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Kultur veranstaltungen aus Mittel- und Ost Europa in Berlin-Brandenburg www.moe-kultur.de AUSGABE 85 EIN PROJEKT VON JOE - PLATTFORM BERLIN E.V. DEZ 2012 / JAN 2013 REDAKTIONSSCHLUSS 14-12-2012 • Termine • Partner • Impressum • Veranstaltungsadressen unter www.moe-kultur.de Unsere Partner: Wissenschaftlich relevante Veranstaltungshinweise finden Sie im Berlin-Brandenburger Forum Osteuropa http://www.gesis.org/Kooperation/Information/Osteuropa/newslist.htm DGO InformationsZentrum Sozialwissenschaften Abt. Informationstransfer Osteuropa Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde e.V. SÜDOSTEUROPA- GESELLSCHAFT e.V. Zweigstelle Berlin DGO 1 MOE- KULTUR. DE

DGO - Arne Franke Dez-Jan... · an der Piata Victoriei, der 1937 bis 1944 von Duiliu Marcu (1885-1966) mit einer monumentalen Säulenhalle als Außenministerium geplant wurde oder

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  • Kulturveranstaltungen aus Mittel- und Ost Europa in Berlin-Brandenburg

    www.moe-kultur.de

    AUSGABE 85

    EIN PROJEKT VON JOE - PLATTFORM BERLIN E.V.

    DEZ 2012 / JAN 2013REDAKTIONSSCHLUSS 14-12-2012

    Termine Partner

    Impressum Veranstaltungsadressen

    unter www.moe-kultur.de

    Unsere Partner: Wissenschaftlich relevante Veranstaltungshinweise finden Sie im Berlin-Brandenburger Forum Osteuropa http://www.gesis.org/Kooperation/Information/Osteuropa/newslist.htm

    DGOInformationsZentrumSozialwissenschaftenAbt. Informationstransfer Osteuropa Deutsche Gesellschaft fr Osteuropakunde e.V.

    SDOSTEUROPA-GESELLSCHAFT e.V.Zweigstelle Berlin

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    MOE- KULTUR. DE

  • Ausstellung Diskussionen Film Literatur Performance Musik Tanz Theater Vortrag

    DEZ-JAN 2012/13

    SEITE 2MOE DEZ-JAN 2012/13

    MOE- KULTUR. DE

    IMPRESSUM

    MOE - Kultur- Newsletterein Projekt der JOE-Plattform Berlin e.V.www.joe-plattform.de

    REDAKTIONEwa Strzczynska-Wille (Gesamtredaktion)Angelika BucheltMichael KleineidamAgnieszka Mikolajewicz Iwona Uberman Natalie WassermanMario SchneiderSteffen Prieser (Layout)

    Weitere Informationen:www.moe-kultur.de (auch Veranstaltungsadressen)[email protected]

    INHALT

    Kalendarium

    >>Kulturkalender Dez-Jan 2012/13 (S. 4 - 8)Ausstellungen Diskussionen Film Literatur Performance Musik Tanz Theater Vortrag

    >>Notabene>>

    >> Aufgepasst!!! (S. 9 - 11)besondere Termine Hintergrundinformationen

    - RusImport Aktuelle Kunst aus RusslandBericht: Ewa Strozczynska-Wille, Michael Kleineidam

    - Weiterleben- Die Revolution, eine Glhbirne der Geschichte- Der Kranich fliegt- Zu weit gegangen (u.a.)

    >> Reihe: Profile (S. 12 - 14)- Deutsch-Russisches Forum und Petersburger Dialog

    Angelika Buchelt im Gesprch mit Martin Hoffmann

    >> Nachtrag (S. 15 - 18)- Ein Gastauftritt in Antwerpen, die Sowjetzeit im Gepck

    Peter Krger- Im Garten, wo der Zimt wchst

    Michael Kleineidam- Hre die Wahrheit, wer sie auch spricht

    Angelika Buchelt

    >> MOE-aktuell (S. 18)- Mit Postkarten und Pltzchen gegen Rassismus

    Oleksandra Bienert

    >> Lesetipp (S. 18 19)- Oberschlesien was ist das?

    Michael Kleineidam

    >> Besondere Orte einzigartige Geschichten (S. 20 - 24)- Weihnachten mit Mohn und Pilzen

    Malgorzata Bielinska- Wie ein Phnix aus der Asche

    Michael Kleineidam- Bukarest Architektur und Stdtebau im 20. Jahrhundert

    Arne Franke

    >> Kurz notiert (S.24 - 25) - wichtige Hinweise - Termine - Ausschreibungen und einiges mehr

    >> Unsere Partner:Osteuropa Zentrum Berlin Verlag (S. 18) Newsletter des Deutschen Kulturforums stliches Europa (S. 25)

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    NOTABENE

    Bukarest Architektur und Stdtebau im 20.JahrhundertArne Franke

    Den Namen der rumnischen, heute etwa 1,7 MillionenEinwohner umfassenden Hauptstadt Bukarest, die in derZwischenkriegszeit als Paris des Ostens oder, gerne auchvon den Bukarestern selbst, Klein-Paris (rum. Parismicul) genannt wurde, hrte man nach dem Sturz desCeaucescu-Regimes im Dezember 1989 vor allem imZusammenhang mit balkanischem Chaos, verelendeten undklebstoff-schnffelnden Straenkindern, tausenden vonstreunenden Straenhunden und katastrophalen Zustndenin Krankenhusern und Kinderheimen. Dachte man an dasStadtbild, so erinnerte man sich fast ausschlielich desmonstrs-architektonischen Vermchtnisses des DiktatorsCeaucescu, der groe Teile der historischen Stadt zugunsteneiner megalomanen Stadtplanung opferte und an dieStelle des abgerumten alten Zentrums einen titanischenPalast platzierte, der, ursprnglich ironisch-euphemistischals Haus des Volkes tituliert, gleichsam als architektoni-sche Metapher fr die Jahrzehnte lange Unterdrckung undAusbeutung der rumnischen Bevlkerung steht.Heute nahezu sechs Jahre nach dem Beitritt Rumnienszur Europischen Union ist Bukarest nach wie vor weitdavon entfernt, Ziel von Kulturtouristen zu sein. Zwar steu-ern diese die Hauptstadt an, doch nur, um sich vomFlughafen Otopeni in die reizvollen LandesteileSiebenbrgen oder die Maramuresch, zu denMoldauklstern oder an die Schwarzmeerkste bringen zulassen. Dabei hat die Stadt fast unendlich viele architekto-nische Reize und wenn man durch die noch historischerhaltenen Quartiere spaziert, allen voran das Handels- oderLipscaniviertel, benannt nach der Leipziger Strae (str.Lipscani), die an die Handelbeziehungen zur schsischenMessestadt erinnert, so erscheinen doch groe Teile desStadtbildes der rumnischen Metropole Bukarest mitteleu-ropisch verankert und damit dem Betrachter durchausvertraut.

    Dieses westliche Erscheinungsbild der Stadt liegt in derEntwicklung des modernen rumnischen Staates begrndet,zu dem sich 1861 zunchst die Donaufrstentmer Moldauund Walachei unter der Fhrung des Frsten Alexandru IoanCuza (1820-1873) zusammenschlossen. Nach der erzwun-genen Abdankung des spter in Heidelberg gestorbenenFrsten zugunsten des Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen 1866 und seiner Krnung als Knig Carol I. vonRumnien 1881 wurde Bukarest als Haupt- undResidenzstadt planmig ausgebaut. Dabei unterlag dieStadtplanung stark franzsischen Einflssen, insbesonderedurch die familiren Kontakte zu Napoleon III, dessen NeffeKnig Carol war. durch den Prfekten und Planer Georges-Eugne Haussmann. So wurden in Bukarest um den unre-gelmigen Altstadtkern strahlenfrmig verlaufende Alleenangelegt, die miteinander durch kreisrunde Pltze verknpftwurden. In diese wurde als eine der Hauptachsen die nachNorden fhrende Ausfallsstrae, die 1878 nach demUnabhngigkeitskrieg gegen die Osmanen Siegesweg(Calea Victoriei) genannt wurde, eingebunden. Weiterhinwurde 1871 der von der Altstadt nach Westen fhrendeBulevardul Regina Elisabeta angelegt, der sogleich mitreprsentativen Verwaltungsbauten und groen Villenbesetzt wurde und dessen nrdliche Begrenzung der schonim spten 18. Jahrhundert geschaffene Cismigiu-Park bilde-te. Um 1900 entstand im Norden die Piaa Roman alsKnotenpunkt fr den west-stlich verlaufenden Lascar-Catargiu-Bulevardul, der ein nobles Wohnviertel mit zumTeil heute noch erhaltenen Villen des Historismus erschloss,

    mit dem parallel zur Calea Victoriei von Nord nach Sd ver-laufenden Bulevardul Magheru.In der Altstadt, insbesondere im Bankenviertel, wie in denneu erschlossenen Stadterweiterungen errichtete man nunVerwaltungs- und Wohnbauten in historistischen Formen.Bevorzugt wurden wiederum franzsische Architekten, wiebeispielsweise der 1843 geborene Paul Gottereau, der u. a.die heute noch erhaltenen Gebude der 1891 bis 1895gebauten Zentralbibliothek an der Piata Revolutiei sowie die1900 vollendete Spar- und Depositenkasse schuf. Seinkaum weniger bedeutender Landsmann Albert Galleron(1846-1930) vollendete neben der ab 1883 errichtetenNationalbank 1895 das Athenum eine doppelgeschossi-ge Konzerthalle mit ausgezeichneter Akustik Spielsttteder rumnischen Staatsphilharmonie, die lngst Weltgeltungerreicht hat. Zunehmend kamen rumnische Architektenhinzu, die an der cole des Beaux Arts in Paris studiert hat-ten, wie Alexandru Savulescu (1847-1902), der ab 1894 dasmonumentale neoklassizistische Postpalais, das heutigeHistorische Museum entstehen lie oder Petre Antonescu(1873-1965), der wenig spter das eklektisch-berborden-de Cretulescu-Palais, seit 1972 UNESCO-Zentrum frHochschulbildung, fertig stellte. Ebenfalls aus dieserEntwicklungslinie stammt Ion Berindei (1871-1928), der ab1902 das ppig zum Teil bereits in Formen des ArtNouveau dekorierte Palais fr die BojarenfamilieCantacuzino entwarf, das heute als Gheorge-Enescu-Museum ffentlich zugnglich ist. Noch im ersten Drittel deszwanzigsten Jahrhunderts kulminierte der Historismus inForm des Knigsschlosses (Palatul Regal), dem heutigenMuzeul National de Arta al Romniei, dessen Umbau 1927bis 1937 in neoklassizistischen Formen nach Entwrfen desArchitekten Nicolae Nenciulescu (1879-1973) realisiertwurde.

    Daneben lebte der als explizit rumnische Entwicklung nachdem walachischen Frsten Constantin Brncoveanu (1688-1714) benannte Brncoveanu-Stil wieder auf, der exempla-risch 1892 durch den spter fr seinen romantischenHistorismus bekannten Ioan Mincu (1852-1912) mit demursprnglich fr die Pariser Weltausstellung konzipiertenBffet am Promenadenweg (rum. Bufetul din oseauaKiseleff), dem heutigen Restaurant Doina, initiiert wurde.Schon bald begannen sich zahlreiche Architekten vom west-europisch orientierten Historismus zu lsen und diesenationalkonservative Bauweise weiter zu entwickeln, derenBlte insbesondere mit der Vereinigung von Siebenbrgen,der Bukowina und Bessarabien 1918 zu einemGrorumnien begann. Mit dieser historischen Entwicklung,die dem Land einen erheblichen Landgewinn bescherte,erfuhr auch die Hauptstadt Bukarest einen bedeutendenEntwicklungsschub. So vergrerte sich die Metropole in derZwischenkriegszeit von einer Flche von 5.600 auf 7.800Hektar die Bevlkerung stieg von knapp 400.000 auf870.000 Einwohner. Auf die nun notwendig gewordenen Verwaltungsgrobautenwurden hufig die verspielten Formen des Neo-Brncoveanu-Stil auch als Neo-Rumnischer Stil bezeich-net bertragen, u. a. zu sehen am 1906 von PetreAntonescu errichteten Ministerium fr ffentliche Arbeiten,dem heutigen Rathaus, dessen Fassade ebenso mit Loggien,rundbogigen Fenstergruppen und reichem Putzdekor geglie-dert ist, wie auch das 1912 bis 1927 geschaffeneFlgelgebude der Architekturfakultt der heutigen Ion-Mincu-Universitt oder der fast zeitgleichen ehemaligenMarmaroschbank. Zahlreiche neue Quartiere entstanden, die wiederum mitbreiten Straenzgen erschlossen wurden. So wurde zwi-schen 1936 und 1940 der heute nach dem rumnischenFreiheitskmpfer General Gheorghe Magheru benannte

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    NOTABENE

    Boulevard nach dem Vorbild der Pariser Avenue Henri Martinausgebaut als parallel zur Achse der Calea Victoriei ver-laufende Verbindung zwischen der Piaa Romana und derPiata Sf. Gheorghe. An dieser Prachtstrae reihen sich heutedie Inkunabeln der rumnischen Moderne aneinander. Hiererbaute der Vorreiter des Funktionalismus Horia Creanga(1892-1943), der im Frhjahr dieses Jahres mit einer gro-en Retrospektive in Bukarest gewrdigt wurde, zwischen1929 bis 1931 das Patria genannte Gebude der ARO-Versicherung. Dies war der erste Komplex, der mit seinemelfgeschossigen Eckbau die Stadtsilhouette entscheidendvernderte und damit auch die stilistischen Vorgaben derweiteren Gestaltung eines der bemerkenswertestenStraenzge der Hauptstadt bestimmte. Vier Jahre spterfolgte in Sichtweite das heute durch Umbauten entstellteBurileanu-Malaxa-Apartmenthaus (Bulevardul Balcescu 35).Sein Auftraggeber war der Groindustrielle Nicolae Malaxa,dessen Schwerindustrie- und Rstungsimperium vor allemdurch den Lokomotivbau bekannt wurde und fr denCreang an der Bukarester Peripherie einen gewaltigenIndustriekomplex entwarf.

    Zu den groen rumnischen Architekten-Persnlichkeitenzhlte auch George Matei Cantacuzino (1899-1960), dessenbaugeschichtliche Bedeutung jngst in einer von DanTeodorovici vorgelegten Dissertation an der UniversittStuttgart przise herausgearbeitet wurde. Der in Wiengeborene Cantacuzino, der, wie auch Creanga in Paris stu-diert hatte und sich in Rumnien in den 1920er Jahrenzunchst um die Restaurierung der im NordwestenBukarests liegenden Frstenresidenz Mogooaia verdientgemacht hatte, wurde vor allem durch seine Entwrfe frHotels und Villen an der Schwarzmeerkste bekannt. SeinOeuvre in Bukarest, in dem er zwischen Neopalladianismusund Funktionalismus schwankt, umfasste neben mehrerenApartmenthusern das zwischen 1932 und 1934 als hch-stes Gebude der Stadt entstandene Carlton-Haus, dessenEinsturz whrend des groen Erdbebens 1940 zahlreicheMenschen mit in den Tod riss.

    Ein weiterer Wegbereiter der rumnischen Moderne ist derArchitekt Marcel Iancu (1895-1984), der in Zrich studierteund als einer der Mitbegrnder des Dadaismus gilt, da er1916 mit Hans Arp und weiteren Knstlern das berhmteCabaret Voltaire erffnete. Neben der Herausgabe desMagazins Contimpuranul, einem der wichtigsten rumni-schen Sprachorgane fr zeitgenssische Kunst, konzipierteer in der Hauptstadt zahlreiche Villen und kleinereApartmenthuser, bis er 1941, getrieben durch die zuneh-mend-antisemitische Stimmung in Rumnien, nach Israelauswanderte. Auch ein bedeutender deutscher Architekt darf imZusammenhang mit der Moderne in Bukarest nicht verges-sen werden der aus Oberschlesien stammende RudolfFraenkel (1901-1974), der mit seinem Frhwerk, derErrichtung der Gartenstadt Atlantic in Berlin im Verein mitdem weltberhmten Kino Lichtburg europaweit Beachtungfand. Als jdischer Brger emigrierte er 1933 nach Bukarestund setzte dort seinen Erfolg als innovativer Architekt fort.Dort konnte er kurz nach seiner Ankunft bereits dieEntwrfe fr ein zehngeschossiges Versicherungshochhausder Adriatica Asigurarea realisieren zwischen 1935 und1937 entstand neben etlichen Fabrikgebuden und Villendas Kino Scala (Bulevardul Magheru), das in der abgerun-deten Linienfhrung Reminiszenzen an Bauten seinesLehrers Erich Mendelssohn erkennen lsst. Neben der Blockrandbebauung der groen Boulevards mitfunktionalistischen Grobauten entwickelten sich inBukarest zudem geschlossene Stadtviertel mit Ein- und

    Zweifamilienhusern des neuen Bauens, ganz hnlich, wieder Deutsche Werkbund sie in Stuttgart 1927 oder Breslau1929, die tschechische Sektion 1928 in Brnn oder 1932 inPrag initiiert hatten, allerdings weitgehend ohne experimen-tellen Charakter. Eine dieser Siedlungen befindet sich imnordstlichen Stadtteil Vatra Luminoas. Hier wurde zwi-schen 1933 und 1939 eine Beamtensiedlung mit 190 Ein-und Mehrfamilienhusern angelegt, von denen heute nochetliche ihr historisches Erscheinungsbild bewahrt haben.

    Mit dem Erstarken konservativer Krfte in der rumnischenRegierung und dem Beginn der Knigsdiktatur, verbundenmit dem Aufstieg des Generals und spteren Conducator(Fhrer) Ion Antonescu kam es in den spten 1930er Jahrenin der Architektur bald zur vlligen Abkehr vomFunktionalismus zu einem erneut national geprgtenNeoklassizismus so realisiert im heutigen Regierungssitzan der Piata Victoriei, der 1937 bis 1944 von Duiliu Marcu(1885-1966) mit einer monumentalen Sulenhalle alsAuenministerium geplant wurde oder der ebenfalls von ihm1937 an der Piata Eroilor konzipierten Militrakademie.

    Die Zsur des Kriegsendes war fr das Baugeschehen in derHauptstadt ohne grere Bedeutung. Allerdings wurden nundie sowjetischen Einflsse schnell sichtbar, deren stalinisti-scher Zuckerbckerstil, oder besser "SozialistischerRealismus auch hier Einzug hielt. So entstand, gewisser-maen als sowjetisch-ideologisches Vermchtnis, das 1956von Horia Maicu (1905-1975) vollendete Pressezentrum(Casa Presei Libere), mit dem stilistisch auf den 1947begonnenen Bau der Lomonossow-Universtitt in Moskaureagiert wurde und so mit hnlichen Danaergeschenken inanderen sozialistischen Staaten vergleichbar ist, wie bei-spielsweise dem Kulturpalast in Warschau (1952-1956) oderdem Hotel Druzba (1952-1954), dem heutigen CrownePlaza in Prag. Bereits in den 1960er Jahren begann die Architektur, sichwieder der Sachlichkeit, dem Internationalen Stil anzun-hern. Als spektakulre ffentliche Bauten entstanden bei-spielsweise der zentrale Ausstellungspavillon der heutigenROMExpo an der Piata Presei Libere, 1960 bis 1963 nachEntwrfen des Architektenkollektivs Ascanio Damian, MirceaEnescu u. a. erbaut, die khn geschwungene Kuppel des1960 fertiggestellten Staatszirkus von Nicolae Porumbescu(1919-1999) und Kollegen, sowie auch die an denKnigspalast im gleichen Jahr angebaute Kongresshalle(Sala Palatului) von Horia Maicu, Tiberiu Ricci und IgnaceSerban.

    Rumnien, das sich nach dem Tod des sowjetuniontreuenGheorghiu-Dej unter dem neuen Regierungschef NicolaeCeausescu zunehmend vom Sozialismus sowjetischerPrgung abgrenzte, einen eigenen politischen Weg ging undin der Anfangszeit noch viel Anerkennung im Westen ernte-te, entwickelte auch seine Architektur in westlicherAusrichtung weiter. Ein im Stadtbild weithin sichtbarerIndikator dafr ist das ab 1968 von einer Architektengruppeum Dinu Hariton begonnene, mit 20 Stockwerken hchsteGebude der Stadt, das Hotel Intercontinental, das mit demvier Jahre zuvor erbauten Nationaltheater ein heterogen-modernes Ensemble bildet.Eine katastrophale stdtebauliche Zsur setzte das groeErdbeben vom 4. Mrz 1977, das nicht nur viele Menschenttete und 35 Gebude der Innenstadt zusammenbrechenlie, sondern gewissermaen Initialzndung fr einen radi-kalen Stadtumbau war. Dieser wurde als sogenannteSystematisierung (rum. Sistematizire) durchgefhrt,einem 1974 durch das Parlament verabschiedetenProgramm, mit dem in den landwirtschaftlich geprgten

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    NOTABENE

    Regionen des Landes drfliche Strukturen und traditionelleWohnformen beseitigt werden und statt dessen neueagro-industrielle Zentren mit groen Wohnblockquartierenentstehen sollten. In der Hauptstadt wurde dieses Prinziperstmals umgesetzt, indem rund ein Fnftel der histori-schen, vom Erdbeben weitgehend unversehrten Altstadtbeseitigt und mehr als 40.000 Bewohner zwangsumgesie-delt wurden. Diese radikale Stadtsanierung ging einher mitdem Abbruch zahlreicher bedeutender Baudenkmale, wiedem befestigten Mihai-Vod-Kloster des 16. Jahrhunderts,von dem lediglich die translozierte Kirche erhalten blieb,weiteren Klstern, Kirchen, Synagogen sowie demMilitrmuseum und dem Nationalarchiv.Errichtet wurde hier das gigantische Haus des Volkes(Casa poporului), der heutige Parlamentspalast, der mitmehr als 300.000 Quadratmetern Nutzflche als zweitgr-tes Gebude nach dem Pentagon in Washington gilt. Der1983 begonnene neoklassizistische Koloss entstand unterder Leitung der Hauptarchitektin Anca Petrescu, die ein Heervon etwa 700 weiteren Architekten, Bauingenieuren undStatikern sowie etwa 20.000 Bauarbeiter koordinierte. Dermonstrse Baukomplex, von dem bis heute groe Teileungenutzt sind, ist zudem architektonischer Auftakt fr diehistorische Stadtquartiere rcksichtslos zerschneidende,rund vier Kilometer lange Straenachse des Boulevard desSieges des Sozialismus heute Boulevard der Einheit(Bulevardul Unirii). Diese orientierte sich in ihrerAusdehnung an den Pariser Avenue Champs Elysees, waraber rund zwei Kilometer lnger und um einen halben Meterbreiter als diese konzipiert. An ihren Flanken wurde eine biszu achtgeschossige, durch abgerundete Eckpavillons akzen-tuierte Blockrandbebauung mit postmodernen Fassadenkonzipiert, die Heim fr Tausende vonRegierungsangehrigen werden sollte. Heute werden dierealisierten Wohneinheiten des westlichen, knapp 1,5Kilometer langen Straenabschnitts zunehmend als teureEigentumswohnungen privatisiert. Hinter den Wohnblckenjedoch befinden sich groflchige Gelndebrachen, stehenleerstehende Halbruinen lterer Bebauung, ins Nichts lau-fende Straenfragmente, die an die ursprnglicheStraenfhrung der beseitigten Quartiere erinnern undeinige denkmalgeschtzte Baudenkmale, die wie hineinge-schobene Kulissenbauten die Wunden dieses katastrophalenStadtumbaues ein wenig kompensieren.

    Nach 1989 entwickelte sich die Stadt fast ohne grereUnterbrechung weiter, wobei im Zentrum und angrenzendenBereichen viele Baugrundstcke freigerumt wurden. Esentstanden etliche innovative Neubauten, die den raschenAnschluss der Architektur an internationale Entwicklungenzeigen. Eines der interessantesten realisierten Projekte istvielleicht das Hochhaus des rumnischenArchitektenverbandes (UAR) am Rande der Piata Revoluiei,das in die Ruine einer in den Revolutionswirren am 22.Dezember 1989 gnzlich ausgebrannten eklektizistischenVilla integriert wurde. Heute wchst aus diesem konservier-ten Mahnmal eine etwa dreiig Meter hohe prismatischeStahl-Glas-Konstruktion, die das geschundene Bauwerk mitden heutigen Zeitstrmungen eindrucksvoll vereint. Leider gibt es aber auch zunehmend weniger glcklicheNeubauvorhaben, insbesondere seitdem derWirtschaftsdruck auf Stadtplaner und Denkmalschtzer inder Metropole bestndig wchst. Nach wie vor beherrschenpolitische Rnkespiele und Korruption auch dieStadtentwicklung nur so ist beispielsweise die Errichtungdes 19-geschossigen Cathedral-Plaza-Brohochhausesunmittelbar neben der vom Wiener Architekten Friedrichvon Schmidt (1825-1891) erbauten katholischen Kathedralezu verstehen. Zunehmend werden auch Grundstcke zur

    Neubebauung freigegeben, auf denen nach wie vor einge-tragene Baudenkmale stehen eine Studie der RomanianPresidential Commission for Natural and HistoricalPatrimony weist nach, dass die neueren Zerstrungen anhistorischer Bausubstanz bereits die Vernichtung anBaudenkmlern whrend des Ceauescu-Regimes bertref-fen. Allen zuletzt beschriebenen Bausnden und den historischenBrchen zum Trotz ist Bukarest nicht nur aus architektoni-scher Sicht, eine der faszinierendsten und schillerndstenMetropolen Sdosteuropas, die weit mehr Aufmerksamkeitverdient htte, als sie bis heute erhlt.

    In diesem Zusammenhang:Eine auch fr kulturinteressierte Nichtarchitekten offeneStdtereise der Berliner Architektenkammer. Neben demBesichtigungsprogramm zu den oben erwhnten Bauten,Straen und Pltzen werden interessante Begegnungen mitrumnischen Architekten und Wissenschaftlern dasProgramm bereichern.Leitung: Arne Franke, Kunsthistoriker und DenkmalpflegerWeitere Informationen: Architektenkammer Berlin, Referat Aus- und FortbildungFax: (030) 29 33 07-16mail: [email protected]: http://www.ak-berlin.de

    Kurz notiert

    Erste DAAD-Dozentur fr deutsche Forschung in derSlowakeiAm Institut fr Germanistik, Niederlandistik undSkandinavistik der Comenius Universitt inBratislava/Pressburg wurde erst im Herbst 2012 eine neueDozentur fr germanistische Medien undKommunikationswissenschaften eingerichtet.

    EUROPEAN ASSOCIATION FOR THEATRE CULTUREAKT-ZENT INTERNATIONALES THEATERZENTRUMInternational Directors and Trainers ColloquiumEthik und Theater von Stanislawskij bis heute/ Leitung: Dr.Jurij AlschitzBerlin: 3. 8.1. Informationen/ Bewerbungen: www.theatreculture.org

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    MOE- KULTUR. DE

    SIBIRIEN REISEN 2013

    Neben der 4-tgigen Kreuzfahrt auf dem Baikalsee (u.a.)

    fhrt die Altaireise diesmal auch zum Sdufer des

    Telezker Sees mit seinen bizarren Felsformationen und

    den berhmten skythischen Kultsttten.

    www.baikal-altai.de

    Reisen 2013BUKAREST23.4. 27.4.