51
Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Didaktik des Sachrechnens 3

Dr. Christian GroßLehrstuhl Didaktik der Mathematik

Universität Augsburg

Sommersemester 2007

Page 2: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Vorläufiger Plan für die Vorlesung

• Einführung in das Sachrechnen• Modellierungsprozesse• Größen und Größenbereiche (Theorie und

Praxis)• Sachrechnen in Klasse 5 und 6• Prozent- und Zinsrechnung (Klassen 7 – 9)• Proportionale, lineare und umgekehrt

proportionale Funktionen (Klassen 7 – 9)• Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung

(Klasse 9 und 10)

Page 3: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Modellierungsprozesse

Page 4: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Begriffsbestimmung

• Was heißt Modellieren?

• Mathematisches Modellieren bedeutet demnach, ein entsprechendes mathematisches Modell herzustellen.

Neubedeut. Wissensch. das Modell eines(natur)wissenschaftlichen oder gesellschaftlichenVorgangs herstellen.

(www.dwds.de)

Page 5: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Begriffsbestimmung

• In der Mathematikdidaktik wird unter „Modellieren“ allerdings nicht nur das Generieren eines mathematischen Modells verstanden, sondern auch das Anwenden und das Validieren dieses Modells.

• Wesentlich ist dabei, einen gegebenen Zustand mittels adäquater mathematischer Begriffe und/oder Prozesse zielgerichtet zu beschreiben.

(z.B. Blum & Niss, 1991)

Page 6: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Begriffsbestimmung

In der Regel bezieht sich der Begriff „Modellierung“ auf außermathematische Situationen und stellt damit eine Beziehung zwischen der Mathematik und der „realen Welt“ dar.

Page 7: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Der Modellierungsprozess

• Um unterrichtliche Lerngelegenheiten zu schaffen, in denen Schülerinnen und Schüler Modellierungskompetenzen erwerben können, muss der Bearbeitungsprozess zum Lösen von Sachaufgaben analysiert werden.

• Welche Schritte bzw. Phasen kommen hier im Idealfall in welcher Reihenfolge vor?

Page 8: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Konsequenzenbearbeiten

Resultate

interpretieren

Problem Lösung

validierenSituation

Mathematik

Welt

mat

hem

atis

iere

n

Modell

(vgl. Schupp, 1988; Blum & Niss, 1991)

Der Modellierungsprozess

Page 9: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Problem

Situation

Welt

Die Schritte im Einzelnen:Erfassen der Situation

Ausgangspunkt ist eineProblemsituation:• Textaufgabe, • reale Situation,• authentisches Material, …

Modellierungsschritte:1.Verstehen des Problems:

• Vergewissern, dass alle Begriffe der Problemverbalisierung bekannt sind;

• evtl. einige Fälle (Werte) ausprobieren,

• evtl. an einem Beispiel erkennen, dass neue Begriffe notwendig sind, …

2.Spezifizieren des Problems:• Frage(n) formulieren• Behauptungen aufstellen, …

Page 10: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Problem

Situation

Mathematik

Welt

mat

hem

atis

iere

n

Modell

Die Schritte im Einzelnen:Mathematisieren

Modellierungsschritte:1.Geeignetes Modell finden

• Erinnerung an Vorwissen,

• Vergleich mit früheren Beispielen …

2.Lösungsansatz finden:• Formel, Gleichung• Skizze• strukturelle

Zusammenhänge aufzeigen …

Page 11: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Konsequenzenbearbeiten

Problem Lösung

Mathematik

Modell

Modellierungsschritt: innermathematisches Problemlösen• durch einen algorithmischen Prozess, z.B.

– Berechnung einer Lösung,– grafisches Arbeiten,– geometrische Konstruktion, …

• oder kreativ durch Arbeiten mit den auftretenden Begriffen:– qualitative Argumentation– Argumentations-/Beweiskette finden, …

Die Schritte im Einzelnen:Bearbeiten

Page 12: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Konsequenzen

Resultate

interpretieren

Lösung

Mathematik

Welt

Die Schritte im Einzelnen:Interpretieren

Mathematische Lösung:• numerische(r) Wert(e)• geometrische Konstruktion• Aussage als Ergebnis einer

Argumentationskette, …

Modellierungsschritt:• Erkennen der Bedeutung der

erhaltenen Lösung:– Bedingungen festhalten– Spezialfälle untersuchen– Interpretieren des

Ergebnisses in der realen Situation

Page 13: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Resultate

Problem Lösung

validierenSituation

Welt

Die Schritte im Einzelnen:Validieren

Modellierungsschritt: Kontrolle des erhaltenen Resultats• ist dieses Ergebnis im gegebenen Kontext überhaupt sinnvoll?• Vergleich mit den Problemspezifikationen• Berücksichtigung der Grenzen des Modells:

– evtl. Modell ändern/verwerfen oder – Modell nachbessern

Page 14: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

1. Situation:In einem Hörsaal sitzen 90 Studierende. Alle müssen ihren Namen in eine Teilnehmerliste eintragen. Entwickeln Sie ein mathematisches Modell und bestimmen Sie, wie lange die Liste braucht.

2. mathematisches Modell:Pro Person werden 10 s geschätzt.90 Personen brauchen 90 · 10 s

Page 15: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

3. mathematisches Ergebnis:90 · 10 s = 900 s = 15 min

4. Resultat:Es dauert etwa 15 Minuten.

Validierung:15 Minuten ist der Erfahrung nach viel zu wenig, d.h. das Modell hat die Realität nicht genau genug abgebildet.

Page 16: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

1. Situation:Viktor fährt mit seinem Vater mit der Bahn nach Bamberg. Kinder zahlen den halben Fahrpreis. Zusammen kostet die Fahrt 63 Euro. Wie viel zahlt der Vater? Wie viel Viktor? Probiere. (Zahlenbuch 2, S. 73)

2. mathematisches Modell:Fahrpreis Vater + Fahrpreis Viktor = 63 EuroFahrpreis Vater = 2 · Fahrpreis Viktor

Page 17: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

3. mathematisches Ergebnis:3 · Fahrpreis Viktor = 63 Euroalso Fahrpreis Viktor = 21 EuroFahrpreis Vater = 2 · Fahrpreis Viktor= 2 · 21 Euro = 42 Euro

4. Resultat:Der Vater zahlt 42 Euro, Viktor zahlt 21 Euro.

Dieser Lösungsweg kann in Klasse 2 natürlich nicht erwartet werden!!

Page 18: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

1. Situation:Köln. Beim siebten Spiel der „Haie“ war die Köln-Arena mit 18.600 Zuschauern zum ersten Mal ausverkauft. Zu den ersten 6 Heimspielen kamen im Schnitt 12.000 Zuschauer pro Spiel. Der Schatzmeister des Vereins: „Ich rechne damit, dass im nächsten Heimspiel die 100.000-Grenze überschritten wird.“ (Mathematik 5, Westermann, S. 121)

2. mathematisches Modell:1 – 6. Heimspiel: 6 · 12.000 Zuschauer7. Heimspiel: 18.600 Zuschauer8. Heimspiel: 12.000 Zuschauer?Gesamt: > 100.000 Zuschauer?

Page 19: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Beispiel eines Modellierungsprozesses

3. mathematisches Ergebnis:6 · 12.000 + 18.600 = 90.600100.000 – 90.600 = 9.400

4. Resultat:Damit der Schatzmeister Recht behält, müssen im nächsten Heimspiel mindestens 9.400 Zuschauer kommen. Das ist zu erwarten, denn es liegt weit unter dem Zuschauerschnitt.

Page 20: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Untersuchungsansätze

• Die Untersuchung von Modellierungskompetenzen– stellt eine komplexe Herausforderung dar, – hat bisher keine ausreichende Klärung über die

relevanten Teilkompetenzen des Konstrukts „Modellierungskompetenz“ erbracht (Blum et al., 2002).

• Als bedeutsam identifiziert wurden u.a.– die bei Lernenden vorhandenen Grundvorstellungen, – die Fähigkeit zum Aufbau eines

Situationsverständnisses, – sowie die von Lernenden wahrgenommenen

sozio-mathematischen Normen. Kapitänsaufgaben!

Page 21: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Grundvorstellungen

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln haben sie zusammen?

Lösungsrate Ende Klasse 1:

USA: 100% D: 87%

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln hat Hans mehr als Maria?

Lösungsrate Ende Klasse 1:

USA: 28% D: 28%

(Riley & Greeno, 1988; Stern, 1994)

Page 22: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln haben sie zusammen?

5 + 8 = 13

Grundvorstellungen

Das Generieren eines mathematischen Modells bei dieser Aufgabe setzt voraus, dass

1. Zahlen als Mengen aufgefasst werden können, 2. die Addition als das Zusammenfügen zweier Mengen

verstanden wird.

Page 23: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Grundvorstellungen

Das Generieren eines mathematischen Modells bei dieser Aufgabe setzt voraus, dass

1. Zahlen als Mengen aufgefasst werden können, 2. Zahlen zur Beschreibung eines Mengenvergleichs

verwendet werden können,3. ein Mengenvergleich mit der Addition oder Subtraktion

in Verbindung gebracht werden kann.

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln hat Hans mehr als Maria?

Page 24: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln hat Hans mehr als Maria?

5 + 3 = 8

8 – 3 = 5 8 – 5 = 3

Grundvorstellungen

Page 25: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Grundvorstellungen

Um ein mathematisches Modell zu einer gegebenen Sachsituation generieren zu können, müssen individuell adäquate Grundvorstellungen (mentale Repräsentationen) zu den benötigten mathematischen Begriffen vorliegen und abrufbar sein.

Page 26: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Zahlenbuch 2, S. 82

Grundvorstellungen Division: Aufteilen

Page 27: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Nussknacker 2, S. 109

Grundvorstellungen Division: Verteilen

Page 28: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Welches Modell wird hier benötigt?

Luzia hat für ihre Puppe vier Kleider und drei Hüte. Wie viele Möglichkeiten hat Luzia, um ihre Puppe anzuziehen?

Bei der Multiplikation ist es ähnlich. Sie wird mittels der Grundvorstellung der wiederholten Addition eingeführt.

Grundvorstellungen

Page 29: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

• wiederholte Addition– zeitlich sukzessiv (z.B. 5 mal 2€ Taschengeld)– räumlich simultan (z.B. Limokasten)

• kartesisches Produkt, z.B. kombinatorisch: jedes Element einer Menge kann mit jedem Element einer zweiten Menge kombiniert werden

Grundvorstellungen Multiplikation

(als Einführung weniger geeignet)

Page 30: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Ein Stück Zucker kostet 0,4 Bfr. Wie viel kosten 60 Stücke Zucker?

Milch kostet 20 Bfr pro Liter. Anne kauft 0,8 Liter. Wie viel muss sie bezahlen?

(De Corte, Verschaffel & Van Coillie, 1988)

Lösungsrate: 99%

Aus einer belgischen Studie (6. Klasse, N = 116):

0,8 · 20 = 16

60 · 0,4 = 24

Lösungsrate: 32%

Grundvorstellungen

Page 31: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

• Die primäre mit der Multiplikation verknüpfte Grundvorstellung ist bei vielen Schüler/innen die wiederholte Addition (3 · 4 = 4 + 4 + 4).

• Diese Grundvorstellung trägt für die erste Aufgabe: 60 Zuckerstücke à 0,4 Bfr, d.h. 0,4 + 0,4 +…+ 0,4.

• Sie passt nicht zur zweiten Aufgabe, da der Operator keine natürliche Zahl ist: 0,8 · 20.

• Entsprechend gelingt es hier nicht, ein adäquates mathematisches Modell auf Basis der Multiplikation herzustellen.

Grundvorstellungen

Page 32: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Nussknacker 3, S. 9

Grundvorstellungen

Auch für geometrische Begriffe muss deutlich werden, dass sie Modelle für verschiedene reale Objekte sein können!

Page 33: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Grundvorstellungen

• Mit dem Konzept der Grundvorstellungen können Phasen des Modellbildungsprozesses detaillierter beschrieben werden.

• Im Zuge von PISA 2000 wurde das Konstrukt „Grundvorstellungsintensität“ entwickelt, das ein Maß für die Komplexität der notwendigen Grundvorstellungen bei Aufgabenlösungen darstellt.

• Die Grundvorstellungsintensität stellte sich als relativ guter Prädiktor für die Lösungshäufigkeit von PISA-Aufgaben heraus (Blum et al., 2004).

Page 34: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Grundvorstellungen

Merke:

Die Grundvorstellungen, die in einer Sachaufgabe notwendig sind, um die Sachsituation mit mathe-matischen Begriffen oder Operationen zu verbinden, stellen ein wichtiges Aufgabenkriterium dar.

Als Lehrkraft brauchen Sie entsprechende mathematische und didaktische Kompetenzen, um Sachaufgaben analysieren zu können.

Page 35: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln hat Hans mehr als Maria?

Lösungsrate Ende Klasse 1:

USA: 28% D: 28%

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln muss Maria noch bekommen, damit sie genauso viele Murmeln hat wie Hans?

Lösungsrate Ende Klasse 1:

USA: 91% D: 96%(Riley & Greeno, 1988; Stern, 1994)

Situationsverständnis

Page 36: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

5 Vögel finden 3 Würmer. Wie viel mehr Vögel als Würmer gibt es?

Lösungsrate Klasse 1:

USA: 25% D: < 30%

5 Vögel finden 3 Würmer. Wie viele Vögel bekommen keinen Wurm?

Lösungsrate Klasse 1:

USA: 96% D: 96%

(Hudson, 1983; Stern, 1994)

Situationsverständnis

Page 37: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

reale Situation

math. Modell

Grundvorstellungen

Situationsverständnis

Im Mathematisierungsprozess von der Realsituation zum mathematischen Modell muss es also noch eine „Zwischenstation“ geben…

Page 38: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

reale Situation

math. Modell

Grund-

vorstellungen

Situations-modell

Situati

ons-

verst

ändn

is

(Reusser, 1989)

Situationsverständnis

Diese „Zwischenstation“ kann als Situationsmodell beschrieben werden.

Page 39: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Modellierungskreislauf nach Blum/Leiß

Page 40: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln hat Hans mehr als Maria?

USA: 28% D: 28%

Maria hat 5 Murmeln. Hans hat 8 Murmeln. Wie viele Murmeln muss Maria noch bekommen, damit sie genauso viele Murmeln hat wie Hans?

USA: 91% D: 96%

Situationsverständnis

Page 41: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

5 Vögel finden 3 Würmer. Wie viele mehr Vögel als Würmer gibt es?

USA: 25% D: < 30%

5 Vögel finden 3 Würmer. Wie viele Vögel bekommen keinen Wurm?

USA: 96% D: 96%

Situationsverständnis

Page 42: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Situationsverständnis

Neben Grundvorstellungen zu den notwendigen mathematischen Begriffen und Prozessen ist im Modellierungsprozess also auch ein adäquates Situationsverständnis von Bedeutung.

Merke:Verfügbares mathematisches Wissen und die damit verbundenen mentalen Repräsentationen sind also nur notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für das Verstehen und Lösen von Modellierungsproblemen.

Page 43: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Zum Aufbau eines Situationsmodells (oder auch Realmodells) muss die Sachsituation und ihre zugrunde liegenden inneren Beziehungen erfasst werden. Deshalb kann das Situationsmodell mehr Informationen enthalten als die Ausgangssituation!

• Auf einen Professor kommen sechs Studierende.

Situationsverständnis

Page 44: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Auf einen Professor kommen sechs Studierende.Die Beziehung lautet:P : S = 1 : 6, also 6 · P = S

Anders dargestellt: Es gibt sechsmal mehr Studierende als Professoren, also 6 · P = S.

Situationsverständnis

Page 45: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Vor Ihnen steht ein Krug mit Wasser und ein Krug mit der gleichen Menge Rotwein. Sie nehmen aus dem Weinkrug ein Glas Wein und gießen es in den Wasserkrug. Dann nehmen Sie ein Glas aus dem Wasserkrug (mit dem Wasser-Wein-Gemisch) und gießen es zurück in den Weinkrug.

Jetzt ist 1. mehr Wasser im Weinkrug?2. mehr Wein im Wasserkrug?3. das Verhältnis ist in beiden Krügen gleich?

Situationsverständnis

Page 46: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Wie lautet die Interpretation und Validierung bei dieser Sachaufgabe?

• Aus einem Wasserhahn tropfen pro Minute etwa 30 Tropfen Wasser. 20 Tropfen ergeben 1 ml. Wie viel Wasser wird pro Stunde unnötig verschwendet?

Interpretation und Validierung

Page 47: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Interpretation und Validierung

• Die Phase der Interpretation wird im Unterricht häufig vernachlässigt und in Form des Antwortsatzes für die Kinder zu einem „leeren“ und störenden Ritual.

• Die Einstellung der Kinder ist nachvollziehbar und verständlich, da die Interpretation des mathematischen Ergebnisses häufig nicht weiter verwendet wird, d.h. eine Validierung findet nur selten statt und falls sie stattfindet, gibt es nur selten Überraschungen.

Page 48: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Wie viel Wasser wird pro Stunde durch einen tropfenden Wasserhahn verschwendet?

Interpretation und Validierung

• Entsprechend ist es notwendig auch solche Sachaufgaben zu behandeln, bei denen Interpretation und Validierung Sinn machen und ggf. eine Modellanpassung notwendig ist.

Page 49: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Lösen Sie diese Aufgabe:

Am Abend des 4. Februar wurden die Autofahrer durch heftiges Schneetreiben überrascht. Auf der Autobahn Nürnberg – München staute sich der Verkehr dreispurig auf 30 km Länge. Es gab keine Möglichkeit die Autobahn zu verlassen und die Insassen mussten in ihren Autos übernachten. Das Rote Kreuz versorgte die Wartenden mit heißem Tee.

Wie viel Liter Tee musste gekocht werden?

Interpretation und Validierung

Page 50: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Die Phase der Interpretation und Validierung erfordert kontextbezogenes Wissen der Schülerinnen und Schüler zur Sachsituation. Dies ist notwendig, um das mathematische Ergebnis zu verwenden und zu bewerten.

• Die Fähigkeit der kritischen Betrachtung mathematischer Ergebnisse ist eine wichtige Kompetenz für viele Alltagssituationen, vor allem wenn es um statistische Ergebnisse geht.

Interpretation und Validierung

Page 51: Didaktik des Sachrechnens 3 Dr. Christian Groß Lehrstuhl Didaktik der Mathematik Universität Augsburg Sommersemester 2007

Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, München, 2003

Stimmen: 2003Anzahl

2003%

1998%

Veränderung

Anzahl %-P.

gültig 10248735 100 100 -1938174   CSU 6217864 60,7 52,9 -229900 +7,8   SPD 2012265 19,6 28,7 -1489635 -9,1   GRÜNE 793050 7,7 5,7 +100594 +2,1   FW 411306 4,0 3,7 -34809 +0,4   REP 229464 2,2 3,6 -208680 -1,4   ödp 200103 2,0 1,8 -17737 +0,2   FDP 263731 2,6 1,7 +61943 +0,9 … … … … … …

Interpretation und Validierung