Dialogpapier Hochschulpolitik

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  • 7/31/2019 Dialogpapier Hochschulpolitik

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    HocHscHulpolitik fr NiEDErsAcHsEN

    HocHscHulEN DiE krAftwErkE uNsErEr wissENsgEsEllscHAft

    DiAlogInnovatIon und Gesellschaft

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    Dialogpapier Hochschulpolitik fr Niedersachsen

    Hochschulen die Kraftwerke unserer Wissensgesellschaft

    1

    Man mu etwas Neues machen1

    um etwas Neues zu sehen.2

    G.C. Lichtenberg3

    4

    Prambel5

    6

    Niedersachsen braucht neue Perspektiven. Perspektiven, die auf Herausforderungen des gesell7

    schaftlichen und demografischen Wandels eine Antwort geben und den Weg in eine bessere Zu8

    kunft aufzeigen. Den Hochschulen kommt bei dieser Aufgabe eine Schlsselrolle zu: Sie sind Orte9

    der Wissensgewinnung und Wissensvermittlung sowie Orte der gesellschaftlichen Orientierung.10

    Sie sind Zukunftswerksttten fr Innovationen, sie bilden hochqualifizierte Fachkrfte aus, sie11

    steigern nachhaltig das Bildungsniveau, sie sichern den wissenschaftlichen Nachwuchs und fr12

    dern den internationalen Austausch. Ihre gesellschaftliche Leistungsfhigkeit, ihre Lsungs und13

    Gestaltungskompetenz ist von entscheidender Bedeutung fr die weitere Entwicklung unseres14

    Landes. Investitionen in Wissenschaft und Bildung haben deshalb fr die SPD inNiedersachsen15

    hohe Prioritt. Jeder Mensch soll die Chance erhalten, Teil zu haben an Fortschritt, Bildung und16

    Wohlstand.17

    18

    Eine zukunftsgerichtete Hochschulpolitik schpft das Bildungspotential in der Gesellschaft durch19

    ffnung der Hochschulen aus. Dabei geht es um die bestmgliche Qualifikation. Der SPD20

    Niedersachsen geht es aber auch um Bildungsteilhabe und Chancengleichheit. Voraussetzung fr21

    Chancengleichheit ist der freie Zugang jedes Menschen zu Bildung, unabhngig von seiner sozia22

    len Herkunft und seinen finanziellen Voraussetzungen. Wir wollen die Hochschulen auch fr be23

    ruflich Qualifizierte und fr Weiterbildung ffnen. Berufliche und allgemeine Bildung sind gleich24

    wertig. Bildung ist ein ffentliches Gut und ihre Finanzierung eine ffentliche Aufgabe.25

    26

    Eine zukunftsgerichtete Hochschulpolitik setzt auf Hochschulautonomie. Die Sicherung der Hoch27

    schulautonomie entlsst den Staat aber nicht aus seiner Verantwortung. Hochschulen stehen im28

    Wettbewerb, jedoch nicht mit dem Ziel konomischen Gewinnstrebens, sondern um wissen29

    schaftliche Erkenntnis und gute Ausbildung. Wissenschaft ist fr uns keine Ware.30

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    Eine zukunftsgerichtete Hochschulpolitik wird die Vielfalt im Hochschulsystem frdern. Entlang32

    gesellschaftlicher Ansprche und Bedrfnisse sowie regionaler Voraussetzungen und demografi33

    scher Entwicklung bilden Hochschulen eigene Profile und Schwerpunktsetzungen heraus. Solche34

    Prozesse funktionaler Differenzierung werden wir untersttzen. Sie sichern die Mglichkeit fr35

    Hochschulen, sich auf Strken zu konzentrieren, statt mit begrenzten Ressourcen alle Aufgaben36

    erfllen zu wollen.37

    38

    Hochschulpolitik ist immer auch Standort und Strukturpolitik. Wir werden die gesellschaftliche39

    Leistungsfhigkeit der Hochschulen strken und die Bedingungenfr den Wissens und Techno40

    logietransfer verbessern, ohne die notwendigen Freirume fr Grundlagenforschung einzuschrn41

    ken.42

    43

    Eine zukunftsgerichtete Hochschulpolitik geht von einer gesamtgesellschaftlichen und damit ge44

    samtstaatlichen Verantwortung fr Bildung und Wissenschaft aus.45

    46

    Ausgangssituation 47

    48

    Niedersachsen verfgt mit 21 Hochschulen in staatlicher Verantwortung darunter 10 Universit49

    ten, zwei knstlerische Hochschulen und Stiftungshochschulen sowie 8 anerkannte private Fach50

    hochschulen ber eine vielfltige Hochschullandschaft. In Mobilittsforschung, Meeresfor51

    schung, Medizintechnik und vielen anderen Disziplinen belegen unsere Hochschulen in Koopera52

    tion mit leistungsstarken aueruniversitren Forschungseinrichtungen international Spitzenpltze.53

    Gttingen ist die einzige Exzellenzuniversitt des Nordens.54

    55

    Dennoch steht eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung unserer Hochschul und Forschungs56

    landschaft vor groen Herausforderungen: Die Hochschulen sind strukturell unterfinanziert. Es57

    besteht ein enormer Nachholbedarf bei der Modernisierung der Infrastruktur. Niedersachsen ist58

    im Lndervergleich unterdurchschnittlich mit aueruniversitren Forschungseinrichtungen ausge59

    stattet. ber die gemeinsame BundLnder Forschungsfrderung finanzieren wir so die Spitzen60

    forschung im Sden der Republik mit. Die Potentiale von Fachhochschulen als Wachstumsmoto61

    ren in ihren Regionen werden nicht ausgeschpft. Es fehlen trotz Hochschulpakt Studienpltze,62

    besonders an Fachhochschulen. Zu wenige junge Menschen eines Altersjahrgangs beginnen bei63

    uns ein Studium, viele junge Talente wandern ab und Studierende mit beruflichem Hintergrund64

    finden sich noch zu selten an unseren Hochschulen. Im Bundesvergleich schneidet Niedersachsen65

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    bei der Qualifikation seiner Beschftigten schlecht ab, ebenso bei der Innovationskraft seiner66

    Wirtschaft. Die Insellage Niedersachsens als Studiengebhrenland, fehlende Investitionen in67

    die Hochschulinfrastruktur und der Verzicht auf eine Landeshochschulplanung haben die Wett68

    bewerbsfhigkeit des Hochschulstandortes Niedersachsen in den letzten Jahren nachhaltig ge69

    schwcht. Fr den hrter werdenden Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkrfte ist Niedersach70

    sen nicht gut gewappnet.71

    72

    Wir brauchen einen Neubeginn in der Hochschulpolitik: Wir brauchen mehr junge Menschen mit73

    einem Hochschulabschluss, die ffnung der Hochschulen fr beruflich Qualifizierte, eine bessere74

    Frderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und bessere Rahmenbedingungen fr Forschung75

    und Lehre. Wir werden uns diesen Herausforderungen stellen.76

    77

    Eckpunkte einer sozialdemokratischen Hochschulpolitik78

    79

    1. Hochschulen ffnen!80Zukunftsweisende Politik sorgt dafr, dass sich alle Bildungsreserven in der Gesellschaft entfalten81

    knnen. In unserem Land jedoch bestimmt immer noch die soziale Herkunft eines jungen Men82

    schen seine Bildungschancen. Kinder aus Arbeiter und Migrantenfamilien finden nur selten den83

    Weg in Niedersachsens Hochschulen. Viele Talente gehen so verloren und ihre Bildungspotentiale84

    liegen brach. Unser Ziel ist es, mehr jungen Menschen unabhngig von ihrer Herkunft ein Studium85

    zu ermglichen und eine maximale Durchlssigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bil86

    dung zu gewhrleisten. Dabei gilt fr uns der Grundsatz der Gleichwertigkeit von beruflicher und87

    allgemeiner Bildung.88

    89

    Absolventen der beruflichen Bildung stellen ein erhebliches, bisher wenig genutztes Potential zur90

    Steigerung des Anteils der Hochqualifizierten dar. Zwar wurden in Niedersachsen schon frh die91

    gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, dass auch beruflich Qualifizierte ohne Abitur studieren92

    knnen, doch werden sie nur von Wenigen genutzt. Das wollen wir ndern.Wir werden im Rah93

    men der Offenen Hochschule die Anrechnungsverfahren der im Beruf erworbenen Kompetenzen94

    verbessern und mit den Hochschulen vereinbaren, neue Studienangebote fr die Zielgruppe der95

    beruflich Qualifizierten aufzubauen. Dazu gehren duale Studiengnge, berufsbegleitende Studi96

    enangebote, Fernstudium, weiterbildende Bachelor und Masterstudiengnge sowie der Ausbau97

    von ELearningAngeboten.Die offene Hochschule ist fr uns die Hochschule der Zukunft.98

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    2. Studieren ohne Studiengebhren!100Kein junger Mensch darf aus finanziellen Grnden von einem Studium ausgeschlossen werden.101

    Dies entspricht nicht nur unserer Forderung nach Chancengleichheit, sondern ist zugleich ein Ge102

    bot konomischer Vernunft. Ist eine Studienfinanzierung fr Kinder aus weniger betuchten Fami103

    lien schon schwierig genug, stellen Studiengebhren fr sie eine zustzliche, oft nicht zu berwin104

    dende finanzielle Hrde dar. Viele von ihnen verzichten auf ein Studium, andere suchen sich ei105

    nen Studienplatz auerhalb Niedersachsens und kehren nach dem Studium oft nicht mehr zurck.106

    Mittlerweile verlsst jeder zweite niederschsische Abiturient dasLand. ImBundesvergleich hat107

    Niedersachsen mit Abstand den grten negativen Wanderungssaldo. Studiengebhren sind108

    inzwischen zum handfesten Wettbewerbsnachteil fr Niedersachsen geworden, trotzdem halten109

    CDU und FDP daran fest.110

    111

    Wir stehen fr die Abschaffung von Studiengebhren. Das ist fr uns eine Frage der sozialen Ge112

    rechtigkeit, denn Herkunft darf nicht Schicksal sein. Dabei sind wir uns der Verantwortung fr die113

    Hochschulen bewusst und werden deshalb den Ausfall der Studiengebhren durch eine Gegen114

    finanzierung ausgleichen. Dieses vom Land bereit gestellte Geld zur Kompensation der Studienge115

    bhren soll fr die Verbesserung der Lehre genutzt werden.116

    117

    Fr uns ist das BAfG eines der wichtigsten Instrumente, um der sozialen Ungerechtigkeit in der118

    Bildung entgegen zu wirken. Ohne BAfG haben viele junge Menschen aus den unteren Einkom119

    mensgruppen keine Chance auf ein Studium.Anders als Stipendien frdert das BAfG zielgenau120

    und erreicht diejenigen, die finanzielle Hilfe wirklich brauchen. In Niedersachsen erhlt jeder vier121

    te Studierende BAfG. Wir werden uns dafr einsetzen, dass das BAfG als tragende Sule der122

    Studienfinanzierung erhalten bleibt und weiterentwickelt wird. Dazu gehrt die regelmige An123

    passung der Frderhhe an die Lebenshaltungskosten, die Frderung fr ein TeilzeitStudium und124

    die Aufhebung der Altersgrenzen im BAfG.125

    126

    3. Hochschulautonomie strken127Das Leitbild einer autonomen Hochschule werden wir konsequent weiterentwickeln. Wir wol128

    len dabei auch in Zukunft klare Entscheidungswege und Verantwortlichkeiten an den Hochschu129

    len. Dies ist fr uns eine Voraussetzung fr eine effektiv und professionell arbeitende Hochschul130

    leitung. Ihre gleichzeitige demokratische Kontrolle durch die Mitwirkung und Mitbestimmung aller131

    Hochschulangehrigen und ihrer Gruppen steht fr uns dabei nicht im Widerspruch. Im Gegenteil,132

    sie bedingen einander. Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt lsst sich nicht top down verord133

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    nen, wissenschaftliche Effektivitt verlangt ein Klima der Kooperation und Kommunikation zwi134

    schen wissenschaftlich Arbeitenden und Leitung. Auch hier gilt: Die Verantwortlichkeit aller Ak135

    teure fr das Gesamtprojekt einer Hochschule entsteht nur im Rahmen der Mglichkeit zur Mit136

    wirkung, die zugleich Ausdruck der Wissenschaftsfreiheit ist. Diese werden wir achten und fr137

    dern. Zur Hochschulautonomie gehrt fr uns auch die verfasste Studierendenschaft.138

    139

    Die Zusammensetzung und Wirkung von Stiftungs und Hochschulrten werden wir evaluieren140

    und neu bewerten. Wir wollen, dass alle groen gesellschaftlichen Gruppen in Hochschulrten141

    reprsentiert werden.142

    143

    Wir setzen uns dafr ein, dass Hochschulen im Baubereich mehr Autonomie bekommen. Hoch144

    schulen sollen zuknftig als Bauherren selbst ber Bau und Sanierungsmanahmen entscheiden145

    knnen.146

    147

    4. Studium durch gute Lehre besser machen148Die BolognaStudienreform muss weiterentwickelt werden. Auch 12 Jahre nach Bologna sind die149

    mit der Umstellung auf das BachelorMasterSystem verfolgten Ziele grere Mobilitt, mehr150

    Absolventen, gute Beschftigungschancen berall in der EU noch nicht erreicht. Probleme be151

    stehen weiterhin bei der verschulten Studienorganisation, zu geringem Praxisbezug bei gleichzei152

    tiger Stoffberfrachtung, kleinteilige Modularisierung, geringe wissenschaftliche Freirume, ge153

    ringe Auslandsmobilitt der Bachelor Studierenden und hohe Studienabbruchquoten, vor allem in154

    den MINTFchern und an Fachhochschulen. Die berarbeitung des Curriculums und die Schaf155

    fung wissenschaftlicher Freirume im Studium werden wir in den Mittelpunkt der Bologna156

    Studienreform stellen.157

    158

    Erkennbare Probleme gibt es auch beim bergang vom Bachelor zum Master, etwa bei einem159

    Hochschulwechsel oder fr Fachhochschulabsolventen beim Zugang zu einem Universittsmaster.160

    Wir werden deshalbdie derzeitigen Regelungen des Zugangs zum Master auf den Prfstand stel161

    len. Jede und jeder mit einem Bachelorabschluss und dem Ziel des Masterstudiums, muss die162

    Chanceauf einen Studienplatz erhalten. Davon unberhrt bleibt die Festlegung studienbezogener163

    Zugangsvoraussetzungen durch die Hochschulen. Dies ist die Konsequenz aus der ffnung des164

    Masters fr Absolventen aller Einrichtungen des Tertiren Bereichs (Universitten, Fachhochschu165

    len und Berufsakademien) sowie dem Verzicht von staatlichen Rahmenordnungen fr Bachelor166

    programme.167

    168

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    Zur Strkung der Berufsfhigkeit des BachelorAbschlusses setzen wir uns fr eine zeitlich flexible169

    Studiendauer ein, die sich an den Ausbildungszielen orientiert. Insbesondere in den MINT170

    Studiengngen knnen achtsemestrige Bachelor Studienprogramme zu geringeren Abbruchquo171

    ten fhren. Die in den KMK Vorgaben festgeschriebene Gesamtregelstudienzeit von 10 Seme172

    stern wollen wir aufheben, um den Hochschulen mehr Gestaltungsspielraum fr ihre Studiengn173

    ge zu geben.174

    175

    Fr die im Rahmen der BolognaStudienreform gestiegenen Anforderungen an die Lehre wollen176

    wir nach angelschsischem Vorbild eine neue unbefristete Position fr Wissenschaftlerinnen und177

    Wissenschaftler, den Lecturer, im Hochschulgesetz verankern.178

    179

    Im Bundesrat setzen wir uns fr eine Aufstockung und Ergnzung des gemeinsam von Bund und180

    Lnder finanzierten Hochschulpaktes ein. Mit einem Hochschulpakt plus wollen wir erreichen,181

    dass zustzliche Studienpltze finanziert, die Einrichtung von Masterstudienpltzen gefrdert und182

    die Hochschulen mit einem Abschlussbonus fr gute und erfolgreiche Lehre belohnt werden.183

    184

    5. Den wissenschaftlichen Nachwuchs frdern185Voraussetzung fr exzellente Forschung und Lehre ist exzellentes und engagiertes Personal an den186

    Hochschulen.Wir mssen aber feststellen, dass der Arbeitsplatz Wissenschaft immer mehr an At187

    traktivitt verliert. Die wissenschaftlichen Karrierewege sind in hohem Mae unsicher, intransparent188

    und wenig planbar. Zurzeit arbeiten vier von fnf wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei189

    tern an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in befristeten Arbeitsverhltnissen. Insbesondere190

    die im Rahmen der Exzellenzinitiative zunehmende Projektfinanzierung von Forschung und die seit191

    Jahren stagnierende Grundfinanzierung der Hochschulen haben dazu beigetragen, dass es nach dem192

    Auslaufen der zeitlich befristeten Projekte kaum noch Dauerstellen, die eine Perspektive fr den193

    Verbleib in der Wissenschaft bieten, gibt. Wissenschaftliche Karrieren drohen so zunehmend in Sack194

    gassen zu enden und Zukunftsngste begleiten den wissenschaftlichen Nachwuchs. Vor allem sind es195

    junge Frauen, die unter den unsicheren beruflichen Perspektiven leiden und die Gefahr sehen, beruf196

    lich abgehngt zu werden, wenn sie sich fr Kinder entscheiden.197

    198

    Wir wollen dem wissenschaftlichen Nachwuchs wieder Perspektiven fr den Verbleib in der Wis199

    senschaft bieten, neue Karrierewege erffnen und verkrustete Personalstrukturen an den Hoch200

    schulen reformieren. Dazu gehrt die Strkung der Juniorprofessur als Karriereweg. Mit den201

    Hochschulen werden wir Vereinbarungen zum Ausbau des Tenure Track abschlieen, so dass bei202

    positiver Evaluierung eine unbefristete Weiterbeschftigung an der eigenen Hochschule erfolgen203

    kann.204

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    Gemeinsam mit anderen Lndern werden wir uns dafr einzusetzen, dass die sogenannte Tarif205

    sperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz wieder aufgehoben wird. Zuknftig soll es mglich206

    sein, in Tarifvertrgen Vereinbarungen fr mehr unbefristete Beschftigungsverhltnisse im Wis207

    senschaftsbereich abzuschlieen.208

    209

    Unser Ziel ist es, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fr den wissenschaftlichen Nachwuchs zu210

    sichern. Dazu gehrt auch die Untersttzung der sozialen Infrastruktur der Studentenwerke, die oft211

    Trger von Kitas sind, sowie die Frderung von Betriebskindergrten nach dem Vorbild der Max212

    PlanckGesellschaft.213

    214

    6. Gleichstellung auch in der Wissenschaft voranbringen215Chancengleichheit in der Wissenschaft ist nicht nur eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit,216

    sondern auch entscheidend fr die Innovationskraft und internationale Wettbewerbsfhigkeit217

    des Wissenschaftssystems. Trotz Fortschritte in den letzten Jahren sind die Hochschulen in Nie218

    dersachsen noch weit von der Gleichstellung entfernt. Ein Blick auf die Zahlen zeigt den dringen219

    den Handlungsbedarf: Obwohl ber die Hlfte der Hochschulabsolventen Frauen sind, sind bei220

    den Professuren nur 23 Prozent mit Frauen besetzt. Auch fr die Hochschulen und Forschungsein221

    richtungen gilt: je hher die wissenschaftliche Position, umso niedriger ist der Frauenanteil. Damit222

    werden wir uns nicht abfinden. Eine Wissenschaft, die nicht ihre Besten auswhlt, sondern Poten223

    tiale brach liegen lsst, kann im internationalen Exzellenzwettbewerb nicht mithalten.224

    225

    Wir wollen den in den nchsten Jahren anstehenden Generationswechsel an den Hochschulen226

    nutzen, um mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft durchzusetzen. Hierzu gehrt ein227

    Bndel von Manahmen wie die Frderung von planungssicheren Karrierewegen, der Ausbau von228

    wissenschaftlichen Netzwerken fr Frauen, die Einrichtung eines JuniorProfessorinnen Pro229

    gramms, die Untersttzung von DualCareerKonzepten, aber auch die Prfung einer verpflich230

    tenden Quote fr die Wissenschaft.231

    232

    7. Fachhochschulen ausbauen233Die niederschsischen Fachhochschulen sind eine Erfolgsgeschichte. Sie leisten einen unverzicht234

    baren Beitrag zur Ausbildung hochqualifizierter Fachkrfte, sie bilden fr die berufliche Selbst235

    stndigkeit aus und sichern durch Studienangebote und Kooperationen die Durchlssigkeit zwi236

    schen den Aus und Weiterbildungssystemen der beruflichen und akademischen Seite.237

    Fachhochschulen sind Motoren wirtschaftlicher Entwicklung in ihren Regionen. Sie stellen trotz238

    schwieriger Rahmenbedingungen unter Beweis, dass sie im Bereich Forschung, Wissenschaft und239

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    Innovation im Wissenschaftssystem mithalten knnen. Wenn es in Zukunft darum geht, durch240

    Wachstums und Innovationsstrategien Wohlstand und Wettbewerbsfhigkeit auch unter den241

    Bedingungen des demografischen Wandels in Niedersachsen zu sichern, mssen die Potentiale242

    von Fachhochschulen besser genutzt werden als bisher.243

    244

    Mit Blick auf die wachsende Fachkrftelcke kommt den Fachhochschulen eine wichtige Aufgabe245

    zu: Durch ihre anwendungsorientierten Studiengnge und berufsnahen Zugangsqualifikationen246

    sind sie besonders geeignet, vorhandene Bildungspotentiale zu mobilisieren. Bei der ffnung der247

    Hochschulen fr Absolventen der beruflichen Bildung knnen sie eine Vorreiterrolle bernehmen.248

    249

    Angesichts dieser Herausforderungen gibt es zu wenige Studienpltze an unseren Fachhochschu250

    len. Derzeit sind ber 90 Prozent der Studienpltze aufgrund der groen Nachfrage zulassungsbe251

    schrnkt. Viele Bewerber gehen auf der Suche nach einem Studienplatz leer aus und verlassen252

    Niedersachsen. Es werden dringend zustzliche Studienpltze gebraucht, doch die jetzige Landes253

    regierung absolviert nur das Pflichtprogramm im Rahmen des gemeinsamen BundLnder Hoch254

    schulpaktes.255

    256

    Wir werden an den erfolgreichen Fachhochschulausbau der sozialdemokratischen Vorgngerre257

    gierungen anknpfen und ein neues Fachhochschulausbauprogramm auf den Weg bringen. Hier258

    bei geht es nicht um Neugrndungen, sondern um den Ausbau vorhandener Fachhochschulen,259

    Ausweitung des Fcherspektrums und Aufbau von Studienangeboten in neuen Fachgebieten.260

    261

    8. Soziale Infrastruktur ausbauen262

    Die niederschsischen Studentenwerke sind kompetente und verlssliche Partner fr unsere Studie263

    renden und Hochschulen. Sie stellen die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums sicher,264

    ihre Service und Betreuungsangebote sind ein wichtiger Faktor fr den Studienerfolg und im Wett265

    bewerb um Studierende. In den vergangenen Jahren sind mit den Studienreformen, der Internationa266

    lisierung der Hochschulen, der Einfhrung von Studiengebhren und zuletzt mit der Verkrzung der267

    Schulzeit die Anforderungen an Beratung und Service stetig gewachsen. Gleichzeitig sind durch die268

    geburtenstarken Jahrgnge die Studierendenzahlen auch in Niedersachsen deutlich angestiegen und269

    werden auch in den kommenden Jahren dieses Niveau halten.270

    271

    Whrend Bund und Lnder im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 in zustzliche Studienpltze inve272

    stiert haben, sind keine Gelder fr Investitionen in die soziale Infrastruktur bereit gestellt worden.273

    Doch Studierende brauchen nicht nur einen Studienplatz. Sie brauchen ein bezahlbares Dach ber274

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    dem Kopf, sie brauchen campusnahe, gnstige Verpflegung, studienbegleitende Beratung und wenn275

    ntig auch Kinderbetreuung. Deshalb mssen flankierend zum Hochschulpakt Bund und Lnder276

    auch ihrer sozialen Verpflichtung gegenber den Studierenden nachkommen und zustzliche Mittel277

    fr die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur des Studiums zur Verfgung stellen. Wir stehen fr278

    die familienfreundliche Hochschule. Wir werden deshalb die Studentenwerke beim Ausbau familien279

    gerechter Betreuungsangebote fr Kinder von Studierenden und Beschftigten untersttzen.280

    281

    9. Hochschul und Forschungsfinanzierung grundlegend sichern Kooperationsverbot282aufheben283

    Unser Ziel ist es, die Leistungsfhigkeit unserer Hochschulen zu verbessern und eine solide Fi284

    nanzierung sicher zustellen. Die Ausgangssituation ist schwierig: Die Hochschulen sind strukturell285

    unterfinanziert, die Mehrleistungen fr die starken Jahrgnge sind ein Notprogramm auf Zeit,286

    zustzliche Mittel des Bundes im Rahmen des Pakt fr Forschung und Innovation sowie der Exzel287

    lenzinitiative flieen nur noch bis 2015 bzw. 2017. Ohne weitere Frderung durch den Bund wird288

    sich mit dem Auslaufen der Exzellenzinitiative 2017 die Wettbewerbssituation universitrer For289

    schung dramatisch verschlechtern, mit der Folge, dass Spitzenforschung wieder verstrkt aus den290

    Universitten auswandert. Diese Entwicklung wrde Niedersachsen doppelt treffen, da das Land291

    unterdurchschnittlich mit aueruniversitren Forschungseinrichtungen ausgestattet ist. Im Wett292

    bewerb um die besten Kpfe droht Niedersachsen abgehngt zu werden.293

    Gegenwrtig tragen die Lnder allein die Grundfinanzierung der Hochschulen. Mit Blick auf die294

    Schuldenbremse und die unterschiedliche finanzielle Leistungskraft der Lnder wird es knftig fr295

    Niedersachsen schwer werden im Qualittswettbewerb der Hochschulen zu bestehen.296

    Wir werden uns im Bundesrat dafr einsetzen, dass das Kooperationsverbot zwischen Bund und297

    Lndern in der Wissenschaft und Bildung wieder abgeschafft und die Zusammenarbeit ausgebaut298

    wird. Zuknftig soll der Bund Hochschulen direkt und unbefristet frdern knnen.299

    300

    Hannover, 07. Mai 2012301