen-bahnen von besonderer Bedeutung. Deshalb lud die Bun-desnetzagentur auch dieses Jahr wieder zu einigen Ar-beitsgruppentreffen mit den für den Eisenbahnkorridorzwischen Rotterdam und Mailand zuständigen IQ-C Re-gulierungsbehörden ein.

7.1 Technische Spezifikation für die Interoperabilität zum Teilsystem Telematikanwendungen für den Güterverkehr (TAF TSI)

Die Entwicklung eines grenzüberschreitenden IT-Verbun-des für die sog. „relevanten Informationen“ in Europa istüberfällig. Mit der Entwicklung der TAF TSI macht dieEuropäische Kommission Vorgaben für den Aufbau einesIT-Systems bis 2013, das weitreichende – nicht nur alleinfür die betriebliche Durchführung des Güterverkehrs aufder Schiene wichtige – Informationen enthalten wird.Vielmehr handelt es sich um einen technischen Standardfür einen europaweiten Austausch operativer sowie kom-merzieller Daten. Nach allgemeiner Einschätzung – ins-

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besondere auch der IQ-C Regulierungsbehörden – wirddieses System geeignet sein, die Wettbewerbsfähigkeitdes Verkehrsträgers Eisenbahn im intermodalen Bereichdeutlich zu verbessern. Den großen Chancen stehen aller-dings auch entsprechende Risiken gegenüber. Mit TAFTSI wird neben dem Schienennetz ein zweites Netz, einIT-Netz, entstehen, dessen Nutzung zur Bedingung fürdie Teilnahme am Eisenbahnverkehr werden wird. Ak-tuell ist nicht sichergestellt, dass zu einem späteren Nut-zungszeitpunkt der gemeinschaftsrechtliche Kosten-grundsatz „equal service equal payment“ umgesetzt wird.Ein Preissystem, dass den sog. Gründungsmitgliedern derTAF TSI DG dauerhaft andere, deutlich niedrige Preisefür eine Leistung einräumt, kann sich als wettbewerbli-ches Zugangshemmnis erweisen. Erfahrungen der Regu-lierungsbehörden belegen, dass eine nachhaltige Beein-trächtigung des Wettbewerbs durch ungleichen Zugangzu netzzugangsrelevanten Informationen entstehen kann.Dies gilt auch für Informationen aus IT-Systemen, die imEisenbahnverkehr eingesetzt werden, sei es, dass sie derSicherheit oder der Qualitätsverbesserung dienen. Beson-deres Augenmerk wird auch auf die Wahrung vonGeschäftsgeheinmissen gelegt werden müssen, um Wett-bewerbsschädigungen zu vermeiden. Daher erscheint eszwingend erforderlich, dass die Regulierungsbehördenfrühzeitig die weitere Entwicklung begleiten und als Hü-terinnen der Diskriminierungsfreiheit etwaigen Fehlent-wicklungen aus wettbewerblicher Sicht entgegenwirkenkönnen. In Abstimmung mit der Europäischen Kommis-sion werden die Regulierungsbehörden Gespräche mitdem Internationalen Eisenbahnverband UIC (Union inter-nationale des chemins de fer) führen, der sich der Umset-zung der TAF TSI angenommen hat.

7.2 Grenzbetriebsabkommen

Die Regulierungsbehörden und die EU-Kommission ha-ben die bestehenden, zwischen ehemaligen Staatsbahnengeschlossenen Grenzbetriebsabkommen zum Gegen-stand ihrer Gespräche gemacht.

Grenzbetriebsabkommen wurden in der Vergangenheitauf verschiedenen Ebenen zwischen Markteilnehmern,Behörden und Staaten abgeschlossen, um den grenzüber-schreitenden Verkehr zu erleichtern. Diese Abkommenregeln eine Vielzahl von Angelegenheiten, etwa Zollfra-gen, Visa- und Grenzkontrollen, Zulassung von Fahrzeu-gen oder praktische Vorkehrungen für die Zugübergabebzw. Grenzüberfahrt.

Viele Abkommen berücksichtigen nicht die europäischenEntwicklungen der Marktöffnung und entsprechen nichtdem Gedanken der Wettbewerbsfreiheit. Den Regulie-rungsbehörden war aufgefallen, dass einzelne Vertrags-klauseln schädigenden Einfluss auf den Wettbewerb desEisenbahnverkehrs haben. Mögliche Diskriminierungenbestehen etwa in Fällen, in denen etwa Baureihenummernvon – als sicher eingestuften – Lokomotiven nicht in Ab-kommen enthalten sind, auf deren Grundlage Eisenbahn-infrastrukturunternehmen grenzüberschreitenden Eisen-bahnverkehrsunternehmen daraufhin den Zugang zurInfrastruktur verweigern. Wie im Fall anderer grenzüber-

schreitender Sachverhalte verständigten sich die Regulie-rungsbehörden auf einen gegenseitigen Informationsaus-tausch im Sinne des Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EGzwecks einheitlichen Vorgehens auf ihrem jeweiligen Ho-heitsgebiet. Im Fall von möglichen Diskriminierungenauf beiden Seiten der Grenze wurde eine vorherige Ab-stimmung der jeweiligen Entscheidungen für sinnvoll er-achtet. Die Europäische Kommission begrüßte eine Zu-sammenarbeit der Regulierungsbehörden auch in Fällenvon Diskriminierungen im Zusammenhang mit Grenzbe-triebsabkommen. Gespräche mit den Mitgliedstaaten sindangestoßen worden. Auf Veranlassung der EuropäischenKommission überprüften die Mitgliedstaaten die gelten-den Grenzbetriebsabkommen zwecks Anpassung an dasaktuelle Gemeinschaftsrecht.

7.3 Rail Net Europe (RNE)Rail Net Europe ist eine privatrechtliche Vereinigungeuropäischer Eisenbahninfrastrukturunternehmen nachösterreichischem Recht. Die Organisation hat sich nacheigener Darstellung zum Ziel gesetzt, einen einfachenund schnellen Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu er-möglichen und die Qualität und Leistungsfähigkeit desgrenzüberschreitenden Eisenbahnverkehres zu erhöhen.Dies erfolgt durch die Intensivierung der Zusammenar-beit zwischen den Mitgliedern bei der Zuweisung vonSchienenwegekapazität für den internationalen Schienen-verkehr und eine Koordination der Abläufe und Aktivitä-ten im internationalen Vertrieb. Zur Erreichung der Zielesetzt RNE unter anderem die internetbasierte Software„Pathfinder“ und „Europtirails“ ein. Beide IT-Anwendun-gen stehen aktuell nur den Eisenbahnverkehrs- sowie In-frastrukturunternehmen für den Koordinierungsprozessder internationalen Fahrplanerstellung zur Verfügung. Siesind grundsätzlich geeignet die Attraktivität der eisenbah-nerischen Dienstleistung und die Chancen des Eisenbahn-verkehrs im intermodalen Wettbewerb zu verbessern, so-fern sie in nicht diskriminierender Weise Funktionen imEisenbahnwesen unterstützen. Hier hatten die EU-Kom-mission und die nationalen Regulierungsbehörden ummehr Transparenz gebeten.

Insbesondere mit der Koordination der Abläufe im interna-tionalen Verkehr nimmt RNE zunehmend eine Schlüssel-rolle im Rahmen der internationalen Trassenzuweisungenein, die der eines Eisenbahninfrastrukturbetreibers immerähnlicher wird. Vor diesem Hintergrund beobachtet dieBundesnetzagentur zusammen mit anderen Regulierungs-behörden die von RNE für Trassenanmeldungen bereitge-stellte Software „Pathfinder“ derzeit mit besonderemAugenmerk. Dabei gilt es, zum einen das diskriminie-rungsfreie Bereitstellen notwendiger Streckeninformatio-nen sowie die diskriminierungsfreie Anwendungsmöglich-keit dieser IT-Plattform durch die Regulierungsbehördensicherzustellen. Zum anderen muss die Mitteilung einerTrassenablehnung mit Wirkung für das deutsche Stre-ckennetz an die Bundesnetzagentur gewährleistet sein. Inder derzeitigen Ausgestaltung wird vor allem die diskri-minierungsfreie Anwendungsmöglichkeit und Transpa-renz der durch das System bereitgestellten Informationenfür die Nutzer, besonders aber auch der rechtskonforme

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Umgang mit Geschäftsgeheimnissen der Eisenbahnver-kehrsunternehmen, die ihre Daten über die IT-Anwen-dung kommunizieren, in Frage gestellt. Aufgrund der bis-herigen Handlungsweise konnte RNE die Zweifel derEuropäischen Kommission und der Regulierungsbehör-den, auch der Bundesnetzagentur, an der diskriminie-rungsfreien Ausgestaltung und Anwendung des Kommu-nikationstools nicht ausräumen.

Die Kontrolle hinsichtlich des Einsatzes der IT-Anwen-dung gestaltet sich für die Regulierungsbehörden auf-grund der europäischen Vorgaben, die lediglich die Zu-sammenarbeit der Eisenbahninfrastrukturunternehmendazu regeln, als schwierig. Bis zu einer durch die Euro-päische Kommission angesprochenen möglichen Anpas-sung der europarechtlichen Vorschriften wurde daher an-geregt, die Zusammenarbeit zwischen RNE und denRegulierungsbehörden auf eine vertragliche Grundlage zustellen. Für die Übergangszeit bis zur Präzisierung desGemeinschaftsrechts soll durch ein multilaterales Memo-randum der aktuelle Dissens in einer für alle Beteiligtenannehmbaren Weise weitgehend beigelegt werden. Umden Verdacht von Diskriminierungspotential zu entkräf-ten, wurde insbesondere eine Anpassung der Software andie regulierungsrechtlichen Kontrollbedürfnisse der Re-gulierungsbehörden erwogen. Eine entsprechende Ab-sichterklärung ist Gegenstand laufender Verhandlungen,die von der Bundesnetzagentur zusammen mit der Euro-päische Kommission und anderen europäischen Regulie-rungsbehörden mit RNE geführt werden.

7.4 Revision des Ersten EU-Eisenbahn-paketes

Die Europäische Kommission kündigte auch den Regu-lierungsbehörden die Überarbeitung des Ersten Eisen-bahnpakets zur Liberalisierung des Schienengüterver-kehrs an. Die Neufassung bietet Gelegenheit einigeRegelungen zu präzisieren, etwa das Zusammenarbeits-gebot der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nach Art.15 der Richtlinie 2001/14/EG sowie das der Regulie-rungsbehörden gemäß Artikel 31 der Richtlinie. Die ak-tuelle Rechtslage erschwert den Regulierungsbehördeneinen fallbezogenen, schnellen Informationsaustausch.Dieser ist notwendig, um möglichen Diskriminierungeneffektiv begegnen zu können. Die aus 2001 stammendeRichtlinie berücksichtigt die aktuellen Entwicklungen in-sofern unzureichend, als die nationalen Eisenbahninfra-strukturunternehmen mit der Errichtung von RNE die ih-nen eröffnete Möglichkeit wahrgenommen haben, ihreTätigkeit bei der grenzüberschreitenden Trassenvergabeauf einen Verbund von Infrastrukturbetreibern zu übertra-gen. Dabei ist RNE mit Satzungssitz in Wien – aufgrunddes Territorialitätsprinzips – jedoch nicht verpflichtetet,den national tätigen Regulierungsbehörden außerhalb Ös-terreichs Rechenschaft über ihre Aktivität abzulegen.RNE verweist darauf, für die Eisenbahninfrastrukturbe-treiber bei der Koordinierung internationaler Trassen le-diglich ein ausführendes Instrument der nationalen EIUzu sein, welche die Trassenzuweisung vornähmen. Ande-rerseits verweigerten einige Infrastrukturbetreiber mitVerweis auf RNE Regulierungsbehörden bereits seit ge-

raumer Zeit Informationen zur grenzüberschreitendenTrassenzuweisung. Dadurch wird deutlich, dass Eisen-bahninfrastrukturunternehmen, die Mitglied bei RNEsind, versuchen könnten sich einer Regulierung zu entzie-hen.

7.5 Zusammenarbeit mit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA)

Neben ihrem Engagement in Arbeitsgruppen ist die Bun-desnetzagentur gemeinsam mit anderen europäischen Re-gulierungsbehörden und in enger Absprache mit derEuropäischen Kommission um einen vertieften Gedan-kenaustausch mit der Europäischen Eisenbahnagentur(European Railway Agency, ERA) bemüht. ERA hat zurAufgabe, die Interoperabilität der Eisenbahnsysteme zuverbessern und ein gemeinsames Konzept für die Sicher-heit zu entwickeln, um zur Schaffung eines wettbewerbs-fähigeren europäischen Eisenbahnsektors mit einem ho-hen Sicherheitsniveau beizutragen. Der Dialog mit derERA machte wichtige Schnittstellen zwischen Sicherheitund Regulierung deutlich. Denn die Erfüllung sicher-heitstechnischer Vorgaben ist Voraussetzung für das er-folgreiche Ausüben des Zugangsanspruchs gegenüberEisenbahninfrastrukturunternehmen. Im Rahmen ihrerAufgabenerfüllung hat die ERA die wirtschaftlichen Aus-wirkungen, die von ihren Empfehlungen ausgehen, zuanalysieren. Mit dieser wirtschaftlichen Bewertung wirddas Ziel verfolgt, die Wettbewerbsfähigkeit der Eisen-bahnverkehrsunternehmen vor Schaden zu bewahren. Vordem Hintergrund dieses Einflusses von Sicherheitsbe-stimmungen auf den Wettbewerb ist die Bundesnetzagen-tur auch weiterhin am Dialog mit der ERA interessiert,um die Relevanz wettbewerblicher Aspekte im Rahmender von der ERA durchzuführenden wirtschaftlichen Be-wertung von Sicherheitsanforderungen hervorzuheben.Die TAF TSI, die von der ERA betreut werden, bietensich hierfür angesichts ihrer Relevanz für den Wettbe-werb an.

7.6 International Group for Improving the Quality of Rail Transport in the North-South Corridor (IQ-C)

Einen weiterer Schwerpunkt in der internationalen Tätig-keit ist die Arbeit der Bundesnetzagentur in der „Interna-tional Group for Improving the Quality of Rail Transportin the North-South Corridor”. Die Arbeitsgruppe mit Ex-perten aus den Regulierungsbehörden der Niederlande,Italiens, der Schweiz und Deutschlands beobachten dengrenzüberschreitenden Verkehr auf dem wichtigsten Kor-ridor des Schienengüterverkehrs zwischen Rotterdam undMailand, um bestehende Wettbewerbshindernisse aufzu-spüren. Die Arbeit der IQ-C Group wird zusätzlich durchdie österreichische Regulierungsbehörde unterstützt. DieAufgaben der IQ-C Arbeitsgruppe besteht unter anderemdarin, die Tätigkeit von Rail Net Europe (RNE) bei derVergabe internationaler Trassen für diesen Korridor zubeobachten, sich gegenseitig über Diskriminierungsfällezu informieren und gemeinsam Lösungsvorschläge fürdie weitere Vorgehensweise zu konzipieren.

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Wesentliches Ergebnis des Jahres 2008 ist eine einheitlichaufmerksame Betrachtung von RNE und das zusammenmit der EU Kommission verfolgte Ziel, RNE für einedeutlich konstruktivere und transparentere bilaterale Zu-sammenarbeit zu gewinnen.

Der Jahresbericht über die Arbeit der IQ-C Group wurdeim Februar 2008 dem internationalen MinistergremiumIQ-C, das sich aus den für die betreffenden Regulierungs-behörden zuständigen Ministerien zusammensetzt, vorge-stellt und akzeptiert.

8 Öffentlichkeitsarbeit, Marktpräsenz8.1 Fachgespräche zur Eisenbahn-

regulierung: Infrastruktur-nutzungsentgelte

Auf Einladung der Bundesnetzagentur fanden sich Exper-ten aus In- und Ausland am 17. Juni 2008 erstmalig zuden Fachgesprächen zur Eisenbahnregulierung im Bahn-hof Rolandseck in Remagen ein. Unter dem Motto „Gibtes ein gerechtes Trassenpreissystem?“ diskutierten dierund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, daruntersowohl Vertreter internationaler Institutionen, der Wis-senschaft als auch von dem Trassenpreissystem direktbetroffene Schienenwegsbetreiber und Eisenbahnver-kehrsunternehmen sowie die beiden Ressorts des Bundes-ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unddes Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologiein historischer Atmosphäre eines restaurierten Bahnhofs-gebäudes diese Frage. Aufgrund der vielfältigen Interes-sen und Besonderheiten des Eisenbahnmarktes stelltendie Experten fest, dass es jedoch keine einfache Antwortauf diese Frage gibt. So folgt ein gerechtes Trassenpreis-system aus Sicht des Netzbetreibers sicherlich anderenOptimierungsregeln als aus Sicht der Nutzer. Auch falleein gerechtes Trassenpreissystem eines in einem Konzernintegrierten Netzbetreibers ebenfalls anders aus, als daseines vollständig separierten Betreibers von Schienenwe-gen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen vor allemdie Fragen, ob eine Mischfinanzierung der Eisenbahnstre-cken „gerecht“ sei und welchen Einfluss die Rechnungs-legung auf die Preisbildung habe. Betrachtet wurden beiden Diskussionen u. a. die Auswirkungen der im Eisen-bahnbereich derzeit üblichen Mischfinanzierung der ver-schiedenen Verkehrsleistungsarten, die ihre Grenzen inder unzulässigen Quersubventionierung der einzelnen Be-reiche findet. Als Abgrenzung dazu wurde die Frage ge-stellt, ob der Regionalfaktor als besondere Komponenteim derzeitigen Trassenpreissystem als Beispiel für eineverursachergerechte Kostenzuweisung angesehen wer-den könne. Die Veranstaltung lieferte hochinteressante,vielfältige Ansatzpunkte für die regulatorische Behand-lung der Frage nach einem gerechten Trassenpreissystem.Gleichzeitig wurde die Ausgangsthese, dass es keinesimplen Antworten geben könne, bestätigt.

8.2 Eisenbahnrechtliche Forschungstage in Tübingen

Die erfolgreiche Reihe der Fachtagung „Aktuelle Pro-bleme des Eisenbahnrechts“ in Tübingen wurde auch in

diesem Jahr fortgeführt. Die Eberhard-Karls-UniversitätTübingen, die Bundesnetzagentur und das Eisenbahn-Bundesamt richteten die Fachtagung zum vierzehntenMal gemeinsam in den Räumlichkeiten der Universitätaus. Den rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern botdie Fachtagung erneut ein ausgezeichnetes Forum zumMeinungsaustausch. Die Bundesnetzagentur betonte imRahmen ihrer Vorträge die Bedeutung eines wirksamenund unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene, vorallem aber die Notwendigkeit eines attraktiven Verkehrs-angebotes der Eisenbahnen. Die Rentabilität des Eisen-bahnwesens müsse dabei mit seiner Sicherheit, Bezahl-barkeit und Funktion im Rahmen der Daseinsvorsorge inEinklang gebracht werden. Auch wurde die Notwendig-keit betont, dass die Bundesnetzagentur zur Sicherung ei-nes attraktiven und insbesondere diskriminierungsfreienVerkehrsangebots den Eisenbahnmarkt weiterhin intensivbeobachtet und die wettbewerblichen Entwicklungenpositiv stärkt. Klare behördliche Befugnisse zur Erhe-bung von Daten und Informationen seien der Bundesnetz-agentur daher ein besonderes Anliegen, um dem Regulie-rungsauftrag im Interesse des Wettbewerbs effektivnachkommen zu können. Ein zentrales Anliegen der Ei-senbahnregulierung sei zudem nach wie vor die Fortent-wicklung der Entgeltregulierung hin zur Anreizregulie-rung. Weiterer Aspekt von aktuell großer Bedeutungseien Rechtsprobleme beim grenzüberschreitenden Eisen-bahnverkehr. Nach aktueller Rechtslage bestehen zumSchutz der Geschäftsgeheimnisse der Zugangsberechtig-ten Schranken für den Informationsaustausch zwischenden verschiedenen Infrastrukturbetreibern. Dies ent-spricht nationalem und auch europäischem Recht. Den-noch seien die Rechtsregeln stark rudimentär, die aktuellePraxis der Netzbetreiber beim grenzüberschreitenden Da-tenaustausch berücksichtige den Schutz der Daten – ins-besondere der Geschäftsgeheimnisse – kaum. Aufgrundder großen Resonanz in Fachkreisen werden die Eisen-bahnrechtlichen Forschungstage voraussichtlich in 2009erneut stattfinden.

Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick

1 Rolle und Organisation der Bundesnetz-agentur

1.1 Aufgaben und Struktur der Bundesnetz-agentur

Die Bundesnetzagentur, bei Gründung noch „Regulie-rungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP)“,wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1998 als Bundesober-behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürWirtschaft und Technologie (BMWi) errichtet. Sie ent-stand aus der Überleitung von Aufgabenbereichen ausdem ehemaligen Bundesministerium für Post und Tele-kommunikation (BMPT) sowie dem ehemaligen Bundes-amt für Post und Telekommunikation (BAPT). Im Zugeder Übernahme der Aufgaben aus dem Energiewirt-schaftsgesetz und dem novellierten Allgemeinen Eisen-bahngesetz wurde die Reg TP im Jahr 2005 in Bundes-

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netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) umbenannt.

Die Bundesnetzagentur hat in erster Linie den Auftrag,durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation,des Postwesens, der Energiemärkte und des Eisenbahn-sektors den Wettbewerb zu fördern und für ächendeckendangemessene und ausreichende Dienstleistungen zu sor-gen, einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu ge-währleisten sowie eine Frequenzordnung und Regelungenzur Nummerierung festzulegen. Diese Aufgaben sind imTelekommunikationsgesetz (TKG), im Postgesetz(PostG), im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und imAllgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) festgelegt und wer-den zusätzlich durch Verordnungen und sonstige Ausfüh-rungsbestimmungen ergänzend geregelt.

1.2 Aufbau der Abteilung Eisenbahn-regulierung

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtli-cher Vorschriften vom 27. April 2005 hat das AllgemeineEisenbahngesetz (AEG) eine umfassende Novellierungerfahren. Daraus haben sich für die Bundesnetzagenturneue Zuständigkeitsbereiche im Rahmen der Eisenbahn-regulierung ergeben, die diese seit dem 1. Januar 2006wahrnimmt.

Die Bundesnetzagentur hat die Aufsicht über den Wettbe-werb auf der Schiene übernommen und ist somit verant-wortlich für die Gewährung eines diskriminierungsfreienZugangs zur Eisenbahninfrastruktur, Schienenwege undServiceeinrichtungen sowie den jeweiligen Dienstleistun-gen. Dabei liegt die Fachaufsicht im Bereich der Eisen-bahnregulierung beim Bundesministerium für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die organisatori-sche Zuständigkeit und damit die Dienstaufsicht verbleibtim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirt-schaft und Technologie (BMWi).

Die Aufgaben der Bundesnetzagentur im Rahmen der Ei-senbahnregulierung ergeben sich in erster Linie aus den§§ 14 bis 14f AEG, die durch die Regelungen der Eisen-bahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) er-gänzt werden. Die Bundesnetzagentur wacht über dieEinhaltung der Zugangsvorschriften zur Eisenbahninfra-struktur, insbesondere hinsichtlich der Erstellung desNetzfahrplans, der Entgeltgrundsätze und der Entgelthö-hen.

Die Abteilung Eisenbahnregulierung der Bundesnetz-agentur besteht aus fünf Referaten. Davon sind zwei Re-ferate, das Referat für rechtliche und ökonomischeGrundsätze der Eisenbahnregulierung (701) und das Re-ferat für betriebswirtschaftliche Fragen der Entgeltkalku-lation, Marktbeobachtung und Statistik (702), für grund-sätzliche Fragestellungen zuständig.

Das Grundsatzreferat 701 gewährleistet dabei die Kohä-renz der Entscheidungen der Abteilung, nimmt Kontaktezum Eisenbahninfrastrukturbeirat, zu Bundes- und Lan-desministerien, zur Europäischen Kommission und zuVerbänden wahr, führt die Projekte und Grundsatzverfah-

ren außerhalb von Einzelfallentscheidungen durch undunterstützt die anderen Referate bei konkreten Verfahren.

Das Referat 702 nimmt unter anderen die Aufgaben Mo-nitoring der betrieblich-technischen Regelwerke vonEisenbahnunternehmen, Erheben von Daten über den Zu-stand von Eisenbahninfrastrukturen sowie Marktbeobach-tung und Statistik wahr. Es unterstützt außerdem dieoperativen Referate bei grundsätzlichen betriebswirt-schaftlichen Fragestellungen zur Entgelt- und Kostenkal-kulation.

Die operativen Aufgaben werden von den anderen dreiReferaten, dem Referat für den Zugang zur Schienen-infrastruktur und Dienstleistungen (703), dem Referat fürden Zugang zu Serviceeinrichtungen und Dienstleistun-gen (704) und dem Referat für Entgelte für Schienen-wege, Serviceeinrichtungen und Dienstleistungen (705)wahrgenommen.

Erstgenanntes Referat nimmt dabei unter anderem Prü-fungen vor, wenn Trassenanmeldungen von zugangsbe-rechtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen für den Netz-fahrplan oder den Gelegenheitsverkehr abgelehnt werden(§§ 14d, 14e und 14c AEG) oder wenn wegen betrieblich-technischer Regelungen Schwierigkeiten beim Netzzu-gang bestehen (§ 14c AEG). Zudem werden durch dasReferat Schienennetz-Benutzungsbedingungen, Rahmen-verträge und Schienenwegekapazitäten geprüft.

Das Referat 704 prüft und gewährleistet analog hierzuden diskriminierungsfreien Zugang zu und die Nutzungvon Serviceeinrichtungen und Dienstleistungen für Eisen-bahnverkehrsunternehmen und andere Zugangsberech-tigte. Serviceeinrichtungen als Teil der Eisenbahninfra-struktur sind dabei Personenbahnhöfe, Güterbahnhöfeund Terminals, Rangierbahnhöfe, Zugbildungseinrichtun-gen, Abstellgleise, Wartungseinrichtungen, Einrichtungenfür Brennstoffaufnahme und Häfen (§ 2 Absatz 3c AEG).

Das Referat 705 überprüft die Einhaltung der Entgelt-maßstäbe und Entgeltgrundsätze, die sich aus dem AEGund der EIBV ergeben. Des Weiteren werden die Veröf-fentlichung aller Listen der Entgelte und in Einzelverfah-ren Struktur und Höhe der Entgelte anhand von Einzel-kostennachweisen überprüft. Generell ist das Referat 705für alle rechtlich-ökonomischen Fragestellungen und An-gelegenheiten im Zusammenhang mit den Entgelten fürSchienenwege, Serviceeinrichtungen und Dienstleistun-gen verantwortlich. Die Fortentwicklung der Entgeltregu-lierung gehört ebenso zum Aufgabenbereich.

1.3 EisenbahninfrastrukturbeiratGemäß § 4 Absatz 4 des Bundeseisenbahnverkehrsver-waltungsgesetzes (BEVVG) wird bei der Bundesnetz-agentur ein besonderer Beirat für Fragen des Zugangs zurEisenbahninfrastruktur gebildet (Eisenbahninfrastruktur-beirat). Er besteht aus jeweils neun Mitgliedern des Deut-schen Bundestages und neun Vertretern oder Vertreterin-nen des Bundesrates. Die Ländervertreter müssenMitglied einer Landesregierung sein oder diese politischvertreten. Die Vorschriften, die gemäß des Gesetzes überdie Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommu-

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nikation, Post und Eisenbahnen (BundesnetzagenturG)für den Beirat bei der Bundesnetzagentur gelten, sind da-bei im Wesentlichen analog auch auf den Eisenbahninfra-strukturbeirat anzuwenden. Bei den Regelungen tritt da-bei das Bundesministerium für Verkehr, Bau undStadtentwicklung an die Stelle des Bundesministeriumsfür Wirtschaft und Technologie.

Der Eisenbahninfrastrukturbeirat wählt aus seiner Mitteein vorsitzendes und ein stellvertretendes vorsitzendesMitglied für die Dauer von zwei Jahren. Der Bundestags-abgeordnete Uwe Beckmeyer wurde am 11. Mai 2009zum Vorsitzenden gewählt. Stellvertretende Vorsitzendeist seit dem 22. September 2008 die Senatorin bei der Se-natsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes BerlinFrau Ingeborg Junge-Reyer.

Der Eisenbahninfrastrukturbeirat hat die Aufgabe, dieBundesnetzagentur bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabenund der Erstellung des Tätigkeitsberichtes zu beraten undihr Vorschläge für die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit zumachen (§ 35 AEG).

Im Jahr 2008 fanden sechs Sitzungen des Eisenbahninfra-strukturbeirats statt. Die Bundesnetzagentur nimmt hierzu aktuellen Entwicklungen und Entscheidungen im Be-reich der Eisenbahnregulierung Stellung und beantwortetFragen der Mitglieder. Die in den Sitzungen 2008 ange-sprochenen Themen konnten dem Beirat einen Überblicküber die aktuellen Tätigkeitsschwerpunkte der Eisen-bahnregulierung geben. Sie reichten von anhängigenNetzzugangsverfahren über die Auskunftsrechte der Bun-desnetzagentur und die Prüfungen von Trassen- und Sta-tionspreissystemen, bis hin zur Diskussion über die Ein-führung einer Anreizregulierung.

2 Herausforderungen im gegenwärtigen Regulierungsrahmen

2.1 Zugang zu Eisenbahninfrastruktur

2.1.1 Offene Fragen beim Zugang zu „Vertriebs-Infrastruktur“

Die wettbewerbliche Bedeutung des Schienenpersonen-nahverkehrs wird in den nächsten Jahren deutlich anstei-gen, da bis 2014 ca. zwei Drittel der bundesweiten Ver-kehrsleistungen von den Aufgabenträgern neu vergebenwerden. Die DB Station&Service AG ist Marktführerbeim Betrieb von Personenbahnhöfen. Mit den zuneh-menden Ausschreibungsvorbereitungen nehmen auch dieFragen zum Zugang zu Personenbahnhöfen, vor allenDingen der DB Station&Service AG, weiter zu. Die Bun-desnetzagentur beobachtet ein zunehmendes Konfliktpo-tenzial bei Fragen zu den mit dem Zugang verbundenenRechten und Möglichkeiten der Zugangsberechtigten, ei-gene Leistungen in den Stationen der DB Station&Ser-vice AG anzubieten.

Insgesamt ist bei Wettbewerbern der DB-konzernangehö-rigen EVU der Trend erkennbar, sich verstärkt um denAusbau eigener Leistungen zu bemühen und sich von denangebotenen Leistungen im Rahmen der Vertriebsstrukturder DB AG unabhängiger zu machen. Dies wirft Fragen

des Zugangs zu existierenden Einrichtungen (Automaten-standorte; Verkaufsstellen) auf. Es wird verstärkt von Zu-gangsberechtigten die Forderung aufgestellt, die Ver-triebsleistungen der DB Vertrieb GmbH ebenfalls zukontrollieren, da sie eine faktische Monopolstellung beideutschlandweiten Vertriebstätigkeiten inne hat. Einge-hende Diskussionen, insbesondere mit der DB Sta-tion&Service AG, über Reichweite und Bedingungen die-ser Nutzung der Bahnhofsinfrastruktur sind zu erwarten.

Schon im Jahr 2008 hat die Bundesnetzagentur erheblicheKritik an einem Vertragsentwurf der DB Station&ServiceAG geäußert, der Qualitätskriterien und Bedingungenfestlegt, nach denen Zugangsberechtigte sogenannte per-sonenbediente Serviceleistungen (z. B. Beratung/Len-kung der Reisenden, fahrplan- und ortsbezogene Aus-künfte sowie Hilfe für Behinderte) in deren Bahnhöfenanbieten dürfen. Ob die Zugangsberechtigten den Vertragin Zukunft annehmen, bleibt abzuwarten. Die Bundes-netzagentur wird künftige Vertragsverhandlungen zwi-schen Beteiligten kritisch beobachten.

Das Verfahren zur Aufstellung von Fahrausweisautomatendurch ein Wettbewerber-EVU (siehe Teil II, Kapitel 3.4.1 –Eigene Fahrausweisautomaten in Personenbahnhöfen derDB Station & Service) hat am Markt großes Interesse er-zeugt. Es ist ein deutlicher Informations- und ggf. auchEntscheidungsbedarf feststellbar.

Ferner wird auch der fehlende Zugang zu interaktivenKundenschnittstellen von Wettbewerbsunternehmen undAufgabenträgern beklagt. So ist es bislang nicht möglich,Daten von Wettbewerbern zur aktuellen Betriebslage indas Reisendeninformationssystem der DB AG „RIS“ zuintegrieren. Die Bundesnetzagentur wird die Einführungdes von der DB Station&Service AG angekündigten,auch den Wettbewerbern offen stehenden Systems „IRIS“beobachten.

Für Zugangsberechtigte spielt neben der grundsätzlichenVerfügbarkeit auch die konkrete Ausstattung von Statio-nen eine wesentliche Rolle. Hier erreichen die Bundes-netzagentur verstärkt Nachfragen und Beschwerden vonEVU und Aufgabenträgern (z. B. Ankündigungen zu ein-geschränkten Lautsprecherdurchsagen).

Die zugangsrechtlichen Regelungen im AEG und in derEIBV bieten für die Nutzung von Personenbahnhöfen imZusammenhang mit dem Zugang zu Vertriebsleistungen,zur Möglichkeit der Eigenleistung oder zum Umfang derAusstattung von Stationen einen auslegungsbedürftigenRegulierungsrahmen. Streitige Auseinandersetzungensind deshalb zu erwarten.

2.1.2 Offene Fragen zur Betriebspflicht bei Serviceeinrichtungen

Im vergangenen Jahr war die Bundesnetzagentur mit ei-ner Vielzahl von Anfragen und Hinweisen von Wettbe-werbern der DB-konzernzugehörigen EVU zum Zugangzu Eisenbahninfrastrukturen befasst, die zwar physischnoch vorhanden sind, jedoch von keinem EIU mehr ange-boten werden.

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Bei diesen Sachverhalten ging es um Anlagen, die in derVergangenheit von der DB Netz AG unstreitig betriebenund vermarktet wurden, heute jedoch auf Anfrage als„betrieblich stillgelegt“ oder „nicht mehr vermarktet“ be-zeichnet werden. In der von der DB Netz AG veröffent-lichten Bestandsliste ihrer Eisenbahninfrastruktur fehlendie Anlagen dementsprechend. Bei den Infrastrukturenhandelt es sich beispielsweise um Ladegleise, die Wettbe-werber nach deren Angaben benötigen, um Neuverkehrevon der Straße auf die Schiene verlagern zu können. An-dere Beispiele betreffen Werkstätten oder Diesel-Tank-stellen. Vorgebracht wurde in mehreren Fällen auch, dassdie DB Netz AG mit einer Stilllegung einer Eisenbahn-infrastruktur droht, wenn nicht das an der Nutzung inte-ressierte EVU sich an den Betriebs- oder Instandhaltungs-kosten beteiligt oder die Infrastruktur übernimmt.

Die Frage, ob zu diesen Infrastrukturen ein Recht auf Zu-gang besteht, obwohl die DB Netz AG die physisch vor-handene Infrastruktur nicht mehr betreiben möchte, liegtauf der Schnittstelle zwischen regulatorischer und auf-sichtsrechtlicher Bewertung. Ob und in welchem Maßedie Entscheidung „Hunsrückbahn“ des Bundesverwal-tungsgerichts vom 25. Oktober 2007, die eine Betriebs-pflicht für Schienenwege eindeutig bejaht, auch aufServiceeinrichtungen übertragbar ist, ist offen. Um vor-handene und von Zugangsberechtigten nachgefragte In-frastruktur nicht dem Wettbewerb durch „Stilllegung“ zuentziehen, muss auch für Serviceeinrichtungen eine recht-lich eindeutige Vorgabe gefunden werden.

2.2 Verfahrensfragen und Auskunftsrechte

2.2.1 Offene Fragen zu Voraussetzungen zur Einleitung von Verfahren

Die Bundesnetzagentur hat sich – speziell in Zusammen-hang mit Verfahren gegen Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen aus dem DB-Konzern – grundlegend mit derFrage befasst, unter welchen Voraussetzungen Netzzu-gangs- und Entgeltprüfungsverfahren eingeleitet werdenkönnen. Dabei steht zum einen unzweifelhaft fest, dasseine willkürliche Auswahl von Unternehmen nicht statt-haft ist. Zum anderen konnte aber die seitens der Deut-schen Bahn AG vorgetragene Kritik, für die Einleitungvon Verfahren habe oftmals kein hinreichender Anlassbestanden, nicht geteilt werden, da die Bundesnetzagen-tur sich stets an den verwaltungs- und eisenbahnrechtli-chen Vorgaben orientiert und den speziellen Bedürfnissendes Eisenbahnmarktes Rechnung getragen hat.

Die Befugnisse der Bundesnetzagentur umfassen ein Tä-tigwerden auf Antrag oder von Amts wegen. Sofern einVerfahren nicht von vornherein geboten ist, weil ein Zu-gangsberechtigter einen entsprechenden Antrag stellt,liegt es im Ermessen der Bundesnetzagentur, welcheSachverhalte sie aufgreift und welche Unternehmen siefür eine detaillierte Prüfung der Nutzungsbedingungenoder Entgeltregelungen auswählt. Dieses Ermessen wirdanhand nachvollziehbarer Kriterien ausgeübt.

Übergeordnetes Ziel ist es, den wirksamen und unver-fälschten Wettbewerb auf der Schiene zu fördern. Das

Vorliegen eines Anfangsverdachtes ist – im Gegensatz zuanderen Rechtsfeldern – keine Bedingung zur Einleitungeines Verfahrens im Rahmen des diskriminierungsfreienZugangs zur Eisenbahninfrastruktur.

Die Auswertung der bei der Bundesnetzagentur eingehen-den Beschwerden bildet einen wichtigen, jedoch nichtden alleinigen Faktor zur Bestimmung der zu untersu-chenden Tatbestände. Die Bundesnetzagentur kann sichauch auf die ausreichende Plausibilisierung eines poten-tiellen Rechtsverstoßes stützen. Für eine Verfahrensein-leitung spielt insbesondere die Wettbewerbsrelevanz derjeweiligen Eisenbahninfrastruktur eine bedeutsame Rolle,vor allem in Bezug auf die Auswahl der Unternehmen,deren Nutzungsbedingungen und Entgeltregelungen einervertieften Überprüfung unterzogen werden sollen.

Ungewöhnlich ist, dass die Deutsche Bahn AG geradedas Verfahren zur Überprüfung des Stationspreissystemsheranzog, um mit einem fehlenden Anfangsverdacht zuargumentieren. Die Bedeutung der Stationspreise für denWettbewerb im Personenverkehr ist nämlich offen-sichtlich. Hinzu kommen zahlreiche Beschwerden undDiskriminierungsvorwürfe von Zugangsberechtigten, diesowohl die Bundesnetzagentur als auch die DB Sta-tion&Service AG immer wieder erreichen. Aufgrund die-ser Faktoren hat die Bundesnetzagentur das Verfahrenvon Amts wegen eingeleitet.

Es ist nicht auszuschließen, dass die DB Station&ServiceAG im Falle einer für sie negativen Entscheidung auchgegen das aus ihrer Sicht fehlerhaft angewandte Aufgrei-fermessen vorgeht. Darauf deuten ihre schriftlichen Aus-führungen hin. Die Bundesnetzagentur wird ihre bishe-rige Vorgehensweise zur Förderung des Wettbewerbs aufder Schiene jedoch unverändert fortführen.

2.2.2 Offene Fragen zu Markterhebung und Informationsrechten

Verdachtsunabhängige Informationsermittlungen, Monito-ring und Berichtspflichten sind entscheidende Instrumente,Marktöffnung zu fördern. Zuverlässige Informationen überdie Aktivitäten und Kapazitäten der Unternehmen sindessentiell für die Bewertung der Wettbewerbsbedingun-gen und -intensität. Daraus lassen sich Rückschlüsse fürdie Bewertung aktueller Zugangskonflikte sowie für dieSchwerpunktsetzung in zukünftigen Verfahren ableiten.Auch aus Sicht des europäischen Gesetzgebers impliziertdie Sicherstellung einer effektiven Überwachung die Er-hebung allgemeiner Marktdaten. Ebenso gibt es in allenanderen regulierten Bereichen (etwa Post, Telekommuni-kation, Energie) klare gesetzliche Regelungen zumMarktmonitoring.

Durch den Beschluss im Eilverfahren vom OVG NRW(siehe Teil II, Kapitel 5.2 – Railion Deutschland AG –Auskunftsrechte) sind die Möglichkeiten der Bundesnetz-agentur stark eingeschränkt. Im Gegensatz zu den ande-ren regulierten Sektoren ist eine Marktbeobachtung imAEG tatsächlich nicht ausdrücklich verankert. Wün-schenswert wäre hier eine klare Regelung, die der Bun-desnetzagentur eine schlanke und gleichzeitig wirksame

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Drucksache 17/4630 – 56 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Regulierung der am Markt tätigen Unternehmen ermög-licht. Grundsätzlich stellen die Abbildung der Marktbe-dingungen und der Marktentwicklung und damit die Ver-mittlung eines Marktüberblicks einen Informationswertdar, über den eine Regulierungs-Fachbehörde für einwirksames und sachgerechtes Handeln verfügen muss.

3 Ausblick 2009Im Bereich der Regulierung des Zugangs zur Eisenbahn-infrastruktur wird die Bundesnetzagentur die mit Über-nahme der Zuständigkeit zum 1. Januar 2006 aufgenom-menen Arbeiten auch 2009 konsequent fortsetzen. ImZuge der Beratungen zur Teilprivatisierung der Deut-schen Bahn AG (DB AG) hatte die Bundesnetzagenturzahlreiche Vorschläge erarbeitet, wie das vorhandenerechtliche Instrumentarium präzisiert und im Detail verän-dert werden könnte. Diese haben ihre Bedeutung behalten.Die Bundesnetzagentur wird ihre Änderungsvorschlägezum Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) aktualisieren,umfassend zur Novelle der Eisenbahninfrastruktur-Be-nutzungsverordnung (EIBV) Stellung nehmen und dabeiihre bisherige Regulierungserfahrung mit der Anwendungder Regelwerke – insbesondere auch zur Fortentwicklungdes Wettbewerbs und zur Förderung von Markteintrittenneuer Wettbewerber – einbringen.

Aus der Vielzahl der 2009 anstehenden Tätigkeitsschwer-punkte sind die nachfolgenden hervorzuheben.

3.1 EntgeltregulierungDie Entgelte für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktursind ein weiterhin zentrales Element für den diskriminie-rungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur. Diskrimi-nierende, überhöhte oder prohibitiv wirkende Nutzungs-entgelte können bewirken, dass die Ausübung gesetzlichverankerter Zugangsrechte erheblich erschwert bzw. inwettbewerbswidriger Weise unterlaufen wird.

3.1.1 EntgeltregulierungsverfahrenIm Rahmen dieser Entgeltregulierungsverfahren, sindbeispielsweise die Einhaltung des Vollkostenmaßstabs beiSchienenwegen, die Einhaltung der Entgeltmaßstäbe fürServiceeinrichtungen, die korrekte Zuschlüsselung vonGemeinkosten und die Berücksichtigung von Konzern-umlagen und internen Verrechnungspreisen und die dis-kriminierungsfreie Anwendung des Markttragfähigkeits-prinzips zu prüfen.

Im Bereich der Entgeltregulierung wird sich die Bundes-netzagentur 2009 weiterhin mit dem Stationspreissystemder DB Station&Service AG und mit dem Trassenpreis-system der DB Netz AG auseinandersetzen.

3.1.2 Konzept für eine AnreizregulierungDie Regelungsdichte der eisenbahnrechtlichen Vorschrif-ten zu Fragen der Entgeltregulierung bleibt hinter denrechtlichen Vorgaben in anderen regulierten Sektorendeutlich zurück und nimmt ihr dadurch die höhensteu-ernde Wirkung. Die Bundesnetzagentur erachtet eine

Weiterentwicklung der Entgeltvorschriften wegen der be-stehenden Informationsasymmetrie zwischen Eisenbahn-infrastrukturbetreibern und Regulierungsbehörde sowieder fehlenden Anreizwirkung begrenzter Zugangsentgeltezur Senkung von Kosten für sinnvoll. Auf Anregung desBMVBS hatte die Bundesnetzagentur daher Mitte 2007eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des BMF, BMVBS,BMWi, der Landesministerien, der DB AG, des Netz-werks Privatbahnen, des Verbands Deutscher Verkehrsun-ternehmen (VDV) und des Bundeskartellamts eingerich-tet. Als Ergebnis dieser Arbeitsgruppe liegt seit Mai 2008mit dem revidierten Abschlussbericht ein Regulierungs-konzept für eine zukünftige, efzienzorientierte Entgelt-regulierung vor.

Die Bundesnetzagentur empehlt darin das Modell derPreisobergrenzenregulierung (Price-Cap). Sie setzt unterBerücksichtigung von Preissteigerungsrate, Produktivi-tätsentwicklung, staatlichen Zuwendungen und ggf. vonweiteren Parametern eine Obergrenze für die Preisent-wicklung des regulierten Unternehmens (Anreizpfad) in-nerhalb der Regulierungsperiode (drei bis fünf Jahre) fest,die Effizienzverbesserungen sowie Kostensenkungen sti-muliert und die Erzielung einer angemessenen Rendite er-laubt. Gelingt es dem Unternehmen, die Kosten über dieVorgabe des Preispfads hinaus zu senken, so kann es die-sen Efzienzgewinn einbehalten. Eine Preisobergrenzen-regulierung setzt zudem den Anreiz, mehr Leistungen zuverkaufen, und fördert damit das verkehrspolitische Ziel,mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.

Empfohlen wird die Bildung von Produktkörben mitkorbbezogenen Preisobergrenzen, z. B. für Trassenjeweils unterteilt nach Verkehrsleistungen im Schienen-personennah-, Schienenpersonenfern- und Schienengüter-verkehr. Weitere Körbe könnten für unterschiedliche Servi-ceeinrichtungen angelegt werden. Der Abschlussberichtzur Einführung einer Anreizregulierung im Eisenbahnsek-tor ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur seitJanuar 2009 veröffentlicht. Die Bundesnetzagentur beab-sichtigt, dieses Konzept unabhängig vom Fortgang derTeilprivatisierung der DB AG im Rahmen der symmetri-schen Regulierung inhaltlich weiterzuentwickeln, umdem Gesetzgeber noch im Jahr 2009 konzeptionelle Vor-schläge anbieten zu können. Bei der Weiterentwicklungwerden auch Erfahrungen mit der Anreizregulierung inder Energieregulierung einießen.

3.2 Anreizsystem zur Verringerung von Störungen (Performance Regime)

Nach § 21 Absatz 1 Satz 1 EIBV hat der Betreiber derSchienenwege seine Entgelte für Pichtleistungen so zugestalten, dass sie durch leistungsabhängige Bestandteileden Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und den Be-treibern der Schienenwege Anreize zur Verringerung vonStörungen und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit desSchienennetzes bieten.

Die DB Netz AG als größter Betreiber von Eisenbahn-infrastruktur hatte ein solches Performance Regime mitdem Fahrplanwechsel zum 9. Dezember 2006 eingeführt.Die Regelung sieht vor, dass jede Zugverspätung über

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/4630

zwei Minuten unter Angabe des Verursachers und einesVerspätungscodes von Fahrdienstleitern des Infrastruktur-betreibers registriert und ein Anreizentgelt in Höhe von0,10 Euro pro Minute Verspätung vom Verursacher derVerspätung an den Betroffenen gezahlt wird. Zahlreichenetzseitig verursachte Verspätungsursachen (Baumaßnah-men) sind von der Zurechnung allerdings ausgeschlossen.Die Kategorie „keine Verantwortlichkeit einer Partei“ be-deutete eine erhebliche Einschränkung des PerformanceRegimes und konterkariert den gesetzlich vorgesehenenEffekt der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Infra-struktur.

Nach Widerstand aus dem Markt und gerichtlichen Aus-einandersetzungen hatte die DB Netz AG das System imJahr 2008 komplett ausgesetzt. Seither werden Verspätun-gen aufgrund von Störungen erfasst, jedoch nicht abge-rechnet.

Zur Fortentwicklung des Performance Regimes wurdensowohl bei der DB Netz AG als auch in verschiedenenGremien zwischenzeitlich zahlreiche Alternativmodelleerörtert. Inhaltliche Fragestellungen ergaben sich insbe-sondere im Hinblick auf die Feststellung der Verspätungund deren Verursachung, der konkreten Abrechnung undder Behandlung von Einwänden. Die DB Netz AG gingdabei zunächst von einer Neueinführung eines Anreizsys-tems nicht vor Ende 2010 aus. Ihre Gründe hierfür warenunter anderem die Komplexität des geplanten Systems so-wie die noch andauernde Abstimmung mit den Marktteil-nehmern.

Die Bundesnetzagentur hielt die bereits seit einem Jahrandauernde Nichtanwendung eines vom Gesetzgeber ver-pflichtend vorgegebenen Anreizsystems für sehr bedenk-lich. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 hat sie dieDB Netz AG daraufhin verpflichtet, ein – gegebenenfallsneues – Anreizsystem spätestens im Dezember 2009 an-zuwenden.

Die gesetzliche Picht zur Einrichtung eines Anreizre-gimes trifft auch Betreiber von Serviceeinrichtungen(§ 24 Absatz 1 EIBV). Auch hier überwacht die Bundes-netzagentur die symmetrische Einführung und Anwen-dung.

3.3 Nutzungsbedingungen für Schienenwege und Serviceeinrichtungen

Wesentliche Aufgabe der Zugangsregulierung im Bereichder Schienenwege ist die Vorabprüfung der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) und der Nutzungsbedin-gungen für Serviceeinrichtungen (NBS) im Rahmen einerpräventiven Regulierung.

Die Bundesnetzagentur hat bereits 2007 eine Vielzahl vonÜberprüfungen durchgeführt und entsprechende Bean-standungen vorgenommen. Da die Bedingungswerke stetsweiterentwickelt werden und zum Teil mit detailliertenbetrieblich-technischen Regelwerken verknüpft sind, er-geben sich zukünftig weitere Notwendigkeiten für eineÜberprüfung. Hierbei werden auch neue Erkenntnisseund Schlussfolgerungen aus laufenden GerichtsverfahrenEinzug in die Praxis halten.

3.4 Genehmigung von Rahmenverträgen mit Laufzeiten von mehr als fünf Jahren

Rahmenverträge i. S. d. §§ 14a AEG, 13 EIBV, durch dieEisenbahninfrastrukturkapazität für einen längeren Zeit-raum als eine Netzfahrplanperiode gesichert werdenkann, sollen grundsätzlich eine Laufzeit von fünf Jahrenhaben.

Es können jedoch auch Rahmenverträge mit längerenLaufzeiten als fünf Jahre geschlossen werden. Dies setztvoraus, dass die in § 14a Absatz 2 AEG genannten Vo-raussetzungen (u. a. besondere Investitionen oder ver-gleichbare Risiken) gegeben sind und die Bundesnetz-agentur eine entsprechende Genehmigung erteilt. FürAufgabenträger entfällt die Genehmigungspicht, sie kön-nen ohne besondere Nachweise Rahmenverträge mit län-geren Laufzeiten als fünf Jahre schließen.

Zur ersten Rahmenfahrplanperiode (2005 bis 2010) wur-den keine Rahmenverträge mit längeren Laufzeiten alsfünf Jahre vereinbart, obwohl dies bereits zulässig war.

Da die Bundesnetzagentur zur zweiten Rahmenfahrplan-periode (Beginn Dezember 2010) den Abschluss vonRahmenverträgen mit längeren Laufzeiten als fünf Jahreerwartet, wurde ein entsprechendes Prüfkonzept und Ge-nehmigungsverfahren entwickelt. Über beides hat dieBundesnetzagentur die Zugangsberechtigten im Rahmeneiner Informationsveranstaltung informiert. Die Bundes-netzagentur geht davon aus, dass 2009 zahlreiche Anträgeauf Genehmigung lang laufender Rahmenverträge gestelltwerden.

Darüber hinaus soll noch in 2009 die Neufassung des§ 38 Absatz 8 AEG in Kraft treten. Entsprechend der vor-genannten Norm können ab Januar 2010 einmal verlän-gerbare Rahmenverträge geschlossen werden. Der Ab-schluss eines solchen Rahmenvertrags bedingt ebenfallseine Genehmigung der Bundesnetzagentur, wobei die Vo-raussetzungen für die Erteilung einer solchen Genehmi-gung mit denen des § 14a Absatz 2 AEG vergleichbarsind.

3.5 Trassenzuweisungsverfahren im Netz-fahrplan und im Gelegenheitsverkehr

Die Zuweisung von Schienenwegekapazität zum Netz-fahrplan gemäß § 8 EIBV und im Gelegenheitsverkehrgemäß § 14 EIBV unterliegt einer besonderen Kontrolledurch die Bundesnetzagentur, insbesondere in den Fällen,in denen nach dem Koordinierungsverfahren gemäß § 9Absatz 3 EIBV im daraus resultierenden Entscheidungs-verfahren gemäß § 9 Absatz 4 EIBV eine beabsichtigteTrassenablehnung nach § 14d Nummer 1 und 2 AEG derBundesnetzagentur mitgeteilt wird.

Die Bundesnetzagentur wird verstärkt untersuchen, nachwelchen internen Regeln im Trassenkonstruktionsverfah-ren sowohl zum Netzfahrplan als auch zum Gelegenheits-verkehr die Trassenkonstruktionsentscheidungen zuGunsten der einzelnen Zugangsberechtigten erfolgen. Dader Bundesnetzagentur die hierfür erforderlichen Infra-strukturdaten als Basisdaten für die Fahrplankonstruktion

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Drucksache 17/4630 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gegenwärtig seitens der DB Netz AG nicht zur Verfügunggestellt werden, sind vermehrt Untersuchungen vor Ortbei den für die Trassenkonstruktion zuständigen Stellender DB Netz AG erforderlich, um die notwendigen Er-kenntnisse im Trassenmanagement zu erhalten. Dies istinsbesondere nötig, um die betrieblichen Konstruktions-entscheidungen beurteilen und bewerten zu können.

Die Bundesnetzagentur ist besonders im Gelegenheitsver-kehr durch mehrere EVU auf Missstände in der Trassen-konstruktion und hier vor allem auf verspätete Heraus-gabe der erforderlichen Fahrplanunterlagen hingewiesenworden, was zu erheblichen Beeinträchtigungen der be-troffenen EVU geführt hat.

3.6 Auswirkung von Baumaßnahmen im Netz auf Wettbewerber

Die Bundesnetzagentur wird verstärkt untersuchen, inwelcher Weise Baumaßnahmen des Infrastrukturbetrei-bers im Schienennetz den Netznutzern rechtzeitig vorTrassenanmeldungen kommuniziert wurden und in wel-cher Weise Belange von Netznutzern Berücksichtigungbei der Planung nden. Allein der Umfang der 2008 und inden Folgejahren geplanten Baumaßnahmen kann erhebli-che Auswirkungen auf die wettbewerbliche Stellung derNetznutzer haben.

Die Bundesnetzagentur hat in umfangreichen Gesprächenerzielen können, dass die DB Netz AG ein neues Konzeptfür die frühzeitige Information aller Zugangsberechtigtenüber Baumaßnahmen entwickelt hat. Dieses neue Kon-zept verbessert insbesondere die notwendige Abstim-mung der Baumaßnahmen mit den Infrastrukturnutzern.Die DB Netz AG wurde mit einem Bescheid zur Einfüh-rung dieses Konzepts verpflichtet; dessen tatsächlicheeinheitliche Umsetzung wird die Bundesnetzagentur be-gleiten und überwachen.

3.7 Zugang zu RangierbahnhöfenRangierbahnhöfe spielen für die Abwicklung des Schie-nengüterverkehrs eine bedeutende Rolle. Transportein-

heiten von unterschiedlichen Versendern können (undmüssen) in diesen Serviceeinrichtungen, insbesondere beiBeförderungen über größere Entfernungen, neu zusam-mengestellt bzw. richtungssortiert gebündelt werden, umdann in die jeweiligen Empfangsregionen weitertranspor-tiert zu werden.

Der Zugang zu diesen Infrastrukturen und die entspre-chenden Nutzungsmöglichkeiten sind für EVU von gro-ßer Bedeutung und können deutliche Auswirkungen aufdie wettbewerbliche Stellung der Nutzer haben. Die tat-sächlichen Zugangsmöglichkeiten werden im Markt, ins-besondere von Wettbewerbern der DB AG, als nicht aus-reichend bezeichnet. Die Bundesnetzagentur wird daherdie Vorhaltung und Nutzung der vorhandenen Kapazitä-ten in Rangierbahnhöfen hinsichtlich Diskriminierungs-freiheit und Efzienz eingehend analysieren und überprü-fen.

3.8 Internationale Aktivitäten

Das Zusammenwachsen der Schienennetze in Europa unddas Wachstum der grenzüberschreitenden Verkehre ver-stärken die Bemühungen der nationalen Infrastrukturbe-treiber zur Implementierung grenzüberschreitender Tras-senzuteilungsmechanismen und Kapazitätsplanungen.Das Gemeinschaftsrecht verpichtet die Schienenwegebe-treiber zu einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit.Dieser Verpichtung kommen die großen Netzbetreibergrundsätzlich nach. Allerdings sind die Kooperationspro-zesse oftmals nur wenig transparent, sowohl für die EVUals auch für die nationalen Regulierungsbehörden.

Die Bundesnetzagentur wird hier zusammen mit den an-deren nationalen Regulierungsbehörden versuchen, denInfrastrukturzugangsanspruch auch vor dem Hintergrunddieser Entwicklungen zu sichern. Sie bemüht sich dazuim Benehmen mit der EU-Kommission um größtmögli-che Transparenz bei allen Entwicklungen zur Verwirkli-chung und Erleichterung grenzüberschreitender Trassen-ansprüche.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/4630

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

A

AEG Allgemeines Eisenbahngesetz

AFuG Amateurfunkgesetz

Az Aktenzeichen

B

BAPT Bundesamt für Post und Telekommunikation

BdS Betreiber der Schienenwege

BMF Bundesministeriums der Finanzen

BMPT Bundesministerium für Post und Telekommunikation

BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

BMWi Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

BvSE Betreiber von Serviceeinrichtungen

BZ Betriebszentrale

D

DB AG Deutsche Bahn AG

DRE Deutsche Regionaleisenbahn

E

EBA Eisenbahn-Bundesamt

EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz

EIBV Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung

EIU Eisenbahninfrastrukturunternehmen

EMVG Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten

EnWG Energiewirtschaftsgesetz

ERA European Railway Agency

ESTW Elektronisches Stellwerk

EVS EVS EUREGIO Verkehrsschienennetz GmbH

EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen

F

FTEG Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen

G

GasNEV Gasnetzentgeltverordnung

GDL Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer

GEW Gesellschaft für Energie und Wirtschaft mbH

GSM-R Global System for Mobile Communications – Rail(way)

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Drucksache 17/4630 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

H

HPA Hamburg Port Authority

I

IDR Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz

IQ-C International Group for Improving the Quality of Rail Transport in the North-South-Corridor

K

KW Kalenderwoche

L

LuFV Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung

N

NBS Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen

NE-Bahn Nichtbundeseigene Eisenbahn

NRW Nordrhein-Westfalen

O

OVG Oberverwaltungsgericht

P

PDLV Postdienstleistungsverordnung

PEK Plan zur Erhöhung der Kapazität

Pkm Personenkilometer

PostG Postgesetz

R

RegTP Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post

RIS Reisendeninformationssystem

RL Richtlinie

RNE Rail Net Europe

S

SGV Schienengüterverkehr

SigG Signaturgesetz

SNB Schienennetz-Benutzungsbedingungen

SPFV Schienenpersonenfernverkehr

SPNV Schienenpersonennahverkehr

SPV Schienenpersonenverkehr

StromNEV Stromnetzentgeltverordnung

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/4630

T

TAF TSI Telematics Application for Freight – Technical Specification for Interoperability

TAP TSI Telematics Application for Passengers – Technical Specification for Interoperability

TKG Telekommunikationsgesetz

tkm Tonnenkilometer

TPS Trassenpreissystem

Trkm Trassenkilometer

U

UIC Union Internationale des Chemins de fer

V

VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

VG Verwaltungsgericht

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/4630

Tätigkeitsbericht 2009 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Seite

Vorwort 67

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Teil I – Marktentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

1 Marktstrukturdaten des Eisenbahnsektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701.1 Marktumfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701.2 Umsatzerlöse Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711.3 Entwicklung der Verkehrsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721.4 Beschäftigungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

2 Wettbewerbsentwicklung im Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . . . . 742.1 Allgemeine Wettbewerbsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742.2 Wettbewerb im Schienengüterverkehr (SGV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 752.3 Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) . . . . . . . . . . . 762.4 Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) . . . . . . . . . . . 76

3 Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763.1 Eisenbahninfrastrukturmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763.2 Zugang zu Schienenwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 783.4 Investitionen im Eisenbahninfrastrukturmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793.5 Qualität der Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

4 Nutzungsentgelte und Preise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814.1 Bedeutung der Infrastrukturnutzungsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814.2 Entwicklung der Trassenentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814.3 Entwicklung der Stationsentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.4 Neutralität der Entgeltsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844.5 Entwicklung der Preise für Bahnstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6 Entwicklung der Preise im Eisenbahnverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

5 Stand der Einhaltung zentraler eisenbahnrechtlicher Vorschriften . . 875.1 Erstellung von Nutzungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 875.2 Entgeltlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885.3 Getrennte Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885.4 Mitteilungspflichten nach § 14d AEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

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Drucksache 17/4630 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Seite

Teil II – Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

1 Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891.1 Grundlagen der Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891.2 Durchführung der Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

2 Zugang zu Schienenwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 892.1 Überblick der Tätigkeiten und Stand der Öffnung bei Schienen-

wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 892.2 Prüfung von SNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902.3 Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912.4 Sonstige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

3 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953.1 Überblick und Stand der Öffnung von Serviceeinrichtungen . . . . . . 953.2 Prüfung von NBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983.4 Sonstige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

4 Prüfung von Entgelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984.1 Überblick über Aktivitäten der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . 984.2 Entgeltprüfungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 994.3 Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1014.4 Sonstige Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

5 Ausgewählte gerichtliche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.1 DB Netz AG – SNB 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035.2 DB Netz AG – Minderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1045.3 DB Netz AG – Offenlegung von Rahmenverträgen . . . . . . . . . . . . . 1045.4 DB Netz AG – Rahmenverträge mit zeitversetzter Betriebs-

aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055.5 DB Netz AG – NBS 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055.6 DB Netz AG – Betrieblich-technische Regelwerke

in SNB/NBS 2011 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

6 Ökonomische Grundsätze der Eisenbahnregulierung . . . . . . . . . . . . 1066.1 Kapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066.2 Anreizregulierung im Eisenbahnsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066.3 Berücksichtigung externer Kosten in Preissystemen der EIU . . . . . . 1066.4 Inputpreisindex Eisenbahninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1076.5 Abbildung von Infrastruktur im Rechnungswesen von EIU . . . . . . . 107

7 Internationale Abstimmung der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077.1 Bilaterale Treffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077.2 Internationale Gruppe zur Verbesserung der Qualität des Eisenbahn-

verkehrs auf dem Nord-Süd-Korridor (IQ-C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087.3 Arbeitsgruppe der Eisenbahnregulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . 1087.4 Rail Net Europe (RNE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1097.5 Technische Spezifikation für die Interoperabilität zum Teilsystem

Telematikanwendungen für den Güterverkehr (TAF TSI) . . . . . . . . . 1097.6 Infrastrukturverknüpfungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/4630

Seite

Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick 110

1 Rolle und Organisation der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101.1 Aufgaben und Struktur der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101.2 Aufbau der Abteilung Eisenbahnregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101.3 Eisenbahninfrastrukturbeirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

2 Herausforderungen im gegenwärtigen Regulierungsrahmen . . . . . . . 1112.1 Zugang zu Serviceeinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1112.2 Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

3 Ausblick 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.1 Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.2 Konzept für eine Anreizregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143.3 Konzept für ein lärmabhängiges Trassenpreissystem . . . . . . . . . . . . 1153.4 Anreizsysteme zur Verringerung von Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1153.5 Öffnung der Betriebszentralen der DB Netz AG . . . . . . . . . . . . . . . . 1153.6 Konstruktionsverfahren und Koordinierungsverfahren . . . . . . . . . . . 1163.7 Zugang zu Rangierbahnhöfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1163.8 Marktbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1163.9 Internationale Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1163.10 Infrastrukturverknüpfungsverträge einschließlich Zusatz-

vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

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Drucksache 17/4630 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Abbildungsverzeichnis

Seite

Abbildung 1 Wachstumsraten des realen BIP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Abbildung 2 Umsatz im Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

Abbildung 3 Entwicklung der Verkehrsleistung im Eisenbahnmarkt . . . 72

Abbildung 4 Beschäftigte im Eisenbahnmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Abbildung 5 Wettbewerb im Eisenbahnverkehrsmarkt . . . . . . . . . . . . . . 74

Abbildung 6 Wichtige Übernahmen im Eisenbahnsektor, 2009 . . . . . . . . 75

Abbildung 7 Übersicht Wettbewerber im Schienenpersonen-fernverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Abbildung 8 Bewertung des Zugangs zu Schienenwegen, 2009 . . . . . . . 77

Abbildung 9 Bewertung des Zugangs zu Serviceeinrichtungen, 2009 . . . 78

Abbildung 10 Brutto-Investitionen der DB Netz AG . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Abbildung 11 Bewertung der Qualität der Eisenbahninfrastruktur, 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Abbildung 12 Durchschnittliches Trassenentgelt je Zugkilometer bei der DB Netz AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Abbildung 13 Entwicklung ausgewählter Trassenpreise . . . . . . . . . . . . . . 82

Abbildung 14 Durchschnittlicher Erlös je Stationshalt bei der DB Station&Service AGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Abbildung 15 Bewertung der Neutralität der Entgeltsysteme, 2009 . . . . . 84

Abbildung 16 Bahnstrompreise DB Energie GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Abbildung 17 Durchschnittserlöse und Preise Eisenbahnverkehr . . . . . . . 86

Abbildung 18 Anteil der EIU mit SNB bzw. NBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Abbildung 19 Mitteilungseingänge nach §14d AEG . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/4630

Vorwort

Der Tiefpunkt der Wirtschaftskrise, die auch den Transportsektor hart getroffen hat,scheint durchschritten. Vermehrt gibt es Signale, die auf eine wirtschaftliche Erho-lung hinweisen. Damit dürften sich für die Eisenbahnunternehmen auch wieder neueMarktchancen eröffnen. Das Eisenbahnjahr 2009 stand allerdings noch im Zeichender allgemeinen Wirtschaftskrise. Insbesondere der Güterverkehr musste erheblicheRückgänge der Umsatzerlöse und des Verkehrsaufkommens verkraften.

Für den Schienengüterverkehr rechnet die Bundesnetzagentur für 2009 mit einemUmsatzrückgang von etwa 17 Prozent. Dabei waren die Rückgänge im Schienengü-terverkehr stärker als im Straßengüterverkehr. Der Anteil des Schienengüterverkehrsan der gesamten Transportleistung in Deutschland hat damit erstmalig seit etwa zehnJahren wieder leicht abgenommen.

Im Schienenpersonennah- und -fernverkehr blieben Umsatz und Transportleistungim Jahr 2009 dagegen weitgehend stabil. Im Nahverkehr spielen langfristige Ver-kehrsverträge zwischen den öffentlichen Aufgabenträgern und den Eisenbahnver-kehrsunternehmen dabei eine wesentliche Rolle. Der stetige Aufwärtstrend der Vor-jahre, mit jährlichen Wachstumsraten von rund drei Prozent, konnte jedoch nichtfortgesetzt werden. Im Schienenpersonenfernverkehr wird mit einem leichten Rück-gang der Verkehrsleistung gerechnet. Die Umsatzerlöse bleiben allerdings nach ers-ten Schätzungen gegenüber 2008 unverändert.

Erfreulich ist, dass sich trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen derWettbewerb im Jahr 2009 positiv entwickelt hat. Im Schienengüterverkehr konntendie Wettbewerber der Deutschen Bahn AG ihren Marktanteil bei einem insgesamtrückläufigen Transportvolumen ausbauen. Sie erhöhten ihren Marktanteil von21 Prozent in 2008 auf 25 Prozent im Jahr 2009. Im Schienenpersonennahverkehrkonnten die Wettbewerber ebenfalls leicht zulegen. Sie bauten ihren Marktanteil vonzehn Prozent auf ca. zwölf Prozent aus. Im Schienenpersonenfernverkehr blieb derAnteil der Wettbewerber dagegen weiterhin bei unter einem Prozent. Allerdings kün-digte ein Eisenbahnverkehrsunternehmen an, ab 2011 ausgewählte Verbindungen imFernverkehr in Deutschland bedienen zu wollen. Dass es nunmehr auch im Fernver-kehr erste Anzeichen für mehr Wettbewerb gibt, wertet die Bundesnetzagentur alspositives Signal für den Eisenbahnsektor.

Die Bundesnetzagentur hat im Jahr 2009 Regulierungsentscheidungen getroffen, dieauf einheitliche Wettbewerbsbedingungen und die Sicherstellung des diskriminie-rungsfreien Zugangs zu Eisenbahninfrastruktur zielten. So hat die Bundesnetzagen-tur die DB Netz AG mit Bescheid vom 6. April 2009 verpflichtet, ihren Kunden beiMinderleistung von sich aus geringere Entgelte eigeninitiativ zu berechnen. Bishermussten die Eisenbahnverkehrsunternehmen eine entsprechende Berücksichtigungselbst verlangen. Zudem hatte es Beschwerden gegeben, dass Nutzer trotz erheblicheingeschränkter Verfügbarkeit der Infrastruktur den vollen Trassenpreis zahlenmussten.

Weiterhin hat die Bundesnetzagentur der DB Station&Service AG eine Neuerarbei-tung ihres Stationspreissystems aufgegeben. Die Bundesnetzagentur hat mit Be-scheid vom 10. Dezember 2009 die Entgelte der DB Station&Service AG für ungül-tig erklärt, da diese nicht mit den eisenbahnrechtlichen Vorschriften vereinbar sind.Der Bescheid gibt Anstoß zur Neukonstruktion der Stationspreise.

Für eine Stärkung des Wettbewerbs spricht sich der Ende 2009 abgeschlosseneKoalitionsvertrag der neuen Bundesregierung aus. So soll die Unabhängigkeit desSchienennetzes erhöht, der Wettbewerb auf der Schiene weiter gefördert und dieBundesnetzagentur gestärkt werden. In 2010 geht es für die Bundesnetzagentur umdie konsequente Weiterführung der begonnenen Aufgaben. Die Sicherstellung desdiskriminierungsfreien und chancengleichen Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur istdabei kein Selbstzweck. Gerade in der Krise hat sich gezeigt, dass Anbietervielfaltund Wettbewerb die Position der Schiene im intermodalen Wettbewerb stärken. Dernichtdiskriminierende Zugang zur Infrastruktur, zu Netzen und Serviceeinrichtun-

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Drucksache 17/4630 – 68 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gen, und dies zu angemessenen Preisen und Konditionen, ist unverzichtbare Voraus-setzung, um die sich eröffnenden Potentiale zu nutzen. Die Wettbewerber sollen inZukunft ihre Chancen verstärkt nutzen können und es soll – auch aus übergeordnetenGründen des Umweltschutzes – wieder gelingen, insgesamt mehr Verkehr auf dieSchiene zu bringen.

Matthias Kurth

Präsident der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post undEisenbahnen

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/4630

ZusammenfassungTeil I – MarktentwicklungIm Eisenbahnverkehrssektor erwartet die Bundesnetz-agentur für 2009 einen Umsatzrückgang von knapp fünfProzent auf 16,3 Mrd. Euro (Kapitel 1). Der Umsatzrück-gang im Schienengüterverkehr beläuft sich dabei auf17 Prozent. Für den Schienenpersonenverkehr ergabensich im Vergleich zu 2008 keine Veränderungen.

Der Wettbewerb im Eisenbahnverkehr entwickelte sich trotzder schwierigen Marktbedingungen positiv (Kapitel 2). Ers-ten Schätzungen zufolge stieg der Wettbewerberanteil imSchienengüterverkehr von 21 Prozent in 2008 auf 25 Pro-zent in 2009. Im Schienenpersonennahverkehr stieg derAnteil von 10 Prozent auf 12 Prozent. Im Schienenperso-nenfernverkehr stagniert der Wettbewerberanteil weiterbei unter einem Prozent. Dennoch gibt es auch hier posi-tive wettbewerbliche Entwicklungen. Ein Wettbewerberhat angekündigt, ab 2010/2011 ausgewählte Fernver-kehrsverbindungen bedienen zu wollen.

Der Markt für Eisenbahninfrastruktur ist hochkonzen-triert (Kapitel 3). Die Schienenwegsbetreiber der DB AGvereinen rund 98 Prozent der Trassenentgelte auf sich.Neben den Eisenbahninfrastrukturunternehmen der DBAG unterliegen rund 500 weitere Eisenbahninfrastruktur-unternehmen (Schienenwegsbetreiber und Betreiber vonServiceeinrichtungen) der Regulierung.

Die Entgelte für die Infrastrukturnutzung (Trassenent-gelte, Stationsentgelte, sonstige Entgelte), sind in 2009weiter signifikant gestiegen (Kapitel 4). Eisenbahnver-kehrsunternehmen geben rund 30 Prozent ihres Umsatzesin Form von Infrastrukturnutzungsentgelten an die Eisen-bahninfrastrukturunternehmen weiter.

Die Umsetzung der eisenbahnrechtlichen Vorschriftenverläuft in einigen Bereichen weiter zögerlich (Kapitel 5).So haben rund ein Drittel der Schienenwegsbetreiber undetwa die Hälfte der Serviceeinrichtungsbetreiber keinenach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) vorge-schriebenen Nutzungsbedingungen erstellt. In einigenFällen handelt es sich um Unternehmen, die formal DrittenZugang gewähren müssen, tatsächlich aber bisher keineNachfrage von externen Eisenbahnverkehrsunternehmenzu verzeichnen haben. Auch die im AEG festgeschriebe-nen Vorschriften zur getrennten Rechnungslegung von In-frastruktur und Betrieb sowie der Offenlegung von Jah-resabschlüssen werden häufig unzureichend umgesetzt.

Teil II – TätigkeitenDie Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Bundesnetz-agentur setzt den Zugriff auf aktuelle und valide Marktda-ten voraus. Seit 2006 führt die Bundesnetzagentur des-halb Datenerhebungen mittels Fragebogen durch. In 2009wurden knapp 800 Erhebungsbögen an Marktteilnehmerversandt und anschließend ausgewertet. (Kapitel 1).

Eine wesentliche operative Tätigkeit ist die Überwachungdes diskriminierungsfreien Zugangs zu Schienenwegen(Kapitel 2). Eines der wichtigsten Netzzugangsthemenbetraf hier die Prüfung der Schienennetz-Benutzungsbe-dingungen für 2011 (SNB 2011). Die DB Netz AG plante,

zahlreiche ihrer Konzern-Richtlinien aus den SNB he-rauszunehmen. Dem hat die Bundesnetzagentur nach um-fangreichen Ermittlungen mit Bescheid widersprochen.Über einen Zeitraum von ca. vier Monaten wurden mitdem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) imvergangenen Jahr „Muster-SNB“ erarbeitet. Diese kön-nen von Eisenbahninfrastrukturunternehmen, insbeson-dere auch kleinen Betreibern, als Vorlage für die Erstel-lung eigener Nutzungsbedingungen verwendet werden.Des Weiteren hat die Bundesnetzagentur die DB Netz AGAnfang 2010 dazu verpflichtet, Wettbewerbern künftigZugang zu den unternehmenseigenen Betriebszentraleneinzuräumen. Bislang sind in den Betriebszentralen Dis-ponenten der DB Netz AG gemeinsam mit Mitarbeiternder konzerneigenen Verkehrsunternehmen präsent. Mitar-beiter anderer Eisenbahnverkehrsunternehmen sind bis-lang in den Betriebszentralen nicht vertreten.

Einen weiteren Schwerpunkt der operativen Tätigkeit bil-det die Überwachung des diskriminierungsfreien Zugangszu Serviceeinrichtungen, also z. B. Personen-, Güter- undRangierbahnhöfen, Wartungseinrichtungen oder Termi-nals (Kapitel 3). In 2009 hat die Bundesnetzagentur eineVielzahl von Nutzungsbedingungen für Serviceeinrich-tungen (NBS) unterschiedlichster Betreiber geprüft. DieAnzahl der im ex-ante-Verfahren geprüften NBS ist er-neut stark gestiegen. Bei der Prüfung von NBS hat dieBundesnetzagentur, wie auch im vorangegangenen Jahr,Schwerpunkte gebildet, die in 2009 insbesondere auchum formale Aspekte ergänzt wurden. Die Bundesnetz-agentur hat das Jahr 2009 ebenso genutzt, um einigegrundsätzliche Fragestellungen der Nutzung von Service-einrichtungen zu beleuchten. Im Ergebnis konnten wich-tige Weichen hin zu mehr Transparenz und Diskriminie-rungsfreiheit bei der Nutzung von Serviceeinrichtungengestellt werden.

Neben der Regulierung des Zugangs zur Eisenbahninfra-struktur hat die Bundesnetzagentur im Berichtszeitraumauch intensiv die Prüfung von Nutzungsentgelten weitervorangetrieben (Kapitel 4). Die Tätigkeit der Bundesnetz-agentur im Jahr 2009 war geprägt durch den Abschluss derVerfahren zur Überprüfung der Stationspreise der DB Sta-tion&Service AG sowie der Minderungsregelungen derDB Netz AG. In beiden Fällen genügten die vom Unterneh-men eingesetzten Entgeltregelungen nicht den gesetzlichenVorgaben, so dass ein regulierungsbehördlicher Eingriff er-forderlich war. In anderen Fällen hat die Bundesnetzagen-tur im Jahr 2009 Ermittlungen eingeleitet, beispielsweisezum von der DB Netz AG erhobenen Regionalfaktor. Da-rüber hinaus hat die Bundesnetzagentur die Entgeltregelun-gen vieler weiterer Eisenbahninfrastrukturunternehmen,auch außerhalb des DB-Konzerns, überprüft.

In 2009 führte die Bundesnetzagentur im Bereich der Ei-senbahnregulierung 147 Verfahren, davon 13 vor Gericht.Es ergingen wichtige gerichtliche Entscheidungen (Kapi-tel 5). So hat das Verwaltungsgericht Köln im August2009 über die von der DB Netz AG eingereichte Klagebezüglich des Widerspruchs der Bundesnetzagentur ge-gen die SNB 2008 entschieden und der Bundesnetzagen-tur dabei überwiegend Recht gegeben (Kapitel 5.1 – DBNetz AG – SNB 2008). Im Dezember 2009 wurden fürdie Prüfung von NBS wesentliche Auffassungen der Bun-

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Drucksache 17/4630 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

desnetzagentur in einem Gerichtsverfahren vor dem Ver-waltungsgericht Köln bestätigt (Kapitel 5.5 – DB NetzAG – NBS 2008). Weitere Entscheidungen betrafen dieBereiche Minderungen, Rahmenverträge und betrieblich-technische Regelwerke als Teil der SNB/NBS.

Neben den operativen Themen standen in 2009 auch öko-nomische Grundsatz- und Regulierungsfragen auf derAgenda (Kapitel 6). Wesentliche Themenbereiche betra-fen die Ermittlung regulatorisch zulässiger Kapitelrendi-ten im Eisenbahninfrastruktursektor, die Berücksichti-gung externer Kosten in (Trassen-) Preissystemen und dieEntwicklung der Inputpreise von Eisenbahninfrastruktur-unternehmen.

Auf internationaler Ebene kam die Bundesnetzagentur ih-rer Aufgabe nach Zusammenarbeit sowie Informations-und Erfahrungsaustausch nach (Kapitel 7). Ein Schwer-punkt im Rahmen der internationalen Tätigkeit blieb dasEngagement der Bundesnetzagentur in der internationa-len Gruppe zur Verbesserung der Qualität des Eisenbahn-verkehrs auf dem Nord-Süd-Korridor („InternationalGroup for Improving the Quality of Rail Transport in theNorth-South Corridor”, IQ-C). Daneben waren die multi-lateralen Treffen im Rahmen der Arbeitsgruppe derEisenbahnregulierungsbehörden („Working Group RailRegulatory Bodies“) von zahlreichen Studien der Kom-mission geprägt, die diese im Zusammenhang mit der Än-derung des ersten Eisenbahnpakets durchgeführt hat.Einen Erfolg konnten die europäischen Eisenbahnregulie-rungsbehörden nach den mehrere Jahre andauerndenVerhandlungen im Bereich der Aktivitäten der Eisenbahn-infrastrukturbetreiber durch Abschluss einer Absichts-erklärung mit der europäischen Vereinigung Rail NetEurope (RNE) verbuchen.

Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick

Die Abteilung Eisenbahnregulierung der Bundesnetz-agentur ist zuständig für die Kontrolle der Gewährung ei-

nes diskriminierungsfreien Zugangs zur Eisenbahninfra-struktur. Nach vier Jahren Regulierungstätigkeit bei derBundesnetzagentur kann mit Blick auf den gesetzlichenAuftrag der Sicherstellung und Förderung von Wettbe-werb im Eisenbahnsektor eine positive Bilanz gezogenwerden. Dennoch bleiben auch im gegenwärtigen Regu-lierungsrahmen Herausforderungen (Kapitel 1 und 2).

Wesentliche Vorhaben für 2010 sind neben der konsequen-ten Fortführung der aktuellen Arbeiten auch die Entwick-lung weiterer Tätigkeitsschwerpunkte (Kapitel 3), etwa derim Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 angesprochenenBereiche der Entgelt- und Zugangsregulierung.

Teil I – Marktentwicklung1 Marktstrukturdaten des Eisenbahn-

sektors1.1 MarktumfeldDie deutsche Wirtschaft verzeichnete in 2009 ein Rekord-minus bei der Entwicklung der Wirtschaftsleistung. ImVergleich zu 2008 ging das Bruttoinlandsprodukt um fünfProzent zurück. Damit war der Rückgang in Deutschlandausgeprägter als in der Europäischen Union (EU) insge-samt. Die Wirtschaftsleistung der 27 EU-Staaten (EU27)hat in 2009 insgesamt um 4,1 Prozent nachgelassen. DieWirtschaftskrise hat insbesondere den Logistik- und Gü-terverkehrssektor stark getroffen. Die Verkehrsleistungim Güterverkehr in Deutschland ist ersten Schätzungenzufolge in 2009 um etwa 13 Prozent zurückgegangen.Während beim Straßengüterverkehr mit etwa 12 ProzentRückgang für 2009 gerechnet wird, ging die Verkehrsleis-tung im Schienengüterverkehr um 17 Prozent zurück.

Der Tiefpunkt der Krise scheint jedoch durchschritten.Bereits im zweiten Halbjahr 2009 zeigten sich erste An-zeichen für eine wirtschaftliche Erholung. Für 2010 wirdin Deutschland ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozenterwartet. Für die EU27 wird insgesamt mit einem Wachs-tum von 0,7 Prozent in 2010 gerechnet.

A b b i l d u n g 1

Wachstumsraten des realen BIP Veränderung in Prozent zum Vorjahr

Quelle: Eurostat

3,9

2,0

1,2 1,3

2,52,0

3,22,9

0,8

-4,1

0,7

3,2

1,2

0,0 -0,2

1,20,8

3,22,5

1,3

-5,0

1,2

-6

-4

-2

0

2

4

6

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009e 2010e

DeutschlandEU27FrankreichGroßbritannien

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/4630

1.2 Umsatzerlöse Eisenbahnverkehrsmarkt

Für das Jahr 2009 erwartet1 die Bundesnetzagentur fürden deutschen Eisenbahnverkehrsmarkt einen Umsatz-rückgang von knapp fünf Prozent um 0,8 Mrd. Euro auf16,3 Mrd. Euro. Der Rückgang ist ausschließlich auf dieEntwicklung auf dem Schienengüterverkehrsmarkt zu-rückzuführen. Nach ersten Schätzungen ging der Umsatzhier von 4,7 Mrd. Euro (2008) auf 3,9 Mrd. Euro zurück.Dies entspricht einer Absenkung von 17 Prozent. Bereitsim letzten Quartal des Jahres 2008 hatte der Schienengü-terverkehr (SGV) mit erheblichen Auftragsrückgängen zukämpfen. Die schwierige Lage verschärfte sich im erstenHalbjahr 2009 weiter. Anzeichen für eine leichte Erho-

1 Da endgültige Zahlen aus der Markterhebung der Bundesnetzagenturzum Jahr 2009 noch nicht vorliegen, sind die entsprechenden Aussa-gen mit einem „e“ als Erwartungswert gekennzeichnet.

lung wurden erst im zweiten Halbjahr 2009 sichtbar. Den-noch lagen auch hier die Erlöse deutlich unter denen desentsprechenden Vorjahreszeitraums.

Im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) stagnierte derUmsatz dagegen bei 3,6 Mrd. Euro. Leicht rückläufigeFahrgastzahlen wurden durch Fahrpreiserhöhungen zumFahrplanwechsel im Dezember 2008 ausgeglichen. ImSchienenpersonennahverkehr (SPNV) erwirtschaftetendie Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) einen Um-satz von 8,8 Mrd. Euro. Da Leistungen im Personennah-verkehr im Regelfall im Auftrag der Bundesländer be-stellt und finanziell bezuschusst werden, erwies sichdieser gegenüber der Wirtschaftskrise als beständig. Dieüblicherweise lang laufenden Verkehrsverträge in Ver-bindung mit konstanten Fahrgastzahlen trugen dazu bei,dass das Umsatzvolumen in diesem Segment stabilblieb.

A b b i l d u n g 2

Umsatz im EisenbahnverkehrsmarktUmsätze der Eisenbahnverkehrsunternehmen in Mrd. Euro

SGV: Schiengüterverkehr; SPFV: Schienpersonenfernverkehr; SPNV: SchienenpersonennahverkehrQuelle: Bundesnetzagentur

8,3 8,6 8,8 8,8

3,1 3,3 3,4 3,6 3,6

4,0 4,4 4,6 4,7 3,9

7,9

2005 2006 2007 2008 2009

15,016,0 16,6 17,1 16,3

e

SGV

SPFV

SPNV

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Drucksache 17/4630 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

1.3 Entwicklung der Verkehrsleistung

Der Trend der Vorjahre, kontinuierlich steigende Ver-kehrsleistungen sowohl im Personen- als auch im Güter-verkehr, konnte 2009 nicht fortgesetzt werden. Dies er-gibt sich aus den vorläufigen Angaben des StatistischenBundesamts. Das wirtschaftliche Umfeld bedingte signi-fikante Rückgänge des Frachtaufkommens im SGV. Auchim SPFV wurden die Verkehrsleistungen des Jahres 2008nicht erreicht.

Für den SGV erwartet das Statistische Bundesamt 2009eine Verkehrsleistung von rund 96 Mrd. Tonnenkilome-tern. Dies entspricht einem Rückgang von 17 Prozent imVergleich zum Vorjahreswert. Besonders stark ausge-wirkt hat sich die Wirtschaftskrise vor allem bei denGütern, die sich für den Transport auf der Schiene beson-

ders gut eignen. Für Erze, Kohle, Eisen- und Stahlpro-dukte brachen die Verkehrsmengen im ersten Halbjahr2009 um teilweise über 50 Prozent ein. Auch im Bereich„Fahrzeuge, Maschinen, Fertigwaren“ ging das Ver-kehrsvolumen in der ersten Jahreshälfte um rund 30 Pro-zent zurück. Obwohl die Frachtmengen ab der Jahres-mitte wieder anstiegen, wurde in Bezug auf dieVerkehrsleistung zum Jahresende (96 Mrd. Tonnenkilo-meter) nur etwa das Niveau des Jahres 2005 erreicht(95 Mrd. Tonnenkilometer).

Auch im SPFV liegt die prognostizierte Verkehrsleistungmit 35 Mrd. Personenkilometern unter dem Vorjahres-wert. Für den SPNV erwartet das Statistische Bundesamtdagegen, dass der Vorjahreswert in Höhe von rund46 Mrd. Personenkilometern erneut erreicht wird.

A b b i l d u n g 3

Entwicklung der Verkehrsleistung im Eisenbahnmarkt

tkm – Tonnenkilometer Pkm – PersonenkilometerQuelle: Statistisches Bundesamt

Güterverkehr (SGV)

in Mrd. tkm, durchschnittliches Wachstum in %

Personenfernverkehr (SPFV)

in Mrd. Pkm, durchschnittliches Wachstum in %

Personennahverkehr (SPNV)

in Mrd. Pkm, durchschnittliches Wachstum in %

81 8592 95

107115 116

96 33 32 32 34 35 34 36 35 38 40 41 42 44 45 46 462%1%

3%

02 03 04 05 06 07 08 09e 02 03 04 05 06 07 08 09e02 03 04 05 06 07 08 09e

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/4630

1.4 Beschäftigungsentwicklung

Im Eisenbahnmarkt sind insgesamt 142 000 Personen(Stand 2008) beschäftigt. Der Beschäftigungsrückgangin Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat sich 2008

nicht fortgesetzt. Im Bereich der Eisenbahninfrastrukturwaren 2008 ca. zehn Prozent weniger Mitarbeiter be-schäftigt als in 2005. Für das Jahr 2009 liegen nochkeine Schätzungen bezüglich der Beschäftigungsent-wicklung vor.

A b b i l d u n g 4

Beschäftigte im EisenbahnmarktAnzahl der Mitarbeiter in Tausend

Quelle: Bundesnetzagentur

86 85 86 85

63 61 56 57

2005 2006 2007 2008

149 146 142

Eisenbahnverkehrs-unternehmen (EVU)

Eisenbahninfrastruktur-unternehmen (EIU)

142

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Drucksache 17/4630 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2 Wettbewerbsentwicklung im Eisenbahn-verkehrsmarkt

2.1 Allgemeine Wettbewerbsentwicklung

Dass in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeldnochmals mehr Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)über die notwendigen Zugangsvoraussetzungen verfüg-ten, bestätigt, dass der Markt aus Sicht der Unternehmenweiterhin Potenziale bietet. Ende 2009 waren 386 öffent-liche EVU beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) registriert,neun mehr als im Vorjahr.

Der Wettbewerb im Eisenbahnverkehrsmarkt hat sich ins-gesamt positiv entwickelt. Im Schienengüterverkehrs-markt (SGV) erhöhten die Wettbewerber ihren Marktan-teil von 21 Prozent in 2008 auf 25 Prozent in 2009. ImSchienenpersonennahverkehr (SPNV) erhöhten die Wett-bewerber ihren Marktanteil auf zwölf Prozent (Vorjahr:zehn Prozent). Lediglich im Schienenpersonenfernver-kehr (SPFV) blieb der Wettbewerberanteil weiterhin beiunter einem Prozent.

A b b i l d u n g 5

Wettbewerb im Eisenbahnverkehrsmarkt

Quelle: Bundesnetzagentur, DB AG, Statistisches Bundesamt

96 96 95 94 91 90 90

4 4 5 6 9 10 10

88

12

99 99 99 99 99 99 99 99

<1 <1 <1 <1 <1 <1 <1 <1

95 93 90 86 84 80 79 75

5 7 10 14 16 20 21 25

Anteil DB AGAnteil Wettbewerber

Güterverkehr (SGV)

in Mrd. tkm, Anteile in %Personenfernverkehr (SPFV)

in Mrd. Pkm, Anteile in %Personennahverkehr (SPNV)

in Mrd. Pkm, Anteile in %

81 9285 95 107Mrd.tkm

%

%

33 3232 35Mrd. Pkm 38 4140 42 44

Mrd.Pkm

%

%

%

%

115 4534116 36 46

02 03 04 05 06 07 08 09e 02 03 04 05 06 07 08 09e

96 35 46

02 03 04 05 06 07 08 09e

34

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 75 – Drucksache 17/4630

2.2 Wettbewerb im Schienengüterverkehr (SGV)

Die im Frachtgeschäft gut positionierte und von der kon-junkturellen Krise besonders betroffene DB SchenkerRail musste im Jahr 2009 erneut Marktanteile an dieWettbewerber abgeben. Dennoch erbrachte sie 75 Prozentder gesamten Verkehrsleistung im deutschen Schienengü-terverkehrsmarkt. Die Wettbewerber vereinen 25 Prozentauf sich. Die Ausweitung des Wettbewerberanteils in2009 ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass in einemrückläufigen Markt die Transportleistung bei den Wettbe-werbern in 2009 prozentual weniger stark gesunken ist alsbei der DB Schenker Rail. Nach ersten vorläufigen Schät-zungen haben DB Schenker Rail etwa 22 Prozent derTransportleistung, die Wettbewerber hingegen nur etwazwei Prozent eingebüßt.

Der starke Nachfragerückgang im Schienengüterverkehrhat den Druck auf die EVU erhöht. Um auf die zurückge-henden Transportmengen zu reagieren, hatte DB SchenkerRail bereits während des Jahres 2009 Kurzarbeit einge-führt. Anfang 2010 teilte die Deutsche Bahn AG mit, dasssie aufgrund der Wirtschaftskrise insgesamt 3 900 Stellenim Schienengüterverkehr streichen wolle. Kündigungenwerde es allerdings nicht geben. Darüber hinaus sei dieSchließung von rund 70 Verladestellen vorgesehen.

In 2009 setzte sich die Internationalisierung der Wettbe-werberlandschaft im europäischen Schienengüterverkehrweiter fort. Wie Abbildung 6 zeigt, vollzog DB SchenkerRail die Übernahme von zwei Schienengüterverkehrsun-ternehmen in Polen. Die französische SNCF übernahmdie außerhalb Frankreichs angesiedelten Schienengüter-verkehrsaktivitäten der französischen Veolia Gruppe, da-runter die in Deutschland tätigen Unternehmensbereiche.

A b b i l d u n g 6

Wichtige Übernahmen im Eisenbahnsektor, 2009

Quelle: Europäische Kommission, Bundesnetzagentur

Unternehmen

DB Schenker (DE)

DB Schenker (DE)

SNCF (FR)

Veolia Transport (FR)

Europorte 2 (FR)

übernimmt

PCC (PL)

PTK Holding (PL)

Veolia Cargo (DE, IT, NL)

Transdev (FR)

Veolia Cargo (FR)

Anteil

100 %

95 %

100 %

100 %

50 %

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Drucksache 17/4630 – 76 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2.3 Wettbewerb im Schienenpersonen-fernverkehr (SPFV)

Seit Beginn der Marktöffnung liegt der Wettbewerberan-teil im SPFV bei unter einem Prozent. Ein tatsächlicherWettbewerb hat sich am Markt bis heute nicht entwickelt.Markteintrittsbarrieren sind die hohen Investitionskostenfür die Finanzierung der Fahrzeuge, ein etabliertes Ver-triebssystem der DB AG und ein großes planerisches Ri-siko. Insbesondere auf wichtigen Hauptstrecken und inEisenbahnknoten ist das Infrastrukturangebot so eng, dassdie Unternehmen sich über langfristige Rahmenverträgeabsichern möchten. Die seitens der DB Netz AG angebo-tenen relativ kurzen Vorlaufzeiten in Bezug auf den Ab-schluss von Rahmenverträgen für Trassenkapazitätenstellen dabei ein Problem dar. Denkbar ist auch, dassRenditeerwartungen, Marktwachstumschancen undMarktvolumen bisher als weniger attraktiv als im Nahver-kehrsbereich erschienen. Erfahrungen in anderen Ländernzeigen jedoch, dass der SPFV ein Marktsegment mit inte-ressanten Wachstums- und Ertragsperspektiven sein kann.

A b b i l d u n g 7

Übersicht Wettbewerber im Schienenpersonen-fernverkehr

Quelle: Bundesnetzagentur

Für die kommenden Jahre ist mit mehr Bewegung imdeutschen Fernverkehrsmarkt zu rechnen. VerschiedeneAnkündigungen versprechen zukünftig mehr Wettbe-werb. So wurden auf mehreren lukrativen Strecken Fern-verkehrsangebote vorbereitet. Für 2010/2011 ist die Be-triebsaufnahme des Hamburg-Köln-Express (HKX) derLocomore Rail geplant. Weitere Linien wie Berlin–Kölnund Hamburg–Stuttgart sollen anschließend folgen2.Ähnliche Angebote entwarf die deutsche SNCF-TochterKeolis für 2011. Beabsichtigt waren Verkehre von Straß-burg–Frankfurt (Main) über Berlin bzw. Köln nach Ham-

2 Nachtrag: Locomore hat die Betriebsaufnahme des HKX auf das Jahr2011 verschoben. Die Betriebsaufnahme der Verbindungen Köln-Berlin und Stuttgart-Hamburg ist noch offen.

Veolia (Interconnex)Arriva (Vogtland-Express)LocomoreKeolis

Leipzig

Plauen

Straßburg

Frankfurt/M.

Hamburg

Salzburg

München

gegenwärtig (2009)

geplant

Köln

Berlin

Rostock

Stuttgart

Hannover

burg3. Die Bundesnetzagentur betrachtet die Konzepteund geplanten Betriebsaufnahmen als ein Signal für denMarkt und erhofft sich dadurch eine Belebung der stag-nierenden Wettbewerbsentwicklung.

2.4 Wettbewerb im Schienenpersonen-nahverkehr (SPNV)

Im SPNV erbrachten die Wettbewerber nach erstenSchätzungen der Bundesnetzagentur 2009 zwölf Prozentder gesamten Verkehrsleistung und damit fast jeden ach-ten Personenkilometer. Für die Zukunft ist mit weiter stei-genden Anteilen zu rechnen, da rund zwei Drittel der Ver-kehrsleistung in Deutschland in den kommenden fünfJahren neu vergeben werden. Einige Aufgabenträger setz-ten dabei ausschließlich auf wettbewerbliche Verfahren.Grund ist, dass diese häufig deutliche Kostenersparnisse,verbesserte Serviceleistungen und damit verbunden hö-here Auslastungen und Attraktivität des SPNV bringen.Verstärkt werden inzwischen auch attraktive SPNV-Li-nien mit hohen Verkehrsleistungen im Wettbewerb verge-ben.

Zum Jahresende 2009 hat es erneut Betreiberwechsel imNahverkehrsmarkt gegeben. So hat etwa die Eurobahn(Keolis) zum Fahrplanwechsel 2009/2010 den Betriebdes Maas-Rhein-Lippe-Netzes (3,2 Mio. Zugkilometerp. a.) aufgenommen. Die NordWestBahn (Veolia) betreibtseit dem Fahrplanwechsel einen Teil des Niers-Rhein-Emscher-Netzes (3,2 Mio. Zugkilometer p. a.). Ebensohaben die Mitteldeutsche Regiobahn (Veolia) und dieBayerische Regiobahn (Veolia) weitere Linien in der Re-gion Leipzig bzw. Augsburg übernommen (in Summerund 6 Mio. Zugkilometer p. a.).

Ob bei der Vielzahl und beim Leistungsumfang der in denkommenden Jahren zu erwartenden Ausschreibungenweiterhin eine hinreichende Anzahl von Angeboten ein-gehen, bleibt abzuwarten. Finanzierung, Fahrzeugverfüg-barkeit und Kapazitäten der EVU könnten hier, z. T. auchals Folge der Wirtschaftskrise, potenzielle Engpässe dar-stellen. Aus diesem Grund werden neue Möglichkeitengesucht, dass die Wettbewerber trotz der oben beschriebe-nen möglichen Hindernisse (Finanzierung, Fahrzeugver-fügbarkeit, Fahrzeugverwendung nach Auslauf des Ver-trages etc.) an möglichst vielen Ausschreibungen imRahmen ihrer zur Verfügung stehenden Ressourcen teil-nehmen können.

3 Eisenbahninfrastruktur

3.1 Eisenbahninfrastrukturmarkt

Derzeit (Ende 2009) sind bei der Bundesnetzagenturmehr als 500 EIU erfasst, die Zugang zu Einrichtungenund Anlagen gewähren müssen. Davon betreiben rund180 Unternehmen Schienenwege (BdS) und rund 400 Un-ternehmen Serviceeinrichtungen (BvSE).

3 Nachtrag: Im April 2010 hat Keolis angekündigt, von den geplantenBetriebsaufnahmen vorerst Abstand zu nehmen.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 77 – Drucksache 17/4630

Bei den Betreibern von Schienenwegen besteht eine hoheMarktkonzentration. Insgesamt haben die relevantenTochterunternehmen des DB Konzerns hier einen (auf dieTrassenentgelte bezogenen) Marktanteil von rund98 Prozent. Bezogen auf die Netzlänge liegt der Anteilder BdS der DB AG bei rund 90 Prozent.

Auch der Markt für Serviceeinrichtungen zeichnet sichdurch eine hohe Marktkonzentration aus. So decken ins-besondere bei Personenbahnhöfen, Rangiereinrichtungenund Abstellgleisen die größten drei Betreiber von Ser-viceeinrichtungen nahezu den gesamten Markt ab. Beiden Einrichtungen für die Brennstoffaufnahme und beiden Güterladestellen betreiben die drei größten Anbieterrund drei Viertel der öffentlichen Einrichtungen. Etwasgeringer, aber dennoch auf hohem Niveau, ist die Markt-konzentration bei Häfen und Wartungseinrichtungen. Jenach Art der nachgefragten Leistungen sind die Auswahl-möglichkeiten an EIU auch hier sehr eingeschränkt odernicht vorhanden.

3.2 Zugang zu Schienenwegen

Im Rahmen der jährlichen Markterhebung gibt die Bundes-netzagentur Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) dieMöglichkeit, marktrelevante Gesichtspunkte aus ihrerSicht zu bewerten. Die Fragestellungen berücksichtigendabei wesentliche Aspekte des Zugangs zur Infrastruktur,der operativen Betriebsabläufe als auch der Entgeltstruk-turen und -höhen. Zudem können die Unternehmen all-gemeine oder potenzielle Marktentwicklungs- undWettbewerbshemmnisse beurteilen. Befragt werden alle öf-fentlichen EVU, kleine historische Museumsbahnenebenso wie große Wettbewerber oder die EVU der DB AG.

Der Fragebogenabschnitt enthält insbesondere auch Fra-gestellungen, die sich mit dem Zugang zu Schienenwe-gen, der Trassenvergabe und der Fahrplanqualität aus-einandersetzen. Die EVU vergaben hier insgesamt gutebis befriedigende Bewertungen (vgl. Abbildung 8). Amkritischsten wurde die Disposition im Störungsfall bewer-tet (Bewertung: 2,8). Während etwa für die Trassenver-gabe im Netzfahrplan klare Regelungen zum Ablauf undzur Priorisierung existieren, sind bei der Dispositionkeine gesetzlichen Regelungen definiert. In welcher Rei-henfolge Züge bei einem (temporären) Engpass einenStreckenabschnitt nutzen, entscheidet der Disponent desSchienenwegbetreibers nach eigenem Ermessen oder aufBasis von unternehmensinternen Richtlinien.

Der Prozess der Trassenvergabe im Netzfahrplan wirdweitgehend positiv wahrgenommen. Hier spielt insbeson-dere eine Rolle, dass Trassen des Nahverkehrs, demgrößten Marktsegment, bei der Priorisierung der Trassen-vergabe frühzeitig berücksichtigt werden und die ge-wünschten Trassen i. d. R. auch entsprechend zugeteiltwerden.

Beschwerden und kritischere Bewertungen erhielt dieBundesnetzagentur zu diesem Thema überproportionalvon Wettbewerbern, die nicht ausschließlich im SPNV tä-tig sind. Zudem hat sich die Lage bei der Ende 2009 er-folgten Konstruktion der Bandbreiten für die Rahmenver-träge in der Rahmenvertragsperiode 2010 bis 2015verschärft. Im Frühjahr 2010 hatte die Bundesnetzagenturzahlreiche Mitteilungen über Konflikte bei der Erstellungder Rahmenvertragsangebote erhalten. Die Bundesnetz-agentur hat sich deshalb für mehr Einsichtsmöglichkeitenin den Koordinationsprozess ausgesprochen.

A b b i l d u n g 8

Bewertung des Zugangs zu Schienenwegen, 2009

* Verschlechterung der Bewertung in 2010 erwartetQuelle: Bundesnetzagentur

100%

Schlecht oder ungenügend (4-5)

Mittel (3)

Gut oder sehr gut (1-2)

Ø Note

Prozess der Trassenvergabe für Gelegenheitstrassen

Fahrplanqualität

Disposition im Störungsfall

Prozess der Trassenvergaben für Netzfahrplantrassen

17

6

7

6

46

44

32

21

38

50

61

73

2,8

2,5

2,4

2,2

„Wie bewerten Sie

den erreichten

Stand beim

Zugang zu

Eisenbahn-

infrastruktur in

Deutschland?“

Ø2,5

*

Page 78: Deutscher Bundestag Drucksache 17/4630 17. Wahlperiode 28 ...dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/046/1704630.pdf · 01. 2011 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr,

Drucksache 17/4630 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen

Die unterschiedliche Bewertung für den Zugang zu Servi-ceeinrichtungen wird in Abbildung 9 dargestellt. Kritischwurde insbesondere der Zugang zu Abstellgleisen (Be-wertung: 3,1), Rangierbahnhöfen und Zugbildungsein-richtungen (Bewertung: 3,0) sowie zu Güterbahnhöfen,Terminals und Gleisanschlüssen (Bewertung: 2,9) bewer-tet. Neben einer weit verbreiteten Unzufriedenheit mitdem Zugang zu Rangierbahnhöfen führt auch die man-gelnde Kapazität von Gleisen in Serviceeinrichtungen zuschlechten Einschätzungen. Problematisch ist in diesenKonstellationen also z. T. nicht nur die diskriminierungs-freie Zuteilung der Kapazitäten, sondern der Mangel anKapazität. Aus der Sicht der EVU sind jedoch beide Fälle

gleichermaßen unbefriedigend und zeigen Handlungsbe-darf an.

Folgerichtig bemängelten auch zahlreiche befragte Unter-nehmen den stetigen Rückbau etwa von Abstellgleisen.Die EVU führten dabei an, keinen ausreichenden Einflussauf Aus- und Rückbaupläne der Eisenbahninfrastruktur-unternehmen (EIU) zu haben. Die Kapazitätsplanung fürdie Infrastruktur der DB Netz AG richte sich vor allem anden Betriebskonzepten der Transporttöchter der DB AGaus. Zudem erwartet sie eine hohe Auslastung ihrer Anla-gen, z. B. über langfristige Anmietungen. Folge sindRückbaumaßnahmen. Eisenbahnverkehrsunternehmenbietet der Markt der Infrastrukturanlagen daher wenigFlexibilität.

A b b i l d u n g 9

Bewertung des Zugangs zu Serviceeinrichtungen, 2009

Quelle: Bundesnetzagentur

100%

Schlecht oder ungenügend (4-5)

Mittel (3)

Gut oder sehr gut (1-2)

Ø Note

Gbf / Terminals / Gleisanschlüsse

Häfen mit Schieneninfrastruktur

Rbf / Zugbildungseinrichtungen

Abstellgleise

Personenbahnhöfe / Halte

Wartungseinrichtungen

Einrichtungen Brennstoffaufnahme

30

29

27

16

11

7

6

44

40

40

47

42

33

22

26

31

32

37

47

60

72

3,1

3,0

2,9

2,8

2,6

2,4

2,2

„Wie bewerten Sie

den erreichten

Stand beim

Zugang zu

Eisenbahn-

infrastruktur in

Deutschland?“

Ø2,7

Page 79: Deutscher Bundestag Drucksache 17/4630 17. Wahlperiode 28 ...dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/046/1704630.pdf · 01. 2011 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 79 – Drucksache 17/4630

3.4 Investitionen im Eisenbahn-infrastrukturmarkt

Die Investitionen in die Verkehrswege der DB AG zeigeneine uneinheitliche Entwicklung. Die Investitionstätigkei-ten waren in der Vergangenheit stark schwankend. Sowurden etwa im Jahre 2005 rund 4,0 Mrd. Euro in dieVerkehrswege der DB AG investiert, im Jahr 2002 belie-fen sich die Investitionen auf 6,7 Mrd. Euro. Die Investi-tionsmittel setzen sich dabei aus Mitteln des Bundes(Baukostenzuschüsse) und aus Eigenmitteln der DB NetzAG zusammen und betreffen sowohl Neu- und Ausbau-vorhaben als auch Investitionen in das Bestandsnetz.

Ab 2009 wurden die Regelungen zur öffentlichen Förderungdes Bestandsnetzes grundsätzlich neu organisiert. Im Rah-men der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV)zwischen dem Bund und der DB AG ist eine Verstetigungder Bundesmittel festgelegt worden. Der Bund stellt bis2013 jährlich 2,5 Mrd. Euro für die Erhaltung des Bestands-netzes (inklusive Verkehrsstationen und Energieversor-gungsanlagen) bereit, davon 2,2 Mrd. Euro für die DB NetzAG. Im Gegenzug verpflichtet sich die DB AG über vertrag-lich festgelegte Kriterien ein vereinbartes Qualitätsniveaudes Schienennetzes und der Bahnhöfe zu sichern. Die DBAG verpflichtet sich zudem pro Jahr 500 Mio. Euro an Ei-genmitteln in das bestehende Netz zu investieren.

A b b i l d u n g 10

Brutto-Investitionen der DB Netz AGMrd. Euro

Quelle: DB Netz AG

1,0

2,71,7 1,2 0,6 1,2

0,6 1,0

3,4

4,0

4,5

3,53,4

3,2 3,83,6

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

4,4

6,76,2

Mittel der DB Netz AG

Baukostenzuschüsse

4,74,0

4,4 4,4 4,6

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Drucksache 17/4630 – 80 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3.5 Qualität der EisenbahninfrastrukturDie Ergebnisse der Befragung der EVU nach der Qualitätdes Netzes zeigen im Jahr 2009 keine signifikanten Ver-änderungen. Die EVU bewerteten den wahrgenommenenAusbau- und Erhaltungszustand des Netzes weiterhin alsverbesserungswürdig. 47 Prozent der EVU bewertetenden Ausbauzustand des Netzes mit „schlecht“ oder „un-genügend“. Bei der Frage nach dem Erhaltungszustanddes Netzes lag der entsprechende Wert bei 45 Prozent.

Untersuchungen einzelner Aufgabenträger zeichnen einähnliches Bild. So berichtet der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) in der Ende 2009 erschienenen„Qualitätsanalyse Netzzustand“ davon, dass 13,1 Prozentdes im VBB-Bereich befindlichen Netzes „nicht mit dereigentlichen Streckengeschwindigkeit befahrbar“ sind4.

4 http://www.vbbonline.de/download/dokumente/Netzzustandsbericht09.pdf

Zwei ebenfalls von Verkehrsverbünden durchgeführteUntersuchungen beschreiben die Qualität der in dem je-weiligen Verbundraum befindlichen Personenbahnhöfe.Untersucht wurden vor allem das Erscheinungsbild, dieSauberkeit und die Qualität der Fahrgastinformation. DerVerkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) stellt dabei in21,6 Prozent aller Fälle ein nicht akzeptables Erschei-nungsbild fest5. Ebenso stellt der VBB bei 27 Prozent derStationen nicht ausreichende oder falsche Fahrgastinfor-mationen fest6. Beide Verbünde sehen bei diesen Statio-nen dringenden Handlungsbedarf.

5 http://www.vrr.de/imperia/md/content/pressemitteilungen/stationsbericht_2008_web.pdf

6 http://www.vbbonline.de/download/dokumente/vbb_Qbericht2008bhf.pdf

A b b i l d u n g 11

Bewertung der Qualität der Eisenbahninfrastruktur, 2009

Quelle: Bundesnetzagentur

100%

Ø Note

Ausbauzustand des Netzes

Erhaltungszustand des Netzes

47

45

40

43

13

12

3,4

3,4

„Wie bewerten

Sie den

erreichten Stand

beim Zugang zu

Eisenbahn-

infrastruktur in

Deutschland?“

Schlecht oder ungenügend (4-5)

Mittel (3)

Gut oder sehr gut (1-2)

Ø3,4

Page 81: Deutscher Bundestag Drucksache 17/4630 17. Wahlperiode 28 ...dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/046/1704630.pdf · 01. 2011 Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81 – Drucksache 17/4630

4 Nutzungsentgelte und Preise

4.1 Bedeutung der Infrastruktur-nutzungsentgelte

Die Nutzungsentgelte für Schienenwege und Serviceein-richtungen stellen für Eisenbahnverkehrsunternehmen ei-nen erheblichen Kostenblock dar. Insgesamt belaufensich die in Deutschland gezahlten Eisenbahninfrastruktur-nutzungsentgelte auf knapp 5 Mrd. Euro, davon etwa4 Mrd. Euro Entgelte für die Nutzung der Schienenwege(Trassenentgelte). Der übrige Betrag teilt sich in Stations-entgelte (rund 0,7 Mrd. Euro) und Entgelte für die Nut-zung sonstiger Serviceeinrichtungen (z. B. Abstellgleise,Rangierbahnhöfe, etc) auf.

Damit geben die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)rund 30 Prozent ihres Umsatzes in Form von Infrastruk-turnutzungsentgelten an die Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen (EIU) weiter. Insofern ist die Preisentwicklungder Infrastrukturnutzungsentgelte für EVU von großerBedeutung, da sich steigende Vorleistungspreise negativauf ihre Wettbewerbsfähigkeit im Hinblick auf andereVerkehrsträger auswirken.

Die Bandbreiten der Kosten für Trassenentgelte je nachEisenbahnverkehrssegment fallen – gemessen am Umsatzder EVU – unterschiedlich aus. Während diese im SGVbei rund 12 bis 25 Prozent liegen, beträgt die Bandbreiteim Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) und Schienen-personennahverkehr (SPNV) ca. 24 Prozent bis zum Teilüber 50 Prozent.

Wesentliche weitere Kostenblöcke eines EVU sind Ener-giekosten, Vertriebskosten, Kosten für Fahrzeuge (Ab-schreibungen oder Leasingraten, Wartung) sowie sonstigePersonal- und Verwaltungskosten. Die Kostenanteile fürEnergie und Vertrieb belaufen sich im SPNV nach einerDarstellung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufga-benträger des SPNV (BAG-SPNV) auf rund 14 Prozentbzw. 4 Prozent. Spezifisch für den Eisenbahnsektor ist,dass insbesondere im SPNV bei dem überwiegenden Teilder zu beziehenden Vorleistungen natürliche oder de factoMonopole bestehen. Die Bereiche Trassenentgelte, Ener-giekosten, Stationsentgelte und Vertrieb stellen in derDarstellung der BAG in Summe knapp zwei Drittel derGesamtkosten eines EVU im SPNV dar7. In allen diesenvier Bereichen sind die EVU im Wesentlichen auf Vor-leistungen von Unternehmen der DB AG angewiesen.

Trassen- und Stationsentgelte unterliegen einer Kostenzu-schlagsregulierung durch die Bundesnetzagentur. AusSicht der Bundesnetzagentur wäre es hier sinnvoll, denEIU Anreize zur effizienteren Erstellung dieser Vorleis-

7 https://www.lvs-sh.de/media/pdf/090320_lnvp_090306_web_FINAL.pdf

tungen zu geben. In den Bereichen Energie- und Ver-triebskosten sind die Unternehmen wesentlich auf Leis-tungen der DB Energie GmbH und der DB VertriebGmbH angewiesen.

Unabhängig von der Art der Regulierung verdeutlicht derAnteil der Kosten, der für Vorleistungen an Unternehmender DB AG geht, wie wichtig die wettbewerbsneutraleAusgestaltung der jeweiligen Preissysteme ist. Nur wennsichergestellt ist, dass Wettbewerber hier faktisch gleicheAusgangsposition wie die EVU des DB Konzerns haben,ist diskriminierungsfreier Wettbewerb möglich. Geradedie Preissysteme für Vertrieb und Energie sind hier etwanach Aussagen der Monopolkommission nicht immerausreichend wettbewerbsneutral ausgestaltet (etwa dieMengenrabattstaffelungen beim Bahnstrom oder dieHöhe von Vertriebsprovisionen im Nahverkehr8).

4.2 Entwicklung der Trassenentgelte

Die Preise für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktursind 2009 weiter gestiegen. Seit 2002 ist das durch-schnittlich gezahlte Trassenentgelt je Zugkilometer imSchienenpersonenfernverkehr (SPFV) um 31 Prozent, imSchienengüterverkehr (SGV) um 28 Prozent und imSchienenpersonennahverkehr (SPNV) um 17 Prozent ge-stiegen. Demgegenüber lag die allgemeine Teuerungsrate(Inflation) in diesem Zeitraum bei zwölf Prozent.

Auch ein Vergleich der Trassenpreisentwicklung mit derEntwicklung der spezifischen Kosten der EIU („Input-preise“) verdeutlicht die hohen Steigerungsraten bei denTrassenpreisen. Das Wissenschaftliche Institut für Infra-struktur- und Kommunikationsdienste (WIK) hat einenIndex entwickelt, der die typische Aufwandsstruktur vonEIU aufgreift und die entsprechenden Aufwandsblöckemit gewichteten Teilindizes hinterlegt (vgl. Teil II – Kapi-tel 6.4 – Inputpreisindex Eisenbahninfrastruktur). Die In-putpreise für EIU haben sich entsprechend diesen Überle-gungen zwischen 2002 und 2009 um rund neun Prozenterhöht. Sie blieben damit noch unter der allgemeinenTeuerungsrate.

Bei der Betrachtung der Entwicklung von Trassenpreisenausgewählter Produkte ergibt sich ein ähnliches Bild (Ab-bildung 13). Die Preisentwicklung typischer, häufig nach-gefragter Trassenprodukte der DB Netz AG weist ebensokontinuierliche Preissteigerungen auf. Die durchschnittli-chen jährlichen Preissteigerungen der einzelnen Produktelagen dabei zwischen 2,4 und 3,6 Prozent, die Gesamt-preissteigerungen zwischen 2002 und 2010 betragen zwi-schen 21 und 33 Prozent.

8 Vgl. Monopolkommission „Bahn 2009: Wettbewerb erfordert Wei-chenstellung“

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Drucksache 17/4630 – 82 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

A b b i l d u n g 12

Durchschnittliches Trassenentgelt je Zugkilometer bei der DB Netz AGIndexiert*, 2002 = 100

* Berechnet als Quotient aus Trassenentgelten und Betriebsleistung der DB AG Tochterunternehmen laut Leistungsverrechnung** Anpassung des Segments im Railion Intermodal Tractionin 2005*** EisenbahninfrastrukturunternehmenQuelle: Bundesnetzagentur, DB AG, Statistisches Bundesamt, WIK

A b b i l d u n g 13

Entwicklung ausgewählter TrassenpreiseEuro je Trassenkilometer

* Streckenkategorie, Produktfaktor** Ohne Berücksichtigung RegionalfaktorQuelle: Bundesnetzagentur, DB AG

95

105

115

125

135

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009e

SPFV (+31%)SGV** (+28%)

SPNV (+17%)

Inflation (+12%)EIU*** Inputpreise (+9%)

Erzeugerpreise (+17%)

3,42 3,63 3,65 3,583,89 3,99 4,13 4,24

5,58 5,79 6,07 6,256,63 6,80 6,95 7,08

3,704,17 4,17 4,13

4,59 4,70 4,80 4,92

2,17 2,12 2,28 2,29 2,26 2,47 2,53 2,61 2,68

3,50

5,58

3,71

0

1

2

3

4

5

6

7

8

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

F3, SGV Stand.

F4, SPNV Takt

F1, SPFV Takt

10/02

+24%

+21%

Strecke, Produkt*

+27% +3,0%

+2,7%

+2,4%

per anno

F2, SPV Takt +33% +3,6%

**

**

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 83 – Drucksache 17/4630

4.3 Entwicklung der Stationsentgelte

Auch der durchschnittliche Erlös je Zughalt bei der DBStation&Service AG ist signifikant angestiegen. Betrugdieser 2002 noch 4,14 Euro, lag er 2008 bereits bei

4,82 Euro. Für 2009 erwartet die Bundesnetzagentur ei-nen Durchschnittserlös von knapp fünf Euro. Insgesamtist der durchschnittliche Erlös damit zwischen 2002 und2009 um etwa 20 Prozent gestiegen.

A b b i l d u n g 14

Durchschnittlicher Erlös je Stationshalt bei der DB Station&Service AGSIndexiert, 2002 = 100

* Berechnet als Quotient aus Stationsentgelten und Stationshalten** EisenbahninfrastrukturunternehmenQuelle: Bundesnetzagentur, DB AG, Statistisches Bundesamt, WIK

Stationen (+20%)

EIU** Inputpreise (+9%)

95

105

115

125

135

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009e

Erzeugerpreise (+17%)Inflation (+12%)

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Drucksache 17/4630 – 84 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4.4 Neutralität der Entgeltsysteme

Analog zur Bewertung des Zugangs zu Eisenbahninfra-struktur (vgl. Kapitel 3.2 und 3.3), haben die EVU in ei-nem weiteren Themenkomplex des Fragebogens dieWettbewerbsneutralität der Preissysteme für die entgelt-pflichtige Nutzung von Eisenbahninfrastruktur bewertet.

Die insgesamt beste Bewertung ergab sich für die Häfen.Auch die Entgeltsysteme für Schienenwege (Trassen)wurden überdurchschnittlich bewertet. Alle anderen Be-reiche fallen gegenüber den genannten teils deutlich ab.Die insgesamt schlechteste Bewertung vergaben die EVUfür Rangierbahnhöfe, die mit 31 Prozent auch die wenigs-ten positiven Bewertungen erhielten.

A b b i l d u n g 15

Bewertung der Neutralität der Entgeltsysteme, 2009

Quelle: Bundesnetzagentur

Schlecht oder ungenügend (4-5)

Mittel (3)

Gut oder sehr gut (1-2)

„Wie beurteilen

Sie die

Neutralität der

von den EIU

aufgestellten

Preissysteme?“

100% Ø Note

26

32

21

24

22

16

10

7

43

34

45

41

33

45

40

42

31

34

34

34

45

39

50

51

Trassen

Häfen

Wartungseinrichtungen

Bahnstrom

Personenbahnhöfe / Halte

Gbf / Terminals

Rbf / Zugbildungseinricht. 3,0

3,0

2,9

2,9

2,8

2,8

2,5

2,4

Abstellgleise

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 85 – Drucksache 17/4630

4.5 Entwicklung der Preise für BahnstromEine Entgeltregulierung für Bahnstrompreise ist nicht imAllgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) verankert. Die Ent-wicklung der Bahnstrompreise wird von den Marktteil-nehmern und Verbänden allerdings seit Jahren kritisch be-trachtet.

Dabei zielt die Kritik zum einen auf den Umstand, dasssich die DB Energie GmbH als Betreiber des Bahnstrom-fernleitungsnetzes bisher der Regulierung der Durchlei-tungsentgelte nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)entzogen hat9. Die theoretische Möglichkeit, Drittanbietermit der Lieferung von Traktionsenergie zu beauftragenund die DB Energie GmbH lediglich für die Netznutzungzu vergüten, wird durch die Höhe der Durchleitungsent-gelte praktisch ausgeschlossen. Selbst wenn die Durchlei-tungsentgelte nach EnWG reguliert würden, wäre damitallerdings noch nicht zwingend die Wettbewerbsgleich-heit zwischen den EVU gesichert. Die möglichen Aus-

9 Die Bundesnetzagentur hat die DB Energie GmbH Ende 2008 aufge-fordert, einen Antrag auf Genehmigung der Netzentgelte gemäߧ 23a EnWG zu stellen. Gegen diesen Bescheid wurde von der DBEnergie Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf eingelegt. Das OLGfolgte in seiner Entscheidung vom Dezember 2009 jedoch der Auf-fassung der Bundesnetzagentur (Az. VI-3 Kart 61/09 (V)). Die Ent-scheidung ist noch nicht rechtskräftig.

wirkungen einer Regulierung nach EnWG auf Preishöheund Preisstruktur der Netzentgelte der DB Energie sindnoch nicht abschließend bewertbar.

Zum anderen zielt die Kritik auf die Preisgestaltung derDB Energie GmbH in Bezug auf die Vollversorgung, ins-besondere die Mengenrabattregelungen. So sind etwaMengenrabatte von maximal vier Prozent nur von großenEVU (in der Regel DB-Töchter) zu erreichen, da die dazunotwendige Jahresabnahmemenge mindestens 500 GWhbeträgt. Alle Wettbewerber der DB im SPNV zusammenerreichen dagegen nur eine Abnahmemenge von700 GWh.10 Daneben enthält das Preissystem noch einenzusätzlichen Auslastungsrabatt von 5 Prozent, den dieKunden erhalten, deren Jahresabnahmemenge 2000 GWhüberschreitet. Dieser Rabatt bleibt den Wettbewerbernaufgrund der deutlich geringeren Abnahmemenge eben-falls verwehrt.

Die Preise der Vollversorgung sind zwischen 2005 und2010 zwischen 13 Prozent (Hochtarif) und 31 Prozent(Niedertarif) gestiegen (Abbildung 16). Die Entgelte fürdie reine Netznutzung sind allein von 2009 auf 2010 um8,5 Prozent gestiegen.

10 Vgl. Monopolkommission „Bahn 2009: Wettbewerb erfordert Wei-chenstellung“

A b b i l d u n g 16

Bahnstrompreise DB Energie GmbHBahnstrompreise in Eurocent je kWh

* Preise nachAbsenkung im März 2009 (vorher: 12,11 ct(HT), 10,46 ct(MT), 10,01 ct(NT))Quelle: Bundesnetzagentur, DB AG

11,46 11,57 11,77 12,06 12,44

5,87 5,81 5,85 5,85

9,26 9,448,17

9,178,978,868,5810,41 10,69

10,98

6,616,11

0

2

4

6

8

10

12

14

2005 2006 2007 2008 2009* 2010

05/10

+13% +2,5%

per anno

+31% +5,6%

+25% +4,5%

+2,4%

Hochtarif (05:30-09:00 16:00-19:00)Mitteltarif (09:00-16:00 19:00-22:00)Niedertarif (00:00-05:30 22:00-24:00)Zum Vergleich: Netznutzung (Durchleitungsgebühr)

7,18 +13%7,76 7,82

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Drucksache 17/4630 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4.6 Entwicklung der Preise im Eisenbahn-verkehr

Die Preisbildung für Verkehrsleistungen im Schienengü-ter- und Personenverkehr ist nicht Teil des Regulierungs-gebietes der Bundesnetzagentur. Die Preisentwicklungauf den Verkehrsmärkten ist dennoch ein wichtiger Indi-kator für die Gesamtentwicklung des Eisenbahnsektors.

Im SGV ist für den durchschnittlichen Erlös je Tonnen-kilometer seit 2005 eine abnehmende Tendenz feststell-bar. Der Preisindex des Statistischen Bundesamtes zeigtdagegen eine steigende Preisentwicklung. Die unter-schiedliche Entwicklung liegt darin begründet, dass derIndex des Statistischen Bundesamtes die Preisentwick-lung für fest definierte Leistungen bei einem konstantenMengengerüst darstellt, während der Durchschnittserlösje Tonnenkilometer auch von Verschiebungen im Men-gengerüst beeinflusst ist. Das Statistische Bundesamt ver-öffentlicht neben dem Preisindex für Schienengüterver-

kehr ebenfalls untergeordnete Teilindizes. Die höchsteTeuerungsrate erfolgte demnach bei den Einzelwagen-und Ganzzugverkehren (6,7 Prozent zwischen 2006 und2008). Traktionsleistungen und der kombinierte Verkehrhaben sich dagegen nur unterdurchschnittlich verteuert(1,3 Prozent zwischen 2006 und 2008).

Etwa gleich hohe Teuerungsraten zeigt das StatistischeBundesamt für Fahrscheine im SPNV und im SPFV auf.Die Preissteigerungen zwischen 2005 und 2009 lagen hierjeweils bei rund 17 Prozent. Im SPNV ist dabei jedoch zubeachten, dass sich der Erlös der EVU zum einen ausFahrgeldeinnahmen (rund 40 Prozent) und zum anderenaus Zuschüssen aus Regionalisierungsmitteln (rund60 Prozent) zusammensetzt. Während der Preis der Fahr-scheine deutlich gestiegen ist, ist die Summe der beidenErlösarten relativ zu der erbrachten Verkehrsleistungkaum gestiegen (2 Prozent). Grund ist, dass der Zuschuss-anteil in den letzten Jahren gesunken ist (von rund65 Prozent in 2005 auf etwa 60 Prozent in 2008).

A b b i l d u n g 17

Durchschnittserlöse und Preise Eisenbahnverkehr

* Preisindex erst ab 2006 verfügbar; Werte Preisindex indexiert auf 2006 = Indexwert Durchschnittserlös** Orange: Durchschnittserlös aus Fahrgeldeinnahme und Bestellerentgelten; Hellblau: Durchschnittserlös aus FahrgeldeinnahmenQuelle: Bundesnetzagentur (Durchschnittserlöse), Statistisches Bundesamt (Preisindizes), VDV

Preisindex DestatisØ Erlös je Pkm bzw. tkm der EVU

Güterverkehr (SGV)

Indexiert, 2005=100*Personenfernverkehr (SPFV)

Indexiert, 2005=100Personennahverkehr (SPNV)

Indexiert, 2005=100**

Ø Erlös je Pkm aus Fahrgeld

90

100

110

120

130

2005 '06 '07 '08 '09e90

100

110

120

130

2005 '06 '07 '08 '09e90

100

110

120

130

2005 '06 '07 '08 '09e

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 87 – Drucksache 17/4630

5 Stand der Einhaltung zentraler eisenbahn-rechtlicher Vorschriften

5.1 Erstellung von Nutzungsbedingungen

Der diskriminierungsfreie Zugang zur Schieneninfrastruk-tur bedingt, dass alle Zugangsberechtigten die Infrastrukturzu gleichen Bedingungen und Konditionen nutzen können.Hierzu sind die Anfertigung und Veröffentlichung vonNutzungsbedingungen für Schienenwege und Serviceein-richtungen eine wichtige, gesetzlich verankerte Vorausset-zung. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ste-hen in der Pflicht, dieser Vorschrift nachzukommen.

Konnten 2007 noch 63 Prozent der Betreiber der Schie-nenwege (BdS) keine Schienennetz-Benutzungsbedin-gungen (SNB) vorlegen, waren es 2008 immerhin nurnoch 35 Prozent. Die Zahlen können vor dem obigen Hin-tergrund dennoch nicht zufriedenstellen, zumal die Quotenach ersten Auswertungen der für das Jahr 2009 vorlie-genden Daten stagniert.

Weiterhin liegen die Betreiber von Serviceeinrichtun-gen (BvSE) noch deutlicher hinter den gesetzlichen An-forderungen zurück. Einer Quote von 70 Prozent anUnternehmen, die in 2007 keine Nutzungsbedingungenfür Serviceeinrichtungen (NBS) erstellt hatten, stehen58 Prozent in 2008 und weiterhin rund 50 Prozent in2009 gegenüber. Jedoch muss berücksichtigt werden,dass einige EIU, die nach dem Gesetz Zugang gewäh-ren müssen, bisher keine Nachfrage von externen Ei-senbahnverkehrsunternehmen (EVU) zu verzeichnenhaben.

Die Bundesnetzagentur hat unabhängig davon betroffeneEIU nochmals auf ihre gesetzlichen Pflichten hingewie-sen. Zudem hat die Bundesnetzagentur Unternehmen beider Erstellung der Nutzungsbedingungen beraten und denVerband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bei derEntwicklung von „Muster-SNB“ unterstützt. Diese kön-nen von EIU als Vorlage für die Erstellung eigener Nut-zungsbedingungen verwendet werden.

A b b i l d u n g 18

Anteil der EIU mit SNB bzw. NBS

SNB: Schienennetz-Benutzungsbedingungen; NBS: Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen BdS: Betreiber der Schienenwege; BvSE: Be-treiber von ServiceeinrichtungenAngaben basieren auf TeilauswertungQuelle: Bundesnetzagentur

Ohne NBS/SNB

Mit NBS/SNB

37%65% 65%

63%35% 35%

2007 2008 2009e

Anteil EIU (Schiene) mit SNB

Prozent der BdS

30% 42% 50%

70% 58% 50%

2007 2008 2009e

Anteil EIU (Service) mit NBS

Prozent der BvSE

100% 100%

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Drucksache 17/4630 – 88 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5.2 Entgeltlisten

Neben der Erstellung von Nutzungsbedingungen sindEIU ebenfalls verpflichtet, Entgeltlisten für die angebote-nen Leistungen anzufertigen. Von den Schienenwegbe-treibern mit Nutzungsbedingungen haben über 95 Prozentauch entsprechende Entgeltlisten erstellt. Bei den Betrei-bern von Serviceeinrichtungen liegt der Anteil bei 80 Pro-zent.

5.3 Getrennte Rechnungslegung

Öffentliche Eisenbahnunternehmen, die als integrierteUnternehmen sowohl EVU als auch EIU sind, haben ge-mäß § 9 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) beide Be-reiche in ihrer Rechnungslegung zu trennen. Für jedenBereich ist eine nach handelsrechtlichen Grundsätzenaufzustellende zusätzliche Bilanz sowie Gewinn- undVerlustrechnung zu veröffentlichen. Die Überwachungder Einhaltung der Vorschrift liegt bei den jeweiligenGenehmigungsbehörden. Ziel der Vorschrift ist, dieTransparenz für Markteilnehmer, Zugangsberechtigte undBehörden zu erhöhen. Tatsächlich sind separate infra-strukturspezifische Aufstellungen in der externen Re-chungslegung jedoch die Ausnahme. Von den integriertenUnternehmen haben 12 Prozent in der Marktuntersu-chung der Bundesnetzagentur angegeben, von den Vor-schriften des § 9 AEG befreit worden zu sein. Von denverbleibenden 88 Prozent gaben 21 Prozent an, den Vor-gaben entsprechend, eine getrennte Rechnungslegungvorzunehmen. Nach Recherche der Bundesnetzagentur

wurde allerdings keine getrennte Rechnungslegung veröf-fentlicht. Dies schränkt die Bundesnetzagentur bei derMöglichkeit zur Validierung von Daten, etwa im Rahmenvon Kostenprüfungen oder dem Marktmonitoring, erheb-lich ein.

5.4 Mitteilungspflichten nach § 14d AEGIn § 14d des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) sindbesondere Mitteilungspflichten öffentlicher EIU geregelt.So haben öffentliche EIU die Bundesnetzagentur zumBeispiel über beabsichtigte Ablehnungen von Trassenoder über beabsichtigte Neufassungen von Infrastruktur-Nutzungsbedingungen zu unterrichten. Die Anzahl derzwischen 2006 und 2009 eingegangenen Meldungen ist inAbbildung 19 dargestellt.

Der größte Teil der Meldungen bezieht sich auch in 2009auf Mitteilungen nach § 14d Nummer 2 AEG (beabsich-tigte Ablehnung von Gelegenheitstrassen) und § 14dAEG Nummer 6 (beabsichtigte Neufassung oder Ände-rung von Nutzungsbedingungen und Regelentgelten).

Der Rückgang der Meldungen zur beabsichtigten Ableh-nung von Gelegenheitstrassen ist auf den Verkehrsmen-genrückgang im Schienengüterverkehr (SGV) im Be-richtsjahr zurückzuführen. Im Güterverkehr spielenGelegenheitstrassen eine bedeutendere Rolle als im Per-sonenverkehr. Mit dem deutlichen Rückgang der Be-triebsleistung im SGV haben sich die vorhandenen Kapa-zitätsengpässe im Schienennetz nicht so stark ausgewirktwie in den vergangenen Jahren.

A b b i l d u n g 19

Mitteilungseingänge nach §14d AEGAnzahl bei der Bundesnetzagentur eingegangener Meldungen

SNB: Schienenetz-Benutzungebedingungen; NBS: Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen Quelle: Bundesnetzagentur

Art der Meldung

§14d Nr.1 Ablehnung Trasse Netzfahrplan

§14d Nr.2 Ablehnung Gelegenheitstrasse

§14d Nr.3 Ablehnung Zugang Serviceeinrichtung

§14d Nr.4 Abschluss Rahmenvertrag

§14d Nr.5 Erhöhtes Entgelt

§14d Nr.6 Neufassung SNB

§14d Nr.6 Neufassung NBS

SUMME

2006 20082007

6

84

5

0

0

15

40

150

0

49

0

3

0

10

18

80

3

40

1

18

0

19

41

122

2009

0

12

1

0

0

17

50

80

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 89 – Drucksache 17/4630

Teil II – Tätigkeiten

1 Marktbeobachtung

1.1 Grundlagen der Marktbeobachtung

Die Bundesnetzagentur überwacht die Einhaltung derVorschriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastrukturgemäß § 14b Absatz 1 Allgemeines Eisenbahngesetz(AEG). Neben der Überwachungsaufgabe, ist die Bun-desnetzagentur auch gehalten, in Berichten und bei natio-nalen und internationalen Anfragen über ihre Tätigkeitensowie über die Lage und Entwicklung auf ihrem Aufga-bengebiet zu informieren. Die Erfüllung dieser Aufgabensetzt den Zugriff auf eine aktuelle und valide Datenbasisvoraus. Bereits bei Aufnahme der Tätigkeit der Bundes-netzagentur im Eisenbahnbereich hat sich gezeigt, dassinsbesondere zu Themen des Eisenbahninfrastruktur-markts, Nutzungsentgelten und des Zugangs zur Eisen-bahninfrastruktur bisher keine ausreichenden Datenquel-len über den Gesamtmarkt existierten. Seit 2006 erhebtdie Bundesnetzagentur deshalb Daten mittels Fragebo-gen, die sie jährlich an die Marktteilnehmer (regulierteEisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), Eisenbahn-verkehrsunternehmen (EVU) und Aufgabenträger) ver-sendet.

1.2 Durchführung der Marktbeobachtung

Die Bundesnetzagentur hat ab April 2009 an knapp800 Unternehmen Erhebungsbogen versandt. Dies wardie vierte Markterhebung dieser Art. Um auch den kleine-ren Unternehmen die Gelegenheit zu geben die Fragen zubeantworten, wurde der Umfang noch einmal reduziert.Die Akzeptanz und Qualität der Antworten war in 2009deutlich besser als in den Vorjahren. Die Unternehmenwaren gehalten, u. a. Angaben zum Unternehmensgegen-stand und zu Umsätzen, Verkehrsleistungen, Infrastrukturund Serviceeinrichtungen für das Berichtsjahr 2008 zumachen.

Ab Herbst 2009 wurden die Ergebnisse und Hinweise ausvorausgegangenen Marktbeobachtungen in Arbeitstreffenmit Verbänden, der DB AG und weiteren interessiertenEisenbahnunternehmen direkt erörtert. Es wurden indivi-duelle Ergebnisse und Auswertungen erläutert und dieAusrichtung der Marktbeobachtung der Bundesnetzagen-tur diskutiert. Mit der Marktbeobachtung verfügt dieBundesnetzagentur über ein wichtiges Instrument, umfas-sende Informationen über den Schienenverkehrsmarkt zuerlangen. Die Ergebnisse werden u. a. im Jahresberichtund im Tätigkeitsbericht Eisenbahnen der Bundesnetz-agentur veröffentlicht. Hier liegt der Schwerpunkt jedochauf der regulatorischen Perspektive der Marktbeschrei-bung. In der „Marktuntersuchung Eisenbahnen“ werdenstatistische Kerndaten veröffentlicht, anhand derer sichinteressierte Unternehmen und Verbände über die Ent-wicklung und Struktur des Eisenbahnsektors informierenkönnen11.

11 http://www.bundesnetzagentur.de/enid/Eisenbahnen/Downloads_339.html

2 Zugang zu Schienenwegen2.1 Überblick der Tätigkeiten und Stand der

Öffnung bei SchienenwegenHohe Bedeutung für die Öffnung der Schienenwege ha-ben die Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB).Damit war eines der wichtigsten Netzzugangsthemen in2009 vorgezeichnet: Der größte Schienennetzbetreiber inDeutschland, die DB Netz AG, plant, zahlreiche ihrerKonzern-Richtlinien aus den SNB herauszunehmen.Diese wären so jedoch den gesetzlich vorgegebenen Pro-zessen entzogen. Damit wären kurzfristig einschneidendeÄnderungen auf Kosten der Planungssicherheit der Eisen-bahnverkehrsunternehmen (EVU) möglich. Im Interesseeiner weiterhin effektiven Überprüfung hat daher dieBundesnetzagentur nach umfangreichen Ermittlungen mitBescheid der Herausnahme der netzzugangsrelevantenRichtlinien widersprochen (vgl. Kapitel 2.2.1, zum Standdes Gerichtsverfahrens vgl. Kapitel 5.6).

Parallel dazu wurden zusammen mit dem Verband Deut-scher Verkehrsunternehmen (VDV) Muster-SNB erarbei-tet, die von den anderen Eisenbahninfrastrukturunterneh-men (EIU) übernommen werden können; entsprechendwurden bereits Anträge auf Neufassung oder Änderunggestellt (vgl. Kapitel 2.2.2).

Waren bisher nur DB-EVU in den Betriebszentralen (BZ)der DB Netz AG vertreten, so streben Bundesnetzagenturund Eisenbahn-Bundesamt jetzt an, dass WettbewerberArbeitsplätze in den BZ bekommen oder zeitnah über einmailbasiertes Informationssystem am Dispositionsge-schehen partizipieren können (vgl. Kapitel 2.3.1).

Weiterhin fordert die Bundesnetzagentur gleiche Zu-gangswege zum Trassenportal TPN der DB Netz AG, mitdem künftig überwiegend, später möglicherweise sogarauch vollständig Trassen angemeldet werden sollen (vgl.2.3.2).

Noch nicht mit befriedigenden Ergebnissen läuft das inder Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV)skizzierte Überlastungsverfahren mit Mitteilung, Kapazi-tätsanalyse und Plan zur Erhöhung der Schienenwegkapa-zität, weil die DB Netz AG bislang nur sehr zögerlichÜberlastungen im Netz aufzeigt. Die bestehende Verfah-rensanweisung wurde zusammen mit dem Eisenbahn-Bundesamt überarbeitet. Betriebliche Maßnahmen wur-den bei zwei überlasteten Schienenwegen überprüft undmit einer Ausnahme zum Schutz des Wettbewerbs akzep-tiert (vgl. 2.3.3).

Die Bundesnetzagentur wurde tätig beim Übergang einerEisenbahnstrecke von einem EIU – das daraufhin dieStrecke nicht mehr betreiben durfte – auf ein anderesEIU, das die Strecke noch nicht betreiben durfte. AlsFolge der zwischenzeitlich fehlenden Genehmigung kames zu einer Netzzugangsverweigerung, die künftig durchSicherstellung ununterbrochen vorhandener Genehmi-gungen zu vermeiden ist (vgl. 2.3.4).

Erfolgreich verliefen mehrere einzelne Netzzugangsver-fahren, weil die Probleme in zwei Fällen durch die Kor-rektur regionaler Dispositionsregeln und ein zusätzliches

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Drucksache 17/4630 – 90 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Blocksignal sowie durch Akzeptanz der beantragtenZuglängen gelöst werden konnten; kurzfristig wurde auchder Anschluss eines kleinen EIU mit eigenem Verkehr andas DB-Netz gesichert.

Wenig praktische Relevanz weist der neue § 14g Allge-meines Eisenbahngesetz (AEG) auf, mit dem ausländi-sche EVU in den Wettbewerb im innerdeutschenSchienenpersonenverkehr eintreten könnten. Unter denverkehrlichen Rahmenbedingungen Deutschlands ist einVerkehr, bei dem mindestens 50 Prozent der Fahrgästeden jeweiligen Zug zur Grenzüberschreitung nutzen,nicht wirtschaftlich darstellbar. Zudem kann diese Rege-lung leicht umgangen werden, in dem die Verkehrsleis-tungen in Kooperation mit einem in Deutschland bereitszugelassenen EVU (z. B. ein deutsches Tochterunterneh-men des ausländischen EVU) erbracht werden (vgl. Kapi-tel 2.4.1).

2.2 Prüfung von SNB2.2.1 DB Netz AG – SNB 2011Am 20. Oktober 2009 reichte die DB Netz AG ihre beab-sichtigten Änderungen der SNB gemäß § 14d Nummer 6AEG zur Prüfung bei der Bundesnetzagentur ein. Damitbeabsichtigte sie, zahlreiche ihrer Konzern-Richtlinienaus den SNB herauszunehmen. Die Konzern-Richtlinienbeinhalten aus historischen Gründen teilweise ausschließ-lich konzerninterne Anweisungen an die Mitarbeiter,deren Kenntnis für die Zugangsberechtigten nicht erfor-derlich ist. Diese beziehen sich auf Prozesse im Betriebs-ablauf, die ausschließlich Mitarbeiter des EIU betreffenund deren Kenntnisse für Mitarbeiter der EVU keinerleiBedeutung haben. Dies sind u. a. Kommunikationsfor-men der Stellwerksmitarbeiter untereinander. Auch dieInformationen, welche die Zugangsberechtigten aus-schließlich zur Durchführung für die individuelle Fahrtbenötigen (Beispiele: Fahrplan, Langsamfahrstellen, In-formationen über kurzfristig auftretende oder zu erwar-tende Störungen, die die Durchführung der Zugfahrt be-einträchtigen), müssen nicht in den SNB enthalten sein.Allerdings sind in den Richtlinien auch zahlreiche Zu-gangsbedingungen enthalten, von denen die Zugangsbe-rechtigten unbedingt für die Bestellung und Planung ihrerVerkehre Kenntnis haben müssen (Beispiele: Betriebsver-fahren und technische Vorgaben für die Nutzung der In-frastruktur, die seitens der Antragstellerin aufgestellt wur-den). Unterschieden werden können insbesonderetechnische, betriebliche und rechtliche Vorgaben.

– Technische Vorgaben: Hierzu zählen verbindliche Vor-gaben, die an die Fahrzeuge gestellt werden. Änderun-gen in diesem Bereich führen zum Umbau der Fahr-zeuge bzw. zu Softwareupdates, welche mit Kosten fürdie Zugangsberechtigten sowie einem erheblichenzeitlichen Vorlauf für die technischen Umbauten ver-bunden sind. Dies betrifft z. B. Neuerungen bei Anla-gen der Infrastruktur an Schienenwegen, um Zugver-kehre sicherer zu gestalten. Dies ist aber nur möglich,wenn die Sicherheitstechnik der Fahrzeuge kompati-bel mit diesen Einrichtungen ist. Meist sind technischeWeiterentwicklungen bei der Infrastruktur darauf aus-

gerichtet, dass Züge bei Gefahrensituationen automa-tisch die Geschwindigkeit reduzieren oder bis zumStillstand abgebremst werden.

– Betriebliche Vorgaben: Hierunter sind verbindlicheVorgaben zu verstehen, die Anforderungen an die Or-ganisation des EVU und deren Mitarbeiter stellen. Än-derungen in diesem Bereich ziehen kostenträchtigeSachausgaben und Schulungen nach sich. SolcheMaßnahmen wie z. B. die Einrichtung von Leitstellenbei Zugangsberechtigten oder die Ausrüstung vonLeitstellen mit Kommunikationseinrichtungen, diekompatibel mit denen des EIU sind, erfordern einenerheblichen zeitlichen Vorlauf. Zudem müssen dieMitarbeiter in den Leitstellen der Zugangsberechtig-ten, aber auch die operativ tätigen Mitarbeiter entspre-chend den Vorgaben des EIU geschult werden. Ände-rungen von betrieblichen Regelungen können auchdazu führen, dass mehr Personal der EVU auf Grundvon Sicherungspflichten im Zug anwesend sein muss.

– Rechtliche Vorgaben: Hinsichtlich der rechtlichenVorgaben wird u. a. festgelegt, wie die Risikovertei-lung zwischen der DB Netz AG und den Zugangsbe-rechtigten erfolgt. Hiernach richtet sich die Entschei-dung der Zugangsberechtigten, wie sie wiederum ihreTransportverträge mit ihren Kunden zu gestalten ha-ben. So ist z. B. zu entscheiden, welche Risiken aufdie eigenen Kunden übertragen werden müssen, bzw.welche Haftung ausgeschlossen werden muss undwelche Versicherungen ggf. abgeschlossen werdensollten.

Auf Grundlage der Zugangsbedingungen kalkulieren dieZugangsberechtigten ihre Kosten und Preise für die Ver-kehrsleistungen. Sie können nur anhand der Zugangsbe-dingungen fundiert entscheiden, ob ein Transportauftrageines Kunden rentabel ist, also angenommen werdenkann, und ob dafür eine Trasse bestellt werden soll. DieBundesnetzagentur ist bei ihrer Prüfung davon ausgegan-gen, dass die Inhalte der Richtlinien insoweit als Pflicht-inhalt der SNB anzusehen sind, als dass sie relevant sindfür die:

– Investitionsplanung des Personals und der Sachmittel(ggf. Ankauf/Anmietung neuer Fahrzeuge oder Ein-stellung von Zusatzpersonal erforderlich),

– Schulung und Fortbildung des Personals,

– organisatorische Planung (Notwendigkeit der Anpas-sung der Unternehmensorganisation, Beispiel: Not-fallmanagement des EVU muss an das des EIU auf-grund der Verkürzung der Eingreifzeiten angepasstwerden),

– Beteiligung des Betriebsrats,

– Planung der Trassen hinsichtlich der Durchführbarkeitmit vorhandenem Personal und Fahrzeugen und / oder

– Planung der Trassen hinsichtlich der Kosten.

Als Bestandteil der SNB müssen die Richtlinien und de-ren Änderungen gemäß den Vorgaben der EIBV mindes-tens ein Jahr vor Durchführung der Fahrten (Fahrplan-

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wechsel jedes Jahr im Dezember) veröffentlicht werden.Zuvor haben die EVU Gelegenheit, zu den ÄnderungenStellung zu nehmen; der Bundesnetzagentur ist Gelegen-heit zur Prüfung zu geben. Diese Prüfung verhindert Än-derungen, die einzelne EVU benachteiligen. So kannz. B. überhöhten technischen Anforderungen an die Fahr-zeuge entgegengewirkt werden. Der gesetzlich vorgese-hene einjährige Änderungsrhythmus ermöglicht den Zu-gangsberechtigten, ihre Verkehre langfristig zu planenund ggf. notwendige Investitionen in Personal und Fahr-zeuge vorzunehmen. Mit der Herausnahme der Richtli-nien aus den SNB wären diese den gesetzlich vorgegebe-nen Prozessen entzogen. Somit wären kurzfristigeinschneidende Änderungen möglich, den EVU wäre diePlanungssicherheit entzogen und der Bundesnetzagentureine effektive Überprüfung erschwert. Der Wettbewerbist nur durch diesen langfristig angelegten Planungspro-zess geschützt. Wichtige betriebliche und technische Än-derungen sind davon unberührt und können nach Auffas-sung der Bundesnetzagentur auch unterjährig erfolgen.

Die Bundesnetzagentur hat daher mit Bescheid vom17. November 2009 der Herausnahme der Richtlinien bisauf diejenigen Teile der Richtlinien, auf deren Kenntnisdie Zugangsberechtigten vor einem Zugangsbegehrennicht unmittelbar angewiesen sind, widersprochen. DieDB Netz AG legte hiergegen Widerspruch ein und stellteeinen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebendenWirkung des Widerspruchs (s. dazu Ausführungen im Ka-pitel 5.6 – DB Netz AG – Betrieblich-technische Regel-werke in SNB/NBS 2011).

2.2.2 SNB anderer Unternehmen und SNB Muster

Zusammen mit dem VDV hat die Bundesnetzagentur einaktuelles Muster für die Erstellung von SNB erarbeitet,das die weniger aufwändigen SNB der übrigen EIU inDeutschland betrifft. Das Muster stellt eine Empfehlungan die Betreiber von Schienenwegen dar, die gesetzlichverpflichtet sind, SNB zu erstellen. Die Überarbeitungdes Musters wurde erforderlich, um geänderten Rechts-vorschriften und einem fortentwickelten Rechtsverständ-nis der Bundesnetzagentur Rechnung zu tragen. An demArbeitskreis waren neben Vertretern des VDV und derBundesnetzagentur auch EIU beteiligt. Ziel war es, bun-desweit möglichst einheitliche und vollständige Regel-werke zu ermöglichen.

Zu den wesentlichen Änderungen gehört, dass Formulie-rungen, die den Betreibern der Schienenwege Ermessens-spielräume eröffnen, geändert werden, um so eine Gleich-behandlung der Zugangsberechtigten zu gewährleistenund damit den Aspekt der Diskriminierungsfreiheit beider Gewährung von Netzzugang zu stärken. Des Weiterenwurden im Nachgang zu verschiedenen gesetzlichen Än-derungen, insbesondere betreffend die neuen Vorschriftenüber die Erteilung der Sicherheitsbescheinigung (§7a Ab-satz 1 Satz 1 AEG), über die Erteilung der zusätzlichennationalen Bescheinigung (§ 7a Absatz 4 Satz 1 AEG)und über die Feststellung des Zugangsrechts im grenz-überschreitenden Personenverkehr (§ 14g AEG) Anpas-

sungen vorgenommen. Eine weitere Änderung betrifftden Umgang mit Baumaßnahmen. Bei den Baumaßnah-men wird zwischen vorhersehbaren Instandhaltungs- undBaumaßnahmen und solchen, die aus Gründen der Si-cherheit des Betriebs sofort durchgeführt werden müssen,differenziert. Etwaige Nutzungseinschränkungen vonSchienenwegen aufgrund vorhersehbarer Instandhal-tungs- und Baumaßnahmen sind im „besonderen Teil“ derSNB (SNB-BT) anzugeben. Um eine bessere Zusammen-arbeit der Betreiber der Schienenwege, insbesondere beider Beantragung von Zugtrassen, zu erreichen und dieBearbeitung dieser zu optimieren, wurden Fristen modifi-ziert und vereinheitlicht. Neben dem allgemeinen Teil derSNB haben die Betreiber von Schienenwegen auch denerwähnten unternehmensspezifischen besonderen Teil derSNB auszuarbeiten. Hierzu wurden Hinweise zur Ausge-staltung erarbeitet, die eine Hilfestellung für die Betreiberder Schienenwege darstellen.

Die Veröffentlichung der Muster-SNB nahm eine Viel-zahl von EIU zum Anlass, ihre SNB neu zu fassen oderzu ändern. Die Änderungen sind der Bundesnetzagenturvorzulegen, die den beabsichtigten Änderungen innerhalbvon vier Wochen widersprechen kann, sofern die Rege-lungen nicht mit den eisenbahnrechtlichen Bestimmun-gen, insbesondere dem diskriminierungsfreien Zugang,vereinbar sind.

Die Anpassungen der SNB spiegelten hauptsächlich dieÄnderungen des VDV-Musters wider. Einen Schwer-punkt ihrer Prüfung legte die Bundesnetzagentur auf dasbetrieblich-technische Regelwerk, soweit es nach Auffas-sung der Bundesnetzagentur Pflichtbestandteil der SNBist (vgl. 2.2.1) und ebenso von der Veröffentlichungs-pflicht erfasst wird. Eine Vielzahl von EVU verweist der-zeit lediglich auf fremde Regelwerke (beispielsweise desVDV oder der DB Netz AG) und nennt schlicht deren Be-zugsquelle. Ein solches Vorgehen wird jedoch nicht alsUmsetzung der Pflicht zur Veröffentlichung der gesamtenSNB anerkannt. Bestimmungen in den Benutzungsbedin-gungen, die einen Verweis auf fremde betrieblich-techni-sche Regelwerke enthalten, wird seitens der Bundesnetz-agentur verbunden mit der Verpflichtung widersprochen,das angewandte betrieblich-technische Regelwerk expli-zit in die SNB aufzunehmen und zu veröffentlichen, so-weit eine wettbewerbliche Relevanz gegeben ist.

2.3 Weitere Verfahren

2.3.1 Betriebszentralen

Die Bundesnetzagentur führte seit 2007 in Zusammenar-beit mit dem Eisenbahn-Bundesamt ein Verfahren gegendie DB Netz AG durch. In diesem ist überprüft worden,ob die alleinige Anwesenheit der DB-EVU in den Be-triebszentralen (BZ) rechtswidrig ist.

Die BZ sind zuständig für die Koordination der Zugbewe-gungen im täglichen Betriebsablauf. Sie ergreifen insbe-sondere Maßnahmen zur Verspätungsbeseitigung. AufGrund der vielen betrieblichen Unregelmäßigkeiten imBahnverkehr durch häufige Abweichungen vom Fahrplanhaben die BZ einen erheblichen Einfluss auf die tatsächli-

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che Durchführung der Zugverkehre. Durch die Anwesen-heit der konzerninternen EVU in den BZ haben diese ei-nen besseren und schnelleren Einfluss auf dieEntscheidungen über die Koordination der Züge als kon-zernexterne EVU. Sie erlangen dadurch erhebliche Vor-teile hinsichtlich der Pünktlichkeit und Kosten ihrer Ver-kehre.

Nach Bewertung der Erkenntnisse aus dem Verfahrenwurde die DB Netz AG nun mit Bescheid vom 26. Fe-bruar 2010 u. a. dazu verpflichtet, interessierten kon-zernexternen EVU je nach Wettbewerbsrelevanz (gemes-sen an den bestellten Trassenkilometern) die Möglichkeiteinzuräumen, Arbeitsplätze in den BZ zu beanspruchen.Zur Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen der Dispo-nenten sollen die EVU, die keinen Arbeitsplatz in den BZeinnehmen, künftig neben dem Ist- und Sollfahrplan ihrereigenen Züge zeitaktuell alle Informationen in anonymi-sierter Form über die sich auf ihrem Laufweg befindli-chen Züge erhalten, die sie zur Beurteilung benötigen(Geschwindigkeit, Halte, Trassenprodukt und Sollfahr-plan). Die EVU sollen darüber hinaus permanent undgleichzeitig alle Informationen über Störungen auf demLaufweg über ein mailbasiertes Informationssystem er-halten.

Die genannten Maßnahmen sind innerhalb einer Frist vonsechs Monaten umzusetzen. Die Verpflichtungen werdenzunächst auf einen Zeitraum von zwei Jahren begrenzt.Nach Ablauf der zwei Jahre wird eine Überprüfung derEntscheidung und ihrer Wirkung vorgenommen. Durchdie Verpflichtungen soll eine Gleichstellung der konzern-internen EVU mit den konzernexternen EVU bewirktwerden.

2.3.2 Trassenportal TPN

Bereits in den SNB für 2010 hatte die DB Netz AG ange-kündigt, Trassenanmeldungen ab dem Netzfahrplan 2011nur noch über das Anmeldesystem „Trassenportal DBNetz“ (TPN) entgegenzunehmen. Die DB Netz AG zogdiese Änderung aufgrund von Interventionen der Bundes-netzagentur und Widerstand von Zugangsberechtigtenaber wieder zurück. Das TPN soll eine umfassende Kom-munikation bei der Trassenanmeldung sicherstellen. Diesbeinhaltet die Abgabe eines Angebots oder die Ableh-nung durch den Eisenbahninfrastrukturbetreiber sowiedie Annahme oder die Ablehnung durch die EVU.

Die Bundesnetzagentur führte seit Anfang 2009 mehrereAnhörungen mit der DB Netz AG zum TPN durch; außer-dem informierte sie sich bei der Schweizerischen Bundes-bahn (SBB) über deren Trassenanmeldesystem NeTS-AVIS, das für mehr Transparenz und Information zuGunsten der EVU sorgt. Bei der Präsentation des TPNdurch die DB Netz AG stellten sich unterschiedliche Zu-gangswege für die EVU heraus: Der Zugang erfolgt fürexterne EVU über den Internetzugang und für interneEVU über das Intranet. Eine Ungleichbehandlung durchdie Zugangswege kann daher nicht ausgeschlossen wer-den. Die Bundesnetzagentur fordert gleiche Zugangs-wege zum TPN und ein sich selbsterklärendes sowie andie Begrifflichkeiten der EIBV angepasstes Handbuch.Außerdem wird die Beschränkung der Eingaben im TPN

auf das Notwendigste, die transparente und umfassendeBekanntgabe von Updates, der Versand eines elektroni-schen Nachweises über den Eingang einer Trassenanmel-dung bei der DB Netz AG und die Aufnahme des Hand-buchs in die SNB verlangt.

Trotz des noch laufenden Diskussionsprozesses stellte dieDB Netz AG ihre beabsichtigten TPN-Änderungen denEVU zur aktuellen SNB-Stellungnahme im Internet bereitund bekräftigte damit ihre Absicht, das System zur aus-schließlichen Anmeldung zum Netzfahrplan 2011 einzu-führen. Einige EVU erklärten nochmals ihre Bedenken,und auch die Bundesnetzagentur wiederholte ihre Forde-rungen. Als Reaktion darauf hat die DB Netz AG in dennach § 14d AEG bei der Bundesnetzagentur vorgelegtenÄnderungen zu den SNB 2011 die beabsichtigte verbind-liche Einführung TPN komplett entfernt.

2.3.3 ÜberlastungsverfahrenEines der wichtigsten Grundsatzthemen für den Zugangzu Schienenwegen ist die Kapazität des Netzes. Zahlrei-che Strecken und Verkehrsknoten im Schienennetz sindnach allgemeiner Brancheneinschätzung weitgehend aus-gelastet und können somit nennenswerte Neuverkehre garnicht aufnehmen. Zwei Vorgänge zeigen die zunehmendeBedeutung der Überlastungsproblematik auf:

– Die EU plant mittels einer Verordnung die „Schaffungeines europäischen Schienennetzes für einen wettbe-werbsfähigen Güterverkehr“, wozu binnen drei bisfünf Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung inDeutschland drei Güterverkehrskorridore einzurich-ten sind. Das Problem der Überlastung wird sich aufdiesen Korridoren noch verschärfen. Insbesondere derKorridor Amsterdam – Rheinschiene – Schweiz –Mailand betrifft Schienenstrecken, die als Verbindun-gen zwischen und in den größten deutschen Ballungs-räumen erhebliche Bedeutung nicht nur für den Güter-,sondern auch für den Personennah- und -fernverkehrhaben und im Mischverkehr bereits heute weitgehendausgelastet sind.

– Ende des Jahres 2009 wurde deutlich, dass sich zweinicht zum DB-Konzern gehörende Wettbewerber mit-tels Rahmenverträgen um Schienenwegkapazität fürden Schienenpersonenfernverkehr von Hamburg überden Rhein-Ruhr-Raum bis in den Raum Frankfurt be-mühen, so dass infolgedessen Trassenkonflikte dro-hen. Ein ähnlich gelagerter konkreter Trassenkonflikttrat bereits bei der Netzfahrplanvergabe für 2011 aufder Strecke Düsseldorf–Duisburg–Essen auf.

Wie mit Überlastungen im Schienennetz umzugehen ist,ist in den §§ 16 bis 18 der EIBV geregelt: Der betroffeneBetreiber des Schienenwegs ist verpflichtet, überlasteteSchienenwege unverzüglich der zuständigen Aufsichtsbe-hörde und der Bundesnetzagentur mitzuteilen und diesein den SNB zu veröffentlichen. In den SNB 2011 ist diesfür die Strecken (Frankfurt-)Hailer-Meerholz–Fulda unddie Oberrheinstrecke Offenburg–Weil am Rhein (ohneUmfahrung Freiburg) erfolgt.

Anschließend an die Überlastungsmitteilung sind jeweilsbinnen eines halben Jahres eine Kapazitätsanalyse durch-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93 – Drucksache 17/4630

zuführen und ein Plan zur Erhöhung der Schienenwegka-pazität (PEK) vorzulegen. Auch diese Maßnahmen sinderfolgt, wobei allerdings keine neuen Erkenntnisse erwar-tet werden konnten, da beide Strecken ohnehin bereits imRahmen der Bundesverkehrswegeplanung bearbeitetbzw. ausgebaut werden. Interessant waren insofern nurbetriebliche Maßnahmen, insbesondere die Ausweisungvon Umleitungsstrecken und die Vorgabe von Fahrzeiten.Die entsprechenden Vorschläge wurden seitens der Bun-desnetzagentur geprüft und nach Zustimmung in die SNB2011 aufgenommen, während dem DB-Netz-Wunsch desAusschlusses aller Züge ohne die Zugleitsysteme LZBCIR ELKE II bzw. einer Nachrangigkeit der entsprechen-den Züge auf der Oberrheinstrecke nicht zugestimmtwurde: Zum einen wäre der Kapazitätsgewinn nur margi-nal und zum anderen wegen des Ausschlusses einigerWettbewerber nicht angemessen gewesen. Falls in dieserHinsicht Probleme auftreten, lösen sie sich möglicher-weise bereits in naher Zukunft durch Nachrüstung derentsprechenden Züge. Bei einem konkreten Konfliktdürften schnellere, weniger Kapazität verbrauchendeZüge ohnehin über die Priorisierung bei der Trassenver-gabe zum Zuge kommen.

Nach wie vor gilt jedoch, dass trotz der großen Be- undmöglicherweise Überlastung des deutschen Schienennet-zes die entsprechenden Mitteilungen seitens der DB NetzAG nur sehr zurückhaltend erfolgen. So räumte die DBNetz AG zwar ein, dass sie auf der Strecke Düsseldorf–Duisburg–Essen Trassen nicht vergeben konnte, wollteaber dennoch keine Überlastungsmitteilung abgeben.Eine Verfahrensanweisung, die im Jahr 2009 zusammenmit dem Eisenbahn-Bundesamt überarbeitet worden ist,sieht vor, dass die DB Netz AG ihr Schienennetz zunächstim Hinblick auf Überlastungen detektiert und dabei vor-gegebene Parameter anwendet sowie mögliche Ausnah-men prüft, um dann das Ergebnis für eine „Erstanalyse“vorzulegen, bei der sie ihre Position gegenüber den bei-den beteiligten Behörden vorträgt. Die Behörden habeninzwischen nach Prüfung eine Überlastungsmitteilung fürdie Strecke Düsseldorf–Duisburg–Essen verlangt.

Festzuhalten bleibt, dass die Ausweisung überlasteterSchienenwege bisher nicht die bestehenden Diskrepanzenzwischen Markterfordernissen und Kapazität des Schie-nennetzes abbildet. Die Bundesnetzagentur führt daherintensiv Gespräche mit dem Eisenbahnbundesamt und derDB Netz AG mit dem Ziel, eine Verbesserung der gegen-wärtigen Methodik zu erreichen.

2.3.4 Sicherstellung eines ununterbrochenen Eisenbahnbetriebes im Falle der Ver-pachtung/Verkauf einer Eisenbahnstrecke

Die Bundesnetzagentur eröffnete im Jahr 2009 ein Netz-zugangsverfahren gegen ein EIU wegen des Verdachtsder faktischen Netzzugangsverweigerung durch Verpach-tung bzw. Verkauf einer Eisenbahnstrecke an ein anderesEIU, das nicht die genehmigungsrechtlichen Vorausset-zungen des § 6 bzw. § 7f AEG erfüllte und somit keinenNetzzugang zur betreffenden Strecke gewähren konnte.

Das bislang die Eisenbahnstrecke betreibende EIU stelltebei der zuständigen Eisenbahngenehmigungsbehörde ei-

nen Antrag auf Einschränkung der Genehmigung nach§ 6 AEG bezüglich der zu verpachtenden Strecke und er-hielt per Bescheid die gewünschte Änderung der Be-triebsgenehmigung. Durch die antragsgemäße Einschrän-kung der Genehmigung nach § 6 AEG durfte dasursprünglich die Strecke betreibende EIU diese Eisen-bahnstrecke nun nicht mehr betreiben. Das EIU, das diebetreffende Strecke bereits von dem bislang die Streckebetreibenden EIU angepachtet hatte, verfügte jedoch zu-nächst weder über eine Genehmigung nach § 6 AEG nochüber eine Genehmigung nach § 7f AEG. Während nacheiniger Zeit eine Genehmigung nach § 6 AEG erteiltwurde, konnte eine Genehmigung nach § 7f AEG wegenunvollständiger Antragsunterlagen nicht erteilt werden.

Da bei der Einschränkung der Betriebsgenehmigung desersten EIU nicht die Voraussetzungen eines ununterbro-chenen Betriebes der betroffenen Eisenbahninfrastrukturgeprüft bzw. berücksichtigt worden waren, entstand ein– rechtlich nicht zulässiger – Zustand, der trotz Verpflich-tung zur Zugangsgewährung gemäß § 14 Absatz 1 AEGzur faktischen und sachlich nicht gerechtfertigten Verwei-gerung des Netzzuganges führte. Aus Sicht der Bundes-netzagentur muss bei Erteilung, Rücknahme oderEinschränkung von eisenbahnrechtlichen Betriebsgeneh-migungen sichergestellt werden, dass eine bestehendeVerpflichtung zur Netzzugangsgewährung nicht beein-trächtigt oder faktisch ausgeschlossen wird. Außerdem istnach Auffassung der Bundesnetzagentur durch die zu-ständige Eisenbahngenehmigungsbehörde zu prüfen, obdas EIU, welches eine Eisenbahninfrastruktur pachtetoder kauft, über die notwendigen Genehmigungen ver-fügt bzw. diese zeitnah nach Übernahme der Eisenbahn-infrastruktur erhalten wird.

Der vorliegende Sachverhalt war auch Gegenstand einerkleinen Anfrage einer Bundestagsfraktion im DeutschenBundestag. Die anfragende Bundestagsfraktion sah indem Verhalten des verpachtenden EIU einen Verstoß ge-gen die Verpflichtung zur Gewährleistung des diskrimi-nierungsfreien Eisenbahninfrastrukturzuganges nach § 14Absatz 1 AEG.

Die zuständige Eisenbahngenehmigungsbehörde teiltedaraufhin mit, dass das betroffene EIU künftig durch eineentsprechende Gestaltung der Pacht- bzw. Kaufverträgesicherstellen wolle, dass nicht durch eine zögerliche Auf-nahme des Betriebes der Netzzugangsanspruch Dritter un-terlaufen wird. Die Bundesnetzagentur wird auch künftigmittels Netzzugangsverfahren Sachverhalte hinsichtlichfaktischer Netzzugangsverweigerung durch Betreiber, dienicht über eine entsprechende Betriebsgenehmigung ver-fügen, prüfen und erforderlichenfalls beanstanden.

2.3.5 Abbau systematischer Verspätungen durch Korrektur regionaler Dispositionsregeln

Anfang 2009 schaltete ein EVU die Bundesnetzagenturein, weil es mit seinem Nahverkehrszug seiner Meinungnach immer wieder durch falsche Disposition vermeid-bare Verspätungen erfuhr. Der Reisezug eines mit demBetreiber der Schienenwege verbundenen EVU traf wie-derkehrend mit erheblicher Verspätung an der vorgesehe-

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nen Überholstrecke ein. Gleichwohl erhielt der Zug desBeschwerdeführers nicht die Möglichkeit, weitgehendpünktlich zu fahren oder sich – bei gleichzeitiger Verrin-gerung der Verspätung – im späteren Streckenverlaufüberholen zu lassen, obwohl die dafür benötigte Infra-struktur vorhanden ist. Die Bundesnetzagentur regte da-raufhin nicht nur die Überprüfung der regionalen Disposi-tionsregeln, sondern vor allem auch regelmäßigeLagebesprechungen in der Betriebszentrale zur Lösungsolcher Probleme an.

In der Folge kam es zu einer einvernehmlichen Problem-lösung zwischen den betroffenen EVU, der sich schließ-lich auch das zuständige EIU anschloss, indem es denAufbau eines zusätzlichen Blocksignals im längsten Zug-meldeabschnitt für beide Richtungen binnen der nächsten13 Monate zusagte. Die neuen Dispositionsvereinbarun-gen ermöglichten daraufhin die Einstellung des Verfah-rens nach § 14c AEG.

2.3.6 Sicherung des Netzzugangs eines kleinen Eisenbahninfrastruktur- und -verkehrs-unternehmens

Ein kleineres Eisenbahnunternehmen, das sowohl alsEVU als auch als EIU tätig ist, beschwerte sich darüber,dass auf Grund von Taktverdichtungen im Schienenper-sonennahverkehr bzw. auf Grund der zusätzlichen Bele-gung einer Strecke der DB Netz AG ab dem Fahrplanjahr2010 seine eigene Infrastruktur von den Gleisen der DBNetz AG aus nicht mehr zu marktgerechten Zeiten er-reichbar wäre. Betroffen wären zahlreiche Fahrten von ei-nem Rangierbahnhof in das Streckennetz des kleinen EIUgewesen, wobei sowohl Fahrten des EVU selbst sowieFahrten anderer EVU nicht mehr hätten durchgeführtwerden können. Diese Fahrten werden überwiegend alsRangierfahrten durch einen wichtigen Hauptbahnhof ge-führt und kreuzen dabei zahlreiche andere Verkehre bis hinzum Fernverkehr. Damit waren sowohl Aspekte von Netz-zugang als auch von Kapazität/Überlastung angesprochen,so dass die Bundesnetzagentur ein Netzzugangsverfahreneröffnete. Nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen,insbesondere dem Infrastrukturanschlussvertrag, wurdeknapp drei Wochen später eine Anhörung in einer nahenAußenstelle der Bundesnetzagentur durchgeführt.

Als kurzfristige Lösung wurden die Rangierfahrten fürden nächsten Netzfahrplan trotz der hohen Zugdichte si-chergestellt. Anschließend fanden weitere Gesprächestatt, um für das Problem eine mittel- bis langfristige Lö-sung zu erreichen. Anfang 2010 hat das betroffene Unter-nehmen mitgeteilt, dass inzwischen Zeitfenster gefundenund fixiert worden sind, die im täglichen Betrieb die not-wendigen Verbindungsfahrten zwischen beiden Netzensichern und für den Betrieb in angemessener Qualität sor-gen. Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt.

2.3.7 Gewährung von Trassen mit beantragter Zuglänge eines Güterverkehrs-unternehmens

Ende August wandte sich ein EVU mit einer Beschwerdean die Bundesnetzagentur. Das EVU beförderte im lau-fenden Netzfahrplan regelmäßig Güterzüge mit einer

Zuglänge von 600 Metern zwischen zwei großen deut-schen Städten. Das Unternehmen beantragte auch für denkommenden Netzfahrplan diese Zuglängen in der glei-chen Relation und erhielt dafür von der DB Netz AG eineAblehnung. Die DB Netz AG bot dem Cargounterneh-men Fahrpläne für kürzere Züge an. Das EVU teilte derBundesnetzagentur daraufhin mit, dass eine kürzereZuglänge als die beantragte dazu führen würde, dass derVerkehr nicht mehr rentabel sei.

Die Bundesnetzagentur leitete daraufhin ein Netzzu-gangsverfahren ein. Im Zuge dieses Verfahrens prüfte sieeingehend den Sachverhalt und erließ Anfang Septembereinen Bescheid gegen die DB Netz AG. Hierin wurde dieDB Netz AG verpflichtet, dem EVU die beantragteZuglänge uneingeschränkt zu gewähren. In mehrerenfachlichen Gesprächen mit der DB Netz AG wurde dieAngelegenheit besprochen und eine Lösungsmöglichkeitgesucht. Dies führte letztlich zum Erfolg. Der Bescheidwurde umgesetzt. Zwischen der DB Netz AG und demEVU konnte auch für den anschließenden Netzfahrplaneine Vereinbarung für die gewünschte Zuglänge geschlos-sen werden.

2.4 Sonstige Aktivitäten

2.4.1 Grenzüberschreitender Personenverkehr

Zum 1. Januar 2010 wurde der Markt für den internatio-nalen Personenverkehr gemäß der Richtlinie 2007/58/EGgeöffnet. Ziel der Richtlinie ist die Förderung des Wettbe-werbs zwischen den EVU; sie gewährt allerdings keineZugangsrechte für das Erbringen von Eisenbahnverkehrs-leistungen im gesamten Personenverkehr, sondern nur fürden grenzüberschreitenden Personenverkehr einschließ-lich des Rechts, Fahrgäste an Zwischenhalten aufzuneh-men oder abzusetzen. Dieses eingeschlossene Recht darfaber nicht benutzt werden, um eine generelle Marktöff-nung zu bewirken. Aus diesem Grund erhalten EVU nurdann Anspruch auf Zugang, wenn der Hauptzweck ihrerVerkehrsleistung darin besteht, Fahrgäste grenzüber-schreitend zu befördern. Vereinfacht ausgedrückt, solltenalso mindestens 50 Prozent der Fahrgäste des jeweiligenZuges grenzüberschreitend unterwegs sein.

In Umsetzung der Richtlinie 2007/58/EG ist seit dem1. Januar 2010 § 14g AEG anzuwenden. Gemäß dieserVorschrift hat derjenige, der beabsichtigt, bei einem EIUden Zugang zur Eisenbahninfrastruktur im grenzüber-schreitenden Personenverkehr (§ 2 Absatz 2b AEG) zubeantragen, mindestens zwei Monate vor der Antragstel-lung schriftlich einen Antrag bei der Regulierungsbe-hörde auf Feststellung der Zugangsberechtigung zu stel-len.

Um auf die entsprechenden Anträge nach § 14g AEG vor-bereitet zu sein, wurden im Jahr 2009 die Vorschrift unddie notwendigen Voraussetzungen erörtert sowie eine Be-standsaufnahme der bereits vorhandenen grenzüber-schreitenden Personenverkehre durchgeführt, um zu prü-fen, inwieweit bei diesen gegebenenfalls Anträge nach§ 14g AEG zu erwarten sind. Betroffen erschienen zu-nächst auch zahlreiche Nahverkehre, obwohl das europäi-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 95 – Drucksache 17/4630

sche Recht nicht wie in Deutschland zwischen Nah- undFernverkehr unterscheidet und die Zielsetzung der Markt-öffnung insbesondere den Fernverkehr betrifft, um dieSchiene im intermodalen Wettbewerb gegenüber demFlugverkehr zu stärken.

Zugangsberechtigt sind neben den EVU auch die Aufga-benträger, welche die ausreichende Bedienung mit Ver-kehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr si-cherzustellen haben (§ 14 Absatz 2 Nummer 3 AEG). DieAufgabenträger können selbst die Zuweisung vonZugtrassen an sich oder an ein EVU beantragen. Außer-dem kann eine Zugangsberechtigung auf der Grundlagezwischenstaatlicher Vereinbarungen (§ 14 Absatz 3 Num-mer 3 i. V. m. Absatz 2 AEG) vorliegen. Das ist regelmä-ßig im grenzüberschreitenden Nahverkehr der Fall, weilsich die Aufgabenträger beiderseits der Staatsgrenzen aufeinen gemeinsamen Nahverkehr verständigt und dazu alszuständige Landesorganisationen entsprechende Verträgeabgeschlossen haben. Ein typischer Fall ist beispielsweiseder Nahverkehr zwischen Leer in Ostfriesland und der be-nachbarten niederländischen Stadt Groningen.

Relevant wird § 14g AEG nur in den Fällen, in denenkeine Zugangsberechtigung gemäß § 14 Absatz 2 und 3AEG gegeben ist und keine zwischenstaatliche Vereinba-rung zwischen Deutschland und dem jeweiligen Nachbar-land vorliegt. In diesen Fällen ist von der Bundesnetz-agentur zu prüfen, inwiefern der Hauptzweck derbetreffenden Eisenbahnverkehrsleistungen in der grenz-überschreitenden Personenbeförderung liegt. Gesetzlichvermutet wird der Hauptzweck lediglich für den Fall,dass die Mehrzahl der Beförderungen grenzüberschrei-tend erbracht wird. Denkbar wäre auch eine Beurteilungauf der Grundlage der Umsätze: GrenzüberschreitendeFahrgäste sind eher länger unterwegs, so dass die Fahr-gelderlöse durch sie tendenziell höher als bei Fahrgästensind, die nur innerstaatlich unterwegs sind.

Nach erster Einschätzung ist jedoch davon auszugehen,dass die Vorschrift in der Praxis kaum zur Anwendunggelangen wird: Sobald ein ausländisches EVU eine Ge-sellschaft mit Sitz in Deutschland gründet, ist es bereitsaus diesem Grund zugangsberechtigt (§ 14 Absatz 2Nummer 1 AEG). Nahezu alle ausländischen EVU, diepotentiell an grenzüberschreitenden Personenverkehreninteressiert sein könnten, verfügen also über ihre Tochter-unternehmen in Deutschland bereits über den Netzzugangund müssen ihn nicht eigens nach § 14g AEG beantragen.

Zudem ist unter den verkehrlichen RahmenbedingungenDeutschlands ein Verkehr, bei dem mindestens 50 Prozentder Fahrgäste den jeweiligen Zug zur Grenzüberschrei-tung nutzen, nicht wirtschaftlich darstellbar. Selbst aufLinien wie Amsterdam–Utrecht–Arnheim–Oberhausen–Duisburg–Düsseldorf–Köln–Frankfurt Flughafen– Frank-furt Hauptbahnhof, die im zweistündlichen ICE-Verkehrin Kooperation zweier Staatsbahnen angeboten wird, istdie Summe der Fahrgäste, die im „Binnenverkehr“ in denNiederlanden oder in Deutschland unterwegs sind, signi-fikant größer ist als die Summe der Fahrgäste, die interna-tional unterwegs sind.

3 Zugang zu Serviceeinrichtungen

3.1 Überblick und Stand der Öffnung von Serviceeinrichtungen

Der Rückgang des Transportaufkommens im Schienengü-terverkehr in 2009 sowie die steigende Zahl der Zusam-menschlüsse von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)zeigen deutlich, wie empfindlich der Schienengüterver-kehr auf Marktbewegungen reagiert. Gerade hier gilt es,durch eine erfolgreiche Regulierung, insbesondere auchin Serviceeinrichtungen, den Wettbewerb für die Zukunftnachhaltig zu stärken.

Die Bundesnetzagentur hat das Jahr 2009 genutzt, einigegrundsätzliche Fragestellungen der Nutzung von Service-einrichtungen zu beleuchten. Es sind wesentliche Weichenhin zu mehr Transparenz und Diskriminierungsfreiheit beider Nutzung von Serviceeinrichtungen gestellt worden. Sowurde z. B. die Nutzung von Serviceeinrichtungen der DBNetz AG zur Zugbildung und Zugauflösung, insbesonderein Rangierbahnhöfen, eingehend geprüft und mit der DBNetz AG diskutiert (vgl. Kapitel 3.4.1).

Die Prüfung der Einhaltung der eisenbahnrechtlichenVorgaben zur diskriminierungsfreien Zugangsgewährungbei Serviceeinrichtungen bildet parallel zu den Aufgabenim Bereich des Zugangs zu Schienenwegen einenSchwerpunkt der Arbeit der Bundesnetzagentur. Eisen-bahninfrastrukturunternehmen (EIU), die Serviceeinrich-tungen nach § 2 Absatz 3c Allgemeines Eisenbahngesetz(AEG) betreiben, haben im Rahmen der eisenbahnrechtli-chen Vorgaben Zugang zu ihrer Eisenbahninfrastrukturund den damit verbundenen Leistungen zu gewähren.Hierfür müssen sie Nutzungsbedingungen für Serviceein-richtungen (NBS) aufstellen. Mit der Prüfung der NBSund dem Tätigwerden der Behörde bei konkreten Ver-dachtsmomenten hinsichtlich Verstößen gegen die Zu-gangsrechte, z. B. aufgrund von Beschwerden derZugangsberechtigten, lassen sich die wesentlichen Hand-lungsfelder der Bundesnetzagentur skizzieren.

Im Berichtzeitraum hat die Bundesnetzagentur eine Viel-zahl von NBS unterschiedlichster Betreiber von Service-einrichtungen geprüft, die ihrer Aufforderung zur Auf-stellung von NBS im Jahr 2008 gefolgt sind. Die Anzahlder im ex-ante-Verfahren geprüften NBS ist erneut starkgestiegen. Die EIU haben durch regulierungskonformeAnpassung ihrer beabsichtigten NBS im Rahmen der An-hörung häufig einen Widerspruch der Bundesnetzagenturvermieden.

Bei der Prüfung von NBS hat die Bundesnetzagentur, wieauch im letzten Jahr, Schwerpunkte gebildet bzw. weiterbeibehalten, die in diesem Jahr insbesondere auch um for-male Aspekte der Prüfung von NBS ergänzt wurden (vgl.Kapitel 3.2.1). Daneben waren auch in 2009 die NBS vonHäfen und Terminals als wesentliche Schnittstelle im in-termodalen Güterverkehr wieder von Bedeutung. Im Fo-kus stand dabei die Frage, wie das Auseinanderfallen vonKran- und Gleisbetreiber in einem Terminal behandeltwerden muss (vgl. Kapitel 3.2.2).

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Zudem wurde die Entwicklung von transparenten Zu-gangsbedingungen als Voraussetzung für die Zugangsge-währung zu Wartungseinrichtungen (vgl. Kapitel 3.2.3)weiter vorangetrieben. Hier konnten auch ohne rechtlicheAuseinandersetzungen weitere Erfolge für die Entwick-lung des Wettbewerbs auf der Schiene erzielt werden.

Auch im Bereich der Personenbahnhöfe konnte die Doku-mentation der dem Wettbewerb zur Verfügung stehendenAnlagen wesentlich erweitert werden (vgl. Kapitel 3.2.5).

In 2009 wurden für die Prüfung von NBS wesentlicheAuffassungen der Bundesnetzagentur in einem Gerichts-verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln (VG Köln)bestätigt (vgl. Kapitel 5.5).

Die Bundesnetzagentur stellt in den folgenden Abschnit-ten ausgewählte NBS-Prüfungen bzw. Zugangsverfahrensowie weitere Aktivitäten vor.

3.2 Prüfung von NBS

Die Aufforderung der Bundesnetzagentur aus dem Jahr2008 zur Aufstellung von Nutzungsbedingungen hat eineVielzahl kleiner und mittelständischer EIU veranlasst, in2009 die NBS für ihre Serviceeinrichtungen nach § 14dSatz 1 Nummer 6 AEG mitzuteilen. Die Bundesnetzagen-tur richtet in diesem Zusammenhang ihr Augenmerk auchauf größere Unternehmen, in denen sich unterschiedlichekleine und mittelständische EIU vereinen, wie z. B. dieVeolia-Gruppe. Durch die Zusammenfassung vieler Be-treiber erhöht sich die Wettbewerbsrelevanz.

3.2.1 Formale Gesichtspunkte bei der Prüfung von Nutzungsbedingungen

Trotz der deutlichen Hinweise der Bundesnetzagentur inihrem Anschreiben in 2008 ist im Hinblick auf die Fris-tenlage zur Veröffentlichung, Mitteilung und dem Inkraft-treten von NBS nach der Eisenbahninfrastruktur-Benut-zungsverordnung (EIBV) bei einigen EIU nach wie vorein Informationsbedarf erkennbar. Grundsätzlich gilt es,Abweichungen des von der EIBV vorgesehenen Fristen-laufs zu vermeiden, da nur bei Einhaltung dieser Forma-lien die Beteiligung der Zugangsberechtigten und derenrechtzeitige Information vor der Planung von Verkehrenund der Anmeldung von Kapazitäten sichergestellt wer-den können.

Ein Abweichen von den eisenbahnregulierungsrechtlichvorgesehenen Fristen verzögert regelmäßig ein Inkrafttre-ten der beabsichtigten NBS bzw. deren Änderung. EineAnpassung der NBS außerhalb des verordnungsrechtli-chen Verfahrens lässt die Bundesnetzagentur zu, wennschnellstmöglich schwerwiegende Fehler in den NBS be-seitigt oder fehlende Pflichtbestandteile in den NBSergänzt werden sollen, z.B wenn aus Gründen der Eisen-bahn-Betriebssicherheit eine Änderung der entsprechen-den Regeln erforderlich wird, das EIU neu auf dem Marktauftritt oder neu errichtete Eisenbahninfrastruktur in derInfrastrukturbeschreibung aufzunehmen ist. Eine zeit-nahe, den Wettbewerb fördernde Anpassung sollte bei der

Beseitigung gravierender Mängel nicht durch das engeFristenkorsett der EIBV verhindert werden.

Bereits durch rechtliche Vorgaben sind unwesentlicheÄnderungen in NBS nach § 4 Absatz 7 EIBV von derEinhaltung von Fristen befreit.

Die DB Netz AG teilte im Juni 2009 Änderungen in ih-rem betrieblich-technischen Regelwerk gemäß § 14dSatz 1 Nummer 6 AEG mit. Ein sofortiges Inkrafttretenvor dem sich verordnungsrechtlich ergebenden Zeitpunktwar aufgrund der Sicherheitsrelevanz der vom Eisen-bahn-Bundesamt angeordneten Änderungen erforderlich.

Bei einigen Änderungen konnte auch davon ausgegangenwerden, dass es sich um unwesentliche Änderungen imSinne von § 4 Absatz 7 EIBV gehandelt hat. In diesemwie auch in einem weiteren Verfahren musste die Bundes-netzagentur nachdrücklich darauf hinweisen, dass ihr einePrüfungskompetenz zukommt, ob es sich um eine we-sentliche oder eine unwesentliche Änderung handelt. § 4Absatz 7 EIBV entbindet die EIU nicht von ihrer Mittei-lungspflicht (§ 14d Satz 1 Nummer 6 AEG).

In einigen Fällen musste die Bundesnetzagentur daraufhinweisen, dass allein die Mitteilung, dass eine beabsich-tigte Neufassung oder Änderung der NBS im Bundesan-zeiger bzw. Internet veröffentlicht wurde, nicht ausreicht,um als Mitteilung nach § 14d Satz 1 Nummer 6 AEG dieVier-Wochen Prüfungsfrist der Bundesnetzagentur (§ 14eAbsatz 1 Nummer 4 AEG) in Gang zu setzen. Vielmehrist die Übersendung der beabsichtigten Neufassung inklu-sive der gültigen Entgeltliste erforderlich. Werden Ände-rungen vorgelegt, sind diese kenntlich zu machen. Durchsynoptische Darstellung mit einer Begründung ist es derBundesnetzagentur möglich, ihrem Überwachungsauftraggerecht zu werden und eine Prüfung der Eisenbahnrechts-konformität in der kurz bemessenen Prüfungsfrist vorzu-nehmen.

3.2.2 Terminals und Häfen

Bei den Prüfungen von NBS lag auch im Jahr 2009 ein Au-genmerk der Bundesnetzagentur auf den Nutzungsbedin-gungen von Häfen und Terminals. Der Fokus richtete sichdieses Jahr besonders auf die Vergabe und Verwaltung vonNutzungskapazitäten und den Betrieb der Infrastrukturen.Im Rahmen der Umsetzung eines in 2008 erlassenen Be-scheides hat die Bundesnetzagentur die Neugestaltung derNutzungsbedingungen der EUROGATE Container Termi-nal Bremerhaven GmbH (Eurogate) in Bezug auf einediskriminierungsfreie Benutzung des IT-Systems zur Dis-position von Containern, auf das zur Betriebsabwicklungvon den Zugangsberechtigten zugegriffen wird, intensivbegleitet. Besonders wichtig war, dass die Eurogate ge-genüber den Zugangsberechtigten nicht aus der Verant-wortung als EIU für die Erbringung von Eisenbahndienst-leistungen entlassen wird. Ein EIU muss die Leistung,wie z. B. ein für die Nutzung der Infrastruktur unabding-bares IT-System, selbst erbringen, auch wenn ein drittesUnternehmen dieses IT-System auf der Basis vertragli-cher Vereinbarungen mit dem EIU bereitstellt. Außerdemist zu gewährleisten, dass das IT-System allen Zugangs-

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berechtigten mit gleicher Funktionalität zur Verfügungsteht.

Im Übrigen haben die Bremische Hafeneisenbahn als Be-treiberin der zwischen den Terminals und der DB NetzAG gelegenen Eisenbahninfrastruktur in Bremerhavenund die Eurogate eine Vereinbarung über die Koordinie-rungen und Konfliktlösungen für die jeweiligen Infra-strukturen getroffen, um die optimale Auslastung ihrerEisenbahninfrastruktur zu gewährleisten. Hier sind in2009 erhebliche Fortschritte erzielt worden.

Die Prüfung der Neufassung der NBS der BremischenHafeneisenbahn für Eisenbahninfrastruktur auf dem Ge-lände der Bremer Häfen hat jedoch gezeigt, dass die Re-gelungen zur Konfliktlösung und die Verantwortung fürden Anmeldeprozess in Abstimmung mit den Regelungenin den NBS der Eurogate erneut betrachtet werden müs-sen. Entscheidend ist, dass der Nutzer der Eisenbahnin-frastrukturen erkennen kann, welche eisenbahnbezogenenLeistungen von welchem der beteiligten Unternehmenunter welchen Bedingungen erbracht werden. Es ist aufeine Präzisierung der Regelungen mit den beteiligten Un-ternehmen hinzuwirken.

Eine Besonderheit der Containerterminals in Bremerha-ven ist, dass die Eurogate nicht in allen Terminals auchdie Betreiberin der an bzw. unter den Umschlaganlagenliegenden Gleisinfrastruktur ist. Im Hinblick auf das Aus-einanderfallen von Gleisinfrastrukturbetreiber und Um-schlagbetreiber hat die Bundesnetzagentur unter demStichwort „EIU ohne Gleise“ hervorgehoben, dass auchder Betreiber von Umschlaganlagen zur Verladung vonGütern auf die bzw. von der Schiene auch dann als Termi-nalbetreiber im Sinne von § 2 Absatz 3c Nummer 3 AEGanzusehen ist, wenn er selbst nicht die Gleise, sondernnur die Umschlaganlage betreibt bzw. die Umschlagleis-tung erbringt. Dies ergibt sich daraus, dass in Serviceein-richtungen die Erbringung der verkehrstypischen Leistun-gen regelmäßig im Vordergrund der Nutzung durch dieZugangsberechtigten steht. Dieses Auseinanderfallen derBetreibereigenschaft ist auch bei anderen Terminalbetrei-bern zu beobachten. Auch hier begleitete die Bundesnetz-agentur die Erstellung der NBS.

3.2.3 WartungseinrichtungenNach dem erfolgreichen Ausgang der Verfahren gegendie DB Regio AG, in dem die Verpflichtung zur Zugangs-gewährung und zur Aufstellung sowie Vorgaben zur Aus-gestaltung von NBS für die von ihr betriebenen Werkstät-ten bestätigt wurden, hat die Bundesnetzagentur weitereEisenbahnunternehmen zur Aufstellung von NBS für de-ren Wartungseinrichtungen aufgefordert. Diese sind derAufforderung bis auf eine Ausnahme nachgekommen.Über die inhaltliche Ausgestaltung der NBS, insbeson-dere im Hinblick auf den Detaillierungsgrad der Leis-tungsbeschreibung, besteht zwischen den Verfahrensbe-teiligten aber noch Uneinigkeit. In Abhängigkeit desAusgangs des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens gegen-über der DB Regio AG (vgl. Tätigkeitsbericht 2008Teil II, Abschnitt 5.1) wird die Bundesnetzagentur eineweitere Präzisierung der NBS einfordern. Soweit von den

anmeldenden EVU detaillierte Angaben bei der Nut-zungsanmeldung gefordert werden, ist zu berücksichti-gen, dass die Betreiber der Wartungseinrichtungen auchin Konkurrenz zu den Anmeldern stehen. Hier ist daraufzu achten, die Einhaltung der in § 5 Absatz 2 EIBV ver-ankerten Schutzrechte sicher zu stellen.

3.2.4 DB Netz AG – NBS 2011Am 20. Oktober 2009 reichte die DB Netz AG ihre beab-sichtigten Änderungen der NBS 2011 gemäß § 14d Satz 1Nummer 6 AEG zur Prüfung bei der Bundesnetzagenturein. Ebenso wie hinsichtlich der Schienennetz-Benut-zungsbedingungen (SNB) beabsichtigte sie auch hier,zahlreiche ihrer Konzern-Richtlinien aus den NBS he-rauszunehmen. Die genannten Verfahren sind insoweitwesensgleich. Es wird daher auf die Darstellung zu denSNB (vgl. Kapitel 2.2.1 und Kapitel 5.6) verwiesen.

Für den Bereich der NBS kommen dabei die gleichenErwägungen zum Tragen wie für die SNB. Die Zugangs-relevanz von Regelungen beurteilt sich danach unter an-derem anhand ihrer Bedeutung für die betriebswirtschaft-lichen Entscheidungen der Zugangsberechtigten sowiefür die Betriebssicherheit der Eisenbahninfrastruktur.

Mit Ausnahme derjenigen Teile der Richtlinien, auf derenKenntnis die Zugangsberechtigten vor einem Zugangsbe-gehren nicht unmittelbar angewiesen sind, hat die Bun-desnetzagentur daher mit Bescheid vom 17. November2009 der Herausnahme der Richtlinien aus den NBS wi-dersprochen. In Sachen SNB und NBS erging insoweitein einheitlicher Bescheid, gegen den die DB Netz AGWiderspruch einlegte und einen Eilantrag auf Anordnungder aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs stellte(vgl. Kapitel 5.6 zum Fortgang des gerichtlichen Verfah-rens).

3.2.5 PersonenbahnhöfeDie Bundesnetzagentur hat 2009 die Neufassung der NBSder Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG) überprüft.Dieses Unternehmen ist nach der DB Station&ServiceAG der zweitgrößte Betreiber von Stationen für den Per-sonenverkehr (ca. 180 Bahnhöfe und Halte) in Deutsch-land. Die Bundesnetzagentur hat das Unternehmen ver-pflichtet, das betrieblich-technische Regelwerk, dessenEinhaltung den Nutzern der Eisenbahninfrastruktur ver-bindlich vorgeschrieben wird, in die NBS aufzunehmenund den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zuveröffentlichen. Durch die Begleitung des Verfahrens zurAufstellung der NBS konnte die Bundesnetzagentur we-sentliche Verbesserungen u. a. im Bereich der Kapazitäts-zuweisung und bei der Reisendeninformation (Rechteines EVU, ggf. eigene optische oder akustische Informa-tionsmedien zu installieren) erreichen. Von einer förmli-chen Verpflichtung der AVG hinsichtlich dieser Punktekonnte daher abgesehen werden.

Auf Grund eines von Amts wegen eingeleiteten Verfah-rens nach § 14f Absatz 1 AEG hat die DB Station&Ser-vice AG NBS für die von ihr gegenwärtig in sieben deut-schen Städten (u. a. Berlin, Düsseldorf, Hamburg und

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München) betriebenen Terminals für die Abfertigung vonsog. Autoreisezügen aufgestellt. Solche Züge ermögli-chen es dem Reisenden, einen Teil der Reisestrecke perZug und andere Teilstrecken per KFZ zurückzulegen.Durch die öffentlich zugänglichen NBS verfügen Wettbe-werber nun über die Möglichkeit, sich über Kapazität undNBS der Autozug-Terminals zu informieren und ggf. al-ternative Autozug-Verkehrsangebote im Vergleich zurDB AutoZug GmbH zu entwickeln.

Ein weiteres Verfahren betrifft die Aufstellung von NBSfür die Verladeeinrichtungen der Autozugverbindungzwischen Niebüll und Westerland (Sylt). Betreiberin derEinrichtungen zur Abfertigung dieses Verkehrs ist die DBAutoZug GmbH. Die Bundesnetzagentur geht davon aus,dass auch dieses Unternehmen eisenbahnrechtlich dazuverpflichtet ist, NBS für die Nutzung der Terminals inNiebüll und Westerland durch andere Zugangsberechtigtezu veröffentlichen. Sie hat deshalb ein hierauf gerichtetesVerfahren eröffnet. Das Bestehen einer entsprechendenVerpflichtung wird von der DB AutoZug GmbH derzeitnoch bestritten.

3.3 Zugang zu Serviceeinrichtungen

Ausgehend von dem in 2008 mit dem Verband DeutscherVerkehrsunternehmen (VDV) entwickelten Begriff derVerlader-Gemeinschaft hat die Bundesnetzagentur insbe-sondere die Betreiber von Industriestammgleisen zur Ge-währung des diskriminierungsfreien Zugangs verpflichtetbzw. aufgefordert. Sie hat in 2009 die NBS der IDR BahnGmbH & Co KG überprüft, die diese für ihre Eisenbahn-infrastruktur aufgestellt hat, welche in Düsseldorf Reis-holz unterschiedliche Unternehmen und den Hafen Reis-holz anbindet. Außerdem hat die Bundesnetzagentur diePrüfung weiterer Infrastrukturen von Industrieunterneh-men begonnen, die entweder nicht nur eigene Unterneh-men anbinden oder auf denen sich dem öffentlichenZugang unterliegende Serviceeinrichtungen befinden.Auslöser waren in den meisten Fällen Zugangsbegehrenvon Dritten. Eine abschließende Bewertung steht insbe-sondere mit Blick auf eine Prüfung des Bundesministe-riums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)über die Reichweite des sogenannten Werksbahnprivilegsnoch aus.

3.4 Sonstige Aktivitäten

3.4.1 Rangierbahnhöfe bzw. sonstige Serviceeinrichtungen zur Zugbildung

Die Bundesnetzagentur hat die 2008 begonnene Untersu-chung der Zugangsmöglichkeiten zu Rangierbahnhöfenund anderen Zugbildungsanlagen in 2009 fortgesetzt. DieDB Netz AG demonstrierte der Bundesnetzagentur amBeispiel des Rangierbahnhofs Nürnberg während einerumfangreichen Ortsbesichtigung, die auch die Stellwerks-aktivitäten im laufenden Betrieb umfasste, den Betriebs-ablauf eines Rangierbahnhofs aus Sicht des Infrastruktur-betreibers. Im Anschluss hat die Bundesnetzagenturumfangreiche schriftliche Anhörungen gegenüber der DBNetz AG durchgeführt. Die Bundesnetzagentur sieht ihre

Annahmen im Hinblick auf eine diskriminierende Wir-kung beim Zugang zu Rangierbahnhöfen bzw. anderenZugbildungsanlagen in vielen Punkten bestätigt. DieBundesnetzagentur ist sich aber bewusst, dass das Systemdes Einzelwagenverkehrs, dessen wesentliche Verkehrs-knotenpunkte Rangierbahnhöfe sind, aufgrund seinerStellung im intermodalen Wettbewerb einem starkenDruck ausgesetzt ist und sensibel auf äußere Veränderun-gen reagiert. Um der Thematik mit dem nötigen Augen-maß zu begegnen, sieht sie den optimalen Lösungsansatzdarin, im Austausch mit dem Markt denkbare Maßnah-men zur Verbesserung der wettbewerblichen Situation zuentwickeln und umzusetzen.

Die Bundesnetzagentur wird deshalb zusammen mit einerArbeitsgruppe aus betroffenen EIU und EVU in 2010 re-gulatorisch zulässige Lösungen unter angemessener Be-rücksichtigung gewachsener Strukturen und bestehenderGeschäftsmodelle erörtern, um den diskriminierungs-freien Zugang zu Rangierbahnhöfen und zu sonstigenZugbildungsanlagen zu verbessern und die Wettbewer-berchancen zu erhöhen.

4 Prüfung von Entgelten4.1 Überblick über Aktivitäten der Entgelt-

regulierungNeben der Regulierung des Zugangs zur Eisenbahninfra-struktur hat die Bundesnetzagentur im Berichtszeitraumauch intensiv die Prüfung von Nutzungsentgelten weitervorangetrieben. Für die Zugangsberechtigten stellen diezu entrichtenden Entgelte einen nicht unerheblichen wirt-schaftlichen Faktor dar, der für die Wettbewerbssituationmitentscheidend sein kann. Aus diesem Grund stehen derBundesnetzagentur Befugnisse zur Verfügung, die Ent-gelte eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens (EIU) zuüberprüfen und bei einem Verstoß gegen die gesetzlichenMaßstäbe regulierend einzugreifen. Für Betreiber derSchienenwege sieht das Gesetz einen sogenannten Voll-kostenmaßstab vor. Unter Beachtung der Wettbewerbsfä-higkeit einzelner Marktsegmente haben die Schienen-wegsbetreiber ihre Entgelte so aufzustellen, dass dieinsgesamt dem Unternehmen entstehenden Kosten zuzü-glich einer angemessenen Rendite ausgeglichen werden.In Bezug auf die Entgelte für die Nutzung von Service-einrichtungen bildet das Verbot einer missbräuchlichenWettbewerbsbeeinträchtigung den Kern des Entgeltmaß-stabs.

Die Tätigkeit der Bundesnetzagentur im Jahr 2009 wargeprägt durch den Abschluss eines Verfahrens zur Über-prüfung der Stationspreise der DB Station&Service AG(siehe hierzu Kapitel 4.2.1) sowie der Minderungsrege-lungen der DB Netz AG (siehe hierzu Kapitel 4.2.4 undzum Stand des Gerichtsverfahrens Kapitel 5.2). In beidenFällen genügten die vom Unternehmen eingesetzten Ent-geltregelungen nicht den gesetzlichen Vorgaben, sodassein regulierungsbehördlicher Eingriff erforderlich war. Inanderen Fällen hat die Bundesnetzagentur Ermittlungeneingeleitet, beispielsweise zum von der DB Netz AG er-hobenen Regionalfaktor (siehe hierzu Kapitel 4.3.1). InUmsetzung der gesetzlichen Maßgaben hat die Bundes-

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netzagentur die DB Netz AG verpflichtet, ein Anreizsys-tem anzuwenden. Das Jahr 2009 hat die DB Netz AG ge-nutzt ein neues Anreizsystem einzuführen (siehe Kapitel4.3.2). Darüber hinaus hat die Bundesnetzagentur dieEntgeltregelungen vieler weiterer EIU, auch außerhalbdes DB-Konzerns, überprüft.

4.2 Entgeltprüfungen im Einzelnen4.2.1 DB Station&Service AG – StationspreiseDie Bundesnetzagentur hat mit Bescheid vom 10. De-zember 2009 die Entgelte der DB Station&Service AGfür ungültig erklärt, da diese nicht mit den eisenbahn-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind. Das Unterneh-men muss nun diskriminierungsfreie Entgelte erarbeitenund der Bundesnetzagentur zur Prüfung vorlegen. Mitdieser Entscheidung hat die Bundesnetzagentur das imJahr 2007 eröffnete Verfahren zur Überprüfung des Sta-tionspreissystems vorerst abgeschlossen.

Die Bundesnetzagentur hat festgestellt, dass die Entgeltenicht den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zu-gang zur Eisenbahninfrastruktur entsprechen, maßgeblichweil die Stationspreise nicht in der Weise kostenbasiertgebildet werden, wie es in den Nutzungsbedingungen desUnternehmens (ABP) beschrieben wird. Die genaue Kal-kulation der ausgewiesenen Preise blieb bis zuletzt un-klar. Insbesondere spiegeln die Entgelthöhen nicht dieentstehenden Kosten wieder, wie in den ABP dargelegt.Dadurch kommt es im Rahmen der Nutzung von Perso-nenbahnhöfen von Bundesland zu Bundesland zu deutli-chen Unterschieden in der wirtschaftlichen Belastung derZugangsberechtigten. Diese Unterschiede führen letzt-endlich zu einer Ungleichbehandlung der Zugangsberech-tigten im bundesweiten Vergleich.

Der Bescheid der Bundesnetzagentur erstreckt sich aufdie fehlende Nachvollziehbarkeit der Kalkulation derHöhe der Stationspreise. Die Struktur des Preissystems inPreiskategorien selbst wird zunächst nicht unmittelbar be-anstandet. Allerdings hat die Bundesnetzagentur in demBescheid auch auf die mögliche Diskriminierungswir-kung einzelner Bestandteile der Entgeltgrundsätze hinge-wiesen. Dies betrifft speziell die in den ABP beschrie-bene Zuordnung der Stationen zu den Kategorien und denZuglängenfaktor. Da die Prüfung hinsichtlich dieserKomponenten des Stationspreissystems noch nicht end-gültig abgeschlossen ist, erwartet die Bundesnetzagenturim Nachgang zu ihrer Entscheidung eine deutlich kon-struktivere Zusammenarbeit des Unternehmens mit derBehörde.

Ebenfalls noch nicht Gegenstand der Entscheidung wardie Frage eines Preishöhenmissbrauchs. Aufgrund desseit dem Geschäftsjahr 2008 gestiegenen Gewinns ist esaber nicht ausgeschlossen, dass sich die Bundesnetzagen-tur zukünftig u. a. der Frage widmen wird, ob sich dieRendite des Unternehmens noch im gesetzlichen Rahmenbefindet.

Für die Zugangsberechtigten, die die Personenbahnhöfeder DB Station&Service AG nutzen, sah der Bescheidvor, dass die Entgelte bis zum 1. Mai 2010 in der veröf-

fentlichten Höhe durch das Unternehmen nach Eisen-bahnrecht erhoben werden dürfen. Viele Marktteilnehmerhaben sich positiv zu der Entscheidung geäußert. EinigeZugangsberechtigte haben der Bundesnetzagentur bereitsVorschläge unterbreitet, wie das zukünftige Stationspreis-system aus ihrer Sicht gestaltet sein sollte.

Die DB Station&Service AG hat gegen den BescheidWiderspruch eingelegt und zudem einen Antrag auf An-ordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Das Ver-waltungsgericht Köln (VG Köln) hat den Antrag desUnternehmens mit Beschluss vom 26. Februar 2010(Az. 18 L 51/10) abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hatdie DB Station&Service AG Beschwerde beim Oberver-waltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ein-gelegt. Das OVG NRW hat mit Beschluss vom 23. März2010 (Az. 13 B 247/10) die aufschiebende Wirkung desWiderspruchs gegen den Bescheid vom 10. Dezember2009 angeordnet.

4.2.2 DB Netz AG – Rabattierung von Abstellgleisen

Die DB Netz AG beabsichtigte die Einführung eines biszum 30. Juni 2009 befristeten Sonderangebotes zur Ab-stellung von leeren Güterwagen. Es sah einen Abschlagin Höhe von 50 Prozent auf den Normalpreis vor. DasAngebot umfasste nur speziell ausgewiesene Gleise, dieausschließlich von leeren Güterwagen zur einmaligenEin- und Ausfahrt in Schrittgeschwindigkeit benutzt wer-den sollten.

Die Bundesnetzagentur wurde über die beabsichtigtePreisgestaltung erst Ende Januar informiert, obwohl dieDB Netz AG das Angebot bereits zwei Wochen zuvordurch ein Anschreiben an die Eisenbahnverkehrsunter-nehmen (EVU) veröffentlicht hatte. Hinsichtlich der Ak-zeptanz der Sonderkonditionen führte die DB Netz AGaus, dass bisher nur ein konzerneigenes im Schienengü-terverkehr (SGV) tätiges EVU dieses Sonderangebotnutzte. Die Verhandlungen mit weiteren EVU befändensich in der Angebotsphase. Die Prüfung der Unterlagen,insbesondere durch eigenständige Recherchen der Bun-desnetzagentur bei verschiedenen EVU, ergab, dass ent-weder von den übrigen Güterverkehrsunternehmen in dengewünschten Regionen keine oder nur unzureichende Ka-pazitäten an vergünstigten Abstellplätzen vorhanden oderdie vorgesehenen Kapazitäten für eine betriebswirtschaft-liche sinnvolle Nutzung ungeeignet waren. So hätten zurNutzung der von der DB Netz AG benannten Abstell-gleise aufgrund zu geringer Gleislängen die Zügezunächst zerlegt, rangiert und im Anschluss wieder zu-sammengestellt werden müssen. Die betroffenen Unter-nehmen teilten der Bundesnetzagentur abschließend mit,dass kein weiteres Interesse an entsprechenden Abstellka-pazitäten bestünde.

Die Bundesnetzagentur stellte daher einen Verstoß gegen§ 14 Absatz 1 Satz 1 und 5 AEG sowie § 24 Absatz 4EIBV fest. Danach sind Betreiber von Serviceeinrichtun-gen zur diskriminierungsfreien Erbringung der von ihnenangebotenen Leistungen verpflichtet. Die beabsichtigteRegelung der DB Netz AG genügte diesen Anforderun-

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gen nicht, weil sie in ihrer Wirkung ausschließlich einUnternehmen begünstigte, ohne dass hierfür ein sachlichrechtfertigender Grund ersichtlich war. Nur bei oberfläch-licher Betrachtung betraf die Regelung der DB Netz AGalle Güter-EVU gleichermaßen. Bei näherer Betrachtungwurde jedoch einseitig ein Schwesterunternehmen derDB Netz AG bevorzugt. Der Regelung wurde daher zumSchutz der wettbewerblich agierenden Güterverkehrsun-ternehmen widersprochen.

4.2.3 DB Netz AG – Stornierungsentgelte

Bereits im Jahr 2008 hatte die Bundesnetzagentur anläss-lich einiger Beschwerden von Zugangsberechtigten einVerfahren zur Überprüfung der Stornierungsentgelte derDB Netz AG eingeleitet. Zunächst wurde die DB NetzAG zur Einschätzung der Sachlage um eine allgemeineDarstellung des Stornierungsverhaltens der Zugangsbe-rechtigten gebeten. Zudem stellte die Bundesnetzagenturihre Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Stornierungs-entgelte in einem Anhörungsschreiben an die DB NetzAG dar. Zwei Aspekte waren dabei ausschlaggebend.Zum einen beeinträchtigen die Stornierungsentgelte dieWettbewerbsfähigkeit der Verkehrsleistung Schienengü-terverkehr, da gerade diese Verkehrsleistung flexibelagieren muss, oftmals Stornierungen vornimmt und dahervon Stornierungsentgelten besonders betroffen ist. Zumanderen stand die diskriminierungsfreie Entgelterhebungin Frage, da weder die zeitliche Staffelung noch die je-weils vorgesehene Entgelthöhe auf einem sachlichenGrund zu basieren schienen. Diese beiden grundsätzli-chen Bedenken vermochte die DB Netz AG in ihrem Ant-wortschreiben nicht auszuräumen. In der Zwischenzeitkam es im zivilrechtlichen Rechtstreit zwischen einem Zu-gangsberechtigten und der DB Netz AG vor dem Landge-richt Düsseldorf zu einem Urteil (Az. 14c O 104/08), dasdie Erhöhung der Stornierungsentgelte für unbillig unddaher für unwirksam erklärte. Nach Auswertung des Ur-teils durch die Bundesnetzagentur ist noch im erstenQuartal 2010 mit einem Verfahrensabschluss zu rechnen.

4.2.4 DB Netz AG – Minderungen

Die Bundesnetzagentur hatte bereits 2008 festgestellt,dass die DB Netz AG Regelungen zur Minderung getrof-fen hat, die in der tatsächlichen Anwendung nahezu zu ei-nem Minderungsausschluss führten. Als Ausprägung desDiskriminierungsverbotes und aufgrund der speziellenRegelung in § 21 Absatz 6 Satz 2 EIBV sind Betreiberder Schienenwege indes gesetzlich verpflichtet, die Ent-gelte bei nicht vertragsgemäßem Zustand der Infrastruk-tur zu mindern. Die DB Netz AG hat hierzu selber kon-statieren müssen, dass in den vergangenen Jahren nur ingeringem Umfang Minderungen gewährt wurden, ohneden Betrag konkret beziffern zu können.

Die Bundesnetzagentur hat die DB Netz AG mit Bescheidvom 6. April 2009 verpflichtet, ihren Kunden bei Minder-leistung von sich aus geringere Entgelte zu berechnen.Gleichzeitig wurde das Unternehmen verpflichtet, seineSNB entsprechend zu ändern und an die rechtlichen Vor-gaben anzupassen. Der Entscheidung vorausgegangen

waren zahlreiche Beschwerden von EVU, die von erheb-lichen Minderleistungen der DB Netz AG berichtethatten. Trotz beträchtlicher Einschränkungen in der Ver-fügbarkeit der Infrastruktur hätten sie den vollen Trassen-preis bezahlen müssen. Die rechtlichen Vorgaben sehenjedoch vor, dass im Falle von infrastrukturbedingtenMängeln bei der Nutzung der Eisenbahninfrastrukturzwingend eine Minderung des Trassenpreises vorzuneh-men ist, sogar ohne dass es hierfür auf ein entsprechendesVerlangen der Nutzer ankommt.

Die Bundesnetzagentur hatte nicht zuletzt aufgrund dieserEingaben ein Verfahren zur Überprüfung der Entgeltrege-lungen der DB Netz AG eingeleitet. Dabei bestätigte sich,dass ein Verstoß gegen das vertragsrechtliche verankerteÄquivalenzprinzip und gegen das gesetzlich geregelteGebot der Diskriminierungsfreiheit vorlag, da Zugangs-berechtigte, die qualitativ unterschiedliche Leistungen er-halten haben, ohne einen sachlich zu rechtfertigendenGrund zur Zahlung der gleichen Nutzungsentgelte heran-gezogen wurden. Die DB Netz AG wurde in dem Be-scheid der Bundesnetzagentur zudem verpflichtet, dieMinderung für infrastrukturelle Mängel nicht wie bisheran ein ausdrückliches Minderungsverlangen zu knüpfen.Die Minderung ist in solchen Fällen eigeninitiativ seitensdes Betreibers der Schienenwege bei allen Zugangsbe-rechtigten gleichermaßen vorzunehmen.

Den Antrag der DB Netz AG auf Aussetzung der soforti-gen Vollziehung wurde von den Verwaltungsgerichten ab-gelehnt (vgl. Kapitel 5.2 zum Stand des Gerichtsverfah-rens).

4.2.5 DB Netz AG – LZ-TrassenDie Bundesnetzagentur hat mit Bescheid vom 11. Februar2010 der von der DB Netz AG beabsichtigten Anhebungdes Produktfaktors für „LZ-Trassen“ (Leerzug-Trassen)im Personenverkehr von 0,65 auf 1,0 widersprochen. DieZugangsberechtigten können daher auch für die Netzfahr-planperiode 2010/2011 die – im Verhältnis zu den ande-ren Trassenprodukten – günstigeren LZ-Trassen für ihredispositiven Lok- und Triebfahrzeugfahrten in Anspruchnehmen.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2010 hatte die DB NetzAG die Bundesnetzagentur über die beabsichtigteNeufassung der Liste der Entgelte für die Netzfahrplan-periode 2010/2011 unterrichtet (vgl. § 14d Satz 1 Num-mer 6 AEG). Die in der Mitteilung angekündigte Anhe-bung des Produktfaktors für LZ-Trassen auf 1,0 stellthierbei nach Auffassung der Bundesnetzagentur keinebloße Änderung der Preishöhe dar. Vielmehr war augen-scheinlich eine Abschaffung des Produktfaktors LZ-Trasse intendiert, die bislang die Zugangsberechtigten zueiner günstigeren Bepreisung verschiedener Dispositions-fahrten berechtigte. Eine Änderung der Kriterien für dieBildung des konkreten Trassenpreises kann die DB NetzAG jedoch ausschließlich in den Entgeltgrundsätzen derSchienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) unter Ein-beziehung der Zugangsberechtigten (vgl. § 4 Absatz 5 Ei-senbahn-Benutzungsverordnung) herbeiführen. Bei ei-nem Inkrafttreten der Produktfaktorerhöhung hätte sich

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 101 – Drucksache 17/4630

die DB Netz AG widersprüchlich zu dem in den Entgelt-grundsätzen vorgesehenen Rabatt für LZ-Trassen verhal-ten und hierdurch gegen den eisenbahnrechtlich garan-tierten Schutz der Zugangsberechtigten vor unerwartetenÄnderungen der Preisbildungssystematik verstoßen.

Zudem verhindert die Bundesnetzagentur mit ihrem Wi-derspruch, dass eine Umsetzung des Vorhabens ihre Ent-scheidung vom 2. Dezember 2009 unterlaufen würde12.Die DB Netz AG verfolgt seit geraumer Zeit das Ziel, diein den Entgeltgrundsätzen ihrer SNB vorgesehene An-dersbepreisung von Lok- und Triebfahrzeugüberfüh-rungsfahrten aufzuheben. Bereits im Jahr 2008 war eineÄnderung der SNB ab der Netzfahrplanperiode 2009/2010 beabsichtigt. Zuletzt hatte die DB Netz AG dieStreichung des Produktfaktors „LZ-Trasse“ in Ziffer6.1.2.1 der SNB 2011 angestrebt. Beiden Vorhaben hatdie Bundesnetzagentur sowohl aus formalen wie auch ausmateriellen Gründen widersprochen.

4.3 Weitere Verfahren

4.3.1 DB Netz AG – Regionalfaktoren

Die Bundesnetzagentur untersuchte seit Anfang 2009 in-tensiv die Regionalfaktoren im Trassenpreissystem derDB Netz AG.

Der Regionalfaktor wird ausschließlich für den Schienen-personennahverkehr (SPNV) und ausschließlich auf aus-gewählten regionalen Strecken erhoben. Er ist als Faktorauf den Trassengrundpreis ausgestaltet und beträgt der-zeit zwischen 1,05 und 1,91. Die Einführung der Regio-nalfaktoren zum 1. Januar 2003 wurde ursprünglich vonder DB Netz AG mit einer auf einigen regionalen Stre-cken bestehenden Kostenunterdeckung begründet. DerRegionalfaktor sollte die Kostenunterdeckung abmildernund durch Rationalisierungsmaßnahmen ergänzt werden.

Hauptvorwurf der EVU sowie der Aufgabenträger ist dieerhebliche Hebelwirkung der Regionalfaktoren, die aktu-ell in vereinzelten Regionalbereichen fast zu einer Ver-dopplung des Trassenpreises im SPNV führen und damitauch eine besondere Belastung des Wettbewerbs darstellt.So sind insbesondere die von privaten Wettbewerbern be-dienten Nebenstrecken regionalfaktorbelastet, die über-wiegend von den Aufgabenträgern im Wege einer Aus-schreibung vergeben wurden.

Die Bundesnetzagentur hatte erhebliche Zweifel, ob derRegionalfaktor mit dem eisenbahn-rechtlichen Diskrimi-nierungsverbot (§ 14 Absatz 1 Satz 1 AEG) vereinbar ist.Danach ist die DB Netz AG als Betreiberin der Schienen-wege verpflichtet, wesentlich gleiche Sachverhalte nichtohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln. Rechts-erheblich ist insbesondere die unterschiedliche Beprei-sung der EVU im SPNV, je nachdem auf welchen Stre-cken sie Nahverkehrsleistungen erbringen. Sachliche

12 Siehe Mitteilung der Bundesnetzagentur: „Widerspruch der Bundesnetz-agentur zur beabsichtigten Streichung der LZ-Trassen“, http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1932/DE/Sachgebiete/Eisenbahnen/Mitteilungen/20091202StreichungLZTrassen_Basepage.html?nn=76652)

Kriterien für die Ungleichbehandlung hat die DB NetzAG bislang nicht zur Überzeugung der Bundesnetzagen-tur vorgetragen.

Insbesondere bildet eine geringe Auslastung der Regio-nalnetzstrecken kein tragfähiges Differenzierungskrite-rium. Zum einen widerspricht diese Form der Preisbil-dung der Systematik des Trassenpreissystems der DBNetz AG, die Strecken in Kategorien je nach ihrer Aus-stattung sowie der verkehrlichen Bedeutung gruppiert. In-nerhalb der Kategorien sind immer einige Strecken höherund andere Strecken schwächer frequentiert.

Zum anderen läuft die höhere Bepreisung schwach fre-quentierter Strecken erkennbar den Zielen des Eisenbahn-rechts zuwider. Das Eisenbahnrecht versucht, mehr Ver-kehr auf der Schiene zu generieren. Eine höhereBepreisung schwach ausgelasteter Strecken führt dazu,dass diese Strecken noch geringer nachgefragt werden, dasich der Betrieb der Strecken immer weniger lohnt. Diehöhere Bepreisung der schwach ausgelasteten Streckenführt daher nicht zu deren Erhaltung, sondern vielmehr zuderen schleichender Stilllegung.

Darüber hinaus kritisierte die Bundesnetzagentur die in-transparente Beschreibung der Regionalfaktoren durchdie DB Netz AG in den Entgeltgrundsätzen ihrer Schie-nennetz-Benutzungsbedingungen. Zwar können die Zu-gangsberechtigten den jeweiligen Faktor für eine belas-tete Strecke im Regionalnetz aus der Liste der Entgelteentnehmen; eine Übersicht dazu, welche Strecke zu wel-chem Regionalnetz zählt und mit welchem Regionalfak-tor belegt ist, existiert hingegen nicht. Ebenso erhalten dieZugangsberechtigten keine Information über die konkreteBerechnung der jeweiligen Regionalfaktoren. Aufgrunddieser fehlenden Angaben erkannte die Bundesnetzagen-tur auch einen weiten Gestaltungsspielraum der DB NetzAG, der Ungleichbehandlungen bei der konkreten Kali-brierung der Regionalfaktorhöhen ermöglicht. Die Bun-desnetzagentur hat mit Bescheid vom 5. März 2010 dieRegionalfaktoren im Trassenpreissystem der DB NetzAG für ungültig erklärt.

4.3.2 DB Netz AG – Anreizsystem

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 hatte die Bundes-netzagentur die DB Netz AG dazu verpflichtet, mit demFahrplanwechsel am 12. Dezember 2009 der gesetzlichenVerpflichtung des § 21 (1) Eisenbahninfrastruktur-Benut-zungsverordnung (EIBV) nachzukommen und ein An-reizsystem13 zur Verringerung von Störungen und zurErhöhung der Leistungsfähigkeit des Schienennetzes an-zuwenden. Dabei eröffnete die Bundesnetzagentur derDB Netz AG die Möglichkeit, ein neues an Stelle des bis-her in den Schienennetz-Benutzungsbedingungen doku-mentierten Anreizsystems einzuführen und anzuwenden.

Im Nachgang zur Entscheidung der Bundesnetzagenturhatte die DB Netz AG Mitte vergangenen Jahres mit von

13 In Abgrenzung zur Anreizregulierung (Price-Cap) häufig auch als„Performance Regime“ bezeichnet.

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Drucksache 17/4630 – 102 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ihr ausgewählten EVU einen vierteiligen Workshop ver-anstaltet, in dem sie ein neues Anreizsystem (ARS 09)zur Diskussion stellte. Zahlreiche Vorschläge nahm sievon den Verkehrsunternehmen für eine Umsetzung zu ei-nem späteren Zeitpunkt entgegen. Die Bundesnetzagenturnahm als Beobachterin an dem Workshop teil und doku-mentierte ihn ausführlich.

Die DB Netz AG legte das ARS 09 vor Beginn der ak-tuell laufenden Fahrplanperiode der Bundesnetzagenturzur Prüfung vor. Die Bundesnetzagentur beanstandete dieRegelungen in den Schienennetz-Benutzungsbedingungender DB Netz AG zum Anreizsystem nicht, sie erteilte imHinblick auf den allgemeinen gesetzlichen Beratungsauftragviele Hinweise. Insbesondere wies die Bundesnetzagenturdie DB Netz AG darauf hin, dass die im Anreizsystem vor-gesehenen, zahlreichen Kalibrierungsmöglichkeiten ein-schränkend wirken können. Vor diesem Hintergrund mussdie tatsächliche Anreizwirkung des ARS 09 weiter be-obachtet und bewertet werden.

Vor dem Fahrplanwechsel hat die Bundesnetzagenturüber den Widerspruch der DB Netz AG gegen den Be-scheid vom 30. Dezember 2008 entschieden. Die Frist fürdie Erhebung einer Klage gegen den Ausgangsbescheidin Gestalt des Widerspruchsbescheids ist Mitte Januar2010 abgelaufen. Die DB Netz AG hat von der Möglich-keit, Anfechtungsklage zu erheben, keinen Gebrauch ge-macht. Somit ist der Bescheid in Bestandkraft erwachsenund unanfechtbar.

4.3.3 DB Station&Service AG – Anreizsystem

Anfang des Jahres 2009 haben sich vermehrt Zugangsbe-rechtigte bei der Bundesnetzagentur über eine mangel-hafte Leistung (unter anderem bspw. über fehlerhafteLautsprecherdurchsagen oder verspätete Schneeräumung)an den Personenbahnhöfen der DB Station&Service AGbeschwert. Hierbei kritisierten die Zugangsberechtigteninsbesondere die fehlende oder unzureichende finanzielleKompensation durch die DB Station&Service AG im Fallder Störung. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren hatdie Bundesnetzagentur das Unternehmen zu den Vorfäl-len befragt und um Erläuterung gebeten, ob und inwie-weit Mängel bei der Berechnung des Stationsentgelts be-rücksichtigt werden. Zur besseren Einschätzung derProblematik sollte der Umfang von Mängelanzeigendurch Zugangsberechtigte und ggf. geleistete Kompensa-tionen dargestellt werden.

Das Auskunftsersuchen ergab zunächst, dass die DB Sta-tion&Service AG bei Leistungsstörungen kein Minde-rungsrecht für die Zugangsberechtigten vorsieht, sonderndiese ausschließlich nach dem Anreizsystem in Ziffer7.1.5 der Nutzungsbedingungen (ABP) abwickelt. An-reizsysteme bilden zwingende Bestandteile der Entgelt-systeme der EIU (vgl. § 24 Absatz 1 EIBV). DieserEntgeltbestandteil soll aufgrund seiner Leistungsabhän-gigkeit eine Verminderung von Störungen und eine Erhö-hung der Leistungsfähigkeit der Infrastruktureinrichtun-gen bewirken. Die Betreiber von Serviceeinrichtungenmüssen somit ein Anreizsystem14 konzipieren, das geeig-

net ist, Anreize sowohl für sich selbst als auch für dieEVU zu setzen, welche beide Seiten zu präventiven undggf. zeitnahen Maßnahmen motiviert.

Die von der DB Station&Service AG vorgelegten Zahlenzu den getätigten Meldungen und Kompensationszahlun-gen für den Zeitraum 2008 lassen Zweifel aufkommen,ob das Anreizsystem tatsächlich hinreichend finanzielleAnreize setzt, Störungen und Leistungseinbußen imBetriebsablauf zu minimieren bzw. zu vermeiden. Sooffenbart das übersendete Datenmaterial, dass das An-reizsystem nur in wenigen Störungsfällen die Zugangsbe-rechtigten zu einem Preisnachlass berechtigt hat. Ins-besondere entpuppte sich das Anreizsystem eher als einSystem zur Störungsbeseitigung, nicht zur Störungsver-meidung. Aufgrund der Entstörfristen gibt das Systemkeine Anreize, die Entstehung bestimmter Störungen zuvermeiden. Es erfolgt keine Kürzung des Stationspreises,sofern die Störung innerhalb einer selbst gesetzten Fristbeseitigt wird. Nach Auffassung der Bundesnetzagenturist daher eine eingehendere Analyse der Wirksamkeit desAnreizsystems auch vor dem Hintergrund der bisherigenErfahrungen und Beschwerden seitens der Zugangsbe-rechtigten zweckmäßig und angebracht. Zur umfassendenBewertung des Anreizsystems ist jedoch die Durchfüh-rung weiterer Ermittlungen erforderlich, welche insbe-sondere einen tieferen Einblick in die vorhandenen Da-tensätze der DB Station&Service AG voraussetzen.

4.3.4 Hafenzugangspauschale

Der Bundesnetzagentur lagen Informationen darüber vor,dass ein EVU des SGV in einigen Häfen offenbar keineHafenzugangspauschale zahlen muss, obwohl diese Hä-fen Nutzungsentgelte erheben. Nachdem damit ein An-fangsverdacht auf eine möglicherweise diskriminierendeund damit eventuell unzulässige Preisgestaltung aufgetre-ten war, wurden daraufhin im Jahr 2009 diese Häfen an-geschrieben. Ziel der Befragung war es, grundlegendeWettbewerbsinformationen über den Schienengüterver-kehr in den Häfen und über die Erhebung der Entgelte fürdie Infrastrukturnutzung zu erhalten. Die mittlerweileeingegangenen Antworten werden derzeit ausgewertet.Das im Jahr 2008 eröffnete Verfahren wurde somit fortge-setzt.

4.3.5 Euregio Verkehrsschienennetz GmbH

Aufgrund einer Beschwerde eines EVU, das die Eisen-bahninfrastruktur der EUREGIO VerkehrsschienennetzGmbH (EVS) nutzt, hat die Bundesnetzagentur bereits imJahr 2008 ein Verfahren zur Überprüfung der Entgelte derEVS eingeleitet. Es ist die Frage zu klären, ob die EVSfür Fahrten im Gelegenheitsverkehr ein höheres Entgeltverlangen darf als für Fahrten im Regelverkehr. Mit ei-nem Verfahrensabschluss ist nicht vor Ende des 3. Quar-tals 2010 zu rechnen.

14 In Abgrenzung zur Anreizregulierung (Price-Cap) häufig auch als„Performance Regime“ bezeichnet.

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103 – Drucksache 17/4630

4.3.6 Hamburg Port Authority AöR

Die Hamburg Port Authority AöR (HPA) legte im Herbst2009 beabsichtigte geänderte Regelungen für Nutzungs-bedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) und der Listeder Entgelte (LdE) vor. Hinsichtlich der Entgelthöhen erga-ben sich nur marginale Änderungen. Anpassungen wurdenhingegen bei den nutzungs- und zeitabhängigen Entgeltenvorgenommen, indem die Standardaufenthaltsdauern, indenen die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur durch dasGrundentgelt und nutzungsabhängige Entgeltbestandteileabgedeckt ist, verkürzt wurden, und zusätzlich eine zeit-abhängige Staffelung eingeführt wurde, bei der sich mitzunehmender Nutzungsdauer das Entgelt pro Stunde er-höht. Weiterhin wurde die kostenlose 24-stündige Abstel-lung an Wochenenden in zwei der drei Entgeltkategorienabgeschafft. Den EVU bleibt die Möglichkeit, auf die ge-nannten Maßnahmen durch eine Optimierung ihrer Pro-duktionsabläufe zu reagieren und somit zusätzliche Kos-tenbelastungen zu vermeiden.

4.4 Sonstige Aktivitäten

4.4.1 Mitteilungspflichten nach § 14d AEG

Die Bundesnetzagentur hat mit Bescheid vom 4. Januar2010 gegenüber der DB Netz AG die formellen und mate-riellen Anforderungen an Mitteilungen über die vom Un-ternehmen geplanten Änderungen und Neufassungen derBenutzungsbedingungen oder Entgeltlisten (vgl. § 14dSatz 1 Nummer 6 AEG) festgesetzt. Mit dieser Entschei-dung erhält die DB Netz AG nunmehr Rechtssicherheit,welche Kriterien ihre Mitteilungen über die beabsichtig-ten Entgeltregelungen erfüllen müssen, um eine Vorab-prüfung durch die Bundesnetzagentur auslösen zu kön-nen. Mit Schreiben vom 8. Januar 2010 hat die DB NetzAG gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur Wi-derspruch eingelegt, diesen jedoch noch nicht begründet.

Den Feststellungen der Bundesnetzagentur im o. g. Be-scheid kommt eine Vorbildfunktion für alle EIU zu. Diesogenannten 14d-Mitteilungen der EIU leiten die Durch-führung eines Vorabprüfungsverfahrens durch die Bun-desnetzagentur ein. Im Fall der beabsichtigten Neufas-sung oder Änderung der Benutzungsbedingungen undEntgelthöhen kann die Bundesnetzagentur innerhalb einerFrist von vier Wochen diesem Vorhaben widersprechen,sofern sie darin einen Verstoß gegen das Eisenbahnrechterkennt. Bei einem Widerspruch tritt das Änderungsvor-haben der Unternehmen gegenüber den Zugangsberech-tigten nicht in Kraft. Das Vorabprüfungsverfahren ermög-licht somit einen präventiven Schutz des Wettbewerbs.Dies ist für den Bereich der Entgeltregulierung insbeson-dere deswegen wichtig, weil ein einmal verursachterSchaden durch erhöhte oder diskriminierende Preise nurmit deutlich erhöhtem Aufwand wieder zu beseitigen ist.

Damit für die Bundesnetzagentur innerhalb der zur Verfü-gung stehenden Frist auch tatsächlich eine sachgerechtePrüfung möglich ist, müssen Mitteilungen nach § 14dAEG bestimmte Anforderungen hinsichtlich Umfang undInhalt erfüllen. So muss erkennbar sein, welche konkretenÄnderungen vom Infrastrukturunternehmen beabsichtigt

sind. Darüber hinaus sind die Betreiber der Schienenwegeverpflichtet, die Kalkulation der Entgelte darzulegen, umgegenüber der Bundesnetzagentur einen Preishöhenmiss-brauch durch die beabsichtigten Entgelthöhen auszu-schließen.

Mit der Entscheidung überführt die Bundesnetzagenturdie bislang geführte informelle Diskussion mit der DBNetz AG über die Detailschärfe von Mitteilungen in einezielorientierte sachliche Auseinandersetzung im Rahmender verwaltungsrechtlichen Verfahren. Bislang waren dieMitteilungen der DB Netz AG nicht zur Durchführung ei-nes effizienten und effektiven Vorabprüfungsverfahrensgeeignet. So war den Mitteilungen der DB Netz AG we-der zu entnehmen, an welchen Stellen eine Änderung derEntgeltregelungen beabsichtigt war, noch, welche Kalku-lation den beabsichtigten Änderungen zu Grunde lag. In-folge der unzureichenden Informationslage konnte dieBundesnetzagentur innerhalb der vierwöchigen Prüfungs-frist vielfach keine eingehende Prüfung der Einhaltungder Erlösobergrenze vornehmen.

4.4.2 Entgeltleitfaden/Zusammenarbeit mit dem VDV

Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen der Vorabprüfungder Entgelthöhen sowie der in den Schienennetz-Benut-zungsbedingungen (SNB) zu regelnden Entgeltgrund-sätze regelmäßig Schwierigkeiten der EIU festgestellt,fristgerecht prüffähige Unterlagen einzureichen. Darüberhinaus wiesen die Entgeltgrundsätze vielfach Formulie-rungen auf, welche die Bundesnetzagentur bei ihrer Über-prüfung beanstanden musste. Dies hat die Behörde zumAnlass genommen, den Austausch mit dem VerbandDeutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zu suchen, umbeanstandungswürdige Formulierungen in Zukunft zuvermeiden. Nunmehr haben die EIU die Möglichkeit, sichbei der Ausgestaltung ihrer Entgeltgrundsätze in den SNBan dem vom VDV herausgegebenen Muster zu orientie-ren. Hierdurch erhofft sich die Bundesnetzagentur eineerhebliche Reduzierung des Arbeitsaufwands auf beidenSeiten. Im Rahmen des Austauschs mit dem VDV konntedie Bundesnetzagentur auf bedenkliche Formulierungensowie auf die grundsätzliche Zielrichtung der Darlegungder Entgeltgrundsätze in den SNB aufmerksam machen.Für das Jahr 2010 plant die Bundesnetzagentur die Erstel-lung eines Leitfadens, anhand dessen die EIU erkennenkönnen, was bei der Festlegung ihrer Nutzungsentgeltesowohl formal als auch inhaltlich zu berücksichtigen ist.

5 Ausgewählte gerichtliche Verfahren

In 2009 führte die Bundesnetzagentur im Bereich derEisenbahnregulierung 147 Verfahren, davon 13 vor Ge-richt. Auch in 2009 sind dabei wichtige gerichtliche Ent-scheidungen ergangen.

5.1 DB Netz AG – SNB 2008

Die Bundesnetzagentur hatte mit Bescheid vom 20. No-vember 2006 zahlreichen beabsichtigten Änderungen inden Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) 2008

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Drucksache 17/4630 – 104 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

widersprochen. Das Verwaltungsgericht Köln (VG Köln)hat mit Urteil vom 21. August 2009 (Az. 18 K 2722/07)über die von der DB Netz AG eingereichte Klage ent-schieden und der Bundesnetzagentur überwiegend Rechtgegeben.

Bestätigt hat das Gericht insbesondere die Existenz eineseigenständigen eisenbahnrechtlichen Diskriminierungs-begriffs. Eine Diskriminierung liegt danach insbesonderedann vor, wenn Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU)beim Zugang zur Eisenbahninfrastruktur ohne sachlichgerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt werden.Dabei muss die unterschiedliche Behandlung tatsächlichnoch nicht gegeben sein, die hinreichende Möglichkeit ei-ner solchen Behandlung reicht aus. Das Gericht bestätigteebenfalls die Notwendigkeit, dass die Regelungen in denSNB klar und eindeutig formuliert sein müssen (Transpa-renzgebot). Das Verwaltungsgericht war ebenfalls derAnsicht, dass für Regelungen, die zu den Pflichtinhaltender SNB gehören, eine Angabe in den Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen (AGB) nicht ausreicht, da diese nichtverbindlich sind, auch wenn sie in den SNB enthaltensind. Da die EVU ihre Verkehre auf der Grundlage derSNB planen, ist für sie eine umfassende Beschreibung al-ler netzzugangsrelevanten Regelungen in den verbindli-chen SNB ganz besonders wichtig. Hinsichtlich des Min-destinhalts der betrieblich-technischen Regelwerke alsBestandteil der SNB hat das Gericht erläutert, dass dieRegelwerke in den SNB mindestens in dem Umfang be-schrieben werden müssen, dass die Zugangsberechtigtenerkennen können, ob ihnen durch die Regelung zusätzli-cher Aufwand entsteht. Die Zugangsberechtigten müssenauf der Grundlage der in den SNB beschriebenen Rege-lungen ihre betriebswirtschaftliche Entscheidung treffenkönnen, ob sie Zugang zur Infrastruktur beantragen.

Einige Beanstandungen von Seiten der Bundesnetzagen-tur sind durch das Gericht nicht bestätigt worden. DieBundesnetzagentur hat, bezogen auf diejenigen Regelun-gen, die aus ihrer Sicht einen Rechtsverstoß darstellen,Berufung gegen das Urteil des Gerichts eingelegt. So wardas Gericht z. B. teilweise der Ansicht, dass die Schwellefür einen eisenbahnrechtlichen Eingriff nicht erreicht ge-wesen sei und die Überprüfung der jeweiligen Klauselndurch die Zivilgerichte erfolgen könne, ohne dass hier-durch Nachteile für die Zugangsberechtigten entstehenwürden. Zum Teil hat das einen Sachverhalt zu Grundegelegt, der von dem abweicht, auf dessen Grundlage dieEntscheidungen der Bundesnetzagentur damals ergangensind.

Auch die DB Netz AG hat Berufung gegen die Entschei-dung des Verwaltungsgerichts eingereicht. Das Verfahrenist noch nicht abgeschlossen.

5.2 DB Netz AG – MinderungenDie Gewährung eines Minderungsrechts ist zur Sicher-stellung eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs vonerheblicher Bedeutung. Fehlt es an einem Minderungs-recht, werden diejenigen Zugangsberechtigten diskrimi-niert, die trotz einer schlechten Leistung den vollenTrassenpreis zu zahlen haben. In 2009 hat die Bundes-

netzagentur ein Verfahren mit einem Bescheid abge-schlossen, der die DB Netz AG zur eigenständigen Min-derung der Trassenentgelte bei Schlechtleistungen unterden mit dem Gesetz verfolgten Äquivalenzgesichtspunk-ten verpflichtet (vgl. Kapitel 4.2.4).

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVGNRW) bestätigte den Bescheid der Bundesnetzagentur ineinem Beschluss vom 20. August 2009. Das OVG hat dieEntscheidung der Bundesnetzagentur auch insoweit be-stätigt, als dass die rechtliche Selbständigkeit des Anreiz-systems auf der einen und die Entgeltminderungspflichtauf der anderen Seite zugrunde zu legen seien. Die Min-derung sei grundsätzlich so zu bemessen, dass das ver-minderte Interesse der Zugangsberechtigten an der verrin-gerten Leistung ausreichend berücksichtigt werde. DieDB Netz AG sei verpflichtet, ihre diesbezüglichen Rege-lungen in den SNB zu überarbeiten und gegenüber allenZugangsberechtigten anzuwenden.

Da der Ausgangsbescheid nunmehr bis zu einer Entschei-dung in der Hauptsache vollumfänglich zu befolgen ist,hat die Bundesnetzagentur entsprechende Schritte in dieWege geleitet. Neben der Änderung der Nutzungsbedin-gungen, die inzwischen erfolgt ist, begleitet sie auch diepraktische Umsetzung der neuen Regelungen. Hierzuwird die Bundesnetzagentur im Jahr 2010 eine Reihe vonöffentlichen Anhörungen in den verschiedenen Regional-bereichen der DB Netz AG durchführen. Im Rahmen vonStichproben werden dort die Auswirkungen der veränder-ten Regelungen untersucht. Um einen umfassenden Über-blick auch aus Sicht der Zugangsberechtigten zu erhalten,werden die regional tätigen Zugangsberechtigten zu densieben geplanten Anhörungen gesondert eingeladen. Sieerhalten in den Terminen die Gelegenheit, die Bemessungder Minderung aus ihrer Sicht darzustellen.

5.3 DB Netz AG – Offenlegung von Rahmenverträgen

Das OVG NRW hat durch Beschluss vom 13. Oktober2009 die Entscheidung der Bundesnetzagentur vom16. Juli 2009 zur Offenlegung der wesentlichen Merk-male von Rahmenverträgen durch die DB Netz AG bestä-tigt (Az. 13 B 1334/09). Ein Antrag der DB Netz AG aufaufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs wurde vomOVG im einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt (Az. 13 B1334/09).

Rahmenverträge zwischen EVU und EIU über die Benut-zung von Schienenwegekapazität haben eine Laufzeit vonmehr als einer Netzfahrplanperiode, also von mehrerenJahren. Um marktkonforme Rahmenverträge planen undbei der DB Netz AG anmelden zu können, müssen dieEVU die bereits mit der DB Netz AG geschlossenen Rah-menverträge und nicht nur ihren Musterrahmenvertragkennen. Einige Zugangsberechtigte sahen in diesem Ver-halten einen Verstoß gegen die rechtlich vorgegebene In-formationspflicht. Die Bundesnetzagentur verpflichtetedie DB Netz AG, den Zugangsberechtigten auf Verlangendie anonymisierten Fassungen der bereits geschlossenenRahmenverträge mit Informationen über die rahmenver-traglich vereinbarten Eisenbahnstrecken (Relationen), die

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 105 – Drucksache 17/4630

vereinbarten Bandbreiten (Zeitfenster) und deren zeitli-che Lagen, die Laufzeit und den Beendigungszeitpunktdes jeweiligen Rahmenvertrags mitzuteilen. Dagegen hatdie DB Netz AG Widerspruch mit aufschiebender Wir-kung eingelegt. Das VG Köln lehnte in seiner Entschei-dung vom 8. September 2009 den Eilantrag der DB NetzAG ab. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in derHauptsache muss die DB Netz AG den Bescheid der Bun-desnetzagentur umsetzen.

5.4 DB Netz AG – Rahmenverträge mit zeitversetzter Betriebsaufnahme

Mit Bescheid vom 18. März 2009 hatte die Bundesnetz-agentur die DB Netz AG verpflichtet, auch solche Rah-menvertragsanmeldungen anzunehmen und zu bearbei-ten, bei denen die Betriebsaufnahme nicht direkt zuBeginn der nächsten Rahmenfahrplanperiode im Dezem-ber 2010, sondern zu einen späteren Zeitpunkt erfolgensollte. Die zeitversetzte Betriebsaufnahme ermöglicht ge-rade Markteinsteigern Planungssicherheit, um währendder Vorlaufzeit zwischen Rahmenvertragsschluss und Be-triebsaufnahme erstmalig Eisenbahnfahrzeuge zu be-schaffen. Der Schluss eines Rahmenvertrages mit der Op-tion auf langjährige Trassennutzung erleichtert dieAufnahme von Kapital zur Finanzierung von Rollmaterialbis zur Betriebsaufnahme. Die DB Netz AG legte imApril 2009 Widerspruch ein und beantragte hierfür beidem VG Köln die Anordnung der aufschiebenden Wir-kung. Das VG Köln hat in seiner Entscheidung vom26. Mai 2009 (Az. 18 L 542/09) den gegen den Bescheidder Bundesnetzagentur gerichteten Eilantrag der DB NetzAG abgelehnt.

Das OVG NRW hat durch Beschluss vom 22. Juli 2009(Az. 13 B 830/09) der Beschwerde der DB Netz AG ge-gen den Beschluss des VG Köln entsprochen und die auf-schiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Be-scheid der Bundesnetzagentur vom 18. März 2009angeordnet, so dass Anmeldungen von Rahmenverträgenmit zeitversetzter Betriebsaufnahme gegenwärtig von derDB Netz AG nicht bearbeitet werden. Über den Bescheidder Bundesnetzagentur wird in einem Hauptsacheverfah-ren vor dem VG Köln entschieden.

5.5 DB Netz AG – NBS 2008

Am 4. Dezember 2009 erging die Entscheidung des Ver-waltungsgerichts Köln (Az. 18 K 4918/07) zu den derBundesnetzagentur Ende 2006 vorgelegten NBS 2008 derDB Netz AG. Das Urteil enthält einige sehr positiveGrundsatzaussagen, die im Rahmen der weiteren Regu-lierungspraxis von erheblicher Bedeutung sein werden.

So leitet das VG Köln aus dem in § 1 Absatz 1 Satz 1AEG niedergelegten Zweck (attraktives Verkehrsangebotsowie wirksamer und unverfälschter Wettbewerb) dasVerständnis ab, dass § 14 Absatz 1 Satz 1 AEG ein sub-jektives öffentlich-rechtliches Zugangsrecht als Teilhabe-recht bzgl. bereits vorhandener Infrastruktur vermittle.Hieraus abgeleitet, bestätigt das VG Köln, dass eine Be-einträchtigung dieses Zugangsrechts unter anderem dann

möglich ist, wenn die „greifbare Gefahr besteht, dasssämtliche Zugangsberechtigte vom Zugang objektiv ab-gehalten werden oder gar abgehalten werden sollen“.Dementsprechend sollen Klauseln, die „objektiv einenwirtschaftlich abschreckenden Effekt“ haben, geeignetsein, dieses Recht auszuhöhlen (z. B. bestimmte einsei-tige Leistungsbestimmungsrechte oder der umfassendeAusschluss von Sekundäransprüchen). Mit seiner neuenRechtsprechung hierzu errichtet das VG Köln eine wei-tere wichtige Begründungssäule neben dem Diskriminie-rungsverbot.

Weiterhin erkennt das VG Köln die Forderung der Bun-desnetzagentur nach einem „unverzichtbaren Mindestin-halt in den NBS“ an, welcher sich unmittelbar aus § 10Absatz 1 Satz 1 EIBV ableiten lasse. Nach Auffassungdes Gerichts sind dementsprechend alle Regelungen indie NBS aufzunehmen, die für die wirtschaftliche Ent-scheidung der Zugangsberechtigten beim Zugang zurLeistung in einer Serviceeinrichtung relevant sind, wiez. B. die Beschreibung der angebotenen Leistungen unddie Grundsätze der Vergabe von Serviceeinrichtungenebenso wie das zugangsrelevante betrieblich-technischeRegelwerk und Informationen bei Störungen. Solche In-halte seien auch in den NBS selbst zu verorten, und nichtin den SNB, AGB oder in anderen Fundstellen. Dement-sprechend reiche bei der Eingliederung zugangsrelevanterRegelwerke in die NBS auch nicht die bloße Benennungeiner Internetadresse aus, über die die Regelungen erstauf Anforderung bezogen werden können.

Soweit das VG Köln der Rechtsauffassung der Bundes-netzagentur nicht gefolgt ist, werden die Erfolgsaussich-ten einer Berufung genau geprüft. Die Bundesnetzagenturist insbesondere der Ansicht, dass der unverzichtbareMindestinhalt von NBS auch die Informationen über dieArt der Serviceeinrichtung, wie die Ausstattungsmerk-male im Rahmen der Infrastrukturbeschreibung, enthaltenmuss. Die Bundesnetzagentur sieht auch einen weiterenAnwendungsbereich eisenbahnregulatorischer Vorschrif-ten bei bestimmten Entschädigungsregelungen oder auchder „unterjährigen Änderung“ des Leistungsumfangs so-wie bei der Übertragung von Rechten und Pflichten desEIU auf Dritte.

In der vom Gericht angenommenen geringeren Regulie-rungstiefe bei Wartungseinrichtungen, die sich z. B. darinzeigt, dass nach Auffassung des Gerichts keine Pflicht derBetreiber von Wartungseinrichtungen zur Beschaffungvon Ersatzteilen bestehen soll und für NBS von War-tungseinrichtungen ein „nochmals geringerer Umfang derMindestinhalte“ gelte, sieht die Bundesnetzagentur einenachteilige Entwicklung für den Wettbewerb.

5.6 DB Netz AG – Betrieblich-technische Regelwerke in SNB/NBS 2011

Die Bundesnetzagentur hat den beabsichtigten Änderun-gen der SNB 2011 und NBS 2011 zum Teil widerspro-chen. Den Schwerpunkt des Verfahrens bildet die beab-sichtigte Herausnahme zahlreicher Richtlinien aus dembetrieblich-technischen Regelwerk. Die DB Netz AG hatneben dem Widerspruch gegen den Bescheid einen An-

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Drucksache 17/4630 – 106 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

trag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beimVG Köln gestellt.

Nach Durchführung eines Erörterungsgesprächs mit denBeteiligten, bei welchem keine Einigung hinsichtlich derZuordnung der Richtlinien zu den Pflichtinhalten erzieltwerden konnte, hat das Verwaltungsgericht mit Beschlussvom 18. Dezember 2009 den Antrag auf Anordnung deraufschiebenden Wirkung abgelehnt. Es begründete seineEntscheidung u. a. mit dem Hinweis darauf, dass es sichbei der Frage nach dem gesetzlich vorgegebenen Pflicht-inhalt der SNB und NBS um eine schwierige Rechtsfragehandele, hinsichtlich derer eine offensichtliche Rechts-widrigkeit des Bescheides nicht festgestellt werdenkönne. Auch nach der Interessenabwägung sei kein unzu-mutbarer Nachteil für die DB Netz AG anzunehmen, dader Bescheid der Bundesnetzagentur lediglich die von derDB Netz AG selbst seit Jahren praktizierte Einordnungder Richtlinien bestätige.

Gegen den Beschluss hat die DB Netz AG Ende Dezem-ber 2009 Beschwerde beim OVG NRW eingelegt. MitBeschluss vom 2. März 2010 hat das OVG NRW die Ent-scheidung des VG Köln abgeändert und die aufschie-bende Wirkung des Widerspruchs der DB Netz AG ange-ordnet.

6 Ökonomische Grundsätze der Eisenbahn-regulierung

6.1 Kapitalkosten

Die Bundesnetzagentur beauftragte das Gutachterkonsor-tium Frontier Economics Ltd., TU Berlin, FachgebietWirtschafts- und Infrastrukturpolitik, sowie IGES InstitutGmbH damit, einen Weg für die Bestimmung der Kapi-talkosten im deutschen Eisenbahninfrastruktursektor auf-zuzeigen. Dazu war es erforderlich, angemessene Eigen-und Fremdkapitalzinssätze zu ermitteln sowie die Rand-bedingungen für eine angemessene Kapitalbasis aufzuzei-gen.

Die durch die Gutachter gewählte Vorgehensweise be-rücksichtigt die besonderen Bedingungen des Eisenbahn-sektors. Hierzu gehört insbesondere die Heterogenität desEisenbahninfrastruktursektors, der in bundeseigene (Ei-senbahninfrastrukturunternehmen der DB AG) und nicht-bundeseigene Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU)gegliedert ist, und dessen Nachfragestrukturen sich hin-sichtlich des Schienenpersonen- und Schienengüterver-kehrs unterscheiden. Darüber hinaus war die Tatsache zuberücksichtigen, dass weltweit kein EIU an der Börse no-tiert ist, welches ausschließlich Eisenbahninfrastrukturbetreibt.

Die Bundesnetzagentur ist nun auf Basis der Gutachtener-gebnisse in der Lage, Eigen- und Fremdkapitalkosten so-wie die Kapitalbasis für EIU festzulegen oder im Rahmenvon Entgeltprüfungen vorgelegte Zahlen zu bewerten.Ferner kann sie auch die Angemessenheit der Eigenkapi-talrendite von öffentlichen EIU und von integrierten Un-ternehmen überprüfen.

Die Bundesnetzagentur wird den Marktteilnehmern dieErgebnisse des Gutachtens im Laufe des Jahres 2010 vor-stellen und Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

6.2 Anreizregulierung im Eisenbahnsektor

Die Bundesnetzagentur stellt fest, dass über die Leis-tungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) hinauseine unmittelbar in den Entgeltvorschriften bestehendeAnreizwirkung zur Senkung von Kosten und Zugangsent-gelten derzeit nicht vorzufinden ist. Sie erachtet eine Wei-terentwicklung der Entgeltvorschriften, wie sie auch imKoalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist,für erforderlich. Auf Basis des seit Januar 2009 veröffent-lichten Abschlussberichts der Bundesnetzagentur zur Ein-führung einer Anreizregulierung im Eisenbahnsektorwurden unter anderem vertiefende Überlegungen zur Ver-wendung von Preisindizes, zu den für die Durchführungvon Effizienzvergleichen notwendigen Parametern sowiezu Maßstäben einer zulässigen Gesamtkapitalverzinsungangestellt.

6.3 Berücksichtigung externer Kosten in Preissystemen der EIU

Auch im Bereich des Schienenverkehrs werden verschie-dene Maßnahmen zur Lärmreduzierung diskutiert, unteranderem die Umrüstung der Lärmquelle Güterwagen mit„leiseren“ Bremssystemen. Hierzu hat der Bund unter an-derem ein Förderprogramm zur Umrüstung von ca.5 000 Güterwagen aufgelegt, die überwiegend auf denRheinstrecken verkehren. Im Rahmen dieses Pilotprojek-tes sollen Erfahrungen mit technischer und händischerWagenlauferfassung gesammelt werden, um die Einhal-tung der Förderbedingungen (Einsatz auf den Rhein-strecken) zu verifizieren und um die netzweite Laufleis-tungserfassung für Zwecke einer späteren preislichenUmrüstanreizung (über angepasste Trassenpreise) zu tes-ten. Die lokale Laufleistungserfassung für Zwecke derSteuerung der Lärmbelastung war dabei ebenfalls im Ge-spräch.

Die dazu interministeriell (BMVBS, BMWi, BMU,BMF) eingesetzte Arbeitsgruppe unter Leitung des Abtei-lungsleiters Eisenbahnregulierung der Bundesnetzagentursoll weiterhin die Möglichkeiten lärmabhängiger preisli-cher Umrüstanreizung genau untersuchen, die alle rechtli-chen Vorgaben (Diskriminierungsfreiheit; Erlösneutralitätim Rahmen des Vollkostenmaßstabs) erfüllen. Sowohl dieÜberlegungen zur Laufleistungserfassung als auch zurTrassenpreismodellierung sollen europakompatibel sein,das heißt alle in Europa zugelassenen und in Deutschlandeingesetzten Güterwagen erfassen.

In der Arbeitsgruppe wurden verschiedene Modelle be-trachtet, die entweder einen Bonus für lärmarme Güterwa-gen, einen Malus für die übrigen Güterwagen oder eineKombination aus beidem vorsehen. Eine preisliche Um-rüstanreizung muss in der Spreizung alle Kosten des Schie-nenwegbetreibers (Transaktionskosten für Datenhandling,Fakturierung und Abrechnung, der Eisenbahnverkehrs-unternehmen (Transaktionskosten für Datenhandling und

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Abrechnung) und der Wagenhalter (Umrüstung; Betrieb)abdecken und an diese in der Vertragskette weitergegebenwerden. Kontrovers diskutiert wurden Kostenpositionen,ihre Höhe und Kostenlast (Staats- oder Sektorbeteiligung)mit damit zusammenhängenden beihilferechtlichen undeisenbahnrechtlichen Problemen. Zudem wurden ver-schiedene Möglichkeiten erwogen, einzelne Wagen undihre lärmbezogenen Eigenschaften zu erfassen. Besonde-res Augenmerk galt dabei den Transaktionskosten, die beider Erfassung anfallen. Der Eisenbahnsektor machte da-bei nachdrücklich darauf aufmerksam, dass der Schienen-verkehr Marktanteile einbüßen werde, wenn er die Finan-zierung der anfallenden Umrüstungs- und Systemkostenselbst übernehmen müsse.

6.4 Inputpreisindex Eisenbahninfrastruktur

Im Rahmen des Forschungsprogramms 2009 des Wissen-schaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunika-tionsdienste GmbH (WIK) hat das WIK einen Diskus-sionsbeitrag zur Ableitung eines Inputpreisindex für dendeutschen Eisenbahninfrastrukturmarkt veröffentlicht.Hintergrund der Untersuchung war, dass in den vergange-nen Jahren im Rahmen der statistischen Aufbereitung derbei der Marktbeobachtung gewonnenen Daten über dieEntwicklung der Trassen- und Stationspreise sowie derFaktorpreise und Kosten entweder die allgemeine Infla-tionsrate (Verbraucherpreisindex) oder der Index der Er-zeugerpreise gewerblicher Produkte als Vergleichsmaß-stab herangezogen wurden. Beide Indizes zeigen z. T.unterschiedliche Entwicklungen. Daher entschied sichdas WIK, im Rahmen des Forschungsprogramms einKonzept zur Ermittlung eines fundierten, belastbaren undtransparenten Inputpreisindex für den deutschen Eisen-bahninfrastrukturmarkt zu entwickeln.

Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der Herlei-tung eines synthetischen Inputpreisindex für die Eisen-bahninfrastruktur. Zu diesem Zweck wurden Aufwands-positionen und Referenzunternehmen ausgewählt, sowieVergleichspreisindizes identifiziert und Gewichtungsfak-toren bestimmt. Bestandteile des Inputpreisindex EIUsind der Verbraucherpreisindex, verschiedene Erzeuger-preisindizes, zwei Arbeitskostenindizes und der Index derUmlaufsrendite festverzinslicher Wertpapiere. Die Fakto-ren ergeben sich aus den mit den unternehmensspezifi-schen Anteilen am Gesamtaufwand gewichteten Auf-wandsstrukturen.

6.5 Abbildung von Infrastruktur im Rechnungswesen von EIU

Im Rahmen der Marktbeobachtung der Bundesnetzagen-tur werden von öffentlichen EIU jährlich Unternehmens-daten erhoben. Dabei zeigte sich, dass EIU häufig nicht inder Lage sind, die erbetenen Daten zu liefern.

Um ihre Informationen qualitativ zu verbessern sowieden Aufwand bei den Unternehmen zu begrenzen, hat dieBundesnetzagentur eine Studie in Auftrag gegeben, in derdie Abbildung der Infrastruktur im Rechnungswesen vonEIU aufgearbeitet wird. Mit der Durchführung der Studie

wurde das Unternehmen KCW GmbH aus Berlin betraut,das wiederum auf die aktive Mitwirkung einiger EIU zu-rückgreifen kann.

Im Rahmen des Gutachtens werden Vorschläge für Indi-katoren erarbeitet, die der Bundesnetzagentur einen bes-seren Überblick verschaffen, ob diskriminierende odermissbräuchliche Entgelte vorliegen. Künftig möchte dieBundesnetzagentur in der Lage sein, Standards bei Kos-tenerfassung und Rechnungslegung vorgeben zu können.Derzeit gibt es für die Rechnungsführung der EIU keinespezifischen Vorgaben. Im Ergebnis verfolgen die einzel-nen EIU zum Teil völlig unterschiedliche Herangehens-weisen im Umgang mit dem Rechnungswesen, was eineeffiziente Regulierung erschwert.

7 Internationale Abstimmung der Regulierung

Auf der Grundlage des Artikels 31 der Richtlinie 2001/14/EG halten sich die europäischen Eisenbahnregulie-rungsbehörden über ihre Arbeit, ihre Entscheidungspraxissowie deren Grundsätze auf dem Laufenden. Ein Erfah-rungsaustausch erfolgt regelmäßig in bilateralen Treffen(Kapitel 7.1). Ein Schwerpunkt im Rahmen der interna-tionalen Tätigkeit blieb das Engagement der Bundesnetz-agentur in der „Internationalen Gruppe zur Verbesserungder Qualität des Eisenbahnverkehrs auf dem Nord-Süd-Korridor” (IQ-C) (Kapitel 7.2). Die multilateralen Treffenim Rahmen der Arbeitsgruppe der Eisenbahnregulie-rungsbehörden im Plenum aller europäischen Eisenbahn-regulierungsbehörden waren von zahlreichen Studien derKommission gekennzeichnet, die diese im Zusammen-hang mit der Änderung des ersten Eisenbahnpaketsdurchgeführt hatte (Kapitel 7.3).

Einen Erfolg konnten die europäischen Eisenbahnregulie-rungsbehörden nach den mehrere Jahre andauerndenVerhandlungen im Bereich der Aktivitäten der Eisenbahn-infrastrukturbetreiber durch Abschluss einer Absichts-erklärung mit der europäischen Vereinigung Rail NetEurope (RNE) verbuchen (Kapitel 7.4). Anlässlich einesvon den anderen europäischen Eisenbahnregulierungsbe-hörden erteilten Mandats beobachtete die Bundesnetz-agentur die Entwicklung der Technischen Spezifikationfür die Interoperabilität zum Teilsystem Telematikanwen-dungen für den Güterverkehr (TAF TSI) (Kapitel 7.5). In2009 hat die Bundesnetzagentur außerdem begonnen In-frastrukturverknüpfungsverträge von Schienenwegbetrei-bern benachbarter Länder auf die Einhaltung der Vor-schriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur hinzu überprüfen (Kapitel 7.6).

7.1 Bilaterale Treffen

Der in der Vergangenheit enge Erfahrungsaustausch mitder österreichischen Regulierungsbehörde Schienen Con-trol GmbH (SCG) wurde in 2009 fortgeführt und vertieft.Im Frühjahr lud die Bundesnetzagentur die SCG und denösterreichischen Eisenbahninfrastrukturbetreiber ÖBBInfrastruktur Betrieb AG zu einem Erfahrungsasstauschzum Thema Rahmenverträge ein. Unter Darstellung der

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Wettbewerbssituationen in Österreich und in Deutschlanddiskutierten die Teilnehmer der Veranstaltung über dierechtlichen Grundlagen des Abschlusses von Rahmenver-trägen sowie über deren Sinn und Zweck, im Rahmen ei-ner bestimmten Bandbreite für mehrere Jahre im VorausSchienenwegkapazität zu sichern. Ein Schwerpunkt derDiskussion war im Zusammenhang mit längerfristigenlaufenden Rahmenvertragsvereinbarungen auch die Fragenach der Investitionsintensität als Voraussetzung für eineGenehmigung der Laufzeiten von Rahmenverträgen.Standardisierte Mindestbestimmungen in Rahmenverträ-gen und eine Zusicherung von Infrastrukturqualität warenweitere Diskussionspunkte. Ferner war die Entscheidungdeutscher Verwaltungsgerichte zu Rahmenverträgen mitzeitversetztem Beginn der Betriebsaufnahme von Inte-resse. Der Austausch zwischen SCG und Bundesnetz-agentur unter anderem zu Rahmenverträgen hält nach wievor an.

Neben diesem Workshop fanden weitere bilaterale Tref-fen mit europäischen Eisenbahnregulierungsbehördenstatt. Die luxemburgische Regulierungsbehörde InstitutLuxembourgeois de Régulation (ILR) besuchte die Bun-desnetzagentur, um sich über den Aufbau einer für dieEisenbahnregulierung zuständigen Abteilung zu infor-mieren. Wie in der Bundesnetzagentur soll die Eisen-bahnregulierung in Luxemburg in einer sektorübergrei-fenden Einrichtung angesiedelt werden. Die Einladungder Bundesnetzagentur zu der für 2010 geplanten betrieb-lich-technischen Eisenbahnschulung soll die Grundlagefür eine weitere, enge Zusammenarbeit in der Zukunftschaffen.

Auch die neue französische Eisenbahnregulierungsbe-hörde Autorité de Régulation des Activités Ferroviaires(ARAF) informierte sich mit Blick auf ihre Neustruktu-rierung bei der Bundesnetzagentur insbesondere überAufbau und Finanzierung, aber auch über ein Vorgehenbei der Regulierung des französischen Eisenbahnsektors.Die Behörden haben sich für einen weiteren, insbeson-dere in der Anfangsphase wichtigen Erfahrungsaustauschausgesprochen. Auch vor dem Hintergrund, dass zahlrei-che bereits auf dem deutschen Eisenbahnmarkt tätigeMarktteilnehmer der Bundesnetzagentur Interesse an ei-ner Teilnahme am französischen Markt signalisiert haben,ist sie an einer engen Zusammenarbeit mit der ARAF in-teressiert.

Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit unter-stützt die Bundesnetzagentur die Kommission durch Be-antwortung zahlreicher Anfragen zu den vielfältigstenThemen aus dem Bereich Eisenbahnregulierung. Sienimmt auch an Umfragen anderer Regulierungsbehördenteil. In diesem Sinne beteiligte sich die Bundesnetzagen-tur an einer Studie, die das britische House of Lords zumStand der Bahnliberalisierung in Europa durchführte.

7.2 Internationale Gruppe zur Verbesserung der Qualität des Eisenbahnverkehrs auf dem Nord-Süd-Korridor (IQ-C)

Die enge Zusammenarbeit zwischen den IQ-C Eisen-bahnregulierungsbehörden fand auch in 2009 wieder im

Sinne der Verkehrsministerien der Anrainerstaaten desNord-Süd-Korridors von Rotterdam nach Genua/Mailandstatt. Themenbezogen unterstützte die SCG die Arbeit imRahmen der regelmäßigen IQ-C Arbeitsgruppentreffen.Anfang 2009 stellten die IQ-C Regulierungsbehörden denMinisterien ihren Jahresbericht 2008 sowie ihren Jahres-arbeitsplan für das Jahr 2009 vor. Beide wurden ange-nommen.

An die Regulierungsbehörden herangetragene Diskrimi-nierungsfälle wurden im Rahmen der IQ-C Arbeitsgrup-pentreffen erörtert und unter Berücksichtigung des jewei-ligen nationalen Rechts Lösungen zugeführt. Thema vonDiskussionen war auch der Umgang mit der Besetzung vonBetriebszentralen, in welchen täglich die Disposition desSchienenverkehrs stattfindet. Denn ein besonderes Augen-merk ist auf die Einhaltung des eisenbahnrechtlichenDiskriminierungsverbots zu richten, wenn Infrastrukturbe-treiber und bestimmte, wenige Eisenbahnverkehrsunter-nehmen (EVU) in Betriebszentralen auf engstem Raumzusammentreffen.

Neben dem Aufspüren von Wettbewerbshindernissen be-obachten die Regulierungsbehörden weiterhin die Ver-gabe internationaler Trassen für den Korridor. Die IQ-CRegulierungsbehörden haben sich erneut für eine transpa-rente bilaterale Zusammenarbeit mit der Vereinigungeuropäischer Eisenbahninfrastrukturunternehmen RailNet Europe (RNE) ausgesprochen. Im Rahmen der Ar-beitsgruppe der Eisenbahnregulierungsbehörden erreich-ten sie die Unterstützung der Kommission bei einem Vor-schlag für eine Absichtserklärung der europäischenRegulierungsbehörden, der Kommission und RNE. Mitdieser Erklärung wurde zwischen RNE und den Regulie-rungsbehörden die Weitergabe von Informationen überdie Ablehnung von Trassenbestellung im Rahmen desjährlichen Netzfahrplans vereinbart.

Wesentlicher Schwerpunkt der Arbeiten der IQ-C Treffenwar auch die Auseinandersetzung mit den praktischenAuswirkungen des Vorschlags für eine Verordnung zurSchaffung eines europäischen Schienennetzes für einenwettbewerbsfähigen Güterverkehr (vgl. 7.3). Insbeson-dere das darin verankerte Zusammenarbeitsgebot eröffnetden Eisenbahnregulierungsbehörden im Vergleich zu demin Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EG geregelten sehrviel detaillierter Maßgaben. Die praktische Umsetzungwurde zum Anlass genommen, die Zusammenarbeit derEisenbahnregulierungsbehörden zu intensivieren.

7.3 Arbeitsgruppe der Eisenbahn-regulierungsbehörden

Die Möglichkeit des Erfahrungsaustauschs zwischen al-len europäischen Eisenbahnregulierungsbehörden bietendie mehrfach jährlich unter dem Vorsitz der Kommissionstattfindenden Arbeitsgruppentreffen der Eisenbahnregu-lierungsbehörden.

Gegenstand dieser Arbeitsgruppentreffen waren in die-sem Jahr die vielfältigen Aktivitäten der Kommission.Die Kommission stellte ihre Planungen für die Neufas-sung des vor acht Jahren eingeführten ersten Eisenbahn-

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paketes vor. Außerdem kündigte sie eine Verordnung zurSchaffung eines europäischen Schienennetzes für einenwettbewerbsfähigen Güterverkehr an. Die bereits aktivenRegulierungsbehörden tauschten ihre Vorstellungen zumAnwendungsbereich der geplanten Schienengüterver-kehrsverordnung und den darin geregelten Zusammen-arbeitsgeboten aus.

Vor dem Hintergrund laufender Vertragsverletzungsverfah-ren gegen zahlreiche Mitgliedstaaten legte die Kommissioneinen Schwerpunkt ihrer Arbeiten auf die Erarbeitung ei-ner Auslegungshilfe für die Regulierungsbehörden beider Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Entgeltvor-schriften. Die Kommission befragte die Regulierungsbe-hörden im Rahmen mehrerer Studien unter anderem auchzu Nutzungsbedingungen und stellte die Ergebnisse vor.

7.4 Rail Net Europe (RNE)Einen Erfolg konnten die europäischen Eisenbahnregulie-rungsbehörden nach jahrelangen Bemühungen im Zusam-menhang mit der Aufgabe von RNE bei der Koordinationinternationaler Eisenbahnverkehre erzielen. Auf das zurBestellung grenzüberschreitender Trassen von RNE imInternet bereitgestellte IT-Tool Pathfinder hatten die euro-päischen Regulierungsbehörden mit Blick auf Transpa-renz und Diskriminierungsfreiheit bereits in der Vergan-genheit besonderes Augenmerk gelegt.

Die IQ-C Regulierungsbehörden hatten in Rahmen einesArbeitsgruppentreffens der europäischen Eisenbahnregu-lierer den Vorschlag einer Absichtserklärung mit RNEinsbesondere zur Anpassung der Software an die Bedürf-nisse der Regulierungsbehörden bei der Überwachungdes Netzzugangs zur Diskussion gestellt. Daraufhin hattedie Kommission ihre Unterstützung in dieser Angelegen-heit angeboten. Nach monatelangen zähen Verhandlun-gen konnte erreicht werden, dass die Kommission, dieVertreter von RNE, die Bundesnetzagentur sowie weitereRegulierungsbehörden im November eine Absichtserklä-rung unterzeichneten.

Weiterhin zu beobachten sein werden auch die Aktivitä-ten von RNE bei der bisher nicht abgeschlossenen Erstel-lung von Muster-Nutzungsbedingungen. RNE hatte sieEnde November im Rahmen des dritten, eigens für die Ei-senbahnregulierungsbehörden und die Kommission ver-anstalteten Jahrestreffen vorgestellt. Eine nähere Aus-einandersetzung mit den Musterkonditionen im Wege derZusammenarbeit ist nun Aufgabe der Eisenbahnregulie-rungsbehörden.

7.5 Technische Spezifikation für die Interoperabilität zum Teilsystem Telematikanwendungen für den Güterverkehr (TAF TSI)

Bei der TAF TSI handelt es sich um Regelungen zur Im-plementierung eines technischen Standards für einen eu-ropaweiten Austausch kommerzieller und operativer Da-ten im Eisenbahnverkehr. Die Spezifikation soll einenreibungslosen Übergang zwischen den Schienennetzenverschiedener Länder ermöglichen. Ziel ist dabei eine

weitere Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Ver-kehrsträgers Schiene.

Die europäischen Regulierungsbehörden hatten den Vor-sitzenden des TAF TSI Führungsgremiums, das die Ent-wicklungen der Schnittstellen für interoperable Systemekoordiniert, zu einem Arbeitsgruppentreffen der Eisen-bahnregulierungsbehörden eingeladen, um über den ak-tuellen Stand der Entwicklungen informiert zu werden.Eine transparente und diskriminierungsfreie Umsetzungder Spezifikationen sowie die Wahrung von Betriebs- undGeschäftsgeheimnissen bereits im frühen Entwicklungs-und Umsetzungsstadium ist den Regulierungsbehördenein besonderes Anliegen. Die europäischen Eisenbahnre-gulierungsbehörden mandatierten die Bundesnetzagentur,die Entwicklungen bei der Umsetzung der TSI zu verfol-gen und über ihre Feststellungen die anderen Regulie-rungsbehörden fortlaufend zu unterrichten. Zu diesemZweck nahm die Bundesnetzagentur als Beobachterin anden Treffen des TAF TSI Führungsgremiums teil und be-richtete anschließend in den Arbeitsgruppentreffen derRegulierer über ihre Beobachtungen.

7.6 InfrastrukturverknüpfungsverträgeIn 2009 hat die Bundesnetzagentur begonnen, den Infra-strukturverknüpfungsvertrag zwischen der DB Netz AGund dem polnischen EisenbahninfrastrukturunternehmenPKP PLK S.A. zu überprüfen. Infrastrukturverknüp-fungsverträge sind Vereinbarungen zur Erleichterung desgrenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs zwischen Ei-senbahninfrastrukturunternehmen benachbarter Länder.Sie werden auf der Grundlage staatlicher Abkommen,den Grenzabkommen, abgeschlossen. Die Infrastruktur-verknüpfungsverträge enthalten zahlreiche Details, vorallem konkrete betrieblich-technische Regelungen zumBetrieb einer grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecke.

Mit Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen zum„Grenzabkommen zwischen der BundesrepublikDeutschland und der Republik Polen über die Grundsätzeder Zusammenarbeit im Bereich des Eisenbahnverkehrsüber die deutsch-polnische Staatsgrenze“ war die Bun-desnetzagentur zurückhaltend mit Interventionen gegen-über dem Schienenwegbetreiber und beabsichtigt eine de-taillierte Prüfung nach Abschluss der Verhandlungen in2010. Bei den Verhandlungen des Staatsvertrags unter-stützte die Bundesnetzagentur das Bundesministerium fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung.

Anlass der Prüfung war eine Anfrage der Kommission andie Mitgliedstaaten aus dem Jahr 2008. Diese ging dahin,existierende Vereinbarungen zum grenzüberschreitendenEisenbahnverkehr auf ihre Vereinbarkeit mit dem beste-henden Gemeinschaftsrecht zu überprüfen. Die Kommis-sion vermutete auf Grund mehrerer Beschwerden von neuauf dem Markt einsteigenden Wettbewerbern unzulässigeBeschränkungen des Zugangs zum Schienenverkehrs-markt aus der Anwendung noch gültiger Grenzbetriebs-abkommen, den rechtlichen Vorläufern der Infrastruktur-verknüpfungsverträge. Eisenbahnverkehrsunternehmen,die über die Staatsgrenzen hinweg in anderen Ländern inden Wettbewerb eintreten wollten, schilderten Schwierig-

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keiten, mit denen sie aufgrund dieser Grenzbetriebsab-kommen konfrontiert wurden. Die Abkommen enthieltenteilweise ausschließliche Rechte für nur einige Verkehrs-unternehmen im grenzüberschreitenden Verkehr, ohnedass für die unterschiedliche Behandlung ein nach aktuel-lem Recht notwendiger sachlich gerechtfertigter Grundzu erkennen war.

Parallel zu den Verhandlungen der Staatsverträge habendie Eisenbahninfrastrukturbetreiber inzwischen begon-nen, mit den jeweils benachbarten Netzbetreibern Infra-strukturverknüpfungsverträge zu verhandeln und die be-trieblichen Regelungen für die einzelnen Grenzübergängezu überarbeiten. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt,sich diese sukzessive von der DB Netz AG zur Prüfungvorlegen zu lassen.

Teil III – Rolle der Bundesnetzagentur, Herausforderungen, Ausblick

1 Rolle und Organisation der Bundesnetz-agentur

1.1 Aufgaben und Struktur der Bundesnetz-agentur

Die Bundesnetzagentur, bei Gründung noch „Regulie-rungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP)“,wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1998 als Bundesober-behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürWirtschaft und Technologie (BMWi) errichtet. Sie ent-stand aus der Überleitung von Aufgabenbereichen ausdem ehemaligen Bundesministerium für Post und Tele-kommunikation (BMPT) sowie dem ehemaligen Bundes-amt für Post und Telekommunikation (BAPT). Im Zugeder Übernahme der Aufgaben aus dem Energiewirt-schaftsgesetz und dem novellierten Allgemeinen Eisen-bahngesetz wurde die Reg TP im Jahr 2005 in Bundes-netzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) umbenannt.

Die Bundesnetzagentur hat in erster Linie den Auftrag,durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation,des Postwesens, der Energiemärkte und des Eisenbahn-sektors den Wettbewerb zu fördern und einen diskrimi-nierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten, zudem inden Bereichen Telekommunikation und Post flächende-ckend für angemessene und ausreichende Dienstleistun-gen zu sorgen sowie Regelungen zu Frequenzen undRufnummern zu schaffen. Diese Aufgaben sind im Tele-kommunikationsgesetz (TKG), im Postgesetz (PostG), imEnergiewirtschaftsgesetz (EnWG) und im AllgemeinenEisenbahngesetz (AEG) festgelegt. Zahlreiche Verord-nungen und sonstige Ausführungsbestimmungen enthal-ten ergänzende Regelungen.

1.2 Aufbau der Abteilung Eisenbahn-regulierung

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtli-cher Vorschriften vom 27. April 2005 hat das AllgemeineEisenbahngesetz (AEG) eine umfassende Novellierungerfahren. Daraus haben sich für die Bundesnetzagentur

neue Zuständigkeitsbereiche im Rahmen der Eisenbahn-regulierung ergeben, die diese seit dem 1. Januar 2006wahrnimmt.

Die Bundesnetzagentur hat die Aufsicht über den Wettbe-werb auf der Schiene übernommen und ist somit für dieGewährung eines diskriminierungsfreien Zugangs zur Ei-senbahninfrastruktur, Schienenwegen und Serviceeinrich-tungen sowie den jeweiligen Dienstleistungen verant-wortlich. Dabei liegt die Fachaufsicht im Bereich derEisenbahnregulierung beim Bundesministerium für Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die organisa-torische Zuständigkeit und damit die Dienstaufsicht ver-bleibt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürWirtschaft und Technologie (BMWi).

Die Aufgaben der Bundesnetzagentur im Rahmen der Ei-senbahnregulierung ergeben sich in erster Linie aus den§§ 14 bis 14g AEG, die durch die Regelungen der Eisen-bahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) er-gänzt werden. Die Bundesnetzagentur wacht über dieEinhaltung der Zugangsvorschriften zur Eisenbahninfra-struktur, insbesondere hinsichtlich der Erstellung desNetzfahrplans, der Entgeltgrundsätze und der Entgelthö-hen.

Die Abteilung Eisenbahnregulierung der Bundesnetz-agentur besteht aus fünf Referaten. Davon sind zwei Re-ferate für grundsätzliche Fragestellungen zuständig. DasReferat 701 übernimmt vor allem die Bearbeitung rechtli-cher Grundsatzfragen. Das Referat 702 ist für ökonomi-sche Grundsatzfragen, Marktbeobachtung und Statistikzuständig.

Das Grundsatzreferat 701 gewährleistet die Kohärenz derEntscheidungen der Abteilung, nimmt Kontakte zu Bun-des- und Landesministerien, Verbänden, zur Europäi-schen Kommission und zum Eisenbahninfrastrukturbeiratwahr, führt die Projekte und Grundsatzverfahren außer-halb von Einzelfallentscheidungen durch und unterstütztdie anderen Referate bei Verfahren. Das Referat 702nimmt unter anderen die Aufgaben des Monitorings derbetrieblich-technischen Regelwerke von Eisenbahn-unternehmen, Erheben von Daten über den Zustand vonEisenbahninfrastrukturen sowie Marktbeobachtung undStatistik wahr. Es bearbeitet zudem grundsätzliche be-triebswirtschaftliche Fragestellungen zur Entgelt- undKostenkalkulation.

Die operativen Aufgaben werden von den anderen dreiReferaten, dem Referat für den Zugang zur Schienenin-frastruktur und Dienstleistungen (703), dem Referat fürden Zugang zu Serviceeinrichtungen und Dienstleistun-gen (704) und dem Referat für Entgelte für Schienen-wege, Serviceeinrichtungen und Dienstleistungen (705)wahrgenommen.

Referat 703 nimmt dabei unter anderem Prüfungen vor,wenn Trassenanmeldungen von zugangsberechtigten Ei-senbahnverkehrsunternehmen für den Netzfahrplan oderden Gelegenheitsverkehr abgelehnt werden (§§ 14d, 14eund 14c AEG) oder wenn wegen betrieblich-technischerRegelungen Schwierigkeiten beim Netzzugang bestehen(§ 14c AEG). Zudem werden durch das Referat Schienen-

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netz-Benutzungsbedingungen, Rahmenverträge und Schie-nenwegekapazitäten geprüft.

Das Referat 704 prüft und gewährleistet den diskrimi-nierungsfreien Zugang und die Nutzung von Service-einrichtungen und Dienstleistungen für Eisenbahn-verkehrsunternehmen und andere Zugangsberechtigte.Serviceeinrichtungen als Teil der Eisenbahninfrastruktursind dabei Personenbahnhöfe, Güterbahnhöfe und Termi-nals, Rangierbahnhöfe, Zugbildungseinrichtungen, Ab-stellgleise, Wartungseinrichtungen, Einrichtungen fürBrennstoffaufnahme und Häfen (§ 2 Absatz 3c AEG).

Das Referat 705 überprüft die Einhaltung der Entgelt-maßstäbe und Entgeltgrundsätze, die sich aus dem AEGund der EIBV ergeben. Des Weiteren werden die Veröf-fentlichung aller Listen der Entgelte und in Einzelverfah-ren Struktur und Höhe der Entgelte anhand von Einzel-kostennachweisen überprüft. Referat 705 ist zuständig fürrechtlich-ökonomische Fragestellungen und Angelegen-heiten im Zusammenhang mit den Entgelten für Schie-nenwege, Serviceeinrichtungen und Dienstleistungen.Die Fortentwicklung der Entgeltregulierung gehörtebenso zum Aufgabenbereich.

1.3 Eisenbahninfrastrukturbeirat

Der Eisenbahninfrastrukturbeirat bei der Bundesnetz-agentur ist ein Beratungsgremium mit gesetzlich definier-ten Aufgaben und Rechten. Er setzt sich aus 9 Mitglie-dern des Deutschen Bundestages und 9 Vertretern oderVertreterinnen des Bundesrates zusammen. Die Länder-vertreter müssen Mitglied einer Landesregierung seinoder diese politisch vertreten. Die Mitglieder des Eisen-bahninfrastrukturbeirates werden jeweils auf Vorschlagdes Deutschen Bundestages bzw. des Bundesrates von derBundesregierung berufen. Ein aktuelles Mitgliederver-zeichnis kann der Internetseite der Bundesnetzagenturentnommen werden.

Dieser Beirat wählt aus seiner Mitte ein vorsitzendes undein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied für die Dauervon zwei Jahren. Vorsitzende im Berichtszeitraum warendie Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer und UweBeckmeyer. Als stellvertretende Vorsitzende fungierte dieSenatorin bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklungdes Landes Berlin Frau Ingeborg-Reyer.

Zur Umsetzung der Regulierungsziele ist der Eisenbahn-infrastrukturbeirat berechtigt, bei der BundesnetzagenturAuskünfte und Stellungnahmen einzuholen. Er berät dieBundesnetzagentur bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabenund der Erstellung ihres Tätigkeitsberichts. Außerdem hatdieser Beirat die Aufgabe, der Bundesnetzagentur Vor-schläge für die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit zu machen.Die Bundesnetzagentur informiert den Eisenbahninfra-strukturbeirat regelmäßig über ihre aktuellen Aufgabenund Entscheidungen.

Der Eisenbahninfrastrukturbeirat hat im Berichtszeitraumfünf Mal getagt. Vor allem hat er sich mit der Rechtslageund Praxis der Vergabe von Rahmenverträgen, mit demStationspreissystem der DB Station&Service AG und mit

dem Anreizsystem zur Verringerung von Störungen (Per-formance-Regime) befasst.

Ein besonderes Augenmerk hat der Eisenbahninfrastruk-turbeirat im Berichtszeitraum auf die Einführung einerAnreizregulierung gerichtet. Nach Ansicht des Eisenbah-ninfrastrukturbeirates sollte die Anreizregulierung auf ei-nem ausgewogenen Konzept zur Senkung der Kosten undder Zugangsentgelte beruhen, bei dem die Auswirkungenauf die Nah- und Fernverkehrsnetze, die Wettbewerbsfä-higkeit sowie die Interessen der Beschäftigten und derEndkunden von Eisenbahnunternehmen berücksichtigtwerden.

2 Herausforderungen im gegenwärtigen Regulierungsrahmen

Nach vier Jahren Regulierungstätigkeit bei der Bundes-netzagentur kann mit Blick auf den gesetzlichen Auftragder Sicherstellung und Förderung von Wettbewerb imEisenbahnsektor eine positive Bilanz gezogen werden.Dennoch bleiben auch im gegenwärtigen Regulierungs-rahmen Herausforderungen für die Sicherstellung des dis-kriminierungsfreien Zugangs und die Wettbewerbsfähig-keit des Schienenverkehrs im intermodalen Wettbewerb.

2.1 Zugang zu Serviceeinrichtungen

Der Wettbewerberbericht 2009, in dem mehrere Verbändeder Eisenbahnbranche auf die Notwendigkeit eines Aus-baus des Regulierungsrahmens hinweisen, reklamiert beiden Serviceeinrichtungen insbesondere einen Bedarf aneiner Anhebung des Regulierungsniveaus an das des Zu-gangs zu Schienenwegen. Der Koalitionsvertrag der Re-gierungsparteien für die 17. Legislaturperiode vom26. Oktober 2009 hat diese Stimmen im Markt aufgegrif-fen und sieht eine Überarbeitung des Regulierungsrechtsim Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) und eine Stär-kung der Bundesnetzagentur vor und benennt dabei denZugang zu Serviceeinrichtungen.

2.1.1 Zugang zu Personenbahnhöfen, mit Blick auf Ausstattung und Leistungsumfang

Insbesondere beim Zugang zu Personenbahnhöfen er-möglicht der Regulierungsrahmen den EIU einen nichtunerheblichen Spielraum hinsichtlich der anzubietendenLeistungen. Anders als bei Schienenwegen sind Pflicht-leistungen nicht gesetzlich definiert. Die Bundesnetz-agentur hat sich in 2009 mit Beschwerden von Zugangs-berechtigten im Zusammenhang mit der Ausstattung vonBahnsteigen, insbesondere mit Medien zur aktuellenFahrgastinformation, auseinandergesetzt. Gerade imländlichen Bereich sind audio-visuelle Medien zur aktuel-len Information häufig nicht vorhanden bzw. werden ver-nachlässigt und zurückgebaut. Reiseinformationen imFalle von Verspätungen, etwa über die Dauer der Verspä-tung oder zur Erreichbarkeit von Anschlussverbindungen,können sich unmittelbar auf die von den Eisenbahnver-kehrsunternehmen (EVU) gegenüber ihren Fahrgästen zuerbringende Leistung auswirken.

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Neben den aktuellen Fahrgastinformationen an den Bahn-steigen besteht seitens der EVU ebenfalls ein Interesse ander Möglichkeit einer gesamtheitlichen Information derFahrgäste im Internet, die unterschiedslos alle Verkehrs-unternehmen auch bei der Meldung der aktuellen Ver-kehrslage berücksichtigt. Neben dem Streit darüber, inwelchem Umfang Informationsmedien auf Bahnsteigenvon wem zur Verfügung gestellt werden müssen, hat etwadie Gewalttat am Bahnhof Solln eine mangelhafte Ab-stimmung zwischen Eisenbahninfrastrukturunternehmen(EIU) und EVU bzw. Aufgabenträger über den Aufbauvon Notrufsäulen aufgedeckt.

Dort wo der Infrastrukturbetreiber bestimmte Leistungennicht erbringt oder auf bestimmte Ausstattungsmerkmaleverzichtet, fordern die Wettbewerber außerdem die Mög-lichkeit, den Fahrgästen zusätzlichen Komfort und Si-cherheit zu bieten (Qualitätswettbewerb). Eigenständigdurchgeführte Untersuchungen von Zugangsberechtigten,wie der Qualitätsbericht des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), zeigen ein stark uneinheitlichesBild der vorgehaltenen Ausstattungsmerkmale an Statio-nen, selbst an Bahnhöfen der gleichen Stationskategorie,auf. Auf der anderen Seite wird eine zunehmende Verla-gerung von Aufgaben und Pflichten auf die Zugangsbe-rechtigten als zugangshemmende Abwälzung eigenerPflichten des EIU angesehen, wie z. B. die Erhebung vonFahrgastzahlen oder auch die Übernahme von Verkehrssi-cherungspflichten zur Reisendensicherung an Bahnstei-gen.

Nicht nur bei Personenbahnhöfen zeigt sich, dass die Be-stimmung der Leistungspflichten eines EIU für dieZugangsberechtigten von Bedeutung für die eigene Leis-tungsplanung und damit für die Erbringung von Verkehrs-leistungen ist. So wird von einigen Wettbewerbern einZugangshemmnis darin gesehen, dass die Durchführungvon Rangierfahrten den EIU nicht als verpflichtendeLeistungen obliegen. In den großen Rangierbahnhöfender DB Netz AG wird der Rangierbetrieb in einem histo-risch gewachsenen Betriebsablauf zwischen DB SchenkerRail und DB Netz AG verzahnt. Eine neutrale Betriebs-führung an dieser Stelle würde die Zugangsbedingungenfür die Wettbewerber erheblich verbessern, ohne dabeidie Effizienz am Ablaufberg durch Lokomotiven unter-schiedlicher Zugangsberechtigter zu beeinträchtigen.Letztendlich ist auch hier die Frage entscheidend, in wel-chem Umfang die EIU verbundene Leistungen neben derZugangsgewährung erbringen müssen.

2.1.2 Zugang zu Wartungseinrichtungen, mit Blick auf Leistungsumfang und -beschreibung

Verschiedene Zugangsberechtigte, sowohl EVU als auchAufgabenträger, wiesen die Bundesnetzagentur auf nichtaussagekräftige Informationen über die Wartungseinrich-tungen der DB Regio AG hin. Die Bundesnetzagenturverpflichtete diese daher, in ihre NBS eine aussagekräf-tige Beschreibung der in den jeweiligen Werkstätten kon-kret angebotenen Leistungen aufzunehmen. Das Oberver-waltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) kam

unter Auslegung des § 10 Absatz 1 Eisenbahninfrastruk-tur-Benutzungsverordnung (EIBV) zu dem Ergebnis, dassim Gesetz für Wartungseinrichtungen keine Ermächti-gungsgrundlage für die Forderung einer konkreten Leis-tungsbeschreibung bestehe (OVG NRW, 19. November2008 – 13 B 1543/08). Auch das VerwaltungsgerichtKöln (VG Köln) bestätigte diese Ansicht in seiner Ent-scheidung vom 4. Dezember 2009 (vgl. Teil II – Kapi-tel 5.5).

Hinzu kommt, dass nach Ansicht der Gerichte die Nut-zungsbedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) an„informierte Fachleute“ gerichtet seien, von denen eineeigenständige Aufklärung bestehender Fragen erwartetwerden könne. Die Bundesnetzagentur legt jedoch großenWert auf transparente, verbindliche und vollständige In-formationen in den NBS. Dies schließt insbesondere dietechnischen und betrieblichen Bedingungen ein, zu denenneben der Infrastruktur- und Leistungsbeschreibung auchdie betrieblich-technischen Regelwerke für alle Arten vonServiceeinrichtungen gehören, die in einer Serviceein-richtung gelten sollen oder eingeführt werden. Das Kon-zept der Informationen als Holschuld führt dazu, dasskein EVU abschätzen kann, ob es genauso umfassend,rechtzeitig und richtig informiert wird wie seine Wettbe-werber. Informationsparität ist vielmehr am wirkungs-vollsten durch die Veröffentlichung vollständiger NBS zuerreichen.

2.1.3 Baustellenplanung in Service-einrichtungen

Baustellen verursachen nicht nur auf den Strecken erheb-liche Behinderungen der Zugangsberechtigten. Der Zu-gang zum Hafen Dresden war auf Grund einer Vollsper-rung des einzigen Zuführungsgleises durch die DB NetzAG für mehrere Wochen abgeschnitten. Die sehr kurzfris-tige Sperrung mehrerer Brücken im Hamburger Hafen hatim gesamten Logistiksystem des Hafens zu Problemengeführt.

Zugangsberechtigte haben hervorgehoben, dass ein Be-darf für eine bessere Planung und Abstimmung der Aus-wirkung von Baustellen auf Serviceeinrichtungen besteht.Anders als bei Schienenwegen kann die Bundesnetzagen-tur nicht auf bestehende rechtliche Vorgaben zurückgrei-fen, um Betreiber einer Serviceeinrichtung anzuhalten,bei Baumaßnahmen die Vorhaltung nötiger Kapazitätenzu planen oder bei der Instandhaltung die Interessen derZugangsberechtigten nicht mehr als notwendig zu beein-trächtigen.

2.1.4 Betriebspflicht von Serviceeinrichtungen

Auch in 2009 setzten sich die Anfragen und Hinweisevon Zugangsberechtigten zum Zugang zu Eisenbahnin-frastrukturen, die zwar physisch noch vorhanden sind, je-doch von keinem EIU mehr angeboten werden, fort. Esging zumeist um Anlagen, die in der Vergangenheit vonder DB Netz AG unstreitig betrieben und vermarktet wur-den, heute jedoch auf Anfrage als „betrieblich stillgelegt“oder „nicht mehr vermarktet“ bezeichnet werden. Der

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 113 – Drucksache 17/4630

Frage, ob Zugangsrechte zu derartigen Eisenbahninfra-strukturen durchgesetzt werden können, geht die Fragevoraus, ob ihr Betrieb zu Recht stillgelegt bzw. eingestelltwurde. Für die Bewertung rechtlicher Fragen im Zusam-menhang mit der Stilllegung von Eisenbahninfrastruktu-ren (§ 11 AEG) sind die Aufsichtsbehörden zuständig,mit denen die Bundesnetzagentur sich intensiv abstimmt.

2.1.5 Urheberrechte bei betrieblich-technischen Regelwerken

Viele nichtbundeseigene Betreiber von Schienenwegenbzw. Serviceeinrichtungen verwenden technische und be-triebliche Regelwerke der DB AG oder des VerbandesDeutscher Verkehrsunternehmen (VDV). § 10 Absatz 1i. V. m. § 4 Absatz 1 EIBV verpflichtet die EIU, die (voll-ständigen) NBS zu veröffentlichen. Umstritten ist, obauch die „entlehnten“ Regelwerke veröffentlicht werdenmüssen und den Verfahrensvorschriften des § 10 Absatz 1und § 4 Absatz 4 und 5 EIBV unterliegen. Die betroffe-nen EIU bringen vor, sie würden mit einer Veröffentli-chung der durch andere erstellten Richtlinien gegen dasUrheberrecht verstoßen. Der VDV hat – gemeinsam mitder Bundesnetzagentur – das Problem erkannt und erar-beitet derzeit Lösungsvorschläge.

2.2 Entgeltregulierung

2.2.1 Wirksamkeit von Anreizsystemen

Betreiber der Schienenwege (§ 21 Absatz 1 EIBV) undEisenbahninfrastrukturunternehmen (§ 24 Absatz 1EIBV) sind verpflichtet, ihre Entgelte so zu gestalten,dass sie durch leistungsabhängige Bestandteile den Be-treibern der Schienenwege, beziehungsweise den Eisen-bahninfrastrukturunternehmen die Serviceeinrichtungenbetreiben, und den Zugangsberechtigten Anreize zur Ver-ringerung von Störungen und zur Erhöhung der Leis-tungsfähigkeit des Schienennetzes bieten. Die Vorschriftzielt auf die Vermeidung von Störungen und damit auf dieErhöhung der Effizienz des Betriebsablaufs ab. Was diekonkrete Ausgestaltung des vom Verordnungsgeber ver-ordneten Anreizsystems anbelangt, so liegt diese im Er-messen der Betreiber von Schienenwegen und Service-einrichtungen. Der Ermessensspielraum wird von denBetreibern von Schienenwegen und Serviceeinrichtungenim Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit und inOrientierung an den Notwendigkeiten und Zweckmäßig-keiten des Unternehmensgeschehens ausgefüllt.

Es hat sich gezeigt, dass die Umsetzung der gesetzlichenVorgaben zur Einführung von Anreizsystemen, da derGestaltungsspielraum erheblich ist, zu sehr unterschiedli-chen Ergebnissen im Hinblick auf die Vermeidung vonStörungen und die Erhöhung der Effizienz des Betriebs-ablaufs führen kann (vgl. Kapitel 4.3.2 und 4.3.3). Maß-geblich durch das Interesse und die Situation der Betrei-ber von Schienenwegen und Serviceeinrichtungenbeeinflusst, wurden teils erhebliche Effizienzpotentialedurch die Formulierung wirksamer Anreize gehoben.Umgekehrt lässt sich gleichwohl auch beobachten, dassmanche Anreizsysteme keine oder nur sehr geringe Wir-

kung entfalten. Die Bundesnetzagentur wird deren Wir-kungsweise weiter beobachten und versuchen tauglicheKriterien zu entwickeln, um die Umsetzung des gesetz-lich geforderten Anreizsystems weiterhin effizient undzielorientiert überprüfen zu können.

2.2.2 Entgeltregulierung bei Service-einrichtungen

Während die Entgelte für die Nutzung von Schienenwe-gen dem sogenannten Vollkostenprinzip (§ 14 Absatz 4AEG) unterliegen, ist der zentrale Maßstab für die Ent-gelte, die für die Nutzung von Serviceeinrichtungen erho-ben werden, § 14 Absatz 5 AEG (Missbrauchsverbot). ImZuge einer im Jahr 2009 beschlossenen Gesetzesände-rung wurde auch die Vorschrift nach § 14 Absatz 5 AEGangepasst. Neu aufgenommen wurde die Klausel, nachder eine missbräuchliche Beeinträchtigung der Wettbe-werbsmöglichkeiten der Zugangsberechtigten insbeson-dere dann vorliegt, wenn Entgelte gefordert werden, wel-che die entstandenen Kosten für das Erbringen derLeistungen in unangemessener Weise überschreiten. Da-mit hat der Gesetzgeber nun auch für Serviceeinrichtun-gen einen – wenn auch abweichend vom Vollkostenmaß-stab gestalteten – Kostenbezug im Gesetz formuliert. Dieneue Fassung ist gemäß § 40 Absatz 1 AEG seit dem1. Januar 2010 anzuwenden.

Mit der neuen Vorschrift nach § 14 Absatz 5 AEG hat derGesetzgeber den Maßstab für die Erhebung von Entgeltendurch Betreiber von Serviceeinrichtungen näher spezifi-ziert. Die Bundesnetzagentur sieht in der Anpassung ins-gesamt eine Erleichterung für die regulierungsbehördli-che Tätigkeit. Es ist nunmehr von einer verbessertenRechtssicherheit auszugehen. Auch für die Eisenbahnin-frastrukturunternehmen, die Serviceeinrichtungen betrei-ben, bedeutet die Gesetzesänderung eine klarere Bestim-mung der Kriterien zur Entgeltbemessung.

Klarheit herrscht nun darüber, dass die Bundesnetzagen-tur in ihren Prüfungen Einblick die Kostensituation einesEisenbahninfrastrukturunternehmens nehmen darf, auchwenn es sich nicht um einen Betreiber der Schienenwegehandelt. Dies hatte die Bundesnetzagentur zwar auch zu-vor bereits regelmäßig getan. Vereinzelt wurde dieseBefugnis jedoch angezweifelt. So erklärte etwa die DBStation&Service AG während der Prüfung des Stations-preissystems, dass sie nicht zur Übersendung von Datenaus der Kostenrechnung verpflichtet sei. Zudem fasste siedie damalige Rechtslage derart auf, dass überhaupt keinezwingende Verbindung zwischen den Entgelten und denihnen zugrundeliegenden Kosten bestehen müsse. DieseRechtsauslegung kann nun nicht mehr vertreten werden.Zumindest dann, wenn Entgelte und Kosten in einemdeutlichen Missverhältnis stehen, ist ein Eingreifen derBundesnetzagentur möglich und erforderlich.

2.2.3 Vollkostenregime, Grenzkostenausweis und Markttragfähigkeit

§ 14 Absatz 4 AEG umfasst die wesentlichen im Gesetzgeregelten Vorgaben zur Bildung der Entgelte für die Be-

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Drucksache 17/4630 – 114 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

treiber der Schienenwege (BdS). Nach Satz 1 hat der BdSdie Trassentgelte in der Höhe festzulegen, so dass ihmsämtliche entstehenden Kosten zuzüglich einer markt-üblichen Rendite ausgeglichen werden. Satz 2 gestattetdem BdS Aufschläge auf die „Kosten, die unmittelbaraufgrund des Zugbetriebs anfallen“ (Grenzkosten), zu er-heben. Hierbei kann er weiterhin die Aufschläge je nachder Marktsituation zwischen den Verkehrsleistungen undden Marktsegmenten innerhalb der Verkehrsleistung dif-ferenzieren, wobei deren Wettbewerbsfähigkeit zu ge-währleisten ist. In Satz 3 wird die Aufschlagsmöglichkeitdann wiederum eingeschränkt; der BdS darf bezogen aufein Marktsegment lediglich die Grenzkosten zzgl. einermarktüblichen Rendite erheben. Die von einer Verkehrs-leistung gegenüber anderen verursachten erhöhten Kos-ten, dürfen dabei nur dieser angelastet werden.

Dabei scheinen dem BdS zwei Kostenregime an die Handgegeben zu sein, einmal das Grenzkostenregime, auf deranderen Seite der Vollkostenansatz. Eine genaue Abgren-zung der Handlungsalternativen des BdS enthält das Ge-setz aber nicht, vor allem wird nicht abschließend geklärt,wie der BdS sich zwischen den Regimen bewegen soll.

Die Monopolkommission kritisiert in ihrem aktuellenSondergutachten (Bahn 2009: Wettbewerb erfordert Wei-chenstellung) die Widersprüche im geltenden Rechtsrah-men, welche die Ableitung eines konkreten Verhaltens fürden BdS verhindern. Zum einen problematisiert die Mo-nopolkommission das unklare Verhältnis der o. g. Rege-lungen in § 14 Absatz 4 AEG zueinander, die prima vistagegensätzliche Ansätze (Vollkostendeckung vs. Grenz-kostenansatz) beinhalten. Zum anderen diskutiert sie auchdie Widersprüchlichkeit der marktorientierten Preisdiffe-renzierung in § 14 Absatz 4 Satz 2 AEG im Verhältniszum Preisdifferenzierungsgebot nach Kostenverursa-chung in der Verordnung (vgl. § 21 Absatz 4 EIBV). DasMarkttragfähigkeitsprinzip erlaubt ein unterlaufen der ge-botenen Darstellung von Kostenbezügen und Ent-geltstrukturen. Die im Eisenbahnsektor etablierten Inter-essenvertretungen (Netzwerk Privatbahnen, mofair,BAG-SPNV) sprechen in ihrem Wettbewerber-Report Ei-senbahn 2008/2009 in Bezug auf die Infrastrukturentgeltesogar von einem „rechtsfreien Raum“.

3 Ausblick 2010

Im Bereich der Regulierung des Zugangs zur Eisenbahn-infrastruktur wird die Bundesnetzagentur die mit Über-nahme der Zuständigkeit zum 1. Januar 2006 aufgenom-menen Arbeiten auch 2010 konsequent fortsetzen. Ausder Vielzahl der im Jahr 2010 anstehenden Regulierungs-tätigkeiten sind die nachfolgenden hervorzuheben.

3.1 Entgeltregulierung

Die Entgelte für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktursind ein weiteres zentrales Element für den diskriminie-rungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur. Diskrimi-nierende, überhöhte oder prohibitiv wirkende Nutzungs-entgelte können bewirken, dass die Ausübung gesetzlich

verankerter Zugangsrechte erheblich erschwert bzw. inwettbewerbswidriger Weise unterlaufen wird.

3.1.1 Entgeltregulierungsverfahren Nach der Prüfung des Stationspreissystems der DB Sta-tion&Service AG im Jahr 2009 liegt der Fokus in 2010 inder intensiven Auseinandersetzung mit dem Trassenpreis-system (TPS) der DB Netz AG. Bislang konzentrierte sichdie Bundesnetzagentur auf eine selektive Überprüfungeinzelner Entgeltbestandteile (z. B. Regionalfaktor, Stor-nierungsentgelte) und -bedingungen (z. B. die Regelungzur Minderung). Nunmehr soll die modulare Struktur desTPS in ihrer Gesamtheit auf ihre Übereinstimmung mitden eisenbahnrechtlichen Entgeltvorschriften überprüftwerden. Das Augenmerk liegt somit sowohl auf der Kos-tenermittlung als auch -verteilung. Die Verpflichtung derDB Netz AG zur Vorlage von Daten aus der internen Kos-tenrechnung zur Substantiierung ihres Vortrages wirdeinen Schwerpunkt in 2010 bilden. Im Rahmen dieserEntgeltregulierungsverfahren sind im Einzelnen zu unter-suchen:

– Einhaltung des Vollkostenmaßstabs bei Schienenwe-gen (Ermittlung der tatsächlich entstandenen Kostenunter Berücksichtigung der Kostendeckung durch öf-fentliche Zuwendungen),

– Einhaltung der Entgeltmaßstäbe für Serviceeinrichtun-gen,

– Strukturierung auf der Basis von Kosten, die in unmit-telbarem Zusammenhang mit dem Zugbetrieb stehen,verkehrsspezifischen Kosten und Aufschlägen,

– Zuschlüsselung von Gemeinkosten,

– Berücksichtigung von Konzernumlagen und Verrech-nungspreisen in verbundenen Unternehmen,

– diskriminierungsfreie Anwendung des Markttragfä-higkeitsprinzips,

– Einzelbestandteile und Aufschläge,

– notwendige Ausstattung von Serviceeinrichtungen.

3.1.2 Minderungsregeln der Eisenbahn-infrastrukturunternehmen

Die Bundesnetzagentur hat die DB Netz AG im Jahr 2009dazu verpflichtet, die Regelungen zur Minderung desTrassenentgeltes für den Fall von Schlechtleistungen un-ter Berücksichtung behördlicher Maßgaben neu zu fas-sen. Die überarbeiteten Regelungen werden erstmals imJahr 2010 angewendet. Die Bundesnetzagentur wird dieEinführung der Regelungen unter Einbindung der Zu-gangsberechtigten begleiten und die Auswirkungen aufdie Wettbewerbssituation beobachten. Ziel ist es, mögli-che Defizite der neuen Regelungen möglichst zeitnah auf-zugreifen.

3.2 Konzept für eine Anreizregulierung Die Regelungsdichte der eisenbahnrechtlichen Vorschrif-ten zu Fragen der Entgeltregulierung bleibt hinter den

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 115 – Drucksache 17/4630

rechtlichen Vorgaben in anderen regulierten Sektorendeutlich zurück. Die Bundesnetzagentur erachtet eineWeiterentwicklung der Entgeltvorschriften für sinnvoll.Hiermit kann die bestehende Informationsasymmetriezwischen Eisenbahninfrastrukturbetreibern und Regulie-rungsbehörde verringert sowie eine über die Leistungs-und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) hinausgehende,unmittelbar in die Entgeltvorschriften integrierte An-reizwirkung zur Senkung von Kosten und Zugangsentgel-ten, geschaffen werden.

Auf Basis des im Mai 2008 fertig gestellten Abschlussbe-richts15 sowie auf Bitte des BMVBS wird die Bundes-netzagentur die Vorbereitungen für die Einführung einerAnreizregulierung weiter unterstützen. Hierzu wurdenund werden von der Bundesnetzagentur Vorschläge erar-beitet, welche Aspekte in einer Anreizregulierungsver-ordnung Berücksichtigung finden sollten. So wurden in2009 bereits erste Überlegungen zur Verwendung vonPreisindizes sowie zu der für die Durchführung eines Ef-fizienzvergleiches notwendigen Daten angestellt. Fernerwerden Maßstäbe für die zulässigen Renditen im Eisen-bahninfrastrukturmarkt entwickelt. Daneben gilt es, dieeinzelnen Schritte zu Beginn sowie während einer Regu-lierungsperiode zu konkretisieren. Zu den notwendigenVorarbeiten zählt das Festlegen der Vorgehensweise beiTeilschritten – beispielhaft sei die Ermittlung der indivi-duellen Effizienzposition von Unternehmen genannt –und die Bestimmung des jeweiligen Ausgangsentgeltni-veaus. Außerdem ist zunächst zu klären, wie im Rahmender symmetrischen Regulierung die Heterogenität des Ei-senbahninfrastrukturmarktes sinnvoll in der Anreizregu-lierung abgebildet werden kann.

Ferner werden Modelle zum Benchmarking regionalerund überregionaler Betreiber von Schienenwegen undServiceeinrichtungen entwickelt. In einem Benchmarkingregionaler Eisenbahninfrastrukturbetreiber werden kleinebundeseigene und nichtbundeseigene Betreiber anhandvon Kosten- und Leistungskennzahlen verglichen. Bei ei-nem Benchmarking überregionaler Betreiber werden diegroßen Infrastrukturunternehmen der DB AG in einem in-ternationalen Vergleich betrachtet.

3.3 Konzept für ein lärmabhängiges Trassenpreissystem

Die Überlegungen zur Konzeption einer beihilfe- oderpreisgesteuerten Anreizung der Umrüstung von lautenGüterwagen sind auch in 2010 noch nicht abgeschlossen.Deutsche und internationale Studien zu Möglichkeitender Anreizsetzung, damit verbundenen Kosten, sowiewettbewerblicher und betrieblicher Wirkungen, werdenerst in 2010 abgeschlossen werden.

Parallel laufen im Rahmen der Neufassung („Recast“) derEisenbahnrichtlinien Beratungen zu diesem Thema in derEU-Kommission. Die Bundesnetzagentur wird diese Pro-

15 „Abschlussbericht der Bundesnetzagentur zur Einführung einer An-reizregulierung im Eisenbahnsektor”, revidierte Fassung vom26. Mai 2008

zesse sowohl in einer interministeriell berufenen Arbeits-gruppe („Wagenverfolgung und Trassenpreisgestaltung“)als auch Kraft Amtes zur Vorbereitung von Kontrollender Trassenpreise weiter begleiten.

3.4 Anreizsysteme zur Verringerung von Störungen

Die Vorschrift des § 21 Absatz 1 Satz 1 EIBV verpflichtetdie Betreiber der Schienenwege, ihre Entgelte für diePflichtleistungen so zu gestalten, dass sie durch leistungs-abhängige Bestandteile den Eisenbahnverkehrsunter-nehmen und den Schienenwegbetreibern Anreize zurVerringerung von Störungen und zur Erhöhung der Leis-tungsfähigkeit des Schienennetzes bieten (vgl. 2.2.1).

Die DB Netz AG hatte ein Anreizsystem zur Fahrplanpe-riode 2006/2007 eingeführt, dieses nach zivilgerichtlicherAuseinandersetzung im November 2007 jedoch ausge-setzt. Damit blieben die gesetzlichen Vorgaben des Eisen-bahnrechts unerfüllt. Mit Bescheid von Dezember 2008verpflichtete die Bundesnetzagentur die DB Netz AG zurAnwendung eines Anreizsystems mit Beginn der Fahr-planperiode 2009/2010. Die Entscheidung eröffnete derDB Netz AG die Möglichkeit, an Stelle des bisherigenAnreizsystems ein neues unter Beteiligung des Markteszu entwickeln.

Die Bundesnetzagentur wird das neue Anreizsystem(ARS09) mit Blick auf die Umsetzung der Vorgaben desEisenbahnrechts prüfen. Das von der DB Netz AG vorge-stellte System wird durch große Flexibilität geprägt sein.Dies wird es den Marktteilnehmern und der Bundesnetz-agentur erschweren, die Umsetzung der gesetzlichenZiele Diskriminierungsfreiheit, Störungsabbau und Leis-tungserhöhung vor dessen Anwendung einzuschätzen.Die Bundesnetzagentur wird das geplante Anreizsystemdaher mit dessen Anwendung nach Beginn der Netzfahr-planperiode überprüfen und gegebenenfalls Maßnahmentreffen.

Die gesetzliche Picht zur Einrichtung eines Anreizsys-tems trifft nach § 24 Absatz 1 EIBV auch Betreiber vonServiceeinrichtungen. Die DB Station&Service AG wen-det ein Anreizsystem bereits seit 2007 an. Die Bundes-netzagentur wird die rechtskonforme Anwendung über-prüfen.

3.5 Öffnung der Betriebszentralen der DB Netz AG

Die Betriebszentralen (BZ) der DB Netz AG sind zustän-dig für die Koordination der Zugbewegungen im tägli-chen Betriebsablauf. Sie ergreifen insbesondere Maßnah-men zur Verspätungsbeseitigung. Aufgrund der vielenbetrieblichen Unregelmäßigkeiten im Bahnverkehr durchunterschiedliche Ereignisse und aufgrund häufiger Ab-weichungen vom Fahrplan haben die BZ einen erhebli-chen Einfluss auf die tatsächliche Durchführung der Zug-verkehre.

In den BZ der DB Netz AG sind konzerneigene Eisen-bahnverkehrsunternehmen (EVU) (DB Regio AG, DB

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Drucksache 17/4630 – 116 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Fernverkehr AG, Schenker Rail Deutschland AG) mitDispositionsarbeitsplätzen vertreten. KonzernexterneEVU haben in den BZ keine Arbeitsplätze. Der Zutrittwurde von der DB Netz AG bislang verweigert. Durchdie Anwesenheit der konzerninternen EVU in den BZkönnten diese besseren und schnelleren Einfluss auf dieEntscheidungen über die Koordination der Züge als kon-zernexterne EVU nehmen und dadurch Vorteile hinsicht-lich der Pünktlichkeit und Kosten ihrer Verkehre zu Las-ten der konzernexternen EVU erlangen.

Hierzu haben Bundesnetzagentur und Eisenbahn-Bundes-amt (EBA) zwei nahezu inhaltsgleiche Entscheidungengetroffen, deren Umsetzung und Auswirkungen auf denWettbewerb im Laufe des Jahres 2010 gegebenenfallsnachgehalten werden müssen. In dem Bescheid der Bun-desnetzagentur wurde die DB Netz AG verpflichtet, inter-essierten Wettbewerbern des DB Konzerns Zugang zuden unternehmenseigenen BZ einzuräumen. Zudemwurde festgelegt, dass die DB Netz AG den EVU ständigeinen Überblick über den Zugverkehr auf den Strecken,z. B. in Form eines modernen Internetsystems, gebenmuss, um die Entscheidungen der Disponenten der DBNetz AG in den BZ genau verfolgen zu können.

3.6 Konstruktionsverfahren und Koordinierungsverfahren

Die Zuweisung von Schienenwegekapazität zum Netz-fahrplan gemäß § 8 EIBV und im Gelegenheitsverkehrgemäß § 14 EIBV unterliegt zur Zeit keiner Kontrolledurch die Bundesnetzagentur, insbesondere in den Fällen,in denen im Koordinierungsverfahren gemäß § 9 Absatz 3EIBV laut Veröffentlichung der DB Netz AG für denNetzfahrplan 2010 ca. 12 000 Konstruktions- bzw. Nut-zungskonflikte einvernehmlich mit den Eisenbahnver-kehrsunternehmen gelöst werden konnten. InterneRegeln, nach denen das Koordinierungsverfahren durch-zuführen ist, sind derzeit im betrieblich-technischen Re-gelwerk der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nichtaufgestellt bzw. nicht veröffentlicht. Die Bestimmungender Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) ver-weisen lediglich auf grundsätzliche Verfahrensregeln.

In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wird die Bundes-netzagentur verstärkt untersuchen, nach welchen internenRegeln im Trassenkonstruktions- und Koordinierungs-verfahren zum Netzfahrplan als auch im Trassen-konstruktionsverfahren zum Gelegenheitsverkehr dieTrassenkonstruktionsentscheidungen zu Gunsten der ein-zelnen Zugangsberechtigten erfolgen.

3.7 Zugang zu Rangierbahnhöfen

Auch unter Berücksichtigung der Konjunkturkrise hat derZugang zu Rangierbahnhöfen und anderen Zugbildungs-anlagen für die Entwicklung im Schienengüterverkehrseine entscheidende Bedeutung nicht verloren. Trans-porteinheiten von unterschiedlichen Versendern können(und müssen) in diesen Serviceeinrichtungen, insbeson-dere bei Beförderungen über größere Entfernungen, neu

zusammengestellt bzw. richtungssortiert gebündelt wer-den, um dann in die jeweiligen Empfangsregionen weiter-transportiert zu werden.

Die Bundesnetzagentur hat in 2009 die Wettbewerbsbe-dingungen beim Zugang zu Rangierbahnhöfen und ande-ren Zugbildungsanlagen analysiert und ausgewertet. Anverschiedenen Stellen hat sie regulatorischen Handlungs-bedarf, insbesondere beim Verfahren der Kapazitätsver-gabe und bei der Betriebsführung, erkannt.

Die Bundesnetzagentur wird in 2010 weitere Schritte prü-fen. Dabei wird sie insbesondere berücksichtigen, dassdas System des Einzelwagenverkehrs aufgrund seinerStellung im intermodalen Wettbewerb einem starkenDruck ausgesetzt ist und auf Veränderungen sensibel re-agiert. Sie legt deshalb großen Wert auf die Beteiligungdes Marktes. Ziel soll eine Lösung sein, die sowohl beste-henden als auch neuen Geschäftsmodellen unterschiedli-cher Eisenbahnverkehrsunternehmen die Möglichkeitgibt, zukunftsweisend auf der vorhandenen Infrastrukturabgebildet zu werden.

3.8 MarktbeobachtungDie vielfältigen Aufgaben der Bundesnetzagentur setzenunweigerlich den Zugriff auf aktuelle und valide Informa-tionen voraus. Da sich gezeigt hat, dass alternative Daten-quellen nicht vorhanden sind, erhebt die Bundesnetzagen-tur seit 2006 Daten mittels Fragenbogen. In 2010 wird dieBundesnetzagentur zum fünften Mal eine Markterhebungdurchführen, in der die Unternehmen nach Angaben zumUnternehmensgegenstand und zu Umsatz, Verkehrsleis-tungen, Infrastruktur und Serviceeinrichtungen befragtwerden. Die Ergebnisse und Hinweise aus der aktuellenund den vorausgegangenen Marktbeobachtungen werdenanschließend publiziert und in einer Serie von Arbeits-treffen mit Verbänden und interessierten Eisenbahnunter-nehmen direkt erörtert. Darüber hinaus befasst sich dieBundesnetzagentur mit der fachlichen und technischenWeiterentwicklung der Markterhebung zur Beschleuni-gung der Abfrage und zur Verringerung des Aufwandesfür die teilnehmenden Unternehmen.

3.9 Internationale AktivitätenDie Kommission der Europäischen Gemeinschaften hatMitte 2009 einen Vorschlag zur Schaffung eines europäi-schen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Gü-terverkehr unterbreitet. Ziel der Verordnung ist danacheine Festlegung von grenzüberschreitenden Güterver-kehrskorridoren in den Mitgliedstaaten, teilweise nebenden bereits existierenden Korridoren. Für die Umsetzungder Verordnung durch die Mitgliedstaaten ist ein Zeit-raum von drei Jahren ab Inkrafttreten der Verordnungvorgesehen.

Auf den einzurichtenden Korridoren sollen rechtliche undorganisatorische Besonderheiten gelten. So soll beispiels-weise die Leitung der Güterverkehrskorridore laut Ver-ordnung durch einen „Exekutivrat“ aus Vertretern der Be-hörden der betreffenden Mitgliedstaaten erfolgen, der dieZiele festlegen sowie notwendige Infrastrukturmaßnah-

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117 – Drucksache 17/4630

men bestimmt und überwacht. Die betreffenden Infra-strukturbetreiber sollen ein „Verwaltungsgremium“ ein-richten, das für die Durchführung der Maßnahmen, dieInvestitionsplanung, die Zuweisung der Trassen – unterBerücksichtigung des Kapazitätsbedarfs des Personenver-kehrs –, die Vorhaltung von Kapazitätsreserven für denGelegenheitsverkehr und für das Verkehrsmanagementbei Störungen sorgt.

Für Deutschland als zentrales Eisenbahntransitland mitüber 50 Grenzübergängen für den Eisenbahnverkehr istdie Umsetzung der Verordnung insbesondere mit Blickauf die im Verordnungsvorschlag vorgesehenen Aktivitä-ten der Eisenbahnregulierungsbehörden von wesentlicherBedeutung. Artikel 18 des Verordnungsvorschlags erwei-tert die Befugnisse und Pflichten der Eisenbahnregulie-rungsbehörden aus Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EGerheblich. Durch eine verpflichtende Weitergabe von In-formationen zur Bearbeitung von Beschwerden oder zurDurchführung von Untersuchungen soll das Führenrechtsförmlicher Verwaltungsverfahren auch mit auslän-dischen Regulierungsbehörden ermöglicht werden.

Im Rahmen des bestehenden Arbeitskreises der Regulie-rungsbehörden der Niederlande, Deutschlands, derSchweiz und Italiens, der Internationalen Gruppe zur Ver-besserung der Qualität des Eisenbahnverkehrs auf demNord-Süd-Korridor (IQ-C), soll zunächst eine Klärungder durch den Verordnungsvorschlag aufgeworfenen offe-nen Verfahrensfragen herbeigeführt werden. Die dort ge-fundenen Ergebnisse werden anschließend auch auf an-dere Korridore übertragbar sein.

3.10 Infrastrukturverknüpfungsverträge einschließlich Zusatzvereinbarungen

In der Vergangenheit hatten die Staatsbahnen in EuropaVereinbarungen zur Erleichterung des grenzüberschrei-tenden Verkehrs geschlossen. Mit Inkrafttreten der neueneuropäischen Rechtsordnung wurden separate Verträgeder Eisenbahninfrastrukturbetreiber und Verkehrsunter-nehmen erforderlich.

Im Jahr 2008 bat die Kommission die Mitgliedstaaten,existierende Vereinbarungen zum grenzüberschreitendenEisenbahnverkehr auf ihre Vereinbarkeit mit dem beste-henden Gemeinschaftsrecht zu überprüfen. Die Kommis-sion vermutete Beschränkungen des Zugangs zumSchienenverkehrsmarkt aus der Anwendung noch existie-render, sogenannter Grenzbetriebsabkommen, die rechtli-chen Vorläufer der Infrastrukturverknüpfungsverträge.Die Verträge zur Verknüpfung der Eisenbahninfrastruktu-ren werden auf der Grundlage von Staatsverträgen abge-schlossen und sollen eine hohe Qualität des grenzüber-schreitenden Eisenbahnbetriebs gewährleisten.

Infrastrukturverknüpfungsverträge, einschließlich derenZusatzvereinbarungen, können rechtliche Hindernisse fürden Wettbewerb darstellen. In alten Abkommen fiel auf,dass sie teilweise ausschließliche Rechte für nur einigeVerkehrsunternehmen im grenzüberschreitenden Verkehrvorsahen. Auch die teilweise angepassten bzw. neuenVerträge haben dem Diskriminierungsverbot gegenüberEisenbahnverkehrsunternehmen zu genügen. Die Bun-desnetzagentur wird sich die Infrastrukturverknüpfungs-verträge von den deutschen Eisenbahninfrastrukturbetrei-bern daher zur Prüfung vorlegen lassen.

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Drucksache 17/4630 – 118 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

A

AEG Allgemeines Eisenbahngesetz

AG Aktiengesellschaft

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

AöR Anstalt öffentlichen Rechts

ARAF Autorité de Régulation des Activités Ferroviaires (Französische Eisenbahnregulierungsbehörde)

ARS Anreizsystem

Az Aktenzeichen

B

BAG-SPNV Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des SPNV e.V.

BAPT Bundesamt für Post und Telekommunikation

BdS Betreiber der Schienenwege

BMF Bundesministerium der Finanzen

BMPT Bundesministerium für Post und Telekommunikation

BMU Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

BMWi Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

BvSE Betreiber von Serviceeinrichtungen

BZ Betriebszentrale

C

CIR ELKE Computer Integrated Railroading – Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Kernnetz der Eisenbahn(Zugleitsystem mit erhöhter Leistungsfähigkeit)

D

DB AG Deutsche Bahn AG

E

EBA Eisenbahn-Bundesamt

EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz

EIBV Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung

EIU Eisenbahninfrastrukturunternehmen

EnWG Energiewirtschaftsgesetz

EU Europäische Union

EVS Euregio Verkehrssschienenetz GmbH

EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 119 – Drucksache 17/4630

G

Gbf Güterbahnhof

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GWh Gigawattstunde

H

HPA Hamburg Port Authority AöR

I

IQ-C International Group for Improving the Quality of Rail Transport in the North-South Corridor (Gruppe zurVerbesserung der Qualität des Eisenbahnverkehrs auf dem Nord-Süd-Korridor)

IRL Institut Luxembourgeois de Régulation (Luxemburgische Regulierungsbehörde)

K

KFZ Kraftfahrzeug

kWh Kilowattstunde

L

LuFV Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung

LZB Linienförmigen Zugbeeinflussung

LZ-Trasse Leerzug-Trasse

N

NBS Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen

NRW Nordrhein-Westfalen

O

OVG Oberverwaltungsgericht

P

PEK Plan zur Erhöhung der Schienenwegkapazität

Pkm Personenkilometer

PKP PLK PKP Polskie Linie Kolejowe (Polnischer Eisenbahninfrastrukturbetreiber)

PostG Postgesetz

R

Rbf Rangierbahnhof

RNE Rail Net Europe (Verbund Europäischer Eisenbahninfrastrukturbetreiber zur gemeinsamen Vermarktungvon internationalen Trassen)

S

SBB Schweizerische Bundesbahnen

SCG Schienen Control GmbH

SGV Schienengüterverkehr

SNB Schienennetz-Benutzungsbedingungen

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Drucksache 17/4630 – 120 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

SPFV Schienenpersonenfernverkehr

SPNV Schienenpersonennahverkehr

T

TAF-TSI Technical Specifications for Interoperability for Telematic Applications for Freight (Technische Spezifi-kation Interoperabilität für Telematikanwendungen im Güterverkehr)

TKG Telekommunikationsgesetz

tkm Tonnenkilometer

TPN Trassenportal DB Netz

V

VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg

VDV Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

VG Verwaltungsgericht

VRR Verkehrsverbund Rhein-Ruhr

W

WIK Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationstechnik

Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.deVertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

ISSN 0722-8333