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Dialektwandel an der Staatsgrenze Die niederländisch-deutsche Grenze, neben Staats- und Sprachgrenze (jetzt) auch Dialektgrenze Tom Smits Münster, 11.05.2011

Dialektwandel an der Staatsgrenze

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Dialektwandel an der Staatsgrenze. Die niederländisch-deutsche Grenze , neben Staats- und Sprachgrenze (jetzt) auch Dialektgrenze Tom Smits Münster, 11.05.2011. Gliederung. 1. Einleitung: Forschungsdesiderate und historische Übersicht 2. Untersuchungsdesign: Methodologie - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

Dialektwandel an der Staatsgrenze

Die niederländisch-deutsche Grenze, neben Staats- und Sprachgrenze (jetzt) auch Dialektgrenze

Tom Smits Münster, 11.05.2011

Page 2: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

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Gliederung

1. Einleitung: Forschungsdesiderate und

historische Übersicht

2. Untersuchungsdesign: Methodologie

3. Dialektfunktion: Ergebnisse der Hypothesen

4. Dialektstruktur: Ergebnisse der Hypothesen

5. Fazit: Schlussfolgerungen und (“neue”)

Definition niederländischer Dialekte

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1. Einleitung

Desiderate der dialektologischen und (areal)linguistischen Forschung

Entwicklung der niederländisch-deutschen Kultur- bzw. Standardsprachengrenze

Entwicklung der Dialektgrenze

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1. Einleitung“Dutch and German are known to be two distinct languages. However, at some places along the Dutch–German frontier the dialects spoken on either side of the border are extremely similar. If we choose to say that people on one side of the border speak German and those on the other Dutch, our choice is [...] based on social and political rather than linguistic factors. This point is further emphasized by the fact that the ability of speakers from either side of the border to understand each other will often be considerably greater than of German speakers from this area to understand speakers of other German dialects from distant parts of Austria or Switzerland.” (Trudgill 1974: 15)

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1. Einleitung“[T]here are only a few studies about the process of dialect loss under the influence of a standard language. For fear of the fact that dialects would have faded away completely before they had been registered for posterity, dialectologists concentrated their investigations on the description of the old dialect forms. It is only recently that attention has been paid to the other side of the process of dialect loss: change under the influence of the standard language [...] The study of this part of the process is interesting because it deepens our insight into stability of linguistic elements. In other words, it shows us which elements are more susceptible to influence from another variety and which are less.” (Gerritsen 1991: 169)

Page 6: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

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1. Einleitung“Different studies on the influence of the standard language on the dialects of that language can give us an interesting picture of the standardization process under influence of that particular standard language. It gives us, however, no insight into the standardization process in general, since always one standard language is involved. A situation in which we could obtain some more insight into mechanisms of standardization could be one in which the same dialects are under the influence of different standard languages.” (Gerritsen 1991: 169)

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1. Einleitung“In this case the structure of the receiving dialects is the same, but the structures of the giving languages are different, and the dialect–standard situation differs from dialect to dialect. An advantage of this approach is that it can deepen our insights into the process of dialect change under the influence of standard languages in general and the role of the structure of the dialect and the dialect–standard situation in this process.”(Gerritsen 1999: 45)

Page 8: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

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1. Einleitung“Der Strukturwandel der Grenzdialekte ist unterschiedlich intensiv erforscht, sowohl hinsichtlich der einzelnen Regionen als auch der einzelnen sprachlichen Ebenen: Am deut-lichsten sichtbar und daher wohl auch am gründlichsten untersucht wurde Struktur-wandel unter standardsprachlichem Einfluß im Bereich des Wortschatzes”(Kremer 1993: 10-11)

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1. EinleitungSynthese: Desiderate

• sprachstrukturelle Faktoren zur Bestimmung niederländischer vs. deutscher Dialekte (vgl. Trudgill)

• Dialektverlust unter dem Einfluss der Standardsprache (oder der Umgangssprache) (vgl. Gerritsen 1991)

• genauer: Einfluss zweier unterschiedlicher Standardsprachen (NL vs. D) auf eine „grenz-überschreitende“ Mundart (vgl. Gerritsen 1999)

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1. Einleitung

Desiderate der dialektologischen und (areal)linguistischen Forschung

Entwicklung der niederländisch-deutschen Kultur- bzw. Standardsprachengrenze

Entwicklung der Dialektgrenze

Page 11: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

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1. Einleitung • bis ca. 1300: lateinische Schreibsprache

NL DFlandern Brabant Holland kein dominantes Zentrum„noch kein nl. Sprachgebiet und […] u.a. “westfelisch”noch keine nl. Standardsprache, die = westf.Schreibsprache,es zusammenhält, wohl aber eine inhärente Normie-Reihe von sprachlichen Phänomenen rungskräfte, aber nach[…], die sich im Nordwesten der kon- Westen hin schwertinentalen Germania konzentrieren abzugrenzenund später Bestandteil der nl. Stan-dardsprache geworden sind“ (Goossens 1985, 293) ! van der Sijs (2004): östlicher Einfluss

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1. Einleitung • bis ca. 1300: lateinische Schreibsprache

NL DFlandern Brabant Holland kein dominantes Zentrum„noch kein nl. Sprachgebiet und […] u.a. “westfelisch”noch keine nl. Standardsprache, die = westf.Schreibsprache,es zusammenhält, wohl aber eine inhärente Normie-Reihe von sprachlichen Phänomenen rungskräfte, aber nach[…], die sich im Nordwesten der kon- Westen hin schwertinentalen Germania konzentrieren abzugrenzenund später Bestandteil der nl. Stan-dardsprache geworden sind“ (Goossens 1985, 293) ! van der Sijs (2004): östlicher Einfluss

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1. Einleitung • bis ca. 1300: lateinische Schreibsprache

• 14.-16.Jh.: ostniederländisch-westfälische Schreibsprache (grenzüberschreitendes schreibsprachliches Kontinuum zwischen einem westlichen, holländischen und einem östlichen, westfälischen Zentrum)

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1. Einleitung • bis ca. 1300: lateinische Schreibsprache

• 14.-16.Jh.: ostniederländisch-westfälische Schreibsprache (grenzüberschreitendes schreibsprachliches Kontinuum)

• um 1600: Schreibsprachenwechsel Nd. ► Hd. nur auf deutscher Seite

• 1648: politische Grenze zwischen burgundi-schem und westfälischem Reichskreis (= heutige Staatsgrenze nördlich des Rheins)

= (schrift-/standard)sprachliche Grenze

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1. Einleitung

„Die Ablösung der niederdeutschen Schriftsprache“ (Kremer 1983: 52)

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1. Einleitung

( )

„Die Ablösung der niederdeutschen Schriftsprache“ (Kremer 1983: 52)

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1. Einleitung

Desiderate der dialektologischen und (areal)linguistischen Forschung

Entwicklung der niederländisch-deutschen Kultur- bzw. Standardsprachengrenze

Entwicklung der Dialektgrenze

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1. Einleitung• Isoglossen (Dialektgrenzen) überschreiten die

Staatsgrenze: Dialektkontinuum

• Schreibsprachenwechsel trifft Sprechsprache nicht: nach wie vor Dialekt

• 19.-20 Jh.: “Modernisierung” (Schulwesen, Mobilität, Massenmedien, (Urbanisierung))

• Folge für den Dialekt: Funktionsverlust

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1. Einleitung• Isoglossen (Dialektgrenzen) überschreiten die

Staatsgrenze: Dialektkontinuum

• Schreibsprachenwechsel trifft Sprechsprache nicht: nach wie vor Dialekt

• 19.-20 Jh.: “Modernisierung” (Schulwesen, Mobilität, Massenmedien, (Urbanisierung))

• Folge für den Dialekt: Funktionsverlust

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1. EinleitungFunktionsverlust ►Strukturverlust

• „Polyvalenz“ (Besch 1983:1401) der Standard- und Umgangssprache beeinflusst alte Diglossie mit dem Dialekt.

• Dialekt wird (in) immer weniger (Domänen) verwendet.

Funktionsverlust ► Strukturverlust • “[I]n a situation where a speaker, using a standard and a

dialect, has become more proficient in the standard and is losing the dialect, he may impose standard usage upon the dialect. Loss of structure and loss of function go hand in hand” (van Coetsem 1988: 76)

• Dialektstruktur unter dem Einfluss der Standard- bzw. Umgangssprache

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1. Einleitung

(Auer 2004)

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1. Einleitung

(Auer 2004)

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1. EinleitungStrukturverlust ► Dialektgrenze

• Strukturverlust infolge standardsprachlicher Transferenz vergrößert den strukturellen Abstand zwischen den Grenzdialekten, die sich immer deutlicher als niederländische und deutsche Dialekte gegenüberstehen.

• Staatsgrenze entwickelt sich zu einer Bruchstelle (zumal nach dem 1. WK), die nun auch die Dialekte voneinander trennt und einen Bruch im kontinental-westgermanischen Dialektkontinuum schafft.

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1. Einleitung

(Auer 2004)

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1. Einleitung

(Auer 2004)

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2. Untersuchungsdesign

untersuchte Dynamik in Dialektstruktur =

• Phonologie• Morphologie• Syntax

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2. Untersuchungsdesign ca. 30 linguistische Variablen

Phonologie•wgm. Kurzvokal -e in offener Silbe vor stimml. Plosiv•wgm. Kurzvokale in offener Silbe vor stimmh. Spirans •wgm. u•wgm. ō•wgm. ū•e-Apokope•wgm. g im Anlaut•wgm. l vor d/t•wgm. s(k)Morphologie•Genus•Derivation•Pluralbildung

•Diminuierung•Reziprokpronom•Konjugationsart •3. Sg. Präsens unregelm. Verben •Einheitsplural•Präteritum regelm. Verben•Partizip PerfektSyntax•Reflexivkonstruktionen•Artikelkonstruktionen•band-lek-Konstruktionen•Verbstellung•Verbwahl•Pronominaladverbspaltung•Konjunktion dat(t)•Imperativstellung

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• Phonologie (9 Var.)

z.B. e-Apokope

nl. lamp | ww. lampe = vr. Lampe = dt. Lampe

• Morphologie (10 Var.)

z.B. Präteritum

nl. probeerde | ww. preb(i)earn = vr. probéérn | dt. probierte

• Syntax (8 Var.)z.B. Pronominaladverb

nl. daar is de tijd mee vergaan = ww. dòòr is de tied mèt vergòòne = vr. daor is de Tied met hengaon | dt. damit ist die Zeit

vergangen

2. Untersuchungsdesign linguistische Variablen mit Systemkontrast

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• Phonologie (9 Var.)

z.B. e-Apokope

nl. lamp | ww. lampe = vr. Lampe = dt. Lampe

• Morphologie (10 Var.)

z.B. Präteritum

nl. probeerde | ww. preb(i)earn = vr. probéérn | dt. probierte

• Syntax (8 Var.)z.B. Pronominaladverb

nl. daar is de tijd mee vergaan = ww. dòòr is de tied mèt vergòòne = vr. daor is de Tied met hengaon | dt. damit ist die Zeit

vergangen

2. Untersuchungsdesign linguistische Variablen mit Systemkontrast

?

?

?

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Phonologie (1/2)

1. wgm. Kurzvokal -e in offener Silbe vor stimml. Plosiv nl. lepel = ww. lèèpel = vr. Lääpel | dt. Löffel

2. wgm. Kurzvokale in offener Silbe vor stimmh. Spirans nl. vleugel | ww. vlöggel = vr. Flöggel | dt. Flügel

3. wgm. u nl. bont | ww. bónt = vr. bunt = dt. bunt

4. wgm. ōnl. hoed | ww. hood= vr. Hood | dt. Hut

5. wgm. ūnl. muis | ww. moes = vr. Muus | dt. Maus

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Phonologie (2/2)

6. e-Apokope nl. lamp | ww. lampe = vr. Lampe = dt. Lampe

7. wgm. g im Anlaut nl. geld = ww. geld = vr. Geld | dt. Geld

8. wgm. l vor d/t nl. oud | ww. old = vr. old = dt. alt

9. wgm. s(k) nl. wassen | ww. wasken = vr. wasken | dt. waschen

nl. steekt = ww. stèk = vr. steck | dt. steckt

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Morphologie (1/2)

1. Genus nl. deksel, n. | ww. dekkel, m. = vr. Deckel, m. = dt.

Deckel, m.

2. Derivation nl. handelaar | ww. hèndler = vr. Händler = dt. Händler

3. Pluralbildung (Umlaut & Suffix) nl. bokken | ww. bukke = vr. Bücke = dt. Böcke nl.

koeien | ww. koone = vr. Kohne | dt. Kühe4. Diminuierung (Umlaut & Suffix)

nl. armpje | ww. èrmken = vr. Ärmken =/| dt. Ärmchen

5. Reziprokpronomen nl. het met elkaar kunnen vinden | ww. zik verstòòn = vr. sik verstaon = dt. sich verstehen

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Morphologie (2/2)

6. Konjugationsart nl. vroeg = ww. vro(a)g = vr. frogg | dt. fragte

7. 3. Sg. Präsens unregelmäßiger Verben (Umlaut & Suffix) nl. loopt | ww. løp = vr. löpp =/| dt. läuft

8. Einheitsplural nl. 3x hebben | ww. 3x hebb(e)t = vr. 3x häbbt | dt. haben, habt, haben

9. Präteritum regelmäßiger Verben nl. probeerde | ww. preb(i)earn = vr. probéérn | dt.

probierte

10.Partizip Perfekt (Präfix & Suffix) nl. gelopen | ww. eloapene = vr. (e)loopen =/| dt. gelaufen

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Syntax (1/2)

1. Reflexivkonstruktionen nl. (uit)rusten | ww. zik (oet)røsten = vr. sik uutrösten = dt. sich ausruhen

2. Artikelkonstruktionen nl. hij schudde zijn hoofd | ww. hee

schuddeken mèt de kop = vr. he schudden den Kopp = dt. er schüttelte den Kopf

3. band-lek-Konstruktionen nl. zijn vrouw is ziek | ww. hee hèf de vrouwe zeek

= vr. de häff de Frou krank | dt. seine Frau ist krank4. Verbstellung

nl. hij heeft dat niet willen doen | ww. hee hef dat neet doon willen = vr. he häff dat nich doon wollen = dt. er hat das nicht tun wollen

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2. Untersuchungsdesign: linguistische Variablen

Syntax (2/2)

5. Verbwahl nl. hij is met niets begonnen = ww. hee is mèt niks begónn’ne = vr. he is met nix anefongen | dt. er hat mit nichts angefangen

6. Pronominaladverbspaltung nl. daar is de tijd mee vergaan = ww. dòòr is de tied mèt vergòòne = vr. daor is de Tied met hengaon

| dt. damit ist die Zeit vergangen7. Konjunktion dat(t)

nl. hij heeft gezegd dat hij aan mij zou denken | ww. hee hef ezeg hee zol an mi denken = vr. he

häff säggt he sall an mi denken = dt. er hat gesagt, er wird an mich denken

8. Imperativstellung nl. laat dat! | ww. dat lòòt hen! = vr. dat laot wenn’! = dt. das lass sein!

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[variabel ]

• Wohnort der Gewährsperson

• Alter der Gewährsperson

• Geschlecht der Gewährsperson

• (Beruf der Gewährsperson)__________________________________________[invariabel] Dialektkompetenz der Gewährsp.

2. Untersuchungsdesign die sozialen Variablen

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40

Enschede ●

Winterswijk ●

● Gronau (Wf.)

● Vreden

Westmünsterland

● Borken

Gelderse Achterhoek

2. Untersuchungsdesign: soziale Variablen

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[variabel ]

• Wohnort der Gewährsperson

• Alter der Gewährsperson

• Geschlecht der Gewährsperson

• (Beruf der Gewährsperson)__________________________________________[invariabel] Dialektkompetenz der Gewährsp.

2. Untersuchungsdesign die sozialen Variablen

Page 42: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

42

•2 Altersgruppen mit “Pufferzone” von 10 Jahren: Sprachwandel anhand der Apparent-Time-Hypothese

• N = 40 autochthone, routinierte Dialektsprecher• Dialektkompetenz > Beruf (cf. Sanders 1979, Mattheier 1973, 1980)

2. Untersuchungsdesign: soziale Variablen

Winterswijk Vreden

-45 (jung) +55 (alt) -45 (jung) +55 (alt)

weiblich 5 5 5 5

männlich 5 5 5 5

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[variabel ]

• Wohnort der Gewährsperson

• Alter der Gewährsperson

• Geschlecht der Gewährsperson

• (Beruf der Gewährsperson)__________________________________________[invariabel] Dialektkompetenz der Gewährsp.

2. Untersuchungsdesign die sozialen Variablen

Page 44: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

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Bedeutung des Berufs für die Dialektkompetenz der nl. InformantInnen

Verteilung der erhobenen Daten (Varianten) nach Sprachvarietät (Dialekt ↔ Standard) und nach Berufsgruppe (handwerklich, kommunikationsorientiert)

handwerklich

kommunikationsorientiert

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

dialektal intermediär standardsprachlich

2. Untersuchungsdesign: soziale Variablen

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das Sprecherprofil

• Selbsteinschätzung?

• Sozialisation?

• Sprachgebrauch innerhalb der Familie (Partner, Kinder), mit Bekannten, im Beruf, in Geschäften und am Schalter?

• Attitüde zum Dialekt in den Printmedien, im Rundfunk und im Unterricht?

2. Untersuchungsdesign: soziale Variablen

Page 46: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

46

zur Dialektfunktion

Hyp. 1a: In der jüngeren Informantengeneration mehr, in der älteren weniger dialektaler Funktionsverlust

Hyp. 1b: In der männlichen Informantengruppe weniger, in der weiblichen mehr dialektaler Funktionsverlust

zur Dialektstruktur

Hyp. 2a: In der jüngeren Informantengeneration mehr, in der älteren weniger dialektaler Strukturverlust

Hyp. 2b: In der männlichen Informantengruppe weniger, in der weiblichen mehr dialektaler Strukturverlust

2. Untersuchungsdesign soziolinguistische Hypothesen

Page 47: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

47

zur Dialektfunktion

Hyp. 1: Auf dt. Seite mehr, auf nl. Seite weniger dialektaler Funktionsverlust

zur Dialektstruktur

Hyp. 2: Auf dt. Seite weniger, auf nl. Seite mehr dialektaler Strukturverlust

Hyp. 3: Die Staatsgrenze wird auf der Dialektebene zur

strukturellen Bruchlinie

2. Untersuchungsdesign linguistische Hypothesen

Page 48: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

48

10 Domänen/Situationen

• Partner• Kind• Nachbarn, Bekannte• “ferne” Bekannte• Vereine

+ Berechnung des durchschnittlichen Dialektgebrauchs in jeder Domäne/Situation

(steigender Formali-

tätsgrad)

• Kollegen• berufliche Kontakte• Geschäft• Bank• Rathaus

3. DialektfunktionMethode

Page 49: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

49

3. Dialektfunktion

Hypothese 1a: der altersbedingte Funktionsverlust

„In der jüngeren Informantengeneration mehr, in der älteren weniger dialektaler Funktionsverlust“

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0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

Nachb

arn/ B

ekan

nte

Vereine

Beka

nnte

auße

rhalb

Partn

er

Geschä

fte

Arbeit

skoll

egen

Kind(er

)

berufl.

Kontak

teBa

nk

Rathau

s

alt

jung

Ältere vs. Jüngere

[alt] über [jung] = Bestätigung der Hypothese (7/10)

Haupteffekt des Alters jedoch nicht statis-tisch signifikant:› Vorsicht mit Verall- gemeinerungen› Dialektresistenz

3. Dialektfunktion: Alter

Page 51: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

51

Hypothese 1b: der geschlechtsspezifische Funktionsverlust

„In der männlichen Informantengruppe weniger, in der weiblichen mehr dialektaler Funktionsverlust“

3. Dialektfunktion

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0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

Nachb

arn/ B

ekan

nte

Partn

er

Geschä

fte

Arbeit

skoll

egen

Vereine

Beka

nnte

auße

rhalb

berufl.

Kontak

teBa

nk

Kind(er

)

Rathau

s

m.

w.

Männer vs. Frauen

[m.] über [w.] = Bestätigung der Hypothese (9/10)

Haupteffekt desGeschlechts statis-tisch signifikant

3. Dialektfunktion: Geschlecht

Page 53: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

53

Hypothese 1: der länderspezifische Funktionsverlust

„Auf der deutschen Seite mehr, auf derniederländischen Seite weniger dialektalerFunktionsverlust“

3. Dialektfunktion

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54

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

Nachb

arn/ B

ekan

nte

Vereine

Partn

er

Arbeit

skoll

egen

Beka

nnte

auße

rhalb

Geschä

fte

berufl.

Kontak

te

Kind(er

)Ba

nk

Rathau

s

Achterh.

Wmld.

Niederländer vs. Deutsche

[Achterh.] über [Wmld.] = Bestätigung der Hypothese (8/10)

Haupteffekt desLandes statis-tisch signifikant

3. Dialektfunktion: Land

Page 55: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

55

Zusammenfassung

Der Funktionsverlust der Dialekte ist am größten (bzw. der Dialektgebrauch ist am geringsten)...

- in Deutschland (Hyp. 1)- bei jüngeren Dialektsprechern (Hyp. 1a) (?)- bei weiblichen Dialektsprechern (Hyp. 1b)

3. Dialektfunktion

Page 56: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

56

4. DialektstrukturMethode• Datenmaterial

linguistische Variablen = struktureller Kontrast zwischen Mundart und Standard (Dialekt- bzw. Strukturverlust an der Aufhebung des strukturellen Kontrastes feststellbar)

• DatenauswertungAntwort = standardsprachliche Variante?, wenn nicht = dialektale Variante?, wenn nicht: „intermediär“ (= Abbau)

• Überprüfung der HypothesenErgebnisse für sämtliche linguistischen Variablen addieren, um festzustellen, in welcher Sprechergruppe der mundartliche Strukturverlust am größten ist

• Apparent-Time-Methode (Labov 1966: 318ff.) Sprachwandel nicht zu zwei Zeitpunkten mit derselben Gewährsperson erforschen, sondern die Sprache einer älteren (= früherer Sprachzustand) mit der einer jüngeren Person (= heutiger Sprachzustand) vergleichen

Page 57: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

57

4. Dialektstruktur

Hypothese 2a: der altersbedingte Strukturverlust

„In der jüngeren Informantengeneration mehr, inder älteren weniger dialektaler Strukturverlust“

Page 58: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

58

fettgedruckte Zahlen: welche Sprechergruppe in welcher Belegkategorie die höhere Antwortenfrequenz hat

Ergebnis: Der mundartliche Strukturverlust ist am größten bei den jüngeren Sprechern. Mundart der älteren Gewährspersonen enthält mehr dialektale und weniger intermediäre und standardsprachliche Varianten als die der jüngeren Generation.

Winterswijk Vreden insgesamt

Stand alt jung insgesamt alt jung insgesamt dialektal

2970 (52,6%)

2502 (44,6%)

5472 (48,6%)

2074 (36,8%)

1854 (33,1%)

3928 (35,0%)

9400 (41,8%)

intermediär

155 (2,7%)

188 (3,3%)

343 (3,0%)

305 (5,4%)

349 (6,2%)

654 (5,8%)

997 (4,4%)

standardsprachlich

2519 (44,6%)

2926 (52,1%)

5445 (48,4%)

3258 (57,8%)

3391 (60,6%)

6649 (59,2%)

12094 (53,8%)

insgesamt 5644 5616 11260 5637 5594 11231 22491

4. Dialektstruktur: Alter

Page 59: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

59

altjung

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

dialektal intermediär standardsprachlich

Verteilung der erhobenen Daten (Varianten) über diebeiden Altersgruppen, je nach Sprachvarietät derVarianten

4. Dialektstruktur: Alter

Page 60: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

60

altjung

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

dialektal intermediär standardsprachlich

ältere Sprecher verwenden in der Erhebung zu 45 % Dialektmerkmale, jüngere Sprecher zu 39 %, d.h. 6 % Apparent-Time-Dialekt-verlust

standardspr. Varianten nehmen im Generationenübergang um 5 % zu, die intermediären Varianten um 1 %

Unterschied ist statistisch signifikant

4. Dialektstruktur: Alter

Page 61: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

61

Hypothese 2b: der geschlechtsgebundene Strukturverlust

„In der männlichen Informantengruppe weniger,in der weiblichen mehr dialektaler Strukturverlust“

4. Dialektstruktur

Page 62: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

62

Ergebnis: Der mundartliche Strukturverlust ist am größten bei den weiblichen Sprechern.

Mundart der männlichen Gewährspersonen enthält mehr dialektale und intermediäre und weniger standardsprachliche Varianten als die der weiblichen Gewährspersonen.

4. Dialektstruktur: Geschlecht

Winterswijk Vreden insgesamt

Stand m. w. insgesamt m. w. insgesamt dialektal

2737 (48,7%)

2735 (48,4%)

5472 (48,6%)

1985 (35,3%)

1943 (34,6%)

3928 (35,0%)

9400 (41,8%)

intermediär

182 (3,2%)

161 (2,9%)

343 (3,0%)

329 (5,9%)

325 (5,8%)

654 (5,8%)

997 (4,4%)

standardsprachlich

2696 (48,0%)

2749 (48,7%)

5445 (48,4%)

3308 (58,8%)

3341 (59,6%)

6649 (59,2%)

12094 (53,8%)

insgesamt 5615 5645 11260 5622 5609 11231 22491

Page 63: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

63

Verteilung der erhobenen Daten (Varianten) über die beiden Geschlechter-gruppen, je nach Sprach-varietät der Varianten

männlichweiblich

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

basisdialektal intermediär standardsprachlich

4. Dialektstruktur: Geschlecht

Page 64: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

64

Dialektkompetenz derbeiden Geschlechterrecht ähnlichDifferenz beträgt imSchnitt nur 0,5 %

Unterschied ist statistischnicht signifikant

?

männlichweiblich

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

basisdialektal intermediär standardsprachlich

4. Dialektstruktur: Geschlecht

Page 65: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

65

Hypothese 2: der länderspezifische Strukturverlust

„Auf der deutschen Seite weniger, auf derniederländischen Seite mehr dialektalerStrukturverlust“

4. Dialektstruktur

Page 66: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

66

• länderspezifischen Strukturverlust bestimmen = zwei unter-schiedliche Diasysteme (= Standard + Substandard) vergleichen

• linguistische Variablen nötig, bei denen Strukturverlust in beiden Sprachen möglich und das strukturelle Verhältnis zwischen Standardsprache und Mundart konstant ist: nur 5 phonologische, 6 morphologische, 1 syntaktische Variable

• van Bree (1985): jede substandardsprachliche Variante durch einen Zahlenwert ersetzen (dialektal= 1; interm.= 0,5; stspr.= 0)

• Summe aller Substandardbelege im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Antworten Prozentsatz, der Dialektalität/“Mundartgehalt” des Sprachverhaltens ausdrückt

• Dialektalitätswerte in Kombination mit der Variablen „Alter“:

Apparent-Time-Strukturverlust für jede linguistische Variable pro Land

4. Dialektstruktur: LandMethode

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67

Verteilung der durch-schnittlichen prozentua-len Dialektalität über die beiden Altersgruppen und Nationalitäten

NL: alt 67 %, jung 59 %

D: alt 68 %, jung 62 %

Achterhoek: WinterswijkWestmünsterland: Vreden

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

alt jung

4. Dialektstruktur: Land

Page 68: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

68

Verteilung der durch-schnittlichen prozentua-len Dialektalität über die beiden Altersgruppen und Nationalitäten

NL: alt 67 %, jung 59 % (App.-Time-Differenz -8 %)

D: alt 68 %, jung 62 % (App.-Time-Differenz -6 %)

Unterschied ist statistisch

signifikant

Achterhoek: WinterswijkWestmünsterland: Vreden

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

alt jung

4. Dialektstruktur: Land

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69

Zusammenfassung

Der Strukturverlust der Dialekte ist am größten:

- in den Niederlanden (Hyp. 2)- bei jüngeren Dialektsprechern (Hyp. 2a)- bei weiblichen Dialektsprechern (Hyp. 2b) (?)

4. Dialektstruktur

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70

5. Fazit

linguistische Hypothesen

Hyp. 1: Auf dt. Seite mehr, auf nl. Seite weniger dialektaler Funktionsverlust

Hyp. 2: Auf dt. Seite weniger, auf nl. Seite mehr dialektaler Strukturverlust

Hyp. 3: Die Staatsgrenze wird auf der Dialektebene zur strukturellen Bruchlinie

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71

[Winterswijk] [Vreden]

Standardniederländisch StandarddeutschUmgangssprache

“regiolect”

Mundart Mundartvertikales Kontinuum

5. Fazit

“DIAGLOSSIE” “DIGLOSSIE”

Page 72: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

72

[Winterswijk] [Vreden]

Standardniederländisch StandarddeutschUmgangssprache

“regiolect”

Mundart Mundartvertikales Kontinuum

5. Fazit

“DIAGLOSSIE” “DIGLOSSIE”

Page 73: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

73

Hypothese 3

„Die Staatsgrenze wird auch auf der Dialektebene zur strukturellen Bruchlinie“

1. Mundarten werden mit unterschiedlichen, weil standardsprachlichen Merkmalen durchsetzt

2. stärkere Regiolektentwicklung in Winterswijk

5. Fazit

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“(...) with the rise of the modern nation state in the nineteenth century, accompanied in the twentieth century by the emergence of modern communications, improved transportation networks, greater geographical and social mobility of populations, and universal education, political borders have become a far more potent factor in dialect divergence and convergence.

(Woolhiser 2006: 236)

5. Fazit

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In many parts of the developed world, and particularly on the European Continent, dialect areas or dialect continua that are divided by international borders are, in many cases, beginning to show signs of divergence, either as a consequence of cross-border differences in the degree of cross-dialectal levelling or dialect maintenance [2.], or as a result of convergence towards different superposed standard languages [1.].”

(Woolhiser 2006: 236)

1. Mundarten werden mit unterschiedlichen, weil standardsprachlichen Merkmalen durchsetzt

2. stärkere Regiolektentwicklung in Winterswijk

5. Fazit

Page 76: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

76

Definition niederländischer Dialekte

“Dutch and German are known to be two distinct languages. However, at some places along the Dutch–German frontier the dialects spoken on either side of the border are extremely similar. If we choose to say that people on one side of the border speak German and those on the other Dutch, our choice is [...] based on social and political rather than linguistic factors. This point is further emphasized by the fact that the ability of speakers from either side of the border to understand each other will often be considerably greater than of German speakers from this area to understand speakers of other German dialects from distant parts of Austria or Switzerland.” (Trudgill 1974: 15)

5. Fazit

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77

linguistic factors für eine Definition niederländischer (und deutscher) Dialekte anhand einer cross-border-Studie

standardsprachliche Transferenz

Divergenz der Grenzdialekte

urspr. „fugenloser“ Übergang zwischen nl. und dt. Dialekten unterbrochen

5. Fazit

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Transferenz (sub)standardsprachlichen Materials bietet linguistisches Kriterium für eine Definition nl. (& dt.) Dialekte

• Goossens (1968) startete Diskussion

unbrauchbare Kriterien = sprachliche Verwandtheit, Verständlichkeit

Kriterium = Diasystem mit standardsprachlicher Überdachung

!! nicht linguistisch, sondern soziolinguistisch (ders. 1972: 46)

5. Fazit

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• Goossens (1968: 21):

“Nederlandse dialecten zijn met het Nederlands verwante dialecten die gesproken worden in het gebied waar het Nederlands, en geen enger verwante taal [i.e. Friesisch] de rol van cultuurtaal vervult en bovendien de met het Nederlands verwante dialecten die gesproken worden in aan het gebied van de Nederlandse cultuurtaal grenzende gebieden zonder verwante cultuurtaal [i.e. Französisch Flandern].”

(in späteren Versionen entfernt)

• Reaktion von u.a. Willemyns (1968/69), Weijnen (1970), Kremer (1979, 1983)

5. Fazit

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80

• Kremer (1983): Kriterien “Bruchlinie” & “Transferenz”

Bruchstelle

“Zwischen den nl. und dt. Dialekten wiesen die Mundartaufnahmen der ersten Hälfte dieses (20.) Jahrhunderts [...] keine [...] Bruchstelle oder nur eine bemerkenswerte Mundartgrenze aus, die sich annähernd mit der Standardsprache [...] deckte.” (S. 181)

“Nl. Mundarten sind die kwgm. Dialekte, die durch die sprachlichen Bruchstellen der germanisch romanischen, der nl.-dt. und der nl.-friesischen Sprachgrenze begrenzt werden.” (S. 190)

5. Fazit

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Transferenz

“stspr. Transferenz als den Hauptfaktor von Sprachwandel in den Dialekten ansehen” (Kremer 1983: 187-188)

“Nl. bzw. dt. Dialekte sind die mit der nl. bzw. dt. Standardsprache verwandten und mit dieser durch vorherrschende und anhaltende stspr. Transferenz verbundenen Dialekte (und außerdem die am nächsten mit der nl. bzw. dt. Standardsprache verwandten Dialekte in Gebieten ohne eine näher verwandte Standardsprache) [u.a. Französisch Flandern].” (S. 188)

5. Fazit

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Nachdem Kremer (1979) die lexikalische Transferenz der Dialekte erfolgreich nachgewiesen hat, belegt diese Studie die grammatikalische und phonologische Transferenz

Definition moderner niederländischer Dialekte:

„Ein niederländischer Dialekt kennzeichnet sich durch eine vorherrschende Transferenz aus der (Sub-)Standard-varietät des Niederländischen und nicht aus einer Kultur- bzw. Standardsprache, die (historisch-genetisch) weniger mit diesem Dialekt verwandt ist.“

5. Fazit

Page 83: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

Dialektwandel an der Staatsgrenze

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Page 84: Dialektwandel an der     Staatsgrenze

Dialektwandel an der Staatsgrenze

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