Dialogpapier Frauenpolitik

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  • 7/31/2019 Dialogpapier Frauenpolitik

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    Frauenpolitik Fr nieDerSaCHSenneuer auFbruCH Fr Frauenpolitik in nieDerSaCHSen

    DialogInnovatIon und Gesellschaft

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    Dialogpapier Frauenpolitik fr Niedersachsen

    Neuer Aufbruch fr Frauenpolitik in Niedersachsen

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    Gleichstellungspolitik fr Frauen und moderne, partnerschaftliche Familienpolitik haben noch immer1

    hohe Bedeutung fr die Lebensqualitt in unserer Gesellschaft. Frauen sind heute dem Gesetz nach2

    Mnnern gegenber gleichberechtigt. Trotzdem erleben Frauen nach wie vor, dass echte Gleichbe3

    rechtigung, insbesondere im Erwerbsleben, noch lange nicht erreicht ist. Moderne Gleichstellungspo4

    litik zielt deshalb ganz besonders auf die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen ab.5

    6

    Umso dramatischer ist es daher fr Frauen, wenn in Zeiten konservativer Regierungen Stillstand fr7

    frauenpolitische Konzepte und gesetzliche Weiterentwicklungen fr mehr Gleichberechtigung und8

    gesellschaftliche Teilhabe herrscht.9

    10

    Nur SPDgefhrte Regierungen sind der Garant, dass sich etwas bewegt, dass Frauen in der Regie11

    rung das Handeln fr die weitere Emanzipation konsequent und solidarisch selbst bestimmen, dass12

    sich die Lebenswirklichkeit von Frauen in einer sozial gerechten, offenen, partnerschaftlichen Gesell13

    schaft verbessern wird. Dies war in den 70er Jahren im Bund so, als die Sozialpolitik der Regierungen14

    Brandt und Schmidt die Stellung von Frauen in Ehe und Gesellschaft erstmalig radikal verbesserte.15

    Das war nach 16jhrigem Rckschritt erst 1998 erneut so in der SPDgefhrten Regierung Schrder,16

    der es auch mit Hilfe der hohen Frauenbeteiligung im Kabinett gelang, wesentliche gesellschaftspoli17

    tische Erfolge fr Frauen und Familien umzusetzen.18

    19

    Auch in Niedersachsen profitierten die Frauen in der 90er Jahren von der Sozialdemokratie. Fort20

    schrittliche Gesetzgebung, ein Frauenministerium und zahlreiche weibliche Regierungsmitglieder21

    machten das Gesicht der sozialdemokratisch gefhrten Regierungen aus. Seit 2003 macht sich auch22

    hier bleierner Stillstand bemerkbar und lsst sich sogar messen: Im Atlas zur Gleichstellung von Frau23

    en und Mnnern1 ist im Lndervergleich der Anteil niederschsischer Frauen an mtern, in Manda24

    ten, Bildung und Beschftigung sowie der Anteil der Kinderbetreuung durchweg in der unteren Hlfte25

    ausgewiesen, in der Arbeitslosenquote sowie dem Verdienstunterschied (gender pay gap) jedoch in26

    der Spitzengruppe zu finden. Fr Frauen in Niedersachsen sind dies neun verlorene Jahre.27

    28

    29

    1 Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Mnnern in Deutschland, BMFSJ 2009

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    Dialogpapier Frauenpolitik fr Niedersachsen

    2

    Was bleibt: Alle Frderprogramme zur beruflichen Gleichstellung, Gleichstellungsgesetze, Konzepte29

    und Frderung fr Gewaltschutzprogramme sowie zur Frderung fr Gesamtschulen sind Erfolge aus30

    sozialdemokratischer Regierungszeit der 90er Jahre. Die konservativen Regierungen haben bereits31

    erreichte gesetzliche Regelungen trotz massiver Proteste aufgehoben, z.B. die Hauptberuflichkeit der32

    kommunalen Frauenbeauftragten und die Frauenquote von 50% im niederschsischen Gleichberech33

    tigungsgesetz oder manche Programme stillschweigend weitergefhrt, wenn ihnen die Erfolge op34

    portun erschienen. Auch die Besetzung des Sozialministeriums mit einer Frau hat keinerlei Impulse35

    fr eine engagierte Frauenpolitik ergeben, mit der Strukturen im Land verndert wurden oder sich36

    die Lebensbedingungen weiter entwickeln konnten. Vielmehr wurde unter der amtierenden Ministe37

    rin die Frauenabteilung auf eine Referatsgruppe abgestuft, gleichzeitig verlor die weibliche Abtei38

    lungsleiterin ihren Status.39

    40

    Ein Wechsel ist daher berfllig. Frauen haben die SPD in der Vergangenheit besonders wegen ihrer41

    gleichstellungspolitischen Erfolge mageblich gesttzt und zeitweise sogar strker mit Whlerstim42

    men honoriert als Mnner. Diese Anerkennung wollen wir nicht verlieren, wir mssen sie gerade bei43

    jungen Frauen auch neu gewinnen.44

    45

    Frauen in Niedersachsen sollen wissen: Sie knnen auf die SPD setzen, die die Themenfelder von46

    Gleichstellung, Partnerschaftlichkeit und moderner Familienpolitik bei einem Regierungswechsel47

    wieder aufgreifen und weiter entwickeln wird.48

    49

    1. Gute Arbeit fr Frauen schafft Existenzsicherung50

    51

    Gute und existenzsichernde Arbeit schafft Unabhngigkeit und bietet damit die freie Entfaltung und52

    Nutzung von Entwicklungschancen. Sie ist so flexibel, dass verschiedene Lebensentwrfe mglich und53

    whlbar sind und ist die Voraussetzung fr eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mnnern54

    an allen gesellschaftspolitischen Entwicklungen.55

    56

    Die niederschsische Realitt sieht allerdings ganz anders aus. Obwohl das Bildungsniveau von57

    Frauen noch nie so hoch war wie jetzt und immer mehr Frauen qualifizierte Abschlsse erreichen,58

    sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt in Niedersachsen immer noch benachteiligt. Dies bedeutet im59

    mense verschenkte Potentiale:60

    61

    Die aktuelle Frauenerwerbsquote liegt nach dem GenderBericht Niedersachsen 2011 der62Bundesagentur fr Arbeit mit 67,7 % deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 70,3 %.63

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    Die Teilzeitbeschftigung von Frauen liegt mit 84,8 % aller Teilzeitjobs weiter auf sehr hohem64Niveau.65

    Vor allem Frauen (zwei Drittel aller geringfgig Beschftigten) arbeiten in Minijobs, viele66davon wollen mehr arbeiten. Nur jede zweite erwerbsttige Frau ist in einem67

    sozialversicherungspflichtigen Beschftigungsverhltnis.68

    Jede 10. beschftigte Person in Niedersachsen hat nur einen befristeten Arbeitsvertrag.69Davon sind besonders junge Frauen betroffen.70

    Immer noch arbeiten Frauen mehrheitlich in schlechter bezahlten Berufen.71 Immer noch werden Frauen fr gleiche und gleichwertige Arbeit schlechter bezahlt als72

    Mnner und haben deutlich schlechtere berufliche Aufstiegschancen.73

    In brsennotierten und mitbestimmten Unternehmen sind Frauen in Personalrten und74Vorstnden immer noch eine Raritt.75

    Obwohl bereits heute mehr Frauen als Mnner ein Studium erfolgreich abschlieen, bildet76sich das beim Lehrpersonal in den Hochschulen nicht ab: In Niedersachsen sind nur 23,6 %77

    der Professuren mit Frauen besetzt.78

    Die unzureichenden Bildungs und Betreuungsangebote in Kindertagessttten und79Grundschulen erschweren die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erheblich.80

    81

    Nur unter guten Rahmenbedingungen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt knnen Men82

    schen ihre Lebensentwrfe frei und ohne Zukunftsngste entwickeln. Ein Arbeitsplatz muss die Ge83

    whr dafr bieten, langfristig fr sich selbst und die Familie ein auskmmliches Einkommen und in84

    der Folge eine auskmmliche Alterssicherung erzielen zu knnen, Qualifizierungsmglichkeiten zu85

    erffnen und Flexibilitt zu ermglichen. Das hat Vorteile auch fr Unternehmen und Verwaltungen:86

    Ihnen stehen engagierte, hochqualifizierte, einsatzbereite und flexible Mitarbeiterinnen zur Verf87

    gung, die qualittsund gewinnbringende Standortfaktoren bedeuten. Gleichstellungspolitik ist im88

    mer auch fortschrittliche Wirtschaftspolitik.89

    90

    Unsere Ziele:91

    Gute Arbeit bedeutet gleiche Bezahlung fr gleichwertige Arbeit und gleiche Chancen auf92dem Arbeitsmarkt fr Frauen und Mnner.93

    Gute Arbeit bedeutet familienfreundliche Arbeit fr Frauen und Mnner.94 Gute Arbeit in Unternehmen und Verwaltungen heit, dass Frauen und Mnner zu gleichen95

    Teilen in Fhrungspositionen vertreten sind. In vielen europischen Lndern ist dies bereits96

    lange praktizierter Alltag.97

    Gute Arbeit bedeutet die Sicherung von langfristigen Arbeitsverhltnissen nur so ist eine98

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    verlssliche Lebensplanung berhaupt mglich.99

    Gute Arbeit braucht die Frderung von partnerschaftlichen Teilzeitmodellen, die ausdrcklich100nicht zu Lasten der Erwerbsbiografien von Frauen gehen drfen.101

    Gute Arbeit bedeutet ein ausreichendes Einkommen, um selbst und mit der Familie102auskmmlich zu leben und sichere Altersvorsorge betreiben zu knnen.103

    Gute Arbeit sichert die eigene wirtschaftliche Existenz und macht unabhngig vom104Erwerbseinkommen eines Partners.105

    106

    Die in Niedersachsen in besonderem Mae von kleinen und mittelstndischen Unternehmen (KMU)107

    geprgte Wirtschaft steht im internationalen Standortwettbewerb vor erheblichen Herausforderun108

    gen. Hier werden gut und hoch qualifizierten Frauen groe Chancen geboten, und zwar insbesondere109

    in lndlichen Rumen. Die bisher noch deutlich zu geringen Erwerbsbeteiligungsquoten von Frauen110

    vor allem im westlichen Niedersachsen weisen auf das verschenkte Potential hin. Durch speziell dar111

    auf abgestimmte Frderprogramme und konzertierte Aktionen vor Ort (unter Beteiligung des Landes,112

    der BA, der Kammern und anderer) mssen die richtigen Weichen gestellt werden.113

    114

    Unsere Ziele in Niedersachsen:115

    Die von der SPD gefhrten Landesregierung im Jahr 1991 eingefhrten Koordinierungsstellen116Frauen und Wirtschaft, von denen es mittlerweile 21 gibt, haben beachtliche Erfolge

    117

    vorzuweisen. Sie mssen flchendeckend weiter ausgebaut und untersttzt werden, um118

    insbesondere Frauen mit Familienpflichten den Kontakt zum Beruf und nach einer119

    Familienphase den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern.120

    Vor allem alleinerziehenden Frauen ist ein besserer Zugang zum Arbeitsmarkt zu121ermglichen. Sie sind mit 96,3 % 2 aller Alleinerziehenden berproportional von122

    Arbeitslosigkeit betroffen. Arbeitsverwaltung und beteiligte Kommunen mssen hier123

    wirksame Modelle der Erwerbsarbeit entwickeln.124

    Ausbildungsgnge und Weiterbildungsangebote fr junge Mtter mssen in Teilzeitform125ber die vorhandenen Modellvorhaben hinaus flchendeckend gefrdert werden.126

    Das ESFProgramm zur Frderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt (FIFA) ist in127der neuen Frderperiode der Strukturfonds ab 2013 weiter auszubauen. Es muss strker als128

    bisher den Fokus auf die Arbeitsmarktintegration in Berufe legen, die auf Dauer129

    existenzsichernd sind.130

    2 BA fr Arbeit, Statistik Land Niedersachsen Februar 2012

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    Wir untersttzen auf Bundesebene ein Gesetz, das eine Quote fr Mnner und Frauen von131mindestens 40 Prozent fr Aufsichtsratsmandate und Vorstnde in AGen und allen132

    mitbestimmungspflichtigen Unternehmen festschreibt.133

    134

    Studien weisen darauf hin, dass Niedersachsen nach wie vor Schwchen bei den wissensintensiven135

    und unternehmensnahen Dienstleistungen hat. Auch hier bieten sich fr Frauen, insbesondere in den136

    mathematischnaturwissenschaftlichen (MINT) Studiengngen, auerordentliche Chancen. Durch137

    die Schaffung familienfreundlicher Strukturen vor Ort und gezielte Vernetzungsstrategien zwischen138

    Universitten, Unternehmen, Kammern und Regionen mit Untersttzungsleistungen durch das Land139

    knnen WinWinSituationen entstehen:140

    141

    Auf der einen Seite knnen junge Frauen ihr Knowhow einbringen und Familie und Karriere mitein142

    ander verbinden, auf der anderen Seite haben die Unternehmen den Vorteil, dass die Frauen bereit143

    sind, sich langfristig auf einen Standort einzulassen und dem Unternehmen mit ihrer Kompetenz eine144

    Perspektive zu bieten.145

    146

    Unsere Ziele:147

    Die Einfhrung eines gesetzlichen Mindestlohnes ist fr Gleichstellungspolitik zentral. Eine148sozialdemokratische Landesregierung wird deshalb verbindliche Mindestlohnzahlungen zum

    149

    Kriterium fr die Vergabe von ffentlichen Auftrgen machen.150

    Wir werden uns fr eine Aufwertung von Frauenberufen einsetzen, damit diese Berufe151bessere Einkommen schaffen.152

    Das gilt auch fr das Personal an Kindertagessttten und Grundschulen. Ausbildung, Fort153und Weiterbildungsmglichkeiten sind erheblich auszubauen.154

    Ebenso wichtig ist die Aufwertung von sozialen Dienstleistungsberufen. Hier gibt es ein viel155zu groes Geflle zwischen dem wachsenden Bedarf, den niedrigen Einkommen und dem156

    steigenden Qualittsanspruch. Es ist nicht hinzunehmen, dass die Wartung von Autos besser157

    bezahlt wird, als die Betreuung lterer Menschen.158

    Rund 58 Prozent der 1,2 Millionen Beschftigten, die in Deutschland weniger als fnf Euro159pro Stunde verdienen, arbeiten in einem Minijob. Insgesamt steigt die Zahl immer weiter an160

    und der bergroe Anteil von Minijobs wird von Frauen ausgebt. Fr Einige ist das leider161

    eine alternativlose Beschftigungsform. Eine SPDgefhrte Landesregierung wird sich auch162

    auf Bundesebene dafr einsetzen, dass der Missbrauch beendet und ein Reformkonzept163

    erarbeitet wird.164

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    165

    Eine SPDgefhrte Landesregierung wird Konzepte entwickeln, die Frauen Anreize fr mehr166Ausbildungen in technischen Berufen geben.167

    168

    2. Gute Bildung und Betreuung169

    170

    Gute Bildung ist der Schlssel fr alle Verwirklichungschancen und Teilhabe. Eine gute Schulbildung171

    ermglicht jungen Menschen qualifizierte Berufsausbildungen, breite Studienmglichkeiten und ist172

    die Voraussetzung fr ein auskmmliches Erwerbseinkommen, das konomische Unabhngigkeit von173

    Partnerin oder Partner, Familie und Staat sichert.174

    175

    In den vergangenen Jahren haben viele Mdchen und Frauen ihre Chancen auf eine gute Schulbil176

    dung genutzt und im Durchschnitt sogar bessere und hhere Bildungsabschlsse als Jungen erreicht.177

    Berufswahlverhalten und sptere Erwerbsbiografien zeigen jedoch, dass ein Automatismus auf178

    baldige Gleichstellung von Frauen und Mnnern im industriellen Arbeitsmarkt oder mehr Fh179

    rungspositionen in der Wirtschaft eine Illusion ist.180

    181

    Hufig orientieren sich junge Frauen in ihrer Studien oder Berufswahl an sog. Frauenberufen182

    (Dienstleistungs/Assistenzberufe, Berufe mit geringen Aufstiegsmglichkeiten, tariflich schlechter183

    bezahlten Ttigkeiten). Die EqualPayKampagnen belegen in der Bilanz einen nach wie vor gravie184

    renden Einkommensunterschied von mehr als 20 % bei gleichwertiger Arbeit zwischen Frauen und185

    Mnnern und im Lebensverlauf sogar fast 60% geringere Erwerbseinkommen. In einer gerechten186

    Gesellschaft ist eine strkere Durchmischung in allen Berufsgruppen von Frauen und Mnnern not187

    wendig.188

    189

    Eltern haben durchweg ein hohes Interesse an guter Bildung ihrer Kinder. Sie legen Wert auf qualita190

    tiv gute Kinderbetreuungsangebote und untersttzen schulische Anforderungen an ihre Kinder. Mt191

    ter verzichten dabei aber selbst oft auf Vollzeiterwerbsttigkeit und Karrieren, wenn sie die Bildung192

    und Betreuung ihrer Kinder nicht gesichert sehen. Dies fhrt zu frauenspezifischen Berufsbiografien193

    und geringeren Erwerbseinkommen auch von gut ausgebildeten Mttern, die sich unmittelbar auf194

    die eigenstndige Altersabsicherung auswirken.195

    196

    Alleinerziehende Mtter in Niedersachsen sind besonders aufgrund fehlender Betreuungsangebote197

    auf kurze Arbeitszeiten meist im Niedriglohnsektor angewiesen, mit Kindern im Krippenalter ist oft198

    eine Erwerbsttigkeit mangels Angebot gar nicht mglich. Diese Unterbrechung im Erwerbsleben199

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    findet oft ihre Fortsetzung in problematischen Wiedereinstiegen, fehlender beruflicher Fortbildung200

    und dauerhaft geringer, oft staatlich gesttzter Einkommenssituation.201

    202

    Unsere Ziele:203

    Die Chancen, die sich Frauen durch gute (Schul)Bildung erworben haben, mssen erhalten204und genutzt werden. Ihr Lebenskonzept der Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf nicht205

    durch Berufsausstiege und nicht abgesicherte Familienarbeit zur lebenslangen206

    Benachteiligung fhren.207

    Dies gilt insbesondere fr Migrantinnen, deren Bildungsabschlsse anerkannt werden208mssen.209

    Die Orientierung von Frauen auf gewerblichtechnische Berufe, auf Zukunftsbranchen, die210einen strker technologischen Bezug haben, sollte verknpft werden mit den211

    Frderanstrengungen des Landes fr den knftigen Fachkrftebedarf in Niedersachsen.212

    In dualen Ausbildungsberufen und MINTStudiengngen mssen Berufsbilder vermittelt213werden, die jungen Frauen und Mnnern gute Chancen der Vereinbarkeit von Familie und214

    Beruf aufzeigen.215

    Die Betreuungs und Bildungsangebote fr Kinder mssen sowohl zeitlich umfassend als auch216qualitativ hochwertig sein, um den Bildungsanspruch von Frauen zu erhalten und generativ217

    fortzusetzen. Dazu gehren ein bedarfsgerechtes Angebot bei Ganztags und218

    Kindertagessttten sowie eine breit angelegte Fachkrfteoffensive fr Erzieherinnen und219

    Erzieher.220

    Die Aufwertung der Erziehungsberufe ist berfllig. Ungleiche Bezahlung von technischen221und sozialen Berufen bei gleichen Eingangsvoraussetzungen ist ein Anachronismus.222

    Auch die schulische Bildung erfordert eine flchendeckende Ausweitung auf223Ganztagsschulen. Hier mssen Konzepte des Lernens und der ganzheitlichen Bildung fr alle224

    Kinder geschaffen werden, die Mtter von ihrer Verpflichtung als Hilfslehrerin entlasten225

    und die individuelle Frderung von Kindern sowie die Garantie von schulischen Abschlssen226

    in die schulische Verantwortung legen. Die Vereine sollten ihre Angebote in227

    Ganztagsschulkonzepte einbinden.228

    Wir wollen anregen, dass in den Schulen durch aktive pdagogische Untersttzung229geschlechtsstereotype Verhaltensweisen von Jungen und Mdchen durchbrochen werden,230

    um bei der Auswahl von Freizeitangeboten, bei der Wahl eines Praktikumsplatzes oder auch231

    bei der Berufsfindung geschlechtstypische Wahrnehmungsmuster bei den jungen Menschen232

    zu verndern.233

    234

    235

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    3. Zeit fr Familie und Beruf: Demografie macht gesellschaftlichen Wandel erforderlich235

    236

    Unser Alltag hat sich stark gewandelt. Insbesondere die Vernderungen in der Arbeitswelt flexibili237

    sierte und entgrenzte Arbeitszeiten, Wochenendarbeit und Arbeitsverdichtung machen eine gelun238

    gene Balance von Beruf, Privatleben und Familie schwer. Vor allem Frauen, die zu ihrem Anspruch239

    auf Erwerbsttigkeit gleichzeitig hufig die Hauptverantwortung fr die familiren Sorgettigkeiten 240

    erst Kinderbetreuung, dann Pflege tragen, geraten stark unter Druck. Sie sind immer auf dem241

    Sprung und gefordert; hufig organisieren sie ihr Leben mit gewagten Konstruktionen aus Teilzeitbe242

    schftigung, SoloSelbststndigkeit oder Minijob sowie einer Kombination aus ffentlicher und priva243

    ter Kinderbetreuung mit nachbarschaftlicher Hilfe.244

    245

    Aber nicht nur Frauen, auch Mnner, die als verlssliche Vter und Shne ihren Beitrag zur Familien246

    arbeit leisten wollen, leiden unter diesem permanenten Zeitdruck. Die Situation verschrft sich in247

    dnn besiedelten Gebieten und lndlichen Rumen. Obwohl auch in den Stdten kein zufriedenstel248

    lendes Angebot vorhanden ist und die Wege kurz sind, ist das Angebot der ffentlichen Infrastruktur249

    im lndlichen Raum vielfach schlechter und die Wege dementsprechend lnger. Die notwendige Mo250

    bilitt fr Kinder, Jugendliche und ltere ist ohne Auto nicht zu realisieren. Viele junge Familien ver251

    lassen daher den lndlichen Raum, in dem sie eigentlich gern leben mchten, weil die Abstimmung252

    des alltglichen Lebens dort nur mit groen Mhen mglich ist. Mit dem Wegzug der Familien ver253

    schrft sich diese Dynamik, wertvolles Potenzial verlsst die lndlichen Rume. Mit Blick auf die Ge254

    winnung und den Verbleib weiblicher und mnnlicher Fachkrfte in den Regionen liegt es somit auch255

    in der Verantwortung der (lokalen) Wirtschaft, notwendige Einrichtungen der Infrastruktur, z.B. im256

    Bereich der Kinderbetreuung, als Standortfaktor im Blick zu haben und gemeinsam mit den Gewerk257

    schaften Arbeitszeitinnovationen voran zu treiben, die ein Miteinander von Beruf und Familie ermg258

    lichen.259

    260

    Unsere Ziele in Niedersachsen:261

    Mit einer Kombination aus einer verlsslichen Infrastruktur von frhkindlicher Bildung und262Betreuung, Ganztagsschulen, Pflegesttzpunkten und sozialen Dienstleistungen sowie263

    Vernderungen in der Arbeitswelt, die an den unterschiedlichen Stationen des Lebenslaufs264

    die Vereinbarkeit von beruflichen und familiren Aufgaben ermglicht, wollen wir mehr Zeit265

    fr Familie, Kinder und Privatleben schaffen. Wir sind berzeugt: Frauen und Mnner wollen266

    beides Beruf und Privatleben, konomische Unabhngigkeit und Partnerschaftlichkeit.267

    Der Ausbau der Kindertagessttten und Ganztagsschulen wird weiter gefrdert und268entsprechend finanziell ausgestattet werden. Gleichzeitig werden die Kommunen ermutigt,269

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    die ffnungszeiten flexibler zu gestalten.270

    Die SPD wird darauf dringen, dass Familienbros ihre Vernetzungs und Serviceangebote271ausbauen.272

    Darber hinaus setzt sich die SPD fr einen verbesserten Anspruch auf Teilzeitarbeit und273Teilzeitausbildung sowie ein Rckkehrrecht in Vollzeitbeschftigung ein, damit auch274

    intensivere Familienphasen sich mit durchgehender Berufsttigkeit vereinbaren lassen.275

    276

    4. Wertschtzung von Familien strken Nachteile traditioneller Rollenmuster in Ehe und Familie277

    abschaffen278

    279

    Familien in Deutschland haben sich gewandelt: Immer mehr sog. Patchworkfamilien bringen wech280

    selnde Strukturen fr das Zusammenleben von Erwachsenen und Kindern mit sich. In vielen dieser281

    Familienbeziehungen sind die Elternpartner nicht verheiratet. Auch die Zahl der EinElternfamilien282

    hat zugenommen, davon sind 90 % Mtter mit ihren Kindern. Dies ist Realitt, deshalb ist Familie fr283

    uns da, wo Kinder sind und Angehrige freinander Verantwortung bernehmen. berall dort brau284

    chen diese Formen des Zusammenlebens zwischen Generationen unsere Untersttzung.285

    286

    Die Lebenssituation fr Kinder ist am sensibelsten. Sie muss stabilisiert werden, um Kindern den287

    notwendigen Rckhalt beim Heranwachsen zu geben. Wir wnschen uns daher eine Kultur in288

    Deutschland, in der sich Kinder mit ihren Eltern willkommen fhlen, kindgerechte Freirume erhalten289

    und in der sie gewaltfrei und emotional umsorgt aufwachsen knnen. Sie mssen den Zugang zu290

    Bildung und individueller Frderung erhalten, ihre Eltern mssen materiell ausreichend fr die Fami291

    lie ausgestattet sein.292

    293

    Der Zugang zu Bildung muss besonders dort gesichert sein, wo Kinder mit ihren Eltern in prekren294

    Lebensverhltnissen leben. Hier sind frhzeitige, umfassende und obligatorische Betreuungs und295

    Bildungsangebote unverzichtbar. Die Einfhrung eines Betreuungsgeldes, das Eltern den Anreiz gibt,296

    ihren Kindern diese Angebote vorzuenthalten, richtet sich gegen das Kindeswohl und verhindert au297

    erfamilire Bildungs und Sozialisationserfahrungen. Ein fairer und gerechter Familienleistungsaus298

    gleich muss alle kindbezogenen Komponenten wie z.B. Kindergeld, Elterngeld, Kinderzuschlag und299

    beitragsfreie Kindertagessttten zusammen fhren. Durch finanzielle Anreize drfen asymmetrische300

    Rollenbilder nicht gefrdert werden und deswegen muss darauf hingewirkt werden, dass Vter in die301

    Familienarbeit eingebunden werden. Das Konzept einer Kindergrundsicherung muss entwickelt wer302

    den.303

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    Die bisherigen Steuer und Sozialleistungssysteme sind nicht mehr zeitgem, weil sie auf traditionel304

    len Rollenmustern der (Alleinverdiener)Ehe aufsetzen. Dies betrifft insbesondere das Ehegattensplit305

    ting. Splittingvorteile mssen Eltern mit Kindern zugutekommen. Aber auch das Steuerklassenmodell306

    III/V benachteiligt (Ehe)Frauen, sie haben weniger Anreize auf hhere Einkommen und bei Arbeitslo307

    sigkeit geringere Ansprche auf Arbeitslosengeld. Es muss durch eine Individualbesteuerung mit Ver308

    trauensschutz fr Bestandsehen ersetzt werden ersetzt werden.3309

    310

    Die geringere Erwerbsbeteiligung von Frauen fhrt in vielen Fllen zur Altersarmut. Dieses Problem311

    wird sich in den nchsten Jahren nur geringfgig verringern, weil ltere Frauen keine Chance auf312

    nachholende Erwerbsttigkeit haben. Auch im Falle von Trennung oder Tod des Partners steigt ihr313

    Armutsrisiko. Frauen mssen besonders hufig ihr Recht auf Grundsicherung im Alter in Anspruch314

    nehmen. Frauen sollten frhzeitig wissen, welche Risiken sie mit einer asymmetrischen Rollenvertei315

    lung eingehen.316

    317

    Unsere Ziele in Niedersachsen:318

    Familienzentren mit konkreten (Hilfs)Angeboten fr Familien,319 Infrastruktur fr kindgerechte, gesunde Lebensrume,320 Ganztagsbetreuung und Ganztagsschulen mit hohem Bildungsanspruch,321 inklusive Sozialrume mit Zugang zu gesundheitlichen, pflegerischen und kulturellen

    322

    Angeboten,323

    Projekte fr das Zusammenleben verschiedener Generationen,324 Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften im SGB II und im SGB XII und Individualisierung des325

    Hilfeanspruchs.326

    327

    5. Frauen mssen bei der Sorgearbeit in Familien entlastet werden328

    329

    Viele Frauen, die bereits whrend der Erziehung ihrer Kinder ihre Erwerbsttigkeit eingeschrnkt330

    haben, sehen sich bei der Pflege lter werdender Angehriger vor der gleichen Situation: Die Mittel331

    und Untersttzungsleistungen reichen nicht aus, um ohne eigenen zeit und krfteraubenden Einsatz332

    die Pflege menschenwrdig zu gestalten. Diese Frauen unterbrechen ein weiteres Mal und damit333

    meist endgltig ihre Erwerbsttigkeit fr familire Sorgettigkeit und nehmen konomische Ab334

    hngigkeit und geringe Alterseinknfte in Kauf.335

    3 Beschluss SPD-Parteitag 2011

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    336

    Frauen stellen rund zwei Drittel der pflegenden Angehrigen dar. Sie mssen die grtmgliche Un337

    tersttzung von staatlicher Seite erhalten. Das Familienpflegegesetz ist dazu nicht ausreichend.338

    Niedersachsen wird sich deshalb im Bundesrat fr eine echte Entlastung von Pflegenden339einsetzen. Es gilt in erster Linie die Rechte von Betroffenen und pflegenden Angehrigen zu340

    strken und ihnen die bestmgliche Untersttzung zukommen zu lassen. Konkret muss die341

    Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, z.B. durch Ausgleichszahlungen oder eine flexible342

    Pflegezeit einen hheren Stellenwert erfahren.343

    Eine SPD gefhrte Landesregierung wird sich fr eine Ausweitung des Angebotes von344ambulanten Angeboten und Tagespflegeeinrichtungen einsetzen.345

    Es mssen bessere Beschftigungs und Vergtungsbedingungen geschaffen werden. Der346Pflegeberuf muss attraktiver gestaltet werden mit tariflicher Bezahlung und besserer347

    Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bei Mnnern muss fr diesen Beruf geworben werden.348

    Gleichzeitig muss dringend die Ausbildung von Pflegekrften reformiert werden, um einem349

    drohenden Fachkrftemangel entgegenzuwirken und das arbeitsmarktliche Potential im350

    Gesundheitssektor auszuschpfen. Dazu gehren auch wirksame Ausbildungsbeihilfen.351

    Der auf Bundesebene bereits entwickelte neue Pflegebedrftigkeitsbegriff muss in der352Pflegeversicherung und ihren Leistungen umgesetzt werden.353

    354

    Auch hier verschrft der demografische Wandel die Situation: Bei stark rcklufiger Bevlkerungs355

    entwicklung wird die Zahl pflegebedrftiger Menschen in Niedersachsen nach der Prognose des Lan356

    despflegeberichts bis zum Jahr 2030 um 100.000 auf rund 350.000 Menschen ansteigen. Gleichzeitig357

    wird die Zahl derer sinken, die pflegen knnen. Der Bedarf an Pflegefachkrften wird auf ca. 48.500358

    im Jahr 2020 geschtzt. Das sind 11.800 mehr, als 2009 in Niedersachsen ttig waren.359

    360

    6. Gewalt gegen Frauen und Kinder ist menschenverachtend361

    362

    Sozialdemokratische Politik bedeutet auch immer, sich fr die Schwcheren in unserer Gesellschaft363

    einzusetzen. Noch immer sind in unserer Gesellschaft leider vor allem Frauen und Kinder von husli364

    cher Gewalt betroffen.365

    366

    Frauenhuser und Gewaltberatungsstellen sind und bleiben ein wichtiger Bestandteil im psychosozia367

    len Angebotsspektrum fr Frauen und Kinder, die von huslicher Gewalt betroffen sind. Um den368

    immer strker wachsenden Anforderungen, die Klientel und Verwaltung an sie stellen, gewachsen zu369

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    bleiben, brauchen sie eine auskmmliche Finanzierung, die eine angemessene personelle und rum370

    liche Ausstattung ermglicht.371

    Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Personenkreisen, die unter erschwerten Bedingungen372

    leben mssen, z.B. junge Frauen, die vor Zwangsverheiratung fliehen mussten; sehr junge Mtter mit373

    hohem Beratungs und Betreuungsbedarf; Migrantinnen, die z.T. erhebliche Sprachprobleme haben,374

    weil ihnen vom Ehemann/der Familie nicht gestattet wurde, an Sprachkursen teilzunehmen; Frauen375

    mit und ohne Kinder, die aufgrund der huslichen Gewalt psychisch labil sind.376

    377

    Unsere Ziele in Niedersachsen:378

    Die SPD wird die Untersttzung von Beratungseinrichtungen fr Opfer von huslicher Gewalt379und Frauenhuser intensivieren und sie wird Vorschlge fr die Sicherung der Finanzierung380

    dieser Angebote erarbeiten.381

    Fr Frauen, die stark gefhrdet sind oder sich in einer schwierigen Entscheidungsphase382befinden, sind Wohnmglichkeiten auerhalb des Frauenhauses aber mit Anbindung zu383

    schaffen, so dass Hilfe weiterhin umfassend mglich ist.384

    Fortbildung, Informations und Sensibilisierungsarbeit in den kooperierenden Jobcentern und385Arbeitsagenturen wird zum Thema husliche Gewalt und interkulturelle Kompetenz bentigt.386

    Frauen mit Behinderungen/Einschrnkungen sind oft besonders brutaler Gewalt ausgesetzt.387Die Frauenhuser mssen finanziell in den Stand versetzt werden, notwendige

    388

    Barrierefreiheit zu schaffen.389

    390

    Die SPD wird sich in diesem Zusammenhang besonders folgenden Aspekten widmen: Frauen drfen391

    nicht gezwungen werden, sich selbst zu gefhrden, um ihren Kindern den Kontakt zum Vater zu er392

    halten. Auch bei Trennung nach huslicher Gewalt gibt es Umgangskontakte, die von den Kindern393

    gewnscht werden. Hier muss gewhrleistet sein, dass Mtter bei den unvermeidlichen Tterkontak394

    ten geschtzt sind. Jugendmter und Kinderschutzzentren bieten zwar Begleitungen fr einige we395

    nige Kontakte an, allerdings scheitert dies schon dann, wenn die Besuchskontakte an den Wochen396

    enden stattfinden.397

    398

    Auch im Gesundheitswesen gibt es immer noch wenig Interesse, Sensibilitt und auch Kenntnisse399

    zum dem Thema husliche Gewalt. Nach wie vor akzeptieren Hausrzte als Verletzungsursache Trep400

    penstrze und Fensterste. Es gelingt trotz groem Engagement einiger rztinnen noch nicht, das401

    notwendige Wissen um die Hintergrnde, insbesondere in den Praxen, zu implementieren.402

    403

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    Fortschritte gibt es in den letzten Jahren innerhalb der Polizei und bei den Strafverfolgungsbehr404

    den. Das hier auch durch Fortbildungsmanahmen entstandene immer grer werdende Interesse405

    und Verstndnis fr Frauen und Kinder muss weiter gefrdert und verbreitet werden, alle Akteurin406

    nen und Akteure sind weiter zu vernetzen.407

    408

    7. Frauen setzen auf Verbraucherschutz und gute Umwelt409

    410

    Soziale Sicherheit, Gute Arbeit, Bildung und eine gute Balance von Beruf und Privatleben, sind zentra411

    le Eckpunkte fr ein zukunftsfhiges Familienland Niedersachsen. Ein weiterer wichtiger Baustein fr412

    eine gute Lebensqualitt in Stadt und Land ist die Sicherheit, in einer intakten Umwelt zu leben, die413

    unsere Gesundheit und die unserer Kinder nicht gefhrdet. Dies ist Frauen besonders wichtig.414

    415

    Dazu bedarf es einerseits grundlegender umweltpolitischer Weichenstellungen wie der konsequen416

    ten Fortsetzung der Energiewende. Dies ist insbesondere Anliegen der niederschsischen Brgerin417

    nen und Brger, die seit langem entschieden fr einen Ausstieg aus der Atomkraft gekmpft haben418

    und dafr streiten, dass die Endlagerung der angefallenen atomaren Abflle nicht auf Kosten unseres419

    Landes und der Gesundheit heutiger und kommender Generationen geht. Durch nachhaltiges Wirt420

    schaften auch in allen anderen Bereichen gilt es darber hinaus, die Lebensgrundlagen knftiger421

    Generationen zu erhalten.422

    423

    Jenseits dieses grundstzlichen Bekenntnisses zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise stellen sich im424

    Alltag insbesondere von Frauen ganz praktische Fragen: Kann ich den Lebensmitteln vertrauen, die in425

    unseren Lden angeboten werden? Kann ich die Produkte bedenkenlos essen und am Familientisch426

    anbieten? Wie ist die Beschaffenheit von Kleidung, Spielzeugen und anderen Produkten des Alltags?427

    Angesichts eines hohen Wettbewerbs und Preisdrucks im Lebensmittelmarkt und unbersichtlicher428

    Lieferketten durch die fortschreitende Globalisierung ist (zu Recht) viel Vertrauen in die Unbedenk429

    lichkeit der Produkte verloren gegangen.430

    431

    Unsere Ziele:432

    Wir werden uns fr einen umfassenden Verbraucherschutz stark machen, der durch Gesetze433und Kontrollen dafr sorgt, dass gesundheitsgefhrdende Produkte nicht in den Handel434

    gelangen.435

    Gut verstndliche Informationen zu den angebotenen Produkten sei es durch436Kennzeichnungen auf den Verpackungen oder ffentlich zugngliche Informationen sollen437

    die Kundinnen und Kunden dabei untersttzen, ihre Kaufentscheidung so zu treffen, wie es438

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    ihrem Anspruch an die Qualitt der Produkte entspricht. Handlungs und leistungsfhige439

    Verbraucherzentralen sind dazu eine wichtige Voraussetzung.440

    Wir werden dem Verbraucherschutz in Niedersachsen wieder ein hheres Gewicht und mehr441Durchsetzungskraft verleihen. Wir brauchen eine eigene Verbraucherschutzpolitik, die den442

    Bezug zur Gesundheits und Umweltpolitik sicher stellt.443

    444

    8. Gleichstellungspolitik: Die SPD macht Niedersachsen zum Vorbild bei konsequenter Frauenfr445

    derung446

    447

    Moderne sozialdemokratische Gleichstellungspolitik setzt da an, wo heute das Ungleichgewicht zwi448

    schen den Geschlechtern besteht, bei der wirtschaftlichen Benachteiligung. Die SPD, die seit fast 150449

    Jahren dem Gedanken von Solidaritt und Gerechtigkeit verpflichtet ist, tritt auch in diesem Punkt fr450

    die Rechte von Frauen ein. Politik, die einen Anspruch auf Modernitt und Beteiligung erheben will,451

    darf heute die berechtigten Interessen von Frauen nicht unter den Tisch fallen lassen. Moderne Poli452

    tik muss die Perspektive beider Geschlechter bercksichtigen. Deswegen ist es Anliegen der SPD,453

    gleichstellungspolitische Themen offensiv zu vertreten. Wir knnen mit Stolz sagen: Wir sind das454

    Original seit 150 Jahren!455

    456

    Eine SPDgefhrte niederschsische Landesregierung wird sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein.457

    Sie wird alle Mglichkeiten nutzen, die beruflichen Entwicklungschancen von Frauen voranzutreiben:458

    Die Hlfte der Ministerien wird durch Ministerinnen vertreten. Auch die Ebene der459Staatssekretre wird zur Hlfte durch Frauen besetzt.460

    Im Ministerium fr Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration wird wieder eine461Abteilung fr Gleichstellungsarbeit eingerichtet und finanziell und personell entsprechend462

    ausgestattet.463

    In allen Ressorts muss die Umsetzung des Gender Mainstreaming verankert und berprfbar464werden.465

    Die Regierung erstellt einen Gleichstellungsbericht, in der alle Ministerien ihre Strategien zur466Gleichstellung der Geschlechter vorstellen und ber die Fortschritte kontinuierlich467

    Rechenschaft ablegen.468

    Die Landesverwaltung wird als Vorbild fr andere Verwaltungen und Unternehmen ihre469Bemhungen verstrken, Fhrungspositionen geschlechtergerecht zu besetzen. Verbindliche470

    Gleichstellungsplne mssen ausweisen, wann und mit welchen Mitteln die Paritt erreicht471

    werden kann, die Quotenregelungen fr Frauen in allen Fhrungsebenen vorsieht. Diese472

    Frderplne sind der nchsthheren Behrde vorzulegen. Sie sind bei473

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    Personalentscheidungen verbindlich und werden jhrlich auf ihre Einhaltung hin berprft.474

    Ihre Einhaltung und die Durchsetzung der Gleichberechtigungsziele sind wesentliche475

    Kriterien bei der Beurteilung der Personalfhrenden.476

    Der Anteil von Frauen in Forschung und Lehre an den Universitten und Fachhochschulen477wird ebenfalls mittels Frderplnen erhht. Diese unterliegen einer regelmigen478

    berprfung und Nichteinhaltung fhrt zu Sanktionen.479

    In das Niederschsische Gleichberechtigungsgesetz werden die oben aufgefhrten Punkte480eingearbeitet. Die Rckschritte gegenber dem Gesetz vom15.6.1994 werden rckgngig481

    gemacht. Insbesondere soll der Geltungsbereich des Gesetzes sich auch wieder auf482

    selbststndige Betriebe der ffentlichen Hand einschlielich der Eigenbetriebe der483

    Kommunen erstrecken. Bei Unterreprsentanz von Frauen sollen Stellen wieder484

    grundstzlich ffentlich ausgeschrieben werden. Auerdem sollen auch in kleinen485

    Landesdienststellen wieder flchendeckend Stellen fr Gleichstellungsbeauftragten486

    eingerichtet werden.487

    Die Regierung wird verstrkt durch MentoringProgramme die Voraussetzungen und488Rahmenbedingungen dafr schaffen, dass sich mehr Frauen fr ein politisches Mandat489

    interessieren.490

    491

    Hannover, 07. Mai 2012492