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Universität Augsburg Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft unter besonderer Berücksichtigung des Französischen Wintersemester 2011/2012 Proseminar: Synchronische Sprachwissenschaft des Französischen: Lautung und Graphie Dozent: Dr. Frank Paulikat Seminararbeit zum Thema: Die Akzentsetzung im Französischen und deren Vermittlung im modernen gymnasialen Französischunterricht Vorgelegt von: Evi Käppel (Französisch/Deutsch LAG; 5. Semester) XXXX XXXX Tel.: XXXX E-Mail: XXXXX

Die Akzentsetzung im Französischen und deren Vermittlung ... · mit accent grave markiert wird, muss die Schlüsselerkenntnis der ersten Lernjahre sein. 3.2.2 Accent circonflexe

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Page 1: Die Akzentsetzung im Französischen und deren Vermittlung ... · mit accent grave markiert wird, muss die Schlüsselerkenntnis der ersten Lernjahre sein. 3.2.2 Accent circonflexe

Universität Augsburg

Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft

unter besonderer Berücksichtigung des Französischen

Wintersemester 2011/2012

Proseminar: Synchronische Sprachwissenschaft des Französischen: Lautung und Graphie

Dozent: Dr. Frank Paulikat

Seminararbeit zum Thema:

Die Akzentsetzung im Französischen und

deren Vermittlung im modernen gymnasialen

Französischunterricht

Vorgelegt von: Evi Käppel

(Französisch/Deutsch LAG; 5. Semester)

XXXX

XXXX

Tel.: XXXX

E-Mail: XXXXX

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Inhalt

1. Akzente - ein schwarzes Schaf der Fremdsprachendidaktik? ........................ 3

2. Forschungsüberblick ...................................................................................... 4

3. Synchrone Betrachtung .................................................................................. 4

3.1 Heutige Verwendung und Funktion der Akzente............................................... 4

3.2 Regeln zur Akzentsetzung und deren Verwertbarkeit für den Unterricht.......... 5

3.2.1 Accent aigu und accent grave .................................................................. 5

3.2.2 Accent circonflexe .................................................................................... 7

3.3 Ausnahmen und Besonderheiten des französischen Akzentsystems

und damit verbundene Schwierigkeiten für die Schüler .................................... 8

4. Didaktische Analyse ....................................................................................... 8

4.1 Einordnung der Akzente in die moderne Fremdsprachendidaktik ..................... 8

4.1.1 Verortung und Relevanz der Akzente im Lehrplan und dem

Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen................... 8

4.1.2 Akzente in der fachdidaktischen Literatur ............................................. 10

4.1.3 Ansätze zur Vermittlung der Akzentsetzung ......................................... 11

4.2 Lehrwerkanalysen ............................................................................................ 12

4.2.1 Akzente in der Lehrbuchreihe Découvertes ........................................... 12

4.2.2 Akzente in der Lehrbuchreihe Cours Intensif ........................................ 14

4.3 Auswertungen von Stegreifaufgaben im Hinblick auf Akzentfehler ............... 15

4.4 Ergebnisse der Befragung von Lehrkräften ..................................................... 20

5. Schlussbetrachtung und didaktische Forderungen ....................................... 21

6. Anhänge ....................................................................................................... 23

7. Bibliographie ................................................................................................ 28

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1. Akzente - ein schwarzes Schaf der Fremdsprachendidaktik?

« En nostre langage francois nauons point daccent figure en escripture, et ce pour le de-

fault que nostre langue nest encores mise ni ordonnee a certaines reigles comme les He-

braique, Greque, et Latine. Ie vouldrois quelle y fust ainsi que on le porroit bien faire. »

(G. Tory 1529 in Champ fleury, zitiert nach: Catach 1995: 1126)

Als sich Geoffroy Tory 1529 mit diesen Worten Akzente im Schriftbild des Franzö-

sischen wünschte, um diese Sprache ähnlich der Hebräischen, Lateinischen und

Griechischen einer gewissen Regelhaftigkeit zu unterwerfen, spiegelte sich darin

auch ein Wunsch nach Logik und Ordnung. Die daraufhin eingeführten Akzente hat-

ten für die damaligen Schreiber durchaus Sinn und erfüllten eine durchsichtige Funk-

tion. So markierten sie z. B. ausgefallene Buchstaben oder dienten der Unterschei-

dung homographischer Wortendungen.

Heute jedoch zeigt sich ein anderes Bild. Gerade die historisch zu begründen-

den Akzente sind auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar, besonders für Nicht-

Muttersprachler, die im Begriff sind, Französisch zu lernen. Für Schüler scheinen

Akzente oft ein lästiges Übel zu sein, das keinem bestimmten System folgt. Diese

Annahme ist jedoch nicht ganz korrekt, es gibt sehr wohl regelhafte Strukturen in der

Akzentsetzung des Französischen, die den Lernenden den Umgang damit erleichtern

könnten.

Die Frage ist nur, ob die Schüler zu diesem Wissen in hinreichendem Maße

Zugang bekommen. Selbst Studierende des Französischen durchschauen die Funk-

tionsweise der Akzentsetzung in ihrer Gänze oft erst im Studium, was sehr dafür

spricht, dass dieses Thema an den Gymnasien eher im Hintergrund steht.

Die vorliegende Arbeit soll daher klären, inwieweit die Akzentsetzung im mo-

dernen gymnasialen Französischunterricht von Bedeutung ist und welche Möglich-

keiten zu deren Vermittlung bestehen. Nach einer synchronen Betrachtung der The-

matik und der Darstellung von möglichen Regeln zur Akzentsetzung soll sie mit den

aktuellen Maßstäben der Fremdsprachendidaktik, dem Lehrplan und dem Gemein-

samen Europäischen Referenzrahmen in Verbindung gebracht werden. Eine verglei-

chende Lehrbuchanalyse, die Auswertung von Akzentfehlern in Schülerarbeiten und

eine Befragung von Französischlehrern1 werden schließlich verstärkt den Praxisbe-

zug herstellen und die Basis für eine abschließende didaktische Einschätzung schaf-

fen.

1 Die Auswertung der Schülerarbeiten und die Befragung einiger Lehrer erheben keinen Anspruch auf

Repräsentativität, sondern ermöglichen vielmehr einen exemplarischen Einblick in den Schulalltag.

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2. Forschungsüberblick

Eine in der Orthographieforschung besonders engagierte Wissenschaftlerin ist Nina

Catach. Ihr Dictionnaire historique de l'orthographe française von 1995 ist ein

Nachschlagewerk, in dem man die Entwicklungsstufen der einzelnen Lemmata

nachvollziehen kann und in dem die sprachhistorische Dimension der Akzentsetzung

gut ersichtlich ist.

Sucht man wissenschaftlich detaillierte Antworten auf die Frage, wann und

warum welcher Akzent gesetzt wird, bietet sich auch ihr im Jahr 2005 bereits in drit-

ter Auflage erschienenes Buch L'orthographe française an. Eine übersichtliche und

alltagstaugliche Darstellung zu diesem Thema findet sich außerdem in den von den

Verlagshäusern Nathan und Larousse herausgegebenen Nachschlagewerken mit dem

Titel Orthographe von 1995. Eine ältere aber sehr prägnante Ausführung bietet da-

rüber hinaus Gaks 1976 erschienenes L'orthographe du français. Essai de descrip-

tion théorique et pratique.

Aufsätze zur Akzentsetzung sind sehr dünn gesät, eine interessante Abhand-

lung aus anglophoner Perspektive bietet jedoch Vivienne Mylnes Publikation The

use of accents in French (1985).

Aus den genannten Werken werden in dieser Arbeit die wichtigsten Regeln zur

Akzentsetzung zusammengestellt, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben

wird, sondern eine Auswahl unter didaktischen Kriterien erfolgt.

3. Synchrone Betrachtung

3.1 Heutige Verwendung und Funktion der Akzente

Im Französischen kann in zwei Arten von Akzenten und diakritischen Zeichen unter-

schieden werden: In solche mit primär phonetischer Funktion, also die drei Akzente

aigu, grave und circoncoflexe, sowie das diakritische Zeichen cedille und in solche

mit vorwiegend graphischer Funktion, wie das tréma, den apostrophe und die beiden

Akzente grave und circonflexe, wenn diese zur Unterscheidung von Homonymen

eingesetzt werden. (vgl. Catach 1995: 1125)

Einst eingeführt um die Unzulänglichkeiten des lateinischen Alphabetes bei der

schriftlichen Wiedergabe der Aussprache der Vokale im Französischen auszuglei-

chen (vgl. Riegel 1999: 75), erfüllen Akzente heute vor allem eine phonetische und

graphisch distinktive Funktion, wie Martin Riegel in seiner Grammaire méthodique

mit folgenden Worten ausführt:

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„Les accents sont des signes diacritiques qui se placent, en français, sur certaines voyelles pour

indiquer leur prononciation, différente de celle de la voyelle non accentuée (cf. é, è, ê vs e) ou

pour marquer une distinction entre des mots (cf. a, de avoir vs à, préposition), tout en appor-

tant parfois une indication historique.“ (Riegel 1999 :75)

Der Akzentgebrauch des Französischen ist mitunter komplex und stark historisch

geprägt, folgt aber in Teilen durchschaubaren Regeln, die nun vorgestellt werden

sollen.

3.2 Regeln zur Akzentsetzung und deren Verwertbarkeit für den Unterricht

3.2.1 Accent aigu und accent grave

Zunächst ist festzuhalten, dass der accent aigu nur auf dem Vokal <e> steht und da-

bei dessen geschlossene Aussprache [e] markiert. Der accent grave hingegen kommt

auf den Vokalen <a>, <u> und <e> vor. Bei <e> zeigt er dessen offene Aussprache

[ɛ] an und hat manchmal distinktive Funktion, wie bei des/dès, während er bei <u>

und <a> die Aussprache nicht beeinflusst und nur der Unterscheidung von Homo-

phonen dient, wie z. B. bei à/a bzw. où/ou. (vgl. Riegel 1999: 76)

Die Feststellung, auf welchen Buchstaben die beiden Akzente stehen können

ist zwar banal, könnte aber gerade für Lernanfänger ein hilfreicher Hinweis sein. Sie

lernen oftmals, indem sie versuchen, sich das Schriftbild einzuprägen. Wenn sie ein

Wort aus dem Gedächtnis aufschreiben, wissen sie oft nicht mehr, ob sie nun einen

accent grave oder einen accent aigu setzen müssen. Zumindest bei den Vokalen <a>

und <u> könnte dem Verwechslungsproblem abgeholfen werden, denn ein Schüler,

der weiß, dass auf diesen beiden Buchstaben kein accent aigu stehen kann, wird z. B.

die Präposition à nicht mit diesem Akzent versehen.

Hilfreich ist auch folgender Hinweis zum accent grave: Wenn ein Wort im

Singular auf <s> endet, wir auf das vorangehende <e> ein accent grave gesetzt. (vgl.

Dubois 1995: 11) Beispiele sind hier Wörter wie après, succès oder exprès. Diese

Parallele in der Schreibung ist für Schüler gut erkennbar und führt, wenn sie gut ver-

innerlicht wird, im Optimalfall dazu, dass die Schüler auch ihnen unbekannte Wör-

ter, die in dieses Schema passen, richtig schreiben.

Der accent grave steht außerdem auf einem <e> in dessen Folgesilbe ein Kon-

sonant, gefolgt von einem e muet steht. (vgl. Grevisse 2008: 107) Ein Beispiel hier-

für wäre mère. Ist das folgende <e> jedoch kein e muet, so steht auch kein accent

grave, sondern oft ein accent aigu oder gar kein Akzent. (vgl. Grevisse 2008: 107)

Mit dieser Regel lässt sich auch verdeutlichen, warum es siège, aber siéger heißt.

(vgl. Grevisse 2008: 107) Das <è> in siège trägt einen accent grave weil ihm der

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Konsonant <g> und ein e muet folgen. Bei siéger folgen dem ersten <e> jedoch ein

Konsonant und ein gesprochenes [e], weswegen es keinen accent grave tragen kann.

Da Wörter wie mère, collège oder siège im Schulalltag sehr häufig vorkom-

men, könnte die Regel von Konsonant und folgendem e muet an solch einfachen Bei-

spielen im Unterricht durchaus thematisiert werden, da sie wiederum für eine syste-

matische Schreibung derartiger Wörter sensibilisiert und auf neues Vokabular über-

tragen werden kann.

Eine zentrale Erkenntnis, die den accent aigu und den accent grave in vielen

Fällen erklärt, ist die von Catach formulierte Regel, dass beide Akzente im Wortin-

neren nur auf graphisch offener Silbe auftreten können, nie jedoch in graphisch ge-

schlossener Silbe. (vgl. Catach 2005: 63) Eine graphisch offene Silbe endet auf Vo-

kal, während eine graphische geschlossene Silbe auf Konsonant endet. Ein Beispiel

für diese Regel wären die Wörter é/lé/ment und es/sen/tiel. In beiden Fällen ist die

Aussprache des ersten <e> geschlossen, essentiel kann jedoch keinen accent aigu

tragen, da die erste Silbe geschlossen ist.

Die Begrifflichkeit von offener und geschlossener Silbe dürfte für Schüler

nicht unmittelbar verständlich sein, da sie ein sprachwissenschaftliches Grundver-

ständnis erfordert. Daher muss diese Regel trotz ihres hohen Grades an universeller

Gültigkeit mit Vorsicht vermittelt werden und sollte eher in den höheren Lernjahren

thematisiert werden.

Es gibt auch noch einige Regeln, die aufzeigen, in welchen Fällen kein accent

grave oder aigu stehen kann. So zum Beispiel die von Gak formulierte Feststellung,

dass keiner der beiden Akzente auf einem <e> stehen kann, das von zwei Konsonan-

ten oder einem <x> gefolgt wird, wie z. B. bei vexer, es sei denn es handelt sich bei

den beiden Konsonanten um zwei Liquide, wie in étroit oder siècle. (vgl. Gak 1976:

101-102)

Derartiges Wissen ist zwar für den Lehrer unverzichtbar, um auf Fragen von

Seiten der Schüler reagieren zu können, für die Schüler selbst ist es aber nicht unbe-

dingt notwendig, da deren Problem eher darin liegt, Akzente zu vergessen, als sich

Gedanken zu machen, warum an manchen Stellen kein Akzent auftaucht.

Für die Unterscheidung von accent aigu und accent grave ist ungeachtet aller

genannten Regeln dennoch die Aussprache der wichtigste Indikator für die Akzent-

setzung. Dass die geschlossene Aussprache [e] mit accent aigu, offenes [ɛ] hingegen

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mit accent grave markiert wird, muss die Schlüsselerkenntnis der ersten Lernjahre

sein.

3.2.2 Accent circonflexe

Der accent circonflexe kann auf den Vokalen <a>, <e>, <i>, <o> und <u> stehen

(vgl. Grevisse 2008: 108) und seine Verwendung ist eine der großen Herausforde-

rungen der Orthographie für Schüler, aber auch für Muttersprachler. Den Grund da-

für formuliert Grevisse sehr treffend mit den Worten: „l’accent circonflexe […] a

surtout une justification historique, d’ailleurs complexe et capricieuse.“ (Grevisse

2008 : 108) Daher ist diesem Akzent mit Regeln nur sehr begrenzt beizukommen.

Riegel und Catach unterteilen in drei Funktionen des accent circonflexe, die

valeur phonogrammique, die valeur morphogrammique und die valeur

logogrammique. (vgl. Riegel 1999: 76-77) Die valeur phonogrammique beschreibt

die Auswirkungen des circonflexe auf die Aussprache. Er markiert lange Vokale, wie

das <ê> in rêve und steht dabei in Opposition zu kurz gesprochenen Vokalen, die mit

accent grave oder Doppelkonsonant geschrieben werden, wie z. B. sème oder belle.

(vgl. Riegel 1999: 76) Diese Opposition wird jedoch selbst von Muttersprachlern

kaum noch realisiert und eignet sich daher nicht als Maßstab für die schulische Ver-

mittlung.

Die valeur morphogrammique bezieht sich in erster Linie auf die Verbmorpho-

logie. Bei Verben, deren Stammvokal einen accent circonflexe aufweist, wie z. B.

frôler, bleibt dieser in allen Flexionsformen erhalten. (vgl. Riegel 1999: 77) Außer-

dem markiert der circonflexe alle Verben in der ersten und zweiten Person Plural des

passé simple, z. B. nous passâmes, sowie die dritte Person Singular des imparfait du

subjonctif, wie z. B. qu’il fût. (vgl. Colignon 2005: 64) Diese Funktion ist zwar sehr

regelhaft und zuverlässig, da die Schüler derartige Verbformen jedoch fast nie aktiv

verwenden, ist die Kenntnis um diese Regelmäßigkeit für sie nur bedingt nützlich.

Die valeur logogrammique meint die Homophone differenzierende Funktion

des circonflexe, wie z. B. in sûr-sur oder tâche-tache. (vgl. Riegel 1999: 77) Hier

zeigt der Akzent tatsächlich einen Bedeutungsunterschied an, der circonflexe er-

scheint hier sicherlich auch den Schülern sinnvoll, weswegen im Unterricht gezielt

auf solche Gegensatzpaare eingegangen werden sollte.

Außerdem könnten die Schüler darauf hingewiesen werden, dass der accent

circonflexe oftmals ein ausgefallenes <s> anzeigt. Dieses <s> ist in abgeleiteten

Formen manchmal noch erhalten, wie bei arrêter und arrestation, (vgl. Ducard 1995:

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17) was die Akzentfunktion zusätzlich veranschaulicht. Auch das Lateinische und

das Englische sollten als Vergleichsgrößen herangezogen werden, z. B. bei forêt,

lateinisch forestis, englisch forest. So wird neben dem ausgefallenen <s> auch noch

der Bezug zu anderen erlernten Sprachen verdeutlicht.

3.3 Ausnahmen und Besonderheiten des französischen Akzentsystems und damit

verbundene Schwierigkeiten für die Schüler

Obwohl die genannten Regeln das Verständnis der französischen Akzentsetzung er-

heblich erleichtern, bleiben noch zahlreiche Fälle, die in kein Schema passen. Dazu

zählen Wörter, die mit accent aigu notiert sind, obwohl sie mit offenem [ɛ] gespro-

chen werden, wie die Form je protégerai oder das Paradebeispiel événement, (vgl.

Riegel 1999: 76) das inzwischen aber auch in der Form évènement toleriert wird.

Manchmal fehlt die Akzentinformation für die Aussprache jedoch auch ganz,

wie etwa vor finalem Konsonant, also bei clef vs nef, vor Doppelkonsonant, also

z. B. bei nette vs nettoyer oder bei jüngeren Entlehnungen wie placebo oder revolver

(vgl. Catach 2005: 64), wo deutliche Differenzen bei der Aussprache vorliegen

Auch der Präfix <re-> bzw. <ré> bringt Schwierigkeiten mit sich. So wird z. B.

réimpression mit accent aigu geschrieben, relancer hingegen nicht. (vgl. Mylne

1985: 3) Zwar stellt Mylne in ihrem Aufsatz für diesen Sachverhalt regelhafte Ten-

denzen dar, die jedoch für den schulischen Kontext viel zu komplex wären.

Probleme dürften auch immer im Zusammenhang mit dem accent circonflexe

auftauchen, da seine Verwendung am wenigsten regelhaft erfolgt.

Insgesamt müssen die Ausnahmen und Besonderheiten wie in jeder Sprache

nach und nach mit gelernt werden. Als Lehrer sollte man den Fokus aber nicht zu

sehr auf die Ausnahmen richten, sondern eher auf die regelmäßigen Strukturen, denn

für die Schüler ist es in erster Linie wichtig, sich auf Französisch verständigen zu

können und dazu muss ihnen nicht jeder Sonderfall geläufig sein.

4. Didaktische Analyse

4.1 Einordnung der Akzente in die moderne Fremdsprachendidaktik

4.1.1 Verortung und Relevanz der Akzente im Lehrplan und dem Gemeinsamen

Europäischen Referenzrahmen für Sprachen

Richtschnur für jeden Lehrer ist der Lehrplan. Der an bayerischen Gymnasien im G8

geltende Lehrplan für Französisch unterscheidet in jeder Jahrgangsstufe die vier

Curricularbereiche Sprache, Umgang mit Texten und Medien, Interkulturelles Lernen

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und Landeskunde, sowie Lernstrategien und Methoden selbstständigen Arbeitens.

(vgl. ISB 2004: Fachlehrplan Französisch)2 Die Akzentsetzung als Teil der Orthogra-

fie muss dabei wohl zum Bereich Sprache gezählt werden. Interessant ist, dass die

Begriffe Rechtschreibung und Orthografie in keiner Jahrgangsstufe im

Französischlehrplan erwähnt werden. Auch die Akzentsetzung selbst wird nicht an-

gesprochen, was jedoch normal ist, da der Lehrplan ein Rahmengerüst darstellt und

auf solche Spezialphänomene generell nicht eingehen kann. Den Worten „Die Schü-

ler […] erkennen wichtige Beziehungen zwischen Lautung und Schreibung. Beson-

deres Gewicht erhalten das Erlernen und Üben einer korrekten Aussprache und Into-

nation.“ (ISB 2004: FLPF 6. Klasse)3 kann man jedoch als Lehrer die Aufforderung

zu einer Beschäftigung mit den Akzenten im Anfangsunterricht entnehmen, da diese

ein wesentlicher Bestandteil der Beziehung zwischen Laut und Schrift im Französi-

schen sind.

Insgesamt ist der Lehrplan verstärkt auf das Ziel der Bewältigung von Kom-

munikationssituationen in Studium, Beruf und Privatleben ausgerichtet. (vgl. ISB

2004: Fachprofil Frz.)4 Dabei spielen Sprachmittlung, also dolmetschende Übertra-

gung vom Französischen ins Deutsche und andersherum, sowie Sprachkompetenzen,

die sich an europäischen Standards messen lassen sollten, eine herausragende Rolle.

Diese Kompetenzen, nach denen auch der bayerische Lehrplan ausgerichtet ist,

sind im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) festgeschrieben. Dieser

ist stark an kommunikativen Fertigkeiten beim Verstehen und Sprechen orientiert

und beim Schreiben steht die argumentative Komponente im Vordergrund, (vgl.

Trim 2001: 36) während Orthografie und Grammatik nicht explizit erwähnt werden.

In der Zusammenschau sind der aktuelle Lehrplan und GER stark an Lebens-

praxis und Kommunikationskompetenz orientiert. Als Rahmenorientierung für Lehr-

kräfte geben sie naturgemäß keine direkte Auskunft für den Umgang mit Akzenten

im Unterricht. Sie zeigen allerdings die aktuellen Tendenzen der Fremdsprachendi-

2 Fachlehrplan Französisch wird im Folgenden abgekürzt mit FLPF. Er ist nach Jahrgangsstufen ge-

ordnet zusammen mit dem Fachprofil moderne Fremdsprachen und dem Fachprofil Französisch auf

der Homepage des ISB (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung) zu finden:

http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fach=&LpSta=6&S

Typ=14 (28.02.12)

Die vorgelegte Analyse bezieht sich auf Französisch als zweite Fremdsprache, beginnend in der 6.

Klasse. 3 http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26317 (28.02.12)

4 http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26370 (28.02.12)

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daktik auf und können so dabei helfen, die eher nebengeordnete Bedeutung der Or-

thografie und speziell der Akzente für die derzeitige Lehr-Lernsituation aufzuzeigen.

4.1.2 Akzente in der fachdidaktischen Literatur

In der fachdidaktischen Literatur wird schnell ersichtlich, dass die heutige Didaktik

eine weiterentwickelte Form der in den 70er Jahren aufgekommenen Kommunikati-

ven Didaktik ist. Bei dieser Didaktik ist die kommunikative Kompetenz „übergeord-

netes Lernziel des Fremdsprachenunterrichts“. (Fäcke 2010: 34) Auch wenn dieses

Ziel in den Lehrplänen fest verankert ist, wird es im gymnasialen Unterricht nicht

immer verfolgt, wie Christiane Fäcke kritisiert: „Nach wie vor werden Fehler in Or-

thografie und Grammatik stärker wahrgenommen und z. B. in Klausuren sanktioniert

als Fehler der Angemessenheit und Authentizität in der Kommunikation.“ (Fäcke

2010: 45) Ist es also nicht mehr zeitgemäß, Akzentfehler zu korrigieren? Die bisher

erfolgte Auswertung der didaktischen Leitfäden scheint dies nahe zu legen. Anzu-

merken ist aber, dass ein großzügigerer Umgang mit Akzentfehlern im Umkehr-

schluss nicht bedeutet, dass die Akzentsetzung nicht mehr vermittelt werden sollte.

Bei vergleichender Herangehensweise an die fachdidaktische Literatur fällt

auf, dass z. B. Eynar Leupold dem Bereich der Orthografie ein eigenes Kapitel wid-

met, während Fäcke diesen nicht gesondert aufgeführt, sondern als Teil von Gram-

matik aufgefasst und nicht näher behandelt. In seinen Ausführungen verweist Leu-

pold darauf, dass derzeit „von der Erwartung einer perfekten normorientierten Or-

thographie Abstand genommen wird“, (Leupold 2010: 258) dass im Anfangsunter-

richt jedoch ein „Erwerb von sprachlichem Strukturwissen“ (Leupold 2010: 260)

stattfinden sollte. Er führt weiter an, dass bei der Vermittlung der Orthographie be-

sonders auf Phänomene wie den accord und die diakritischen Zeichen eingegangen

wird. (vgl. Leupold: 259) Die Art und Weise, wie man die Akzente vermittelt, ist

also durchaus von Belang.

Festzuhalten ist, dass in der fachdidaktischen Literatur ein Konsens hinsichtlich

eines verstärkt auf Kommunikationskompetenz ausgerichteten Unterrichts besteht, in

dem die Orthografie keinen hochrangigen Stellenwert hat. Innerhalb des Teilbereichs

Sprache bedarf die Orthografie jedoch „der Aufmerksamkeit und der regelmäßigen

Schulung, bis eine sichere Verfügbarkeit durch den Lerner erreicht ist“. (Leupold

2010: 260)

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4.1.3 Ansätze zur Vermittlung der Akzentsetzung

Gerade im Anfangsunterricht ist die Schreibung das Französischen eine große Feh-

lerquelle, die dazu führen kann, dass die Lernenden demotiviert werden. Daher ist es

auch in Bezug auf die Akzente wichtig, den Schülern zu verdeutlichen, warum sie in

diesem Bereich Probleme haben. Dies geschieht z. B. mit Lerntipps wie

„Du hast gemerkt, dass man bei manchen französischen Wörtern leicht Fehler macht. […] Der

Grund dafür ist, dass das Französische Akzente kennt, die es im Deutschen gar nicht gibt. Außer-

dem spricht man anders, als man schreibt. Selbst französischen Kindern fällt es schwer, alle Wör-

ter richtig zu schreiben. Deshalb ist das Üben hier ganz besonders wichtig.“ (Leupold 2010: 262)

Durch einen derartigen Hinweis erfahren die Schüler nicht nur die Gründe für ihre

Schwierigkeiten, sondern auch, dass sie damit nicht alleine sind und außerdem, dass

sie mit Üben dagegen vorgehen können.

Besonders wichtig ist es auch, zu vermitteln, dass ein entscheidender Zusam-

menhang zwischen korrekter Aussprache und korrekter Schreibung besteht. Ent-

scheidet man sich darüber hinaus dafür, konkrete Regeln zur Akzentsetzung einzu-

führen, so sollte man diese in das schriftliche Sprachhandeln einbetten. (vgl. Leupold

2010: 260) Ein isoliertes Regelwissen ohne Anwendung ist wenig nützlich.

Dabei muss auch zwischen Habitualisierung und Kognitivierung unterschie-

den werden. Habitualisierung meint dabei ein Lernen durch Gewohnheit und Wie-

derholung, während Kognitivierung bedeutet, dass die Schüler in einem Bewusstma-

chungsprozess die grammatischen Regeln und Termini explizit lernen. (vgl. Fäcke

2010: 158) Für die Akzente ist es vermutlich ratsam, von einem habitualisierenden

Lernprozess im Anfangsunterricht mit zunehmender Kompetenz der Schüler zu einer

kognitivierenden Regelbewusstheit fortzuschreiten. Nachahmendes Lernen wird da-

bei langsam durch Bewusstmachung ersetzt.

Eine weitere didaktische Entscheidung, die getroffen werden muss ist, ob man

Akzentregeln induktiv oder deduktiv vermittelt. Bei der induktiven Vermittlungswei-

se schließen die Schüler ausgehend von Beispielsätzen oder –wörtern selbst auf die

dahinter steckende grammatikalische, oder, im Fall der Akzentsetzung, orthografi-

sche Regel. Bei der deduktiven Vorgehensweise gibt hingegen der Lehrer die Regel

vor und die Schüler üben sie anhand von Beispielsätzen ein. (vgl. Fäcke 2010: 160)

Welche Methode bei der Akzentsetzung vorteilhafter ist, kann nicht pauschal

festgelegt werden, da hier Faktoren wie die Klassenzusammensetzung, die zur Ver-

fügung stehende Zeit und die Lehrerpersönlichkeit eine große Rolle spielen.

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Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei der Vermittlung von Akzen-

ten ein planvolles didaktisches Handeln nötig ist. Auch wenn sie in der didaktischen

Literatur eher einen Randbereich darstellt, ist die Akzentsetzung als Teil der Ortho-

grafie dennoch eine bedeutende Kompetenz der Schriftlichkeit, die im Unterricht

genauer thematisiert werden sollte.

4.2 Lehrwerkanalysen

Ziel der folgenden Lehrwerkanalysen ist es, zu klären, welche Ansätze in den Schul-

büchern für die Vermittlung von Akzenten zur Verfügung stehen.

4.2.1 Lehrwerkanalayse Découvertes

Das Lehrwerk Découvertes ist auf fünf Jahre ausgelegt und bietet für jede Jahrgangs-

stufe ein Schülerbuch, ein Grammatisches Beiheft, ein Lehrerbuch und ein Cahier

d’activités. Es ist auf Schüler ausgerichtet, die Französisch als zweite Fremdsprache

erlernen. Die zweite Fremdsprache Französisch kommt an den Gymnasien üblicher-

weise in der 6., manchmal in der 7. Klasse hinzu. Zu diesem Zeitpunkt haben die

Schüler im Normalfall bereits ein bis zwei Jahre Englischunterricht besucht und die

grundlegenden Techniken des Fremdsprachenerwerbs sind ihnen geläufig. Auf dem

Gebiet der Akzente betreten die Lernenden jedoch völliges Neuland. Zwar weist das

Englische gewisse diakritische Zeichen auf, wie zum Beispiel den Apostroph, doch

mit seinen Akzenten stellt das Französische die Schüler vor neue Herausforderungen.

Bereits das erste Wort, das im Vokabelteil des Schülerbuchs von Découvertes 1

aufgeführt wird, l’entrée, (vgl. Bruckmayer 2004, vol. 1: 124) trägt einen Akzent.

Das wird an dieser Stelle jedoch nicht kommentiert und auch in der gesamten ersten

Lektion vermisst man eine Erklärung zu den Besonderheiten der Schreibung des

Französischen, sowohl im Schülerbuch, als auch im Grammatischen Beiheft und im

Cahier d’activités. Offensichtlich ist es allein dem Lehrer überlassen, den Schülern

die Existenz und Bedeutung der Akzente und sonstigen diakritischen Zeichen nahe-

zubringen. Und tatsächlich steht im Lehrerbuch auf den ersten Seiten zu lesen:

„Es ist sinnvoll, die Schüler möglichst frühzeitig mit dem Schriftbild des Französischen vertraut

zu machen und ihnen die Diskrepanz von Hör- und Schriftbild vor Augen zu führen, da sie sonst

falsche Vorstellungen von der Schreibweise der neuen Lexik entwickeln.“ (Fezer 2005: 20)

Nützlich ist dafür eine Übersicht am Ende des Schülerbuches mit den „signes de la

phrase“ (Bruckmayer 2004, vol. 1: 183), die neben den französischen Begriffen für

die Satzzeichen und deren deutscher Entsprechung auch eine Auflistung der Akzente

mit ihren französischen Bezeichnungen vornimmt.

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13

Diese Übersicht ist auch noch im zweiten Band der Découvertes-Reihe zu fin-

den, ab dem dritten Band werden die „signes de la phrase“ (Bruckmayer 2005, vol. 2:

200) dann als bekannt vorausgesetzt. Im zweiten Band, wie auch in den Bänden drei

bis fünf, werden die Lehrer außerdem auf die Beachtung der sogenannten Tolérance

hingewiesen. Im Lehrerbuch gibt es dafür eine Auflistung der in der Lehrbuchreihe

davon betroffenen Wörter: sûrement, sûr, connaître, goûter, une chaîne und coûter

dürfen von den Schülern auch ohne Akzent geschrieben werden und diese neue

Schreibweise gilt dabei als völlig korrekt. (vgl. Mühlmann 2005: 6)

Gesonderte Hinweise zur Akzentsetzung erhalten die Schüler im Grammati-

schen Beiheft des zweiten Bandes, z. B. im Zusammenhang mit der Einführung der

Verben préférer und répéter, auf denen je nach Verbform zwei accents aigu oder ein

accent aigu und ein accent grave stehen. Der zusätzliche Infokasten mit dem Hin-

weis, dass im Singular und in der 3. Person Plural <è> mit accent grave steht, (vgl.

Kunert 2005, vol. 2: 37) ist zu begrüßen, da er die Schüler auf mögliche Schwierig-

keiten beim Lernen und Merken aufmerksam macht. Eine Übung im Schülerbuch,

bei der die Lerner die beiden Verben in verschiedenen Zeitstufen bilden sollen, (vgl.

Bruckmayer 2005, vol. 2: 70) vertieft diese Thematik noch. Im Band 1 hingegen ist

im grammatischen Beiheft lediglich von „Besonderheiten beim Stamm“ (Kunert

2004, vol. 1: 44) die Rede, wenn auf die Tatsache Bezug genommen wird, dass das

Verb achteter in den Singularformen und in der 3. Pluralform einen accent grave

aufweist. Für den Anfangsunterricht ist dieser Verweis auf Besonderheiten beim

Stamm vermutlich auch hinreichend, auch wenn der Lehrer bereits hier auf systema-

tische Akzentmerkmale bei dieser Art von Verben Bezug nehmen sollte.

In den Bänden 3, 4 und 5 nimmt die Bedeutung der Akzente ab. Die Schüler

sollten an die Besonderheiten der französischen Schreibweise gewöhnt sein und das

Augenmerk ist vermehrt auf komplexere Grammatikphänomene gerichtet.

Begonnen in der 6. Klasse endet die Lehrbuchreihe nach der 10. Klasse und

entlässt den Schüler in die nicht mehr lehrbuchgebundene Kollegstufe. Ob er bis da-

hin die Akzentsetzung gut verinnerlicht hat, hängt stark von der Lehrkraft ab, da das

Lehrwerk diese Vermittlungsaufgabe größtenteils dem Lehrer überlässt.

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4.2.2 Akzente in der Lehrbuchreihe Cours Intensif

Cours Intensif ist auf drei Lernjahre ausgelegt und besteht dabei stets aus Schüler-

buch, Grammatischem Beiheft, Lehrerbuch und Cahier d’activités. Es ist ein Lehr-

werk für Französisch als dritte Fremdsprache. Die Schüler beherrschen also im Re-

gelfall bereits Latein und Englisch und sind in der achten Klasse. Das höhere Alter

der Lernanfänger im Vergleich zum obigen Lehrwerk würde eine systematischere

Herangehensweise an die Akzentsetzung also durchaus erlauben.

Eine explizite Einführung der Akzente findet jedoch in diesem Lehrwerk eben-

falls nicht statt. Es gibt aber eine Übersicht mit dem Titel „Das Alphabet, das Buch-

stabieren und die Zeichensetzung“, (Gauvillé 2006, vol. 1: 116) die auch die drei

Akzente mit aufführt. Diese Übersicht wird in den Folgebänden aufrechterhalten und

kann von der Lehrkraft auch gut eingesetzt werden, um den Zusammenhang von

Aussprache und Akzenten zu verdeutlichen, da direkt daneben eine Liste der Laut-

zeichen mit Beispielen zu finden ist.

Positiv hervorzuheben ist, dass Cours Intensif Lernstrategien intensiv behan-

delt und dabei auch einmal auf die Akzentsetzung hinweist. Im ersten Band des

Schülerbuches gibt es den Strategieteil „Fehler vermeiden“ (Gauvillé 2006, vol. 1:

62) der erklärt, wie Schüler einen von ihnen verfassten Text gezielt auf typische Feh-

ler Korrektur lesen können. Dabei werden sie ermutigt, besonders auf die Akzentset-

zung zu achten. (vgl. Gauvillé 2006, vol. 1: 62) Diese Stelle wäre optimal für den

Lehrer, um auf Akzentregeln zu verweisen und das strategische Wissen der Schüler

zu erweitern. Leider bietet das zugehörige Lehrerbuch dafür keine Anreize.

Wie Découvertes verweist auch Cours Intensif gelegentlich mit Infokästen auf

Akzentbesonderheiten bei manchen Verben, wie z. B. répéter. (vgl. Kunert 2006,

vol. 1: 40) Die Tolérance wird in den Lehrerbüchern von Cours Intensif nur erwähnt

und der Lehrer ist aufgefordert sich auf der Homepage des Conseil supérieur de la

langue francaise selbst über „Korrekturen im Sinne einer größeren Fehlertoleranz“

(Hiort 2006, vol. 1: 6) zu informieren. Découvertes gibt hingegen konkret die in der

Lehrbuchreihe von der Tolérance betroffenen Wortbeispiele an.

Zusammengenommen werden Akzente in den beiden Lehrwerken recht wenig

behandelt. Es gibt jedoch einige Anknüpfungspunkte für den Lehrer, an denen dieser

vertiefende Ergänzungen zur Akzentthematik anbringen kann. Dementsprechend ist

es stark lehrerabhängig, wie gut das Strategie- und Regelwissen der Schüler am Ende

ist.

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15

4.3 Auswertungen von Stegreifaufgaben im Hinblick auf Akzentfehler

Im Folgenden sollen drei Stegreifaufgaben, also unangekündigte Leistungsnachwei-

se, hinsichtlich der darin vorkommenden Fehler bei der Akzentsetzung untersucht

werden. Ziel ist es, festzustellen, wo dabei die Hauptschwierigkeiten der Schüler

liegen. Es handelt sich um Arbeiten aus dem Jahr 2006,5 bei denen die Schüler einige

Sätze vom Deutschen ins Französische übersetzen sollten. Französisch ist in diesem

Fall die zweite Fremdsprache der Schüler. Die Arbeiten stammen von derselben

Klasse aus zwei aufeinanderfolgenden Schuljahren, so dass auch eine Aussage über

die Entwicklung getroffen werden kann. Ziel der Analyse ist es, daraus Schlüsse für

die Vermittlungspraxis der Akzente abzuleiten.

Stegreifaufgabe einer 8. Klasse vom 27.01.06

Bei dieser Arbeit, die insgesamt 30 Schüler mitgeschrieben haben, sollten elf Sätze

vom Deutschen ins Französische übersetzt werden. In zwei Sätzen kam in der Fran-

zösischen Übersetzung je ein Wort mit Akzent vor. Es handelte sich dabei um Et

comme boisson je prends du thé. und um Je préfère le chocolat.

Positiv hervorzuheben ist, dass von 30 Schülern lediglich fünf überhaupt einen

Fehler bei der Akzentsetzung hatten und dass beim Wort thé keine Fehler zu ver-

zeichnen sind. Auffallend ist jedoch, dass diese fünf Schüler den Fehler alle im sel-

ben Wort und an derselben Stelle machten, nämlich bei je préfère, genauer beim

zweiten <é>. Hier wurde von fünf Schülern ein accent aigu anstelle eines accent

grave gesetzt, also je préfére geschrieben.

Worauf ist dies zurückzuführen? Offensichtlich greifen die Schüler beim Bil-

den der Verbform auf den Infinitiv préférer zurück und sind dabei hauptsächlich

darauf konzentriert, die richtige Endung zu verwenden. Dabei wird der Akzent ver-

nachlässigt, bzw. der accent aigu wird einfach für alle Formen übernommen. Mögli-

cherweise ist den Schülern auch die Veränderung der Aussprache von préférer in

seinen flektierten Formen nicht bewusst, oder aber sie haben den systematischen

Zusammenhang zwischen offener Aussprache eines <e> und dem dazugehörigen

accent grave nicht verinnerlicht. In diesem Fall müsste verstärkt auf den Zusammen-

hang zwischen Laut und Schrift, konkret auf den Zusammenhang accent aigu -

geschlossenes [e] bzw. accent grave - offenes [ɛ] hingewiesen werden.

5 Die Auswertung von weniger lange zurückliegenden Arbeiten ist aus datenschutzrechtlichen

Gründen leider nicht möglich.

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Stegreifaufgabe einer 9. Klasse vom 24.09.06

In der Arbeit der 9. Klasse, ehemals die oben genannte 8. Klasse, war es wiederum

die Aufgabe, einen Text vom Deutschen ins Französische zu übertragen. Dieser ent-

sprach allerdings wörtlich einem bekannten Lehrbuchtext, so dass die Schüler die

Möglichkeit hatten, sich das Schriftbild vorher einzuprägen. Es handelte sich um

folgende Sätze:

(1) Je me disais, maman va venir. (2) Au dernier moment elle va sûrement nous empêcher d’y

aller. (3) Mais non, elle nous regardait par la fenêtre et c’est tout. (4) Quand on a hissé la

grand-voile, le bateau s’est presque couché sur le sable. (5) Papa a commencé à me crier après

comme d’habitude quand quelque chose ne va pas. (6) Il a poussé le bateau dans l’eau et il a

crié : (7) « Allez moussaillon, monte ! » (8) Et maman nous a regardés partir sans faire un geste.

Das Auftreten von Fehlern bei den im Text fett markierten, akzenttragenden Wörtern

könnte wie folgt dargestellt werden:

Akzent fehlt Falscher Akzent an

richtiger Stelle6

Richtiger Akzent,

aber an falscher Stel-

le gesetzt7

sûrement 0 0 0

empêcher 5 0 6

fenêtre 3 0 5

hissé 1 0 0

couché 0 0 0

commencé 1 0 0

à 2 0 0

après 0 0 0

poussé 0 0 0

crié 2 0 0

regardés 1 0 0

An der Arbeit haben insgesamt 31 Schüler teilgenommen, fünf davon werden nicht

in die vorliegende Analyse einbezogen, da deren Texte zu lückenhaft waren, um

Aussagen über die Akzentkompetenz treffen zu können.

Bei Betrachtung der Tabelle fällt auf, dass bei den Wörtern empêcher und

fenêtre eine Fehlerhäufung auftritt. In insgesamt elf von 26 Arbeiten liegt ein Fehler

6 Schreibweise z. B. empécher

7 Schreibweise êmpecher bzw. fênetre gewählt

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bei empêcher vor und in immerhin acht von 26 einer bei fenêtre Das Problem ist da-

bei nicht nur, dass der Akzent oftmals vergessen wird, sondern sogar noch häufiger,

dass die Schüler zwar einen accent circonflexe setzten, jedoch an falscher Stelle.

Dies äußert sich dann in Schreibweisen wie êmpecher oder fênetre.

Der accent circonflexe ist offensichtlich ein Kernproblem für die Schüler, was

wohl darauf zurückzuführen ist, dass er oft nur historisch begründbar ist und sich

kaum in Regeln fassen lässt. Dem Vergessen des Akzents kann fast nur durch Üben

und Einprägen des Wortbildes entgegengewirkt werden. Unterstützend dazu bietet

sich vielleicht eine sprachgeschichtliche Betrachtung an, bei der auf das ausgefallene

<s> in fenêtre verwiesen wird. Ein derartiger Exkurs im Unterricht lenkt die Auf-

merksamkeit der Schüle auf diesen Akzent und erleichtert so das Behalten.

Denjenigen, die den Akzent lediglich an der falschen Stelle setzen, könnte be-

reits durch eine Sensibilisierung für die Aussprache geholfen werden. Wer den

accent circonflexe mit einem offenen [ɛ] in Verbindung bringt und über die Ausspra-

che von empêcher informiert ist, wird wohl nicht mehr *êmpecher schreiben.

Bemerkenswert bezüglich des accent circonflexe ist bei der Stegreifaufgabe

noch, dass ihn kein Schüler auf dem Wort sûrement vergessen hat. Vereinzelt scheint

der Unterschied zwischen der Präposition sur und dem Adjektiv sûr allerdings noch

unklar zu sein, da zwei Schüler auch bei sur le sable in Satz (4) einen accent

circonflexe auf die Präposition setzten. Drei Lernende schrieben das Wort bateau (4)

auch mit circonflexe, also *bâteau. Als Ursache denkbar ist hier ein falscher Analo-

giegedanke zu dem ihnen ebenfalls bekannten Wort château.

Sicher beherrscht wird weitgehend die Setzung des accent aigu beim participe

passé und auch bei häufig auftauchenden oder schon lange bekannten Wörtern wie

après oder à tauchen nur selten Fehler auf. Hinsichtlich des participe passé wird

gelegentlich <-er> statt <-é> am Wortende geschrieben, also *il a commencer, wobei

es sich dabei eher um ein grammatisches Verständnisproblem in Bezug auf Infintiv

und participe passé handelt, als um einen klassischen Akzentfehler. Er ist daher in

der Tabelle nicht berücksichtigt.

Insgesamt ist die zweite analysierte Extemporale akzenttechnisch komplexer

und es gibt eine größere Bandbreite an Akzentfehlern. Dennoch muss angemerkt

werden, dass der Großteil der Schüler nicht mehr als zwei von elf möglichen Akzent-

fehlern gemacht hat und die Akzentsetzung dementsprechend kein Hauptproblem

darstellt.

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Stegreifaufgabe einer 9. Klasse vom 09.10.06

Die Arbeit bestand aus elf ins Französische zu übertragenden Sätzen. Sieben dieser

Sätze enthielten einen oder mehrere Akzente und lauteten in ihrer französischen Fas-

sung wie folgt:

(2) La mère ne les a pas empêchés de partir.

(3) Elle s’était accrochée à la corde de tout son poids.

(5) Heureusement la voiture ne s’est pas retournée.

(6) Il lui a lancé le ballon.

(7) Elle ne s’est pas attendue à cette réponse.

(8) Ils éclatent de rire.

(9) Réfléchissez bien avant de répondre.

Die Fehlerhäufigkeit soll nun wieder in einer Tabelle dargestellt werden, allerdings

muss diesmal eine Kategorie hinzugefügt werden, die erfasst, wie viele Schüler das

entsprechende Wort gar nicht wussten, da dies bei dieser Stegreifaufgabe sehr häufig

der Fall war und daher mit in die Auswertung einbezogen werden muss.

Akzent fehlt Falscher Akzent

an richtiger Stel-

le

Richtiger Ak-

zent, aber an

falscher Stelle

gesetzt

Wort nicht

gewusst

la mère 0 0 0 0

empêchés 38 0 2

9 3

accrochée 0 0 0 11

à 0 0 0 3

retournée 0 0 0 3

lancé 0 0 0 8

attendue à 0 0 0 15

réponse 8 0 0 0

éclatent 0 0 0 6

réfléchissez 310

1 0 15

répondre 9 0 0 2

8 Es fehlte jeweils der accent circonflexe, der accent aigu wurde nie vergessen

9 Schreibweise *êmpechés

10 Zwei Schüler vergaßen den zweiten, ein Schüler den ersten Akzent

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32 Schüler haben insgesamt an der Arbeit teilgenommen, acht davon werden auf-

grund zu großer Textlücken, die die Auswertung verfälschen würden, nicht in die

vorliegende Analyse einbezogen.

Sehr deutlich lassen sich Schwierigkeiten bei réponse und répondre erkennen,

wobei meist gar kein Akzent gesetzt wurde. Auch bei réfléchissez wurden die Akzen-

te relativ häufig vergessen, wenn man berücksichtigt, dass von den neun Schülern,

die das Wort überhaupt wussten, drei, also ein Drittel, dabei einen Akzentfehler

machten. Daraus können zwei Erkenntnisse gewonnen werden. Erstens bestätigt sich

hier die These, dass den Schülern die Aussprache, bzw. das Verhältnis von Ausspra-

che zum jeweiligen Akzent oft nicht bewusst ist und zweitens ist es, bezogen auf die

gesamte Klasse, offensichtlich schon eine gute Leistung, sich das Wort réfléchir

überhaupt zu merken. Dies bestätigt die von Lehrern häufig zu hörende Aussage,

dass man froh sein müsse, wenn die Schüler das Wort an sich wissen.

Kaum Probleme bereiteten auch hier Basiswörter wie mère oder à und auch das

participe passé wird meist richtig markiert. Positiv hervorzuheben ist auch, dass sich

bei dem Verb empêcher im Vergleich zur obigen, dieser Stegreifaufgabe unmittelbar

vorangehenden Extemporale, die Fehlerzahl halbiert hat.

Schlüsse für die Vermittlungspraxis

Bezogen auf alle drei Arbeiten ist anzumerken, dass die Akzente nicht das Haupt-

problem darstellen. Der Großteil der Schüler hatte 0 - 2 Akzentfehler, nur einzelne

Schüler setzten überhaupt keine Akzente. Zwar ist die Auswertung der Akzentfehler

durchaus aufschlussreich, es darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass die Ak-

zente für die Lernenden zu den Schlüsselproblemen zählen. Mit einem halben Fehler

wirken sich falsche Akzente auch nur in gehäufter Form negativ auf die Note aus.

Bei den 0 - 2 Akzentfehlern pro Schüler fällt jedoch nach obiger Betrachtung

auf, dass die Schüler einer Klasse meist bei den gleichen Wörtern Fehler machten.

Dies wiederum bietet eine Angriffsfläche für ein systematisches Entgegenwirken. In

erster Linie sollte der Zusammenhang von Akzent und Aussprache immer wieder

verdeutlicht werden, damit die Schüler sich nicht nur merken, dass auf dem Wort ein

Akzent steht, sondern auch welcher und vor allem warum. Der Analyse zufolge ist

der accent circonflexe eine der Hauptschwierigkeiten. Dagegen hilft vermutlich nur

eine Sensibilisierung durch intensives Üben der betroffenen Wörter. Eine sprachge-

schichtliche Zusatzerklärung könnte ergänzend von Nutzen sein.

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4.4 Ergebnisse der Befragung von Lehrkräften

Um einen Einblick in die praktische Vermittlung von Akzenten zu erhalten, wurden

für diese Arbeit sechs Gymnasiallehrer in Form einer schriftlichen Umfrage be-

fragt.11

Im Folgenden werden deren Antworten, nach Fragen gegliedert ausgewertet:

1. Wie intensiv haben Sie sich im Studium mit der Akzentsetzung beschäftigt? Spielte Sie in

Ihrer fachdidaktischen Ausbildung eine Rolle? (Bitte angeben, wann Sie studiert haben.)

Hier ergibt sich ein sehr durchwachsenes Bild. Zwei Lehrer geben an, dass die Ak-

zentsetzung eine geringe bis keine Rolle spielte, drei stießen in einem Phonetikkurs

im Grundstudium darauf und bei einer Lehrkraft stand das persönliche Interesse im

Vordergrund. Kein Zusammenhang besteht interessanterweise zwischen Ausbil-

dungszeitpunkt und der Intensität der Beschäftigung mit Akzenten, d. h. jüngere Leh-

rer sind diesbezüglich nicht besser ausgebildet als ältere und andersherum.

2. Wie lehren Sie den Schülern methodisch die Akzentsetzung? Gehen Sie auch auf sprach-

geschichtliche Aspekte ein?

Der Großteil der Lehrer knüpft hier die Akzentsetzung an die Aussprache. Eine sys-

tematische Vermittlung von Regeln findet hingegen meist nicht statt. Fünf von sechs

Lehrern geben an, auf sprachgeschichtliche Aspekte beim accent circonflexe einzu-

gehen, zwei davon tun dies jedoch nur in Klassen, die vorher Latein hatten.

3. Gehen die an Ihrer Schule verwendeten Lehrwerke Ihrer Meinung nach genug auf die

Akzentsetzung ein? (Bitte mit Angabe des Lehrwerks)

Hier sind sich die meisten Lehrer einig, dass die Akzente in den Schulbüchern eine

nebengeordnete Rolle spielen, was jedoch nur einen von sechs Lehrern stört. Wenn

in den Büchern Akzente behandelt werden, dann offensichtlich in Form von Hörver-

ständnisübungen. Dementsprechend kann festgehalten werden, dass Akzente in den

Lehrwerken zwar nicht intensiv thematisiert werden, dass die meisten Pädagogen

daran aber keinen Anstoß nehmen. Dies könnte entweder darauf hinweisen, dass die

Lehrer das Lehrwerk nicht brauchen, um Akzente zu vermitteln, oder aber darauf,

dass die Akzentthematik tatsächlich etwas vernachlässigt wird.

4. Würden Sie die explizite Vermittlung von Regeln zur Akzentsetzung in der Schule befür-

worten? Wenn ja, ab welcher Jahrgangsstufe?12

Die Hälfte der Befragten spricht sich für eine Vermittlung von Akzentregeln aus. Ein

Lehrer erachtet das als zu kompliziert, ein weiterer mahnt zur Vorsicht, besonders im

11

Die wörtlichen Antworten der einzelnen Lehrer befinden sich nach Fragen geordnet im Anhang. 12

Für diese Frage erhielten die Lehrer zusätzlich eine stichpunktartige Zusammenstellung der unter

3.2 ausgeführten Regeln.

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Hinblick auf sprachwissenschaftliches Fachvokabular. Die Befürworter schlagen

meist vor, früh mit einer Sensibilisierung für die Akzentthematik zu beginnen, vor

allem in der Aussprache. Als Konsens könnte formuliert werden, dass die Vermitt-

lung von Akzentregeln durchaus sinnvoll ist, allerdings im Anfangsunterricht ohne

komplizierte Fachbegriffe und eher punktuell.

5. Wo sehen Sie die größten Probleme für Schüler im Bereich der Akzentsetzung bzw. wo

werden Ihrer Ansicht nach die meisten Fehler dabei gemacht?

Zwei Lehrkräfte beobachten bei den Schülern eine gewisse Beliebigkeit in der Ak-

zentsetzung, die jeglicher Systematik entbehrt. Dem könnte vielleicht mit einer Re-

gelvermittlung entgegengewirkt werden. Die häufigste Fehlerquelle liegt laut der

Hälfte der Befragten im Bereich von accent aigu und accent grave. Offensichtlich

werden diese Akzente häufig verwechselt. Das participe passé stellt kaum eine Feh-

lerquelle dar, was sich mit den Beobachtungen aus den Stegreifaufgaben deckt. Eine

Lehrerin erwähnt darüber hinaus das Vergessen des circonflexe als Problem, eine

Feststellung, die sich ebenfalls in den analysierten Schülerarbeiten belegen lässt.

6. Wie bewerten Sie Akzentfehler in Schulaufgaben?

Meistens werden Akzente als halber Fehler gewertet. In der Textproduktion und in

Hörverständnisübungen werden Akzentfehler nicht geahndet. Ab der Mittelstufe ge-

ben die meisten Lehrkräfte keinen Fehler mehr auf falsche Akzente. Dies ist einer-

seits sehr nachvollziehbar, weil dies dem aktuellen didaktischen Programm der

Kommunikationskompetenz entgegen kommt, andererseits verlieren die Schüler na-

türlich das Interesse am Erlernen einer korrekten Akzentsetzung, wenn sie wissen,

dass es darauf ohnehin keinen Fehler gibt.

5. Schlussbetrachtung und didaktische Forderungen

Insgesamt hat die Akzentsetzung in mancherlei Hinsicht durchaus den Status des

schwarzen Schafs. „Französischlehrer sind nur in seltenen Fällen Spezialisten für die

systematische Vermittlung der zielsprachigen Orthographie, und es gibt auch keine

Didaktik der Schriftvermittlung“, (Leupold 2010: 258) wie Leupold kritisch fest-

stellt. Ein Lehrer, der die Akzentsetzung systematisch vermitteln möchte, ist von den

Lehrwerken weitgehend allein gelassen und inmitten der vielen Herausforderungen,

die die Französische Sprache an ihre Lerner stellt, wird der kleine Bereich der Ak-

zente leicht an den Rand gedrängt. Nur so ist es zu erklären, dass Abiturienten im

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Fach Französisch oft erst im Laufe des Studiums verstehen, warum an welcher Stelle

ein Akzent steht.

Man darf jedoch auch nicht den Fehler machen, die Bedeutung der Akzente zu

überschätzen und die Schüler durch eine allzu orthografiefixierte Korrektur zu demo-

tivieren. Die Entwicklung hin zu einer kommunikationsorientierten Didaktik ist ein

richtiger Schritt und für die Lebenspraxis der Schüler ist ein reicher Wortschatz und

ein gutes Beherrschen der großen Grammatikthemen, wie z. B. der Zeitstufen, we-

sentlich bedeutsamer als eine einwandfreie Akzentsetzung.

Trotzdem könnten mit der Vermittlung von Akzentregeln zahlreiche unnötige

Fehler vermieden werden. Dabei ist es wichtig, dass den Schülern von Anfang an der

Zusammenhang zwischen Lautung und Schreibung verdeutlicht wird. Sie sollten sich

nicht für jede einzelne Vokabel das Wortbild mit seinen Akzenten merken, sondern

im Laufe der Zeit auch die Gesamtzusammenhänge erfassen.

Voraussetzung dafür ist, dass auch die Lehrer mit der Akzentsetzung vertraut

sind. Dazu gehört die Kenntnis der geeigneten Nachschlagewerke genauso wie die

Fähigkeit, die darin aufgeführten sprachwissenschaftlichen Regeln schülergerecht

aufzubereiten. Dafür müssen die Grundsteine im Studium gelegt werden.

Die explizite und systematische Vermittlung von Regeln, gerade mit sprach-

wissenschaftlichem Vokabular, ist wohl erst in den höheren Jahrgangsstufen sinn-

voll, wohingegen punktuelle Erklärungen und habitualisierendes Lehrverhalten Ge-

genstand des Anfangsunterrichts sein können.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Akzentsetzung zwar nicht unmittelbar

den Kommunikationserfolg eines Sprechers beeinflusst, aber dennoch ein wichtiger

Bestandteil der französischen Orthografie ist, deren Systematik den Schülern nicht

vorenthalten werden sollte. Dies gilt besonders für Jugendliche, die ein Französisch-

studium aufnehmen wollen oder in Frankreich studieren und arbeiten möchten, da

korrektes Schreiben gerade bei den selektiven Bewerbungsverfahren an französi-

schen Hochschulen und in Unternehmen eine große Rolle spielt.

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6. Anhänge13

1. Wie intensiv haben Sie sich im Studium mit der Akzentsetzung beschäftigt?

Spielte Sie in Ihrer fachdidaktischen Ausbildung eine Rolle? (Bitte angeben, wann

Sie studiert haben.)

L 1

(L, F, Spa)

Mein Studium war von WS 98-04. Ich denke, dass ich im Grundstudium

beim Auswendiglernen des Klein-Kleineidamm sicher auf die Akzentregeln

gestoßen bin. In Sprachpraxis oder Didaktik habe ich mich nie gezielt damit

beschäftigt.

L 2

(E, F)

Ich persönlich habe mich im Studium sehr intensiv mit der Akzentsetzung

beschäftigt, einfach weil es mich interessiert hat, weshalb welcher Akzent

wohin gehört. Im Zusammenhang mit Alt- und Mittelfranzösisch und der

Entwicklung zum Neufranzösischen fand ich vor allem die Rolle des accent

circonflexe interessant, der das wegfallende <s> eines lateinischen Wortes

signalisiert, z. B. fenestra.

L 3

(F, Rel.

kath.)

Im 1. Semester (Phonetikkurs) sehr intensiv.- 1 Buch über die Phonetik stu-

diert.

Zu meiner Zeit gab es noch keine fachdidaktischen Kurse (Studium 1976-81)

L 4

(F, Rel.

kath.)

Spielte überhaupt keine Rolle. Studium von 1977-1984. Referendariat von

1984-86.

L 5

(F, L)

Im Studium habe ich mich mit Akzentsetzung (AS) im 1. Semester (WS

70/71) in einem Kurs ‘Phonetik/Phonologie‘ (2st.) befasst. Die damals

verbindliche Begleitlektüre besitze ich noch heute: Klein, H.-W.: Phonetik

und Phonologie des heutigen Französisch, München ³1968. Ich habe es bei

auftauchenden Fragen immer gern zu Rate gezogen. Mir ist damals im

Vergleich zu Mitstudenten aufgefallen, dass ich durch meine Lehrer am

Gymnasium Berchtesgaden, Th. Sachenbacher und J. Baldauf in praktischer

Hinsicht bereits sehr gründlich vorgebildet war. Im Referendariat (76/78) hat

AS meiner Erinnerung nach keine Rolle mehr gespielt.

L 6

(D, F, Eth)

Recht intensiv. Phonetikkurs im Sprachlabor, Phonetik, Phonologie in der

EÜ, PS, HS Linguistik.

Meine Studienzeiten:

1) LMU München: SS 2000-WS 2006: D/F fürs LAG

2) Uni des Saarlandes: SS 09 -SS 12: 1. Staatsexamen für das LAR (D/F/EtH)

13

Die Befragungen der Lehrer sind hier anonymisiert und nach Fragen geordnet. Die Abkürzung L

steht für Lehrer, die darauf folgende Kennziffer ermöglicht es, die Gesamtposition des Lehrers in allen

Fragen nachzuvollziehen. In Klammern angegeben ist die jeweilige Fächerverbindung der Lehrkraft.

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2. Wie lehren Sie den Schülern methodisch die Akzentsetzung? Gehen Sie auch auf

sprachgeschichtliche Aspekte ein?

L 1

(L, F, Spa)

In der 6. Klasse (1. Lernjahr) sind im Buch A plus! zahlreiche Übungen, in

denen Wörter auf der CD gesprochen werden und die Schüler Kärtchen mit

der jeweiligen Schreibung hochheben müssen. Das hat den Vorteil, dass der

Lehrer schnell sehen kann, ob die Schüler das Prinzip verstanden haben. In

den weiteren Lernjahren wird das Thema eher vernachlässigt, jedenfalls fällt

es mir auf die Schnelle nicht ein, was wohl heißt, dass es eher nebensächlich

behandelt wird.

Sprachgeschichte mache ich nur mit Schülern, die auch Latein haben, den

anderen fehlt der Bezug völlig.

L 2

(E, F)

Im Unterricht verbinde ich die Akzentsetzung natürlich mit der Aussprache.

Bei jüngeren Schülern (bis 8. Klasse) stelle ich einen Zusammenhang

zwischen geschlossenem und offenem Mund her (accent grave von links

oben nach rechts unten). In Klassen, die auch Latein haben, gehe ich auf

sprachgeschichtliche Aspekte ein, sonst erwähne ich sie nur kurz (je nach

Situation in der Klasse).

L 3

(F, Rel.

kath.)

Nicht systematisch; nach und nach, wenn etwas Wortschatz vorhanden ist,

um Vergleiche anzubieten; Regeln v. a. bei fortgeschrittenen Lernern

Sprachgeschichtliche Aspekte außer bei circonflexe nicht

L 4

(F, Rel.

kath.)

Über die Aussprache (e/é/è); Sprachgeschichte ein wenig beim accent

circonflexe

L 5

(F, L)

AS wurde immer im Anfangsunterricht behandelt und zwar in engster Ver-

bindung mit der richtigen Aussprache und Orthographie. Ein in der Praxis

bewährtes Bsp: Thérèse: <e> accent aigu/ <e> accent grave/ e muet (sic!).

Auch weitere in der Klasse jeweils vorhandene und in der frz. Form geeignete

Vornamen habe ich dazu herangezogen. Es gibt am Karlsgymnasium F2 und

F3. Ohne das zu steuern, hatte ich es immer mit F3 zu tun, Schülern also, die

vom Lat. und Engl. her schon –mehr oder weniger!- vorgebildet waren. Beim

accent circonflexe habe ich immer darauf hingewiesen, dass er meist auf ein

im Lateinischen vorhandenes und in den modernen Sprachen oft noch erhal-

tenes ‚s‘ hinweist: castellum it. il castello/dtsch. Das Kastell/engl. the cast-

le/frz. le château.

L 6

(D, F, Eth)

Ich gehe nur auf die unterschiedliche Aussprache des <e> mit und oh-

ne Akzent ein

3. Gehen die an Ihrer Schule verwendeten Lehrwerke Ihrer Meinung nach genug auf

die Akzentsetzung ein? (Bitte mit Angabe des Lehrwerks)

L 1

(L, F, Spa)

Siehe oben. Ansonsten müsste ich jetzt erst mal darauf achten, wie viel ich

selber dazu mache. Am ehesten weise ich beim Besprechen neuer Wörter

oder Grammatik wie dem participe passé darauf hin.

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L 2

(E, F)

Wir unterrichten mit Découvertes vom Klettverlag - ehrlich gesagt, ist

Akzentsetzung eines von vielen Problemen im Französischunterricht.

Heutzutage ist man schon froh, wenn die Schüler "einigermaßen" das

französische Wort beherrschen. Und wenn dann ein Akzent fehlt, dann ist das

in den unteren Klassen ein halber Fehler, und weiter oben fällt das nicht mehr

ins Gewicht. Da geht es um Textarbeit, Rede- und Stilmittel, um

Interpretation. Ein fehlender Akzent wird verbessert, aber nicht großartig als

Fehler gezählt.

L 3

(F, Rel.

kath.)

Habe nie sonderlich darauf geachtet, wohl aber eher nicht. Die G 8 Bücher

(Klett) kenne ich zu wenig, da ich seit Jahren fast nur noch Oberstufe

unterrichte und je nur zwei, maximal drei Französischgruppen habe.

L 4

(F, Rel.

kath.)

Découvertes (Klett)/ Cours Intensif gehen wenig bis gar nicht auf die Akzente

ein.

L 5

(F, L)

Für F3 zuletzt ‘Cours intensif‘. Völlig genügend.

L 6

(D, F, Eth)

A plus (am Gymnasium Ottobrunn), Tous ensemble (an der RS Freilas-

sing). Die beiden Schulbücher bieten in jeder Lektion Hörverstehensübungen

an, die u.a. auch die Akzentuierung zum Thema haben.

4. Würden Sie die explizite Vermittlung von Regeln zur Akzentsetzung in der Schule

befürworten? Wenn ja, ab welcher Jahrgangsstufe?

L 1

(L, F, Spa)

Am Anfang erscheint es mir sehr wichtig (ohne Fachbegriffe, wie Sie ja

selber schon schreiben), dann kann in Q11/12 auch eine Vermittlung mit den

Fachbegriffen vorbereitend auf ein Studium gemacht werden.

L 2

(E, F)

Wie gesagt, Regeln zur Akzentsetzung werden vermittelt, von Anfang an,

aber zunächst eben punktuell, nicht allgemein. Ich unterrichte zurzeit eine 8.

Klasse in Französisch, und da versuche ich schon ein Verständnis

aufzubauen, wie die Akzentsetzung funktioniert.

L 3

(F, Rel.

kath.)

Ja, ab Mitte, Ende 1. Lernjahr; würde aber noch viel mehr bzw. gleichzeitig

eine Förderung der Diktate wünschen, da dabei die Regeln am besten

anzuwenden wären.

L 4

(F, Rel.

kath.)

Ich glaube, das würde zu kompliziert.

L 5

(F, L)

Mit Vorsicht. Keinesfalls dürften diese Regeln mit zu viel sprachwissen-

schaftlichem Vokabular angereichert werden. Die Termini ‘offen / geschlos-

sen‘ habe ich immer verwendet. Vgl. dazu auch 6.

L 6

(D, F, Eth)

Man sollte die Schüler auf die unterschiedliche Aussprache mit und ohne

Akzente aufmerksam machen.

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5. Wo sehen Sie die größten Probleme für Schüler im Bereich der Akzentsetzung

bzw. wo werden Ihrer Ansicht nach die meisten Fehler dabei gemacht?

L 1

(L, F, Spa)

Schüler, die sehr wenig Gefühl für die Aussprache bzw. die Regeln nicht

gemacht haben, setzen die Akzente meist völlig planlos. Circonflexe wird

gern vergessen, weil er für die Schüler nicht wirklich Sinn hat. Akzente auf

<a> werden auch oft vergessen oder in die falsche Richtung gesetzt, da sie

ebenfalls für die Schüler sinnlos sind.

L 2

(E, F)

Schüler lesen zu schnell über Wörter, Sätze und Texte hinweg. Sie machen

sich Dinge nicht richtig bewusst. Daher machen sie mehr Fehler als nötig.

Die meisten Fehler sehe ich im Wortinneren bei accent aigu, weniger beim

participe passé

L 3

(F, Rel.

kath.)

acheter, j’achète; < -é, -er, -ez>-Unterscheidung

L 4

(F, Rel.

kath.)

Verwechslung von accent aigu / grave

L 5

(F, L)

Meiner Erfahrung und Erinnerung nach sind die Fehler im Bereich des accent

grave häufiger.

L 6

(D, F, Eth)

Da den Schülern die Setzung der Akzente meist unbekannt ist, setzten sie sie

beliebig oder lernen die Wörter ganz ohne Akzente.

6. Wie bewerten Sie Akzentfehler in Schulaufgaben?

L 1

(L, F, Spa)

Reine Orthographiefehler in der Regel ½ Fehler, außer es handelt sich um

eine Änderung der Bedeutung oder Grammatik (z.B. *il à fait, ou,…). Wenn

die Fehler in einer Hörverstehensübung gemacht werden, und es um die

Wiedergabe des Verstandenen geht, bewerte ich sie manchmal auch gar nicht,

ebenso in Textproduktionen, wo es mehr um das Gesamtbild geht.

L 2

(E, F)

Akzentfehler bei Schulaufgaben: Je nach Altersstufe: Bis einschl. 8.

Jahrgangsstufe: ein halber Fehler, der auch Punktabzug bringt. Später

natürlich auch ein halber Fehler, aber er bringt keinen Punktabzug mehr, weil

noch andere Aspekte in die Bewertung eingehen, wie Stil,

Sprachbeherrschung, Grammatik usw. Wenn der fehlende Akzent natürlich

eine Bedeutungsänderung mit sich bringt, kann der Fehler schon einmal mehr

Gewicht erhalten.

L 3

(F, Rel.

kath.)

Dictée:

circonflexe darf nicht mehr gewertet werden, die anderen ½ Fehler; wurde

früher (in meiner Schulzeit) strenger geahndet, wenn verschiedenes Wort

ou/où.-Was aber, wenn es Flüchtigkeit ist?

Bei der dt.-frz. Übersetzung:

½ Fehler oder sogar weniger; im Aufsatz, Hörverstehen überhaupt nicht!

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L 4

(F, Rel.

kath.)

Unterstufe: einen halben Fehler

ab Mittelstufe: kein eigentlicher Fehler mehr, es sei denn, es häuft sich ex-

trem!

L 5

(F, L)

Das ist jetzt eine Frage der Generation, neuerdings auch der Nationalität. Wir

wurden im Referendariat (76/78) angehalten, nicht sinnstörende Akzentfehler

(z- B: vèxer) als halbe und sinnstörende (z. B. Il à changé) als Ganze Fehler

zu werten. In den letzten Jahren arbeiteten am Karlsgymnasium wiederholt

junge Lehrkräfte aus Österreich, die behaupteten, es so gelernt zu haben: Im

ersten Lernjahr werden Fehler in AS grundsätzlich nicht gewertet, ab dann

nur, wenn der Text unverständlich wird, eine grobe Sinnstörung vorliegt. Die

angebotene tolérance ist deutlich: Wer entscheidet wie über „grob“ und

„Sinnstörung“? Die Franzosen, die unsere Lehrkräfte hinsichtlich der Abhal-

tung der DELF-Prüfungen fortbilden, vertreten angeblich die Auffassung:

„Hauptsache man versteht’s irgendwie“. Dann ist AS natürlich kaum mehr

fehlerträchtig, ebenso wenig wie bei den mündlichen Schulaufgaben. Wer die

Anforderungen für das Staatsexamen in Frankreich kennt, gar für die Prüfung

zum agrégé, weiß, dass die lieben Gallier hier mit gespaltener Zunge spre-

chen, dem derzeitigen Ideal der „Kommunikationskompetenz“

hinterherhechelnd.

L 6

(D, F, Eth)

Als halben Fehler (im Realschulbereich üblich: 0 Fehler)

7. Ggf. weitere Anmerkungen:

L 1 keine

L 2 keine

L 3

(F, Rel.

kath.)

Die Franzosen nehmen das Thema wohl nicht so ernst. Habe vor ca. 40 Jah-

ren (vor Internet, SMS) aus Frankreich Briefe ohne jeden Akzent bekommen

(gebildeter Ingenieur).

Im G8 wird der korrekte Akzentgebrauch vernachlässigt, da kaum Diktate

geschrieben werden und überhaupt diese Art von Genauigkeit, die absolut

ihre Berechtigung hätte, da sie ja bedeutungsunterscheidend ist (das aber nur

in wenigen Extremfällen) und eventuell auch ein typischer Bestandteil des

Französischen ist.

L 4 keine

L 5

Als einen putzigen Exoten haben die Eleven immer le tréma empfunden,

wenngleich seine Vermittlung stets sehr leicht war: „le cadeau de Noël pour

ma soeur“.

L 6 keine

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7. Bibliographie

Monographien und Aufsätze:

Fäcke, Christiane (2010): Fachdidaktik Französisch, Tübingen: Narr (= Bachelor wis-

sen).

Leupold, Eynar (2010): Französisch lehren und lernen. Das Grundlagenbuch, Seelze:

Klett Kallmeyer.

Trim, John et al. (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen. Ler-

nen, lehren, beurteilen, Berlin/München: Langenscheidt.

Mylne, Vivienne (1985): „The use of accents in French”, French Studies Bulletin,

a quarterly supplement 16, 1-4.

Lehrwerke:

Bruckmayer, Birgit et al. (2004-2008): Découvertes Schülerbuch, vol. 1-5, Stuttgart:

Klett.

Fezer, Ulrike (2005): Découvertes 1. Lehrerbuch, Stuttgart : Klett.

Gauvillé, Marie et al. (2006): Cours Intensif. Schülerbuch, vol. 1-3, Stuttgart: Klett.

Hiort, Gunda et al. (2006): Cours Intensif Lehrerbuch, vol. 1-3, Stuttgart: Klett.

Kunert Dieter (2004-2008): Découvertes. Grammatisches Beiheft, vol. 1-5, Stuttgart:

Klett.

Kunert, Dieter/Spengler, Wolfgang (2006): Cours Intensif. Grammatisches Beiheft, vol.

1-3, Stuttgart: Klett.

Mühlmann, Inge (2005): Découvertes 2. Lehrerbuch, Stuttgart : Klett.

Wörterbücher und Grammatiken:

Catach, Nina (1995): Dictionnaire historique de l'orthographe française, Paris : La-

rousse.

Catach, Nina/Gruaz, Claude (32005): L'orthographe française. Traité théorique et pra-

tique avec des travaux d'application et leurs corrigés, Paris: Colin.

Colignon, Jean-Pierre/Gaillard, Bénédicte (2005) : Toute l’orthographe, Paris : Michel

(= Les dicos d'or de Bernard Pivot).

Dubois, Jean/Kannas, Claude (1995) : Orthographe, Paris : Larousse (= Livres de bord).

Ducard, Dominique (1995) : Orthographe, Paris : Nathan (= Guide le Robert & Nathan).

Gak, Vladimir G./Vildé-Lot, Irène (21976): L'orthographe du français. Essai de descrip-

tion théorique et pratique, Paris : SELAF.

Grevisse, Maurice/Goosse, André (14

2008): Le bon usage. Grammaire française,

Bruxelles: De Boeck.

Internetquellen

ISB: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (2004): „Lehrplä-

ne/Standards Gymnasium G8“

http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fach=&

LpSta=6&STyp=14 (28.02.12)