Die Cantes Flamencos. - · PDF file1 Coleccion de cantes flamencos recojidos y ... cantar, cancion synonym), aber ... á que se seguirá dando el nombre de flamenco, como sinónimo

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  • Die Cantes Flamencos.

    In Sevilla hat sich seit Kurzem das Studium der heimischen Volkslitteratur, fast aus einer generatio aequivoca heraus, zu erfreulicher Blthe entwickelt. Indem Fernan Caballero 1 den Mrchen, Liedern, Rthseln, Sprichwrtern und Sitten der Andalusier mit liebevollem Eifer nachforschte und sie sammelte, schwebten ihr nur aesthetische und moralische Zwecke vor; Emilio Lafuente y Alcntara erkannte allerdings bei Abfassung seines hchst werthvollen Cancionero popular (Madrid 1865), von dem zwei Drittel auf Andalusien und Aragonien kommen2, den wissenschaftlichen Werth der Volkslieder; allein in Spanien erzeugt weder mit so unabweislicher Nothwendigkeit, wie bei uns, ein Buch das andere, noch bedurfte es eines ausdrcklichen Hinweises auf Dinge, welche unter andern Himmelsstrichen sich der Aufmerksamkeit mehr entziehen, in Sevilla aber wie der Orangenblthenduft des Frhjahrs die ganze Atmosphre erfllen. Und whrend so starke unmittelbare Anregungen sonst nur auf das poetische Vermgen wirken, sind sie auch einmal kritischer Empfnglichkeit begegnet, und zwar unter Leuten, welche, sich an die Madrider Institucion libre de enseanza anlehnend, nach allen Seiten hin den wissenschaftlichen Horizont ihrer Landsleute zu erweitern bestrebt sind. Die rege Beschftigung mit den Arbeiten des Auslandes die sich u. A. in der Biblioteca cientfico-literaria, einer Sammlung von Uebersetzungen wissenschaftlicher Werke, kundgibt muss auch in Bezug auf die Volkslitteratur der in Spanien noch so wenig verbreiteten comparativen Methode frderlich sein. Freilich von den so reichen Hlfsmitteln, welche andere Lnder auf diesem Gebiete geliefert haben, ist noch nicht allzuviel nach Sevilla gedrungen, wie denn berhaupt das Auslndische in den ffentlichen und auch in den zum Theil sehr reichhaltigen Privatbibliotheken (neben den bekannten von D. Fernando Gabriel y Ruiz de Apodaca, D. Jos Mara Asensio y Toledo u. A. will ich die des Herrn Sendras, Cervantes 17, erwhnen, weil sie mir hinsichtlich alles Andalusisch-

    1 W o ich im Folgenden diesen Namen schlechtweg citire, beziehe ich mich auf die Cuentos y poesas populares andaluces (Sevilla 1859).

    2 Der erste Band enthlt die Seguidillas; der zweite die Coplas und dieser wird gewhnlich ohne seine Zahl citirt.

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    volksthmlichen sehr gut bestellt erschien) noch etwas sprlich vertreten ist. Man bedenke, dass nicht nur die Pyrenen zu berwinden sind, sondern auch die Sierra Morena und dass der Mangel an Interesse, welchem in Madrid unsere Studien begegnen, nicht ohne Einfluss auf die Provinz bleiben kann. Diese unzulngliche Vertrautheit mit dem was in der Fremde geleistet worden ist, und diese Theilnahmlosigkeit des inlndischen Publikums sind nun, anderer Umstnde ganz zu geschweigen, betrchtliche Hindernisse und diejenigen, die vor ihnen nicht zurckbeben, haben Anspruch auf unsere Anerkennung und, wo sich Mngel zeigen sollten, auf unsere Nachsicht. Wir, die wir frh in die Lehre gegangen sind, gediegene Anleitung und begrndete Zurechtweisung erfahren, gutes Werkzeug und reiches Material in die Hnde bekommen haben, die wir aber deswegen hie und da auch allzusehr in das Handwerksmssige verfallen, wir bersehen ber dem Unsichern selbstndiger Anfnge leicht das Verdienstliche derselben. Es ist die Enciclopedia, in welcher jenes Interesse an der Disciplin des folklore neuerdings mehr und mehr hervortrat (die Seccion de literatura popular bildete eine stehende Rubrik), so dass zu wnschen gewesen wre, dieselbe htte sich, was ihre auswrtige Verbreitung sehr gefrdert haben wrde, in eine Andaluca verwandelt; doch hre ich eben, sie wird von nun an, wie so Vieles, fast Alles in Spanien, den Weg der Politik gehen. Es war diese Revista cientfico-literaria, zu der meistens junge Leute beisteuerten, durch die Absicht ins Leben gerufen worden, die Lcke einigermassen auszufllen, welche die treffliche Revista mensual de filosofa, literatura y ciencias, de Sevilla (6 Bde., 1869 1874) durch ihr Eingehen hinterlassen hatte. Unter den Encyclopaedisten, von denen mir Francisco Rodri guez Marin hoffentlich recht bald Gelegenheit geben wird, ber seinen Cancionero recht Gutes zu sagen, hat hauptschlich mein Freund Antonio Machado y lvarez, der sich seit einiger Zeit unter dem Namen Demfilo und so werde ich ihn berall nennen populr zu machen sucht, die bewusste Richtung vertreten; schon ber zehn Jahre sind es her, dass ihn die Muse der Volksdichtung mit verlockendem Blicke anlchelte, er schrieb zahlreiche Artikel in die Revista de Sevilla, die Enciclopedia und andere Zeitschriften und Zeitungen und verffentlichte als besondere Bcher im vorigen Jahre die Coleccion de enigmas y adivinanzas und heuer die Coleccion de cantes flamencos l, welche die erste Sammlung der Art ist, wie denn Demfilo diese Gasse von Liedern 1870 berhaupt zuerst ans Licht gezogen hat ( con cierta timidez Rev. d. S. II 474).

    Ueber die Cantes flamencos gedenke ich nun mich in behaglicher Weise mit ihm schriftlich zu unterhalten, wie wir ber dieselben,

    1 Coleccion de cantes flamencos recojidos y anotados por Dem filo. Sevilla, Imp. y Lit. de El Porvenir, ODonnell 46 1881. (Halle a/S., M. Niemeyer Palermo, L . Pedone). X VIII, 209 S. 8.

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    deren Bekanntschaft ich brigens dem Caf Silverio verdanke, sowie ber verwandte Gegenstnde im Jahre 1879 so manches Mal mndlich unsere Ansichten ausgetauscht haben. Der Prlogo und die hufigen, zum Theil ausfhrlichen Anmerkungen werden dabei besonders zu bercksichtigen sein.

    Zunchst verdient der Ausdruck cantes flamencos eine eingehende Besprechung. Cante ist ein gesungenes Lied (und insofern mit canto, cantar, cancion synonym), aber nicht ein jedes, sondern wohl nur ein derartiges, welches eben als flamenco gilt. Doch gestehe ich, ber den Bedeutungsumfang des Wortes nicht gengend unterrichtet zu sein. Vgl.

    Laf. I 160, 3 Cmo quieres que tengaGusto en el cante,Si la prenda que adoro No est delante?

    Dem. 58, 308 Te den un tiro y te maten,Como sepa que dibiertes A otro gach con tu cante.

    Ueber die Bildung dieser andalusischen Wortform bin ich ebenfalls nicht vllig im Klaren; fr canto, wie z. B. tilde fr titulo, kann sie natrlich nicht stehen. Haben wir etwa in cante das zu sehen, was auf die Aufforderung cante V. ! 1 erfolgt (vgl. fr. rendez- vous)? Flamenco heisst zunchst Zigeuner, zigeunerisch. Demfilo meint, der Ursprung dieser Benennung sei ihm unbekannt, pues no hay prueba alguna que acredite la opinion de los que afirman, ora, que con los flamencos venidos Espaa en tiempo de Crlos I, llegaron tambien numerosos jitanos; ora, que se traslad stos en aquella poca el epteto de flamencos, como ttulo odioso y expresivo de la mala voluntad con que la nacion vea los naturales de Flandes (S. VII). Er spricht sogar von der Mglichkeit, die Andalusier htten die Zigeuner wegen ihrer Hautfarbe so genannt, welche gerade das Gegentheil von der weissen und rothen der Flamlnder sei (wie allerdings eine solche scherzhafte Umkehrung bei jenen sehr gebruchlich ist, z. B. hace mucho frio fr hace mucho calor). Indessen unterliegt es fr mich keinem Zweifel, weshalb die Zigeuner als Flamlnder bezeichnet worden sind. Gern wurden sie ja nach den Lndern benannt, aus denen sie kamen oder zu kommen schienen, so Aegypter, Bhmen ; und auch der Ausdruck Zigeuner, obwohl er in der ursprnglichen Form Athinganen einer Sekte zugehrt, deutet auf ihre alten Wohnsitze in Armenien. Die Spanier verfolgten die Herkunft der Zigeuner nicht weiter als bis nach Deutschland zurck, und

    1 Vgl. Cab. 299, I Cante V., compaerito,Cante V., vamos cantando, Que si V . no sabe coplas, Yo se las ir apuntando.

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    diese Anschauung musste sich befestigen, als dieselben von hier im 16. Jahrhundert vertrieben wurden und dadurch ihre Zahl in Spanien bedeutend zunahm. Miklosich, Ueber die Mundarten und die Wanderungen der Zigeuner Europas III 42 ff., weist zwar in der Sprache der spanischen Zigeuner griechische, slawische und rumnische Elemente nach, keine deutschen; kann aber wohl auf diesem negativen Wege erhrtet werden, dass sie nicht einmal vorbergehend sich unter den Deutschen aufgehalten haben? Man nannte sie also in Spanien zuvrderst germanos und weil man die Flamlnder und Deutsche zusammenwarf, flamencos; s. George Borrow, The Zincali; or, an account of the Gypsies of Spain (London 1841) I 38. Germanos hiessen dann auch alle gewerbmssigen Gauner; daher germana, Rothwlsch. Dass dieses ursprnglich, wie es uns z. B. in den Romanzen Hidalgos und Quevedos vorliegt, mit der Zigeunersprache Nichts zu thun hat, kommt natrlich dabei nicht in Betracht, wurde doch auch umgekehrt jerigonza von der Zigeunersprache gebraucht. Diez Et. Wtb.3 II 137 hlt an der Identitt von germano, Gauner, Zigeuner, mit germanus, Bruder, fest; er sagt: Es ist ein Missverstndniss, wenn man germana von dem Vlkernamen Germanus leitet, weil die Sprache der Zigeuner eine Anzahl gothischer Wrter enthalte ; abgesehen von dieser Begrndung, ist, glaube ich, er im Irrthum. Demnach sind flamenco und jitano eigentlich gleichbedeutend; indessen hat sich doch ein gewisser Unterschied herausgebildet. Jitano ist weiteren Gebrauches, kommt oft in bertragener Bedeutung vor ( schmeichlerisch, schlau), wird brigens wohl auch auf jene cantes angewandt (insbesondere seguidillas jitanas, whrend ich dem Ausdruck seguidillas flamencas nicht begegnet bin). Flamenco bezeichnet vorzugsweise das Zigeunerartige, Zigeunerhafte (vgl. Demfilo S. 27 : flam enco se emplea en sentido de a ji tanado) ; so sagt man z. B. von einem Mdchen, das in seinem Anzug, Auftreten, ganzen Wesen die Feschheit der Zigeunerinnen vergegenwrtigt: es muy flamenca .1

    Echt zigeunerisch nun sind die Cantes flamencos, die brigens nur in Andalusien zu Hause sind, schon in Hinblick auf die Sprache keinenfalls; sie sind also zigeuner