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Die Bedeutung von Fairness und Reziprozität bei Arbeitsmotivation und Anreizsystemen Eine empirische Analyse am Beispiel des Versicherungsvertriebs Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg vorgelegt von: Dipl.-Kffr. Michaela Wedel aus: Fürth

Die Bedeutung von Fairness und Reziprozität bei ... · I Geleitwort Die Dissertationsschrift von Frau Michaela Wedel widmet sich der Bedeutung von Fairness und Reziprozität bei

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Die Bedeutung von Fairness und Reziprozität

bei Arbeitsmotivation und Anreizsystemen –

Eine empirische Analyse am Beispiel des Versicherungsvertriebs

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors

der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

(Dr. rer. pol.)

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen – Nürnberg

vorgelegt von: Dipl.-Kffr. Michaela Wedel

aus: Fürth

Erstreferent: Professor Dr. Martina Steul-Fischer

Zweitreferent: Professor Dr. Nadine Gatzert

letzte Prüfung: 14. Mai 2013

I

Geleitwort

Die Dissertationsschrift von Frau Michaela Wedel widmet sich der Bedeutung von Fairness

und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation und in Anreizsystemen, insbesondere im

Versicherungsvertrieb. Frau Wedel greift damit ein bedeutendes Thema aus dem

Vertriebsmanagement und dem Versicherungsbereich auf. Die effiziente Gestaltung von

Vergütungs- und Anreizsystemen ist eine zentrale Frage im Vertriebsmanagement,

insbesondere bei Unternehmen mit einem Außendienst wie dies bei

Versicherungsunternehmen häufig der Fall ist. Die Unternehmen können eine Vielzahl von

Vergütungssystemen einsetzen, jedoch wurden bisher kaum die Wirkung und der Einsatz

dieser Vergütungssysteme im Hinblick auf Fairness und Reziprozität, vor allem im

Versicherungsvertrieb, untersucht. Frau Wedel greift diese Forschungslücke auf und leistet

mit ihrer Dissertationsschrift einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung von Anreizsystemen

im Vertriebsmanagement, insbesondere im Versicherungsbereich.

Frau Wedel geht in ihrer Arbeit vor allem der Frage nach, wie Fairness und Reziprozität die

Motivation und den Arbeitseinsatz von Mitarbeitern beeinflussen können und ein faires

Vergütungs- und Anreizsystem aussehen kann. Weiterhin untersucht sie effiziente

Anreizsysteme im Rahmen des Versicherungsvertriebs. Dabei stehen Ausschreibungen und

Turnierentlohnungen als wichtigste Anreizsysteme des Versicherungsvertriebs im Mittelpunkt

ihrer Studien. Frau Wedel analysiert den Einfluss des Framings bei Ausschreibungen und

zeigt, dass unterschiedliche Darstellungen von Ausschreibungen die Motivation und die

Arbeitsleistung von Versicherungsvertretern beeinflussen können. Weiterhin geht sie der

Frage nach, wie ein Turnier als Anreizsystem gestaltet sein sollte, damit es möglichst effizient

ist. Dabei geht Frau Wedel insbesondere auf Selektionseffekte in der Turnierentlohnung

sowie auf die Aspekte der Fairness und Reziprozität ein.

Insgesamt handelt es sich um eine gelungene Arbeit, die durch zahlreiche empirische

Analysen gekennzeichnet ist. Die Arbeit von Frau Wedel liefert neue Erkenntnisse zur

Anreizgestaltung und Arbeitsmotivation unter Berücksichtigung von Fairness und

Reziprozität und bietet zugleich wertvolle Anregungen für die Forschung und Praxis auf dem

Gebiet des Versicherungsvertriebs.

Prof. Dr. Martina Steul-Fischer

II

Vorwort

In der Wissenschaft herrschte lange das Bild des Homo oeconomicus, eines rational

handelnden Individuums, vor. Allerdings bleiben in diesem Modell Emotionen und soziale

Präferenzen, wie Fairness und Reziprozität, unberücksichtigt, weshalb die Effizienz von

Vergütungs- und Anreizsystemen zu hinterfragen ist. Mit Hilfe der beiden Konstrukte

Fairness und Reziprozität können die Motivation und der Arbeitseinsatz von Individuen

beeinflusst werden. Durch die richtige Wahl der (fairen) Entlohnungsform kann demnach die

Motivation der Arbeitnehmer und somit die Arbeitsleistung gesteigert werden. Daher ist es

nicht verwunderlich, dass Unternehmen einen großen Aufwand in Kauf nehmen, um ein

geeignetes Vergütungs- und Anreizsystem für ihre Mitarbeiter zu entwickeln.

Der richtige Einsatz von Anreizsystemen spielt besonders bei der Entlohnung von

Versicherungsvertretern eine entscheidende Rolle. Gerade in dieser sehr leistungsorientierten

Branche, bei der das Vergütungssystem durch Provisionen und Courtage geprägt ist, stellt die

Motivation der Versicherungsvertreter die Versicherungsunternehmen vor eine große

Herausforderung.

Zielsetzung im ersten Teil dieser Arbeit ist es, mit Hilfe von empirischen Studien die

empfundene Fairness verschiedener Entlohnungsformen zu untersuchen und ein faires

Vergütungs- und Anreizsystem zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit liegt der Fokus

auf dem Versicherungsvertrieb. Anreizkompatible Experimente untersuchen die Effizienz der

beiden wichtigsten Anreizsysteme im Versicherungsvertrieb – Ausschreibungen mit

individuellen Zielvorgaben und Turnierentlohnung. Bei Ausschreibung mit individuellen

Zielvorgaben stehen neben der Effizienz der Entlohnungsform die Ausgestaltung mittels

Framing sowie der Einfluss von Reziprozität im Vordergrund. Bei der Turnierentlohnung

liegt der Fokus auf der Effizienz verschiedener Gestaltungsparameter des Turniers.

Die Ergebnisse der theoretischen und empirischen Analysen erweitern die wissenschaftlichen

Erkenntnisse und leiten Implikationen für die Versicherungsbranche im Hinblick auf die

Motivation der Versicherungsvertreter sowie den effizienten Einsatz von Ausschreibungen

mit individuellen Zielvorgaben und Turnieren ab.

An dieser Stelle möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, mich bei verschiedenen Menschen

zu bedanken.

Diese Arbeit schrieb ich im Rahmen meiner Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin

am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Versicherungs-marketing, von Prof.

Dr. Martina Steul-Fischer an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Daher

möchte ich mich zuallererst bei Ihnen, Frau Steul-Fischer – meiner Doktormutter und

Mentorin – bedanken. Vielen Dank für die Möglichkeit, an Ihrem Lehrstuhl zu promovieren.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, die vielen wertvollen Gespräche und konstruktiven

Diskussionen.

Auch bei meinen Kollegen am Lehrstuhl möchte ich mich bedanken. Vielen Dank für Euer

Feedback, Eure Inspiration und dass Ihr mir immer mit Rat und Tat zur Seite standet – ganz

egal in welcher Situation –, ob mit Worten oder einem Kaffee. Ich danke Euch für die tolle

Zeit am Lehrstuhl, in der aus Kollegen Freunde wurden.

Ganz besonders möchte ich meiner Familie danken. Größter Dank gilt meinen Eltern Irene

und Hans-Werner Denzler. Ich danke Euch, dass Ihr mich immer, in allem was ich tat,

unterstützt habt. Vielen Dank für das Babysitten und das stundenlange Spazierengehen, ohne

das ein erfolgreicher Abschluss meiner Promotion nicht möglich gewesen wäre.

III

Danken möchte ich auch meinem Mann Martin A. Wedel. Ich danke Dir für Deine

unterstützenden, aufbauenden Worte und Deine witzigen Sprüche zur rechten Zeit. Danke,

dass Du immer an meiner Seite bist. Du bist mein Fels in der Brandung.

Natürlich möchte ich auch meinem Sohn Fabian Wedel danken. Du kannst zwar noch nicht

mal sprechen, konntest also kein wirkliches Feedback zu meiner Arbeit geben, aber ich danke

Dir für Dein strahlendes Lächeln, das jeden Tag retten kann. Du bist mein größter Goldschatz.

Zu guter Letzt möchte ich noch meinem Schwiegervater Martin Wedel danken. Ich danke Dir,

dass Du mich ermutigt hast zu promovieren.

Michaela Wedel

IV

Inhaltsverzeichnis

Seite

Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... VII

Tabellenverzeichnis ............................................................................................... VIII

Anhangsverzeichnis .............................................................................................. IX

I Einleitung ....................................................................................................... 1

1 Problemstellung ................................................................................................ 1

2 Zielsetzung der Arbeit ..................................................................................... 1

3 Aufbau der Arbeit ............................................................................................ 2

II Fairness und Reziprozität – Ein besonderer Aspekt bei

Arbeitsmotivation und Anreizsystemen .......................................... 4

1 Ausgewählte Theorien der Arbeitsmotivation ............................................... 4

1.1 Equity-Theorie ............................................................................................ 6

1.2 Intrinsische und extrinsische Motivation .................................................... 7

2 Einflüsse auf die Arbeitsmotivation ................................................................ 9

2.1 Anreizsysteme und deren Einfluss auf die Arbeitsmotivation .................... 9

2.2 Der Einfluss von Fairness und Reziprozität auf die Arbeitsmotivation ...... 13

3 Empirische Untersuchungen zum Einfluss von Fairness auf die Präferenzen

und die Beurteilung von Anreizsystemen .................................................. 18

3.1 Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen ...................... 18

3.1.1 Zielsetzung und Hypothesen ................................................................ 18

3.1.2 Untersuchungsdesign ........................................................................... 19

3.1.3 Ergebnisse ............................................................................................ 20

3.2 Studie II: Empfundene Fairness bei Anreizsystemen.................................. 26

3.2.1 Zielsetzung und Hypothesen ................................................................ 26

3.2.2 Untersuchungsdesign ........................................................................... 27

3.2.3 Ergebnisse ............................................................................................ 28

3.3 Fazit ............................................................................................................. 33

V

III Ausschreibungen und Turnierentlohnung – Anreizsysteme im

Versicherungsvertrieb ........................................................................... 33

1 Grundlagen des Versicherungsvertriebs ........................................................ 34

2 Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb ................................................. 35

2.1 Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ...................................... 36

2.2 Gestaltung individueller Zielvorgaben durch Framing ............................... 36

2.2.1 Definition und Entstehung von Framing-Effekten ............................... 37

2.2.2 Der Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte............................. 40

3 Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb .............................................. 42

3.1 Turnierentlohnung aus Sicht des Versicherungsunternehmens................... 43

3.1.1 Vorteile für das Versicherungsunternehmen ........................................ 43

3.1.2 Nachteile für das Versicherungsunternehmen ...................................... 44

3.2 Effizienz von Turnieren im Versicherungsvertrieb ..................................... 45

3.2.1 Gestaltungsparameter des Versicherungsunternehmens ...................... 46

3.2.2 Personenbezogene und externe Einflüsse............................................. 48

3.3 Selektionseffekte bei Versicherungsvertretern ............................................ 51

3.3.1 Aktive Selektionseffekte ...................................................................... 51

3.3.2 Passive Selektionseffekte ..................................................................... 52

3.3.3 Geschlechtsunterschiede ...................................................................... 53

3.4 Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung ............................................... 55

3.4.1 Abgrenzung zu monetären Anreizen .................................................... 56

3.4.2 Anreizwirkung von Auszeichnungen ................................................... 57

4 Empirische Untersuchungen zu Ausschreibungen und zur Turnierentlohnung

im Versicherungsvertrieb ............................................................................ 58

4.1 Experimente zu Framing-Effekten bei Ausschreibungen mit individuellen

Zielvorgaben ................................................................................................ 58

4.1.1 Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation

von Versicherungsvertretern ................................................................. 59

4.1.1.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 59

4.1.1.2 Experimentelles Design ..................................................................... 60

4.1.1.3 Ergebnisse ......................................................................................... 62

VI

4.1.2 Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen und

Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die

Arbeitsmotivation ................................................................................. 64

4.1.2.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 64

4.1.2.2 Experimentelles Design ..................................................................... 65

4.1.2.3 Ergebnisse ......................................................................................... 66

4.2 Empirische Untersuchungen zur Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb 71

4.2.1 Experiment zur Effizienz und zu passiven Selektionseffekten bei der

Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern .................................. 71

4.2.1.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 71

4.2.1.2 Experimentelles Design ..................................................................... 72

4.2.1.3 Ergebnisse ......................................................................................... 73

4.2.2 Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung im

Versicherungsvertrieb ........................................................................... 79

4.2.2.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 79

4.2.2.2 Untersuchungsdesign ........................................................................ 80

4.2.2.3 Ergebnisse ......................................................................................... 81

4.3 Fazit ............................................................................................................. 86

IV Schlussbetrachtung ................................................................................. 86

1 Zentrale Erkenntnisse und Implikationen für den Versicherungsvertrieb 86

2 Weiterer Forschungsbedarf ............................................................................ 88

Anhang .................................................................................................................. VIII

Literaturverzeichnis ............................................................................................... XLIV

Verzeichnis der Gesprächspartner ......................................................................... LI

VII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Gang der Untersuchung ............................................................................ 3

Abb. 2: Variableninteraktion zur Klärung des Motivationsbegriffes .................... 5

Abb. 3: Übersicht über Theorien zur Arbeitsmotivation ....................................... 5

Abb. 4: Handlungsalternativen zur Reduzierung von Ungleichheit nach der

Equity-Theorie ........................................................................................ 7

Abb. 5: Arten der intrinsischen Motivation .......................................................... 8

Abb. 6: Modell des motivischen Verhaltens – Zusammenhang zwischen Anreiz,

Leistung und Zufriedenheit ..................................................................... 12

Abb. 7: Übersicht über Fairnesstheorien ............................................................... 13

Abb. 8: Ungleichheitsaversion aus Sicht des Individuums 1 ................................ 15

Abb. 9: Reduzierte Ultimatum Spiele ................................................................... 16

Abb. 10: Korrelation zwischen Lohnangebot und Arbeitseinsatz ......................... 18

Abb. 11: Teilnutzenwerte der Variablen Vergütungssysteme und eigene Leistung 30

Abb. 12: Rückerstattung und Bonuszahlung im Vergleich ................................... 37

Abb. 13: Wertefunktion der Prospect-Theorie ...................................................... 38

Abb. 14: Verschiebung des Referenzpunktes bei positivem und negativem Frame 39

Abb. 15: Arbeitseinsatz in den verschiedenen Treatments ................................... 41

Abb. 16: Nutzenfunktion des Individuums 1 ........................................................ 50

Abb. 17: Arbeitseinsatz im Zeitverlauf ................................................................. 64

Abb. 18: Auszahlungsfunktion Turnierentlohnung ............................................... 73

Abb. 19: Interaktionseffekt zwischen Preishöhe und Preisanzahl ........................ 75

Abb. 20: Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und Einblendung von

Zwischenständen ..................................................................................... 76

Abb. 21: Präferenzverteilung der Turniere............................................................ 84

Abb. 22: Persönlichkeitseigenschaften des Kapital- und Prestige-Typs ............... 85

VIII

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Beispielhafte Darstellung materieller und immaterieller Anreize ............ 11

Tab. 2: Präferenzen der Vergütungssysteme (mittlerer Rang) .............................. 20

Tab. 3: Präferenzen von Frauen und Männern ...................................................... 21

Tab. 4: Fairnessempfinden .................................................................................... 22

Tab. 5: Persönlichkeitseigenschaften und Fairnessempfinden .............................. 25

Tab. 6: Vergleich von Präferenzen und Fairnessempfinden ................................. 26

Tab. 7: Stimuli der Conjoint Analyse .................................................................... 27

Tab. 8: Bewertung der Stimuli der Conjoint Analyse ........................................... 28

Tab. 9: Fairnesspräferenzen von Frauen und Männern ......................................... 31

Tab. 10: Fairnessempfinden Vergleich Studie I und Studie II .............................. 32

Tab. 11: Vergleich Präferenzen und Fairness Studie I und Studie II .................... 33

Tab. 12: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Framing) ............................................... 61

Tab. 13: Auszahlungsfunktion der Treatments Experiment I ............................... 61

Tab. 14: ANOVA Arbeitseinsatz (Framing) ......................................................... 62

Tab. 15: Mittelwert Arbeitseinsatz (Framing) ....................................................... 62

Tab. 16: Auszahlungsfunktionen der Treatments Experiment II .......................... 66

Tab. 17: Wahl Anreizsystem über Geschäftsjahre ................................................ 67

Tab. 18: Mittelwert Arbeitseinsatz über Geschäftsjahre ....................................... 68

Tab. 19: Arbeitseinsatz von Frauen und Männer bei verschiedenen Anreizsystemen 69

Tab. 20: Vergleich der Arbeitseinsätze Experiment I und Experiment II ............. 70

Tab. 21: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Turnierentlohnung) .............................. 73

Tab. 22: ANOVA Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung) ......................................... 74

Tab. 23: Mittelwerte Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung) .................................... 74

Tab. 24: ANOVA passive Selektion ..................................................................... 77

Tab. 25: Mittelwerte passive Selektion ................................................................. 77

Tab. 26: Präferenzen der Turniere (mittlerer Rang) .............................................. 82

Tab. 27: Einstufung der einzelnen Turniere .......................................................... 83

Tab. 28: Übersicht über die zwei Cluster .............................................................. 84

IX

Anhangsverzeichnis

A.1 Fragebogen Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen ...... VIII

A.2 Fragebogen Studie II: empfundene Fairness bei Anreizsystemen ................. XV

A.3 Instruktionen Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die

Arbeitsmotivation ........................................................................................... XX

A.3.1 Instruktionen Treatment 1 ....................................................................... XX

A.3.2 Instruktionen Treatment 2 ....................................................................... XXIII

A.3.3 Instruktionen Treatment 3 ....................................................................... XXIV

A.3.4 Instruktionen Treatment 4 ....................................................................... XXVI

A.4 Instruktionen Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen

und Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die

Arbeitsmotivation ........................................................................................... XXVIII

A.5 Instruktionen Experiment zur Effizienz und passiven Selektionseffekten bei

der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern ..................................... XXXII

A.5.1 Instruktionen Treatment 1 ....................................................................... XXXII

A.5.2 Instruktionen Treatment 2 ....................................................................... XXXV

A.5.3 Instruktionen Treatment 3 ....................................................................... XXXV

A.5.4 Instruktionen Treatment 4 ....................................................................... XXXV

A.5.5 Instruktionen Treatment 5 ....................................................................... XXXV

A.5.6 Instruktionen Treatment 6 ....................................................................... XXXV

A.5.7 Instruktionen Treatment 7 ....................................................................... XXXV

A.5.8 Instruktionen Treatment 8 ....................................................................... XXXV

A.6 Fragebogen Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung

im Versicherungsvertrieb ............................................................................... XXXVI

A.7 Interviewleitfaden Expertengespräch ............................................................. XLII

1

I Einleitung

1 Problemstellung Die richtigen Vergütungs- und Anreizsysteme für Mitarbeiter zu finden ist eine der

schwierigsten Aufgaben eines Unternehmens. Vergütungs- und Anreizsysteme müssen so

gestaltet werden, dass Mitarbeiter motiviert werden, ihre Arbeitsleistung zu verbessern und zu

erhöhen. Besonders entscheidend ist das Vergütungs- und Anreizsystem bei der Motivation

des Außendienstvertriebs. Beispielsweise stellen bei Unternehmen aus dem B2B-Bereich die

Ausgaben für die Vergütung des Vertriebs den größten Posten im Rahmen der

Marketinginvestitionen dar. So werden auf dem US-amerikanischen Markt in den Vertrieb

über 800 Milliarden Dollar pro Geschäftsjahr investiert. Im Vergleich dazu betragen die

Ausgaben für Kommunikationsmaßnahmen nur etwa ein Drittel (Steenburgh & Ahearne,

2012, S. 34, 40).

Auch für Versicherungsunternehmen sind die Vergütung und die Motivation der

Versicherungsvertreter von entscheidender Bedeutung. In der Versicherungsbranche in

Deutschland waren im Jahr 2011 558.235 Erwerbstätige beschäftigt, davon 257.572

Versicherungsvertreter (GDV, 2012, S. 17, 20). Versicherungsprodukte werden meist über

den Außendienst und über Versicherungsmakler vertrieben. Gerade hier sind effiziente

Vergütungs- und Anreizsysteme ein entscheidender Erfolgsfaktor. Neben der Motivation der

Mitarbeiter sind vor allem die Steuerung und Kontrolle der Versicherungsvertreter von hoher

Bedeutung für Versicherungsunternehmen. Zudem sind die Außendienstmitarbeiter das

Aushängeschild des Versicherungsunternehmens und für Versicherungskunden ein wichtiger

Sympathieträger. Für 12 % der Versicherungskunden stellt ein sympathischer Versicherungs-

vertreter mit eine der wichtigsten Eigenschaften eines Versicherungsunternehmens dar

(Umhau, 2003, S. 19).

Um die Mitarbeiter zu motivieren, kombinieren Unternehmen immer neue

Vergütungssysteme von Fixgehältern bis Provisionen mit zusätzlichen Anreizen. Dabei stehen

finanzielle und nichtfinanzielle Anreize, wie Sachprämien oder Dienstwagen, im

Vordergrund. Bei der Gestaltung des Vergütungssystems finden Aspekte wie Fairness und

Reziprozität kaum Beachtung. Unter Fairness versteht man, dass die Individuen eine gerechte

Verteilung der materiellen Ergebnisse unter Tauschpartnern anstreben. Bei Reziprozität ist der

Nutzen dagegen nicht nur von den materiellen Ergebnissen, sondern auch von den Intentionen

der Interaktionspartner abhängig. Fairness und Reziprozität sind starke Konstrukte, die in der

Arbeitsbeziehung eine entscheidende Rolle spielen. Werden Vergütungs- und Anreizsysteme

von den Mitarbeitern als unfair wahrgenommen, so verfehlen die eingesetzten Anreizsysteme

ihre Wirkung und eine Steigerung der Arbeitsleistung bleibt aus. Verhalten sich die

Mitarbeiter darüber hinaus reziprok, reduzieren sie sogar ihre Arbeitsleistung aufgrund des

falschen Anreizsystems.

2 Zielsetzung der Arbeit Die Zielsetzung dieser Arbeit ist zum einen, die Bedeutung von Fairness und

Reziprozität bei der Arbeitsmotivation aufzuzeigen. Mit Hilfe von empirischen

Untersuchungen soll ein faires Vergütungs- und Anreizsystem identifiziert werden. Dabei

spielt insbesondere die empfundene Fairness bei verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen eine Rolle. Es wird theoretisch und empirisch untersucht, wie Fairness und

2

Reziprozität die Motivation und den Arbeitseinsatz von Mitarbeitern beeinflussen können.

Denn verschiedene Vergütungssysteme können die empfundene Fairness und das reziproke

Verhalten der Arbeitnehmer beeinflussen. Je größer beispielsweise der Arbeitnehmer die

Fairness des Vergütungs- und Anreizsystems empfindet, desto höher ist im Gegenzug seine

Arbeitsleistung. Durch die richtige Wahl des Vergütungssystems können demnach die

Motivation der Arbeitnehmer und die Arbeitsleistung gesteigert werden.

Zum anderen wird die Effizienz von Anreizsystemen im Rahmen des

Versicherungsvertriebs untersucht. Es stehen sowohl Ausschreibungen als auch die

Turnierentlohnung, als wichtigste Anreizsysteme des Versicherungsvertriebs, im Fokus der

Untersuchung. Im Rahmen von Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb wird untersucht,

wie sich Framing-Effekte in der Darstellung von Ausschreibungen auf die Arbeitsmotivation

von Versicherungsvertretern auswirken. Framing ist die unterschiedliche Darstellung von

Anreizsystemen. Dabei können Ausschreibungen als Gewinn- oder Verlustdarstellung

unterschiedlich geframed werden. Aufgrund des unterschiedlichen Frames können ansonsten

monetär identische Ausschreibungen eine unterschiedliche Motivationswirkung haben und

daher eine unterschiedliche Arbeitsleistung der Versicherungsvertreter nach sich ziehen. Ein

besonderer Fokus liegt dabei auf der Rolle von Reziprozität und deren Einfluss auf die

Arbeitsmotivation. Denn durch Reziprozität kann der Referenzpunkt, der für Framing-Effekte

entscheidend ist, beeinflusst werden.

Als zweites zentrales Anreizsystem im Versicherungsvertrieb wird die

Turnierentlohnung untersucht. Die Turnierentlohnung kann ebenso wie Ausschreibungen zu

Motivations- und Leistungssteigerungen führen. Allerdings sind beim Vorhandensein von

Fairness und Reziprozität die Anreizwirkung und Effizienz der Turnierentlohnung zu

hinterfragen. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass bei der Teilnahme an Turnieren

Selektionseffekte auftreten können. So nehmen beispielsweise Individuen mit einem hohen

Selbstbewusstsein eher an Turnieren teil als weniger selbstsichere Menschen. Daher wird der

Frage nachgegangen, wie ein Turnier ausgestaltet sein sollte, um effizient zu sein, d. h., um

möglichst jeden Versicherungsvertreter zu motivieren am Turnier teilzunehmen und seine

Arbeitsleistung zu steigern.

Mit Hilfe zweier Experimente zu Ausschreibungen sowie eines Experiments und einer

empirischen Studie zur Turnierentlohnung wird die Effizienz dieser Anreizsysteme untersucht

und es werden Implikationen für die Gestaltung von Anreizsystemen im Versicherungs-

vertrieb abgeleitet.

3 Aufbau der Arbeit Diese Arbeit ist in zwei Bereiche eingeteilt. Der erste Bereich (Teil II) untersucht die

Rolle von Fairness und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation. Die Grundlage des

theoretischen Teils bilden ausgewählte Theorien zur Arbeitsmotivation. Anschließend werden

Faktoren des Einflusses auf die Arbeitsmotivation dargestellt. Das besondere Augenmerk liegt

dabei auf Anreizsystemen sowie den Konstrukten Fairness und Reziprozität. Im empirischen

Teil wird mit Hilfe einer Studie die empfundene Fairness verschiedener Vergütungs- und

Anreizsysteme untersucht. Darauf aufbauend wird mit Hilfe einer Conjoint-Analyse ein faires

Anreiz- und Vergütungssystem identifiziert.

Der zweite Bereich der Arbeit (Teil III) untersucht Anreizsysteme im Versicherungs-

vertrieb. Zunächst werden die Grundlagen des Versicherungsvertriebs dargestellt.

Anschließend werden zwei Anreizsysteme, die im Versicherungsvertrieb eine zentrale Rolle

spielen – Ausschreibungen und Turnierentlohnung –, näher untersucht. Zunächst werden

3

Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben erläutert. Es wird aufgezeigt, was unter

Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben im Rahmen des Versicherungsvertriebs zu

verstehen ist. Ebenso wird die Gestaltung von Ausschreibungen mittels Framing dargestellt

und der Einfluss von Reziprozität erläutert.

Anschließend werden die Vor- und Nachteile bei der Turnierentlohnung für

Versicherungsunternehmen aufgezeigt. Weiter werden die Effizienz und Selektionseffekte bei

der Turnierentlohnung erläutert. Im Versicherungsvertrieb spielen Auszeichnungen, wie

beispielsweise „Versicherungsvertreter des Jahres“, eine besondere Rolle. Daher werden

weiter Auszeichnungen im Rahmen der Turnierentlohnung vorgestellt.

Der empirische Teil untersucht mit Hilfe zweier Experimente die Ausgestaltung von

Ausschreibungen mit Framing und die daraus resultierenden Effekte auf die

Arbeitsmotivation. Dabei wird insbesondere der Einfluss von Reziprozität untersucht.

Effizienz und Selektionseffekte bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern

werden ebenfalls mit einem Experiment untersucht. Die Untersuchung der Anreizwirkung von

Auszeichnungen dagegen erfolgt mit Hilfe einer Umfrage unter Versicherungsvertretern.

Die Arbeit endet mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse und

Implikationen für den Versicherungsvertrieb sowie einem Ausblick auf weiteren

Forschungsbedarf. Abbildung 1 verdeutlicht den Gang der Untersuchung dieser Arbeit.

Abb. 1: Gang der Untersuchung

Quelle: eigene Darstellung.

4

II Fairness und Reziprozität – ein besonderer Aspekt bei Arbeitsmotivation

und Anreizsystemen In sozialen Interaktionen spielen soziale Präferenzen, wie Fairness und Reziprozität,

eine wichtige Rolle. Unter Fairness versteht man, dass die Individuen eine gerechte

Verteilung der materiellen Ergebnisse unter Tauschpartnern anstreben. Bei Reziprozität ist der

Nutzen dagegen nicht nur von den materiellen Ergebnissen, sondern auch von den Intentionen

der Interaktionspartner abhängig. Eine soziale Interaktion kann beispielsweise die

Unternehmen-Kunden-Beziehung sowie die Unternehmen-Mitarbeiter-Beziehung sein. Das

Unternehmen muss sich nicht nur gegenüber seinen Kunden fair verhalten, sondern auch

gegenüber seinen Mitarbeitern. Gerade für die Motivation der Mitarbeiter ist eine gerechte

Entlohnung und Behandlung seitens des Unternehmens von immenser Bedeutung.

Ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter auf vielfältige Weise vergüten. Neben einem

Fixgehalt können verschiedene Boni an die Mitarbeiter ausgeschüttet werden. Die Auswahl

der Mitarbeiter, die einen Bonus oder eine Prämie erhalten, kann beispielsweise durch

Turniere erfolgen. Nur die Sieger des Turniers erhalten dann den ausgelobten Bonus. Die

verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme können dabei die empfundene Fairness und

das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer beeinflussen. Je größer beispielsweise die Fairness

des Vergütungssystems aus Sicht des Arbeitnehmers ist, desto höher ist im Gegenzug seine

Arbeitsleistung. Durch die richtige Wahl des (fairen) Vergütungssystems kann demnach die

Motivation der Arbeitnehmer und somit die Arbeitsleistung gesteigert werden.

In diesem Kapitel wird zunächst ein kurzer Einblick in die Arbeitsmotivation, im

Speziellen in die Equity-Theorie sowie die intrinsische und extrinsische Motivation, gegeben.

Anschließend werden soziale Präferenzen erläutert und deren Einfluss auf die Motivation

aufgezeigt. Mit Hilfe empirischer Untersuchungen soll die empfundene Fairness von

verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen aufgezeigt werden.

1 Ausgewählte Theorien der Arbeitsmotivation Die Motivationsforschung ist ein sehr weites Feld mit verschiedensten Forschungs-

und Erklärungsansätzen. Die Ansätze reichen beispielsweise von einem evolutions-

biologischen über den psychologischen bis hin zum handlungsorientierten Ansatz. Allen

Ansätzen ist gemein, dass sie zum Ziel haben, die Ursachen des menschlichen Verhaltens zu

erklären (Heckhausen, 2003, S. 3; Ursin, 2006, S. 105). Obwohl keine einheitliche Definition

über Motivation existiert, legen alle Ansätze Motive als Auslöser für Motivation zugrunde.

Motive sind im Individuum selbst verankert. Motive können dabei Instinkte, Triebe,

Bedürfnisse, Tendenzen, Intentionen, Ziele, Anliegen oder der eigene Wille sein (Ursin, 2006,

S. 111).

Abbildung 2 verdeutlicht das Konstrukt der Motivation aus Sicht der Konsumenten-

verhaltensforschung nach Kroeber-Riel, Weinberg und Gröppel-Klein (2009). Motivation

entsteht demnach durch das Zusammenwirken von grundlegenden Antriebskräften

(Emotionen, Triebe) und kognitiven Antriebskräften (Zielorientierung, Handlungs-

programme).

5

Abb. 2: Variableninteraktion zur Klärung des Motivationsbegriffes

Quelle: Kroeber-Riel et al., 2009, S. 169.

Die grundlegenden Antriebskräfte lösen eine Handlung aus. Dies kann entweder durch

Triebe (physiologische Mangelzustände) oder Emotionen geschehen. Die kognitiven

Antriebskräfte bestimmen die Richtung der Handlung. Kroeber-Riel et al. (2009) führen ein

einfaches Beispiel zur Erklärung des Motivationskonstruktes an: Wenn ein Individuum

Hunger verspürt (Trieb), so führt die Frage, wie der Hunger gestillt werden kann,

(Zielorientierung) zur Motivation, in ein Restaurant zu gehen (Kroeber-Riel et al. 2009, S.

168–169).

Für die Analyse von Motivation in Arbeitsbeziehungen findet die spezielle

Arbeitsmotivationsforschung Anwendung. In der Arbeitsmotivationsforschung wird die Frage

untersucht, warum Menschen arbeiten. Dabei sind neben dem (Arbeits-)Motiv noch externe

Anreize eine wesentliche Komponente der Arbeitsmotivation. Mit Hilfe externer Anreize

versuchen Unternehmen die Arbeitsmotivation ihrer Mitarbeiter zu steigern. Ebenso wie in

der Motivationsforschung gibt es in der Arbeitsmotivationsforschung keine einheitliche

Definition und viele verschiedene Ansätze. Die Forschungsansätze zur Arbeitsmotivation

lassen sich in Inhaltstheorien und Prozesstheorien zusammenfassen. Darüber hinaus gibt es

noch Situationale Theorien (siehe Abbildung 3).

Abb. 3: Übersicht über Theorien zur Arbeitsmotivation

Quelle: eigene Darstellung.

6

Inhaltstheorien untersuchen Fragestellungen nach der Art, Anzahl und Bedeutung von

Motiven, die ein Individuum zu einem bestimmten Verhalten veranlassen. Zu den

Inhaltstheorien zählen die Bedürfnispyramide nach Maslow, die ERG-Theorie nach Alderfer

und die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg. Prozesstheorien dagegen legen den Fokus auf

den Motivationsverlauf und versuchen die kognitiven Prozesse, die in einem Individuum

ablaufen, das etwas anstrebt, zu erklären. Zu den Prozesstheorien zählen die VIE-Theorie

nach Vroom, das Motivationsmodell nach Porter und Lawler sowie die Zieltheorie nach

Locke. Bei den Situationalen Theorien steht weniger das einzelne Individuum im

Vordergrund als vielmehr der Kontext einer Situation. Als Situationale Theorien werden die

Equity-Theorie nach Adams, das Job Characteristics Modell nach Hackmen und Oldham

sowie Gruppennormen zusammengefasst (Ursin, 2006, S. 112–141, 133–39).

Im Folgenden wird die Equity-Theorie nach Adams kurz erläutert, da diese Theorie

auch den Fairnesstheorien zugeordnet werden kann und im späteren Verlauf der Arbeit sowie

in den empirischen Untersuchungen eine Rolle spielt. Anschließend werden die intrinsische

und extrinsische Motivation als Spezialfall der Arbeitsmotivation näher erläutert.

1.1 Equity-Theorie

Adams (1965) geht in seiner Equity-Theorie davon aus, dass Individuen nach Fairness

und Gerechtigkeit streben. Individuen vergleichen dabei ihre eigene Relation von Ertrag

(Outcome) und Aufwand (Input) mit der Relation einer Vergleichsperson. Die

Vergleichsperson kann ein Arbeitskollege aus demselben oder einem anderen Unternehmen

oder eine Gruppe von Personen sein. Ebenso kann das Individuum selbst als Vergleichsperson

dienen, wenn sich der Vergleich auf eine frühere Arbeitsstelle bezieht. Ist die Relation von

Input und Outcome bei beiden Individuen gleich, so liegt Gleichheit (Equity) vor. Weist die

Relation dagegen signifikante Unterschiede auf, so liegt Ungleichheit (Inequity) vor, was zu

einem Spannungszustand führt. Hier geht die Equity-Theorie auf die Theorie der kognitiven

Dissonanz nach Festinger (1957) zurück. Individuen empfinden diesen Spannungszustand als

unangenehm und sind daher motiviert die Ungleichheit aufzuheben. Für die

Wiederherstellung von Gleichheit hat das Individuum folgende Handlungsalternativen

(Koschate, 2002, S. 79–81; Ursin, 2006, S. 133–135):

Senkung bzw. Erhöhung des eigenen Inputs: Der Arbeitseinsatz wird erhöht bzw. gesenkt.

Senkung bzw. Erhöhung der eigenen Outcomes: Lohnerhöhung oder Lohnverzicht.

Abbruch der Vergleichsbeziehung: Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Kognitive Verzerrung des Selbstbildes: Der eigene Input bzw. Outcome wird niedriger oder höher wahrgenommen, als er tatsächlich ist.

Kognitive Verzerrung des Fremdbildes: Der Input bzw. Outcome der

Vergleichsperson wird niedriger oder höher wahrgenommen, als er tatsächlich ist.

Wechsel der Vergleichsperson: Vergleich mit einem Individuum, das gleich oder schlechter ist, als man selbst.

Dabei wählt ein Individuum zur Reduktion von Ungleichheit vorrangig die

Alternativen, die den eigenen Outcome erhöhen und den eigenen Input senken. Die

Alternativen kognitive Verzerrung, Abbruch der Vergleichsbeziehung und Wechsel der

Vergleichsperson werden eher selten herangezogen, um eine Gleichheit wiederherzustellen.

Dabei findet die Verzerrung des Inputs und Outputs der Vergleichsperson wesentlich häufiger

Anwendung als die Verzerrung des Selbstbildes (Adams, 1965, S. 295–296; Koschate, 2001,

S. 79–80). Abbildung 4 verdeutlicht die verschiedenen Alternativen im Umgang mit

Ungleichheit.

7

Abb. 4: Handlungsalternativen zur Reduzierung von Ungleichheit nach der Equity-Theorie

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Koschate, 2002, S. 83.

Ist die Relation zwischen Input und Outcome des Individuums A kleiner als die

Relation seiner Vergleichsperson B, so ist die Ungleichheit zum Nachteil des Individuums A.

Um eine Gleichheit wiederherzustellen, kann das Individuum entweder sein Outcome steigern

(Lohnerhöhung verlangen) oder seinen Input senken (Reduzierung des Arbeitseinsatzes). Die

Verzerrungsstrategie, der Abbruch der Vergleichsbeziehung sowie der Wechsel der

Vergleichsperson finden dagegen eher selten Anwendung. Ist die Ungleichheit dagegen zum

Vorteil von Individuum A, so ist die vorrangige Strategie zur Reduktion von Ungleichheit die

kognitive Verzerrung des Fremdbildes. Der Input bzw. Output der Vergleichsperson wird

höher oder niedriger wahrgenommen, als er tatsächlich ist, so dass eine Gleichheit

wiederhergestellt ist. Nachranging ist dagegen die Handlungsalternative der Anpassung des

eigenen Inputs bzw. Outputs, da das Individuum nicht freiwillig auf Lohn verzichten würde.

Auch eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes bei einer Überbezahlung wird nur von Personen mit

einem sehr großen Pflichtbewusstsein zur Wiederherstellung von Gleichheit angewendet

(Feldmann & Arnold, 1983, S. 117; Koschate, 2002, S. 81–82; Ursin, 2006, S. 134–135).

Motivation ist bei der Equity-Theorie daher abhängig von Anreizen und dem Vergleich mit

Dritten.

1.2 Intrinsische und extrinsische Motivation

Eine weitere Theorie zur Erklärung der (Arbeits-)Motivation sind die intrinsische und

extrinsische Motivation. Dieser Ansatz stellt allerdings keine klassische Theorie der

Arbeitsmotivation dar (Ursin, 2006, S. 141).

Intrinsische und extrinsische Motivation lassen sich dabei in ihrer Wirkungsweise nur

schwer voneinander trennen. Darüber hinaus gibt es kein einheitliches Verständnis und keine

einheitlichen Definitionen über intrinsische und extrinsische Motivation. Grundsätzlich

bezeichnet intrinsische Motivation das von innen heraus motivierte Verhalten und

extrinsische Motivation das von außen motivierte Verhalten (Ursin, 2006, S. 141–142).

8

Jede Handlung hat demnach zu einem gewissen Grad eine eigenständige Motivation,

die intrinsische Motivation. Diese Handlung führt eine Person freiwillig, um ihrer selbst

willen aus und die Zielerreichung steht im Vordergrund (Deci, 1971, S. 105; Frey & Benz,

2001, S. 19; Gneezy & Rustichini, 2000, S. 793; Ursin, 2006, S. 142). Die intrinsische

Motivation setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen (siehe Abbildung 5). Neben Freude an

der Arbeit und dem Erreichen selbstgesetzter Ziele besteht die intrinsische Motivation noch

aus dem Aspekt des Einhaltens von Normen um ihrer selbst willen. Fairness ist ein Teil dieser

Normen. Fairness spielt vor allem im Kontext von Arbeitsbeziehungen eine Rolle. Wenn sich

Arbeitnehmer unfair behandelt fühlen, kann dies demotivierend wirken und eine Reduzierung

des Arbeitseinsatzes zur Folge haben (Frey & Osterloh, 2002, S. 24). Soziale Präferenzen

erweitern dabei die Arbeitsmotivationsforschung, da Arbeitnehmer nicht mehr einzeln

betrachtet werden, sondern die Interaktion mit dem Arbeitgeber und der Vergleich zwischen

den Arbeitnehmern entscheidend sind (Ursin, 2006, S. 134).

Abb. 5: Arten der intrinsischen Motivation

Quelle: Frey & Osterloh, 2002, S. 25.

Extrinsische Motivation dagegen ist von außen motiviert. Die Handlung ist also nur

Mittel zum Zweck und wird durch Anreize (Belohnung oder Bestrafung) erzeugt (Frey &

Benz, 2001, S. 19).

Durch das Setzen von externen Anreizen kann es zur Verdrängung von intrinsischer

durch extrinsische Motivation kommen. Der Verdrängungseffekt kann mit der Cognitive

Evaluation Theory und der Selbstwahrnehmungstheorie erklärt werden (Sliwka, 2003, S.

300). Die Cognitive Evaluation Theory geht davon aus, dass jedes Individuum ein Bedürfnis

nach Selbstbestimmung hat. Liegt intrinsische Motivation vor, so entscheidet sich ein

Individuum bewusst und aus freien Stücken für eine Aufgabe, da es einen Nutzen aus der

Aufgabe selbst zieht. Durch das Setzen eines Anreizes wird diese Selbstbestimmung

untergraben. Der Anreiz steht jetzt im Vordergrund und das Individuum erfüllt die Aufgabe,

um den Anreiz zu erhalten. Der Nutzen des Individuums aus der Aufgabe selbst sinkt (Sliwka,

2003, S. 300).

Die Theorie der Selbstwahrnehmung unterstellt, dass Individuen sich nicht bewusst

sind, aus welchen Gründen sie Aufgaben ausführen. Wird eine Aufgabe mit einem Anreiz

belohnt, so gehen Individuen allerdings davon aus, dass dieser Anreiz sie zum Erfüllen der

Aufgabe bewogen hat. Fehlt dagegen ein Anreiz, so geht das Individuum davon aus, dass es

intrinsisch motiviert war (Sliwka, 2003, S. 300).

Dabei ist zu beachten, dass der Verdrängungseffekt hauptsächlich bei Aufgaben

entsteht, bei denen keine Belohnung erwartet wird. Ein Anreiz untergräbt die freiwillige

9

Aufgabenerfüllung und die Aufgabe wird nur noch erfüllt, um den Anreiz zu erhalten. Bei

Aufgaben, die generell mit einer Bezahlung verbunden sind, wie Arbeitsbeziehungen, kann

der Verdrängungseffekt einen anderen Effekt oder sogar gar keinen Effekt haben, da

Individuen von vornherein eine Bezahlung erwarten. Im Entlohnungskontext muss sich das

Unternehmen also nicht fragen, ob durch die Lohnzahlung ein Verdrängungseffekt von

intrinsischer durch extrinsische Motivation entsteht. Vielmehr muss das Unternehmen

überlegen, in welcher Form es seine Mitarbeiter entlohnt und für zusätzliche Leistungen

belohnt. Allerdings muss das Unternehmen in diesem Zusammenhang soziale Präferenzen

berücksichtigen, da diese in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung eine entscheidende

Rolle spielen. Somit können soziale Präferenzen eine starken Einfluss auf die Motivation und

den Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer ausüben (Fehr & Falk, 2002, S. 718).

2 Einflüsse auf die Arbeitsmotivation Arbeitsmotivation kann durch Anreize und Anreizsysteme gesteigert werden. In

diesem Zusammenhang müssen aber die Konstrukte Fairness und Reziprozität berücksichtigt

werden. Wird ein Anreizsystem beispielsweise von den Arbeitnehmern nicht als fair

angesehen, kann ein Effekt auf die Arbeitsmotivation ausbleiben. Wenn sich die

Arbeitnehmer reziprok verhalten, kann sich die Arbeitsleistung sogar reduzieren.

Daher wird in diesem Kapitel zunächst erläutert, was man unter einem Anreizsystem

versteht und welchen Einfluss Anreizsysteme auf die Arbeitsmotivation ausüben, bevor die

Rolle von Fairness und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation analysiert wird.

2.1 Anreizsysteme und deren Einfluss auf die Arbeitsmotivation

Schon Adam Smith stellte im Jahr 1776 fest, dass ein Anreizproblem bei der Delegation

von Aufgaben besteht. Smith stellte fest, dass die Manager eines Unternehmens sich

eigennützig und nicht im Sinne des Unternehmens verhalten, wenn sie nicht die Eigentümer

des Unternehmens sind (Smith, 2005, S. 606–607). Dieses Beispiel ist ein klassisches Beispiel

der Prinzipal-Agent-Theorie. Die Prinzipal-Agent-Theorie ist neben der Transaktionskosten-

theorie, der Informationsökonomik und dem Property-Rights-Ansatz eine zentrale Theorie der

Neuen Institutionenökonomie (Kuss, 2009, S. 171; Lehmann, 2006, S. 3). Die Neue

Institutionenökonomie beinhaltet zentrale Annahmen, die die verschiedenen Ansätze

entscheidend prägen. Die zentralen Annahmen sind (Richter & Furubotn, 2003, S. 2–8):

Methodologischer Individualismus: Individuen werden als eigenständig und einzigartig angesehen. Da die Individuen verschieden sind, unterscheiden sie sich auch

in ihren Präferenzen, Zielen, Zwecken und Ideen.

Nutzenmaximierung: Die Individuen haben ihre eigenen Interessen und streben an, ihren eigenen Nutzen zu maximieren. Dabei berücksichtigen die Individuen die

Nebenbedingungen, die von den institutionellen Organisationen vorgegeben werden.

Individuelle Rationalität: Es müssen die Sichtweisen der vollkommenen und unvollkommenen individuellen Rationalität unterschieden werden. Die vollkommene

individuelle Rationalität ist eng an der Sichtweise der Neoklassik angeknüpft und geht

davon aus, dass Individuen konstante und stabile Präferenzen haben. Diese Sichtweise

ist besonders bei der Prinzipal-Agent-Theorie von Bedeutung. Bei der Sichtweise der

unvollkommenen Rationalität dagegen werden die Präferenzen als unvollständig und

über die Zeit veränderbar angesehen. Dies spielt besonders im Hinblick auf die

Transaktionskostentheorie eine Rolle, da es für die Wirtschaftssubjekte zu kostspielig

ist alle Präferenzen zu kennen.

10

Opportunismus: Individuen können sich opportunistisch verhalten. Die Individuen

können unter Zuhilfenahme von List beispielsweise ihre tatsächlichen Präferenzen

verschleiern oder Informationen zurückhalten.

Verfügungsrechte: Neben den Wirtschaftssubjekten besteht jede Gesellschaft aus Verfügungsrechten. Verfügungsrechte sind sowohl das Recht, „physische Güter oder

geistige Leistungen zu gebrauchen und Nutzen aus ihnen zu ziehen“ (Richter &

Furubotn, 2003, S. 6), als auch das Recht, „von anderen Personen ein bestimmtes

Verhalten zu fordern“ (Richter & Furubotn, 2003, S. 6).

Überwachungs- und Durchsetzungssysteme: Überwachungs- und Durchsetzungs-systeme dienen zur Umsetzung von Regeln und Verfügungsrechten. Durch Gesetz

oder Gewohnheit werden Sanktionsmechanismen in einer Gesellschaft etabliert. Diese

Sanktionen schränken die Verhaltensweisen der Individuen ein.

Institutionen und Organisationen: Mit Hilfe von Institutionen wird versucht das Verhalten von Individuen in bestimmte Richtungen zu lenken und dadurch eine

gewisse Ordnung und eine Reduktion von Unsicherheit zu erreichen. Institutionen

„definieren die Anreizstruktur von Gesellschaften und insbesondere Wirtschaften“

(North, 1994, S. 359).

Diese Annahmen legen auch die Grundlagen für die Prinzipal-Agent-Theorie. Im Rahmen

der Prinzipal-Agent-Theorie beauftragt ein Prinzipal (Auftraggeber) einen Agenten

(Auftragnehmer) Handlungen in seinem Namen durchzuführen. Der Agent hat bei der

Erfüllung der Aufgabe einen gewissen Handlungsspielraum. Prinzipal-Agenten-Beziehungen

können in verschiedenen Situationen vorliegen (Lehmann, 2006, S. 3; Richter & Furubotn,

2003, S. 173–174). Für diese Arbeit soll der Arbeitgeber als Prinzipal und der Arbeitnehmer

als Agent agieren.

Liegen Informationsasymmetrien zwischen dem Prinzipal und dem Agenten vor,

kommt es zu Agenturproblemen, da sich beide Parteien eigennützig verhalten und ihren

eigenen Nutzen maximieren wollen. Die Informationsasymmetrien sind zu Gunsten des

Agenten, d. h., der Arbeitnehmer hat einen Wissensvorsprung vor dem Arbeitgeber. So kann

es zur Problematik von Hidden Information und Hidden Action kommen (Lehmann, 2006, S.

4; Richter & Furubotn, 2003, S. 174–175). Hidden Action und Hidden Information entstehen,

wenn der Prinzipal das Verhalten des Agenten nicht beobachten (Hidden Action) oder

aufgrund von fehlenden Informationen nicht beurteilen kann (Hidden Information) (Meffert &

Bruhn, 2006, S. 96). Das Unternehmen kann daher oft nicht erkennen, wie hoch der

Arbeitseinsatz des Mitarbeiters ist und ob die Leistung eines Mitarbeiters aus eigenen

Leistungen oder beispielsweise externen Einflussfaktoren resultiert.

Mit Hilfe von Anreizsystemen kann die Prinzipal-Agent-Problematik gelöst werden.

Der Prinzipal muss die Anreize so setzen, dass der Agent sich im Sinne des Prinzipals verhält

und nicht nur seinen eigenen Nutzen, sondern auch den Nutzen des Prinzipals erhöhen

möchte. Die Anreize müssen so gesetzt werden, dass es im eigenen Interesse des Agenten ist,

einen hohen Arbeitseinsatz zu zeigen (Lehmann, 2006, S. 4–5).

Unter Anreizsystemen versteht man „jede planvolle Gestaltung der Arbeits-

bedingungen (…), die primär das Ziel verfolgt, die betroffenen Arbeitnehmer zu einer

Mehrleistung zu motivieren“ (Fürstenberg, 1973, S. 82). Wild (1973) bezieht in seiner

Beschreibung von Anreizsystemen Belohnung und Bestrafung des gezeigten Verhaltens mit

ein: „Anreizsysteme sind die Summe aller bewusst gestalteten Arbeitsbedingungen, die

bestimmte Verhaltensweisen (durch positive Anreize, Belohnungen) verstärken, die

Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer dagegen mindern (negative Anreize, Strafen)“

11

(Wild, 1973, S. 47). Dabei muss man materielle und immaterielle Anreize unterscheiden.

Tabelle 1 zeigt eine Einordnung von Anreizen nach ihren materiellen und immateriellen

Eigenschaften. Materielle Anreize können weiter nach ihrer finanziellen Wirkungsweise

unterteilt werden. Direkte finanzielle Anreize, wie die Bezahlung von Überstunden, schlagen

sich direkt in Geldwert für den Arbeitnehmer nieder. Andere Anreize, wie beispielsweise ein

Dienstwagen oder eine Altersvorsorge, wirken sich nicht direkt monetär auf die Arbeitnehmer

aus, können aber entsprechend bewertet werden. Geld spielt in diesem Zusammenhang eine

besondere Rolle. Geld kann als objektiver Anreiz in dem Sinne gesehen werden, dass Geld

den Mitarbeitern ermöglicht andere Ziele und Bedürfnisse zu erreichen. Immateriellen

Anreizen dagegen kann kein entsprechender monetärer Wert zugewiesen werden (Lehmann,

2006, S. 9–10, 21–22).

Tab. 1: Beispielhafte Darstellung materieller und immaterieller Anreize

Materielle Anreize

Immaterielle Anreize Direkt finanzielle

Anreize

Indirekt finanzielle

Anreize Aufwandsentschädigungen Altersversorgung Anerkennung

Bezahlung von Überstunden Betriebliche Sozialleistungen Arbeitsinhalt (Aufgabe)

Erfolgsbeteiligungen Dienstreisen Arbeitsplatz zu Hause

Essensgeldzuschuss Dienstwagen Arbeitsplatzsicherheit

Festgehalt Dienstwohnung Arbeitszeitregelung

Jubiläumszuwendungen Job Ticket Autonomie

Treueprämien Konsumvorteile Beziehung zu Mitarbeitern

Variables Gehalt Sachzuwendungen Führungsstil

Sonderurlaub Größe und Struktur der

Organisation

Spesenkonto Image der Unternehmung

Unfallversicherung Karriere (Beförderung)

Zinsvergünstigte Kredite Leistungserfolg

Macht

Partizipationsmöglichkeiten

Personalentwicklung

Standort

Titel

Verantwortung

Quelle: Lehmann, 2006, S. 22.

Damit ein Anreizsystem die Arbeitnehmer motiviert, einen höheren Arbeitseinsatz zu

zeigen, muss verschiedenen Anforderungen nachgegangen werden. Neben der Akzeptanz des

Anreizsystems unter den Mitarbeitern, der Anreizkompatibilität (Ausrichtung auf

Unternehmensziele) und der Anreizvalenz (Anreiz muss einen subjektiven Nutzen für den

Mitarbeiter stiften) ist vor allem der Aspekt der Fairness zu berücksichtigen. Das

Anreizsystem muss so gestaltet sein, dass die Relation von Input und Outcome von den

Mitarbeitern als gerecht empfunden wird. Darüber hinaus muss das Anreizsystem auch dem

Vergleich mit einer Vergleichsperson nach der Equity-Theorie standhalten. Es ist zu beachten,

dass das Anreizsystem die Anforderungshöhe der Arbeitsaufgabe, den Arbeitseinsatz des

Arbeitnehmers sowie den sozialen Hintergrund berücksichtigt. Darüber hinaus muss das

Anreizsystem auch konkurrenzfähig mit Anreizsystemen von vergleichbaren anderen

Unternehmen sein (Lehmann, 2006, S. 17).

Werden diese Aspekte berücksichtigt, ist das Anreizsystem effizient gestaltet und

motiviert die Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz zu erhöhen. Durch das Setzen von

spezifischen Anreizen kann das Unternehmen gute Leistungen fördern, außergewöhnliche

Anstrengungen belohnen und sogar die Akzeptanz und Einstellung gegenüber

12

organisatorischen Maßnahmen verbessern (Kniecke, 1995, S. 513). Rosenstiel (1975) zeigt in

seinem Modell den Zusammenhang zwischen Anreiz, Leistung und Zufriedenheit auf (siehe

Abbildung 6).

Abb. 6: Modell des motivischen Verhaltens – Zusammenhang zwischen Anreiz, Leistung und

Zufriedenheit

Quelle: Rosenstiel, 1975, S. 32.

Individuen zeichnen sich durch eine individuelle Motivstruktur (1) aus. Im Rahmen

der Organisation (Unternehmen) werden die Individuen nun mit einer bestimmten Situation

konfrontiert (2). Das Individuum nimmt die objektiven Informationen und Gegebenheiten, die

mit der Situation verbunden sind, selektiv und verzerrt wahr. Die Wahrnehmung ist dabei

abhängig von der psychologischen Lage der Individuen. Diejenigen Gegebenheiten, die mit

der Motivstruktur übereinstimmen, werden als Anreiz eingestuft (3) und führen zur

Motivaktivierung (4). Aufgrund der bisherigen Erfahrungen, die ein Individuum bei der

Befriedigung seiner Bedürfnisse gemacht hat, werden Erwartungen geweckt (5). Abhängig

von diesen Erfahrungen und der Wahrscheinlichkeit der Bedürfnisbefriedigung kommt es zur

Verhaltensintention (6). Was wiederum zum Verhalten (7) an sich führt. Mit dem Ergebnis

des Verhaltens (8) geht eine Veränderung der Situation einher. Das Ergebnis des Verhaltens

ist nicht nur abhängig von der Verhaltensintention, sondern auch von den Fähigkeiten der

Individuen. Die Wahrnehmung und Bewertung des Ergebnisses des Verhaltens nimmt das

Individuum als Belohnung oder Bestrafung (9) wahr. Ob ein Ergebnis als Belohnung oder

Bestrafung eingestuft wird, ist dabei anhängig vom Vergleich der Erwartungen des

Individuums und der tatsächlich eingetretenen Situation. Werden die Erwartungen des

Individuums erfüllt oder übertroffen, wird das Ergebnis als Belohnung wahrgenommen.

Werden die Erwartungen nicht erfüllt, empfindet das Individuum das Ergebnis als eine

Bestrafung. Eine Belohnung führt zum Zustand der Zufriedenheit und eine Bestrafung fördert

dagegen die Unzufriedenheit (10). Zufriedenheit und Unzufriedenheit haben wiederum einen

Einfluss auf die Motivstruktur (1) und können so die Verhaltensbereitschaft von Individuen

verändern. (Lehmann, 2006, S. 8–9; Rosenstiel, 1975, S. 31–33.)

Beispielsweise zeichnet sich ein Arbeitnehmer durch die Charaktereigenschaften

Geltungsstreben und Ehrgeiz aus (1). In dem Unternehmen wird nun eine Stelle als

Abteilungsleiter frei (2). Der Arbeitnehmer entdeckt die Stellenanzeige. Diese stellt für den

Arbeitnehmer einen Anreiz (3) dar, sich auf die Stelle zu bewerben, und weckt in ihm den

Wunsch, die angesehenere Position zu erhalten (4). Der Arbeitnehmer erwartet (5), dass er

durch eine Steigerung seines Arbeitseinsatzes die ausgeschriebene Stelle erhalten wird. Der

Arbeitnehmer sieht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass seine Bewerbung erfolgreich sein

13

wird. Daher strengt er sich an und steigert seinen Arbeitseinsatz (6). Durch den gesteigerten

Arbeitseinsatz und seine Qualifikationen und Fähigkeiten gelingt dem Arbeitnehmer eine

herausragende Arbeitsleistung und er fällt seinem Vorgesetzten positiv auf (7). Allerdings hat

die Bewerbung des Arbeitnehmers keinen Erfolg, dennoch erhält er eine kleine

Gehaltserhöhung (8). Diese Gehaltserhöhung empfindet der Arbeitnehmer aber nicht als

Belohnung, sondern als Strafe, da er sich durch die Beförderung wesentlich mehr erwartet hat

(9). Daher ist er unzufrieden (10). Die Unzufriedenheit ist so stark, dass sie auch noch in

Zukunft die Verhaltensweisen des Arbeitnehmers beeinflusst. Auf eine erneute

Stellenausschreibung bewirbt er sich nicht und er steigert seinen Arbeitseinsatz nicht mehr (1)

(Rosenstiel, 1975, 33–34).

Probleme bei Anreizsystemen können weiter entstehen, wenn Anreize nicht richtig

eingesetzt werden. Wenn die Anreize beispielsweise in die falsche Richtung wirken und eine

unerwünschte Handlung fördern oder den Fokus auf einen anderen Aufgabenschwerpunkt

legen als gewünscht. Darüber hinaus muss das Unternehmen darauf achten, dass die Anreize

für die Arbeitnehmer nicht zu einer Gewohnheit werden. Ist dies der Fall, so sehen die

Arbeitnehmer Anreize als einen festen Bestandteil ihres Gehaltes und der Effekt auf die

Motivation schwächt sich ab (Lehmann, 2006, S. 31–32).

2.2 Der Einfluss von Fairness und Reziprozität auf die Arbeitsmotivation

Der Homo oeconomicus ist ein zentrales Konstrukt der ökonomischen Theorie. Dieses

in der Wissenschaft lange vorherrschende Bild unterstellt, dass Individuen rational und

eigennützig handeln. Frey und Benz (2001) und Kritikos und Bolle (2001) haben allerdings

gezeigt, dass Individuen sich nicht immer rational und eigennützig verhalten, sondern

vielmehr, dass soziale Präferenzen in ihren Entscheidungen eine Rolle spielen. Dabei

berücksichtigen Individuen neben ihrem eigenen Interesse auch die Interessen anderer. Unter

sozialen Präferenzen sind Konstrukte wie beispielsweise Fairness, Reziprozität und

Altruismus zu verstehen. Altruistische Individuen handeln nach der Norm der Effizienz. Sie

wählen auch dann die Alternative, die die Auszahlung eines anderen Individuums erhöht,

wenn sich ihre eigene Auszahlung mit dieser Entscheidung reduziert (Frey & Benz, 2001,

S. 17; Kritikos & Bolle, 2001, S. 334).

Für die Motivation und Entlohnung von Arbeitnehmern sind die sozialen Präferenzen

Fairness und Reziprozität von entscheidender Bedeutung. Arbeitsverträge lassen sich dadurch

charakterisieren, dass eine detaillierte Ausgestaltung und Einhaltung nicht immer möglich

sind. Fairness und Reziprozität können dem entgegenwirken. Dies ist besonders bei

Arbeitsverträgen, die auf Vertrauen basieren, wirksam. Fairness und Reziprozität tragen

darüber hinaus zu einem ausgewogenen Entlohnungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und

Arbeitgeber bei (Irlenbusch & Sliwka, 2003, S. 1; Kube, 2007, S. 33–34).

Fairnesstheorien stammen ursprünglich aus der Psychologie, insbesondere aus der

Sozial-, Arbeits- und Organisationspsychologie, und hielten nach und nach Einzug in andere

Forschungsgebiete wie beispielsweise die Rechtswissenschaften und die Ökonomie

(Koschate, 2002, S. 56–57). Abbildung 7 stellt einen Überblick über die verschiedenen

Fairnesstheorien dar.

Abb. 7: Übersicht über Fairnesstheorien

14

Quelle: Koschate, 2002, S. 74.

Fairnesstheorien können dabei in spezielle und übergeordnete Theorien eingeteilt

werden. Bei den speziellen Theorien unterscheidet man weiter zwischen inhaltsbezogenen

und prozessbezogenen Theorien. Inhaltsbezogene Theorien können als der Beginn der

Fairnessforschung angesehen werden. Sie beschäftigen sich mit der wahrgenommenen

Fairness (distributive Gerechtigkeit). Die Equity-Theorie, die bereits im Kapitel zur

Arbeitsmotivation erläutert wurde, kann den inhaltsbezogenen Theorien zugeordnet werden.

Wird ein Austauschverhältnis mit einer Vergleichsperson als unfair angesehen, so sind die

Individuen bestrebt, die Verteilung hin zu einer fairen Aufteilung zu verändern.

Prozessbezogene Theorien dagegen wurden ursprünglich im Bereich der Rechts-

wissenschaften entwickelt und beinhalten Aspekte der Verfahrensgerechtigkeit der

Entscheidungsfindung (prozedurale Gerechtigkeit). Übergeordnete Fairnesstheorien

beinhalten sowohl die distributive als auch die prozedurale Gerechtigkeit (Greenberg, 1987,

S. 9–10; Koschate, 2002, S. 72–73).

In dieser Arbeit soll das allgemeine Fairnesskonzept als soziale Präferenz zugrunde

gelegt werden. Daher wird neben der Equity-Theorie, die auch im Bereich der

Arbeitsmotivation eine Rolle spielt, keine der oben genannten Theorien näher erläutert und

stattdessen auf die entsprechenden Literaturquellen verwiesen.

Allgemein kann Fairness wie folgt beschrieben werden: Eine Aufteilung unter

Individuen wird als fair betrachtet, wenn eine gerechte Verteilung der materiellen Ergebnisse

vorliegt (Ebering, 2005, S. 73; Frey & Benz, 2001, S. 18). Fairness wird besonders deutlich in

Diktator-Spielen. Spieler 1 (Diktator) bekommt einen bestimmten Betrag X. Diesen Betrag

kann der Diktator vollständig behalten oder zwischen sich und einem zweiten, anonymen

Empfänger aufteilen. Der Empfänger muss dabei keine Entscheidung treffen. Es zeigt sich,

dass sich 80 % der Diktatoren fair verhalten und ihrem Gegenspieler einen Teil des Betrages

abgeben, obwohl sie dies eigentlich nicht müssten. Die Angebote reichten von 1 % bis 50 %

des Betrages. Lediglich 20 % der Diktatoren verhalten sich egoistisch und behalten den

gesamten Betrag für sich (Falk & Fischbacher, 2000, S. 28).

15

Ungleichheitsaversion ist eine spezielle Form der wahrgenommenen Fairness. In der

Literatur werden Fairness und Ungleichheitsaversion häufig synonym verwendet.

Ungleichheitsaverse Individuen streben eine Gleichverteilung des Outputs, beispielsweise des

Einkommens, zwischen den Tauschpartnern an. In Abbildung 8 sind die möglichen Formen

der Ungleichheitsaversion dargestellt. Erhält ein ungleichheitsaverses Individuum 1

beispielsweise eine geringere Auszahlung als sein Konkurrent Individuum 2, so spricht man

von negativer Ungleichheit aus Sicht des Individuums 1. In dieser Situation können

Emotionen wie Neid und Missgunst entstehen. Erhält das Individuum 1 dagegen eine höhere

Auszahlung als sein Kontrahent, handelt es sich um eine positive Ungleichheit. Hierbei

können allerdings Mitleid und Schuldgefühle bei Individuum 1 aufkommen. Erhalten beide

Individuen eine gleich hohe Auszahlung, liegt eine Gleichverteilung der Ergebnisse vor.

Sowohl positive als auch negative Ungleichheiten stiften einem ungleichheitsaversen

Individuum einen geringeren Nutzen als eine Gleichverteilung (Eberlein & Grund, 2006,

S. 135–136; Fehr & Schmidt, 1999, S. 4–5).

Abb. 8: Ungleichheitsaversion aus Sicht des Individuums 1

Quelle: eigene Darstellung

Eine positive Ungleichheit stiftet einen höheren Nutzen als eine negative Ungleichheit.

Wenn keine Möglichkeit einer Gleichverteilung besteht, präferieren ungleichheitsaverse

Individuen eine positive vor einer negativen Ungleichheit, um eine negative Ungleichheit und

negative Emotionen wie Neid und Missgunst zu vermeiden. Die Reaktion der Individuen bei

Ungleichheitsaversion ist ähnlich der Reaktionen bei Verlustaversion, denn entscheidend ist

der Referenzpunkt. Allerdings bestimmt sich dieser bei der Ungleichheitsaversion anders als

bei der Verlustaversion durch die Einkommen der anderen Individuen (Falk, Fehr &

Huffman, 2008, S. 24–25; Grund & Sliwka, 2005, S. 188; Loewenstein, Bazerman &

Thompson, 1989, S. 430–431). Das Prinzip der Ungleichheitsaversion ist sehr ähnlich zur

Equity-Theorie. Daher entsprechen die möglichen Handlungsalternativen zur Änderung einer

Ungleichheit den Handlungsalternativen bei der Equity-Theorie. Ob eine Gleichverteilung der

materiellen Ergebnisse auch eine faire Verteilung im Hinblick auf die Input-Output-Relation

ist, ist dabei eine ganz andere Frage.

Reziprozität kann umgangssprachlich als „wie du mir, so ich dir“ bezeichnet werden.

Für reziproke Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, wie dies bei

Fairness und Ungleichheitsaversion der Fall ist, sondern auch die Absichten der anderen

Individuen. So werden Personen mit freundlichem Verhalten belohnt (positive Reziprozität),

Personen mit unfreundlichem Verhalten dagegen bestraft (negative Reziprozität). Reziprozität

und Ungleichheitsaversion unterscheiden sich auch bei dem Grund für eine mögliche

Bestrafung bzw. Belohnung. Ein ungleichheitsaverses Individuum bestraft oder honoriert

16

einen Tauschpartner nur dann, wenn durch diese Tat die Ungleichheit zwischen den beiden

reduziert werden kann. Ungleichheitsaversion kann demnach als ein rein konsequentes

Konzept gesehen werden. Da bei Reziprozität freundliches (unfreundliches) Verhalten

belohnt (bestraft) wird, kann es zu einer Belohnung bzw. Bestrafung auch dann kommen,

wenn eine Gleichverteilung der Auszahlungen nicht möglich ist. Ein reziprokes Individuum

beabsichtigt also nicht die Ungleichheit zu reduzieren, sondern die Auszahlung des anderen

Individuums zu senken, wenn dieses ihn unfreundlich behandelt hat. Reziprozität ist demnach

vom Verhalten eines Referenzindividuums abhängig (Bolton & Ockenfels, 2000, S. 171–173;

Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4, 7; Fehr & Falk, 2002, S. 689).

Falk und Fischbacher (2000) zeigen die Unterschiede zwischen Ungleichheitsaversion

und Reziprozität anhand zweier reduzierter Ultimatum-Spielen auf. Die beiden Spiele sind in

Abbildung 9 dargestellt. In beiden reduzierten Ultimatum-Spielen bekommt Spieler 1

(Proposer) einen Betrag X (z. B. 10 Euro). Spieler 1 kann zwischen zwei

Aufteilungsvarianten Y und Z zwischen ihm und Spieler 2 (Responder) wählen. Spieler 2

kann das Angebot von Spieler 1 annehmen oder ablehnen. Nur wenn Spieler 2 das Angebot

annimmt, erhalten beide Spieler ihren Anteil gemäß dem Aufteilungsvorschlag. Lehnt Spieler

2 das Angebot ab, erhalten beide Spieler einen Betrag von null. In Spiel A hat Spieler 1 die

Auswahl zwischen einer Aufteilung von 80 % für ihn selbst und 20 % für seinen Gegenspieler

und einer Gleichverteilung (50 % für jeden Spieler). Im Spiel B ist keine Gleichverteilung

möglich. Spieler 1 hat neben der Variante 80 % / 20% eine Variante 100 % / 0 % zur

Auswahl, bei welcher Spieler 2 leer ausgeht (Falk & Fischbacher, 2000, S. 5–6).

Abb. 9: Reduzierte Ultimatum-Spiele

Quelle: Falk & Fischbacher, 2000, S. 5.

Legt man nun das Prinzip der Ungleichheitsaversion zugrunde, so müssten in beiden

Spielen die Ablehnungsraten des Spielers 2 für die Alternative 80 % / 20 % gleich sein, da es

bei der Ungleichheitsaversion nur auf die bloße Verteilung ankommt. Ist Spieler 2 allerdings

reziprok, spielen also die Intentionen hinter dem Verhalten von Spieler 1 eine Rolle für

Spieler 2, so sollten die Ablehnungsraten in beiden Spielen unterschiedlich sein. Die

Ablehnungsrate der Alternative 80 % / 20 % in Spiel A ist 44,4 %. Im Spiel B lehnen dagegen

nur 8,9 % der Spieler 2 das Angebot ab. Hier wird deutlich, dass die Intentionen hinter dem

Verhalten des Spielers 1 von Bedeutung sind. Die hohe Ablehnungsrate der Alternative 80 %

/ 20 % in Spiel A ist damit zu erklären, dass der Spieler 1 auch eine Gleichverteilung zur

Auswahl hatte. Spieler 1 hat sich egoistisch verhalten und die Alternative ausgewählt, bei der

seine eigene Auszahlung am höchsten ist, ohne Rücksicht auf Spieler 2 zu nehmen. Dieses

Verhalten bestraft ein reziproker Spieler 2, indem er das Angebot ablehnt. Im Spiel B dagegen

lehnt ein Spieler 2 das Angebot 80 % / 20 % seltener ab, da Spieler 1 nicht die Möglichkeit

einer Gleichverteilung hatte. Spieler 1 hatte dagegen nur die Wahl, den ganzen Betrag selbst

17

einzustecken. Mit der Wahl der Alternative 80 % / 20 % hat der Spieler 1 somit auf einen Teil

seiner eigenen Auszahlung verzichtet. Dies wird von Spieler 2 als freundlich wahrgenommen,

da es die fairste Alternative war, die Spieler 1 zur Auswahl stand (Falk, Fehr & Fischbacher,

1999, S. 6–7; Falk & Fischbacher, 2000, S. 6).

Reziprozität ist eine starke Komponente des menschlichen Verhaltens, da ein

reziprokes Individuum auch dann bestraft und belohnt, wenn dies zu Kosten führt und keine

materiellen Gewinne mit dem Verhalten verbunden sind. Dieses reziproke Verhalten zeigen

Individuen sogar in Interaktionen mit Fremden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4; Fehr &

Gächter, 2000, S. 1). Dabei darf Reziprozität nicht mit Altruismus verwechselt werden.

Reziprozität unterscheidet sich von Altruismus in dem Sinne, dass Altruismus bedingungslos

ist. Gezeigter Altruismus ist demnach keine Reaktion auf empfangenen Altruismus (Fehr &

Gächter, 2000, S. 2).

Soziale Präferenzen können die Motivation und den Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern

entscheidend beeinflussen. Wie bereits erläutert stellt Fairness einen Teil der intrinsischen

Motivation dar.

Fehr, Kirchsteiger und Riedl (1993), Fehr und Falk (1999), Fehr, Gächter und

Kirchsteiger (1997) und Gächter und Falk (1997) haben den Einfluss von Fairness und

Reziprozität auf die Motivation mit Hilfe des Gift-Exchange-Spiels untersucht. An diesem

Spiel nehmen klassischerweise zwei Spieler teil – ein Arbeitnehmer und ein Arbeitgeber. Der

Arbeitgeber macht ein Lohnangebot. Dieses Lohnangebot kann der Arbeitnehmer annehmen

oder ablehnen. Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab, so verdienen beide Spieler einen

Betrag von null. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot aber an, so muss er seinen

Arbeitseinsatz wählen. Der Arbeitseinsatz ist allerdings mit Kosten verbunden. Diese Kosten

können als Arbeitsleid oder Opportunitätskosten interpretiert werden. Der Arbeitgeber hat

keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer nach der Wahl des Arbeitseinsatzes zu sanktionieren

oder zu belohnen. Ein egoistischer Arbeitnehmer sollte daher, egal welchen Lohn der

Arbeitgeber geboten hat, den minimalen Arbeitseinsatz zeigen. Die Studien konnten diese

Vorhersage der Spieltheorie allerdings nicht bestätigen. Die Arbeitnehmer sind nicht nur an

ihren eigenen Auszahlungen interessiert, sondern sie verhalten sich reziprok. Es zeigt sich,

dass der Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer umso größer ist, je höher der angebotene Lohn ist

(siehe Abbildung 10). Die Arbeitnehmer belohnen ein hohes Lohnangebot des Arbeitgebers,

indem sie ihren Arbeitseinsatz erhöhen, obwohl das für sie selbst mit Kosten verbunden ist.

Diese Ergebnisse konnten in verschiedenen Situationen, z. B. unter Wettbewerbsbedingungen

(mehrere Arbeitnehmer und Arbeitgeber), bestätigt werden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 19–

20).

18

Abb. 10: Korrelation zwischen Lohnangebot und Arbeitseinsatz

Quelle: Falk & Fischbacher, 2000, S. 20.

Darüber hinaus zeigt sich in einer abgeänderten Form des Gift-Exchange-Spiels, dass

Lohngerechtigkeit eine nicht zu verachtende Rolle spielt. In dieser Variante stehen sich ein

Arbeitgeber und zwei Arbeitnehmer gegenüber. Die Arbeitnehmer sind fest beim Arbeitgeber

angestellt und wählen ihren Arbeitseinsatz. Der Arbeitgeber beobachtet die gezeigten

Arbeitseinsätze und wählt anschließend die Löhne aus. In Treatment 1 wählt der Arbeitgeber

einen Lohn für beide Arbeitgeber aus. In Treatment 2 kann er dagegen für jeden Arbeitgeber

einen unterschiedlichen Lohn wählen. In beiden Treatments führen höhere Löhne zu höheren

Leistungen. Es zeigt sich aber, dass die Lohnzahlungen im Treatment 1 als signifikant

unfairer empfunden werden als im Treatment 2, obwohl beide Arbeitnehmer den gleichen

Lohn bekommen. Als Resultat verhalten sich die Arbeitnehmer in Treatment 1 signifikant

weniger reziprok als in Treatment 2 und zeigen somit eine niedrigere Arbeitsleistung. Eine

Lohngleichheit führt somit nicht zwingend zu einer Lohngerechtigkeit. Arbeitgeber müssen

demnach die Möglichkeit haben, Arbeitsleistungen individuell zu belohnen bzw. zu bestrafen,

um das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer zu wecken und somit die Motivation zu fördern

(Kube, 2007, S. 48, 53, 55, 73–74).

3 Empirische Untersuchungen zum Einfluss von Fairness auf die

Präferenzen und die Beurteilung von Anreizsystemen Mit Hilfe zweier empirischer Studien soll die empfundene Fairness bei Vergütungs-

und Anreizsystemen untersucht werden und das fairste Vergütungs- und Anreizsystem

identifiziert werden.

3.1 Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen

3.1.1 Zielsetzung und Hypothesen

Ob ein Vergütungs- und Anreizsystem als fair empfunden wird oder nicht, ist nach der

Equity-Theorie abhängig von einem Vergleich mit einem Referenzindividuum. Ebenso ist

entscheidend, ob ein Individuum das Konzept der Fairness oder das Konzept der

Ungleichheitsaversion zur Beurteilung der Vergütungs- und Anreizsysteme heranzieht. Weiter

Arb

eits

einsa

tz

Lohnangebot

19

spielen Lohngleichheit und Lohngerechtigkeit eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der

Fairness.

Mit Hilfe von Studie I soll die Präferenz für verschiedene Vergütungs- und

Anreizsysteme untersucht werden. Darüber hinaus soll Studie I Aufschluss über die

empfundene Fairness bei verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen unter

Berücksichtigung von Leistungsunterschieden geben. Die Hypothesen lauten wie folgt:

H1: Die Teilnehmer ziehen Vergütungs- und Anreizsysteme mit sicheren Auszahlungen

gegenüber Vergütungs- und Anreizsystemen mit unsicheren Auszahlungen vor.

H2: Die wahrgenommene Fairness bei den verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen

ist abhängig vom eigenen Leistungsniveau und vom Leistungsniveau der Arbeitskollegen.

3.1.2 Untersuchungsdesign

Studie I wurde mit der Online-Befragungssoftware Unipark von Globalpark

programmiert und im Juli 2011 durchgeführt. In einer E-Mail wurden alle Studierenden des

Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-

Nürnberg zur Teilnahme an der Umfrage eingeladen. Die Teilnehmer wurden nicht entlohnt.

843 Studierende sind dem Aufruf gefolgt und haben den Link aktiviert. 569 Studierende

haben den Fragebogen vollständig beantwortet (64,1 % Frauen). Bei der ersten Frage

erfolgten mit 122 die meisten Abbrüche. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 13

Minuten, der Median bei 6 Minuten. Lediglich 10,4 % der Befragten hatten noch nicht die

Möglichkeit, erste Berufserfahrung in Ausbildung, Praktika, Ferienjobs etc. zu sammeln.

Zu Beginn der Befragung1 wurden die Teilnehmer gebeten, fünf Stimuli

(Vergütungssysteme) nach ihren Präferenzen zu ordnen. Das Vergütungssystem, das am

meisten präferiert wurde, sollte auf Platz eins gewählt werden. Das Vergütungssystem, das am

wenigsten Zuspruch fand, sollte auf den letzten Platz eingeordnet werden.2 Die fünf Stimuli

ergaben sich aus Kombinationen der Variablen Vergütungssysteme (Fixgehalt, Leistungslohn)

und Anreiz (kein Anreiz, Turnierentlohnung, Bonuszahlung, Rückerstattung). Der

Leistungslohn wurde mit keinen zusätzlichen Anreizen kombiniert. Daher ergaben sich fünf

sinnvolle Stimuli. Die Stimuli sehen wie folgt aus:

Fixgehalt: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Leistungslohn: Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h., Sie werden

exakt nach Ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.

Fixgehalt mit Turnier3: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem

veranstaltet Ihr Arbeitgeber einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei

diesem Verkaufswettbewerb können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung

zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs

erhalten lediglich ihr fixes Gehalt.

1 Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite VIII dieser Arbeit.

2 Die Reihenfolge der Vergütungssysteme wurde bei der Darstellung variiert, damit die Darstellung die

Präferenzen der Teilnehmer nicht beeinflusst. 3 Eine genauere Betrachtung der Turnierentlohnung findet in Teil III Kapitel 2 im Rahmen der Anreizsysteme im

Versicherungsvertrieb statt.

20

Fixgehalt mit Bonuszahlung: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr

Arbeitgeber zahlt den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden

ist, zusätzlich einen Bonus aus.

Fixgehalt mit Rückerstattung: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er

nicht zufrieden ist, eine Teilrückzahlung des Gehaltes.

Im Anschluss an das Ranking wurden die Teilnehmer gebeten, die Vergütungssysteme

anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von „unfair“ bis „fair“ zu bewerten. Dabei wurde bei

den Vergütungssystemen nach drei Stufen der eigenen Leistung differenziert. Einmal sollten

die Teilnehmer sich vorstellen, dass ihre Leistung bei dem jeweiligen Vergütungssystem im

Durchschnitt besser ist als die Leistung ihrer Kollegen. In einem zweiten Fall war die

Leistung im Durchschnitt gleich der Leistung der Kollegen und im dritten Fall leisteten die

Teilnehmer im Durchschnitt weniger als ihre Kollegen. Dieser Leistungsvergleich ist bei der

Beurteilung von Fairness von entscheidender Bedeutung. Fairness wird nach der Equity-

Theorie im Vergleich zu einem Referenzindividuum beurteilt. Abschließend folgten Fragen

zu Persönlichkeitseigenschaften und zur Person.

3.1.3 Ergebnisse

Präferenzen der Befragten

Betrachtet man den mittleren Rang der fünf verschiedenen Vergütungssysteme, so

werden die Präferenzen der Befragten deutlich (siehe Tabelle 2).

Tab. 2: Präferenzen der Vergütungssysteme (mittlerer Rang)

Mittlerer

Rang

Bonuszahlung 1,37

Fixgehalt 2,81

Turnier 2,88

Leistungslohn 3,11

Rückerstattung 4,76

Quelle: eigene Darstellung.

Dabei können der erste und der letzte Platz eindeutig zugeordnet werden. Ein

Fixgehalt mit in Aussicht gestellter Bonuszahlung belegt mit Abstand den ersten Platz (MW =

1,37, p < .01). Das Vergütungssystem mit einem Fixgehalt und angedrohter Rückerstattung

wurde eindeutig auf den letzten Platz gewählt (MW = 4,76, p < .01). Ein Fixgehalt mit

zusätzlicher Bonuszahlung stiftet für die Befragten den größten Nutzen, da sie mit diesem

Vergütungssystem die höchste und sicherste Auszahlung verbinden. Ein Fixgehalt mit

potentieller Rückerstattung stiftete dagegen den geringsten Nutzen, da der angedrohte Verlust

für die Befragten ein zu hohes Risiko bedeutet, welches risikoaverse Individuen nicht bereit

sind einzugehen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die beiden Vergütungssysteme objektiv

betrachtet zur gleichen monetären Auszahlungshöhe führen. Entscheidend für das Empfinden

der Befragten ist hierbei das Framing4 des Vergütungssystems (positiv vs. negativ).

4 Eine genauere Betrachtung von Framing und Framing-Effekten befindet sich in Teil III Kapitel 3 dieser Arbeit.

21

Bei den Plätzen zwei bis vier liegen die Präferenzen der Befragten enger beieinander.

Die Teilnehmer wählten ein rein fixes Gehalt (MW = 2,81) knapp vor einer Turnierentlohnung

(MW = 2,88). Dieser Unterschied ist allerdings nicht signifikant, so dass keine eindeutige

Präferenz der Teilnehmer für den zweiten Rangplatz ermittelt werden kann. Allerdings

bevorzugen die Teilnehmer die Turnierentlohnung signifikant vor einem reinen Leistungslohn

(MW = 3,11, p < .01).

Somit werden Vergütungssysteme mit relativ sicheren Auszahlungen solchen mit

größerer Unsicherheit vorgezogen. Hypothese H1 kann daher nicht verworfen werden.

Unterteilt man die Präferenzen nach dem Geschlecht der Teilnehmer, so ergeben sich

signifikante Geschlechtsunterschiede. Bei den Plätzen eins und fünf liegen keine signifikanten

Unterschiede zwischen den Geschlechtern vor. Bei beiden Geschlechtern stellt eine

Bonuszahlung die erste Präferenz und ein Vergütungssystem mit Rückerstattung die letzte

Präferenz dar. Bei den anderen drei Vergütungssystemen unterscheiden sich die Geschlechter

allerdings in ihren Präferenzen. Frauen präferieren die Turnierentlohnung signifikant mehr als

Männer (MW weiblich = 2,72 vs. MW männlich = 3,17, p < .01). Männer dagegen präferieren eher

einen Leistungslohn (MW weiblich = 3,22 vs. MW männlich = 2,93, p < .01). Ein Fixgehalt mit

einer angedrohten Rückerstattung landet bei beiden Geschlechtern zwar auf dem letzten Platz.

Allerdings schneidet dieses Vergütungssystem bei Männern signifikant besser ab als bei

Frauen (MW weiblich = 4,84 vs. MW männlich = 4,6, p < .01).

Während Frauen das Turnier an zweiter Stelle vor einem reinen Fixgehalt und einem

Leistungslohn gesetzt haben, präferieren Männer als zweites das Fixgehalt gefolgt von einem

Leistungslohn. Die Turnierentlohnung belegt bei Männern nur den vierten Platz. Tabelle 3

verdeutlicht die unterschiedlichen Präferenzen.

Tab. 3: Präferenzen von Frauen und Männern

Präferenzen

Frauen Männer gesamt

Fixgehalt 3 2 2

Turnier 2 4 3

Leistungslohn 4 3 4

Bonuszahlung 1 1 1

Rückerstattung 5 5 5

Quelle: eigene Darstellung.

Dass Frauen die Turnierentlohnung eher präferieren als Männer, steht im Widerspruch

zu den Ergebnissen von Gupta, Poulsen und Villeval (2005). Sie stellten die Probanden vor

die Wahl zwischen einem Turnier und einer Stückentlohnung.5 Lediglich 34 % der Frauen

wählten die Turnierentlohnung, wohingegen 60 % der Männer am Turnier teilnahmen (Gupta,

Poulsen & Villeval, 2005, S. 14). Diese Teilnahmetendenz in Abhängigkeit des Geschlechts

konnte von Niederle und Vesterlund (2007) bestätigt werden. 35 % der Frauen und 75 % der

5 Die Aufgabe bestand darin, Irrgärten zu lösen. Bei dem sicheren Vergütungssystem wurden die Probanden für

jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Beim Turnier werden sie höher entlohnt, wenn sie mehr Irrgärten gelöst

haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer dagegen bekommt nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt.

Dieser liegt unterhalb des Stücklohns bei dem sicheren Vergütungssystem.

22

Männer wählten das Turnier als Vergütungssystem (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1069–

1072). Die Unterschiede in den Präferenzen der Vergütungssysteme können mit der

Ausgestaltung der Turnierentlohnung erklärt werden. Die Entlohnung der Probanden war so

gestaltet, dass sie für das Lösen von Irrgärten bezahlt wurden. Bei der Stückentlohnung

wurden die Probanden für jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Haben sich die Teilnehmer

für die Turnierentlohnung entschieden, so werden sie höher entlohnt als bei der

Stückentlohnung, wenn sie mehr Irrgärten gelöst haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer

dagegen bekam nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt, der unterhalb des Stücklohns

in der Stückentlohnung liegt (Gupta et al., 2005, S. 8–9). In manchen Studien erhielten die

Verlierer sogar gar keine Auszahlung (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1074). Die

Stückentlohnung stellt in diesem Fall ein sichereres Vergütungssystem als die

Turnierentlohnung dar. In Studie I dagegen ist die Turnierentlohnung mit einem sicheren

Fixgehalt verbunden. Nur eine zusätzliche Bonuszahlung wird als Turnier ausgespielt. Daher

stellt die Turnierentlohnung ein sichereres Vergütungssystem dar als die Stückentlohnung.

Frauen werden bei der Turnierentlohnung von dem zusätzlichen Bonus angesprochen. Für

Männer stellt der Bonus keinen zusätzlichen Anreiz dar. Für Frauen dagegen ist die

Unsicherheit bei einem reinen Leistungslohn zu groß. Bei einer Turnierentlohnung riskieren

Frauen bei einer schlechten Leistung nur die zusätzliche Bonuszahlung, da der fixe

Bestandteil der Entlohnung immer gezahlt wird. Bei einem Leistungslohn besteht dagegen bei

einer schlechten Leistung die Gefahr, einen geringen bis gar keinen Lohn zu erhalten.

Fairnessempfinden

Im zweiten Teil der Befragung wurden die Teilnehmer nach ihrem Fairnessempfinden

der fünf verschiedenen Vergütungssysteme gefragt. Als entscheidende Komponente wurde

die eigene Leistung in Relation zur Leistung der Kollegen eingeführt. Es wurde

unterschieden, ob die eigene Leistung besser, gleich oder schlechter als die Leistung der

Arbeitskollegen ist. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht über das Fairnessempfinden. Bei dem

Fairnessempfinden ist zwischen Fairness (gerechte Verteilung) und Ungleichheitsaversion

(gleiche Verteilung) zu unterscheiden. In der Tabelle sind die jeweiligen Mittelwerte

abgebildet. Der Wert 1 steht dabei für ein sehr unfaires Vergütungssystem und der Wert 5 für

ein sehr faires Vergütungssystem.

Tab. 4: Fairnessempfinden

Bessere

Leistung

Gleiche

Leistung

Schlechtere

Leistung gesamt

Fixgehalt 2,50 4,55 2,62 3,22

Turnier 3,45 3,63 3,21 3,43

Leistungslohn 4,18 4,24 3,68 4,03

Bonuszahlung 4,44 4,38 4,02 4,28

Rückerstattung 1,87 1,81 1,53 1,74

Quelle: eigene Darstellung.

Betrachtet man die durchschnittliche Einstufung über die Leistungsunterschiede

hinweg, so wird deutlich, dass lediglich eine Rückerstattung als unfair angesehen wird. Alle

anderen Vergütungssysteme werden als mehr oder weniger fair empfunden. Dabei wird eine

zusätzliche Bonuszahlung am fairsten angesehen, gefolgt von einem reinen Leistungslohn.

23

Eine Turnierentlohnung stellt das drittfairste Vergütungssystem dar. Ein reines Fixgehalt wird

unter Fairnessaspekten lediglich auf Platz vier eingestuft. Zeigen alle Mitarbeiter allerdings

im Durchschnitt die gleiche Leistung, so wird ein reines Fixgehalt am fairsten empfunden (p

< .05 [im Vgl. zu besser] bzw. p < .1 [im Vgl. zu schlechter]). Sind die Arbeitsleistungen

allerdings unterschiedlich, so wird sowohl bei besseren als auch bei schlechteren Leistungen

eine zusätzliche Bonuszahlung als am fairsten eingestuft (p < .05).

Das Geschlecht übt dabei einen hochsignifikanten Einfluss auf das Fairnessempfinden

bei Turnieren und bei einer Rückerstattung aus (p < .01). Frauen beurteilen ein Turnier im

Durchschnitt fairer als Männer (MW weiblich = 3,62 vs. MW männlich = 3,10). Frauen sind

ungleichheitsaverser als Männer. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Frauen

kooperativer und weniger selbstsüchtig sind als Männer und eher eine Gleichverteilung des

Outputs anstreben (Andreoni & Vesterlund, 2001, S. 924–925; Eckel & Grossman, 1998, S.

732; Eckel & Grossman, 2001, S. 181). Eine Turnierentlohnung führt immer zu einer

Ungleichheit in den Auszahlungen, außer bei gleichen Leistungen der Teilnehmer. Kann kein

eindeutiger Sieger ermittelt werden, werden die Preise unter den Teilnehmern mit gleichen

Leistungen aufgeteilt. Dies entspricht einer Gleichverteilung. Frauen sehen in dieser

Ausgestaltung der Turnierentlohnung eine gerechte Form der Entlohnung. Das Fixgehalt stellt

ein Grundgehalt dar, das alle Mitarbeiter erhalten. Darüber hinaus können die Mitarbeiter, die

eine besonders hohe Leistung gezeigt haben, für ihre zusätzliche Anstrengung mit einer

Bonuszahlung belohnt werden. Aus diesem Grund könnten Frauen eher ein anderes, sicheres

Vergütungssystem dem Turnier vorziehen. Eine Rückerstattung wird von beiden

Geschlechtern als unfair angesehen. Jedoch empfinden Frauen eine Rückerstattung wesentlich

unfairer als Männer (MW weiblich = 1,59 vs. MW männlich = 1,99). Bei den Vergütungssystemen

Fixgehalt, Leistungslohn und Bonuszahlung ergeben sich keine signifikanten

Geschlechtsunterschiede.

Im Folgenden sollen die verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme im Einzelnen

betrachtet werden:

Es kann gezeigt werden, dass ein reines Fixgehalt von den Teilnehmern nur als fair

empfunden wird, wenn alle Arbeitskollegen im Durchschnitt die gleiche Arbeitsleistung

zeigen. Bei ungleichen Arbeitsleistungen wird eine fixe Entlohnung ansonsten als eher unfair

angesehen (MW gleich = 4,55 vs. MW besser = 2,50 vs. MW schlechter = 2,62, p < .01). Die

Teilnehmer empfinden es sowohl als ungerecht, wenn sie durch das Fixgehalt schlechter

dastehen (eigene Leistung besser als die der Kollegen), als auch, wenn sie durch das Fixgehalt

besser dastehen (eigene Leistung schlechter als die der Kollegen).

Turniere werden im Allgemeinen als eher fair angesehen. Am fairsten wird die

Turnierentlohnung eingestuft, wenn alle Teilnehmer in etwa die gleiche Leistung zeigen (p <

.01). Gleiche Leistung in der Turnierentlohnung bedeutet, dass die Teilnehmer die Preise, in

diesem Fall die Bonuszahlungen, unter sich aufteilen, da keine eindeutigen Sieger zu

ermitteln sind. Diese Einordnung entspricht dem Prinzip der Ungleichheitsaversion, bei dem

eine Gleichverteilung des Outputs bevorzugt wird. Darüber hinaus bewerten die Teilnehmer

die Turnierentlohnung fairer, wenn sie eine bessere Leistung als die Arbeitskollegen zeigen,

somit eine zusätzliche Bonuszahlung erhalten und es sich um eine positive Ungleichheit

handelt, als wenn sie eine schlechtere Leistung als die Arbeitskollegen zeigen (negative

Ungleichheit) (p < .01).

Ein reiner Leistungslohn, bei dem jeder entsprechend seiner Leistung entlohnt wird,

wird bei allen drei Leistungsvarianten als fair eingestuft. Allerdings empfinden die

24

Teilnehmer einen Leistungslohn als deutlich weniger fair, wenn sie selbst eine schlechtere

Leistung als ihre Arbeitskollegen zeigen und somit weniger verdienen (p < .01). Dieses

Ergebnis ist interessant, da ein Leistungslohn theoretisch einen der fairsten Löhne darstellt, da

er impliziert, dass jeder genau nach geleisteter Arbeit entlohnt wird und niemand über- oder

unterbezahlt wird. Daher sollten sich keine signifikanten Unterschiede über die

Leistungsniveaus hinweg ergeben. Hier zeigt sich aber, dass sich die Individuen egoistisch

verhalten und selbst gut dastehen wollen. Ein niedrigeres Gehalt impliziert den

Arbeitskollegen, dass das Individuum weniger geleistet hat. Diese Schmach empfinden die

Individuen als unfair und sie sind neidisch auf das höhere Gehalt der Arbeitskollegen.

Eine zusätzliche Bonuszahlung wird als sehr fair empfunden, wenn ein Individuum

eine bessere Leistung gezeigt hat als seine Arbeitskollegen (p < .05). Allerdings wird eine

zusätzliche Bonuszahlung ebenfalls als sehr fair empfunden (MW = 4,02), wenn die eigene

Leistung schlechter war als die der Arbeitskollegen. Es scheint so, dass die Teilnehmer kein

schlechtes Gewissen haben, trotz einer schlechten Leistung einen Bonus zu erhalten, obwohl

Arbeitskollegen diesen mehr verdient hätten. Hier zeigt sich ein eher egoistisches Verhalten

der Teilnehmer.

Eine angedrohte Rückerstattung wird über alle Leistungsunterschiede hinweg als sehr

unfair empfunden. Als weniger unfair wird eine Rückerstattung allerdings angesehen, wenn

ein Individuum eine bessere oder gleiche Leistung gezeigt hat als seine Arbeitskollegen und

somit eher die Chance besteht, keine Rückerstattung leisten zu müssen (p < .05). Auch hier

werden wieder das egoistische Verhalten und die Selbstdarstellung der Individuen deutlich.

Die Leistungsunterschiede zwischen den Arbeitnehmern haben einen Einfluss auf die

empfundene Fairness. Somit kann Hypothese H2 nicht verworfen werden.

Der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften auf das Fairnessempfinden

Die Persönlichkeit eines Individuums kann einen Einfluss auf die empfundene

Fairness der verschiedenen Vergütungssysteme ausüben. Um die Persönlichkeits-

eigenschaften der Teilnehmer zu erfassen, wurde die Kurzversion des Big Five Inventory

(BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) herangezogen. Die Teilnehmer mussten am Ende

der Befragung 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantworten.

In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt

werden und die 21 Items zu den Dimensionen6 Extraversion, Verträglichkeit, Gewissen-

haftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.

Tabelle 5 zeigt den Einfluss der Persönlichkeitseigenschaften auf das

Fairnessempfinden bei den verschiedenen Vergütungssystemen auf.

6 Die Dimensionen der Big Five lassen sich wie folgt charakterisieren:

Extraversion: Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität, Begeisterungsfähigkeit

Verträglichkeit: Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen, Altruismus

Gewissenhaftigkeit: Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz, Selbstdisziplin

Neurotizismus: Besorgtheit, Emotionalität, Unsicherheit, Verlegenheit

Offenheit für Erfahrungen: Gefühlsbetonung, Offenheit für neue Ideen, Abwechslungsstreben, Wertschätzung

eines flexiblen Normensystems

25

Tab. 5: Persönlichkeitseigenschaften und Fairnessempfinden

Fixgehalt Turnier

Leistungs-

lohn

Bonus-

zahlung

Rück-

erstattung

Extraversion - * + + + -

Neurotizismus + + ** - ** - -

Verträglichkeit + * + + + -

Gewissen-

haftigkeit - - + + ** -

Offenheit für

Erfahrungen - + - + - **

Quelle: eigene Darstellung.

Es zeigt sich, dass für die empfundene Fairness eines Vergütungs- und Anreizsystems

jeweils mindestens eine Persönlichkeitseigenschaft eine Rolle spielt.

Individuen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion besonders

ausgeprägt ist, empfinden ein fixes Gehalt als weniger fair als Personen, bei denen diese

Eigenschaft nicht ausgeprägt ist (p < .1). Extraversion zeichnet sich beispielsweise durch

Eigenschaften wie Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität und Begeisterungsfähigkeit aus. Ist

dagegen die Dimension Verträglichkeit stark ausgeprägt, lässt sich das Individuum also durch

Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen und Altruismus charakterisieren, so wird ein

Fixgehalt eher als fair empfunden (p < .1). Bei der Turnierentlohnung spielt dagegen

Neurotizismus eine entscheidende Rolle. Neurotische Individuen können als besorgt,

emotional, unsicher und verlegen beschrieben werden. Je neurotischer Individuen sind, desto

fairer empfinden sie die Turnierentlohnung (p < .05). Die Persönlichkeitseigenschaft

Neurotizismus beeinflusst auch die empfundene Fairness bei einem Leistungslohn. Allerdings

wird ein Leistungslohn eher als unfair angesehen, je stärker diese Eigenschaft ausgeprägt ist

(p < .05). Zeichnen sich Individuen dagegen durch Eigenschaften wie ein Streben nach

Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und Selbstdisziplin aus (Gewissenhaftigkeit),

empfinden sie eine zusätzliche Bonuszahlung als fairer (p < .05). Und je offener für

Erfahrungen Individuen sind, wenn sie also Gefühle, neue Ideen, Abwechslung und ein

flexibles Normensystem wertschätzen, als desto unfairer wird eine angedrohte Rückerstattung

empfunden (p < .05).

Vergütungs- und Anreizsysteme im Vergleich: Präferenzen vs. Fairnessempfinden

Im Folgenden wird untersucht, ob sich das Fairnessempfinden der Individuen in ihren

Präferenzen der verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme widerspiegelt. Tabelle 6 zeigt

einen Vergleich der mittleren Rangplätze der Präferenzen und der Rangplätze, die aus den

Fairnessaspekten resultieren würden.

*** α < 0,001 ** α < 0,05 * α < 0,1

26

Tab. 6: Vergleich von Präferenzen und Fairnessempfinden

Präferenz

Fairness-

empfinden

Fixgehalt 2 4

Turnier 3 3

Leistungslohn 4 2

Bonuszahlung 1 1

Rückerstattung 5 5

Quelle: eigene Darstellung

Eine zusätzliche Bonuszahlung ist sowohl bei der Wahl des Vergütungssystems als

auch unter Fairnessaspekten das bevorzugte Vergütungssystem und eine Rückerstattung

belegt unter beiden Gesichtspunkten den letzten Platz. Die Turnierentlohnung wird konstant

auf den dritten Platz eingeordnet. Allerdings tauschen die Vergütungssysteme reines Fixgehalt

und Leistungslohn die Plätze. Das Fixgehalt liegt bei der Wahl des Vergütungssystems auf

dem zweiten Platz und wird somit deutlich vor einem Leistungslohn präferiert, der nur auf

Platz vier eingestuft wird. Unter Fairnessaspekten wird der Leistungslohn aber als wesentlich

fairer empfunden als ein reines Fixgehalt und belegt somit Platz zwei. Das Fixgehalt rutscht

auf Platz vier ab.

Die Unterschiede in den Rangplätzen zwischen den Präferenzen und dem

Fairnessempfinden können dadurch erklärt werden, dass bei der Wahl eines

Vergütungssystems die Unsicherheit der Auszahlung eine entscheidende Rolle spielt und

Fairnessaspekte nicht beachtet werden. Erst wenn ein Individuum mit Leistungsunterschieden

zwischen ihm und seinem Kollegen konfrontiert wird, gewichten Fairnessaspekte die

Rangfolge der Vergütungssysteme anders.

3.2 Studie II: Empfundene Fairness bei Anreizsystemen

3.2.1 Zielsetzung und Hypothesen

Studie I zeigt, dass bei der Wahl von Vergütungs- und Anreizsystemen die

Unsicherheit bei der Auszahlung eine entscheidende Rolle spielt. Fairnessaspekte kommen

erst ins Kalkül der Individuen, wenn sie mit Leistungsunterschieden konfrontiert werden. Um

genauere Informationen und Einschätzungen zu den präferierten Vergütungssystemen unter

Fairnessaspekten geben zu können, wurde eine Conjoint-Analyse durchgeführt, die einen

Aufschluss über einzelne Komponenten von Vergütungs- und Anreizsystemen geben soll.

Die Vergütungssysteme in Studie II wurden auf das Fixgehalt, den Leistungslohn

sowie die Turnierentlohnung fokussiert, da diese Vergütungssysteme in Studie I durch

Unterschiede in der Beurteilung zwischen Präferenzen und Fairnessaspekten aufgefallen sind.

Eine Fokussierung auf diese drei Vergütungssysteme in Studie II erfolgte zudem, um das

Untersuchungsdesign so einfach wie möglich zu halten und um die Teilnehmer kognitiv nicht

zu überfordern (siehe Kapitel II 3.2.2). Die Hypothesen lauten wie folgt:

27

H1: Vergütungs- und Anreizsysteme, bei denen die individuelle Leistung der Mitarbeiter

berücksichtigt wird, stiften einen höheren Nutzen aus Fairness als Vergütungs- und

Anreizsysteme, bei denen die individuelle Leistung keine Rolle spielt.

H2: Das eigene Leistungsniveau im Vergleich zu den Arbeitskollegen beeinflusst den Nutzen

aus Fairness.

H3: Das Vergütungssystem stellt die dominante Variable zur Beurteilung von Fairness dar

und nicht das Leistungsniveau.

3.2.2 Untersuchungsdesign

Studie II war eine Pen-and-Paper-Befragung und wurde im Juni 2012 unter

Studierenden des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-

Universität Erlangen-Nürnberg in einer Vorlesung7 durchgeführt. Die Teilnehmer wurden

nicht entlohnt. 120 Studierende haben an der Umfrage teilgenommen. 113 Studierende haben

den Fragebogen komplett ausgefüllt (53,1 % Frauen). Die durchschnittliche Bearbeitungs-

dauer lag bei 15 Minuten. 17,7 % der Befragten hatten noch nicht die Möglichkeit, erste

Berufserfahrung in Ausbildung, Praktika, Ferienjobs etc. zu sammeln.

Den ersten Teil der Befragung8 stellte eine Conjoint-Analyse dar. Die Conjoint-

Analyse bestand aus den zwei Eigenschaften „Vergütungssystem“ und „eigene Leistung“ mit

jeweils drei Eigenschaftsausprägungen. Die Ausprägungen der Variablen „Vergütungs-

system“ entsprechen den aus Studie I ausgewählten Vergütungssystemen Fixgehalt,

Leistungslohn und Turnierentlohnung. Die Variable „eigene Leistung“ beinhaltet das eigene

Leistungsniveau im Vergleich zum Leistungsniveau der Arbeitskollegen. Der Leistungs-

vergleich aus Studie I wurde in die Conjoint-Analyse übernommen, da er wieder bei der

Beurteilung von Fairness aus Sicht der Equity-Theorie von Bedeutung ist. Die Ausprägungen

waren zum einen, dass die eigene Arbeitsleistung im Durchschnitt besser ist als die der

Arbeitskollegen. In einem anderen Fall war die Arbeitsleistung im Durchschnitt gleich der

Leistung der Kollegen und im dritten Fall war die Arbeitsleistung im Durchschnitt schlechter

als die der Arbeitskollegen. Daraus ergaben sich neun sinnvolle Stimuli für die Conjoint-

Analyse. Da die Anzahl der sinnvollen Stimuli nicht zu hoch ist und eine kognitive

Überforderung der Teilnehmer nicht zu erwarten ist, wurde bei der Durchführung der

Conjoint-Analyse die Profilmethode mit vollständigem Design gewählt. Tabelle 7 stellt die

Variablen mit den jeweiligen Ausprägungen und resultierenden Stimuli dar.

Tab. 7: Stimuli der Conjoint-Analyse

Leistung

besser

Leistung

gleich

Leistung

schlechter

Fixgehalt Stimulus 1 Stimulus 2 Stimulus 3

Leistungslohn Stimulus 4 Stimulus 5 Stimulus 6

Turnier Stimulus 7 Stimulus 8 Stimulus 9

Quelle: eigene Darstellung

7 Es wurde eine Vorlesung aus dem 2. Semester im Bachelorstudiengang ausgewählt, um weitestgehend

auszuschließen, dass die Studierenden bereits bei der Online-Umfrage im Juli 2011 teilgenommen haben. 8 Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite XV dieser Arbeit.

28

Die Teilnehmer wurden gebeten, die neun Stimuli anhand des Kriteriums Fairness zu

beurteilen. Der Stimulus, den die Teilnehmer als am fairsten empfinden, sollte den Rangplatz

1 erhalten. Der zweitfairste Stimulus erhält den Rangplatz 2 und der Stimulus, der als am

wenigsten fair empfunden wurde, sollte den Rangplatz 9 erhalten. Die Teilnehmer durften

jede Ziffer nur einmal vergeben.

Der zweite Teil der Befragung enthielt Fragen zur angewendeten Fairnessnorm und zu

Persönlichkeitseigenschaften sowie Fragen zur Person.

3.2.3 Ergebnisse

Fairness der Vergütungs- und Anreizsysteme

Um das Vergütungs- und Anreizsystem zu identifizieren, das den höchsten Nutzen aus

Fairness stiftet, wurde eine Conjoint-Analyse durchgeführt. Tabelle 8 weist die neun Stimuli

mit den entsprechenden Gesamtnutzenwerten aus. Ein Vergleich der Übereinstimmung der

geschätzten Präferenzen (Rangfolge aufgrund der Gesamtnutzenwerte) mit den

ursprünglichen Präferenzen (Rangfolge von Probanden erstellt) gibt Aufschluss über die Güte

der Conjoint-Analyse. Kendalls-Tau weist einen Wert von 0,722 (p < .05) und Pearson-r

einen Wert von 0,891 (p < .05) auf. Beide Werte sind größer 0,7, was auf eine hohe

Korrelation zwischen geschätzter und ursprünglicher Präferenz hindeutet. Demnach liegt eine

sehr hohe Güte der Conjoint-Analyse vor.

Tab. 8: Bewertung der Stimuli der Conjoint-Analyse

Gesamt-

nutzen

Geschätzte

Präferenz

Ursprüngliche

Präferenz

Leistungslohn

gleiche Leistung 7,089 1 2

Leistungslohn

bessere Leistung 6,782 2 1

Turnier

gleiche Leistung 5,425 3 5

Fixgehalt

gleiche Leistung 5,328 4 3

Turnier

bessere Leistung 5,118 5 4

Fixgehalt

bessere Leistung 5,021 6 7

Leistungslohn

schlechtere Leistung 4,564 7 6

Turnier

schlechtere Leistung 2,9 8 9

Fixgehalt

schlechtere Leistung 2,809 9 8

Quelle: eigene Darstellung

29

Es zeigt sich, dass die Vergütungssysteme Leistungslohn in Kombination mit einer im

Durchschnitt gleichen Leistung im Vergleich zu den Arbeitskollegen den höchsten

Gesamtnutzen aus Fairness stiftet. Den zweithöchsten Nutzen aus Fairness stiftet ebenfalls ein

Leistungslohn, allerdings in Kombination mit einer im Durchschnitt besseren Leistung als die

Arbeitskollegen. Den dritthöchsten Gesamtnutzen stiftet eine Turnierentlohnung, wenn alle

Beteiligten eine gleiche Leistung zeigen. Hieran wird deutlich, dass Ungleichheitsaversion

eine nicht zu verachtende Rolle bei der Beurteilung unter Gesichtspunkten der Fairness spielt.

Gleichheit in Arbeitsleistung und Vergütung ist wichtig für Arbeitnehmer im direkten

Umgang mit ihren Arbeitskollegen. Ein Fixgehalt liegt nach der Gesamtnutzenberechnung

eher im Mittelfeld. Den niedrigsten Gesamtnutzen stiften die drei Vergütungssysteme in

Kombination mit einer im Durchschnitt schlechteren Leistung als die Arbeitskollegen. Diese

Kombinationen werden generell als weniger fair angesehen. Dabei wird der Stimulus, wenn

alle ein Fixgehalt erhalten, aber die eigene Leistung schlechter ist als die der Arbeitskollegen,

am unfairsten angesehen. Besser schneidet der Leistungslohn in Kombination mit der

schlechten Arbeitsleistung ab. Dieser Stimulus stiftet den größten Gesamtnutzen unter den

drei Letztplatzierten.

Die Gesamtnutzenwerte machen deutlich, dass ein Leistungslohn als sehr fair beurteilt

wird. Allerdings nur in den Kombinationen mit einer besseren oder gleichen Leistung wie die

Arbeitskollegen. Im Falle einer schlechteren Leistung wird der Leistungslohn als weniger fair

beurteilt, obwohl bei diesem Vergütungssystem jeder nach seiner gezeigten Arbeitsleistung

entlohnt wird. Der Leistungslohn entspricht dem Leistungsprinzip. Das Leistungsprinzip ist

aber in dem Fall, dass man selbst schlechter dasteht als andere, dem egoistischen Verhalten

nachgeordnet.

Vergütungssysteme, bei denen individuelle Leistungen berücksichtigt werden, werden

fairer wahrgenommen als Vergütungssysteme, bei denen keine Leistungsunterschiede

berücksichtigt werden. Die empfundene Fairness ist zudem abhängig vom eigenen

Leistungsniveau. Ist das eigene Leistungsniveau schlechter als das der Arbeitskollegen, wird

ein Vergütungssystem als weniger fair angesehen. Somit können Hypothese H1 und H2 nicht

verworfen werden.

Die Teilnutzenwerte der Variablen „Vergütungssystem“ und „eigene Leistung“ sind in

Abbildung 11 dargestellt. Berechnet man die relative Wichtigkeit der Variablen, wird

deutlich, dass das Vergütungssystem mit 51,68 % die relativ wichtigste Eigenschaft zur

Beurteilung der Fairness der Stimuli darstellt (eigene Leistung 48,32 %). Beide Variablen

weisen relative Wichtigkeiten auf, die eng beieinanderliegen. Daher sind sowohl das

Vergütungssystem als auch die eigene Leistung im Vergleich zu Arbeitskollegen wichtig für

die Beurteilung, ob ein Stimulus als fair eingestuft wird oder nicht. Letztendlich ist aber das

Vergütungssystem das ausschlaggebende Merkmal für die Einstufung der Fairness. Somit

kann Hypothese H3 nicht verworfen werden.

30

Abb. 11: Teilnutzenwerte der Variablen Vergütungssysteme und eigene Leistung

Quelle: eigene Darstellung

Unterschiedliche Normen der Fairness

Im zweiten Teil der Befragung sollten die Teilnehmer verschiedene Situationen

beurteilen. Dabei wurde die Merit Principle Scale nach Davey et al. (1999) angewendet. Es

wird davon ausgegangen, dass Individuen bei der Beurteilung der Fairness von Situationen

drei verschiedene Normen heranziehen können. Die erste Norm ist Gerechtigkeit (Equity).

Bei dieser Norm legen Individuen das Leistungsprinzip zugrunde, d. h., jeder wird gemäß

seiner erbrachten Leistung bei der Verteilung von Outcome berücksichtigt. Die Norm der

Gerechtigkeit ist meist in ökonomischen Interaktionen die vorherrschende Norm. Die zweite

Norm zur Beurteilung von Fairness ist Gleichheit (Equality). Hierbei wird eine

Gleichverteilung des Outcomes angestrebt. Diese Norm ist bei sozialen Interaktionen

dominant. Die dritte Norm ist Notwendigkeit (Need). Bei dieser Norm wird der Outcome so

verteilt, dass Individuen, die den größten Bedarf haben, einen größeren Anteil bekommen.

Die Norm der Notwendigkeit wird überwiegend angewendet, wenn die Förderung der

Wohlfahrt im Vordergrund steht. Allerdings gibt es auch Individuen, die die angewendete

Norm zur Beurteilung von Fairness nicht nach dem Kontext einer Situation auswählen. Bei

diesen Individuen ist immer eine Norm dominant (Davey et al., 1999, S. 224–225). Aufgrund

dieser Überlegungen haben Davey et al. die Merit Principle Scale entwickelt. Die Teilnehmer

sollen 15 Aussagen auf einer Skala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stimme überhaupt

nicht zu“ beurteilen. Die 15 Items können anschließend zu einem Fairnesswert verdichtet

werden (Davey et al., 1999, S. 227–228).

In der Befragung stehen die zu beurteilenden Situationen in einem ökonomischen

Kontext, so dass Gleichheit die dominante Norm darstellen sollte. Lehnen Individuen die

Aussagen ab, weisen diese also einen hohen Fairnesswert auf, so beurteilen sie die Situationen

nicht nach der Norm Gerechtigkeit.

Im Mittel wird ein Fairnesswert von 2,28 erreicht (Min = 1,53; Max = 3,40). Der Wert

ist kleiner 3, so dass die dominante Norm zur Beurteilung Gerechtigkeit ist. 95 % der

Befragten wenden das Leistungsprinzip an, um die Situationen zu beurteilen. Dies ist nicht

verwunderlich, da es sich bei den Befragten um Studierende der Wirtschaftswissenschaften

handelt und gerade in ökonomischen Interaktionen Gerechtigkeit die dominante Norm ist.

Um die Persönlichkeitseigenschaften der Befragten zu ermitteln, wurde wie in Studie I

die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) abgefragt

und die fünf Dimensionen mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse extrahiert. Es

zeigt sich, dass, je stärker die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit ausgeprägt ist,

die Norm Gerechtigkeit bei der Beurteilung desto dominanter ist (p < .01). Ebenso zieht ein

31

Individuum eher die Norm der Gerechtigkeit bei der Beurteilung heran, wenn die

Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus besonders stark ausgeprägt ist (p < .05).

Fairnessempfinden von Frauen und Männern

Frauen und Männer unterscheiden sich in der Beurteilung der verschiedenen Stimuli.

Tabelle 9 zeigt die Präferenzen von Männern und Frauen im Vergleich sowie die

Gesamtpräferenz. Bei den Plätzen 1–4 herrscht Einigkeit unter den Geschlechtern. Beide

Geschlechter sehen in einem Leistungslohn in Kombination sowohl mit einer besseren

Leistung als auch einer gleichen Leistung im Vergleich zu den Arbeitskollegen eine sehr faire

Entlohnung. Erst bei den Stimuli, die als eher weniger fair eingestuft wurden, unterscheiden

sich die Geschlechter. So beurteilen beispielsweise Frauen ein Fixgehalt in Kombination mit

einer schlechteren Leistung als am wenigsten fair. Männer dagegen sehen die

Turnierentlohnung in Kombination mit einer schlechteren Leistung auf dem letzten Platz.

Tab. 9: Fairnesspräferenzen von Frauen und Männern

Präferenz

Frauen

Präferenz

Männer gesamt

Fixgehalt

bessere Leistung 7 7 7

Fixgehalt

gleiche Leistung 3 3 3

Fixgehalt

schlechtere Leistung 9 8 8

Leistungslohn

bessere Leistung 1 1 1

Leistungslohn

gleiche Leistung 2 2 2

Leistungslohn

schlechtere Leistung 6 5 6

Turnier

bessere Leistung 4 4 4

Turnier

gleiche Leistung 5 6 5

Turnier

schlechtere Leistung 8 9 9

Quelle: eigene Darstellung.

Frauen sind uneigennützig und möchten, wenn sie selbst nicht belohnt werden können,

da ihre Arbeitsleistung beispielsweise zu schlecht war, dass ihre Arbeitskollegen belohnt

werden und eine zusätzliche Bonuszahlung erhalten, wie es bei der Turnierentlohnung der

Fall ist. Bei einem Fixgehalt dagegen erhalten Frauen trotz einer schlechteren Leistung das

gleiche Gehalt wie ihre Arbeitskollegen. Frauen haben dann eher ein schlechtes Gewissen.

Daher empfinden Frauen bei einer schlechteren Leistung eine Turnierentlohnung fairer als ein

Fixgehalt. Männer verhalten sich dagegen egoistisch und gönnen ihren Kollegen nichts. Wenn

32

sie nicht belohnt werden, dann soll auch kein anderer belohnt werden, daher empfinden

Männer eine Turnierentlohnung, bei der sie selbst nicht der Sieger sind, als am wenigsten fair.

Empfundene Fairness der Vergütungs- und Anreizsysteme – Vergleich mit Studie I

Vergleicht man die empfundene Fairness der einzelnen Vergütungs- und

Anreizsysteme in Kombination mit den Leistungsvarianten der Studie I mit Studie II, so

ergeben sich Unterschiede in der Beurteilung (siehe Tabelle 10). Übereinstimmung herrscht

nur bei den Rangplätzen 2, 5 und 8. In beiden Studien wird ein Leistungslohn in Kombination

mit einer gleichen Leistung als zweitfairster Stimulus angesehen. Als fairsten Stimulus sehen

die Befragten in Studie I ein Fixgehalt in Kombination mit einer gleichen Leistung, die

Befragten in Studie II empfinden dagegen einen Leistungslohn in Kombination mit einer

besseren Leistung als besonders fair.

Es ist anzumerken, dass sich die empfundenen Fairnessgrade der Stimuli der Studien I

und II zwar voneinander unterscheiden, dennoch sind die Tendenzen im Fairnessempfinden

ähnlich. So stimmt das Fairnessempfinden der Stimuli, welche als besonders fair (Plätze 1–3),

eher fair (Plätze 4–6) bzw. am wenigsten fair (Plätze 7–9) eingestuft werden, überein.

Tab. 10: Fairnessempfinden Vergleich Studie I und Studie II

Studie I Studie II

Fixgehalt

bessere Leistung 9 7

Fixgehalt

gleiche Leistung 1 3

Fixgehalt

schlechtere Leistung 8 8

Leistungslohn

bessere Leistung 3 1

Leistungslohn

gleiche Leistung 2 2

Leistungslohn

schlechtere Leistung 4 6

Turnier

bessere Leistung 6 4

Turnier

gleiche Leistung 5 5

Turnier

schlechtere Leistung 7 9

Quelle: eigene Darstellung.

Die Unterschiede im Fairnessempfinden können daher rühren, dass zur Beurteilung

der Fairness bei den Studien unterschiedliche Skalen Anwendung fanden. In Studie I sollten

die Befragten die Stimuli anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von „unfair“ bis „fair“

bewerten. Bei Studie II dagegen sollten die Befragten die Stimuli nach Rangplätzen ordnen,

33

so dass die Teilnehmer zu einer Abstufung gezwungen wurden und nicht alle Stimuli als

gleich fair einstufen konnten.

Betrachtet man allerdings nur die Vergütungssysteme, werden also die

Leistungsunterschiede außer Acht gelassen, so wird deutlich, dass das Fairnessempfinden aus

den beiden Studien übereinstimmt (siehe Tabelle 11). Ein Leistungslohn wird am fairsten

wahrgenommen, die Turnierentlohnung als eher fair und ein Fixgehalt wird als am wenigsten

fair wahrgenommen.

Tab. 11: Vergleich Präferenzen und Fairness Studie I und Studie II

Fairness

(Studie I)

Fairness

(Studie II)

Präferenz

(Studie I)

Fixgehalt 3 3 1

Turnier 2 2 2

Leistungslohn 1 1 3

Quelle: eigene Darstellung.

Vergleicht man die Rangplätze, die aus der empfundenen Fairness resultieren, mit den

Rangplätzen nach Präferenzen aus Studie I, wird deutlich, dass die Präferenzen nicht mit dem

Fairnessempfinden übereinstimmen. Ein Fixgehalt ist die erste Präferenz, gefolgt von der

Turnierentlohnung. Ein Leistungslohn wird eher weniger präferiert.

3.3 Fazit

Eine Lohngleichheit führt nicht zwingend zu einer Lohngerechtigkeit, es muss immer

die individuelle Leistung der Arbeitnehmer beachtet werden. Arbeitgeber müssen demnach

die Möglichkeit haben, Arbeitsleistungen individuell zu belohnen bzw. zu bestrafen, um die

empfundene Fairness zu erhöhen, das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer zu wecken und

somit die Motivation zu fördern.

Die Studien zeigen, dass eine zusätzliche Bonuszahlung und ein Leistungslohn als

besonders fair empfunden werden. Bei der empfundenen Fairness spielt aber nicht nur das

Vergütungs- und Anreizsystem eine Rolle, sondern auch die eigene Leistung und der

Leistungsvergleich mit den Kollegen. Das bevorzugte Vergütungs- und Anreizsystem und die

als am fairsten empfundenen Vergütungs- und Anreizsysteme müssen nicht immer

übereinstimmen. Lediglich bei der zusätzlichen Bonuszahlung und der Turnierentlohnung

stimmen die Präferenzen und die empfundene Fairness überein. Die Turnierentlohnung kann

somit ein faires Vergütungs- und Anreizsystem darstellen, das Fixgehalt und Leistungslohn

durch eine leistungsabhängige Bonuszahlung miteinander kombiniert.

III Ausschreibungen und Turnierentlohnung – Anreizsysteme im

Versicherungsvertrieb Ausschreibungen und Turniere spielen im Versicherungsvertrieb bei der Entlohnung

und Motivation von Versicherungsvertretern eine entscheidende Rolle. Ausschreibungen

werden im Versicherungsvertrieb häufig als Bonuszahlungen oder Rückerstattungen mit

individuellen Zielvorgaben verknüpft.

34

Allerdings blieben im Versicherungsvertrieb Fairness und Reziprozität bisher

unbeachtet. Wie die empirischen Studien aus Teil II dieser Arbeit zeigen, sind Fairness und

Reziprozität eine wichtige Komponente im Bereich der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung

sowie der Entlohnung. Die im Versicherungsvertrieb eingesetzten Anreizsysteme schneiden

in Bezug auf Fairness ganz unterschiedlich ab. Eine zusätzliche Bonuszahlung wird als sehr

fair und die Turnierentlohnung als eher fair wahrgenommen, eine Rückerstattung dagegen als

sehr unfair. Da Fairness und Reziprozität bisher bei der Entlohnung von

Versicherungsvertretern keine Beachtung fanden und aufgrund des unterschiedlichen

Fairnessempfindens gegenüber den einzelnen Anreizsystemen muss die Motivationswirkung

(Effizienz) dieser Vergütungs- und Anreizsysteme im Rahmen des Versicherungsvertriebs

näher untersucht werden.

In den folgenden Kapiteln werden zunächst die Grundlagen des Versicherungs-

vertriebs aufgezeigt. Anschließend werden die Ausschreibungen mit individuellen

Zielvorgaben sowie die Turnierentlohnung im Rahmen des Versicherungsvertriebs erläutert.

Mit Hilfe von Experimenten und einer empirischen Studie wird die Effizienz dieser

Anreizsysteme im Kontext des Versicherungsvertriebs untersucht.

1 Grundlagen des Versicherungsvertriebs Farny (2011) beschreibt den Versicherungsvertrieb als „Verwertung der im

Versicherungsunternehmen erstellten Leistungen in Form von Versicherungsschutz am

Absatzmarkt; dies geschieht durch Abgabe der Versicherungsprodukte an Kunden

(Versicherungsnehmer) gegen Zahlung eines Preises (einer Prämie)“ (Farny, 2011, S. 687).

Der Vertrieb der Versicherungsprodukte erfolgt dabei über verschiedene Typen von

Absatzorganen. Hinsichtlich der rechtlichen und faktischen Abhängigkeit vom

Versicherungsunternehmen lassen sich drei Typen von Absatzorganen unterscheiden:

unternehmenseigene, unternehmensgebundene und unternehmensfremde Absatzorgane

(Farny, 2011, S. 744–745; Heimes, 2009, S. 12).

Unternehmenseigene Absatzorgane sind am engsten an das

Versicherungsunternehmen gebunden, denn sie sind rechtlich und faktisch ein Teil des

Versicherungsunternehmens. Sie sind weisungsgebunden und haben wenig Eigen-

verantwortung in der Gestaltung der Arbeitstätigkeit. Zu den unternehmenseigenen

Absatzorganen zählen zentrale Absatzstellen, angestellte Absatzorgane, Absatzstellen in

Filialen und Automaten. Aufgrund der steigenden Absatzzahlen im Direktvertrieb bei

standardisierten Versicherungsprodukten hat die Bedeutung von zentralen Absatzstellen im

Rahmen des Versicherungsvertriebs zugenommen. Angestellte Absatzorgane sind angestellte

Vermittler, die ähnlich dem rechtlich selbstständigen Ausschließlichkeitsvertreter sind (Farny,

2011, S. 747–748; Heimes, 2009, S. 13–14).

Zu den unternehmensgebundenen Absatzorganen zählen hauptberufliche sowie

nebenberufliche Ausschließlichkeitsvertreter. Ausschließlichkeitsvertreter werden auch als

Einfirmen- oder Konzernvertreter, Versicherungsvertreter oder Ausschließlichkeitsagenten

bezeichnet. Der Versicherungsvertreter als unternehmensgebundenes Absatzorgan ist ein rechtlich selbstständiger Vertreter im Sinne des Handelsrechts, aber an ein

Versicherungsunternehmen gebunden, da der Versicherungsvertreter beispielsweise die

Interessen des Versicherungsunternehmens wahren muss (Vertretungsvertrag §§ 84 ff. HGB).

Zudem besteht ein vertragliches Konkurrenzverbot für Versicherungsvertreter, d. h., die

Versicherungsvertreter dürfen nur für ein Versicherungsunternehmen tätig werden. Die

35

Versicherungsvertreter erhalten Abschlussprovisionen für den Abschluss neuer

Versicherungsverträge und Folgeprovisionen für die Pflege des Kundenbestands (Farny,

2011, S. 748–750; Heimes, 2009, S. 12, 14–16; Umhau, 2003, S. 3).

Mehrfachvertreter und Makler zählen zu den unternehmensfremden Absatzorganen.

Unternehmensfremde Absatzorgane sind rechtlich und faktisch selbstständig.

Mehrfachvertreter vermitteln die Versicherungsprodukte mehrerer Versicherungs-

unternehmen. Der Mehrfachvertreter unterscheidet sich vom Versicherungsvertreter dadurch,

dass das Konkurrenzverbot entfällt. Ansonsten hat er die gleichen Rechte und Pflichten. Ein

Makler dagegen ist komplett unabhängig vom Versicherungsunternehmen und vermittelt

Versicherungsprodukte unterschiedlichster Versicherungsunternehmen. Für die Vermittlungs-

leistung erhält der Makler eine Courtage vom Versicherungsunternehmen (Farny, 2011, S.

750–752; Heimes, 2009, S. 12, 17–18; Umhau, 2003, S. 4).

Hauptaugenmerk in dieser Arbeit sind unternehmensgebundene Absatzorgane, die im

Folgenden als Versicherungsvertreter bezeichnet werden. Die Bezeichnung Versicherungs-

vermittler dagegen umfasst in den folgenden Ausführungen alle Absatzorgane im

Versicherungsvertrieb.

Da die Vermittlung von Versicherungsprodukten hauptsächlich über eigenständige

Versicherungsvertreter oder Makler erfolgt, entsteht ein klassisches Prinzipal-Agenten-

Problem (siehe Ausführungen Teil II Kapitel 2.1). Um die Versicherungsvermittler zu

motivieren und zu steuern, muss das Versicherungsunternehmen effiziente Anreize setzen.

Dies erfolgt im Versicherungsvertrieb meist über Ausschreibungen und Turniere.

2 Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb Um die Motivation ihrer Versicherungsvertreter zu steigern, setzen Versicherungs-

unternehmen zum einen Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ein. Unter

Zielvorgaben versteht man Vorgaben, die eine Leistungsforderung darstellen und die

Erfüllung einer quantitativen Leistung erfordern. Diese Leistungsforderung kann zu einer

Steigerung der Motivation und zu einer Erhöhung des Arbeitseinsatzes führen, wenn die

Erreichung der Zielvorgaben mit monetären Preisen verknüpft wird (Wagner, 2006, S. 28).

Dabei kann das Versicherungsunternehmen zwischen zwei Alternativen an monetären Preisen

wählen, einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung.

Bei der Gestaltung von Ausschreibungen müssen allerdings Framing-Effekte und

Reziprozität berücksichtigt werden, denn sowohl Framing-Effekte als auch Reziprozität

können die Motivation und den Arbeitseinsatz der Versicherungsvertreter beeinflussen. Daher

werden zunächst Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb näher erläutert, bevor die

Gestaltung der Ausschreibungen mittels Framing und der Einfluss von Reziprozität auf den

Arbeitseinsatz der Versicherungsvertreter aufgezeigt werden. Die Ausführungen werden dabei

um die Ergebnisse eines Experteninterviews9 mit Führungskräften eines Versicherungs-

unternehmens ergänzt.10

9 Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,

und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der

Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 durchgeführt. 10

Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden.

36

2.1 Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben

Auch das Versicherungsunternehmen der befragten Experten setzt zur Motivation ihrer

Versicherungsvertreter unter anderem Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ein.

Unter Zielvorgaben versteht man Vorgaben, die eine Leistungsforderung darstellen und die

Erfüllung einer quantitativen Leistung erfordern. Diese Leistungsforderung kann zu einer

Steigerung der Motivation und zu einer Erhöhung des Arbeitseinsatzes führen, wenn die

Erreichung der Zielvorgaben mit monetären Preisen verknüpft wird (Wagner, 2006, S. 28).

Diese Vorgaben können individuelle Ziele oder Stufenziele sein. Bei Ausschreibungen mit

Stufenzielen werden die Zielvorgaben in verschiedene Stufen eingeteilt. Jede einzelne Stufe

wird mit unterschiedlichen Preisen ausgelobt. Jeder Versicherungsvertreter, der eine

bestimmte Stufe erreicht, erhält den dazugehörigen Preis. Bei Ausschreibungen gewinnt jeder

Versicherungsvertreter, der die gesetzten Zielvorgaben erreicht hat, den ausgelobten Preis.

Anders als bei der Turnierentlohnung, bei der nur die relativ besten Versicherungsvertreter

einen der Preise erhalten (siehe Kapitel III 3) (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am

12.03.2010).

Mit Hilfe von Ausschreibungen kann das Versicherungsunternehmen seine

Versicherungsvertreter steuern. Wird im Geschäftsplan beispielsweise im Neukundengeschäft

dem Verkauf von Rentenversicherungen eine besondere Bedeutung zugemessen, so kann das

Versicherungsunternehmen Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben im Bereich

Rentenversicherungen ausschreiben (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am

12.03.2010). Um die Zielvorgaben zu erreichen und einen der Preise zu gewinnen, werden die

Versicherungsvertreter ihren Fokus auf Rentenversicherungen legen und in diesem Bereich

einen höheren Arbeitseinsatz zeigen. Neben den Zielvorgaben muss das Versicherungs-

unternehmen auch die Höhe und die Art der Preise auswählen. Bei monetären Preisen ist vor

allem die Gestaltung der Ausschreibung wichtig.

2.2 Gestaltung individueller Zielvorgaben durch Framing

Handelt es sich bei den Preisen der Ausschreibungen um monetäre Zahlungen, so kann

das Versicherungsunternehmen zwischen zwei Alternativen wählen: einer Bonuszahlung und

einer Rückerstattung. Bei einer Bonuszahlung bekommen die Versicherungsvertreter einen

niedrigeren Basislohn als im Falle der Rückerstattung. Werden die Leistungsanforderungen

der Zielvorgaben erfüllt, so erhalten diejenigen Versicherungsvertreter, die die Zielvorgaben

erreicht haben, eine zusätzliche Bonuszahlung. Bei der Rückerstattung dagegen erhalten die

Versicherungsvertreter einen höheren Basislohn. Werden die Zielvorgaben nicht erreicht, so

müssen diejenigen Versicherungsvertreter, die die Zielvorgaben nicht erreicht haben, eine

Teilrückzahlung des Gehaltes leisten. Ökonomisch betrachtet sind beide Alternativen

identisch, da sie zu gleichen monetären Auszahlungen führen (siehe Abbildung 12).

37

Abb. 12: Rückerstattung und Bonuszahlung im Vergleich

Quelle: eigene Darstellung.

Beide Alternativen der Gestaltung von Ausschreibungen sind nach § 657 BGB

rechtlich zulässig. Allerdings kann der Motivationseffekt je nachdem, ob eine Ausschreibung

als Bonuszahlung oder Rückerstattung formuliert wird, unterschiedlich stark ausfallen.

Einflussfaktoren und Stärke des Motivationseffekts werden in den folgenden Kapiteln

aufgezeigt.

2.2.1 Definition und Entstehung von Framing-Effekten

Ein Einflussfaktor, der auf den Motivationseffekt von Ausschreibungen einwirkt, ist

das Framing. Unter Framing versteht man die Beeinflussung einer Entscheidungssituation

durch die unterschiedliche Darstellung von Informationen. Die entsprechenden Inhalte der

Situation bleiben allerdings unverändert. Durch die Darstellung desselben zugrunde liegenden

Aspekts auf unterschiedliche Weise können Individuen dazu veranlasst werden, ihre

Entscheidungen systematisch zu verändern. Die Entscheidung von rational handelnden

Individuen ist allerdings unabhängig vom Framing der Entscheidungssituation. Handelt es

sich um alternative Darstellungen einer Entscheidungssituation, die sich inhaltlich nicht

unterscheiden, so ist es für ein rational handelndes Individuum irrelevant, welche Alternative

es wählt (Cullis, Jones & Lewis, 2006, S. 305; Tversky & Kahneman, 1981, S. 453).

Individuen treffen jede Entscheidung innerhalb eines Decision Frame. Ein Decision

Frame beschreibt die Auffassung des Individuums über Outcomes und Möglichkeiten, die mit

der Entscheidungssituation einhergehen. Dieser Decision Frame wird zum einen durch die

Darstellung der Entscheidungssituation (Framing) beeinflusst und zum anderen durch

Normen, Gewohnheiten und Charaktereigenschaften des Individuums (Steul, 2003, S. 55;

Tversky & Kahneman, 1981, S. 453).

Framing kann nach externem und internem Framing unterschieden werden. Externes

Framing ist die Darstellung der Entscheidungssituation durch externe Faktoren.

Beispielsweise variiert ein Versuchsleiter die Art der Darstellung des Entscheidungsproblems.

Internes Framing dagegen entsteht in den Individuen selbst durch kognitive Prozesse. Die

kognitiven Prozesse werden durch die äußere Darstellung verursacht. Stimmen die externe

Darstellung und die kognitive Präsentation der Entscheidungssituation überein, so sind

externes und internes Framing identisch. Externes Framing wird weiter unterschieden nach

„Framing of Information“ und „Framing of Outcome“. Bei „Framing of Information“ werden

die zur Verfügung gestellten Informationen variiert. Bei „Framing of Outcome“ wird dagegen

variiert, wie Informationen an das Individuum herangetragen werden. Das „Framing of

Outcome“ entspricht der strengeren Definition des Framing, da der gleiche Sachverhalt

38

lediglich unterschiedlich dargestellt wird. Daher bezieht sich diese Arbeit auf das „Framing of

Outcome“ (Fischer, 1997, S. 81–82; Steul, 2003, S. 56–57).

Eine Ursache für die Entstehung von Framing-Effekten kann anhand der Prospect-

Theorie von Kahneman und Tversky (1979) verdeutlicht werden. Abbildung 13 stellt die

Wertfunktion eines Individuums nach der Prospect-Theorie dar. Jedes Individuum besitzt

einen relativen bzw. individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes

werden Abweichungen nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste

eingestuft. Die Nutzenfunktion hat einen S-förmigen Verlauf und ist konkav im Gewinn- und

konvex im Verlustbereich. Im konkaven Verlauf des Gewinnbereichs verhalten sich

Individuen eher risikoscheu. Durch den steilen Verlauf bei kleinen Gewinnen werden diese

kleinen Gewinne subjektiv höher bewertet als der tatsächliche Gewinn. Daher werden sichere

Gewinne eher bevorzugt. Im konvexen Verlustbereich verhalten sich Individuen dagegen eher

risikofreudig. Der extrem steile Verlauf der Wertefunktion im Bereich von kleinen Verlusten

führt zu einer subjektiv hohen Bewertung der Unterschiede zwischen kleinen Verlusten. Bei

einem späteren Abflachen der Kurven spielt eine Erhöhung des zusätzlichen Verlustes keine

Rolle mehr. Daher suchen Individuen im Verlustbereich das Risiko und setzen eher auf eine

Lotterie, um drohende Verluste zu meiden bzw. zu reduzieren (Kahneman & Tversky, 1979,

S. 286–288; Steul, 2003, S. 23–24). Die Verlustaversion zeigt sich in dem im Verlustbereich

steileren Funktionsverlauf als im Gewinnbereich. Betragsmäßig gleiche Abweichungen nach

oben oder unten werden daher unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Eine Erhöhung

des Verlusts wird beispielsweise negativer bewertet als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung

des Gewinns. Verlustaverse Individuen sind daher bestrebt drohende Verluste zu vermeiden

(Kahneman & Tversky, 1979, S. 286–288).

Abb. 13: Wertefunktion der Prospect-Theorie

Quelle: Kahneman & Tversky, 1979, S. 279.

Individuen treffen ihre Entscheidungen, indem sie die Veränderungen im Vergleich

zum Referenzpunkt (Status quo) bewerten, anstatt die Konsequenzen der verschiedenen

Alternativen zu vergleichen. Framing-Effekte entstehen durch eine Verschiebung des

Referenzpunktes. Eine Möglichkeit des Framing ist es, die verschiedenen Alternativen einer

Entscheidungssituation als Gewinne (positiver Frame) oder Verluste (negativer Frame) zu

beschreiben (Altmann, Falk & Marklein, 2009, S. 12; Tversky & Kahneman, 1981, S. 456).

Im Falle der Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben bei Versicherungsvertretern

werden die Anreize als Bonuszahlung (positiver Frame) oder Rückerstattung (negativer

39

Frame) dargestellt. Durch die positive bzw. negative Darstellung der inhaltlich gleichen

Situation (niedrigeres Einkommen, wenn Zielvorgaben nicht erreicht werden, vs. höheres

Einkommen, wenn Zielvorgaben erreicht werden) verschiebt sich der Referenzpunkt der

Versicherungsvertreter (siehe Abbildung 14).

Abb. 14: Verschiebung des Referenzpunktes bei positivem

und negativem Frame

Quelle: eigene Darstellung.

Der Basislohn stellt in beiden Frames den Referenzpunkt dar. Allerdings beinhaltet der

Basislohn im negativen Frame die Anreizzahlung zu Beginn der Periode. Im positiven Frame

liegt der Basislohn niedriger, da eine zusätzliche Zahlung erst am Periodenende mit Erreichen

der Zielvorgaben gezahlt werden kann. Für das Setzen des Referenzpunktes spielt die

Bonuszahlung daher keine Rolle. Werden die Zielvorgaben nicht erreicht, soliegt das Gehalt

im negativen Frame am Monatsende unterhalb des Referenzpunktes. Versicherungsvertreter

beurteilen diese Alternative als Verlust. Im positiven Frame dagegen ist das Gehalt identisch

mit dem Referenzpunkt und wird daher weder positiv noch negativ bewertet. Werden die

Zielvorgaben erreicht, so erhalten die Versicherungsvertreter im positiven Frame eine

Bonuszahlung. Daher ist das Gehalt höher als der Referenzpunkt und die

Versicherungsvertreter beurteilen diese Alternative als Gewinn. Im Falle des negativen Frame

ist das Gehalt identisch mit dem Referenzpunkt.

Durch das Framing und die Verschiebung des Referenzpunktes kann sich der

Motivationseffekt der Ausschreibungen ändern. So kann der Arbeitseinsatz bei einem

negativen Framing der Ausschreibung höher sein als bei einem positiven Framing. Grund

hierfür ist die Verlustaversion. Eine Rückerstattung (Lohneinbehalt) reduziert das Gehalt im

Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und wird als Verlust wahrgenommen.

Verlustaverse Versicherungsvertreter sind bestrebt einen drohenden Verlust zu vermeiden und

zeigen einen höheren Arbeitseinsatz (Kahneman & Tversky 1979, S. 286–288).

Weitere Ursachen von Framing-Effekten liegen in personen- und

situationsspezifischen Einflussfaktoren, die durch die Prospect-Theorie nicht erklärt werden

können. So beeinflusst beispielsweise das Geschlecht das Entscheidungsverhalten der

Individuen. Frauen reagieren stärker auf Framing-Effekte als Männer, da Frauen sich eher

kontextbezogen entscheiden als Männer. Ebenso kann das Involvement eine Rolle bei der

Stärke von Framing-Effekten spielen. Weisen Individuen in einer Entscheidungssituation ein

geringes Involvement auf, ziehen sie eher einfachere Entscheidungsstrategien heran und

überdenken die Alternativen und deren Konsequenzen nicht. Im Falle von niedrigem

40

Involvement können je nach Entscheidungssituation Framing-Effekte verstärkt oder

abgeschwächt werden (Steul, 2003, S. 65–67).

2.2.2 Der Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte

Framing-Effekte können auch durch das Auftreten von Reziprozität beeinflusst

werden. Für reziproke Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, sondern

auch die Absichten der anderen Individuen. So werden Personen mit freundlichem Verhalten

belohnt (positive Reziprozität), Personen mit unfreundlichem Verhalten dagegen bestraft

(negative Reziprozität). Ein reziprokes Individuum beabsichtigt die Auszahlung des anderen

Individuums zu senken, wenn dieses ihn unfreundlich behandelt hat. Reziprozität ist demnach

vom Verhalten eines Referenzindividuums abhängig (Bolton & Ockenfels, 2000, S. 171–173;

Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4, 7; Fehr & Falk, 2002, S. 689).

Reziprozität ist eine starke Komponente des menschlichen Verhaltens, da ein

reziprokes Individuum auch dann bestraft und belohnt, wenn dies zu Kosten führt und keine

materiellen Gewinne mit dem Verhalten verbunden sind. Dieses reziproke Verhalten zeigen

Individuen sogar in Interaktionen mit Fremden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4; Fehr &

Gächter, 2000, S. 1).

Durch das positive und negative Framing von Anreizen kann das Empfinden von

freundlichem und feindseligem Verhalten beeinflusst werden. Der Framing-Effekt ist in

diesem Falle die Folge einer Veränderung im Referenzpunkt (Fehr & Gächter, 2002, S. 2).

Verschiedene Studien haben den Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte

untersucht. In einem Gift-Exchange-Spiel untersuchten Fehr und Gächter (2001) den Einfluss

von Framing und Reziprozität auf den Arbeitseinsatz. Die Teilnehmer am Experiment wurden

in Gruppen nach Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingeteilt und einem von drei Treatments

zugeordnet. Im ersten Treatment wurde keine zusätzliche Anreizzahlung über die

Lohnzahlung hinweg ausgelobt. Im zweiten Treatment konnten die Arbeitgeber zusätzlich die

Höhe einer Bonuszahlung wählen, um einen Arbeitnehmer zu belohnen. Im dritten Treatment

stand den Arbeitgebern eine Strafzahlung zur Verfügung, wenn sie mit dem gezeigten

Arbeitseinsatz ihrer Arbeitnehmer nicht zufrieden waren. Die Bonuszahlung stellt den

positiven Frame dar, die Strafzahlung den negativen Frame. Um eine zu negative Empfindung

im Sinne der Reziprozität zu vermeiden, wurde der negative Frame nicht als Strafzahlung,

sondern als Lohneinbehalt formuliert. Ökonomisch betrachtet sind positiver und negativer

Frame identisch in den Auszahlungen (Fehr & Falk, 2002, S. 693–694; Fehr & Gächter, 2001,

S. 4–8).

In der ersten Stufe des Experiments wählten die Arbeitgeber die Lohnhöhe und die

Höhe der Anreizzahlung aus. Daraufhin mussten die Arbeitnehmer in der zweiten Stufe des

Experiments ihren Arbeitseinsatz wählen. Fehr und Gächter (2001) zeigen, dass der

Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher ist als im Treatment mit negativem

Frame. Am höchsten ist der Arbeitseinsatz allerdings, wenn ganz auf ein zusätzliches

Anreizsystem verzichtet wird und die Arbeitgeber lediglich die Höhe des Lohnes wählen

(siehe Abbildung 15), denn bei einer Bonuszahlung besteht die Gefahr, die ausgelobte

Bonuszahlung doch nicht zu erhalten (Fehr & Falk, 2002, S. 694–696; Fehr & Gächter, 2001,

S. 15–16).

41

Abb. 15: Arbeitseinsatz in den verschiedenen Treatments

Quelle: Fehr & Falk, 2002, S. 694.

Der Arbeitseinsatz im negativen Frame ist niedriger, da sich die Arbeitnehmer

reziprok verhalten. Im Falle des negativen Frame ist die gesamte Vergütung der natürliche

Referenzpunkt. Der angedrohte Lohneinbehalt fokussiert die Aufmerksamkeit der

Arbeitnehmer darauf, dass etwas weggenommen werden kann. Diese Wegnahme nehmen

reziproke Arbeitnehmer als unfreundliche und feindselige Handlung wahr und reduzieren

ihren Arbeitseinsatz, um den Arbeitgeber zu bestrafen. Im positiven Frame dagegen stellt der

Basislohn den natürlichen Referenzpunkt dar. Durch die ausgelobte Bonuszahlung wird die

Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer darauf gelenkt, dass sie eine zusätzliche Zahlung erhalten,

wenn der gewünschte Arbeitseinsatz gezeigt wird. Dies wird als freundliche Handlung seitens

des Arbeitgebers wahrgenommen und reziproke Arbeitnehmer zeigen daraufhin einen

höheren Arbeitseinsatz. Etwas weggenommen zu bekommen wird als weniger freundlich

wahrgenommen als etwas zu bekommen, selbst wenn die Vergütungen ökonomisch identisch

sind (Fehr & Falk, 2002, S. 695–696). Bohnet et al. (2001), Evans et al. (2001) und Schulze

und Frank (2003) untersuchten ebenfalls den Zusammenhang zwischen Framing und

Reziprozität und konnten die Ergebnisse von Fehr und Gächter (2001) bestätigen. Allerdings

untersuchten Bohnet et al. (2001) den Zusammenhang nicht in einem ökonomischen, sondern

in einem neutralen Kontext. Wörter wie beispielsweise Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Gehalt

wurden im Experiment nicht erwähnt.

Fehr und List (2002) gingen in ihrem Experiment noch einen Schritt weiter und

untersuchten, wie sich der explizite Verzicht der Anwendung eines negativen Anreizes

(Lohneinbehalt) auf die Motivation der Arbeitnehmer auswirkt. Es zeigt sich, dass sich der

Verzicht auf einen negativen Anreiz positiv auf die Motivation der Arbeitnehmer auswirkt.

Der Arbeitseinsatz ist höher, wenn auf einen Lohneinbehalt explizit verzichtet wird, als bei

der Nutzung eines Lohneinbehalts als Anreiz. Bei einem expliziten Verzicht ist der

Arbeitseinsatz sogar höher als beim Basistreatment, in dem kein Anreiz für die Arbeitgeber

zur Wahl stand. Auch in diesem Experiment reagierten die Arbeitnehmer reziprok. Die

empfundene feindselige Handlung des Arbeitgebers kann auf verschiedene Weise entstehen.

Zum einen wird die Bestrafung von Arbeitnehmern an sich als feindselig empfunden. Zum

anderen wird die Androhung einer Strafe als Indikator für Misstrauen seitens des Arbeitgebers

gegenüber seinen Arbeitnehmern gesehen. Misstrauen wird als eine feindselige Handlung

empfunden. Daher reduzieren reziproke Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz. Verzichtet der

Arbeitgeber explizit auf die Strafe, spiegelt dies Vertrauen und eine freundliche Haltung

42

wider, weshalb Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz erhöhen (Fehr & Falk, 2002, S. 696–697;

Fehr & List, 2002, S. 12).

Reziproke Individuen reagieren demnach anders auf das positive und negative

Framing von Anreizen und Ausschreibungen als durch die Prospect-Theorie vorhergesagt. Ob

Reziprozität oder Verlustaversion der Prospect-Theorie die dominante Norm im Kontext von

Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen bzw. im Kontext von Versicherungsunternehmen

und Versicherungsvertretern ist, müssen empirische Studien untersuchen.

3 Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb Turniere, in der Praxis überwiegend als Verkaufswettbewerbe bezeichnet, sind ähnlich

wie Sportwettkämpfe aufgebaut. Eine bestimmte Gruppe von Teilnehmern tritt in einen

Wettstreit um die vorderen Plätze, um Pokale und Preise (Passardi-Allmendinger, 2005, S. 40;

Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 561). Unternehmen versprechen sich von dieser Art der

Entlohnung neben einer Umsatzsteigerung eine höhere Motivation ihrer Mitarbeiter und somit

einen höheren Arbeitseinsatz. Diese Motivationsanreize in Form von Turnieren werden in

verschiedenen Branchen eingesetzt. Etwa 90 % der Unternehmen mit einem

Außendienstvertrieb bedienen sich dieser Art der Entlohnung. So werden beispielsweise die

besten Verkäufer der Autovermietung Avis geehrt und der Softwarehersteller IBM macht sich

auf die Suche nach dem „Iron Business Man“ (Lim, Ahearne & Ham, 2009, S. 356; Riedl,

2006, S. 4; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 561). Aber auch bei Unternehmen wie American

Express, Toshiba, Opel oder Bahlsen kämpfen die Mitarbeiter um unterschiedlichste Preise.

In der Praxis werden Reisen in Form eines verlängerten Wochenendes von 75 % der

Unternehmen als Gewinne eingesetzt.11

Dieser Anreiz ist besonders attraktiv aus Sicht der

Unternehmen, da vermutet wird, dass die positiven Reiseerlebnisse den Siegern länger in

Erinnerung bleiben als andere Sachpreise oder Geldprämien (Karla & Shi, 2001, S. 171; Lettl-

Schröder, 2000, S. 52). Damit bei einem Verkaufswettbewerb bzw. einer Turnierentlohnung

nicht nur die besten Verkäufer motiviert werden, eine noch bessere Leistung zu zeigen,

sondern der Ehrgeiz eines jeden Mitarbeiters geweckt wird, stellt sich die Frage, wie ein

Turnier generell ausgestaltet sein sollte, um möglichst effizient zu sein.

Das Kapitel 3 behandelt daher zunächst die Vor- und Nachteile, die sich durch den

Einsatz der Turnierentlohnung ergeben können. Anschließend wird der Frage nachgegangen,

wie ein Turnier effizient gestaltet werden kann. Zudem werden Selektionseffekte, die bei

dieser Art der Entlohnung auftreten können, aufgezeigt. Anschließend wird die Rolle von

Auszeichnungen und Prestige bei der Turnierentlohnung aufgezeigt.

Die Umsetzung, die Probleme und die Besonderheiten der Turnierentlohnung in der

Praxis werden anhand von Turnieren für Versicherungsvertreter erläutert. Die Ausführungen

werden dabei um die Ergebnisse eines Experteninterviews12

mit Führungskräften eines

Versicherungsunternehmens ergänzt.13

11

Sachpreise werden von 60 % und Geldprämien von 50 % der befragten Unternehmen eingesetzt (Lettl-

Schröder, 2000, S. 53). 12

Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,

und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der

Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 durchgeführt. 13

Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden.

43

Die Ausführungen des dritten Kapitels beziehen sich dabei auf das Arbeitspapier von

Denzler und Steul-Fischer (2010).

3.1 Turnierentlohnung aus Sicht des Versicherungsunternehmens

Die Turnierentlohnung ist eine Form der relativen Entlohnung. Die Mitarbeiter mit

den besten Leistungen, z. B. den meisten Abschlüssen eines Versicherungsvertrages, werden

belohnt. Sie werden befördert, erhalten einen Bonus, einen Preis oder einfach nur Prestige14

.

Die restlichen Mitarbeiter dagegen gehen leer aus. Entscheidend für die Preisverteilung ist

daher die relative Leistung der Mitarbeiter. Diese Leistungsvergleiche werden eingesetzt, um

die Motivation der Teilnehmer zu steigern. Die Turnierentlohnung wird demnach durch zwei

zentrale Merkmale charakterisiert: Erstens hängt die Auszahlung von der Leistung der

anderen Teilnehmer ab und zweitens zeichnet sich die Auszahlung durch Unsicherheit aus

(Gneezy, Niederle & Rustichini, 2003, S. 1054; Harbring & Irlenbusch, 2007, S. 202; Lazear

& Rosen, 1981, S. 841–842; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41, Wedel & Steul-Fischer,

2012, S. 562).

Das Versicherungsunternehmen der befragten Experten setzt zur Motivation ihrer

Versicherungsvertreter ebenfalls Turniere ein, beispielsweise den „Top 100 Wettbewerb“.

Dabei wird nicht zwischen fest angestellten Mitarbeitern oder freiberuflich tätigen

Vermittlern unterschieden15

. Um das Turnier zu gewinnen, ist die relative Leistung der

Teilnehmer entscheidend. Die einhundert Versicherungsvertreter, die im Laufe des

Wettbewerbs am besten abgeschnitten haben, gewinnen das Turnier. Um die einhundert

Besten zu ermitteln, werden die Versicherungsvertreter auf einer sogenannten Bestenliste

geführt. Das Ranking erfolgt nach der Gewichtung verschiedenster Faktoren wie

Qualitätssicherung, Bestandssicherung, Stornoquoten und Umsatz. Mit welchem Gewicht die

jeweiligen Faktoren in die Bewertung eingehen, bestimmt der Geschäftsplan. Wird im

Geschäftsplan beispielsweise im Neukundengeschäft dem Verkauf von Rentenversicherungen

eine besondere Bedeutung zugemessen, fließen Neuabschlüsse in diesem Bereich mit einem

stärkeren Gewicht als beispielsweise Neuabschlüsse im Bereich Kfz-Versicherungen ein (P.

Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

3.1.1 Vorteile für das Versicherungsunternehmen

Der größte Vorteil der Turnierentlohnung liegt in ihrer Motivations- und

Anreizwirkung. Durch die Ausschreibung interessanter Preise sollen die Mitarbeiter zur

Teilnahme angehalten und zu größeren Arbeitsleistungen motiviert werden. Das

Versicherungsunternehmen der befragten Experten unterscheidet bei ihren

Versicherungsvertretern grundsätzlich zwei Motivationstypen: Den „Kapital-Typ“ und den

„Prestige-Typ“. Für den „Kapital-Typ“ ist Geld der beste Motivationsanreiz. Dies ist durch

das Entlohnungssystem des Außendienstes mit seinem hohen variablen Anteil an Provisionen

und Prämien bedingt. Allerdings gibt es auch eine große Anzahl an Versicherungsvertretern,

für deren Motivation Prestige eine immer wichtigere Rolle spielt. Dieser „Prestige-Typ“ legt

großen Wert auf Lob und Anerkennung, die sie beispielsweise durch Siegerehrungen und

Auszeichnungen erhalten (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010; Wedel

& Steul-Fischer, 2012, S. 562).

Für das Versicherungsunternehmen ergeben sich neben der Motivations- und

Leistungssteigerung noch weitere Vorteile. Da für die Bewertung der Teilnehmer nur die

14

z. B. durch Auszeichnungen und Ehrungen wie „Mitarbeiter des Monats“. 15

Ein gewisser Anteil der Gewinner wird aus fest angestellten und freiberuflichen Mitarbeitern ermittelt.

44

relative Leistung entscheidend ist, reduzieren sich die Beurteilungskosten. Es kann auf

kostspielige Monitoring-Systeme verzichtet werden. Was allerdings nicht bedeutet, dass

Controlling-Systeme außer Acht gelassen werden können. Erst durch Erfolgskontrollen kann

der Verkaufswettbewerb zielführend gesteuert, bei Problemen eingegriffen und mit früheren

Maßnahmen verglichen werden (o. V., 1990, S. 471; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42;

Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563; Zunke, 2008, S. 39). Auch das befragte

Versicherungsunternehmen setzt verschiedene Controllingsysteme ein. So kann

beispielsweise ein Wettbewerb verlängert werden, wenn noch nicht die gewünschten

Umsatzsteigerungen eingetreten sind (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am

12.03.2010).

Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die relative Beurteilung externe Einflussfaktoren,

wie beispielsweise die konjunkturelle Lage, ausgeglichen werden können. Diese Einflüsse

betreffen alle Turnierteilnehmer gleichermaßen, so dass Bewertungsmaßstäbe nicht an die

externen Einflussfaktoren angepasst werden müssen. Ändern sich beispielsweise gesetzliche

Bestimmungen für bestimmte Versicherungen, betrifft dies alle Versicherungsvertreter

(Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel &

Steul-Fischer, 2012, S. 563).

Aus diesen Gründen kann auch die im Prinzipal-Agent-Fall bestehende Gefahr von

opportunistischem Verhalten wie Hidden Action und Hidden Information reduziert werden

(Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel &

Steul-Fischer, 2012, S. 563). Hidden Action und Hidden Information entstehen, wenn der

Prinzipal (das Versicherungsunternehmen) das Verhalten des Agenten (Versicherungs-

vertreter) nicht beobachten (Hidden Action) oder aufgrund von fehlenden Informationen nicht

beurteilen kann (Hidden Information) (Meffert & Bruhn, 2006, S. 96; Wedel & Steul-Fischer,

2012, S. 563). Das Versicherungsunternehmen kann daher oft nicht erkennen, ob die Leistung

eines Versicherungsvertreters aus eigenen Leistungen oder beispielsweise externen

Einflussfaktoren resultiert. Bei einer Turnierentlohnung werden diese Probleme erheblich

reduziert (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563).

3.1.2 Nachteile für das Versicherungsunternehmen

Die Turnierentlohnung fördert den Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern.

Hierdurch können Neid und Missgunst entstehen, welche negative Folgen für das

Arbeitsklima nach sich ziehen (Galal, 2009, S. 50; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563). Die

Turnierentlohnung führt jedoch nicht zwangsläufig zu Neid und Missgunst, wie die befragten

Experten bestätigen. Der Umgang unter den Mitstreitern bleibt in der Praxis häufig kollegial

(P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

Die weiteren Nachteile, die sich durch die Turnierentlohnung ergeben können, liegen

im Verhalten der Turnierteilnehmer selbst. Ist den Mitarbeitern bekannt, wann ein neues

Turnier startet, kann es zu Manipulationen bei Verkaufsabschlüssen kommen (Harbring &

Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel & Steul-Fischer,

2012, S. 563). Die Teilnehmer können beispielsweise Abschlüsse hinauszögern, so dass diese

in den Bewertungszeitraum des Wettbewerbs fallen, oder Kunden in der Schlussphase des

Turniers zu einem Abschluss drängen. Ebenso könnten die Versicherungsvertreter

beispielsweise Stornierungen zurückhalten, bis der Wettbewerb zu Ende ist, so dass dies

keinen Einfluss auf die Platzierung ausübt. Die befragten Experten sind der Ansicht, dass

Manipulationen zwar theoretisch möglich, praktisch allerdings fast ausgeschlossen seien (P.

45

Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010; Wedel & Steul-Fischer, 2012,

S. 563). Allerdings ist es durchaus denkbar, dass es zu unethischen Verkaufspraktiken und

damit einhergehenden Imageschäden kommt (Krafft, 2008, S. 40).

Wie bereits erwähnt, gewinnt der Teilnehmer mit der relativ besten Leistung den

Wettbewerb. Sein Ziel, das Turnier zu gewinnen, kann der Versicherungsvertreter allerdings

auf zwei verschiedene, sich nicht gegenseitig ausschließende Arten erreichen. Zum einen

kann er eine bessere Leistung als seine Konkurrenten zeigen, zum anderen kann er die

anderen Teilnehmer sabotieren. Sabotage wäre in der Form denkbar, dass Konkurrenten

Informationen vorenthalten werden. Solche Sabotageaktivitäten können die Leistung der

Konkurrenten schmälern. Hält beispielsweise der Saboteur seinem Konkurrenten

Kundeninformationen vor, die für den Abschluss einer Versicherung relevant sind, so kann

der Sabotierte einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil erleiden, wenn es durch diese

Informationsasymmetrien nicht zum Versicherungsabschluss kommt. Somit kann der

Saboteur durch eine geringere Leistung einen höheren Rangplatz erreichen. Durch die

Sabotage und den niedrigeren Arbeitseinsatz des Saboteurs reduziert sich der Gesamtoutput

des Unternehmens. Das Versicherungsunternehmen sollte daher bestrebt sein, diese Art von

Aktivitäten zu unterbinden (Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger,

2005, S. 42; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563). Auch hier sind die befragten Experten der

Ansicht, dass durch den Verkaufswettbewerb normalerweise keine Sabotageaktivitäten

entstehen (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

Sabotieren sich die Teilnehmer nicht, sondern möchten sich gegenseitig übertrumpfen,

kann dies zu einem ruinösen Wettkampf, einem sogenannten Rat Race, führen (Passardi-

Allmendinger, 2005, S. 51; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Es ist durchaus denkbar,

dass Versicherungsvertreter mit ihren Kollegen in einen direkten Wettstreit treten. Die

Konkurrenten vergleichen ihre Rangplätze im Gesamtranking und stacheln sich gegenseitig

an. Da keiner der Wettstreiter sich eine Blöße geben möchte, befinden sich die Konkurrenten

in einer Tretmühle, in der nur immer wieder bessere Leistungen zählen (Wedel & Steul-

Fischer, 2012, S. 564).

Ein weiterer möglicher Nachteil der Turnierentlohnung ist die sogenannte Kollusion.

Hierbei stimmen die Turnierteilnehmer ihr Verhalten aufeinander ab. Die Arbeitnehmer

vereinbaren beispielsweise eine niedrige Arbeitsleistung und teilen die gewonnenen Preise

untereinander auf (Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 42;

Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Die Möglichkeit der Kollusion könnte durch eine hohe

Anzahl an Turnierteilnehmern abgeschwächt werden, da verbindliche Absprachen und

Abstimmungen im Verhalten unter den Teilnehmern nur sehr schwer bis unmöglich

durchsetzbar wären. Bei dem befragten Versicherungsunternehmen sind aufgrund der

Vielzahl16

an Versicherungsvertretern daher kollusive Absprachen so gut wie ausgeschlossen

(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).

3.2 Effizienz von Turnieren im Versicherungsvertrieb

Unternehmen setzen Turniere ein, um die Arbeitsmotivation sowie die Arbeitsleistung

der Mitarbeiter zu steigern. Betrachtet man solche Verkaufsturniere aus Sicht des in der

Wissenschaft lange vorherrschenden Bildes des Homo oeconomicus, so lässt sich feststellen,

16

Für das befragte Versicherungsunternehmen sind über 30.000 Agenturen, Mehrfachvermittler und Makler

tätig. Davon sind etwa 2.000 fest angestellte Versicherungsvertreter.

46

dass Turniere effiziente Motivationsanreize darstellen (Passardi-Allmendinger, 2005, S. 51;

Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Nach dem Modell von Lazear & Rosen (1981) lässt

sich, bei der Annahme von rational handelnden Akteuren, die First-Best-Lösung

verwirklichen (Lazear & Rosen, 1981, S. 864; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).

Allerdings bleiben in diesem Modell Emotionen und soziale Präferenzen, wie Fairness und

Reziprozität, unberücksichtigt, wodurch die Effizienz von Turnieren in Frage gestellt werden

muss, da Turniere noch nicht im Hinblick auf diese Aspekte untersucht wurden. Unter der

Effizienz eines Turnieres versteht man die Motivationswirkung, die ein Turnier ausübt. Ein

effizientes Turnier motiviert die Versicherungsvertreter, einen hohen Arbeitseinsatz zu

zeigen. Effizienz wird daher oft mit Arbeitseinsatz gleichgesetzt. Die Effizienz eines Turniers

kann dabei von Gestaltungsparametern des Turnieranbieters sowie von personenbezogenen

und externen Faktoren beeinflusst werden (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).

3.2.1 Gestaltungsparameter des Versicherungsunternehmens

Die Gestaltung eines Turniers liegt in der Hand des Turnieranbieters, in diesem Fall in

der Hand des Versicherungsunternehmens. Demnach kann das Versicherungsunternehmen die

Effizienz und somit die Anreizwirkung direkt beeinflussen. Der Turnieranbieter legt vor allem

die Art, Anzahl und Spannweite der Preise sowie die Größe und Dauer des Turniers fest

(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).

Bei der Anzahl an Preisen kann der Turnieranbieter zwischen einem sogenannten

„Winner take all“-Turnier, bei dem nur der beste Teilnehmer gewinnt, oder einem Turnier mit

mehreren Gewinnerpreisen wählen. Es konnte gezeigt werden, dass durch die Einführung

mehrerer Gewinnerpreise der Arbeitseinsatz der Turnierteilnehmer und somit die Effizienz

gesteigert werden können (Bull, Schotter & Weigelt, 1987, S. 22; Harbring & Irlenbusch,

2003a, S. 453; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).

Bei dem befragten

Versicherungsunternehmen werden immer mehrere Preise ausgelobt. Diese Preise können in

ihrer Höhe identisch sein, so dass beispielsweise die einhundert Besten den gleichen Preis

bekommen. Es ist aber auch eine Abstufung der Preishöhe, beispielsweise nach erstem,

zweitem und drittem Platz, möglich (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am

12.03.2010).

Ebenso führt eine Steigerung der Turnierpreisdifferenz zu einer höheren

Arbeitsleistung. Unter Turnierpreisdifferenz versteht man die Spanne zwischen dem Preis,

den der Gewinner bekommt, und dem Preis, den der Verlierer bekommt. In der Literatur

werden diese Preise als Gewinner- bzw. Verliererpreis bezeichnet (Bull et al., 1987, S. 22;

Harbring & Irlenbusch, 2003a, S. 453; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564-565). Diese

Unterscheidung ist wichtig, da in empirischen Studien die Verlierer des Turniers häufig einen

geringeren Betrag erhalten als die Gewinner, allerdings nie einen Betrag von null. Bei dem

befragten Versicherungsunternehmen erhalten nur die Turniergewinner einen Preis. Dies ist

durchaus nachvollziehbar, da die Preise als Anreiz zur Motivations- und Leistungssteigerung

einen Bonus zum erarbeiteten Gehalt darstellen. Die Versicherungsvertreter, die den

Wettbewerb nicht gewonnen haben, erhalten wie gewohnt ihre erwirtschafteten Provisionen.

Bei der Höhe der Preise ist das befragte Versicherungsunternehmen nach eigener Aussage

bestrebt einen sehr hohen Betrag17

auszuloben, um die Aufmerksamkeit und Motivation der

Versicherungsvertreter auf den Wettbewerb zu lenken (P. Pelka & J. Riese, persönliche

Mitteilung, am 12.03.2010).

17

Über die genaue Höhe der Preise wurde von den Experten aus Vertraulichkeitsgründen keine Angabe gemacht.

47

Bei Verkaufswettbewerben im Versicherungsvertrieb spielt neben der Anzahl an

Preisen und der Turnierpreisdifferenz noch die Art der Preise eine Rolle. Um den

verschiedenen Motivationstypen unter den Versicherungsvertretern gerecht zu werden, setzt

das befragte Versicherungsunternehmen unterschiedliche Preise ein. Bei Wettbewerben von

geringer Dauer und Größe können dies Sach- und/oder Geldpreise sein. Beim „Top 100“-

Wettbewerb gewinnen die Sieger z.B. eine Reise in eine europäische Stadt. Bei dieser Reise

wird laut den befragten Experten sehr viel Wert auf Exklusivität gelegt. Zusätzlich werden die

einhundert Besten zu einem Galadinner mit dem Unternehmensvorstand eingeladen. Bei der

dortigen Siegerehrung bekommen die Gewinner eine Urkunde überreicht und es folgt ein

Bericht in der Mitarbeiterzeitung. So können nach Aussage der befragten Experten

Exklusivität und Prestige mit einem Gewinn des „Top 100“-Wettbewerbs in Verbindung

gebracht werden (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Allerdings

wurde in den bisherigen Studien zur Turnierentlohnung Prestige als Preis bzw. die Art der

Preise nicht untersucht. Die ausgelobten Preise waren rein monetärer Natur. Die

Auswirkungen von Prestige auf die Arbeitsmotivation wird in Kapitel III 2.4 näher erläutert.

Neben der Anzahl und der Spannweite von Preisen muss der Turnieranbieter noch die

Turniergröße, d. h. die Anzahl der Teilnehmer, festlegen. Ist es mehreren Personen möglich,

an einem Turnier teilzunehmen, ist das Turnier effizienter als bei einer geringen Anzahl an

Konkurrenten. Vorsicht ist bei einem Wettbewerb mit nur zwei Teilnehmern geboten. Hier

erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für kollusive Absprachen (Harbring & Irlenbusch, 2003a,

S. 460–461; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564-565). Die Turniergröße ist bei dem

befragten Versicherungsunternehmen nicht fest vorgegeben. Alle Versicherungsvertreter

nehmen automatisch am Turnier teil (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am

12.03.2010).

Auch die Dauer des Turniers muss beachtet werden. Bei einem zu langandauernden

Wettbewerb können die Teilnehmer leicht das Ziel aus den Augen und somit die Motivation

verlieren. Zur Motivationssteigerung sollten daher Etappenziele vorgegeben werden (Galal,

2009, S. 51; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565). Die Einblendung von Zwischenständen

kann dabei zu Motivationssteigerungen führen. Blanes-I-Vidal und Nossol (2009) zeigen,

dass durch die Einblendung von aktuellen Platzierungen während eines Turniers die

Arbeitseinsätze höher sind als bei einem Verzicht auf die Einblendungen. Barankay (2011)

kommt in seiner Studie dagegen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Ergebnisse zeigen,

dass eine Einblendung von Rangplätzen demotivierend wirkt. Allerdings ist dieser Effekt

geschlechtsabhängig. Eine Einblendung der Rangplätze führt nicht dazu, dass Frauen ihren

Arbeitseinsatz reduzieren. Frauen zeigen auch nach der Bekanntgabe der Platzierungen einen

gleich hohen Arbeitseinsatz. Männer dagegen reduzieren ihren Arbeitseinsatz, nachdem sie

ihre Platzierung erfahren haben. Dies ist damit zu erklären, dass Männer mehr Wert auf eine

gute Platzierung legen und ihre Platzierungen häufig selbst überschätzen (Barankay, 2011, S.

24–26; Blanes-I-Vidal & Nossol, 2009, S. 9–10; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565).

Der „Top 100“-Wettbewerb des befragten Versicherungsunternehmens dauert ein

Geschäftsjahr und findet jährlich statt. Um die Begeisterung und Motivation der

Versicherungsvertreter konstant hoch zu halten, werden immer wieder die aktuellen

Platzierungen an die Versicherungsvertreter weitergegeben oder Zwischenstände im Intranet

veröffentlicht. Zudem wird der Wettbewerb durch ein bis mehrere Monate andauernde

Spartenincentives unterstützt. Spartenincentives sind entweder Wettbewerbe mit relativer

Leistungsbewertung, die für spezielle Sparten wie Kfz- oder Krankenversicherungen

durchgeführt werden, oder Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben für ebendiese

Sparten (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

48

3.2.2 Personenbezogene und externe Einflüsse

Einige Einflüsse auf die Effizienz von Turnieren lassen sich dagegen nicht direkt vom

Turnieranbieter beeinflussen. Sie resultieren zum einen aus den Persönlichkeitseigenschaften

der Teilnehmer und zum anderen aus externen Einflüssen. Diese Faktoren können jedoch

durch die oben genannten Gestaltungsparameter verstärkt oder abgeschwächt werden (Wedel

& Steul-Fischer, 2012, S. 565).

Ein personenbezogener Einfluss auf die Turniereffizienz sind die jeweiligen

Fähigkeiten der Teilnehmer. Handelt es sich beispielsweise um sehr heterogene Mitarbeiter,

unterscheiden sich die Teilnehmer also stark in ihren Fähigkeiten, so kann das

durchschnittliche Leistungsniveau sinken. Talentierte Teilnehmer zeigen eine niedrigere

Leistung, da sie nur wenig motiviert werden. Es besteht zudem die Gefahr, wenn die

Asymmetrien zu groß sind, dass weniger fähige Teilnehmer ihre Leistung stark reduzieren

und aus dem Wettbewerb aussteigen (Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940, 943;

Irlenbusch, Kräkel & Selten, 2004, S. 5; Tong & Leung, 2002, S. 404; Wedel & Steul-Fischer,

2012, S. 565). Dieses Verhalten kann auch als Superstar-Effekt bezeichnet werden. Die

Teilnahme eines sehr erfolgreichen Versicherungsvertreters am Turnier kann dazu führen,

dass sich die anderen Teilnehmer durch den „Superstar“ eingeschüchtert fühlen und ihren

Arbeitseinsatz reduzieren, da sie keine Chance sehen, das Turnier zu gewinnen (Brown, 2011,

S. 21–22; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565). Sind die Wettstreiter indessen mit ähnlichen

Begabungen ausgestattet und bewegen sich auf demselben Leistungsniveau, kann die

Effizienz des Turniers deutlich gesteigert werden (Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940,

943; Harbring, Irlenbusch, Kräkel & Selten, 2004, S. 5; Tong & Leung, 2002, S. 404; Wedel

& Steul-Fischer, 2012, S. 565).

Die Experten des befragten Versicherungsunternehmens sind sich bewusst, dass nicht

alle Versicherungsvertreter aufgrund ihrer Fähigkeiten und Voraussetzungen die Wettbewerbe

gewinnen können. Es können grundsätzlich drei Leistungsgruppen bei den Versicherungs-

vertretern unterschieden werden. Die erste Gruppe sind die sogenannten „Stars“. Die

Versicherungsvertreter dieser Gruppe zählen zu den besten Versicherungsvertretern und sind

dank ihren Fähigkeiten durchaus in der Lage, die Wettbewerbe zu gewinnen. Die zweite

Gruppe sind die sogenannten „Question Marks“. Diese Versicherungsvertreter haben

durchaus das Potential, einen Wettbewerb zu gewinnen, wenn sie ihre Leistungen

entsprechend steigern. Die letzte Gruppe kann als „Poor Dogs“ bezeichnet werden. Die

Versicherungsvertreter dieser Gruppe sind aufgrund ihrer Fähigkeiten meist nicht in der Lage,

einen Preis bei einem Turnier zu gewinnen. Nach Einschätzung der befragten Experten kann

nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterschiede in den Fähigkeiten der

Versicherungsvertreter demotivierend wirken und zu einer Reduktion der Arbeitsleistung

führen (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Allerdings ist noch nicht

empirisch untersucht worden, ob sich derartige Unterschiede in den Fähigkeiten der

Teilnehmer positiv oder negativ auf die Motivation auswirken.

Verlustaversion kann ebenfalls die Effizienz von Turnieren reduzieren.

Verlustaversion kann anhand der Prospect-Theorie von Kahneman und Tversky (1979)

verdeutlicht werden. Wie bereits erläutert besitzt jedes Individuum einen relativen bzw.

individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes werden Abweichungen

nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste eingestuft. Die

Verlustaversion zeigt sich in dem im Verlustbereich steileren Funktionsverlauf der

Wertefunktion als im Gewinnbereich. Betragsmäßig gleiche Abweichungen nach oben oder

unten werden daher unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Eine Erhöhung des

49

Verlusts wird beispielsweise negativer bewertet als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung des

Gewinns (Kahneman & Tversky, 1979, S. 286–288).

Liegt nun der Verliererpreis unterhalb dieses Referenzpunktes, wird er als Verlust

wahrgenommen. Verlustaverse Teilnehmer werden daher ihren Arbeitseinsatz reduzieren.

Durch eine Anhebung des Verliererpreises und eine damit einhergehende Verringerung der

Turnierpreisdifferenz kann der Turnieranbieter die Gefahr, dass der Verliererpreis sich

unterhalb des Referenzpunktes der Teilnehmer befindet, reduzieren und damit den

Arbeitseinsatz erhöhen (Falk, Fehr & Huffman, 2008, S. 3, 21, 24). In der Praxis erhalten die

Versicherungsvertreter, die den Wettbewerb nicht gewinnen, allerdings keinen Preis (der

Verliererpreis entspricht einem Wert von null). Ob dies dem Referenzpunkt der Vertreter

entspricht oder als Verlust angesehen wird, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Sind die Turnierteilnehmer ungleichheitsavers, so ist die Effizienz des Turniers

ebenfalls zu hinterfragen. Wie bereits erwähnt ist Ungleichheitsaversion eine spezielle Form

der wahrgenommenen Fairness der Teilnehmer. Ungleichheitsaverse Individuen streben eine

Gleichverteilung des Outputs, beispielsweise des Einkommens, zwischen den Teilnehmern

an. Erhält ein ungleichheitsaverses Individuum 1 beispielsweise eine geringere Auszahlung

als sein Konkurrent Individuum 2, so spricht man von negativer Ungleichheit aus Sicht des

Individuums 1. In dieser Situation können Gefühle wie Neid und Missgunst entstehen. Erhält

das Individuum 1 dagegen eine höhere Auszahlung als sein Kontrahent, handelt es sich um

eine positive Ungleichheit. Hierbei können allerdings Mitleid und Schuldgefühle bei

Individuum 1 aufkommen. Erhalten beide Individuen eine gleich hohe Auszahlung, liegt eine

Gleichverteilung der Ergebnisse vor. Sowohl positive als auch negative Ungleichheiten stiften

einem ungleichheitsaversen Individuum einen geringeren Nutzen als eine Gleichverteilung

(Eberlein & Grund, 2006, S. 135–136; Fehr & Schmidt, 1999, S. 4–5; Wedel & Steul-Fischer,

2012, S. 565-566).

Da bei der Turnierentlohnung Gewinner- und Verliererpreise ausgespielt werden oder

nur die Gewinner einen Preis bekommen, ist eine Gleichverteilung nicht möglich. Die

Leistung der Turnierteilnehmer kann allerdings gesteigert werden, wenn man davon ausgeht,

dass eine positive Ungleichheit einen höheren Nutzen stiftet als eine negative Ungleichheit

(Falk et al., 2008, S. 24–25; Grund & Sliwka, 2005, S. 188; Wedel & Steul-Fischer, 2012,

S. 566). Da keine Möglichkeit einer Gleichverteilung besteht, präferieren ungleichheitsaverse

Teilnehmer eine positive vor einer negativen Ungleichheit und erhöhen ihren Arbeitseinsatz,

um eine negative Ungleichheit und schlechte Gefühle wie Neid und Missgunst zu vermeiden.

Es ist zu beachten, dass in diesem Modell davon ausgegangen wird, dass die Teilnehmer nur

ihr eigenes Einkommen und das ihrer Gegenspieler berücksichtigen. Die mit dem

Arbeitseinsatz einhergehenden Kosten, wie Arbeitsleid, bleiben indessen unbeachtet. Werden

die Kosten berücksichtigt, könnten die Effekte auf die Turniereffizienz anders ausfallen.

Durch eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, dass die

Teilnehmer das Turnier gewinnen und so die negative Ungleichheit umgehen, allerdings ist

eine Steigerung des Arbeitseinsatzes mit höheren Kosten verbunden. Im Falle eines Verlustes

können diese höheren Kosten die Relation von Arbeitseinsatz zu Entlohnung empfindlich ins

Negative verschieben (Eberlein & Grund, 2006, S. 139; Falk et al., 2008, S. 24–25; Grund &

Sliwka, 2005, S. 188; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 566).

Aufgrund des üblichen leistungsbezogenen Provisionssystems erhalten die

Versicherungsvertreter unabhängig davon, ob ein Wettbewerb stattgefunden hat oder nicht,

ungleiche Auszahlungen. Daher könnte vermutet werden, dass die Ungleichheitsaversion bei

Versicherungsvertretern weniger stark ausgeprägt ist (siehe Abbildung 16). Die Nutzenkurve

(grüne Kurve) verläuft daher bei positiver als auch bei negativer Ungleichheit flacher als bei

einer stark ausgeprägten Ungleichheitsaversion (rote Kurve). Durch den flacheren Verlauf der

50

Nutzenkurve erfahren die Versicherungsvertreter mit schwacher Ungleichheitsaversion einen

geringeren Nutzenverlust bei einer Abweichung von der Gleichverteilung als bei einer stark

ausgeprägten Ungleichheitsaversion. Allerdings ist der Nutzen der Versicherungsvertreter

trotz der flacheren Nutzenkurve bei negativer Ungleichheit weiterhin geringer als bei positiver

Ungleichheit. Den höchsten Nutzen stiftet in diesem Fall immer noch die Gleichverteilung.

Weisen die Versicherungsvertreter dagegen keine Ungleichheitsaversion (blaue Kurve) auf,

so verläuft die Nutzenkurve unabhängig von den Auszahlungen der anderen Vertreter. Es

kann allerdings auch argumentiert werden, dass die leistungsbezogene Entlohnung von den

Versicherungsvertretern als besonders fair empfunden wird, da jeder Versicherungsvertreter

entsprechend seinen Leistungen entlohnt wird. Allerdings sind weitere empirische

Untersuchungen erforderlich, um genauere Aussagen treffen zu können (Wedel & Steul-

Fischer, 2012, S. 566).

Abb. 16: Nutzenfunktion des Individuums 1

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Fehr & Schmidt, 1998, S. 5.

Auch Reziprozität spielt in Turnieren eine nicht zu verachtende Rolle. Für reziproke

Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, wie dies bei Fairness und

Ungleichheitsaversion der Fall ist, sondern auch die Absichten der anderen Individuen. Der

Turnieranbieter kann sich dieses Prinzips bedienen, um die Effizienz des Turniers zu steigern.

Entscheidet er sich für die Ausschüttung vieler Gewinnerpreise, wird dies von den

Turnierteilnehmern als sehr positiv und freundlich wahrgenommen. Hierdurch erhöht sich die

Gewinnwahrscheinlichkeit der einzelnen Teilnehmer und diese revanchieren sich mit einer

höheren Leistung. Die Turnierteilnehmer nehmen die Preisanzahl anders wahr, wenn diese

vom Turnieranbieter gestaltet wird im Vergleich zur Vorgabe durch externe dritte Personen.

Beispielsweise könnte eine auf Verkaufsturniere spezialisierte Agentur die Gestaltung und

Durchführung der Wettbewerbe übernehmen (Harbring & Irlenbusch, 2003b, S. 28, 35;

Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 566-567).

Auch in anderen Studien, wie beispielsweise im Gift-Exchange-Spiel, konnte gezeigt

werden, dass exogene Vorgaben weniger reziprokes Verhalten erzeugen. In diesem Spiel

treten Arbeitnehmer und Arbeitgeber in sogenannte Lohnverhandlungen. Der Arbeitgeber

bietet dem Arbeitnehmer einen Lohn in einer bestimmten Höhe an. Der Arbeitnehmer kann

das Angebot annehmen oder ablehnen. Nimmt er das Angebot an, legt er im Gegenzug den

51

Arbeitseinsatz fest, den er bereit ist für diesen Lohn zu zeigen. Es hat sich gezeigt, dass die

Korrelation zwischen Lohnhöhe und Arbeitseinsatz deutlich schwächer ausfällt, wenn der

Arbeitgeber die Lohnhöhe nicht mehr frei wählen kann, sondern der Lohn von einer

unbeteiligten Person vorgegeben wird. Ein hoher Lohn spiegelt nicht mehr die positiven

Absichten des Arbeitgebers wider und wird daher weniger durch die Arbeitnehmer belohnt

(Falk & Fischbacher, 2000, S. 22–23).

Bei dem befragten Versicherungsunternehmen werden die Turniere nicht von externen

Agenturen konzipiert und veranstaltet, sondern vom Vertriebscontrolling in Abstimmung mit

dem Unternehmensvorstand. Das reziproke Verhalten der Versicherungsvertreter könnte

somit zusätzlich noch gefördert werden, indem das Versicherungsunternehmen die Anzahl der

Gewinner erhöht. Dies kann beispielsweise mit besonderen Ereignissen verbunden werden.

So wäre es denkbar, dass im Jahr des 125-jährigen Bestehens nicht nur die einhundert besten

Vertreter prämiert werden, sondern die besten 125 Versicherungsvertreter (P. Pelka & J.

Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

3.3 Selektionseffekte bei Versicherungsvertretern

Ist ein Turnier nicht effizient gestaltet, übt es also keine oder eine falsche

Anreizwirkung auf die Mitarbeiter aus, kann es zu Selektionseffekten kommen. Ein Teil der

Mitarbeiter entscheidet sich also gegen eine Teilnahme am Turnier. Dabei ist zwischen

aktiven und passiven Selektionseffekten zu unterscheiden. Bei aktiven Selektionseffekten

werden die betreffenden Personen vor die Wahl gestellt, ob sie an einem Turnier teilnehmen

möchten oder nicht. Bei der passiven Selektion ist dagegen keine Wahlmöglichkeit gegeben.

Die Personen müssen demnach am Turnier teilnehmen. Allerdings ist es denkbar, dass die

Teilnehmer sich nicht dem Wettbewerb stellen möchten und daher eine geringe bis gar keine

Leistung zeigen.

Eriksson, Teyssier und Villeval (2009) fanden in ihrer Studie heraus, dass bei einer

aktiven Selektion die durchschnittlichen Anstrengungen um 32,47 % höher waren als bei

einer passiven Selektion. Bedeuten diese Selektionseffekte, dass sich nur die besten

Mitarbeiter dem Wettbewerb stellen und das breite Mittelfeld sich von dem Wettbewerb

überhaupt nicht angesprochen fühlt? Verschiedene Faktoren können einen Einfluss auf die

Teilnahmemotivation in einem Turnier ausüben. Sie können eine Teilnahme begünstigen oder

sich negativ auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit auswirken. Daher werden in diesem Kapitel

zunächst der aktive und passive Selektionseffekt in Abhängigkeit von der

Teilnahmemotivation beleuchtet. Da Frauen und Männer sich in ihrem Wettbewerbsverhalten

unterscheiden, wird anschließend der Einfluss des Geschlechts auf diese Selektionseffekte

untersucht. Generell bleibt festzuhalten, dass Individuen, die motiviert sind, viel zu arbeiten,

das Turnier nicht scheuen und sich dem Wettbewerb stellen (Eriksson, Teyssier & Villeval,

2009, S. 544).

3.3.1 Aktive Selektionseffekte

Aktive Selektion bedeutet, dass sich die Mitarbeiter für oder gegen eine Teilnahme am

Turnier entscheiden können. Aktive Selektion ist demnach für den Turnieranbieter und unter

Umständen für die anderen Teilnehmer ersichtlich. Risikoaversion fördert dabei die aktive

Selektion und wirkt sich negativ auf die Motivation zur Teilnahme am Turnier aus.

Risikoaverse Individuen entscheiden sich weniger häufig für die Turnierentlohnung. Sie

ziehen eine andere Form der Entlohnung, bei der die Unsicherheit über die Auszahlung

geringer ist, vor (Eriksson et al., 2009, S. 540).

52

Daneben spielt das Selbstbewusstsein der Teilnehmer eine Rolle bei der aktiven

Selektion. Zögerliche Individuen mit einem geringen Selbstbewusstsein nehmen seltener an

Wettbewerben teil als selbstbewusste Individuen. Hier ist der Aspekt der Selbstüberschätzung

zu berücksichtigen. Es können sich durchaus Teilnehmer, die ihre eigenen Fähigkeiten

überschätzen, für das Turnier entscheiden, obwohl sie nur eine sehr geringe Chance haben,

das Turnier zu gewinnen (Eriksson et al., 2009, S. 544).

Zu guter Letzt entscheidet auch die Erfahrung in vergangenen Turnieren über eine

Teilnahme. Der Eintritt in ein Turnier wird von den Leistungen in einem vergangenen Turnier

bedingt. Teilnehmer, die eine positive Erfahrung im letzten Wettbewerb gemacht haben,

nahmen häufiger an erneuten Turnieren teil als Teilnehmer, die schlecht abgeschnitten haben.

Es konnte gezeigt werden, dass 72 % der Teilnehmer, die im vergangenen Turnier gewonnen

haben, erneut am Wettbewerb teilnahmen. Bei den Verlierern waren es dagegen nur 58 %

(Eriksson et al., 2009, S. 540; Vendegrift & Yavas, 2009, S. 566). Dieser Effekt wird durch

erfahrene Emotionen, bedingt durch die Fähigkeiten der Teilnehmer und empfundene

Gewinnwahrscheinlichkeit, verstärkt. Gewinnen Teilnehmer ein Turnier, empfinden sie

positive Emotionen wie Stolz und Freude. Verlieren sie dagegen, herrschen negative

Emotionen wie Enttäuschung und Frustration vor. Geht beispielsweise ein Teilnehmer mit

geringeren Fähigkeiten, der somit eine geringere Gewinnwahrscheinlichkeit hat, als Sieger

aus einem Turnier hervor, ist die empfundene Freude viel stärker. Diese starken Gefühle

beeinflussen dann eine erneute Teilnahme (Kräkel, 2008, S. 2–4).

Bei Versicherungsunternehmen nehmen typischerweise alle Versicherungsvertreter

automatisch an den Wettbewerben teil, daher sind nach Aussagen der befragten Experten

keine aktiven, sondern lediglich passive Selektionseffekte möglich (P. Pelka & J. Riese,

persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Als aktiver Selektionseffekt im weitesten Sinne kann

lediglich die Berufswahl interpretiert werden. Individuen können sich aufgrund des

Vergütungssystems bei Versicherungen gegen den Beruf des Versicherungsvertreters

entscheiden und einen Beruf mit höherer Einkommenssicherheit wählen.

3.3.2 Passive Selektionseffekte

Können die Teilnehmer sich nicht aktiv für oder gegen eine Teilnahme an einem

Turnier entscheiden, kann es zu passiven Selektionseffekten kommen. Man spricht von

passiven Selektionseffekten, wenn die Teilnehmer des Turniers einen sehr niedrigen bis gar

keinen Arbeitseinsatz zeigen, da sich die Teilnehmer eigentlich gegen eine Teilnahme am

Turnier entschieden hätten. Passive Selektion ist daher im Gegensatz zur aktiven Selektion

weder für den Turnieranbieter noch für die anderen Teilnehmer ersichtlich. Es bleibt fraglich,

ob ein Teilnehmer, der im Turnier schlecht abgeschnitten hat, wirklich sein Bestes gegeben

hat oder innerlich kapituliert und daher keinen Arbeitseinsatz gezeigt hat (Denzler & Steul-

Fischer, 2010, S. 19).

Wie schon bei der Effizienz eines Turniers spielen auch bei der passiven Selektion die

Fähigkeiten der Teilnehmer eine Rolle. Wie bereits erwähnt, reduzieren die unterlegenen

Teilnehmer ihre Arbeitsleistung stark, wenn die Asymmetrien in den Fähigkeiten zu groß sind

(Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940, 943; Harbring et al., 2004, S. 5; Tong & Leung,

2002, S. 404). Bei unterlegenen Versicherungsvertretern ist nicht davon auszugehen, dass es

zu passiven Selektionseffekten kommt. Würden diese Versicherungsvertreter ihre

Arbeitsleistung stark reduzieren, bekämen sie weniger Provisionen und somit weniger Gehalt.

Da die Vertreter durch ihren Beruf ihren Lebensunterhalt bestreiten, kommt es zu passiven

53

Selektionseffekten nur in dem Maße, dass die Turnieranreize zu keinen Motivations-

steigerungen und somit zu keiner Erhöhung im Arbeitseinsatz führen. Allerdings haben

Müller und Schotter (2007) gezeigt, dass sich die Teilnehmer in Wettbewerben entweder ein

Rat Race liefern oder nur einen sehr geringen Arbeitseinsatz zeigen (Müller & Schotter, 2007,

S. 14).

Ein weiterer Aspekt, der passive Selektionseffekte hervorruft, ist die empfundene

Gewinnwahrscheinlichkeit. Je weniger Gewinnerpreise ausgelobt werden, desto kleiner ist die

Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Teilnehmer, einen dieser Preise zu bekommen. Je

geringer die Gewinnwahrscheinlichkeit ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine

Leistung im Wettbewerb gezeigt wird. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass Individuen

dazu neigen, ihre Gewinnwahrscheinlichkeit verzerrt wahrzunehmen. So wird eine geringe

Gewinnwahrscheinlichkeit unterschätzt, eine hohe Gewinnwahrscheinlichkeit dagegen

überschätzt (Harbring & Irlenbusch, 2003a, S. 455; Müller & Schotter, 2007, S. 24).

Passive Selektionseffekte wurden bisher in Studien nicht explizit untersucht. Zeigten

Teilnehmer einen Arbeitseinsatz gleich oder nahe null, so wurde dies als Aufgeben der

Teilnehmer interpretiert. Allerdings wurden die Teilnehmer nicht nach den Gründen für ihre

geringe Leistung befragt.

3.3.3 Geschlechtsunterschiede

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das Geschlecht einen entscheidenden

Einfluss auf die Selektion bei der Turnierteilnahme sowie den Arbeitseinsatz ausübt.

Bei der aktiven Selektion treten deutliche Geschlechtsunterschiede auf. Gupta,

Poulsen und Villeval (2005) stellten die Probanden vor die Wahl zwischen einem Turnier und

einem sicheren Vergütungssystem (Stückentlohnung).18

Lediglich 34 % der Frauen stellten

sich der Herausforderung des Wettkampfes, wohingegen 60 % der Männer am Turnier

teilnahmen (Gupta, Poulsen & Villeval, 2005, S. 14). Diese Teilnahmetendenz in

Abhängigkeit des Geschlechts konnte von Niederle und Vesterlund (2007) bestätigt werden.19

35 % der Frauen und 75 % der Männer wählten das Turnier als Vergütungssystem. Demnach

besteht ein Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Teilnahme an Turnieren, da

Frauen und Männer unterschiedlich auf Wettbewerbssituationen reagieren (Niederle &

Vesterlund, 2007, S. 1069–1072). Diese Differenz liegt in verschiedenen Ursachen begründet.

Frauen neigen bei der Wahl des Vergütungssystems eher dazu, interne Aspekte wie

Risiko- und Ungleichheitsaversion zu berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, birgt die

Turnierentlohnung ein höheres Risiko als beispielsweise ein festes Gehalt, da die Gefahr

besteht, den Wettbewerb zu verlieren und somit einen geringeren Entlohnungsbetrag zu

erhalten. Es zeigte sich, dass diejenigen weiblichen Teilnehmer, die in den Wettstreit treten,

sich durch eine höhere Risikofreudigkeit auszeichnen als jene, die sich für das sichere

Vergütungssystem entschieden haben. Männer, die die sichere Entlohnung wählten, waren

dagegen ebenso risikofreudig wie Männer, die in das Turnier eintraten (Gupta et al., 2005, S.

5, 18). Frauen sind zudem ungleichheitsaverser als Männer. Verschiedene Studien haben

gezeigt, dass Frauen kooperativer und weniger selbstsüchtig sind als Männer und eher eine

18

Die Aufgabe bestand darin, Irrgärten zu lösen. Bei dem sicheren Vergütungssystem wurden die Probanden für

jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Beim Turnier werden sie höher entlohnt, wenn sie mehr Irrgärten gelöst

haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer dagegen bekommt nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt.

Dieser liegt unterhalb des Stücklohns bei dem sicheren Vergütungssystem. 19

Hier bestand die Aufgabe darin, zweistellige Zahlenreihen zu addieren.

54

Gleichverteilung des Outputs anstreben. Wie bereits erwähnt, führt die Turnierentlohnung

immer zu einer Ungleichheit in den Auszahlungen. Aus diesem Grund könnten Frauen eher

ein anderes, sicheres Vergütungssystem dem Turnier vorziehen (Andreoni & Vesterlund,

2001, S. 294–295; Eckel & Grossman, 1998, S. 732; Eckel & Grossman, 2001, S. 181).

Bei Männern basiert die Wahl eher auf äußerlichen Faktoren. Ihre Entscheidung wird

vom Geschlecht ihres Gegenspielers beeinflusst. Wenn Männer gegen einen anderen Mann

antreten, wählen sie signifikant häufiger den Wettstreit, als wenn sie gegen eine Frau spielen.

Die Wahl der Frauen dagegen bleibt vom Geschlecht ihres Gegenspielers unberührt (Gupta et

al., 2005, S. 5, 20).

Darüber hinaus neigen eher Männer als Frauen dazu, sich selbst zu überschätzen. Auf

die Frage, wer in ihrer Gruppe am besten abgeschnitten hat, glaubten 75 % der Männer, dass

sie selbst die beste Leistung gezeigt haben, wohingegen nur 43 % der Frauen von sich selbst

überzeugt waren. Wie bereits erwähnt führt Selbstüberschätzung zu einer höheren Präferenz

für die Turnierteilnahme (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1087).

Ein weiterer Grund, der Frauen von der Teilnahme an Turnieren abhalten könnte, ist

der sogenannte „Stereotype Threat“. Eine Bedrohung durch eine Stereotype kann entstehen,

wenn beispielsweise Frauen Angst haben, aufgrund eines negativen Rollenklischees verurteilt

zu werden. So kann es in Situationen, in denen Frauen mit Vorurteilen konfrontiert werden,

zu selbsterfüllenden Prophezeiungen kommen. Frauen haben Angst, dem Klischee zu

entsprechen und vorschnell beurteilt zu werden. So entsteht ein zusätzlicher Leistungsdruck,

der sich negativ auf die Leistung der Frauen ausübt. Spencer, Steele und Qinn (1999)

konfrontierten beispielsweise eine Gruppe von weiblichen und männlichen Studierenden mit

dem Vorurteil, dass Frauen schlechter in Mathematik sind als Männer. Im Anschluss mussten

die Studierenden schwere Rechenaufgaben lösen. Einer Vergleichsgruppe wurden nur die

Rechenaufgaben ohne diese zusätzliche Information gegeben. Frauen, die vor dem Lösen der

Aufgaben mit dem Klischee konfrontiert wurden, schnitten signifikant schlechter ab als ihre

männlichen Kommilitonen. Bei der Vergleichsgruppe entstanden keine signifikanten

Geschlechtsunterschiede. Daher können Frauen den direkten Vergleich in einem Turnier

scheuen und ein anderes Vergütungssystem präferieren (Gneezy et al., 2003, S. 1058–1059;

Spencer, Steele & Quinn, 1999, S. 21–23).

Ist den Teilnehmern die Möglichkeit zur aktiven Selektion gegeben, zeigen Frauen

unabhängig davon, ob sie sich für das Turnier oder das sichere Vergütungssystem entschieden

haben, im Durchschnitt den gleichen Arbeitseinsatz. Die Leistung von Männern dagegen ist

bei der Turnierentlohnung signifikant höher. Der gezeigte Arbeitseinsatz von Männern ist

neben dem Vergütungssystem auch noch von dem Geschlecht ihres Gegenspielers abhängig.

Die größte Leistung zeigen Männer, wenn sie gegen einen anderen Mann in den Wettstreit

treten. Müssen die Männer aber gegen eine Frau spielen, leisten sie im Durchschnitt weniger.

Dieses Ergebnis wird von Gupta, Poulsen und Villeval (2005) auch als Ausdruck der

Ritterlichkeit bezeichnet (Gupta et al., 2005, S. 24). Allerdings kann auch argumentiert

werden, dass Männer nicht aus bloßer Höflichkeit und Respekt Frauen gegenüber weniger

hart für einen Sieg „kämpfen“, sondern, dass sie ihre weiblichen Gegenspieler einfach

unterschätzen und daher eine geringere Leistung zeigen.

Ist nur eine passive Selektion möglich, zeigen Frauen in Turnieren eine deutlich

geringere Leistung. Durch die Einführung eines gleichgeschlechtlichen Turniers kann, im

Gegensatz zur aktiven Selektion, die gezeigte Leistung der weiblichen Teilnehmer allerdings

55

signifikant gesteigert werden. Die Leistungsdifferenz zwischen den Geschlechtern kann

dadurch signifikant reduziert werden, so dass keine Geschlechtsunterschiede mehr auftreten

(Gneezy et al., 2003, S. 1061–1062).

Bei dem Versicherungsunternehmen der befragten Experten liegt der Anteil an

weiblichen Versicherungsvertretern bei etwa 20 %. Laut Aussagen der Experten liegt die

aktive Selektion (in Form der Berufswahl) weniger an dem Vergütungssystem und an

Turnieren als vielmehr an dem schlechten Berufsimage, das den Versicherungsvertretern

anhaftet. Auch eine passive Selektion tritt nach Einschätzung der Experten nicht auf, da nach

eigenen Angaben der Frauenanteil unter den Siegern nicht sehr gering ist. Im Durchschnitt

sind 7–10 % der Gewinner Frauen. Es ist anzumerken, dass der Frauenanteil bei

Spartenwettbewerben, wie Kranken- oder Unfallversicherung, höher ist als im „Top 100“-

Wettbewerb (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

Somit lässt sich festhalten, dass Frauen nicht generell einen Wettstreit scheuen.

Allerdings ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Frauen weniger von Turnieranreizen

angesprochen werden als Männer. Unternehmen sollten daher ihre Anreize in Turnieren so

wählen, dass alle Mitarbeiter in gleicher Weise zur Teilnahme motiviert werden.

3.4 Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung

In der ökonomischen Theorie, im Besonderen bei der Prinzipal-Agent-Theorie, stehen

materielle Anreize im Fokus. Es wird angenommen, dass Versicherungsvertreter nur hart

arbeiten, wenn sie dafür monetär entschädigt werden. Nach der Prinzipal-Agent-Theorie übt

daher soziale Anerkennung keine Anreizwirkung auf die Motivation von Versicherungs-

vertretern aus. Allerdings zeigte schon das Hawthorne-Experiment im Jahre 1942, dass durch

Aufmerksamkeit die Arbeitsleistung gesteigert werden kann. Das Experiment wollte

ursprünglich verschiedene objektive Arbeitsbedingungen untersuchen. Beispielsweise wurden

die Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz bei einer Gruppe verbessert. Auch die Kontrollgruppe

zeigte daraufhin einen höheren Arbeitseinsatz, was auf die Aufmerksamkeit der Forscher für

die erbrachte Arbeit zurückgeführt werden kann (Ellingsen & Johannesson, 2007, S. 135,

138).

Eine besondere Art der Aufmerksamkeit im Rahmen der Vergütung von

Versicherungsvertretern sind Auszeichnungen. Auszeichnungen sind dabei ein wichtiger

immaterieller Anreiz. Auszeichnungen wie beispielsweise „Versicherungsvertreter des

Jahres“ werden bei Versicherungsunternehmen mit Turnieren verknüpft. Bei der

Turnierentlohnung kann die Anreizwirkung durch eine Auszeichnung noch verstärkt werden.

Die Gewinner der Turniere erhalten dann neben einer Bonuszahlung oder einer exklusiven

Reise eine Auszeichnung und Urkunde.

Die Beziehung zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter als

typische Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung kann in zwei Kategorien eingeteilt werden.

Die erste Kategorie, die ökonomische Kategorie, enthält finanzielle Elemente, die für beide

Seiten greifbar sind. Die zweite Kategorie ist die sozioemotionale Kategorie, welche soziale

und wertschätzende Elemente umfasst, wie Auszeichnungen und Aufmerksamkeit, die oft

symbolischen Charakter haben (Cropanzano & Mitchell, 2005, S. 881; Dur, 2009, S. 551).

Auszeichnungen werden demnach den immateriellen Anreizen zugeordnet. Die

Ausgezeichneten erhalten Urkunden, Medaillen oder einen anerkennenden Händedruck des

Vorgesetzten. Auszeichnungen werden oft in feierlichen Zeremonien durch den Vorstand

verliehen und es erfolgt ein Bericht in der Unternehmenszeitung. Auszeichnungen üben,

obwohl sie immateriell sind, einen Einfluss auf die extrinsische Motivation aus (Frey, 2010,

S. 6). Die Anreizwirkung resultiert daraus, dass Auszeichnungen den Ausgezeichneten soziale

56

Anerkennung wie Prestige, Status und Aufmerksamkeit verleihen. Daher werden die

Urkunden häufig am Arbeitsplatz ausgestellt und viele Ausgezeichnete führen

Auszeichnungen im Lebenslauf auf (Frey & Neckermann, 2006, S. 279; Frey & Neckermann,

2010, S. 4).

Auszeichnungen sind nach außen hin sichtbar, anders als beispielsweise Lob. Jeder im

Unternehmen weiß, dass die Auszeichnung ausgelobt und in einer Zeremonie verliehen wird.

Auszeichnungen erzeugen einen Konkurrenzkampf, da ein Turnier mit Gewinnern und

Verlierern entsteht. Die Kriterien, nach denen Auszeichnungen verliehen werden, sind in den

meisten Unternehmen sehr breit und vage. Bei Versicherungsunternehmen ist dies nicht der

Fall, da für eine Platzierung im Turnier klar definierte Leistungen festgelegt wurden (Frey &

Neckermann, 2006, S. 279; Frey & Neckermann, 2010, S. 4).

Des Weiteren kombinieren Auszeichnungen materiellen und immateriellen Nutzen.

Der materielle Nutzen ist dabei ein indirekter Nutzen, der in der Zukunft liegt.

Auszeichnungen haben eine positive Signalwirkung und können die Karrierechance erhöhen,

was zu finanziellen Vorteilen führen kann. Nur wenn Auszeichnungen mit einem monetären

Preis verbunden sind, entsteht ein direkter materieller Nutzen. Der immaterielle Nutzen liegt

dabei wie schon erwähnt bei der sozialen Anerkennung. Allerdings ist der immaterielle

Nutzen davon abhängig, wie angesehen die Auszeichnung im Umfeld des Empfängers ist.

Wird eine Auszeichnung beispielsweise von Arbeitskollegen, Freunden und Familie nicht

geschätzt, so ist der immaterielle Nutzen sehr gering (Frey, 2010, S. 10; Kosfeld &

Neckermann, 2010, S. 1). Durch die Verknüpfung einer Auszeichnung mit einer zusätzlichen

Bonuszahlung können die Ernsthaftigkeit und somit der immaterielle Nutzen einer

Auszeichnung gesteigert werden. Wird eine Auszeichnung zu oft verliehen, verliert sie an

Bedeutung und Wirkung. Ist die Auszahlung aber mit einer Bonuszahlung verknüpft, so

entstehen dem Unternehmen Kosten, wodurch einem inflationären Umgang mit

Auszeichnungen entgegengewirkt werden kann. So wird die Auszeichnung von den

Versicherungsvertretern nicht als kostengünstiger Anreiz gesehen (Frey & Neckermann,

2006, S. 274–275; Neckermann & Frey, 2008, S. 18–19).

Soziale Anerkennung muss dabei von sozialen Präferenzen abgegrenzt werden. Bei

sozialen Präferenzen steht die Interaktion mit anderen Teilnehmern im Vordergrund. Die

Beweggründe von Fairness und Reziprozität stehen im Fokus. Soziale Anerkennung dagegen

ist auf die eigene Person gerichtet. Emotionen wie Stolz und Schande spielen dabei eine

entscheidende Rolle (Ellingsen & Johannesson, 2007, S. 136).

3.4.1 Abgrenzung zu monetären Anreizen

Die oben genannten Eigenschaften von Auszeichnungen grenzen sich von anderen

Anreizen wie Lob und Bonuszahlungen ab. Lob erzielt beispielsweise nicht dieselbe soziale

Anerkennung wie eine Auszeichnung und ist nicht mit einem sichtbaren Symbol verbunden

(Frey & Neckermann, 2010, S. 4). Auszeichnungen können darüber hinaus durch folgende

Eigenschaften charakterisiert werden, welche Auszeichnungen von monetären Zahlungen

abgrenzen.

Bei Auszeichnungen liegen Asymmetrien zwischen dem Unternehmen und dem

Ausgezeichneten vor. Eine Urkunde oder Medaille verursacht dem Unternehmen nur geringe

Kosten. Allerdings zieht der Empfänger einen großen Nutzen aus einer Auszeichnung. Bei

57

einer Bonuszahlung ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und

Arbeitgeber dagegen ausgeglichen (Frey, 2010, S. 6).

Monetäre Zahlungen und Auszeichnungen unterscheiden sich auch in der Beziehung

zwischen Verleiher und Empfänger. Auszeichnungen sind mit einer Loyalitätsverpflichtung

verknüpft. Ein Empfänger wird eine Auszeichnung nur annehmen und einen Nutzen daraus

ziehen, wenn er mit den Zielen des Verleihers einverstanden ist. Nicht nur der Empfänger,

sondern auch der Verleiher einer Auszeichnung geht eine soziale Beziehung zum Empfänger

ein. Der Verleiher sucht sich den Empfänger genau aus, da die Reputation des Verleihers und

der Auszeichnung Schaden nehmen kann, wenn sich der Empfänger nach der Verleihung als

unwürdiger Preisträger erweist. Bei einer monetären Zahlung ist das nicht der Fall. Da eine

Leistung mit Geld entlohnt wird, muss sich der Empfänger der Zahlung nicht mit den Zielen

und Sichtweisen des Verleihers identifizieren (Frey, 2010, S. 6; Frey & Neckermann, 2006, S.

275).

Darüber hinaus unterscheidet sich die zugrunde gelegte Leistung, nach der

Auszeichnungen und monetäre Zahlungen vergeben werden. Die Höhe und Dauer einer

monetären Zahlung ist exakt definiert, daher sind oft auch die Leistungen für monetäre

Zahlungen genauer festgelegt. So sind beispielsweise die wöchentliche Arbeitszeit und

Urlaubsansprüche im Arbeitsvertrag geregelt. Auszeichnungen werden dagegen oft für vage

definierbare Leistungen, wie Arbeitseinstellung und Arbeitsnorm, verliehen und stellen eine

allgemeine Wertschätzung des Arbeitnehmers dar (Frey, 2010, S. 6–7; Frey & Neckermann,

2006, S. 275). Anders sieht es bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern aus.

Hier ist die Auszeichnung an einen Turniersieg geknüpft, und da die Versicherungsvertreter

nach gezeigter Arbeitsleistung, z. B. verkauften Versicherungsverträgen, gerankt werden, geht

die Auszeichnung mit konkreten Leistungen einher.

Weiter ist die Art der Verleihung zu unterscheiden. Das Gehalt und auch zusätzliche

Bonuszahlungen werden auf die Konten der Empfänger überwiesen. Eine zusätzliche

Bonuszahlung wird daher nicht öffentlich gemacht. Die soziale Anerkennung von

Auszeichnungen dagegen ist mit Öffentlichkeit verbunden. Daher werden Auszeichnungen oft

in Zeremonien durch den Vorstand verliehen und die Unternehmenszeitung berichtet von der

Verleihung und ihren Preisträgern (Frey, 2010, S. 7).

Zuletzt unterscheiden sich die beiden Anreize noch durch ihre Besteuerung.

Zusätzliche Bonuszahlungen müssen mit dem üblichen Gehalt versteuert werden.

Auszeichnungen werden dagegen nicht besteuert (Frey, 2010, S. 7).

3.4.2 Anreizwirkung von Auszeichnungen

Die durch Auszeichnungen entstehende soziale Anerkennung kann die Arbeitsleistung

von Arbeitnehmern steigern. Kosfeld und Neckermann (2010) untersuchten die

Anreizwirkung von Auszeichnungen. An dem Experiment nahmen Studierende teil, die sich

auf eine Stellenanzeige eines Softwareunternehmens beworben haben. Den Studierenden war

nicht bewusst, dass sie an einem Experiment teilnahmen. Die Teilnehmer wurden für zwei

Stunden Internetrecherche mit einem fixen Betrag entlohnt. Die Teilnehmer wurden in zwei

Gruppen eingeteilt. Einer Gruppe wurde nach Verteilung der Arbeitsaufgabe von dem

Vorgesetzten erklärt, dass das Softwareunternehmen den zwei Teilnehmern, die die meisten

Rechercheergebnisse erzielt haben, eine Auszeichnung überreichen möchte. Darüber hinaus

wurde den Teilnehmern die Urkunde gezeigt und erwähnt, dass die Übergabe persönlich

58

durch den Vorgesetzten erfolgen wird. Der Kontrollgruppe wurde keine zusätzliche

Auszeichnung in Aussicht gestellt. Es zeigte sich, dass die Arbeitsleistung im Auszeichnungs-

Treatment signifikant höher war als im Kontroll-Treatment. Die Teilnehmer, denen eine

Auszeichnung in Aussicht gestellt wurde, recherchierte im Durchschnitt 12 % mehr als die

Teilnehmer in der Kontrollgruppe. Der Leistungsanstieg geht dabei nicht zu Lasten der

Qualität der recherchierten Ergebnisse und ist unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmer.

Allerdings ist die Erhöhung des Arbeitseinsatzes abhängig von der empfundenen

Wahrscheinlichkeit, eine der Auszeichnungen zu erhalten. Teilnehmer, die besonders

motiviert waren oder die fähiger bei der Bewältigung der Aufgabenstellung waren, zeigten

einen größeren Motivationseffekt durch die Auszeichnung als Teilnehmer, die weniger

motiviert an die Aufgaben gingen oder weniger fähig waren (Kosfeld & Neckermann, 2010,

S. 6–12). Verglichen mit Gift-Exchange-Experimenten entspricht die Steigerung des

Arbeitseinsatzes um 12 % einer hypothetischen Lohnerhöhung von 32 % bis 75 % (Kosfeld &

Neckermann, 2010, S. 13). Kosfeld und Neckermann (2010) erklären diesen starken Effekt

damit, dass soziale Anerkennung in realen Arbeitsbeziehungen eine wesentlich stärkere Rolle

spielt als in der ökonomischen Theorie angenommen. Ein weiterer Erklärungsansatz liegt in

den Laborexperimenten selbst. Bei Laborexperimenten sind monetäre Zahlungen das

dominante Austauschgut. Daher können keine symbolischen Werte aufgebaut werden. Ein

Aufbau eines symbolischen Wertes ist unter Umständen nur mit einem unverhältnismäßig

hohem Aufwand möglich (Dur, 2009, S. 552; Kosfeld & Neckermann, 2010, S. 13).

In einer anderen Studie zeigen Neckermann und Frey (2008), dass Gewinner einer

Auszeichnung ihren Arbeitseinsatz nach dem Erhalt einer Auszeichnung sogar erhöhen. Diese

Motivationssteigerung ist damit zu erklären, dass die Gewinner rechtfertigen möchten, dass

sie die Auszeichnung auch wirklich verdient haben (Neckermann & Frey, 2008, S. 21). Auf

der anderen Seite kann der Arbeitseinsatz der nicht ausgezeichneten Arbeitnehmer sinken,

wenn sich diese als Verlierer sehen. Frey (2010) zeigt allerdings, dass kein negativer

Motivationseffekt bei den nicht ausgezeichneten Arbeitnehmern auftritt, wenn diese eine

Gewinnchance der Auszeichnung in der Zukunft sehen. Dabei übernehmen die

Ausgezeichneten eine Vorbildfunktion. Die nicht ausgezeichneten Arbeitnehmer können sich

die Empfänger der Auszeichnung als Vorbild nehmen und die Arbeitsleistung und das

Verhalten am Arbeitsplatz an das der Empfänger anpassen. So können die Verlierer ihre

Chancen, eine Auszeichnung zu gewinnen, erhöhen (Frey, 2010, S. 13).

4 Empirische Untersuchungen zu Ausschreibungen und zur

Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb

4.1 Experimente zu Framing-Effekten bei Ausschreibungen mit individuellen

Zielvorgaben

Mit Hilfe von Experimenten soll der Einfluss von Framing-Effekten auf die

Motivation von Versicherungsvertretern untersucht werden. In beiden Experimenten wird

davon ausgegangen, dass internes und externes Framing identisch sind. Weiter wird

untersucht, ob Reziprozität oder die Prospect-Theorie die dominante Norm im Kontext von

Versicherungen ist.

Als Untersuchungsmethode wurde ein (ökonomisches) Experiment herangezogen, das

sich an der experimentellen Wirtschaftsforschung orientiert. Dabei wird die Auswirkung von

unabhängigen Variablen auf eine oder mehrere abhängige Variablen untersucht.

Ökonomische Experimente zeichnen sich durch Anreizkompatibilität aus. Mit Hilfe von

59

Anreizkompatibilität werden die Probanden motiviert ihre wahren Präferenzen offenzulegen

und sich wie in einer realen Situation zu verhalten, da die Entscheidungen im Rahmen des

Experiments mit realen monetären Konsequenzen verbunden sind (Steul, 2005, S. 81, 87).

Gerade im Kontext von Anreizsystemen ist die Untersuchungsmethode des Experiments

daher im Vorteil vor quantitativen Befragungen.

Weitere Vorteile von Experimenten liegen in der Kontrolle der

Experimentbedingungen, der Replizierbarkeit des Experiments sowie der hohen Reliabilität20

.

Reliabilität kann durch Anreizkompatibilität gesteigert werden. Ein weiterer Vorteil ist die

interne Validität21

. Interne Validität ist ein wichtiges Gütekriterium für die empirische

Forschung. Experimente zeichnen sich aufgrund der Kontrollierbarkeit der Bedingungen und

der Replizierbarkeit durch eine hohe interne Validität aus (Steul, 2005, S. 89–91).

Ein weiteres wichtiges Gütekriterium ist die externe Validität. Ist eine hohe externe

Validität gegeben, so lassen sich die Experimentergebnisse auf die Realität übertragen.

Externe Validität ist bei Experimenten gegeben, wenn wesentliche Strukturen der Realität in

das experimentelle Design übertragen wurden. Durch Anreizkompatibilität kann die externe

Validität erhöht werden (Steul, 2005, S. 90). Gerade diese Übertragbarkeit der Ergebnisse

eines Experiments im Rahmen von Anreizsystemen auf die Versicherungsbranche spricht für

die Anwendung eines Experiments.

Die externe Validität ist allerdings in Frage zu stellen, wenn Studierende als

Probanden herangezogen werden (Steul, 2003, S. 88). Dennoch entschied man sich in den

Experimenten zu Anreizsystemen im Versicherungsvertrieb bewusst für Studierende und

gegen Versicherungsvertreter als Probanden. Zum einen ist es schwer, Versicherungsvertreter

für ein Experiment zu gewinnen. Zum anderen ist das Experiment anreizkompatibel, d. h., es

sollte einen wirklichen Anreiz für die Probanden darstellen. Studierende sind mit einem

Verdienst von 5–7 € für ihr Teilnahme zufrieden. Für Versicherungsvertreter stellt dieser

Betrag dagegen keinen Anreiz dar, sich realitätskonform zu verhalten. Die Beträge sind zu

gering, als dass sich die Versicherungsvertreter beispielsweise nicht risikofreudiger darstellen

würden, als sie es in der Realität sind.

Ein weiterer Nachteil von Experimenten ist ihre Einfachheit. Häufig sind

Experimententscheidungen sehr einfach gehalten, so dass die Komplexität der Realität nur

bedingt widergespiegelt wird (Steul, 2005, S. 91).

Die durchgeführten Experimente versuchen den Trade-off zwischen interner und

externer Validität zu meistern und sind daher so einfach wie nötig und gleichzeitig so

realitätsnah wie möglich gestaltet.

4.1.1 Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation von

Versicherungsvertretern

4.1.1.1 Zielsetzung und Hypothesen

Mit Hilfe des Experiments I soll der Einfluss von Framing-Effekten auf die Motivation

und somit den Arbeitseinsatz von Versicherungsvertretern untersucht werden. Darüber hinaus

soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit das Empfinden von Freundlichkeit und

Feindseligkeit, welches die Grundlage für reziprokes Verhalten ist, durch das Framing von

20

Reliabilität ist die Zuverlässigkeit einer Messung. Als Reliabilität wird die Unabhängigkeit der Ergebnisse von

einer einmaligen Untersuchung sowie situativen Einflüssen bezeichnet (Kuß, 2011, S. 113). 21

Unter interner Validität versteht man, dass die Veränderung der abhängigen Variablen auf eine Veränderung

der unabhängigen Variablen zurückzuführen ist (Kuß, 2011, S. 128).

60

Anreizen bei Versicherungsvertretern beeinflusst werden kann. Aufgrund der theoretischen

Überlegungen lauten die Hypothesen wie folgt:

H1: Eine hohe Anreizzahlung steigert den Arbeitseinsatz.

H2: Aufgrund von Reziprozität ist der Arbeitseinsatz im Verlust-Frame niedriger als im

Gewinn-Frame.

4.1.1.2 Experimentelles Design

Experiment I22

wurde mit z-tree (Fischbacher, 2007) programmiert und im Juli 2010

im Laboratory für Experimental Research in Nuremberg (LERN) am Fachbereich

Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

durchgeführt23

. Registrierte Teilnehmer wurden über das Online-Recruitingtool Orsee per E-

Mail zur Teilnahme eingeladen (Greiner, 2004). Insgesamt nahmen 71 Studierende an dem

Experiment teil (52,1 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar ausgezahlt. Während des

Experiments kam die Experimentalwährung ECU (50 ECU = 1 €) zum Einsatz. Die

durchschnittliche Auszahlung betrug 6,43 €. Eine Session dauerte ca. 45 Minuten. Da

Arbeitsbeziehungen in der Regel über einen längeren Zeitraum bestehen, bestand das

Experiment aus 12 Geschäftsjahren (Perioden).

Die Teilnehmer sollten sich in die Situation versetzen, dass sie ein

Versicherungsvertreter sind und bei einem Versicherungsunternehmen angestellt sind. Die

Versicherungsvertreter erhielten jedes Geschäftsjahr ein festes Gehalt, das sich aus den

durchschnittlichen Provisionen aus dem Vertragsbestand sowie neu abgeschlossenen

Versicherungsverträgen zusammensetzt. Darüber hinaus konnten die Versicherungsvertreter

eine zusätzliche Zahlung erarbeiten. Das Versicherungsunternehmen hat ein zusätzliches

Provisionselement in einem neuen Marktsegment eingeführt. Um dieses Marktsegment gezielt

zu fördern, setzt das Versicherungsunternehmen Ausschreibungen mit individuellen

Zielvorgaben ein. Alle Versicherungsvertreter erhalten den ausgelobten Preis, wenn sie die

Zielvorgaben des Unternehmens im neuen Marktsegment erreichen. Ob die Versicherungs-

vertreter allerdings die Zielvorgaben erreichen, ist abhängig vom effektiven Arbeitseinsatz.

Der effektive Arbeitseinsatz setzt sich aus dem gewählten Arbeitseinsatz der

Versicherungsvertreter und einem externen Faktor, welcher nicht beeinflusst werden kann,

zusammen:

Effektiver Arbeitseinsatz = gewählter Arbeitseinsatz * externer Faktor

Der externe Faktor liegt dabei gleichwahrscheinlich im Intervall [0,6–1] und wurde zu

Beginn des Experiments per Zufallsmechanismus für alle zwölf Geschäftsjahre festgelegt. So

konnte der externe Faktor in jedem Treatment konstant gehalten werden.

Zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres konnten die Versicherungsvertreter ihren

Arbeitseinsatz anhand einer Tabelle wählen (siehe Tabelle 12). Die Funktion des

Arbeitseinsatzes wurde in Anlehnung an Kube (2007) konzipiert. Der Arbeitseinsatz variiert

dabei von 1 bis 10 und ist jeweils mit Kosten (Arbeitsleid) verbunden.

22

Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XX dieser Arbeit. 23

Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer Abschlussarbeit (Zagel, 2010).

61

Tab. 12: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Framing)

Arbeits-

einsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Arbeits-

kosten 0 1 2 3 5 6 7 8 10 13

Quelle: eigene Darstellung.

Die Probanden wurden per Zufall einem von vier Treatments des 2 (Frame) x 2

(Anreizhöhe) between-subjects Design zugewiesen. Das Gehalt der Versicherungsvertreter

betrug in allen Treatments 12 ECU. Die Höhe des Anreizes (Preis) variierte je nach Treatment

zwischen 8 und 16 ECU. Darüber hinaus wurde der ausgelobte Anreiz den

Versicherungsvertretern in einem der Treatments als ein Gewinn und in einem anderen

Treatment als ein Verlust dargestellt. Erreichten die Versicherungsvertreter im Gewinn-Frame

die Zielvorgaben des Unternehmens, erhielten diese Versicherungsvertreter eine zusätzliche

Bonuszahlung. Im Verlust-Frame erhielten alle Versicherungsvertreter zu Beginn des

Geschäftsjahres eine zusätzliche Zahlung. Erreichten die Versicherungsvertreter die

Zielvorgaben des Unternehmens nicht, so mussten sie eine Rückerstattung in voller Höhe der

zusätzlichen Zahlung an das Unternehmen leisten. Die Zielvorgabe lag in allen Treatments

und über alle Geschäftsjahre hinweg bei 4. War der effektive Arbeitseinsatz der

Versicherungsvertreter größer oder gleich 4, so erhielten die Versicherungsvertreter die

Anreizzahlung. Die Auszahlungsfunktionen der jeweiligen Treatments und die entsprechende

Modellierung der Zielvorgabe sind in Tabelle 13 dargestellt.

Tab. 13: Auszahlungsfunktion der Treatments Experiment I

Gewinn-Frame

Verlust-Frame

Niedriger

Anreiz

Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonus

Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:

Bonuszahlung in Höhe von 8 ECU

Gehalt = 20 – Arbeitsleid –

Rückerstattung

Effektiver Arbeitseinsatz < 4:

Rückerstattung in Höhe von 8 ECU

Hoher

Anreiz

Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonus

Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:

Bonuszahlung in Höhe von 16 ECU

Gehalt = 28 – Arbeitsleid –

Rückerstattung

Effektiver Arbeitseinsatz < 4:

Rückerstattung in Höhe von 16 ECU

Quelle: eigene Darstellung.

Es ist anzumerken, dass Gewinn- und Verlust-Frame zu identischen Auszahlungen

kommen. Es wurde nur die Art der Darstellung (positiv vs. negativ) variiert. Erreicht ein

Versicherungsvertreter die Zielvorgaben von 4, so erhält er beispielsweise im Gewinn-Frame

mit einem hohen Anreiz und einem gezeigten Arbeitseinsatz von 7 (Arbeitsleid = 7) ein

Gehalt von 21 (12 – 7 + 16). Im entsprechenden Verlust-Frame muss der

Versicherungsvertreter keine Rückerstattung leisten, da er die Zielvorgabe erreicht hat. Er

erhält ebenfalls ein Gehalt von 21 (28 – 7).

62

Jeder Versicherungsvertreter agierte während des Experiments für sich alleine. Es fand

keine Interaktion mit anderen Versicherungsvertretern bzw. dem Versicherungsunternehmen

statt. Es wurde versucht Reziprozität durch die Darstellung einer Geschäftsbeziehung in den

Instruktionen zu erzeugen. Im Anschluss an das Experiment wurden die Probanden gebeten,

Fragen zu Motivation und Risikoeinstellung sowie zur Person zu beantworten.

4.1.1.3 Ergebnisse

Arbeitseinsatz und Framing-Effekte

Die Anreizwirkung der Anreizhöhe und des Frame wurde durch den gewählten

Arbeitseinsatz gemessen. Zeigten die Probanden einen sehr hohen Arbeitseinsatz, so ist davon

auszugehen, dass sie sehr motiviert sind und die Zielvorgaben unbedingt erreichen möchten.

Eine 2x2 ANOVA zeigt einen hoch signifikanten Einfluss der Anreizhöhe (F (1,71) =

14.276, p < .01) und einen signifikanten Einfluss des Framing (F (1,71) = 4.386, p < .05). Der

Interaktionseffekt ist nicht signifikant (siehe Tabelle 14).

Tab. 14: ANOVA Arbeitseinsatz (Framing)

Arbeitseinsatz

F Sig.

konstanter Term 6505,480 0,000

Anreizhöhe 14,276 0,000

Framing 4,386 0,040

Anreizhöhe*Framing 0,890 0,349

Quelle: eigene Darstellung.

Tabelle 15 zeigt die Mittelwerte des Arbeitseinsatzes. Der gewinnoptimale

Arbeitseinsatz nach der Erwartungsnutzentheorie lag bei 5. Um die Zielvorgaben unabhängig

von der Höhe des externen Faktors zu erreichen, mussten die Versicherungsvertreter

allerdings einen Arbeitseinsatz von 7 zeigen.

Tab. 15: Mittelwert Arbeitseinsatz (Framing)

MW Arbeitseinsatz

Anreizhöhe niedrig 6,1

hoch 6,7

Frame Gewinn 6,3

Verlust 6,6

Quelle: eigene Darstellung.

Ein hoher Anreiz steigert die Motivation. Bei einer niedrigen Zahlung zeigen die

Versicherungsvertreter einen niedrigeren Arbeitseinsatz im Vergleich zu einer hohen Zahlung

(MW niedrig = 6,1 und MW hoch = 6,7). Dieses Ergebnis stimmt mit Hypothese H1 überein.

Daher kann Hypothese H1 nicht verworfen werden.

63

Ein Verlust-Frame steigert die Motivation. Im Verlust-Frame zeigen die

Versicherungsvertreter einen höheren Arbeitseinsatz als im Gewinn-Frame (MW Gewinn = 6,3

und MW Verlust = 6,6). Die Ergebnisse sind konträr zu Hypothese H2. Hypothese H2 muss

daher verworfen werden. Ebenso sind die Ergebnisse konträr zu den Ergebnissen von Fehr

und Gächter (2000), bei denen der Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher

war als im Treatment mit negativem Frame. Eine Erklärung für die unterschiedlichen

Ergebnisse ist, dass sich die Versicherungsvertreter im Experiment nicht reziprok verhalten

und die unfreundliche Handlung des Versicherungsunternehmens nicht bestraft haben. Die

fehlende Reziprozität kann damit erklärt werden, dass die Modellierung einer Beziehung

allein durch die Instruktionen nicht funktioniert hat.

Allerdings ergeben sich signifikante Unterschiede im Arbeitseinsatz in den beiden

Frames. Anhand der Prospect-Theorie lässt sich aufzeigen, warum die Versicherungsvertreter

einen höheren Arbeitseinsatz im Verlust-Frame als im Gewinn-Frame zeigen. Bei der

Prospect-Theorie ist die Einordnung als Gewinn oder Verlust abhängig von einem relativen

bzw. individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes werden

Abweichungen nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste eingestuft.

Im Gewinn-Frame stellt das Gehalt von 12 ECU den Referenzpunkt dar. Die zusätzliche

Bonuszahlung erhöht das Gehalt im Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und

wird daher als Gewinn angesehen. Im Verlust-Frame dagegen ist der Referenzpunkt das

Gehalt von 12 ECU zuzüglich der zusätzlichen Zahlung zu Beginn der Periode. Der

Referenzpunkt liegt also je nach Treatment bei 20 oder 28 ECU. Die Rückerstattung reduziert

das Gehalt im Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und wird daher als

Verlust wahrgenommen. Aufgrund der vorherrschenden Verlustaversion sind die

Versicherungsvertreter bestrebt einen drohenden Verlust zu vermeiden und zeigen einen

höheren Arbeitseinsatz.

Geschlechtsunterschiede

Frauen und Männer unterscheiden sich in der Höhe des gezeigten Arbeitseinsatzes. Im

Falle eines hohen Anreizes zeigen Frauen einen höheren Arbeitseinsatz als Männer

(MW weiblich = 6,98 vs. MW männlich = 6,62, p < .1). Männer verhalten sich, selbst bei einer

hohen Zahlung, rationaler als Frauen. Sie berechnen den optimalen Arbeitseinsatz unabhängig

von der zusätzlichen Zahlung und passen ihren gezeigten Arbeitseinsatz daran an. Frauen

dagegen wollen auf Nummer sicher gehen und die Anreizzahlung erhalten bzw. behalten.

Zudem wirkt der Framing-Effekt bei Frauen stärker als bei Männern. Bei einer angedrohten

Rückerstattung bleibt der Arbeitseinsatz der Männer auf dem gleichen Niveau, sie verhalten

sich weiterhin rational. Frauen dagegen steigern ihren Arbeitseinsatz, um dem drohenden

Verlust der zusätzlichen Zahlung zu entgehen (MW weiblich = 7,21 vs. MW männlich = 6,63, p <

.05). Der höhere Arbeitseinsatz von Frauen kann durch das stärkere kontextbezogene

Entscheidungsverhalten und die größere Verlustaversion von Frauen begründet werden.

Framing-Effekte im Zeitverlauf

Betrachtet man die vier Treatments im Zeitverlauf, so zeigt sich, dass sich die

Arbeitseinsätze über den Zeitverlauf hinweg angleichen (siehe Abbildung 17). Zum einen

sinkt die Motivationswirkung der Anreize, da diese jedes Geschäftsjahr erreicht werden

können. Zum anderen schwächt sich der Framing-Effekt ab. Denn mit nachlassendem

Involvement bzw. nachlassender kognitiver Anstrengung nimmt der Framing-Effekt ab

(Betsch & Kraus, 1998, S. 11). Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Entscheidungszeit,

die die Versicherungsvertreter für die Festlegung ihres Arbeitseinsatzes benötigt haben, in den

ersten Geschäftsjahren wesentlich höher war als in den letzten Geschäftsjahren.

64

Abb. 17: Arbeitseinsatz im Zeitverlauf

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Zagel (2010), S. 70.

Zudem verhalten sich die Versicherungsvertreter mit jedem neuen Geschäftsjahr und

mit steigender Erfahrung zunehmend rationaler. Eine zusätzliche Bonuszahlung verliert ihren

Reiz, das Arbeitsleid rückt immer mehr in den Fokus der Versicherungsvertreter, bis das

Arbeitsleid den positiven Effekt einer zusätzlichen Bonuszahlung überwiegt. Auch eine

angedrohte Rückerstattung verliert mit dem Zeitverlauf an Schrecken. Auch hier rückt eine

rationale Betrachtung der Rückerstattung mit ihren dazugehörigen Kosten in den Fokus der

Versicherungsvertreter.

Am deutlichsten wird der Effekt der rationaleren Betrachtungsweise über die Zeit

hinweg bei einer niedrigen Bonuszahlung. Aufgrund der niedrigen Bonuszahlung verliert sich

die Motivationswirkung schnell. Die Versicherungsvertreter verhalten sich gewinnoptimal

und senken ihren Arbeitseinsatz. Die Ausschreibung und ihre zusätzliche Bonuszahlung sind

unattraktiv geworden und spielen bei der Kalkulation des Arbeitseinsatzes keine Rolle mehr.

4.1.2 Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen und

Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation

4.1.2.1 Zielsetzung und Hypothesen

Die Ergebnisse aus Experiment I sind konträr zu den Ergebnissen von Fehr und

Gächter (2000), bei denen der Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher war

als im Treatment mit negativem Frame. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse

ist, dass sich die Versicherungsvertreter im Experiment nicht reziprok verhalten und die

unfreundliche Handlung des Versicherungsunternehmens nicht bestraft haben. Die fehlende

Reziprozität kann damit erklärt werden, dass die Modellierung einer Beziehung allein durch

die Instruktionen nicht funktioniert hat.

Aufgrund der fehlenden Reziprozität in Experiment I wurde Experiment II

durchgeführt. In Experiment II wurde eine Interaktionsbeziehung zwischen

Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter implementiert. Durch die Interaktion

soll das reziproke Verhalten der Probanden verstärkt und untersucht werden, ob sich der

Framing-Effekt aufgrund der Reziprozitätsnorm verändert. Die Hypothesen sind ähnlich des

Experimentes I und lauten wie folgt:

65

H1: Versicherungsunternehmen belohnen reziprokes Verhalten der Versicherungsvertreter

und wählen überwiegend eine Bonuszahlung anstatt einer Rückerstattung.

H2: Aufgrund von Reziprozität ist der Arbeitseinsatz im Verlust-Frame niedriger als im

Gewinn-Frame.

H3: Die Norm der Reziprozität dominiert das Konstrukt der Verlustaversion.

4.1.2.2 Experimentelles Design

Experiment II24

wurde im Juni 2012 durchgeführt. In einer E-Mail wurden alle

Studierenden des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-

Universität Erlangen-Nürnberg zur Teilnahme an dem Experiment eingeladen. Insgesamt

nahmen 98 Studierende am Experiment teil (60,2 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar

ausgezahlt. Während des Experiments kam die Experimentalwährung ECU zum Einsatz

(30 ECU = 1 €). Die durchschnittliche Auszahlung betrug 7,47 €. Eine Session dauerte ca. 35

Minuten. Das Experiment bestand aus drei Geschäftsjahren (Perioden).

Zu Beginn des Experiments wurden die Probanden in Gruppen zu je zwei Personen

eingeteilt. Es konnten 49 Gruppen gebildet werden. Ein Gruppenmitglied verkörpert dabei das

Versicherungsunternehmen, das andere Gruppenmitglied den Versicherungsvertreter. Die

Gruppenzusammensetzung blieb über alle drei Geschäftsjahre gleich, so dass eine

Festanstellung simuliert werden konnte. Die Versicherungsvertreter erhielten wie in

Experiment I jedes Geschäftsjahr ein Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen

aus dem Vertragsbestand sowie neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen zusammensetzt.

Ebenso konnten sich die Versicherungsunternehmen des Anreizinstruments der

Ausschreibungen mit Zielvorgaben bedienen. Die Zielvorgaben lagen ebenfalls bei 4. Das

Erreichen der Zielvorgaben ist abhängig vom effektiven Arbeitseinsatz, der sich wiederum

aus dem gewählten Arbeitseinsatz und dem externen Faktor zusammensetzt. Der externe

Faktor wurde in Experiment II am Ende eines jeden Geschäftsjahres mit Hilfe einer

Lottotrommel gezogen. In der Lottotrommel befanden sich 40 Kugeln mit den Nummern von

60 bis 100. Die Kugel mit der Nummer 60 entsprach dabei einem externen Faktor von 0,6 und

die Kugel mit der Nummer 100 einem externen Faktor von 1.

Bei Experiment II liegt ein within-subjects Design vor. Da bei Experiment I die

Effekte auf Motivation und Arbeitseinsatz bei einer hohen Anreizzahlung dominierten, wurde

das Experiment II auf eine hohe Anreizzahlung beschränkt. Das Experiment bestand aus zwei

Stufen. In der ersten Stufe wählten die Versicherungsunternehmen das Anreizsystem. Die

Versicherungsunternehmen konnten dabei zwischen einer Ausschreibung mit einer

zusätzlichen Bonuszahlung (Gewinn-Frame), einer Ausschreibung mit einer angedrohten

Rückerstattung (Verlust-Frame) oder keinem Anreiz (neutraler Frame) auswählen. Die

Anreizsysteme Bonuszahlung und Rückerstattung unterschieden sich wie in Experiment I nur

durch die Art der Darstellung (Framing), rechnerisch sind beide Anreizsysteme identisch. Es

wurde die Variante „kein Anreiz“ als neutraler Frame eingeführt. So hatten die

Versicherungsunternehmen ein weiteres Element, mit dem reziprokes Verhalten ausgedrückt

werden kann. Der Gewinn der Versicherungsunternehmen ist vom effektiven Arbeitseinsatz

des Versicherungsvertreters und von der Anreizzahlung abhängig. Die

Versicherungsunternehmen haben keinen Anreiz, kein Anreizsystem auszuwählen, da nach

24

Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XXVIII dieser Arbeit.

66

der Erwartungsnutzentheorie im Falle von keiner Anreizzahlung der Gewinn am niedrigsten

ausfällt. Nach der Erwartungsnutzentheorie sind die Versicherungsunternehmen indifferent

zwischen einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung, da beide zu einem gleich hohen

erwarteten Gewinn führen.

In der zweiten Stufe des Experiments wählten die Versicherungsvertreter ihren

Arbeitseinsatz. Wie in Experiment I variiert der Arbeitseinsatz von 1 bis 10 und ist mit

Arbeitsleid verbunden. Ist der effektive Arbeitseinsatz größer oder gleich 4, so erhalten die

Versicherungsvertreter die Anreizzahlung, wenn das Versicherungsunternehmen eine

Ausschreibung veranstaltet hat. Der gewinnoptimale Arbeitseinsatz nach der

Erwartungsnutzentheorie lag bei der Bonuszahlung und bei der Rückerstattung wieder bei 5.

Wird kein Anreiz ausgelobt, so liegt der gewinnoptimale Arbeitseinsatz bei 1. In diesem Fall

hatten die Versicherungsvertreter keinen Anreiz, einen Arbeitseinsatz größer 1 zu zeigen,

denn jeglicher Arbeitseinsatz größer 1 verursacht nur Kosten und führt zu keiner höheren

Auszahlung.

Die Auszahlungsfunktionen für Versicherungsunternehmen und Versicherungs-

vertreter der jeweiligen Treatments und die entsprechende Modellierung der Zielvorgabe sind

in Tabelle 16 dargestellt.

Tab. 16: Auszahlungsfunktionen der Treatments Experiment II

Versicherungsunternehmer

Versicherungsvertreter

Kein Anreiz

Gewinn = effektiver

Arbeitseinsatz*12 – 12

Gehalt = 20 – Arbeitsleid

Bonuszahlung

(Gewinn-

Frame)

Gewinn = effektiver

Arbeitseinsatz*12 – 12 –

Anreizzahlung

Gehalt = 12 – Arbeitsleid +

Bonuszahlung

Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:

Bonus in Höhe von 16 ECU

Rückerstattung

(Verlust-

Frame)

Gewinn = effektiver

Arbeitseinsatz*12 – 12 –

Anreizzahlung

Gehalt = 28 – Arbeitsleid –

Rückerstattung

Effektiver Arbeitseinsatz < 4:

Rückerstattung in Höhe von

16 ECU

Quelle: eigene Darstellung.

Im Anschluss an das Experiment wurden die Probanden gebeten, Fragen zu

Motivation, Fairness der Anreizsysteme und ihrer Persönlichkeit zu beantworten.

4.1.2.3 Ergebnisse

Anreizsysteme und Arbeitseinsatz

Betrachtet wird zunächst die Wahl des Anreizsystems. Tabelle 17 verdeutlicht die

gewählten Anreizsysteme über die drei Geschäftsjahre hinweg. Das dominante Anreizsystem

ist die Bonuszahlung. 67,3 % der Versicherungsunternehmen wählen im ersten Geschäftsjahr

eine Bonuszahlung, obwohl Bonuszahlung und Rückerstattung identische Kosten

67

verursachen. Die Wahl der Versicherungsunternehmen fällt überwiegend auf die

Bonuszahlung, da eine in Aussicht gestellte Bonuszahlung von den Versicherungsvertretern

als positiv und freundlich wahrgenommen wird, eine angedrohte Rückerstattung dagegen als

negativ und feindselig. Die Versicherungsunternehmen antizipieren das reziproke Verhalten

der Versicherungsvertreter und erhoffen sich durch eine in Aussicht gestellte Bonuszahlung

einen höheren Arbeitseinsatz als durch eine angedrohte Strafe. Verhalten sich die

Versicherungsvertreter aber nicht reziprok oder zeigen nicht den erwarteten Arbeitseinsatz, so

verhalten sich die Versicherungsunternehmen reziprok und bestrafen die Versicherungs-

vertreter, indem sie im nächsten Geschäftsjahr eine Rückerstattung oder sogar keinen Anreiz

wählen. Die Korrelation zwischen Reduktion des Arbeitseinsatzes und Wahl des

Anreizsystems zeigt einen mittleren positiven Zusammenhang (r = .295, p < .05). Je stärker

die Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz reduzieren, desto eher wählen die

Versicherungsunternehmen im darauffolgenden Geschäftsjahr eine Rückerstattung bzw.

keinen Anreiz aus. Am deutlichsten zeigt sich die Reziprozität von

Versicherungsunternehmen, wenn kein Anreiz ausgewählt wird. Die Versicherungs-

unternehmen verzichten auf Teile des eigenen Gewinns, um die Versicherungsvertreter zu

bestrafen.

Tab. 17: Wahl Anreizsystem über Geschäftsjahre

Geschäftsjahr 1

Geschäftsjahr 2

Geschäftsjahr 3

Kein Anreiz

14,3 % 8,2 % 18,4 %

Bonuszahlung

67,3 % 57,1 % 44,9 %

Rückerstattung

18,4 % 34,7 % 36,7 %

Quelle: eigene Darstellung.

Die Versicherungsunternehmen verhalten sich reziprok und wählen überwiegend eine

Bonuszahlung, um einen hohen Arbeitseinsatz zu belohnen. Die Ergebnisse sind konform mit

Hypothese H1. Daher kann Hypothese H1 nicht verworfen werden.

Tabelle 18 zeigt die Mittelwerte der gezeigten Arbeitseinsätze über die Geschäftsjahre

hinweg. Im ersten Geschäftsjahr zeigt sich ein Unterschied zwischen dem gezeigten

Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung. Der Arbeitseinsatz ist bei

einer Bonuszahlung höher, als wenn die Rückerstattung als Anreiz ausgewählt wird (MW Bonus

= 6,82 vs. MW Rückerstattung = 6,33, p < .05 [Moses-Test]). Im zweiten Geschäftsjahr geht die

Höhe des Arbeitseinsatzes generell leicht zurück und der Unterschied zwischen Bonuszahlung

und Rückerstattung gleicht sich langsam an. Dennoch ist der Arbeitseinsatz bei einer

Bonuszahlung höher als bei einer Rückerstattung (MW Bonus = 6,57 vs. MW Rückerstattung = 6,29,

p < .1 [Moses-Test]). Im dritten Geschäftsjahr verliert der Framing-Effekt seine Wirkung und

es ergeben sich keine Leistungsunterschiede in den beiden Treatments zwischen einer

Bonuszahlung und einer Rückerstattung.

68

Tab. 18: Mittelwert Arbeitseinsatz über Geschäftsjahre

Geschäftsjahr 1

Geschäftsjahr 2

Geschäftsjahr 3

Kein Anreiz

2,00 1,75 1,78

Bonuszahlung

6,82 6,57 6,55

Rückerstattung

6,33 6,29 6,61

Quelle: eigene Darstellung.

Nicht nur die Versicherungsunternehmen verhalten sich reziprok, sondern auch die

Versicherungsvertreter. Die Versicherungsvertreter empfinden eine zusätzliche Bonuszahlung

als eine freundliche Handlung des Versicherungsunternehmens und zeigen daher einen

höheren Arbeitseinsatz als bei einer Rückerstattung, die als feindselige Handlung empfunden

wird. Die Reziprozität der Versicherungsvertreter zeigt sich auch, wenn man den Wechsel des

Anreizsystems und die Änderung des Arbeitseinsatzes betrachtet. Die Korrelation zeigt einen

mittleren negativen Zusammenhang (r = –.403, p < .01). Wechselt das Versicherungs-

unternehmen das Anreizsystem und wählt statt einer Rückerstattung eine Bonuszahlung, so

erhöhen die reziproken Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz stark. Wird dagegen von

einer Bonuszahlung auf eine Rückerstattung gewechselt, so steigt der Arbeitseinsatz zwar,

aber nur in einem geringeren Ausmaß als bei einem Wechsel auf eine Bonuszahlung. Die

Versicherungsvertreter belohnen den Wechsel auf eine Bonuszahlung mit einem hohen

Arbeitseinsatz. Das reziproke Verhalten der Versicherungsvertreter wird auch bei einem

Wechsel auf kein Anreizsystem deutlich. Wählt das Versicherungsunternehmen

beispielsweise im zweiten Geschäftsjahr keinen Anreiz, so reduzieren die

Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz. Dennoch liegt der Arbeitseinsatz über dem

gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 1. Die Versicherungsvertreter zeigen einen höheren

Arbeitseinsatz als 1 und nehmen zusätzliches Arbeitsleid in Kauf. Sie möchten dem

Versicherungsunternehmen durch einen etwas höheren Arbeitseinsatz als 1 zeigen, dass sie

gewillt sind zu arbeiten und kooperieren möchten. Zudem erhoffen sich die

Versicherungsvertreter, dass das Versicherungsunternehmen ihr freundliches Verhalten

erkennt und sich ebenfalls reziprok verhält und wieder eine Anreizzahlung auswählt. Anders

sieht es im dritten Geschäftsjahr aus. Wird im letzten Geschäftsjahr auf einen Anreiz

verzichtet, so reduzieren die Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz signifikant. Da die

Geschäftsbeziehung nach diesem Jahr zu Ende ist, können die Versicherungsvertreter

bestrafen, ohne dass sie ein negatives Verhalten des Unternehmens befürchten müssen.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Arbeitseinsatz aufgrund von Reziprozität bei einer

Bonuszahlung (Gewinn-Frame) höher als bei einer angedrohten Rückerstattung (Verlust-

Frame) ist. Die Ergebnisse sind konform mit Hypothese H2. Daher kann Hypothese H2 nicht

verworfen werden.

Geschlechtsunterschiede

Frauen und Männer unterscheiden sich in der Höhe des gezeigten Arbeitseinsatzes. Im

Zeitverlauf bleibt der Arbeitseinsatz von Frauen meist auf einem gleich hohen Niveau. Der

Arbeitseinsatz von Männern dagegen schwankt im Laufe der Zeit. Im ersten Geschäftsjahr

zeigen Männer einen signifikant höheren Arbeitseinsatz als Frauen (MW männlich = 6,50 vs.

MW weiblich = 5,72, p < .05 [Moses-Test]). Im zweiten Geschäftsjahr beginnen die Männer

ihren Arbeitseinsatz zu reduzieren, Frauen dagegen erhöhen ihren Arbeitseinsatz leicht (MW

männlich = 6,10 vs. MW weiblich = 6,07). Im zweiten Geschäftsjahr unterscheiden sich die

Geschlechter nicht signifikant in der Höhe ihres Arbeitseinsatzes. Im dritten Geschäftsjahr

69

reduzieren die männlichen Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz weiter, so dass dieser

sogar unterhalb des Levels der weiblichen Versicherungsvertreter sinkt (MW männlich = 6,55 vs.

MW weiblich = 5,79, p < .1 [Moses-Test]). Männer senken ihren Arbeitseinsatz über die Zeit, da

sie den gezeigten Arbeitseinsatz sukzessive an den gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 5

anpassen. Frauen dagegen verhalten sich reziprok und belohnen den Einsatz eines

Anreizsystems.

Das unterschiedliche rationale bzw. reziproke Verhalten der Geschlechter zeigt sich

auch bei der Betrachtung der Höhe des Arbeitseinsatzes in Abhängigkeit vom Anreizsystem.

Tabelle 19 zeigt die Geschlechtsunterschiede im Arbeitseinsatz über die verschiedenen

Anreizsysteme hinweg.

Tab. 19: Arbeitseinsatz von Frauen und Männern bei verschiedenen Anreizsystemen

Frauen

Männer

Kein Anreiz

2,21 1,00

Bonuszahlung

6,66 6,26

Rückerstattung

6,40 6,58

Quelle: eigene Darstellung.

Wird kein Anreiz von den Versicherungsunternehmen ausgewählt, so zeigen Frauen

einen höheren Arbeitseinsatz als Männer (MW männlich = 1,00 vs. MW weiblich = 2,21, p < .01

[Moses-Test]). Die männlichen Versicherungsvertreter verhalten sich rational und zeigen im

Durchschnitt den gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 1. Frauen dagegen reduzieren zwar

ihren Arbeitseinsatz, allerdings nicht auf das gewinnoptimale Niveau. Bei Frauen überwiegt

die Reziprozität die Rationalität. Durch das Absenken des Arbeitseinsatzes nicht auf das

minimale Niveau erhoffen sich Frauen, dass das Versicherungsunternehmen ihren guten

Willen und Einsatz vergütet und sich im nächsten Geschäftsjahr ebenfalls reziprok verhält

und wieder einen Anreiz auswählt.

Im Falle einer Bonuszahlung zeigen Frauen ebenfalls einen höheren Arbeitseinsatz als

Männer (MW männlich = 6,26 vs. MW weiblich = 6,66, p < .05 [Moses-Test]). Lediglich bei einer

angedrohten Rückerstattung ist der Arbeitseinsatz von Männern höher als der Arbeitseinsatz

von Frauen (MW männlich = 6,58 vs. MW weiblich = 6,40, p < .01 [Moses-Test]). Auch hier wird

das reziproke Verhalten der Frauen deutlich. Bei einer angedrohten Rückerstattung ist der

Arbeitseinsatz von Frauen niedriger. Frauen empfinden eine angedrohte Rückerstattung als

eine feindselige, negative Handlung des Versicherungsunternehmens. Daher bestrafen Frauen

das Versicherungsunternehmen, welches eine Rückerstattung ausgewählt hat, durch einen

niedrigen Arbeitseinsatz. Die Entscheidungen von Männern dagegen werden von der

Verlustaversion gemäß der Prospect-Theorie geprägt. Männer bewerten daher eine Erhöhung

des Verlusts beispielsweise negativer als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung des Gewinns.

Daher zeigen Männer einen höheren Arbeitseinsatz im Verlust-Frame (Rückerstattung) als im

Gewinn-Frame (Bonuszahlung).

Weitere Ergebnisse

91,8 % der Probanden fühlen sich durch eine Bonuszahlung motiviert, einen höheren

Arbeitseinsatz zu zeigen. Zudem empfinden 95,9 % eine zusätzliche Bonuszahlung als ein

faires Anreizinstrument. Durch eine angedrohte Rückerstattung werden dagegen nur 54,1 %

motiviert und lediglich 39,8 % empfinden dieses Anreizsystem als fair. Wird kein Anreiz

70

ausgelobt, so sind 12,2 % der Probanden dennoch motiviert. Kein zusätzlicher Anreiz wird als

unfair angesehen. Lediglich 13,3 % der Probanden empfinden es als fair, wenn kein Anreiz

ausgelobt wird. Bei der Beurteilung der Anreizsysteme ergeben sich keine signifikanten

Unterschiede zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter.

Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss auf die Beurteilung von

Anreizsystemen. Um die Persönlichkeitseigenschaften der Teilnehmer zu erfassen, wurde die

Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) herangezogen.

Die Teilnehmer sollten im Anschluss an das Experiment 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit

beantworten. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt

werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Verträglichkeit,

Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.

Bei Personen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit besonders

ausgeprägt ist, zeigt sowohl eine zusätzliche Bonuszahlung (p < .01) als auch eine angedrohte

Rückerstattung eine große Motivationswirkung (p < .05). Weiter hat kein Anreiz einen umso

negativeren Effekt auf die Motivation, je stärker die Persönlichkeitseigenschaft

Gewissenhaftigkeit ausgeprägt ist (p < .05). Diese Personen zeichnen sich beispielsweise

besonders durch ein Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und

Selbstdisziplin aus, daher ist ein Anreizsystem zur Wertschätzung der Leistung dieser

Personen besonders wichtig.

Die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit beeinflusst auch das

Fairnessempfinden der Anreizsysteme. Je gewissenhafter eine Person ist, desto fairer wird

eine zusätzliche Bonuszahlung angesehen (p < .05) und desto unfairer wird es empfunden,

wenn kein Anreiz ausgelobt wird (p < .01). Personen, bei denen die

Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit besonders ausgeprägt ist, empfinden eine

Bonuszahlung dagegen eher als unfair (p < .01). Eine Person, bei denen die Eigenschaft

Verträglichkeit dominant ist, lässt sich beispielsweise durch Bescheidenheit, Nachgiebigkeit,

Vertrauen und Altruismus charakterisieren.

Vergleich Experiment I und Experiment II

In Experiment I dominierte die Verlustaversion nach der Prospect-Theorie die

Entscheidungen der Versicherungsvertreter, da nicht genügend Reziprozität erzeugt werden

konnte. Experiment II zeichnet sich dagegen durch eine starke Reziprozität aus. Um zu

untersuchen, ob Verlustaversion oder Reziprozität die stärkere Norm ist, werden die

Ergebnisse der beiden Experimente miteinander verglichen. Tabelle 20 zeigt die

Arbeitseinsätze bei einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung bei beiden Experimenten im

Vergleich.

Tab. 20: Vergleich der Arbeitseinsätze Experiment I und Experiment II

Experiment I

Experiment II

Bonuszahlung

6,67 6,81

Rückerstattung

6,85 6,33

Quelle: eigene Darstellung.

Wie bereits erläutert ist in Experiment I der Arbeitseinsatz bei einer Rückerstattung

höher als bei einer Bonuszahlung (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Rückerstattung I = 6,85). In

Experiment II dagegen ist der Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung höher als bei einer

71

Rückerstattung (MW Bonus II = 6,81 vs. MW Rückerstattung II = 6,33). In beiden Experimenten sind

die Arbeitseinsätze über dem gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 5, so dass sowohl

Bonuszahlung als auch Rückerstattung zu einer Steigerung im Arbeitseinsatz führen.

Allerdings ist der Arbeitseinsatz in Experiment I höher als in Experiment II (MW Experiment I =

6,76 vs. MW Experiment II = 6,71, p < .1 [Moses–Test]). In Experiment II ist der Arbeitseinsatz

im Durchschnitt niedriger als in Experiment I, da die Versicherungsvertreter sich reziprok

verhalten und eine angedrohte Rückerstattung mit einem niedrigeren Arbeitseinsatz bestrafen.

Der Arbeitseinsatz bei einer Rückerstattung in Experiment II ist sogar niedriger als der

Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung in Experiment I (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Rückerstattung II

= 6,33). Die große Reduktion des Arbeitseinsatzes bei vorliegender Reziprozität in

Experiment II spricht dafür, dass Reziprozität eine starke Norm ist und das Konstrukt der

Verlustaversion dominiert.

Im Falle einer Bonuszahlung ist der Arbeitseinsatz in Experiment II höher als in

Experiment I (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Bonus II = 6,81, p < .05 [Moses–Test]). Im Falle einer

Rückerstattung ist der Arbeitseinsatz in Experiment I höher als in Experiment II (MW

Rückerstattung I = 6,85 vs. MW Rückerstattung = 6,33, p < .01 [Moses–Test]). Handelt es sich um ein

Experiment mit Interaktion, so ist die Norm der Reziprozität stärker als das Konstrukt der

Verlustaversion. Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H3 nicht verworfen werden kann.

4.2 Empirische Untersuchungen zur Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb

4.2.1 Experiment zur Effizienz und zu passiven Selektionseffekten bei der Turnierentlohnung

von Versicherungsvertretern

Da der Motivationseffekt von Turnieren als Anreizinstrument untersucht werden soll,

wurden als Untersuchungsmethode aus den Gründen, die bereits bei den Experimenten zu

Framing-Effekten erläutert wurden, ein anreizkompatibles Experiment gewählt.

4.2.1.1 Zielsetzung und Hypothesen

Mit Hilfe eines anreizkompatiblen Experiments sollen die Effizienz der

Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb sowie passive Selektionseffekte untersucht

werden. Da Persönlichkeitseigenschaften und externe Faktoren nicht vom

Versicherungsunternehmen beeinflusst werden können, sind Gestaltungsparameter des

Turniers die wichtigsten Faktoren, mit denen die Effizienz und die passiven Selektionseffekte

eines Turniers beeinflusst werden. In diesem Experiment stehen daher die Anzahl und die

Höhe an Preisen sowie die Präsentation von Zwischenständen während des Turniers im

Mittelpunkt. In bisherigen Experimenten und Studien wurden diese Variablen noch nicht in

einer einzelnen Untersuchung kombiniert und analysiert. Aufgrund der theoretischen

Überlegungen und bisherigen Ergebnisse lassen sich dazu folgende Hypothesen ableiten:

H1a: Je mehr Preise ausgespielt werden, desto größer ist die Effizienz.

H1b: Je mehr Preise ausgespielt werden, desto geringer ist die passive Selektion.

H2a: Je höher die ausgespielten Preise, desto größer ist die Effizienz.

H2b: Je höher die ausgespielten Preise, desto geringer ist die passive Selektion.

H3a: Je öfter die Zwischenstände eingeblendet werden, desto größer ist die Effizienz.

H3b: Je öfter die Zwischenstände eingeblendet werden, desto größer ist die passive Selektion.

72

4.2.1.2 Experimentelles Design

Das Experiment25

wurde mit z-tree (Fischbacher, 2007) programmiert und zwischen

Januar und Mai 2011 im Laboratory for Experimental Research in Nuremberg (LERN) am

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-

Nürnberg durchgeführt. Registrierte Teilnehmer wurden über das Online-Recruitingtool Orsee

per E-Mail zur Teilnahme eingeladen (Greiner, 2004). Insgesamt nahmen 237 Studierende an

der Studie teil (60,8 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar ausgezahlt. Während des

Experiments kam die Experimentalwährung ECU (25 ECU = 1 €) zum Einsatz. Die

durchschnittliche Auszahlung betrug 6,12 €. Eine Session dauerte ca. 45 Minuten (Wedel &

Steul-Fischer, 2012, S. 567).

Die Teilnehmer sollten sich in die Situation versetzen, sie seien ein bei einem

Versicherungsunternehmen26

angestellter Versicherungsvertreter. Der Vertriebsleiter des

Versicherungsunternehmens hat jeden Versicherungsvertreter verschiedenen Verkaufs-

gebieten zugeteilt. In jedem Verkaufsgebiet arbeiten insgesamt zehn Versicherungsvertreter.

Die Zuordnung zu den Verkaufsgebieten blieb während des gesamten Experiments

unverändert. Das Versicherungsunternehmen veranstaltet nun zwei Jahre hintereinander in

jedem Geschäftsjahr für jedes seiner Verkaufsgebiete ein Turnier. Da in jedem Verkaufs-

gebiet zehn Versicherungsvertreter arbeiten, nehmen neben den Experimentteilnehmern noch

jeweils neun weitere Versicherungsvertreter, die durch den Computer simuliert27

werden, an

diesen Turnieren teil. In jedem Turnier erhalten die Versicherungsvertreter, die in ihrem

Verkaufsgebiet den größten Arbeitseinsatz gezeigt haben, eine zusätzliche Bonuszahlung

(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 567).

Jedes Turnier dauert ein Geschäftsjahr. Ein Geschäftsjahr besteht aus je vier Quartalen

(dynamisches Turnier). Um das Experiment an Turniere bei Versicherungen anzupassen und

somit die externe Validität zu erhöhen, wurde ein dynamisches Turnier gewählt. So konnte

die Einblendung von Zwischenständen realisiert und die Dauer eines Turniers über einen

längeren Zeitraum simuliert werden. Zu Beginn eines jeden Quartals bestimmen die

Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz28

anhand einer Tabelle (siehe Tabelle 21)

(Irlenbusch & Sliwka, 2005). Die Arbeitseinsätze aus den jeweiligen vier Quartalen werden

summiert. Nach vier Quartalen werden die Sieger ermittelt und die Gewinne ausgezahlt. Der

Arbeitseinsatz ist jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden. Ebenso wurde in jedem Quartal

der Arbeitseinsatz der computersimulierten Versicherungsvertreter anhand der Arbeitseinsatz-

25

Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XXXII dieser Arbeit. 26

Das Versicherungsunternehmen wurde im Experiment durch die Instruktionen simuliert. Kein Teilnehmer

nahm während des Experiments die Rolle des Versicherungsunternehmens bzw. des Vertriebsleiters ein. 27

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Computersimulation der Gegenspieler die Ergebnisse verzerrt hat.

Aufgrund der Richtlinien des Experimental Labors (LERN) mussten die Teilnehmer auf die Computersimulation

hingewiesen werden. Der Hinweis erfolgte in den Instruktionen in einem Nebensatz, so dass die

Computersimulation den Teilnehmern oft nicht bewusst wurde. Dies wird besonders in der offenen Frage

deutlich, bei der die Teilnehmer ihre Strategie beschreiben konnten. Fast alle Teilnehmer sprachen von ihren

Gegenspielern, als wären sie real. Manche bezeichneten sie gar als „blöd“. Die Tatsache der Computersimulation

wurde den Teilnehmern erst bei den anschließenden Fragen, die sich auf die Simulation bezogen, bewusst. Dabei

gaben nur knapp 20 % an, dass sie sich anders verhalten hätten, wenn es sich um reale Gegenspieler gehandelt

hätte. Darüber hinaus gaben fast 50 % an, ihre Entscheidungen unabhängig von den anderen Turnierteilnehmern

getroffen zu haben. 28

Bei den Experimenten zu Framing-Effekten hat sich gezeigt, dass die gewählte Arbeitseinsatz-Arbeitsleid-

Funktion nur eine geringe Variation bei der Wahl des Arbeitseinsatzes zulässt. Daher wurde die Tabelle

überarbeitet und die Version von Irlenbusch und Sliwka (2005) herangezogen.

73

Arbeitsleid-Funktion per Zufallsmechanismus ermittelt (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 567-

568).

Tab. 21: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Turnierentlohnung)

Arbeitseinsatz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Arbeitsleid 0 0,04 0,17 0,37 0,66 1,04 1,49 2,03 2,66 3,36 4,15 5,02

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 5,98 7,01 8,13 9,34 10,6 12 13,5 15 16,6 18,3 20,1 22 23,9 25,9

Quelle: Irlenbusch & Sliwka (2005), S. 26.

Das Arbeitsleid hat dabei einen negativen Einfluss auf die Gehaltszahlung,

wohingegen der gezeigte Arbeitseinsatz die Gehaltszahlung positiv beeinflusst. Das Gehalt

der Versicherungsvertreter wird durch eine Auszahlungsfunktion (siehe Abbildung 18)

bestimmt. Diese umfasst einen Fixbetrag (Grundgehalt) und einen variablen Anteil

(Provision) sowie die Bonuszahlung im Falle eines Turniergewinns. Im Anschluss an jede

Entscheidung wurden die Probanden gebeten, verschiedene Fragen zur Motivation,

empfundenen Gewinnwahrscheinlichkeit und Strategie zu beantworten (Wedel & Steul-

Fischer, 2012, S. 567-568).

Abb. 18: Auszahlungsfunktion Turnierentlohnung

Quelle: eigene Darstellung.

Die Probanden wurden per Zufall einem von acht Treatments des 2 (Preisanzahl) x 2

(Preishöhe) x 2 (Einblendung der Zwischenstände) between-subjects Design zugewiesen. Die

Versicherungsvertreter kämpften dabei um drei oder sechs Preise. Die Preise waren entweder

niedrige (Hälfte des Fixbetrages) oder hohe (das Doppelte des Fixbetrages) Bonuszahlungen.

Diese Bonuszahlung erhielten nur die Turniergewinner. Die Versicherungsvertreter, die das

Turnier nicht gewonnen haben, erhielten wie gewohnt ihre erwirtschafteten Provisionen.

Zwischenstände mit den aktuellen Platzierungen wurden den Teilnehmern entweder nach

jedem Quartal gezeigt oder erst nach dem dritten Quartal. Jeder Teilnehmer erhielt dabei nur

Informationen zur eigenen Platzierung eingeblendet. Die Platzierung der Gegenspieler wurde

nicht bekannt gegeben. In den Treatments, in denen die Zwischenstände erst nach dem dritten

Quartal eingeblendet wurden, erhielten die Probanden lediglich Informationen zu ihrem

erwirtschafteten Gehalt (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568).

4.2.1.3 Ergebnisse

Effizienz der Turnierentlohnung

Die Effizienz des Turniers wurde durch den gewählten Arbeitseinsatz gemessen.

Zeigten die Teilnehmer einen hohen Arbeitseinsatz, so ist davon auszugehen, dass sie sehr

motiviert sind und das Turnier unbedingt gewinnen wollen.

Gehalt = 10 + (0,6 * Arbeitseinsatz) – Arbeitsleid + Preis

Fixbetrag Provision Bonuszahlung

74

Eine 2x2x2 ANOVA zeigt sowohl einen signifikanten Einfluss der Preishöhe (F

(1,237) = 8.425, p < .01) als auch einen marginal signifikanten Interaktionseffekt zwischen

der Höhe und der Anzahl an Preisen (F (1,237) = 2.876, p < .1) und einen marginal

signifikanten Interaktionseffekt zwischen der Preisanzahl und der Einblendung der

Zwischenstände (F (1,237) = 3.055, p < .1) (siehe Tabelle 22) (Wedel & Steul-Fischer, 2012,

S. 568).

Tab. 22: ANOVA Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung)

Arbeitseinsatz

F Sig.

konstanter Term 3332,282 0,000

Preishöhe 8,425 0,004

Preisanzahl 1,290 0,257

Zwischenstand 0,677 0,411

Bonus*Preisanzahl 2,876 0,091

Bonus*Zwischenstand 0,518 0,472

Preisanzahl*Zwischenstand 3,055 0,082

Bonus*Preisanzahl*Zwischenstand 1,989 0,160

Quelle: eigene Darstellung.

Tabelle 23 zeigt die Mittelwerte des Arbeitseinsatzes. Entsprechend der

Arbeitseinsatzfunktion liegt der Arbeitseinsatz zwischen 0 und 25. Der gewinnoptimale

Arbeitseinsatz ist 7.

Tab. 23: Mittelwerte Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung)

MW

Arbeitseinsatz

Preishöhe niedrig 11,7

hoch 12,9

Preisanzahl 3 Preise 12,6

6 Preise 12,1

Einblendung

Zwischenstände

immer 12,5

3. Quartal 12,1

Quelle: eigene Darstellung.

Eine hohe Bonuszahlung steigert die Motivation. Bei einem niedrigen Bonus zeigen

die Versicherungsvertreter einen niedrigeren Arbeitseinsatz im Vergleich zu einer hohen

Bonuszahlung (MW niedrig = 11,7 und MW hoch = 12,9). Diese Ergebnisse stimmen mit

Hypothese H2a für den Arbeitseinsatz überein. Die Hypothesen H1a und H3a sind dagegen nur

75

in Bezug auf die Interaktionseffekte zwischen Preisanzahl und Preishöhe sowie zwischen

Preisanzahl und der Einblendung von Zwischenständen gültig. Daher können die Hypothesen

nicht verworfen werden.

Der Arbeitseinsatz ist größer, wenn nur drei Preise ausgespielt werden (siehe

Abbildung 19). Ein hoher Bonus gewinnt dabei durch die Exklusivität zusätzlich an

Attraktivität. Ein niedriger Bonus dagegen strahlt generell nur eine geringe Anreizwirkung

aus. Durch eine Erhöhung der Gewinnchance (sechs Preise anstatt drei) kann die Motivation

allerdings gesteigert werden (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568).

Abb. 19: Interaktionseffekt zwischen Preishöhe und Preisanzahl

Quelle: eigene Darstellung.

Der Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und der Einblendung von

Zwischenständen (siehe Abbildung 20) zeigt, dass bei einer geringen Gewinnchance (drei

Preise) ein ständiges Einblenden der Zwischenstände die Versicherungsvertreter motiviert.

Die Versicherungsvertreter können durch das ständige Feedback ihre eigenen Leistungen und

die der Konkurrenten besser einschätzen. Sie können beispielsweise ihren Arbeitseinsatz

steigern, wenn sie Gefahr laufen, nicht zu gewinnen, und sehen, dass höhere Leistungen mit

besseren Plätzen belohnt werden. Dies fördert die Motivation und weckt den Ehrgeiz. Werden

die Zwischenstände erst nach dem dritten Quartal eingeblendet, mussten die

Versicherungsvertreter ihre Leistungen und die der Konkurrenten selbst einschätzen. Es fehlt

der zusätzliche Ansporn durch ständiges Feedback. Die Zwischenstände im dritten Quartal

führen bei einer Hälfte zu einem starken Leistungsansprung, was allerdings im letzten Quartal

unerheblich ist. Bei der anderen Hälfte auf den hinteren Plätzen wird dagegen eher die passive

Selektion gefördert (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568-569).

76

Abb. 20: Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und Einblendung von Zwischenständen

Quelle: eigene Darstellung.

Bei einer hohen Gewinnchance (sechs Preise) fördert die Einblendung von

Zwischenständen nach jedem Quartal dagegen das gewinnoptimale Verhalten der

Versicherungsvertreter. Da die sechs Preise alle gleichwertig sind und der Erstplatzierte eine

Bonuszahlung in gleicher Höhe wie der Sechstplatzierte erhält, wählen die

Versicherungsvertreter den kleinstmöglichen Arbeitseinsatz, um noch einen der Preise zu

erhalten. Wenn sechs Preise ausgespielt werden, ist der Arbeitseinsatz daher höher, wenn den

Versicherungsvertretern ihre Platzierung weitestgehend unbekannt ist und erst nach dem

dritten Quartal bekanntgegeben wird (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568-569.

Passive Selektionseffekte

Die passive Selektion wurde im Anschluss an die jeweiligen Entscheidungen zum

Arbeitseinsatz gemessen. Die Teilnehmer sollten ihre Wahrscheinlichkeit, einen der Preise zu

gewinnen, auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = sehr wahrscheinlich und

5 = unwahrscheinlich) einschätzen. Sahen die Teilnehmer keine Chance zu gewinnen, wurde

dies als passive Selektion interpretiert.

Alle drei unabhängigen Variablen üben einen signifikanten Einfluss auf die passive

Selektion aus. Die Preishöhe ist hoch signifikant (F (1,237) = 8,732, p < .01), wohingegen die

Preisanzahl (F (1,237) = 2,974, p < .1) und die Einblendung von Zwischenständen (F (1,237)

= 3,221, p < .1) nur marginal signifikant sind. Die Interaktionseffekte sind nicht signifikant

(siehe Tabelle 24).

77

Tab. 24: ANOVA passive Selektion

passive Selektion

F Sig.

konstanter Term 3559,523 0,000

Bonus 8,732 0,003

Preisanzahl 2,974 0,086

Zwischenstand 3,221 0,074

Bonus*Preisanzahl 0,370 0,544

Bonus*Zwischenstand 0,015 0,902

Preisanzahl*Zwischenstand 1,295 0,256

Bonus*Preisanzahl*Zwischenstand 1,102 0,295

Quelle: eigene Darstellung.

Tabelle 25 zeigt die Mittelwerte der passiven Selektion. Ein hoher Bonus senkt die

passive Selektion. Bei einem niedrigen Bonus sehen die Versicherungsvertreter im

Durchschnitt ihre Gewinnchancen eher schlechter. Auch eine Erhöhung der Preisanzahl

reduziert das Ausmaß an passiver Selektion. Werden sechs anstatt drei Preise ausgespielt, so

sinkt die passive Selektion (MW drei = 2,6 und MW sechs = 2,4). Ein ständiges Feedback fördert

dagegen die passive Selektion. Die Versicherungsvertreter können ihre Leistungen besser

einschätzen und geben eher auf, wenn sie auf einem der letzten Plätze sind.

Tab. 25: Mittelwerte passive Selektion

MW passive

Selektion

Preishöhe niedrig 2,6

hoch 2,4

Preisanzahl 3 Preise 2,6

6 Preise 2,4

Einblendung

Zwischenstände

immer 2,6

3. Quartal 2,4

Quelle: eigene Darstellung.

Diese Ergebnisse sind übereinstimmend mit den Hypothesen H1b, H2b und H3b für den

Selektionseffekt. Daher können die Hypothesen nicht verworfen werden.

Darüber hinaus zeigt sich, dass Versicherungsvertreter, die das Turnier unbedingt

gewinnen wollen, eine signifikant niedrigere passive Selektion aufweisen als die

Versicherungsvertreter, denen die Platzierung im Turnier egal ist (p < .01).

Der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften

Die Persönlichkeit eines Individuums kann einen Einfluss auf die Effizienz eines

Turnieres und die passive Selektion ausüben. Um die Persönlichkeitseigenschaften der

78

Teilnehmer zu erfassen, wurde die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach

Rammstedt und John (2005) herangezogen. Die Teilnehmer sollten im Anschluss an das

Experiment 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantworten.

In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt

werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Verträglichkeit,

Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.

Personen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit besonders

ausgeprägt ist, zeigen einen höheren Arbeitseinsatz und weisen eine geringere passive

Selektion auf (p < .01). Diese Personen zeichnen sich beispielsweise besonders durch ein

Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und Selbstdisziplin aus. Zeichnet sich

eine Person dagegen eher durch Extraversion (z. B. Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität und

Begeisterungsfähigkeit) aus, so zeigt sie eher einen geringeren Arbeitseinsatz (p < .1).

Bei der passiven Selektion spielen neben der Gewissenhaftigkeit noch die

Persönlichkeitseigenschaften Verträglichkeit und Offenheit für Erfahrungen eine Rolle. Eine

Person, die sich beispielsweise durch Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen und

Altruismus charakterisieren lässt (Verträglichkeit), weist geringere Werte an passiver

Selektion auf (p < .1). Ebenso ist die passive Selektion geringer, wenn Personen offener für

neue Erfahrungen sind und somit Gefühle, neue Ideen, Abwechslung und ein flexibles

Normensystem wertschätzen (p < .1).

Das Einblenden der Zwischenstände hat eine besonders hohe Motivationswirkung,

wenn Personen besonders gewissenhaft sind. Gewissenhafte Personen sind darüber hinaus

stolzer, wenn sie einen Preis im Turnier gewonnen haben, als Personen, bei denen die

Persönlichkeitseigenschaft weniger ausgeprägt ist.

Das Wettbewerbsverhalten von Frauen und Männern

Gupta, Poulssen und Villeval (2005) sowie Gneezy, Niederle und Rustichini (2003)

zeigen, dass das Geschlecht die Selektion und die Wahl des Arbeitseinsatzes beeinflusst.

Auch in diesem Experiment übt das Geschlecht einen Einfluss auf den Arbeitseinsatz aus (p <

.01). Frauen zeigen über alle Treatments hinweg einen höheren Arbeitseinsatz als Männer

(MW weiblich = 12,86 und MW männlich = 11,63). Bei Frauen ist der Arbeitseinsatz unabhängig

von den Treatments. Sie zeigen immer einen gleich hohen Arbeitseinsatz. Bei Männern

dagegen ist der Arbeitseinsatz abhängig von der Bonushöhe. Bei einem niedrigen Bonus

verhalten sich Männer eher rational und gewinnoptimal. Der Bonus übt nur eine geringe

Anreizwirkung auf sie aus und sie zeigen einen niedrigen Arbeitseinsatz (MW männlich = 10,57).

Auf Frauen wirkt dagegen schon ein niedriger Bonus motivierend und sie wollen auf jeden

Fall einen Sieg davontragen. Erst ein hoher Bonus kann den männlichen Ehrgeiz wecken

(MW männlich = 12,71). Gewinnen dann auch nur die besten drei Versicherungsvertreter einen

Bonus, so steigt der Arbeitseinsatz weiter (MW männlich = 13,86). Erst hier zeigen Männer einen

höheren Arbeitseinsatz als Frauen (MW weiblich = 13,42). Dabei besteht bei Männern die

Gefahr, dass sie ihre Leistungen und Gewinnwahrscheinlichkeit falsch einschätzen und sich

somit selbst überschätzen.

Ebenso übt das Geschlecht einen hoch signifikanten Einfluss auf die passive Selektion

aus (p < .01). Da nur ein hoher Bonus einen Anreiz auf Männer ausübt, tendieren Männer

dazu, bei einem niedrigen Bonus sich nicht dem Wettbewerb zu stellen. Bei Frauen ist die

passive Selektion wiederum unabhängig von der Bonushöhe.

Frauen verlassen sich zudem bei ihren Entscheidungen auf gemachte Erfahrungen. Nur

11,1 % der Frauen gaben an, dass ihr Abschneiden im vergangenen Turnier ihren

79

Arbeitseinsatz im aktuellen Turnier nicht beeinflusst. Bei den Männern waren es dagegen

26,9 %.

Weitere Ergebnisse

Die Beurteilung der Turnierentlohnung im Allgemeinen ist stark vom Abschneiden der

Teilnehmer in vergangenen Turnieren abhängig. Ständige Niederlagen führen zu

Demotivation und Frustration (r = –.511, p < .01). Das ständige Einblenden von

Zwischenständen verstärkt diese Emotionen (r = –.507, p < .01). Zudem fühlen sich die

Teilnehmer eher ungerecht behandelt. Sie sind der Meinung, dass die erzielte Platzierung

nicht ihren gezeigten Leistungen entsprach (r = –.226, p < .01) und dass die Leistung der

anderen Teilnehmer mehr honoriert wurde als die eigene (r = .179, p < .01). Waren die

Teilnehmer dagegen siegreich, werden Turniere als eine positives Vergütungssystem gesehen

und die Teilnehmer empfinden die Turnierentlohnung als eine gerechte Form der Entlohnung

(r = –.155, p < .05). Hier zeigt sich bei ungleichheitsaversen Teilnehmern, dass eine positive

Ungleichheit mehr Nutzen stiftet als eine negative Ungleichheit. Somit schneidet das

Vergütungssystem besser ab.

Für Versicherungsvertreter in der Praxis ist ein ständiger Wettbewerbs- und

Leistungsdruck Alltag. Daher kann auch argumentiert werden, dass die Turnierentlohnung

von den Versicherungsvertretern in der Praxis, unabhängig von siegreichem Verhalten, als

besonders fair empfunden wird, da jeder Vertreter entsprechend seinen Leistungen entlohnt

wird.

4.2.2 Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung im

Versicherungsvertrieb

Als Untersuchungsmethode wurde eine quantitative Befragung unter

Versicherungsvermittlern ausgewählt, da der Nutzen einer Auszeichnung überwiegend

immateriell ist. Dieser immaterielle Nutzen ist nur sehr schwer bis überhaupt nicht in einem

Laborexperiment, ähnlich dem Experiment zur Turnierentlohnung, umzusetzen, da monetäre

Auszahlungen im Vordergrund stehen. Ebenso verfehlt beispielsweise eine Umrechnung der

Auszeichnung in monetäre Auszahlungen ihre Wirkung. Zudem verbinden Studierende in

einem Laborexperiment keinen hohen immateriellen Nutzen mit einer Auszeichnung wie es

beispielsweise bei Versicherungsvertretern oder -vermittlern der Fall wäre. Daher wäre die

externe Validität in einem Experiment mit Studierenden nicht gegeben. Aus diesen Gründen

wurde eine quantitative Befragung unter Versicherungsvermittlern durchgeführt.

4.2.2.1 Zielsetzung und Hypothesen

Neckermann und Frey (2008) untersuchten in einer Vignetten-Studie bei einem

Unternehmen, wie Auszeichnungen ausgestaltet sein sollten, um den größten

Motivationseffekt zu erzielen. Sie zeigen, dass die Öffentlichkeit einer Auszeichnung von den

Befragten als wichtig angesehen wird. Eine feierliche Zeremonie wird gegenüber einer

einfachen Übergabe präferiert. Die Anzahl der ausgezeichneten Personen hat dabei keinen

signifikanten Effekt auf die Motivation der Arbeitnehmer (Neckermann & Frey, 2008, S. 18–

21).

Ob die Ergebnisse auch in der stark leistungsorientierten Versicherungsbranche

bestätigt werden können, soll mit einer quantitativen Befragung unter

Versicherungsvermittlern untersucht werden. Es ergeben sich folgende Hypothesen:

80

H1: Je höher die soziale Anerkennung, die mit einer Auszeichnung verbunden ist, desto höher

ist die Präferenz für dieses Turnier.

H2: Turniere mit sozialer Anerkennung erzeugen eine stärkere Motivationswirkung als

Turniere mit vergleichbaren monetären Preisen.

H3: Die Präferenzen für ein Turnier mit zusätzlicher sozialer Anerkennung sind abhängig von

der Clusterzugehörigkeit der Versicherungsvermittler.

In einem Experteninterview29

mit Führungskräften30

eines Versicherungs-

unternehmens zeigt sich, dass das Versicherungsunternehmen grundsätzlich zwei Arten von

Versicherungsvermittlern unterscheidet: den Kapital-Typ und den Prestige-Typ. Für den

Kapital-Typ ist Geld der beste Motivationsanreiz. Dies ist durch das Entlohnungssystem des

Außendienstes mit seinem hohen variablen Anteil an Provisionen und Prämien bedingt.

Allerdings gibt es auch eine große Anzahl an Versicherungsvermittlern, für deren Motivation

Prestige eine immer wichtigere Rolle spielt. Diese Individuen vom Prestige-Typ legen großen

Wert auf soziale Anerkennung (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).

4.2.2.2 Untersuchungsdesign

Die Studie wurde mit der Online-Befragungssoftware Unipark von Globalpark

programmiert und im Februar 2012 durchgeführt. In einer E-Mail wurden die Mitglieder des

Bundesverbandes der Deutschen Versicherungskaufleute e. V. (BVK) zur Teilnahme an der

Umfrage eingeladen. Die Teilnehmer wurden nicht entlohnt. Insgesamt sind 1.168 BVK-

Mitglieder dem Aufruf gefolgt und haben an der Befragung teilgenommen. Den Fragebogen

haben dabei 482 Versicherungsvermittler vollständig beantwortet (92,9 % Männer,

durchschnittliches Alter: 49,56 Jahre). Bei der ersten Frage erfolgten mit 341 die meisten

Abbrüche. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 8,5 Minuten, der Median bei 7

Minuten. Lediglich 4,8 % der Versicherungsvermittler haben in ihrem Berufsleben noch nie

an einem Turnier teilgenommen und 5,4 % der Versicherungsvermittler haben noch nie ein

Turnier gewonnen. Fast 80 % der Teilnehmer haben mehrmals Turniere gewonnen. Der

Mittelwert liegt bei 11 gewonnenen Turnieren.

Zu Beginn der Befragung31

wurden die Teilnehmer gebeten, vier Stimuli (Turniere)

nach ihren Präferenzen zu ordnen. Das Turnier, das am meisten präferiert wurde, sollte auf

Platz eins gesetzt werden. Das Turnier, das am wenigsten Zuspruch fand, sollte auf den

letzten Platz eingeordnet werden.32

Die vier Turniere sahen wie folgt aus:

Turnier 1 (Reise): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei

Personen.

Turnier 2 (private Verleihung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.

Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für

zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung

29

Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,

und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der

Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 in Nürnberg durchgeführt. 30

Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden. 31

Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite XXXVI dieser Arbeit. 32

Die Reihenfolge der Verkaufswettbewerbe wurde bei der Darstellung variiert, damit die Darstellung die

Präferenzen der Teilnehmer nicht beeinflusst.

81

„Versicherungsvermittler des Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer privaten

Verleihung übergeben (z. B. durch den direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).

Turnier 3 (öffentliche Verleihung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein

Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive

Wochenendreise für zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die

Auszeichnung „Versicherungsvermittler des Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer

öffentlichen Verleihung übergeben (z. B. durch den Vorstand bei einem Galadinner).

Turnier 4 (Unternehmenszeitung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive

Wochenendreise für zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die

Auszeichnung „Versicherungsvermittler des Jahres“. Über die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs wird in der Unternehmenszeitung berichtet.

Im Anschluss an das Ranking wurden die Teilnehmer gebeten, die Turniere in Bezug

auf Attraktivität, Motivationseffekt und Gewinnbestreben zu bewerten. Danach folgten eine

allgemeine Einschätzung von Turnieren sowie Fragen zu Persönlichkeitseigenschaften und

zur Person.

4.2.2.3 Ergebnisse

Allgemeine Beurteilung von Turnieren

Die allgemeine Einstellung der Versicherungsvermittler gegenüber Turnieren wurde

anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stimme

überhaupt nicht zu“ abgefragt. Turniere werden im Allgemeinen von den

Versicherungsvermittlern als eher motivierend eingestuft (MW = 2,51). Turniere werden

gleichzeitig eher nicht als gerechte Form der Entlohnung angesehen (MW = 3,66). Lediglich

20,4 % der Versicherungsvermittler empfinden Turniere als ein gerechtes Vergütungssystem.

Es zeigt sich, dass mit steigender Anzahl an gewonnenen Turnieren die Motivationswirkung

(MWnie gewonnen = 2,88 vs. MWöfter gewonnen = 2,42, p < .01) und das Fairnessempfinden

(MWnie gewonnen = 3,73 vs. MWöfter gewonnen = 3,59, p < .05) steigen. Je öfter die

Versicherungsvermittler Turniere gewonnen haben, als desto motivierender und desto

gerechter wurden Turniere eingestuft. Die Korrelation zwischen Fairnessempfinden und

Berufserfahrung ist positiv (p < .05). Je mehr Berufserfahrung ein Versicherungsvermittler

hat, als desto unfairer empfindet er die Turnierentlohnung. Es kann argumentiert werden, dass

bis zu einer bestimmten Anzahl an gewonnenen Turnieren das Fairnessempfinden für diese

Art der Entlohnung steigt. Allerdings gewinnt man mit zunehmenden Berufsjahren an

Lebenserfahrung und die Einstellung gegenüber der Turnierentlohnung ändert sich.

Präferenzen der Versicherungsvermittler

Betrachtet man den mittleren Rang der vier Turniere, so werden die Präferenzen der

Versicherungsvermittler deutlich (siehe Tabelle 26).

82

Tab. 26: Präferenzen der Turniere (mittlerer Rang)

Mittlerer

Rang

Reise 2,13

Öffentliche Verleihung 2,32

Unternehmenszeitung 2,50

Private Verleihung 2,68

Quelle: eigene Darstellung.

Auf dem ersten Platz präferieren die Versicherungsvermittler das Turnier, bei dem die

Gewinner eine Reise erhalten, obwohl dies das Turnier mit dem geringsten Gesamtoutput

(materieller und immaterieller Nutzen) ist. Bei den anderen Turnieren erhalten die

Versicherungsvermittler zusätzlich zu der Reise noch eine Auszeichnung und soziale

Anerkennung. Auf dem zweiten Platz befindet sich das Turnier mit einer Auszeichnung, die

in einer öffentlichen Verleihung übergeben wird. Die Unterschiede im mittleren Rang sind

nicht signifikant. Die jeweiligen Unterschiede der beiden bestplatzierten Turniere zu den

Plätzen drei und vier sind dagegen signifikant (p < .05). Demnach bevorzugen die

Versicherungsvermittler entweder ein Turnier mit rein monetären Preisen (Reise) oder ein

Turnier, bei dem der Sieg zusätzlich zu einem monetären Preis mit sehr hoher sozialer

Anerkennung (öffentliche Verleihung) verbunden ist. Turniere mit nur geringer

(Unternehmenszeitung) bis fast keiner sozialen Anerkennung (private Verleihung) werden

weniger bevorzugt.

Die Anzahl der gewonnenen Turniere übt einen signifikanten Einfluss auf die

Präferenzen der Versicherungsvermittler aus. Je öfter die Versicherungsvermittler ein Turnier

gewonnen haben, desto mehr Wert legen sie auf soziale Anerkennung, desto stärker wird ein

Turnier mit einer öffentlichen Verleihung präferiert (MWeinmal gewonnen = 2,76 vs. MWöfter

gewonnen = 2,21, p < .01). Ebenso präferieren Versicherungsvermittler, die schon öfters Turniere

gewonnen haben, eher, dass ihr Turniersieg und die Auszeichnung in der

Unternehmenszeitung publiziert werden (MWeinmal gewonnen = 2,76 vs. MWöfter gewonnen = 2,55,

p < .05).

Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H1 nicht verworfen werden kann. Das Turnier,

von dem die größte soziale Anerkennung ausgeht, wird gegenüber dem Turnier mit mittlerer

und wenig sozialer Anerkennung bevorzugt.

Anreizwirkung der einzelnen Turniere

Im zweiten Teil der Befragung sollten die Versicherungsvermittler die einzelnen

Turniere in Bezug auf Attraktivität, Motivationswirkung und das Gewinnbestreben, d. h., ob

sie sich anstrengen würden, das Turnier zu gewinnen, anhand einer fünfstufigen Likert-Skala

einschätzen. In Tabelle 27 sind die jeweiligen Mittelwerte abgebildet. Der Wert 1 entspricht

dabei einer hohen Zustimmung und der Wert 5 steht für überhaupt keine Zustimmung.

83

Tab. 27: Einstufung der einzelnen Turniere

Attraktivität Motivation

Gewinn-

bestreben

Reise 2,84 3,2 3,29

Öffentliche

Verleihung 2,9 3,11 3,19

Unternehmens-

zeitung 3,03 3,25 3,32

Private

Verleihung 3,15 3,38 3,42

Quelle: eigene Darstellung.

Auch bei den Fragen zu Attraktivität, Motivationswirkung und Gewinnbestreben

zeigen sich die beiden Favoriten: ein Turnier mit einer Reise und ein Turnier mit zusätzlicher

Auszeichnung bei einer öffentlichen Verleihung. Ein Turnier mit einer Reise wird am

attraktivsten (MW = 2,84), das Turnier mit einer Auszeichnung und einer öffentlichen

Verleihung wird am zweitattraktivsten eingestuft (MW = 2,9). Die Mittelwerte ergeben keine

signifikanten Unterschiede. Die Turniere mit Auszeichnung und Bericht in der

Unternehmenszeitung bzw. einer privaten Verleihung werden eher als weniger attraktiv

eingestuft (MWöffentlich = 2,9 vs. MWZeitung = 3,03, p < .01 und MWZeitung = 3,03 vs. MWprivat =

3,15, p < .01). Anders sieht es aus bei der Motivationswirkung und beim Gewinnbestreben.

Alle vier Turniere werden eher als wenig motivierend eingestuft. Die größte

Motivationswirkung geht allerdings von einem Turnier mit öffentlicher Verleihung aus. Von

einem Turnier mit einer Reise als Gewinn fühlen sich die Versicherungsvermittler signifikant

weniger motiviert (MWöffentlich = 3,11 vs. MWReise = 3,2, p < .05). Ebenso sind die

Anstrengungen signifikant höher, das Turnier mit einer öffentlichen Verleihung als das

Turnier mit einer Reise zu gewinnen (MWöffentlich = 3,19 vs. MWReise = 3,29, p < .05).

Demnach kann Hypothese H2 nicht vollständig abgelehnt werden. Turniere mit einer

öffentlichen Verleihung haben zwar eine höhere Motivationswirkung als Turniere mit rein

monetären Preisen, allerdings trifft dies nur für Turniere mit sehr hoher sozialer Anerkennung

zu. Sind die Auszeichnungen mit mäßiger bis kaum sozialer Anerkennung verbunden, so üben

Turniere mit rein monetären Preisen einen stärkeren Effekt auf die Motivation aus.

Charakterisierung der Versicherungsvermittler-Typen

Eine genaue Betrachtung der Verteilung der erst- und zweitplatzierten Turniere zeigt,

dass die Verteilung sowohl bei Turnieren mit einer Reise als auch bei Turnieren mit

öffentlicher Verleihung bimodal ist (siehe Abbildung 21). Ein Chi-Quadrat-Test zeigt, dass

die bimodale Verteilung hoch signifikant ist (p < .01). Für die verbleibenden beiden Turniere

liegt keine bimodale Verteilung vor.

84

Abb. 21: Präferenzverteilung der Turniere

Quelle: eigene Darstellung.

Die bimodale Verteilung der Präferenzen bei den Turnieren mit rein monetären

Preisen und der größten sozialen Anerkennung legt nahe, dass unterschiedliche Arten von

Versicherungsvermittlern sich jeweils für bzw. gegen diese Art von Preisen entschieden

haben. Um diese Arten von Versicherungsvermittlern näher zu beschreiben, wurde eine Two-

Step-Clusteranalyse durchgeführt. Für die Clusteranalyse wurden die Variablen Art des

Preises und Berufserfahrung sowie die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion herangezogen.

Es ergibt sich eine Zwei-Cluster-Lösung mit guter bis sehr guter Clusterqualität. Tabelle 28

zeigt die verschiedenen Cluster mit ihren jeweiligen Eigenschaften. Die Cluster können als

Kapital-Typ und Prestige-Typ bezeichnet werden und bestätigen somit die Einschätzungen

der Experten.

Tab. 28: Übersicht über die zwei Cluster

Kapital-Typ Prestige-Typ

N 250 149

Präferenz Monetär Prestige

Alter 50,48 Jahre 48,05 Jahre

Berufs-

erfahrung 24,35 Jahre 22,17 Jahre

Quelle: eigene Darstellung.

Der Kapital-Typ ist durchschnittlich 50,48 Jahre alt und hat 24,35 Jahre

Berufserfahrung als Versicherungsvermittler. Er präferiert rein monetäre Anreize bei

Turnieren und legt kaum Wert auf eine zusätzliche soziale Anerkennung (MWReise = 1,18).

Wenn Turniere mit sozialer Anerkennung verknüpft sind, zieht er eine private Verleihung

einer Veröffentlichung der Gewinner in der Unternehmenszeitung vor (MWprivat = 2,61 vs.

MWZeitung = 2,89). Das Turnier mit der größten zusätzlichen sozialen Anerkennung ist die

letzte Präferenz des Kapital-Typs (MWöffentlich = 3,24). Turniere haben auf den Kapital-Typ nur

eine geringe Motivationswirkung. Versicherungsvermittler dieses Typs empfinden Turniere

als unfair.

85

Der Prestige-Typ ist durchschnittlich 48,05 Jahre alt und hat 22,17 Jahre

Berufserfahrung als Versicherungsvermittler. Er präferiert Turniere mit Auszeichnungen und

sozialer Anerkennung jeglicher Art vor rein monetären Turnieren. Dabei ist das Ausmaß des

Prestiges und der sozialen Anerkennung entscheidend. Der Prestige-Typ präferiert Turniere

mit einer Auszeichnung bei einer öffentlichen Verleihung vor der Veröffentlichung in der

Unternehmenszeitung und einer privaten Verleihung (MWöffentlich = 1,33 vs. MWZeitung = 2,12

vs. MWprivat = 2,8). Rein monetäre Turniere sind seine letzte Präferenz (MWReise = 3,74).

Turniere üben auf den Prestige-Typ eine starke Motivationswirkung aus. Der Prestige-Typ

empfindet Turniere eher als eine gerechte Form der Entlohnung.

Des Weiteren unterscheiden sich die beiden Typen durch ihre

Persönlichkeitseigenschaften. Um die Persönlichkeit der Versicherungsvermittler zu erfassen,

wurde die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005)

herangezogen. Die Teilnehmer haben am Ende der Befragung 21 Fragen zu ihrer

Persönlichkeit beantwortet.

In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt

werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit,

Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden. Abbildung 22

verdeutlicht die Ausprägung der fünf Faktoren beim Kapital-Typ und beim Prestige-Typ. Da

die Skala der einzelnen Items von 1 „sehr zutreffend“ bis 5 „sehr unzutreffend“ reichte, ist

eine Persönlichkeitseigenschaft umso stärker bei einem Versicherungsvermittler-Typen

ausgeprägt, je kleiner der entsprechende Wert ist.

Abb. 22: Persönlichkeitseigenschaften des Kapital- und Prestige-Typs

Quelle: eigene Darstellung.

Der Kapital-Typ zeichnet sich durch die Persönlichkeitseigenschaften

Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus aus. Extraversion, Offenheit für Erfahrungen und

Verträglichkeit spielen nur eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Kapital-Typen sind

demnach selbstdiszipliniert und haben ein hohes Pflichtbewusstsein. Sie neigen zu

Impulsivität, sind eher schwer für eine Sache zu begeistern und stehen ungern in der

86

Öffentlichkeit. Dies spiegelt sich auch in den Präferenzen wider, denn diese

Versicherungsvermittler-Typen bevorzugen ein rein monetäres Turnier vor Turnieren mit

zusätzlicher Auszeichnung und sozialer Anerkennung. Ist ein Turnier mit einer Auszeichnung

verbunden, so bevorzugt der Kapital-Typ so wenig soziale Anerkennung wie möglich.

Beim Prestige-Typ ist dagegen die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion besonders

stark ausgeprägt. Prestige-Typen sind daneben auch eher offen für neue Erfahrungen. Die

Persönlichkeitseigenschaften Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit sind bei

Versicherungsvermittlern des Prestige-Typs eher weniger ausgeprägt. Prestige-Typen sind

demnach gesellig, durchsetzungsfähig, leicht zu begeistern und zeichnen sich nicht durch

Bescheidenheit aus. Prestige-Typen lieben es, im Rampenlicht zu stehen, und genießen ihren

Erfolg. Daher spielen für diese Versicherungsvermittler-Typen Turniere mit zusätzlichen

Auszeichnungen und möglichst viel sozialer Anerkennung eine wichtige Rolle.

74,1 % der Frauen können dem Kapital-Typ zugeordnet werden, aber nur 61,8 % der

Männer. Frauen sind eher zurückhaltender und bescheidener als Männer und stellen ihre

eigene Leistung gerne unter den Scheffel. Daher präferieren Frauen eher ein rein monetäres

Turnier. Wenn Frauen ein Turnier gewinnen, möchten sie, anders als Männer, nicht in der

Öffentlichkeit stehen und mit ihrem Erfolg prahlen.

Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H3 nicht verworfen werden kann. Die

Versicherungsvermittler lassen sich abhängig von ihren Präferenzen zwei speziellen Typen

zuordnen.

4.3 Fazit

Die Motivation und der Arbeitseinsatz von Versicherungsvertretern kann sowohl

durch Ausschreibungen mit einer zusätzlichen Bonuszahlung als auch durch Ausschreibungen

mit einer angedrohten Rückerstattung gesteigert werden. Für welche Art von Anreizsystem

sich ein Versicherungsunternehmen entscheidet, sollte davon abhängig sein, wie stark

Reziprozität und Verlustaversion unter den Versicherungsvertretern ausgeprägt sind.

Ebenso können Turniere eine effiziente Form der Entlohnung darstellen und somit

eines der wichtigsten Steuerungsinstrumente für Versicherungsunternehmen bleiben.

Außendienstmitarbeiter wie Versicherungsvertreter vergleichen sich gerne untereinander,

wollen im Vergleich zu ihren Kollegen gut abschneiden und treten daher gerne in den

direkten Wettbewerb. Somit können Turniere den Mitarbeitern bestätigen, den richtigen Beruf

gewählt zu haben (Dietzel, 2006, S. 68; o. V. 1990, S. 471). Allerdings muss das

Versicherungsunternehmen die verschiedenen Gestaltungsparameter eines Turniers gezielt

einsetzen und auf seine Mitarbeiter abstimmen, damit das Turnier effizient ist und möglichst

viele Versicherungsvertreter motiviert, ihre Leistungen zu steigern.

IV Schlussbetrachtung

1 Zentrale Erkenntnisse und Implikationen für den Versicherungsvertrieb Es konnte gezeigt werden, dass Fairness die Arbeitsleistung steigern kann.

Entscheidend ist, als wie fair die Mitarbeiter das Vergütungs- und Anreizsystem empfinden.

Besonders fair werden dabei ein Fixgehalt mit einer zusätzlichen Bonuszahlung, ein reiner

87

Leistungslohn sowie die Turnierentlohnung empfunden. Die Turnierentlohnung stellt dabei

eine Variante dar, die Fixgehalt und Leistungslohn durch eine leistungsabhängige

Bonuszahlung miteinander verknüpft. Bei der empfundenen Fairness von Vergütungs- und

Anreizsystemen ist weniger eine Lohngleichheit als eine Lohngerechtigkeit von Bedeutung.

Die Mitarbeiter sind dann motiviert, wenn ihre Arbeitsleistung Beachtung findet und

entsprechend honoriert wird. Unterschiede in der Entgelthöhe reduzieren die Motivation

nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Die Unterschiede wirken motivationssteigernd, wenn

Mitarbeiter, die eine hohe Arbeitsleistung zeigen, auch entsprechend entlohnt werden und ein

höheres Gehalt erhalten als Mitarbeiter, die eine niedrigere Leistung zeigen.

Fairness und Reziprozität spielen auch bei der Entlohnung von

Versicherungsvertretern eine Rolle, obwohl das Vergütungssystem im Versicherungsvertrieb

durch Provisionen und Courtage sehr leistungsbezogen und monetär geprägt ist. Durch das

leistungsbezogene Vergütungssystem ist Lohngerechtigkeit gegeben, da jeder

Versicherungsvertreter entsprechend seinen Versicherungsabschlüssen Provision erhält.

Dennoch fühlen sich Versicherungsvertreter ungerecht behandelt und sind der Meinung, dass

ihre Leistung nicht entsprechend honoriert wird. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn

Anreizsysteme wie Turniere und Ausschreibungen eingesetzt werden und die

Versicherungsvertreter zum wiederholten Male die Bonuszahlungen und Preise nicht erhalten.

Dieses Ungerechtigkeitsempfinden führt zu Frustration und Demotivation und hat eine

Reduktion der Arbeitsleistung zur Folge.

Bei der Auswahl der Anreizsysteme sollten Versicherungsunternehmen daher die

Fähigkeiten der Versicherungsvertreter berücksichtigen, damit ständige Niederlagen nicht

demotivierend wirken. Versicherungsvertreter, die zu den Top-Verkäufern, den sogenannten

„Stars“, zählen, können am besten durch Turniere motiviert werden (Steenburgh & Ahearne,

2012, S. 36). Diese Versicherungsvertreter haben die Fähigkeiten, jedes Turnier zu gewinnen.

Sie empfinden Turniere als faires Vergütungssystem und werden durch die Auslobung eines

Wettbewerbes motiviert. Die Versicherungsvertreter der Gruppe „Question Marks“ dagegen

werden am besten durch Ausschreibungen mit individuellen Stufenzielen motiviert. Durch die

Einführung verschiedener Bonusstufen, die auf die Fähigkeiten der „Question Marks“

abgestimmt sind, kann jeder Versicherungsvertreter Bonuszahlungen und Preise bei

entsprechender Anstrengung erreichen. Die „Star“-Versicherungsvertreter werden von

Ausschreibungen dagegen weniger motiviert, da sie immer die obersten Ziele erreichen und

keine zusätzliche Anreizwirkung mehr aufgebaut werden kann (Steenburgh & Ahearne, 2012,

S. 36–37). Die Versicherungsvertreter des Typs „Poor Dogs“ brauchen dagegen ein ständiges

Feedback, damit sie schnell einen Erfolg sehen und eine entsprechende Ausbildung und

Förderung, damit sie motiviert werden, sich weiterzuentwickeln (Steenburgh & Ahearne,

2012, S. 38).

Neben unterschiedlichen Leistungstypen müssen die Versicherungsunternehmen bei

der Ausgestaltung eines effizienten Anreizsystems noch verschiedene Faktoren beachten.

Bei der Turnierentlohnung müssen die Gestaltungsparameter Bonushöhe, Preisanzahl

und Einblendung von Zwischenständen sowie die Art der Preise berücksichtigt werden. So

muss die Bonushöhe an die Gewinnchance (Anzahl an Preisen) angepasst werden. Bei einem

niedrigen Bonus wird die größte Motivationswirkung erzielt, wenn eine hohe Gewinnchance

besteht und mehrere Versicherungsvertreter einen Bonus gewinnen können. Exklusivität

(geringe Gewinnchance) der Preise wirkt dagegen bei einem hohen Bonus

motivationssteigernd. Zusätzlich zu dem hohen Anreiz wird die Motivation noch dadurch

verstärkt, dass nur ein kleiner Kreis den Bonus gewinnt. Gerade die Exklusivität der Preise

wirkt bei Versicherungsvertretern der Gruppe „Stars“ motivationsfördernd.

88

Darüber hinaus muss auf die Einblendung von Zwischenständen geachtet werden. Ist

die Gewinnchance gering, so kann die Motivation durch ständiges Feedback gefördert

werden. Bei einer hohen Gewinnchance wird durch ständiges Feedback dagegen nur das

gewinnoptimale Verhalten der Versicherungsvertreter gefördert.

Bei der Turnierentlohnung spielen sowohl rein monetäre Preise eine Rolle als auch

Preise mit zusätzlicher Auszeichnung, die mit sozialer Anerkennung verbunden ist. Mit

welcher Art von Preisen ein Versicherungsunternehmen die Turniere ausstatten sollte, ist

dabei abhängig von der Art der Versicherungsvertreter. Lassen sich die

Versicherungsvertreter überwiegend dem Kapital-Typ zuordnen, so sollten die Turniere mit

rein monetären Preisen und Anreizen ausgestaltet werden. Auf zu viel Öffentlichkeit und

Aufsehen bei der Siegerehrung ist zu verzichten. Es ist sogar zu überlegen, andere

Vergütungssysteme als Turniere zu verwenden, da Turniere nur eine geringe

Motivationswirkung auf den Kapital-Typ ausüben. Ist der Prestige-Typ vorrangig unter den

Versicherungsvertretern, so sollte sehr viel Wert auf soziale Anerkennung und Exklusivität

bei der Verleihung der Auszeichnung gelegt werden.

Werden Ausschreibungen zur Motivation der Versicherungsvertreter eingesetzt, so

muss das Versicherungsunternehmen zwischen einer zusätzlichen Bonuszahlung und einer

angedrohten Rückerstattung wählen. Für welche Art von Anreizsystem sich ein

Versicherungsunternehmen entscheidet, sollte davon abhängig sein, wie stark Reziprozität

und Verlustaversion unter den Versicherungsvertretern ausgeprägt sind. Sind die Begriffe

Vorstand und Geschäftsleitung für die Versicherungsvertreter mit Namen und Personen

verbunden, liegt also eine gewisse Interaktion vor, so sollte das Versicherungsunternehmen

auf eine Rückerstattung verzichten, um negative Reziprozität von Seiten der

Versicherungsvertreter zu vermeiden. Eine Bonuszahlung steigert in diesem Fall Motivation

und Arbeitseinsatz. Liegt keine Interaktion zwischen den Versicherungsvertretern und dem

Vorstand des Versicherungsunternehmens vor, sind der Vorstand und die Geschäftsleitung für

die Versicherungsvertreter nur ein abstrakter Begriff, so könnte das Versicherungs-

unternehmen eine Rückerstattung als Anreizsystem wählen, um eine möglichst hohe

Motivation und einen möglichst hohen Arbeitseinsatz zu erreichen. Dennoch sollte das

Versicherungsunternehmen selbst im Falle von fehlender Interaktion und dominanter

Verlustaversion eine Rückerstattung vorsichtig einsetzen. Eine Rückerstattung wird als

weniger fair empfunden und gerade Fairness ist eine nicht zu verachtende Komponente bei

Entlohnung und Motivation.

2 Weiterer Forschungsbedarf Die Fragestellungen, die in dieser Arbeit untersucht wurden, könnten durch weitere

Forschungen in der Zukunft ergänzt werden. Zwar konnte gezeigt werden, dass Fairness bei

der Beurteilung von Vergütungs- und Anreizsystemen eine Rolle spielt, allerdings wurden die

Studierenden nur gebeten, ihre Präferenzen anzugeben bzw. die Vergütungs- und

Anreizsysteme nach Fairnessaspekten zu beurteilen. Eine weiterführende Untersuchung

könnte die Probanden in einem anreizkompatiblen Laborexperiment vor die Wahl eines

Vergütungs- und Anreizsystems stellen, um die Wahl realitätsnäher zu gestalten.

Anschließend werden die Probanden gebeten eine Aufgabe zu lösen. Die Entlohnung erfolgt nach dem ausgewählten Vergütungs- und Anreizsystem. Die Leistungsunterschiede könnten

dabei durch unterschiedliche Aufgabenniveaus (leicht, mittel, schwer) oder andere Faktoren,

die den Probanden bekannt sind, simuliert werden. Zum Abschluss folgen Fragen zur Fairness

der Vergütungs- und Anreizsysteme.

89

Zu den Experimenten zu Anreizsystemen im Versicherungsvertrieb ist anzumerken,

dass die Experimente mit Studierenden durchgeführt wurden. Daher sollten in weiteren

Untersuchungen die Experimente mit Versicherungsvertretern wiederholt werden, um die

Ergebnisse bestätigen zu lassen.

Ebenso könnten noch weitere Experimente durchgeführt werden, in denen gezielt die

Fähigkeiten der Versicherungsvertreter untersucht werden. Eine Simulation unterschiedlicher

Leistungsniveaus könnte beispielsweise durch Variation des Arbeitsleides simuliert werden.

Bei Versicherungsvertretern mit hohen Fähigkeiten ist beispielsweise ein hoher Arbeitseinsatz

mit weniger Arbeitsleid verbunden als bei Versicherungsvertretern mit niedrigen Fähigkeiten.

Den Probanden im Experiment ist der Leistungsunterschied bekannt. So kann eine

Grenzschwelle ermittelt werden, ab wann Leistungsunterschiede zu groß werden und zu einer

Demotivation führen.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass es sich bei den Experimenten zu Anreizsystemen

im Versicherungsvertrieb um Laborexperimente handelt. Sowohl die Turnierentlohnung als

auch Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben sind in der Versicherungspraxis

wesentlich komplexer ausgestaltet. Ebenso ist das Verhalten der Versicherungsvertreter und

damit die Wahl des Arbeitseinsatzes wesentlich komplexer. So spielen beispielsweise die

Fähigkeiten und Talente der Versicherungsvertreter eine Rolle bei der gezeigten

Arbeitsleistung. Ebenso ist es wichtig, ob Versicherungsvertreter in Teilzeit oder Vollzeit

arbeiten. Auch dies kann die Platzierung im Turnier beeinflussen. Weiter ist auch die

persönliche Lebenssituation eines jeden Versicherungsvertreters zu beachten.

VIII

Anhang

A.1 Fragebogen Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen

Liebe(r) Teilnehmer(in),

mit Hilfe der folgenden Studie möchten wir die Fairness verschiedener Entlohnungsformen

untersuchen.

Es werden Ihnen verschiedene Szenarien von Entlohnungsformen vorgestellt. Bitte versuchen

Sie sich in das Szenario hineinzuversetzen und beurteilen Sie dann die Szenarien anhand der

folgenden Fragen.

Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und

falschen Antworten.

Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr

sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie

erfolgt nur anonym.

Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte

beantworten Sie auch diese sorgfältig.

Falls Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Studie haben, stehe ich Ihnen gerne unter

[email protected] zur Verfügung.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie!

IX

Welche Entlohnungsform würden Sie präferieren? Bitte vergeben Sie Rangplätze von 1

(erste Wahl) bis 5 (letzte Wahl).

Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber einmal im Geschäftsjahr einen

Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb können die Mitarbeiter, die

die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die

Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes Gehalt.

Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach

ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.

Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Ihr Arbeitgeber zahlt den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er

zufrieden ist, zusätzlich einen Bonus aus.

Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Ihr Arbeitgeber verlangt von den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung

er nicht zufrieden ist, eine Teilrückzahlung des Gehaltes.

In den folgenden Fragen möchten wir Ihre Meinung zu den verschiedenen

Entlohnungsformen erfahren.

1. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre

Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

2. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre

Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

3. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre

Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

X

4. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber

einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb

können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen

Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes

Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer

Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

5. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber

einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb

können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen

Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes

Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer

Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

6. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber

einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb

können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen

Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes

Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung Ihrer

Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

7. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer

gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als

die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

XI

8. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer

gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der

Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

9. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer

gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter

als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

10. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen

Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer

Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

11. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen

Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer

Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

12. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen

Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung

Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

XII

13. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine

Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die

Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

14. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine

Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der

Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

15. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den

Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine

Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als

die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.

Diese Form der Entlohnung empfinde ich als

Unfair Fair

Unfair Fair

Unfair Fair

XIII

Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu? (1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 = sehr unzutreffend)

Ich…

… bin eher zurückhaltend, reserviert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… neige dazu, andere zu kritisieren.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… erledige Aufgaben gründlich.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin vielseitig interessiert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht

mitreißen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das

Gute im Menschen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin bequem, neige zur Faulheit.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der

Ruhe bringen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich kalt und distanziert verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tüchtig und arbeite flott.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache mir viele Sorgen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin

phantasievoll.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… gehe aus mir heraus, bin gesellig.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich schroff und abweisend anderen

gegenüber verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache Pläne und führe sie auch durch.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht nervös und unsicher.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

XIV

Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person

1. Sie sind… männlich weiblich

2. Wie alt sind Sie? _____________

3. Konnten Sie schon berufliche Erfahrung sammeln?

Nein, das war mir leider noch nicht möglich

Ich habe vor meinem Studium schon eine Berufsausbildung gemacht

Ich arbeite als Werksstudent

Ich habe während meines Studiums Praktika gemacht

Ich arbeite als wissenschaftliche Hilfskraft

sonstiges und zwar: __________________________________

4. Welche Studienrichtung studieren Sie?

Bachelor Wirtschaftswissenschaften

Bachelor International Business Studies

Bachelor Sozialökonomik

Master Arbeitsmarkt und Personal

Doctoral Msc in Economics

Master in Management

Master in Marketing

Master International Business Studies

Master International Information System

Master Sozialökonomik

Master Wirtschaftspädagogik

sonstiges und zwar: __________________________________

XV

A.2 Fragebogen Studie II: empfundene Fairness bei Anreizsystemen

Liebe(r) Teilnehmer(in),

mit Hilfe der folgenden Studie möchten wir die Fairness verschiedener Entlohnungsformen

untersuchen.

Es werden Ihnen verschiedene Szenarien von Entlohnungsformen vorgestellt. Bitte versuchen

Sie sich in das Szenario hineinzuversetzen und beurteilen Sie dann die Szenarien anhand der

folgenden Fragen.

Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und

falschen Antworten.

Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr

sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie

erfolgt nur anonym.

Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte

beantworten Sie auch diese sorgfältig.

Falls Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Studie haben, stehe ich Ihnen gerne unter

[email protected] zur Verfügung.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie!

XVI

In der untenstehenden Tabelle sind neun verschiedene Szenarien abgebildet. Ein Szenario besteht immer aus einer Entlohnungsform und

Ihrer Arbeitsleistung im Vergleich zu der Leistung Ihrer Arbeitskollegen.

Erklärungen der einzelnen Entlohnungsformen:

Fixgehalt: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.

Leistungslohn: Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.

Verkaufswettbewerb: Ihr Arbeitgeber veranstaltet einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb können

die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten

lediglich ihr fixes Gehalt.

Bitte beurteilen Sie die Szenarien anhand des Kriteriums „Fairness“ und nicht nach Ihren Präferenzen.

Vergeben Sie den Rangplatz 1 dem Szenario, das Sie am fairsten empfinden. Das Szenario, das Sie am zweit fairsten finden, erhält den Rangplatz 2,

usw. Das Szenario, das Sie als am wenigsten fair empfinden, erhält den Rangplatz 9. Jede Ziffer ist dabei nur einmal zu vergeben.

Szen

ario

Fixgehalt

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

besser als die

Ihrer Kollegen

Fixgehalt

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

gleich der Ihrer

Kollegen

Fixgehalt

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

schlechter als

die Ihrer

Kollegen

Leistungslohn

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

besser als die

Ihrer Kollegen

Leistungslohn

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

gleich der Ihrer

Kollegen

Leistungslohn

Im Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitsleistung

schlechter als die

Ihrer Kollegen

Verkaufs-

wettbewerb

Im

Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitslei-

stung besser

als die Ihrer

Kollegen

Verkaufs-

wettbewerb

Im

Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitslei-

stung gleich

der Ihrer

Kollegen

Verkaufs-

wettbewerb

Im

Durchschnitt

ist Ihre

Arbeitslei-

stung

schlechter als

die Ihrer

Kollegen

Fair

ness

Ran

g

1-9

XVII

Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?

(1 = stimme voll und ganz zu; 2 = stimme eher zu; 3 = weder noch; 4 = stimme eher nicht zu;

5 = stimme überhaupt nicht zu)

In einem Unternehmen sollte jeder Mitarbeiter

mindestens einmal die Auszeichnung „Mitarbeiter des

Monats“ erhalten, selbst wenn er diese nicht verdient hat.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

In einem Unternehmen sollten die Mitarbeiter Karriere

machen, die ihre Arbeit gut machen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Es ist falsch, wenn ein Arbeitgeber eine Stelle an

jemanden vergibt, den er kennt, ohne die Stelle öffentlich

auszuschreiben.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Jeder sollte im Leben das bekommen, was er verdient. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Die Anstrengungen, die ein Arbeitnehmer während seiner

Arbeit zeigt, sollten sich in der Höhe der Lohnerhöhung

widerspiegeln.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Bei einer Gruppenarbeit sollten alle Studierenden einer

Gruppe die gleiche Note erhalten, unabhängig vom

Arbeitseinsatz der einzelnen Gruppenmitglieder.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Die gezeigte Arbeitsleistung der einzelnen Mitarbeiter

sollte ausschlaggebend für eine Beförderung sein.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Abhängig von ihrem geleisteten Arbeitsbeitrag, sollten

die Mitglieder einer Arbeitsgruppe einen

unterschiedlichen Lohn erhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Manchmal ist es richtig, einem Mitarbeiter eine

Gehaltserhöhung zu zahlen, der sie dringend benötigt,

auch wenn er nicht der Mitarbeiter ist, der am meisten

arbeitet.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Bei einer Beförderung sollten Qualifikationen stärker

gewichtet werden als die Dauer der

Betriebszugehörigkeit.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Bewerben sich zwei Studierende mit den gleichen

Qualifikationen für einen Job, sollte derjenige, der am

härtesten arbeitet, die Stelle erhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Erhält eine Arbeitsgruppe eine Bonuszahlung für gute

Leistung, so ist die Bonuszahlung gleichmäßig unter den

Mitgliedern der Arbeitsgruppe aufzuteilen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Es ist nie richtig, Studierende danach einzustellen, wie

sehr sie eine Arbeitsstelle benötigen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Unter bestimmten Umständen sollten Arbeitnehmer mit

einer schlechten Arbeitsleistung davonkommen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

Haben alle Mitarbeiter die gleichen Qualifikationen und

Fähigkeiten, so sollte derjenige befördert werden, der den

größten Arbeitseinsatz zeigt.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

XVIII

Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu?

(1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 =s ehr

unzutreffend)

Ich…

… bin eher zurückhaltend, reserviert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… neige dazu, andere zu kritisieren.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… erledige Aufgaben gründlich.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin vielseitig interessiert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht mitreißen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das Gute im Menschen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin bequem, neige zur Faulheit.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der

Ruhe bringen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich kalt und distanziert verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tüchtig und arbeite flott.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache mir viele Sorgen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin phantasievoll.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… gehe aus mir heraus, bin gesellig.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich schroff und abweisend anderen gegenüber

verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache Pläne und führe sie auch durch.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht nervös und unsicher.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

XIX

Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person

1. Sie sind…

männlich weiblich

2. Wie alt sind Sie? _____________

3. Konnten Sie schon berufliche Erfahrung sammeln?

Nein, das war mir leider noch nicht möglich

Ich habe vor meinem Studium schon eine Berufsausbildung gemacht

Ich arbeite als Werksstudent

Ich habe während meines Studiums Praktika gemacht

Ich arbeite als wissenschaftliche Hilfskraft

sonstiges und zwar: __________________________________

XX

A.3 Instruktionen Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die

Arbeitsmotivation

A.3.1 Instruktionen Treatment 1

Willkommen zum heutigen Experiment!

Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 Euro. Im Laufe dieses Experiments können

Sie sich weiteres Geld hinzuverdienen, eventuelle Verluste müssen Sie selbst tragen. Ihre

gesamte Auszahlung ist dabei abhängig von Ihren Entscheidungen.

Das Experiment wird 12 Durchgänge beinhalten, wobei ein Durchgang als Quartal bzw.

Geschäftsperiode zu verstehen ist. Im Anschluss an diese 12 Durchgänge folgt noch ein

kurzer Fragebogen.

Ihre Auszahlungen können Sie jederzeit auf Ihrem Bildschirm einsehen. Im Anschluss an das

Experiment wird Ihr Kontostand in Euro umgerechnet (Wechselkurs: 50 ECU = 1 Euro) und

zuzüglich der 2,50 Euro in bar an Sie ausbezahlt. Die Höhe Ihrer Auszahlung bleibt anonym,

d.h. keiner der anderen Teilnehmer wird von uns über Ihre Auszahlung informiert. Während

des gesamten Experiments ist das Kommunizieren mit anderen Teilnehmern untersagt.

Die Einhaltung dieser Regel ist sehr wichtig. Andernfalls sind die Ergebnisse dieses

Experiments wissenschaftlich wertlos. Sollten Sie Fragen haben, bitten wir Sie, Ihre Hand zu

heben. Wir werden dann umgehend zu Ihnen kommen und Ihre Fragen gerne individuell

beantworten.

1. Situation

Stellen Sie sich vor Sie sind ein Versicherungsvertreter, der bei einem

Versicherungsunternehmen direkt angestellt ist. Bisher und auch weiterhin beziehen Sie ein

Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen aus Ihrem Vertragsbestand sowie den

neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen ergibt. Mit Vertragsbestand ist dabei die Anzahl

der bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge Ihrer Kunden gemeint.

Seit kurzem hat das Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb

eingeführt, sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der sogenannte „junge

Markt“ von Interesse. Das Unternehmen erhofft sich, dass die Vertreter hierbei gezielt jüngere

Kunden ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund ihres geringen

Einkommens nur eine relativ unbedeutende Versicherungssumme ein und erscheint daher

weniger lukrativ. Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften Kundenkontakte

langfristig für das Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment zukünftig und

mit steigendem Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.

Daher hat die Vertriebsleitung in Abstimmung mit dem Vorstand beschlossen, denjenigen

Vermittlern einen Bonus zu bezahlen, die sich besonderes in diesem Marktsegment

engagieren. Sie haben daher als Vertreter die Chance in jedem Durchgang einen zusätzlichen

Bonus neben ihrem durchschnittlichen Gehalt zu verdienen. Diesen Bonus bekommen Sie im

Anschluss an jede Geschäftsperiode (Durchgang) ausgezahlt, wenn Sie einen durch die

Vertriebsleitung vorgegebenen Zielwert in diesem Marktsegment (Junger Markt) erreichen.

Wenn Sie den Zielwert nicht erreichen, bekommen Sie keinen Bonus ausgezahlt. Ob und mit

XXI

welcher Wahrscheinlichkeit Sie das Ziel erreichen möchten, können Sie dabei durch die

Auswahl Ihres Arbeitseinsatzes selbst entscheiden. Die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes

wird dabei auch von externen Umständen, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und

der wirtschaftlichen Entwicklung, beeinflusst.

2. Experimentverlauf

Das Experiment besteht aus 12 Durchgängen (Geschäftsperioden). In jedem Durchgang

bekommen Sie Ihr übliches, durchschnittliches Gehalt in Höhe von 12 ECU ausgezahlt.

In jedem Durchgang haben Sie die Möglichkeit, eine Entscheidung über Ihre zusätzliche

Arbeitsleistung zur Erreichung des Ziels zu treffen. Ob Sie das Ziel erreichen, ist dabei zum

einen von der Höhe Ihrer gewählten Arbeitsleistung abhängig, zum anderen von äußeren

Umständen, den Sie nicht selbst beeinflussen können.

Wenn Sie eine zusätzliche Arbeitsleistung erbringen, verursacht Ihnen das monetäre Kosten

aufgrund der zusätzlichen Anstrengung, die Ihr Gehalt reduzieren. Wenn Sie das Ziel in Höhe

von 4 erreichen, erhalten Sie einen Bonus in Höhe von 16 ECU zusätzlich zu Ihrem üblichen

Gehalt am Ende eines Durchgangs. Erreichen Sie das Ziel nicht, erhalten Sie keinen Bonus.

3. Entscheidungen

Das vorgegebene Ziel der Geschäftsleitung beträgt für die 12 Geschäftsperioden jeweils 4.

Ziel pro Durchgang = 4

In jedem Durchgang können Sie die Höhe Ihres Arbeitseinsatzes frei wählen. Dabei haben Sie

die Wahl zwischen folgenden Arbeitseinsatzniveaus, die mit entsprechenden Kosten

verbunden sind:

Arbeitseinsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Kosten

(Arbeitseinsatz)

0 1 2 3 5 6 7 8 10 13

Zusätzlich ist die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes noch vom Vertragsabschlussverhalten der

Kunden (externer Faktor) abhängig, das Sie nicht direkt beeinflussen können. Dieser externe

Faktor liegt gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1. Der externe Faktor wird dabei in

jedem Durchgang per Zufallsmechanismus im Anschluss an Ihre Arbeitseinsatz-

Entscheidung ermittelt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren Arbeitseinsatz kennen

Sie also lediglich die Verteilung des externen Faktors, aufgrund der Unsicherheit über das

zukünftige Kundenverhalten nicht die genaue Ausprägung. Am Ende jeder Geschäftsperiode

können Sie den Wert des externen Faktors im zurückliegenden Durchgang auf Ihrem

Bildschirm einsehen.

Externer Faktor = [0,6-1]

Wenn Ihr effektiver Arbeitseinsatz (gewichtet mit dem externen Faktor) größer als die

Zielvorgabe ist, erhalten Sie im jeweiligen Durchgang den Bonus in Höhe von 16 ECU

ausgezahlt:

Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor ≥ Ziel

Wenn Ihre Arbeitsanstrengung in Abhängigkeit des externen Faktors kleiner als die

Zielvorgabe ist, erhalten Sie im jeweiligen Durchgang keinen Bonus, also „Null“ ausbezahlt:

Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor < Ziel

XXII

4. Auszahlungsfunktion

Das gesamte Gehalt, das Sie in jedem Durchgang erreichen können setzt sich wie folgt

zusammen:

Gesamtgehalt = übliches Gehalt + Bonus – Kosten (Arbeitsanstrengung)

Gesamtgehalt = 12 ECU + [0 oder 16 ECU) – Kosten [0 – 13 ECU]

5. Ergebnis und Auswertung

Am Ende jedes Durchgangs erhalten Sie einen Übersichtsbildschirm über Ihr gesamtes Gehalt

des jeweiligen Durchgangs.

Dort sehen Sie Ihren gewählten Arbeitseinsatz, die damit verbundenen Kosten, den Wert des

externen Faktors in diesem Durchgang sowie Ihr gesamtes Gehalt. Zum Abschluss des

Experiments erscheint ein Übersichtsbildschirm mit Ihrer gesamten Auszahlung. Im

Anschluss erfolgt noch ein kurzer Fragebogen, den Sie bitte ausfüllen. Danach werden wir Sie

anhand Ihrer Platznummer aufrufen und Sie können sich Ihren Gewinn bei der

Experimentleitung abholen.

XXIII

A.3.2 Instruktionen Treatment 2

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments positiver Frame (hoher Bonus). Der

einzige Unterschied besteht in der Höhe Bonuszahlung welche 8 ECU anstatt 16 ECU

betragen.

XXIV

A.3.3 Instruktionen Treatment 3

Willkommen zum heutigen Experiment!

Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 Euro. Im Laufe dieses Experiments können

Sie sich weiteres Geld hinzuverdienen, eventuelle Verluste müssen Sie selbst tragen. Ihre

gesamte Auszahlung ist dabei abhängig von Ihren Entscheidungen.

Das Experiment wird 12 Durchgänge beinhalten, wobei ein Durchgang als Quartal bzw.

Geschäftsperiode zu verstehen ist. Im Anschluss an diese 12 Durchgänge folgt noch ein

kurzer Fragebogen.

Ihre Auszahlungen können Sie jederzeit auf Ihrem Bildschirm einsehen. Im Anschluss an das

Experiment wird Ihr Kontostand in Euro umgerechnet (Wechselkurs: 50 ECU = 1 Euro) und

zuzüglich der 2,50 Euro in bar an Sie ausbezahlt. Die Höhe Ihrer Auszahlung bleibt anonym,

d.h. keiner der anderen Teilnehmer wird von uns über Ihre Auszahlung informiert. Während

des gesamten Experiments ist das Kommunizieren mit anderen Teilnehmern untersagt.

Die Einhaltung dieser Regel ist sehr wichtig. Andernfalls sind die Ergebnisse dieses

Experiments wissenschaftlich wertlos. Sollten Sie Fragen haben, bitten wir Sie, Ihre Hand zu

heben. Wir werden dann umgehend zu Ihnen kommen und Ihre Fragen gerne individuell

beantworten.

1. Situation

Stellen Sie sich vor Sie sind ein Versicherungsvertreter, der bei einem

Versicherungsunternehmen direkt angestellt ist. Bisher und auch weiterhin beziehen Sie ein

Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen aus Ihrem Vertragsbestand sowie den

neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen ergibt. Mit Vertragsbestand ist dabei die Anzahl

der bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge Ihrer Kunden gemeint. Seit kurzem hat

das Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb eingeführt,

sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der sogenannte „junge Markt“ von

Interesse. Das Unternehmen erhofft sich, dass die Vertreter hierbei gezielt jüngere Kunden

ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund ihres geringen Einkommens nur

eine relativ unbedeutende Versicherungssumme ein und erscheint daher weniger lukrativ.

Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften Kundenkontakte langfristig für das

Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment zukünftig und mit steigendem

Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.

Daher hat die Vertriebsleitung in Abstimmung mit dem Vorstand beschlossen, allen

Vertretern zu Beginn jeder Geschäftsperiode (Durchgang) eine Prämie zu bezahlen, damit sie

sich auch in diesem Marktsegment engagieren. Sie bekommen die Prämie also bereits zu

Beginn jeder Geschäftsperiode ausgezahlt. Um die Prämie auch nach Abschluss eines

Durchgangs behalten zu können, müssen Sie einen durch die Vertriebsleitung vorgegebenen

Zielwert in diesem Marktsegment (Junger Markt) erreichen. Wenn Sie den Zielwert nicht

erreichen sollten, müssen Sie am Ende der Geschäftsperiode eine Rückzahlung in Höhe der

Prämie leisten. Die Prämie wird also wieder von Ihrem Gehalt abgezogen. Ob und mit

welcher Wahrscheinlichkeit Sie das Ziel erreichen möchten, können Sie dabei durch die Wahl

Ihres Arbeitseinsatzes selbst entscheiden. Die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes wird dabei

auch von äußeren Umständen, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und der

wirtschaftlichen Entwicklung, beeinflusst.

XXV

2. Experimentverlauf

Das Experiment besteht aus 12 Durchgängen. Zu Beginn jedes Durchgangs bekommen Sie Ihr

reguläres, provisionsbasiertes Gehalt in Höhe von 12 ECU sowie die neu eingeführte Prämie

in Höhe von 8 ECU ausgezahlt, insgesamt also 20 ECU.

In jeder Geschäftsperiode (Durchgang) haben Sie die Möglichkeit, eine Entscheidung über

Ihre zusätzliche Arbeitsleistung zur Erreichung des Ziels zu treffen. Ob Sie das Ziel erreichen,

ist dabei zum einen von der Höhe Ihrer gewählten Arbeitsleistung abhängig, zum anderen von

den äußeren Umständen, die Sie nicht selbst beeinflussen können.

Wenn Sie eine zusätzliche Arbeitsleistung erbringen, verursacht Ihnen das monetäre Kosten

aufgrund der zusätzlichen Anstrengung, die Ihr Gehalt reduzieren.

Wenn Sie das Ziel in Höhe von 4 erreichen, behalten Sie die Prämie in Höhe von 8 ECU

zusätzlich zu Ihrem üblichen Gehalt am Ende jedes Durchgangs. Erreichen Sie das Ziel nicht,

müssen Sie eine Rückzahlung in Höhe der Prämie an das Versicherungsunternehmen leisten.

3. Entscheidungen

Das vorgegebene Ziel der Geschäftsleitung beträgt für die 12 Geschäftsperioden jeweils 4.

Ziel pro Durchgang = 4

In jedem Durchgang können Sie die Höhe Ihres Arbeitseinsatzes frei wählen. Dabei haben Sie

die Wahl zwischen folgenden Arbeitseinsatzniveaus, die mit entsprechenden Kosten

verbunden sind:

Arbeitseinsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Kosten

(Arbeitseinsatz)

0 1 2 3 5 6 7 8 10 13

Zusätzlich ist die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes noch vom Vertragsabschlussverhalten der

Kunden (externe Faktor) abhängig, das Sie nicht direkt beeinflussen können. Dieser externe

Faktor liegt gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1. Der externe Faktor wird dabei in

jedem Durchgang per Zufallsmechanismus im Anschluss an Ihre Arbeitseinsatz-

Entscheidung ermittelt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren Arbeitseinsatz kennen

Sie also lediglich die Verteilung des externen Faktors, aufgrund der Unsicherheit über das

zukünftige Kundenverhalten nicht die genaue Ausprägung. Am Ende jeder Geschäftsperiode

können Sie den Wert des externen Faktors im zurückliegenden Durchgang auf Ihrem

Bildschirm einsehen.

Kundenverhalten (Externer Faktor) = [0,6-1]

Wenn Ihr effektiver Arbeitseinsatz (gewichtet mit dem externen Faktor) größer als die

Zielvorgabe ist, behalten Sie am Ende des jeweiligen Durchgangs die Prämie in Höhe von 8

ECU.

Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor ≥ Ziel

Wenn Ihre Arbeitsanstrengung in Abhängigkeit des externen Faktors kleiner als die

Zielvorgabe ist, müssen Sie am Ende des jeweiligen Durchgangs eine Rückzahlung in Höhe

der ausgeschütteten Prämie leisten:

XXVI

Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor < Ziel

4. Auszahlungsfunktion

Das gesamte Gehalt, das Sie in jedem Durchgang erreichen können setzt sich wie folgt

zusammen:

Gesamtgehalt = (übliches Gehalt + Prämie) – Kosten (Arbeitsanstrengung)

[- Rückzahlung]

Gesamtgehalt = 12 ECU + 8 ECU – Kosten (0 – 13 ECU) - [8]

5. Ergebnis und Auswertung

Am Ende jedes Durchgangs erhalten Sie einen Übersichtsbildschirm über Ihr gesamtes Gehalt

des jeweiligen Durchgangs.

Dort sehen Sie Ihren gewählten Arbeitseinsatz, die damit verbundenen Kosten, den Wert des

externen Faktors in diesem Durchgang sowie Ihr gesamtes Gehalt. Zum Abschluss des

Experiments erscheint ein Übersichtsbildschirm mit Ihrer gesamten Auszahlung. Im

Anschluss erfolgt noch ein kurzer Fragebogen, den Sie bitte ausfüllen. Danach werden wir Sie

anhand Ihrer Platznummer aufrufen und Sie können sich Ihren Gewinn bei der

Experimentleitung abholen.

A.3.4 Instruktionen Treatment 4

XXVII

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments negativer Frame (niedrige

Rückerstattung). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der Rückerstattung, welche hier

16 ECU anstatt 8 ECU beträgt.

XXVIII

A.4 Instruktionen Experiment II: Reziprozität zwischen

Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertretern bei Framing-

Effekten und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation

Liebe(r) Experimentteilnehmer(in),

mit Hilfe des folgenden Experiments möchten wir Anreizsysteme untersuchen.

Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 5,00 €. Im Laufe des Experiments können Sie in

Abhängigkeit von Ihren Entscheidungen weiteres Geld verdienen.

Während des Experiments kommt die Experimentalwährung ECU zum Einsatz. Am Ende des

Experiments wird Ihr ECU-Kontostand in Euro umgerechnet und ausgezahlt (30 ECU = 1 €).

Wir möchten etwas über Ihr persönliches Verhalten erfahren. Es gibt daher keine richtigen

und falschen Antworten.

Bitte lesen Sie sich die Instruktionen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen

sehr sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieses

Experiments erfolgt nur anonym.

Bitte verhalten Sie sich während des Experiments ruhig und sprechen Sie nicht mit Ihren

Nachbarn. Falls Sie Fragen haben, zögern Sie nicht diese zu stellen.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme an diesem Experiment!

XXIX

Die Situation

Bitte versetzen Sie sich in folgende Situation: Sie werden in Gruppen zu je zwei Personen

eingeteilt. Jede Gruppe besteht aus einem Versicherungsunternehmen und einem

Versicherungsvertreter. Die Versicherungsvertreter sind bei dem Versicherungsunternehmen

über alle 3 Geschäftsjahre fest angestellt.

Seit kurzem haben die Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb

eingeführt, sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der „junge Markt“ von

Interesse. Die Versicherungsunternehmen erhoffen sich, dass die Versicherungsvertreter

hierbei gezielt jüngere Kunden ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund

ihres geringen Einkommens nur ein relativ unbedeutendes Versicherungsvolumen ein und

erscheint daher weniger lukrativ. Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften

Kundenkontakte langfristig für das Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment

zukünftig und mit steigendem Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.

Daher kann das Versicherungsunternehmen verschiedene Anreize an Versicherungsvertreter,

die sich besonders in diesem Marktsegment engagieren, auszahlen. Wenn die

Versicherungsvertreter die, durch den Vorstand vorgegebenen, Zielvorgaben in diesem

Marktsegment (junger Markt) erreichen, bekommen sie den entsprechenden Anreiz.

Das Experiment

Der Vorstand hat die Zielvorgaben für den jungen Markt auf 4 gesetzt. Ob die

Versicherungsvertreter die Zielvorgaben erreichen, ist vom effektiven Arbeitseinsatz

abhängig. Der effektive Arbeitseinsatz setzt sich aus dem gewählten Arbeitseinsatz und

externen Faktoren, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und der wirtschaftlichen

Entwicklung, die nicht beeinflusst werden können, zusammen. Der externe Faktor liegt dabei

gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1 und wird per Zufallsmechanismus im Anschluss

an Ihre Entscheidung per Lottotrommel ermittelt. In der Lottotrommel befinden sich 40

Kugeln, die von 60 - 100 durchnummeriert sind. Die Kugel mit der Nummer 60 entspricht

einem externen Faktor von 0,6, die Kugel mit der Nummer 61 einem externen Faktor von

0,61, die Kugel mit der Nummer 62 einem solchen von 0,62, …, die Kugel mit der Nummer

100 einem externen Faktor von 1.

Effektiver Arbeitseinsatz = gewählter Arbeitseinsatz * externer Faktor

Die Versicherungsvertreter bestimmen ihren Arbeitseinsatz anhand folgender Tabelle. Der

gewählte Arbeitseinsatz ist dabei jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden. Das Arbeitsleid

wird in der Gehaltsberechnung entsprechend berücksichtigt.

Arbeits-

einsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Arbeits-

leid 0 1 2 3 5 6 7 8 10 13

Bestimmt durch

Zufallsvariable [0,6 - 1]

XXX

Der Gewinn der Versicherungsunternehmen pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt zusammen:

Gewinn = effektiver Arbeitseinsatz * 12 – 12 – Anreizzahlung

Bei der Entlohnung der Versicherungsvertreter, kann das Versicherungsunternehmen

zwischen drei Anreizsystemen auswählen:

1. Kein Anreiz:

Die Versicherungsvertreter erhalten neben ihrem Fixgehalt keine weiteren Zahlungen.

Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt

zusammen:

Gehalt = 12 – Arbeitsleid

2. Bonuszahlung:

Es wird ein Bonus in Höhe von 16 ECU an diejenigen Versicherungsvertreter

ausgezahlt, die die Zielvorgaben erreicht haben.

Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4 Bonuszahlung in Höhe von 16 ECU

Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt

zusammen:

Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonuszahlung

3. Rückerstattung:

Zu Beginn des Geschäftsjahres bekommen alle Versicherungsvertreter Ihr Fixgehalt

und eine zusätzliche Zahlung in Höhe von insgesamt 28 ECU. Wenn die

Versicherungsvertreter allerdings die Zielvorgaben nicht erreichen, müssen diese eine

Rückerstattung in Höhe von 16 ECU leisten.

Effektiver Arbeitseinsatz < 4 Rückerstattung in Höhe von 16 ECU

Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt

zusammen:

Gehalt = 28 – Arbeitsleid - Rückerstattung

Das Experiment geht über 3 Geschäftsjahre. Am Ende des Experiments bekommen die

Versicherungsunternehmen ihren Gewinn und die Versicherungsvertreter ihr Gehalt

ausgezahlt.

Im Anschluss an das Experiment folgen noch einige Fragen zu Ihrer Person. Bitte

beantworten Sie auch diese Fragen sorgfältig.

XXXI

Entscheidungsbaum für ein Geschäftsjahr:

XXXII

A.5 Instruktionen Experiment zur Effizienz und passiven

Selektionseffekten bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern

A.5.1 Instruktionen Treatment 1

Liebe(r) Experimentteilnehmer(in),

mit Hilfe des folgenden Experiments möchten wir Verkaufswettbewerbe untersuchen.

Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 €. Im Laufe des Experiments können Sie in

Abhängigkeit von Ihren Entscheidungen weiteres Geld verdienen.

Während des Experiments kommt die Experimentalwährung ECU zum Einsatz. Am Ende des

Experiments wird Ihr ECU-Kontostand in Euro umgerechnet und ausgezahlt (25 ECU = 1 €).

Wir möchten etwas über Ihr persönliches Verhalten erfahren. Es gibt daher keine richtigen

und falschen Antworten.

Bitte lesen Sie sich die Instruktionen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen

sehr sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieses

Experiments erfolgt nur anonym.

Bitte verhalten Sie sich während des Experiments ruhig und sprechen Sie nicht mit Ihren

Nachbarn. Falls Sie Fragen haben, zögern Sie nicht diese zu stellen.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme an diesem Experiment!

XXXIII

Die Situation

Stellen Sie sich bitte vor, Sie sind ein Versicherungsvertreter und bei einem

Versicherungsunternehmen angestellt. Ihr Gehalt setzt sich aus einem fixen Anteil und einem

variablen Anteil (Provision), der von Ihrem Arbeitseinsatz abhängig ist, zusammen. Ihr

Gehalt wird Ihnen quartalsmäßig ausgezahlt.

Um die besten Mitarbeiter zu prämieren, hat Ihr Versicherungsunternehmen einen

Verkaufswettbewerb ins Leben gerufen. Den Versicherungsvertretern, die innerhalb eines

Geschäftsjahres den größten Arbeitseinsatz zeigen, winkt eine zusätzliche Bonuszahlung.

Diese Bonuszahlung erhalten nur die Gewinner des Verkaufswettbewerbs. Die Verlierer

erhalten keine zusätzliche Zahlung, sie erhalten lediglich ihr erarbeitetes Gehalt bestehend aus

dem fixen und dem variablen Anteil (Provision).

Das Experiment

Per Zufallsmechanismus hat der Vertriebsleiter des Versicherungsunternehmens Sie und

andere Versicherungsvertreter verschiedenen Verkaufsgebieten zugeteilt. In jedem

Verkaufsgebiet arbeiten insgesamt zehn Versicherungsvertreter. Die Zuordnung zu den

Verkaufsgebieten bleibt unverändert, solange Sie für das Versicherungsunternehmen arbeiten.

Das Versicherungsunternehmen veranstaltet nun zwei Jahre hintereinander in jedem

Geschäftsjahr für jedes seiner Verkaufsgebiete einen Verkaufswettbewerb. Da in jedem

Verkaufsgebiet zehn Versicherungsvertreter arbeiten, nehmen neben Ihnen noch neun weitere

Versicherungsvertreter, die durch den Computer simuliert werden, an diesen

Verkaufswettbewerben teil. In jedem Verkaufswettbewerb erhalten die drei

Versicherungsvertreter, die in ihrem Verkaufsgebiet den größten Arbeitseinsatz gezeigt

haben, eine zusätzliche Bonuszahlung in Höhe von 5 ECU.

Jeder Verkaufswettbewerb dauert ein Geschäftsjahr. Ein Geschäftsjahr besteht aus je vier

Quartalen. Zu Beginn eines jeden Quartals bestimmen Sie und die anderen

Versicherungsvertreter Ihren Arbeitseinsatz für das Quartal anhand folgender Tabelle. Bitte

beachten Sie, dass Ihr gewählter Arbeitseinsatz jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden

ist. Das Arbeitsleid wird in der Gehaltsberechnung entsprechend berücksichtigt.

Arbeitseinsatz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Arbeitsleid 0 0,04 0,17 0,37 0,66 1,04 1,49 2,03 2,66 3,36 4,15 5,02

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

5,98 7,01 8,13 9,34 10,6 12 13,5 15 16,6 18,3 20,1 22 23,9 25,9

Am Ende eines jeden Quartals bekommen Sie Ihr Gehalt für das Quartal ausgezahlt. Ihr

Quartalsgehalt setzt sich wie folgt zusammen:

Zudem führt das Versicherungsunternehmen am Ende eines jeden Quartals eine

Leistungsmessung durch und gibt die aktuellen Platzierungen im Verkaufswettbewerb

XXXIV

bekannt. Es werden nur die erreichten Platzierungen bekannt gegeben, jedoch nicht die damit

verbundenen Arbeitseinsätze.

Um die Sieger des Verkaufswettbewerbs zu ermitteln, werden die gezeigten Arbeitseinsätze

summiert. Nach vier Quartalen gibt das Versicherungsunternehmen die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs bekannt und zahlt den Bonus an die Sieger aus.

Ist ein Geschäftsjahr zu Ende, beginnt ein neuer Verkaufswettbewerb, d. h. in die Berechnung

fließen nur die Arbeitseinsätze aus den jeweiligen vier Quartalen eines Geschäftsjahres ein. Es

erfolgt also keine Aufsummierung über die einzelnen Geschäftsjahre hinweg.

Im Anschluss an das Experiment folgen noch einige Fragen zu Ihrer Person. Bitte

beantworten Sie auch diese Fragen sorgfältig.

XXXV

A.5.2 Instruktionen Treatment 2

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,

Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der

Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.

A.5.3 Instruktionen Treatment 3

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,

Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an

Preisen, welche hier sechs Preise anstatt von drei Preisen sind.

A.5.4 Instruktionen Treatment 4

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 3 (niedriger Bonus, 6 Preise,

Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der

Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.

A.5.5 Instruktionen Treatment 5

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,

Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht darin, dass die

Zwischenstände nur nach dem dritten Quartal eingeblendet wurden.

In den Instruktionen lautete dies wiefolgt: Zudem führt das Versicherungsunternehmen am

Ende eines jeden Quartals eine Leistungsmessung durch und gibt nach drei Quartalen die

aktuellen Platzierungen im Verkaufswettbewerb bekannt. Es werden nur die erreichten

Platzierungen bekannt gegeben, jedoch nicht die damit verbundenen Arbeitseinsätze.

A.5.6 Instruktionen Treatment 6

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 5 (niedriger Bonus, 3 Preise,

Zwischenstand nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der

Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.

A.5.7 Instruktionen Treatment 7

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 5 (niedriger Bonus, 3 Preise,

Zwischenstand nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an Preisen,

welche hier sechs Preise anstatt von drei Preisen sind.

A.5.8 Instruktionen Treatment 8

Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 6 (hoher Bonus, 3 Preise, Zwischenstand

nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an Preisen, welche hier sechs

Preise anstatt von drei Preisen sind.

XXXVI

A.6 Fragebogen Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der

Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Universität Erlangen-Nürnberg möchten wir

Verkaufswettbewerbe untersuchen. Ein Verkaufswettbewerb geht typischerweise über einen

festgelegten Zeitraum. Die Teilnehmer an einem Verkaufswettbewerb kämpfen dabei um eine

bestimme Anzahl an Preisen. Am Ende des Verkaufswettbewerbs gewinnen allerdings nur die

besten Teilnehmer einen dieser Preise.

In dieser Studie werden Ihnen verschiedene Szenarien von Verkaufswettbewerben vorgestellt.

Bitte stellen Sie sich vor, dass Sie an diesen Verkaufswettbewerben teilnehmen und beurteilen

Sie dann die Szenarien anhand der folgenden Fragen.

Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und

falschen Antworten.

Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr

sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie

erfolgt nur anonym.

Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte

beantworten Sie auch diese sorgfältig.

Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie

XXXVII

Welche Variante der folgenden vier Verkaufswettbewerbe würden Sie präferieren?

Bitte ziehen Sie den Verkaufswettbewerb, der Ihre erste Wahl ist, an die oberste Stelle

auf der rechten Seite, Ihre zweite Wahl an die zweite Stelle auf der rechten Seite usw.

und Ihre letzte Wahl auf die unterste Stelle auf der rechten Seite.

- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.

- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise

für zwei Personen.

- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.

- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise

für zwei Personen.

- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“.

- Die Auszeichnung wird in einer privaten Verleihung übergeben (z. B. durch den

direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).

- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.

- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise

für zwei Personen.

- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“.

- Die Auszeichnung wird in einer öffentlichen Verleihung übergeben (z. B. durch

den Vorstand bei einem Galadinner).

- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.

- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise

für zwei Personen.

- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“.

- Über die Gewinner des Verkaufswettbewerbs wird in der Unternehmenszeitung

berichtet.

In den folgenden Fragen möchten wir Ihre Meinung zu den verschiedenen

Verkaufswettbewerben erfahren.

1. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.

Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:

Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.

Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

XXXVIII

Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.

2. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.

Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer privaten Verleihung übergeben (z. B. durch

den direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).

Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:

Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.

Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.

Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.

3. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.

Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer öffentlichen Verleihung übergeben (z. B.

durch den Vorstand bei einem Galadinner).

Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:

Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.

Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.

Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

XXXIX

4. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des

Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.

Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des

Jahres“. Über die Gewinner des Verkaufswettbewerbs wird in der

Unternehmenszeitung berichtet.

Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:

Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.

Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.

Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.

Die folgenden Fragen betreffen Verkaufswettbewerbe im Allgemeinen:

1. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?

Verkaufswettbewerbe steigern die Motivation der Mitarbeiter.

Verkaufswettbewerbe sind eine gerechte Form der Entlohnung.

Bei Verkaufswettbewerben wird jeder entsprechend seiner Leistung entlohnt.

2. Wie oft haben Sie in der Vergangenheit schon einmal einen Verkaufswettbewerb gewonnen?

ich habe noch keinen Verkaufswettbewerb gewonnen

_____ Mal

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

stimme eher nicht zu

weder noch stimme überhaupt nicht zu

stimme eher zu stimme voll und ganz zu

XL

Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu? (1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 = sehr unzutreffend)

Ich…

… bin eher zurückhaltend, reserviert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… neige dazu, andere zu kritisieren.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… erledige Aufgaben gründlich.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin vielseitig interessiert.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht mitreißen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das Gute im Menschen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin bequem, neige zur Faulheit.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der

Ruhe bringen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich kalt und distanziert verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… bin tüchtig und arbeite flott.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache mir viele Sorgen.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin phantasievoll.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… gehe aus mir heraus, bin gesellig.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… kann mich schroff und abweisend anderen gegenüber

verhalten.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… mache Pläne und führe sie auch durch.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… werde leicht nervös und unsicher.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.

1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]

XLI

Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person

1. Sie sind… männlich weiblich

2. Wie alt sind Sie? _____________

3. Wie viele Jahre Berufserfahrung haben Sie als Versicherungsvermittler?

____________

4. Wie hoch ist ihr monatliches Nettoeinkommen?

0 - 1.000 €

1.001 - 2.000 €

2.001 - 3.000 €

3.001 - 4.000 €

4.001 - 5.000 €

mehr als 5.000 €

XLII

A.7 Interviewleitfaden Expertengespräch

1. Ausgestaltung des Verkaufswettbewerbs:

Stehen die Wettbewerbe unter einem bestimmten Thema/Motto?

Wie viele Preise werden ausgeschüttet? (Ein einzelner Gewinner oder gewinnen mehrere Teilnehmer) Wurde die Anzahl der Preise schon einmal

variiert? Wie waren dabei Ihre Erfahrungen?

Welche Art von Preisen wird ausgeschüttet? (Sachpreise wie Reisen oder

monetäre Preise) Welche Preise werden von den Teilnehmern präferiert?

Über welchen Zeitraum erstreckt sich der Wettbewerb?

Bestehen Sabotagemöglichkeiten?

Wie ist der Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern während des

Wettbewerbs ausgestaltet? Wird sich nicht mehr mit den direkten

Konkurrenten ausgetauscht?

2. Teilnahme am Verkaufswettbewerb:

Nimmt jeder Vertreter automatisch am Wettbewerb teil oder kann man seine Teilnahme und damit die Auflistung ausdrücklich untersagen?

Wie ist die rechtliche Sicht von solchen Verkaufswettbewerben? Kann ein Teilnehmer sich gegen ein Ranking aussprechen?

3. Motivationswirkung:

Können Sie Motivationssteigerungen bei Ihren Vertretern verzeichnen? Haben Sie das Gefühl, dass die Vertreter motivierter sind und mehr Arbeitseinsatz

zeigen?

Können die Teilnehmer ihre Platzierung während des Wettbewerbs erfahren

oder wird diese erst nach Abschluss des Wettbewerbs veröffentlicht?

Wird am Ende des Wettbewerbs die gesamte Platzierungsliste veröffentlicht oder werden nur die Gewinner bekanntgegeben?

Gibt es eine Siegerehrung?

Wenn Sie sich die Wettbewerbe der letzten Jahre ansehen, befinden sich

immer die gleichen Vertreter auf den obersten Plätzen?

4. Frauenanteil:

Wie hoch ist der Frauenanteil unter Ihren Vermittlern?

Wie schneiden die Frauen im Verkaufswettbewerb im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen ab?

XLIII

Besteht die Strategie mehr Frauen als Versicherungsvermittler zu gewinnen?

Wenn ja, werden die weiblichen Vertreter gezielt eingesetzt, um Frauen zu beraten?

XLIV

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LI

Verzeichnis der Gesprächspartner

Riese, J. (2010). Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie, Nürnberger

Versicherungsgruppe, persönliche Mitteilung: Interview am 12.03.2010 in Nürnberg.

Pelka, P. (2010). Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe,

Nürnberger Versicherungsgruppe, persönliche Mitteilung: Interview am 12.03.2010 in

Nürnberg.