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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Zum Status dieser PDF-Datei Diese Datei stellt den Studierenden, die die Lehrveranstaltung besuchen, die Textauszüge und Folien zur Verfügung, die in der jeweiligen Veranstaltung von mir verwendet werden. Auf diese Weise möchte ich das Verteilen umfangreicher Kopie vermeiden und verhindern, dass durch das Abschreiben von Texten zu viel Aufmerksamkeit gebunden wird, die dann bei der aktiven Aufnahme des Stoffes fehlen würde. Die Datei stellt kein Skript der Veranstaltung dar. Sie kann (und will) nicht den regelmäßigen Besuch des Seminars ersetzen.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Fr. 10.00 – 12.00, D I Raum AR-B 2104 Text im Vorlesungsverzeichnis: Zwei Fremdunterbringungsformen werden ausführlich vorgestellt:

1. das Pflegekinderwesen anhand einer kurzen Einführung in die Geschichte des Pflegekinderwesens, einer Darstellung ihrer Differenzierungsformen und einer ausführlichen Vorstellung der aktuellen Forschungsergebnisse und

2. die Betreuung in professionellen Lebensgemeinschaften im Rahmen der Heimerziehung anhand eines Überblicks über Entwicklungslinien in diesem Feld und einer Darstellung des aktuellen Forschungsstandes.

Schließlich werden die beiden Fremdunterbringungsformen hinsichtlich ihrer Chancen und Risiken miteinander verglichen. Literatur zu Einführung:

• Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999

• Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987

• Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996.

• Niederberger, Josef Martin; Bühler-Niederberger, Doris: Formenvielfalt in der Fremderziehung. Zwischen Anlehnung und Konstruktion. Stuttgart (Enke) 1988.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Literaturliste

Blandow, Jürgen: Kontroversen, Ambivalenzen. Ein Essay zum modernen 'Pflegekinderwesen'. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 56-64.

Blandow, Jürgen: Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. Aus: Colla, Herbert; Gabriel;

Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 757-772.

Blandow, Jürgen; Frauenknecht, B.: Dauerpflege, Adoption und Tagesbetreuung. München 1990. Bonhoeffer, Martin: Aus Kritik am Heim. Kinder in Ersatzfamilien. Aus: Bonhoeffer, Martin;

Widemann, Peter (Hrsg.): Kinder in Ersatzfamilien. 2. Aufl. Stuttgart (Klett) 1980. S. 124-140.

Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und

Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999.

Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich.

München (DJI Verlag) 1987. Duehrssen, Annemarie: Heimkinder und Pflegekinder in ihrer Entwicklung. Göttingen 1975, 5.

Aufl. Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster

(Votum) 1996. Gudat, Ulrich: Systemische Sicht von Pflegeverhältnissen - Ersatz- oder Ergänzungsfamilie? Aus:

Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 38-59.

Hamburger Pflegekinderkongreß (Hrsg.) (Hrsg.): Mut zur Vielfalt. Münster 1990. Hanselmann, Paul G. ; Weber, B.: Kinder in fremder Erziehung; Heime, Pflegefamilien,

Alternativen - ein Kompaß für die Praxis. Weinheim, Basel 1986. Heitkamp, Hermann: Heime und Pflegefamilien - konkurrierende Erziehungshilfen?

Entwicklungsgeschichte, Strukturbedingungen, gesellschaftliche und sozialpolitische. Frankfurt a. M. 1989.

Heun, Hans Dieter: Pflegekinder im Heim: Eine Untersuchung über Anzahl, Ursachen und

Auswirkungen abgebrochener Pflegeverhältnisse von Minderjährigen in Hessen. München 1984.

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IGfH: Kongreß: Kinder in Ersatzfamilien. Frankfurt a. M. (IGfH) 1975. Jordan, Erwin: Situation und Perspektiven in der Pflegekinderarbeit. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.):

Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 14-38.

Jordan, Erwin: Vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.):

Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 76-119.

Jordan, Erwin: Pflegefamilien und Adoption. Aus: Otto, Hans-Uwe; Thiersch, Hans (Hrsg.):

Handbuch Sozialarbeit/Sozialpädagogik Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 2001, 2. Aufl. S. 1346-1354.

Jordan, Erwin: Indikation zur Vollzeitpflege/Pflegefamilie. Aus: Fröhlich-Gildhoff, Klaus (Hrsg.):

Indikation in der Jugendhilfe. Grundlagen für die Entscheidungsfindung in Hilfeplanung und Hilfeprozess. Weinheim und München (Juventa) 2002. S. 93-101.

Junker, Reinhold: Pflegekinder in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Forschungsbericht.

Frankfurt a. M. 1978. Kötter, Sabine: Besuchskontakte in Pflegefamilien - Das Beziehungsdreieck "Pflegefamilie -

Pflegekind - Herkunftseltern". Regensburg 1994. Krumbholz, Monika: Hoffnungen und Hürden - Bremen hat den Pflegekinderdienst und die

Tagespflege privatisiert. In: Forum Erziehungshilfen, Jg. 2003, H. 3, S. 153-156. Lutter, Elisabeth: Das Wiener Modell: Schulung und Beratung im Pflegekinderwesen. Aus: Colla,

Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 773-777.

Marmann, Alfred: Kleine Pädagogen – Eine Untersuchung über „Leibliche Kinder“ in

familienorientierten Settings öffentlicher Ersatzerziehung. Unveröffentlichte Dissertation an der Universität Siegen 2003

Maywald, Jörg: Biografiearbeit mit Pflegekindern. In: Jugendhilfe, 39. Jg. (2001), H. 5, S. 235-240. Naumann, Ute; Hammer, B. (Hrsg.) (Hrsg.): Perspektiven der Erziehungsstellen-Arbeit. Beiträge

zur 1.Fachtagung Erziehungsstellen in Kassel 1997. Frankfurt a. M. 1998. Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in

Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997. Niederberger, Josef Martin; Bühler-Niederberger, D.: Formenvielfalt in der Fremderziehung.

Zwischen Anlehnung und Konstruktion. Stuttgart (Enke) 1988. Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von

Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992.

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Planungsgruppe Petra; Thurau, H.; Völker, U.: Erziehungsstellen - Professionelle Erziehung in privaten Haushalten. Eine Studie über die Leistungsmöglichkeiten der Erziehungsstellen des Landes. Frankfurt a. M. 1995.

Schattner, Heinz: Von der Werbung von Pflegeeltern bis zur Vermittlung eines Pflegeverhältnisses.

Aus: Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 175-211.

Schumann, Marianne: Herkunftseltern und Pflegeeltern: Konfliktfelder und Brücken zur

Verständigung. Aus: Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 60-99.

Stolte-Friedrichs, Angelika: Zwischen zwei Familien? Zwei Pflegekinder finden ein Zuhause.

Münster 1995. Wiemann, Irmela: Familienpflege als Hilfe zur Erziehung. Möglichkeiten, Grenzen und

Qualitätsanforderungen. In: Jugendhilfe, 39. Jg. (2001), H. 5, S. 229-234. Wolf, Klaus: Professionelle Familienerziehung: Professionalität oder Harmonie? In: Jugendhilfe,

Jg. 1998, H. 1, S. 32-42. Wolf, Klaus: Pädagogische Chancen in Pflegefamilien: Die Leistungsfähigkeit impliziter

Erziehung. Aus: Krolzik, Volker (Hrsg.): Pflegekinder und Adoptivkinder im Fokus. Idstein 1999. S. 9-24.

Wolf, Klaus: Spezialisierte Profis oder geduldige Hausfrauen? Zum Selbstverständnis von

Mitarbeiterinnen in Erziehungsstellen. In: Evangelische Jugendhilfe, 79.. Jg. (2002), H. 1, S. 24-33.

Ziegenhain, Ute: Anwendungsgebiete der Bindungstheorie. In: Neue Praxis, 31. Jg. (2001), H. 5, S.

480-491. Fett gedruckt = für unser Seminar besonders einschlägige Literatur, die z.T. im Semesterapparat

zu finden ist

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Auszüge aus dem SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) § 27 Hilfe zur Erziehung (1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Ju-gendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwick-lung geeignet und notwendig ist. (2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Um-feld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. (3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit ver-bundener therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungs- und Beschäfti-gungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Abs.2 einschließen. § 28 Erziehungsberatung Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung indi-vidueller und familienbezogener Probleme und der zugrundeliegenden Faktoren, bei der Lö-sung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen metho-dischen Ansätzen vertraut sind. § 29 Soziale Gruppenarbeit Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren Kindern und Jugendlichen bei der Ü-berwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzepts die Entwicklung älterer Kinder und Jugendlicher durch soziales Lernen in der Gruppe fördern. § 30 Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer Der Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer sollen das Kind oder den Jugendlichen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen möglichst unter Einbeziehung des sozialen Umfelds unterstützen und unter Erhaltung des Lebensbezugs zur Familie seine Verselbständi-gung fördern.

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§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Kon-flikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie. § 32 Erziehung in einer Tagesgruppe Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des Jugendli-chen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Eltern-arbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Fa-milie sichern. Die Hilfe kann auch in geeigneten Formen der Familienpflege geleistet werden. § 33 Vollzeitpflege Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendli-chen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer an-gelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugend-liche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen. § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von All-tagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunfts-familie 1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder 2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder 3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbe-reiten. Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Le-bensführung beraten und unterstützt werden.

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§ 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebens-führung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuel-len Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen. § 35a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (1) Kinder und Jugendliche, die seelisch behindert oder von einer solchen Behinderung be-droht sind, haben Anspruch auf Eingliederungshilfe. Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Ein-zelfall 1. in ambulanter Form, 2. in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, 3. durch geeignete Pflegepersonen und 4. in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet. (2) Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Maß-nahmen richten sich nach folgenden Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes, soweit diese auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwen-dung finden: 1. § 39 Abs. 3 und § 40, 2. § 41 Abs. 1 bis 3 Satz 2 und Abs. 4 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Vereinbarun-gen nach § 93 des Bundessozialhilfegesetzes Vereinbarungen nach § 77 dieses Buches treten, 3. die Verordnung nach § 47 des Bundessozialhilfegesetzes. (3) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Perso-nen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Ein-gliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogi-sche Maßnahmen für Kinder; die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tagesein-richtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam betreut werden. § 36 Mitwirkung, Hilfeplan (1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entschei-dung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt. Ist Hilfe außerhalb der eigenen Familie erforderlich, so sind die in Satz 1 genannten Personen bei der Auswahl der Einrichtung oder der Pflegestelle zu beteiligen. Der Wahl und den Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind. Wünschen die in Satz 1 genannten Personen die Erbringung einer in § 78a genannten Leis-tung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrich-tung nach Maßgabe des Hilfeplanes nach Absatz 2 geboten ist.

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(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussicht-lich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen wer-den. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personen-sorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Fest-stellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistun-gen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrich-tungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. (3) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe ein Arzt, der über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Behinderte verfügt, beteiligt werden. Erscheinen Maßnahmen der beruflichen Eingliederung erforderlich, so sollen auch die Stellen der Bundesanstalt für Arbeit beteiligt werden. § 37 Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie (1) Bei Hilfen nach §§ 32 bis 34 und § 35a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 soll darauf hingewirkt werden, dass die Pflegeperson oder die in der Einrichtung für die Erziehung verantwortlichen Personen und die Eltern zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zusammenarbeiten. Durch Beratung und Unterstützung sollen die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann. Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, dass die Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird. Ist eine nachhaltige Verbesserung der Erziehungs-bedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeitraums nicht erreichbar, so soll mit den beteiligten Personen eine andere, dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden. (2) Die Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder des Jugendlichen und während der Dauer der Pflege Anspruch auf Beratung und Unterstützung; dies gilt auch in den Fällen, in denen dem Kind oder dem Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungs-hilfe gewährt wird oder die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 nicht bedarf. § 23 Abs. 4 gilt entsprechend. (3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle ü-berprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet. Die Pflegeperson hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

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„Die Geschichte des fremdplatzierten Kindes widerspiegelt die Vielfalt der Gesellschaftssysteme und ihrer Entwicklungsstufen. Sie ist so eng mit den jeweiligen sozialen Realitäten verklammert, dass sie sich als Schlüssel zu deren Verständnis anbietet. ….

Denn obwohl Fremdplatzierung zu allen Zeiten und auf allen Stufen der

Entwicklung praktiziert wird und es insofern wenig zu entdecken gibt (außer dies wäre eine Entdeckung), so erfährt doch der Sinn dieser Maßnahme den denkbar größten Wandel.“

Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997: 170

In der Antike wurden die Kinder, die den Normalitätsvorstellungen nicht entsprachen, in großer Zahl umgebracht: „Sie wurden in Flüsse geworfen, auf Misthaufen geschmissen, auf Bergen und an Wegrändern ausgesetzt als `Beute für Vögel, Futter für wilde Tiere, die sie zerreißen würden´“. Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997: 23.

»Damit wir niemandem zur Last fallen oder nicht selber eine Sünde begehen, ist uns beigebracht worden, dass es sündhaft ist, Kinder, auch neugeborene, auszu-setzen, und zwar vorwiegend, weil wir erleben, dass fast alle, die ausgesetzt wurden (nicht nur Mädchen, auch Knaben), zur Prostitution erzogen wurden.« Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997: 25.

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Notizen eines italienischen Adligen, der am Ende des 15. Jahrhunderts England bereist: „»Die Gefühlsarmut der Engländer offenbart sich unübersehbar in ihrer Beziehung zu ihren Kindern: denn nachdem sie diese bis zum Alter von 7 oder allerhöchstens 9 Jahren zu Hause behalten haben, schicken sie Mädchen wie Jungen fort in die Häuser anderer Leute, in einen harten Dienst, an den sie im allgemeinen für 7 oder 9 Jahre gebunden bleiben. Sie werden dann »Lehrlinge« genannt und verrichten während dieser Zeit die allerniedrigsten Dienstleistungen; nur wenige werden geboren, die diesem Schicksal entgehen, weil jeder, wie reich auch immer er sein mag, seine Kinder in die Häuser anderer Leute fortschickt, während er selbst im Gegenzug diejenigen von Fremden in sein Haus aufnimmt. Und auf die Frage nach den Gründen für diese elterliche Strenge antworteten sie, sie würden es tun, damit ihre Kinder bessere Manieren lernten.« Skeptisch fügte der Italiener hinzu: »Aber ich für meinen Teil glaube, dass sie dies tun, weil sie all ihre Bequemlich-keit für sich allein genießen wollen und weil sie von Fremden besser bedient, werden als von ihren eigenen Kindern.«“ Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997: 20f.

„Ein früher Angriff kam schon 1761 vom Autor der ersten deutschen Bevölkerungsstatistik. Er fügte dieser eine Anmerkung bei, die vor den Gefahren der Waisenhäuser warnte. Eltern von gewissem Stand würde die Aussicht, dass im Falle ihres vorzeitigen Ablebens ihre Kinder in ein Waisenhaus kämen, vor der Zeugung einer großen Kinderschar zurückhalten. Der Vorwurf wog schwer in der Zeit des Merkantilismus, wo man den Reichtum eines Staates in direkter Abhängigkeit von der Bevölkerungsgröße sah. Dem folgte ein überraschend einfaches Argument: In den Städten, wo die Anstalten angesiedelt waren, würden die Kinder wegen der hohen Lebensmittelpreise viel zu teuer versorgt und überdies - der Vorwurf musste treffen - schlecht aufs künftige Arbeitsleben vorbereitet. Die Lösung war, die Kinder bei Bauern unterzubringen.“ Niederberger, Josef Martin: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Fremdplatzierung in Geschichte und Gesellschaft. Bielefeld 1997: 74 f.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

"Der Begriff »Pflegefamilie« wird zur Kennzeichnung des Sozialisationsortes, an dem

das Pflegekind lebt, benutzt. Irrelevant für den Begriff ist die Frage nach dem

Familienmodell, auch die Frage, ob es sich überhaupt um eine Familie im üblichen

Sinne oder um eine andere privat organisierte Lebensform zwischen Erwachsenen und

Kindern handelt. Die mit der Erziehung des Pflegekindes betrauten erwachsenen

Menschen in der Pflegefamilie werden als "Pflegeperson" bezeichnet." (Blandow 1999,

S. 757)

Blandow, Jürgen: Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. Aus: Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 757-772.

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Formenvielfalt von Pflegestellen Nach zeitlicher Dauer:

• Tagespflege • Zeitlich (eng) befristete Pflege • Dauerpflege • Bereitschaftspflege

Besondere Pflegestellen:

• Sonderpflegestelle • Heilpädagogische Pflegestelle • Sonderpädagogische Pflegestelle • Sozialpädagogische Pflegestelle • (ggf.) Erziehungsstelle • Professionelle Pflegestelle

Besondere Funktion:

• Adoptionspflege Andere Hilfen zur Erziehung :

• Lebensgemeinschaftsbetreuung in der Heimerziehung • Erziehungsstellen nach § 34 KJHG • Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung in Familien

Anmerkung: Diese Aufzählung kann nicht vollständig sein. In einzelnen Regionen sind weitere Bezeichnungen etabliert.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Untersuchungen zum Abbruch von Pflegeverhältnissen

"Im Ergebnis lässt sich festhalten, und dies bestätigen auch spätere Untersuchungen (vgl. z.B. Berridge/Cleaver 1987), dass die Versuche, Erfolg bzw. Misserfolg von Pflegeverhältnissen anhand einer geringen Zahl quantifizierbarer und objektiv überprüfbarer Variablen (Alter, Geschlecht, vorhergehende Lebensorte, Zeitpunkt der Trennung, Größe der Pflegefamilie etc.) zu bestimmen, weitgehend gescheitert sind, d.h. zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt haben." Jordan, Erwin: Vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 84

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Prof. Dr. Klaus Wolf Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Quelle: Jordan, Erwin: Vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 76-119. Abbruchbegünstigende Faktoren beim Kind

1. Höheres Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Inpflegegabe

2. Vorgeschichte des Kindes (z.B. vorhergehende längere Heimaufenthalte)

3. Dauer der bisherigen Fremdunterbringungen

4. Häufigkeit der Verlegungen / Wechsel der vorherigen Lebensorte

5. zunehmendes Alter des Kindes zum Zeitpunkt seiner Trennung von der Herkunftsfamilie (Mutter)

6. ungeklärte, ambivalente Beziehungen zu früheren Bezugspersonen

7. Verfestigung und Störungen der 'Basispersönlichkeit' (Syndrome von

Verhaltensweisen)

8. starke Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsdefizite

9. unklare Perspektiven der Unterbringung

10. Herkunft aus Familien, die schon lange im Betreuungsbereich Sozialer Dienste standen

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Abbruchbegünstigende Faktoren bei der Pflegefamilie:

1. Alter der Pflegepersonen (je jünger, desto riskanter das Pflegeverhältnis; hohes Alter als Risikofaktor)

2. zu großer bzw. zu geringer Altersabstand zwischen Kind und Pflegepersonen

3. geringer Altersabstand (insbes. bei jüngeren Kindern) zwischen dem Pflegekind

und eigenen Kindern

4. Aufnahmemotivationen, denen stark emotionale Mangelerlebnisse zugrunde liegen oder die der Suche nach einem Spielgefährten für das eigene Kind entspringen

5. ein einengender, ordnender, rigider Erziehungsstil

6. zurückgezogenes Familienleben, pessimistisches Weltbild

7. Krisen in der Pflegefamilie

8. unklare allgemeine soziale Motivationen

9. Überforderung durch Erziehungsprobleme mit dem Pflegekind /

Verhaltensspezifika des Pflegekindes

10. negative Gefühle und Beziehungen zu der Herkunftsfamilie des Pflegekindes

11. unklare Perspektiven der Unterbringung

12. Überforderung durch Erziehungsprobleme

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Abbruchbegünstigende Faktoren beim Hilfesystem:

1. mangelnde Information der Pflegefamilie über das Kind

2. unzureichende Vorbereitung

3. unsorgfältige und zu kurze Vermittlungsphasen

4. Mängel in der Vermittlungspraxis; Fehlvermittlungspraxis

5. unzureichende fachliche Beratung und Begleitung

6. Krisenmanagement

7. unzulängliche Zusammenarbeit der verschiedenen professionellen Dienste (z.B. Kooperation mit Schule, Berufsbildungseinrichtungen als auch unzulängliche Zusammenarbeit der Sozialen Dienste untereinander)

8. mangelnde Perspektivklärung

9. Missachtung der Wünsche von Pflegeeltern und Kindern

10. in Entscheidungs- und Schlüsselsituationen steht keine Teamberatung bzw. -

entscheidung zur Verfügung

11. die Vermittlung von Kindern geschieht aufgrund objektiver Notlagen und/ oder subjektiver Fehleinschätzungen unter Zeitdruck und ohne vorherige Kommunikation bzw. Kooperation mit Herkunfts- und Pflegefamilie

12. während des Bestehens des Pflegeverhältnisses werden seitens der Sozialen

Dienste keine regelmäßigen Kontakte, Gespräche und Vermittlungen mit allen Beteiligten durchgeführt

13. Gründe, die zum Abbruch führen, sind nicht durch theoretische, diagnostische und methodische Konzepte frühzeitig erkannt und bearbeitet worden

14. Trennung von Geschwistern bei der Inpflegegabe

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Prof. Dr. Klaus Wolf Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

„Im Vordergrund stehen vielmehr Störungen, die sich in den präsentierten Einzelfällen zu Abbrüchen ,aufschaukeln`. Hierzu zählen u.a.:

a) Irritationen durch unklare Perspektiven

b) Problemeskalation durch fehlende Kooperation

c) Konfusion in der Vermittlungsarbeit

d) Missachtung der Wünsche von Pflegeeltern und Kindern

e) Überforderung der Pflegefamilie

f) Fehleinschätzung der Entwicklungsbedürfnisse der Kinder

g) Krisen in der Pflegefamilie

h) fehlende Integration

i) Abbruch als Korrektur einer Fehlentwicklung."

Jordan, Erwin: Vorzeitig beendete Pflegeverhältnisse. Aus: Gintzel, Ullrich (Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum) 1996. S. 92

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Geteilte Elternschaft oder

pathogenes Dreieck Herkunftsfamilie - Pflegefamilie - Kind

Entstehung des pathogenen Dreiecks:

„Unsere Hypothese lautet: Es sind vielleicht weniger die einzelnen Reaktionen von

Pflegeeltern oder Herkunftseltern, die sich belastend auf das Kind auswirken, sondern

der Dauerstress, unter dem das Kind steht, wenn es in die Situation des "pathogen

Dreiecks" gerät. Dies entsteht dann, wenn sich zwischen Pflegeeltern und

Herkunftseltern keine einigermaßen tragbare Beziehung entwickelt, sondern beide

Parteien in erster Linie um das Kind rivalisieren“ (Schumann 1987, S. 61)

Definition pathogenes Dreieck: „Das Pflegekind kann also auch in dieser Situation in ein "pathogenes Dreieck" geraten:

interessiert es sich für seine abwesenden leiblichen Eltern, kränkt dies die Pflegeeltern

und/oder es muss befürchten, dass die fernen Eltern seine Zuneigung zu den

Pflegeeltern missbilligen.“ (Schumann 1987, S. 62)

Elternbild

„Selbst wenn Informationen gegeben werden, so hat das Elternbild häufig eine

"verwirrende Note": "Entweder (meistens) entwickelt sich ein betont negatives

Elternbild, das durch laufende kritische Bemerkungen der Pflegemutter produziert

wird ... oder das illusionär-positive, sehnsüchtige Elternbild, das die Eltern mit

phantastischen, positiven Eigenschaften ausstattet.'(S. 48)“ (A. Dührssen zit. in

Schumann 1987, S. 62)

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Geteilte Verantwortung "Entscheidend für das Rollenverhältnis der Pflegeeltern ist darum nicht, ob sie die

Verantwortung teilen wollen, sondern ob jemand mit ihnen die Verantwortung teilt. Ein

Dilemma von Pflegeverhältnissen ist, dass "geteilte Verantwortung- gefordert wird,

diese Forderung aber für viele Pflegeeltern nur eine Worthülse bleibt." (BLANDOW

1980, S. 101) (Schumann 1987, S. 63)

Geteilte Elternschaft „Das Kind hat daher einen Anspruch darauf, von seinen Herkunftseltern nicht

willkürlich abgeschnitten zu werden, es hat ein Recht auf die Auseinandersetzung mit

seiner Herkunft. Für Pflegeeltern und Herkunftseltern bedeutet die geteilte

Elternschaft, dass sie auf einen exklusiven Anspruch verzichten müssen. Pflegeeltern

dürfen nicht glauben, zu leiblichen Eltern werden zu können.“ (Schumann 1987, S. 88)

Vielmehr sollen die beiden Elternparteien ein erweitertes Elternsystem bilden und

tragen dafür die Verantwortung, auf ihrer Ebene eine tragfähige Beziehung

aufzubauen. (Schumann 1987, S. 95)

Bedeutung der leiblichen Eltern

„Selbst in Pflegeverhältnissen, in denen lange der Kontakt zwischen dem Pflegekind und

seinen leiblichen Eltern unterbrochen war und die Pflegeeltern zu faktischen' Eltern

geworden sind, zeigen Pflegekinder häufig in der Pubertät ein großes Interesse an ihren

leiblichen Eltern und an einem Kontakt mit ihnen. Pflegeeltern sollten auf diese

Entwicklung vorbereitet sein, damit es nicht zu der belastenden Situation kommt, von

der ein Pflegekind (16 Jahre) auf einer Tagung berichtete: Es hatte sich jahrelang hinter

dem Rücken der Pflegemutter heimlich mit seiner leiblichen Mutter getroffen, .,um der

Pflegemutter nicht weh zu tun", weil es deren emotionale Betroffenheit hinsichtlich der

anderen' Mutter spürte (ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR JUGENDHILFE, 1981).“

(Schumann 1987, S. 89)

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Strategie: Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen „Vielmehr geht es darum, die eigenen emotionalen Reaktionen zunächst wahrzunehmen

und sich dann mit den dahinter liegenden Konzepten, Erwartungen und Befürchtungen

auseinanderzusetzen. Nur auf dieser Basis kann es gelingen, eigene Wertungen und

(Vor-)Urteile kritisch zu hinterfragen und die eigenen Bedürfnis- und Interessenlagen

nicht auf Kosten des Kindes zu realisieren, sondern adäquate andere Lösungen zu

finden.“ …. „Sollen diese Gegebenheiten nicht verdrängt, sondern konstruktiv

aufgenommen und verarbeitet werden, so ist m. E. auf Seiten der betroffenen

Erwachsenen ein Modus des Umgangs mit sozialen Realitäten besonders wichtig, der

,Toleranz für Widersprüche" bzw. "Sowohl-alsauch-Haltung" genannt werden kann.

Gemeint ist damit die Fähigkeit, die Komplexität und Vielschichtigkeit und auch das

Paradoxe im menschlichen Leben und in menschlichen Bedürfnissen sehen und ertragen

zu können.“ (Schumann 1987, S. 91-92)

Strategie: Perspektivenwechsel

„Gerade wenn - wie häufig zwischen Pflegeeltern und Herkunftseltern - eine strukturell

große Kluft in den Lebensbedingungen, -gewohnheiten, -anschauungen und

Verhaltensweisen besteht, hilft es, sich in die Lage des Gegenübers hineinzuversetzen,

um vermeintliche negative Reaktionen aus einem anderen Blickwinkel sehen zu

können.“ (Schumann 1987, S. 93)

Zitate aus: Schumann, Marianne: Herkunftseltern und Pflegeeltern: Konfliktfelder und Brücken zur Verständigung. Aus: Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 60-99.

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Schwierige Aufgaben der Pflegeeltern "Überwiegend wurden die Reaktionen der Umgebung von den Pflegeeltern als negativ

wahrgenommen: Sie fühlen sich in ihren Erwartungen enttäuscht, in ihren Motiven

missverstanden, isoliert und allein gelassen. Die mangelnde Unterstützung und fehlende

gesellschaftliche Anerkennung lösen bei den Pflegeeltern eine kämpferische Haltung, ein

Gefühl der ständigen Wachsamkeit gegenüber Anfeindungen und Diskriminierung,

eines Rechtfertigungs- und Erfolgszwanges aus. Unter diesen Bedingungen ist es

verständlich, dass die Möglichkeiten, Konflikte und Schwierigkeiten mit Pflegekindern

zu ertragen, stark reduziert sind." (Schumann 1987, S. 96-97)

Zitate aus: Schumann, Marianne: Herkunftseltern und Pflegeeltern: Konfliktfelder und Brücken zur Verständigung. Aus: Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 60-99.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987 zum Download (in mehrere Dateien)

www.dji.de/5_pkwhand/index_inc.htm Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend

www.bmfsfj.de

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Bedeutung von Bezugspersonen Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 144 Die Abhängigkeit des Kindes von seiner Bezugsperson ist nicht nur darin

begründet, dass es auch weiterhin, über das erste Lebensjahr hinaus,

hinsichtlich seiner Versorgung auf sie angewiesen ist. Dies wäre auch durch

andere Erwachsene zu gewährleisten. Das Kind ist vielmehr für viele Jahre

hinsichtlich der weiteren Ausdifferenzierung seines Ichs, seiner Affekte,

Gefühle, Bedürfnisse und Fähigkeiten und der eigenen Selbstdefinition von

seinem Liebesobjekt abhängig. Und mit zunehmender Differenzierung der

Objektbeziehungen wird das Liebesobjekt zunehmend weniger

austauschbar. (144)

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Frühe Deprivationsstörungen

Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 164 Wenn man unter Deprivation die Folge einer ungenügenden, mangelhaften

Befriedigung grundlegender psychischer Bedürfnisse, wie denen nach Nähe

und Zuwendung, Interaktion und Anregung, Spannungsausgleich und

Beruhigung versteht (LANGMETER u. MATEJCEK, 1977), so sind wir

häufig mit Kindern konfrontiert, die in ihrem ersten Lebensjahr und oft

noch darüber hinaus unter vielfältigen deprivierenden Bedingungen

gelitten haben: neben physischer Vernachlässigung und oralen

Mangelerfahrungen unter emotionaler Deprivation, d. h. dem Mangel an

beständiger emotionaler Zuwendung und Spannungsausgleich, sowie

sensorischer Deprivation, also einem Mangel an Sinnesreizen und

Anregungen.

Je früher die Deprivation einsetzt, je länger sie anhält, und je umfassender

sie ist, desto gravierender sind die Auswirkungen auf alle Bereiche der

Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, und man hat lange angenommen,

dass schwere Deprivationsschäden irreversibel seien. Wir teilen - auch

aufgrund unserer eigenen Erfahrungen in der Therapie älterer, früh

deprivierter Kinder - den inzwischen gewachsenen Optimismus der

weitgehenden Korrigierbarkeit der Folgen früher

Deprivationserfahrungen, wobei uns die Wahl des therapeutischen Weges

von ausschlaggebender Bedeutung zu sein scheint. (164)

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Trennung bei gestörten Objektbeziehungen Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 157

In vielen Fällen, in denen ein Kind fremdplaziert wird, besteht das Trauma

nicht in der Trennung an sich, d. h. im Verlust von Objektbeziehungen,

weil die Eltern-Kind-Beziehungen und die vorherigen

Sozialisationserfahrungen viel zu unbefriedigend waren, als dass das Kind

überhaupt Liebesbeziehungen hätte entwickeln können. Es ist dann selbst

bei sehr kleinen Kindern zu beobachten, dass sie beispielsweise in der

Klinik oder im Heim geradezu aufblühen und deutliche

Entwicklungsfortschritte machen - in einer Situation also, die bei positiv

gebundenen Kindern zu verschärften Trennungsreaktionen, Trauer und

einem Entwicklungsstillstand oder gar Entwicklungsrückschritten führen

würde (LANGMETER u. MATEJCEK, 1977). Die Traumata, die hier zu

verarbeiten sind, liegen in den Erfahrungen vor der Trennung, nicht in der

Trennung selbst. (157)

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Das Kind zwischen zwei Familien: Säuglinge und Kleinkinder Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 191

Bei Säuglingen und Kleinkindern oder bei älteren Kindern mit

traumatischen familialen Sozialisationserfahrungen (vgl. Kap. 4) sind

aufrechterhaltene Kontakte zur Ursprungsfamilie, wenn sie eine gesunde

Persönlichkeitsentwicklung des Kindes nicht gefährden sollen, nur

denkbar, wenn die Eltern schrittweise den Anspruch auf ihre Elternrolle

aufgeben können, ihre elterlichen Funktionen an die Pflegeeltern

delegieren, tolerieren, dass die Kinder zu den Pflegeeltern schrittweise

Eltern-Kind-Beziehungen entwickeln und ihnen damit eine langfristige

Perspektive und eindeutige Orientierungen in der Pflegefamilie sichern.

(191)

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Das Kind zwischen zwei Familien: ältere Kinder Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 196 Wenn ältere Kinder (etwa ab 3 Jahren) von ihrer leiblichen Familie getrennt und in einer Pflegefamilie untergebracht werden, so haben sie bereits auf der Basis früher Identifikationen wie auch immer geartete differenziertere Beziehungen zu ihren Eltern entwickelt. Diese Beziehungen sind auch dann, wenn sie für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes in hohem Maße schädlich sind, wenn sie z. B. angstbesetzt oder durch Mangelzustände gekennzeichnet sind, für das Kind und seine Selbstdefinitionen bedeutungsvoll, weil sie einen Teil seiner Identität ausmachen, wie es ja auch in dem Beitrag über das misshandelte Kind deutlich wird. Solange Kinder keine sicheren, alternativen Beziehungen aufgebaut haben, halten sie an den Beziehungen zur Ursprungsfamilie und den daraus resultierenden Identifikationen fest (vgl. Kap. 3.3). Solange auch können sie die Eltern kaum kritisch sehen und die bei ihnen gemachten Erfahrungen infrage stellen, idealisieren sie - was auch der Angstabwehr dient - und passen sich mehr oder weniger perfekt den Erwartungen der Eltern bei Besuchskontakten an. Auf alternative Beziehungen aber, die ihnen eine Neuorientierung ermöglichen würden, können sich die Kinder nicht wirklich einlassen, wenn sie mit dem aufrechterhaltenen Anspruch der leiblichen Eltern konfrontiert sind, dass sie seine Eltern sind, denen sie gehorchen, die sie lieben sollen, und zu denen sie vielleicht eines Tages zurückkehren werden. (196)

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Theorie der Integration Nienstedt, Monika; Westermann A.: Pflegekinder. Psychologische Beiträge zur Sozialisation von Pflegekindern. 3. Aufl. Münster (Votum) 1992: 43 f.

Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen verläuft die Integration -

in Abhängigkeit vom Verständnis und Verhalten der Pflegeeltern für die

Entwicklungsgeschichte des Kindes und den Integrationsprozess - in 3

charakteristischen, mehr oder weniger deutlich voneinander

unterscheidbaren Phasen:

In der 1. Phase passt sich das Kind passiv den Wünschen und Erwartungen

der Pflegeeltern an und gewinnt erst dadurch, dass sich die Eltern vom

Kind an die Hand nehmen lassen, Einfluss auf die Eltern und die

Überzeugung, ein angenommenes Kind zu sein. In der 2. Phase werden die

Beziehungen zur Pflegemutter und zum Pflegevater durch die frühen

Erfahrungen mit Eltern verzerrt: es entstehen Übertragungsbeziehungen.

In diesen werden alle Beziehungsstörungen wieder mobilisiert, die das Kind

in der Beziehung zu seinen Eltern entwickelt hat. Die Annahme der

Übertragungsbeziehung ermöglicht dem Kind eine Korrektur der

prägenden Beziehungsstörungen. Ihre Bewältigung ist die Voraussetzung

für die 3. Phase, die Regression: die Rückkehr auf frühkindliche

Entwicklungsstufen, die einem Kind die Entwicklung neuer Eltern-Kind-

Beziehungen in den Entwicklungsschritten ermöglicht, die für die

frühkindliche Entwicklung charakteristisch sind. Die Integration ist dann

gelungen und abgeschlossen, wenn sich das Kind in geschlechtsspezifischer

Weise mit den Pflegeeltern identifiziert, und seine Selbstidentität als Kind

durch die Zugehörigkeit zu diesen Eltern geprägt ist. (43 f)

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Pflegefamilie als Ergänzungsfamilie Eine Pflegefamilie, die die bisherigen Bindungen oder Beziehungen des

Kindes achtet, die nicht den Anspruch hat, alles für das Kind neu und bes-

ser zu gestalten, und sich deshalb darauf beschränkt, die fehlende Funktio-

nalität der alten Familie zu ergänzen, hat eine grundlegend andere Struk-

tur. Das zumindest dann, wenn die Hauptproblematik der bisherigen Fami-

lie in einer mangelhaften Ausübung der elterlichen Funktion lag. Das ist

üblicherweise die Situation, wenn Kinder in eine Pflegefamilie kommen.

Ziel der Bemühungen sollte dann nicht ausschließlich das Kind sein, son-

dern der Aufbau eines funktionalen erweiterten Elternsubsystems.

Gudat, Ulrich: Systemische Sicht von Pflegeverhältnissen - Ersatz- oder Ergänzungsfamilie? Aus: Deutsches Jugendinstitut (DJI) (Hrsg.): Handbuch Beratung im Pflegekinderbereich. München (DJI Verlag) 1987. S. 54

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Zur Dauer des Aufenthalts in Pflegefamilien „Die Annahme und die Forderung, dass Heime, im Unterschied zur Pflege-

familie, ihre besondere Aufgabe im Bereich der Interimsfunktion haben (...)

wird durch (unsere) Untersuchung nicht bestätigt. Eher zeigt sich das ge-

naue Gegenteil: Es sind nicht die Heime, sondern tendenziell die Pflegefa-

milien, aus denen die Kinder relativ oft bereits nach kurzem Aufenthalt

wieder ausscheiden und zwar, wiederum im Unterschied zu den Heimen,

verhältnismäßig oft mit denn Ziel der Rückführung in die Herkunftsfami-

lie.“ B. Biermann & D. Wälte: Erziehung außerhalb der eigenen Familie. Münster 1988, S. 312

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Permanency planning – kontinuitätssichernde Planung

„Gegenüber der – vor allem bei uns nicht seltenen – Praxis, Kinder erst

einmal in eine Pflegestelle zu bringen, um Entlastung in einer Drucksituati-

on zu erlangen, und dann mehr oder minder passiv abzuwarten, wie die

Dinge sich weiter entwickeln, steht bei »permanency planning« – wir wür-

den in einer deutschen Übersetzung hier von »kontinuitätssichernder Pla-

nung« sprechen wollen – die Sicherung der Zukunftsperspektive der Kin-

der im Vordergrund, was entweder bedeuten kann, die Rückkehroption

möglichst rasch unter optimaler Unterstützung des Herkunftsmilieus zu

realisieren oder aber eine auf Dauer gesicherte Lebensperspektive des Kin-

des in der Pflegefamilie oder – was in den Vereinigten Staaten häufiger an-

gestrebt wird – in einem Adoptionsverhältnis zu sichern.“ (Jordan 1996, S.

36)

„»Rückführung« ist nicht die zentrale Leitnorm dieses Ansatzes, sondern

die Sicherung eines dauerhaften Lebensortes für das Kind. Wenn also im

Rahmen der Planung eine Rückkehr als unrealistisch angesehen wird, sol-

len alle Aktivitäten darauf gerichtet werden, dem Kind eine neue Eltern-

Kind-Beziehung (Adoption oder Pflegefamilie) dauerhaft abzusichern und

dann auch dieses Ziel durch begleitende Elternarbeit (Ablösung, Bewälti-

gung der Trauer, Möglichkeit der Kontakte bzw. Beziehungen unter Res-

pektierung, dass die Elternverantwortung nun auf andere Personen über-

gegangen ist) abzustützen.“ (Jordan 1996, S. 37)

Jordan, Erwin: Situation und Perspektiven in der Pflegekinderarbeit. Aus: Gintzel, Ullrich

(Hrsg.): Erziehung in Pflegefamilien. Auf der Suche nach einer Zukunft. Münster (Votum)

1996. S. 14-38.

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Zur Qualität der Pflegekinderdienste In der Tendenz ließ sich … folgendes feststellen:

1. „Es scheint wenig Übereinstimmung darin zu geben, für welche Kin-

der die Vollzeitpflege die geeignete Unterbringungsform ist.

2. Die Pflegekinderdienste und Beratungsdienste scheinen - von Aus-

nahmen abgesehen - ihre Arbeit unzureichend zu machen, jedenfalls

von Pflegepersonen als nicht sehr hilfreich erlebt zu werden.

3. Die Rolle von Menschen, die ihre »Elternschaft« mit anderen »El-

tern« zu teilen zu haben, ist immer noch unklar; die hierdurch ausge-

lösten Verwirrungen für alle Beteiligten, dürften erheblich zu den

pädagogischen Schwierigkeiten von Pflegepersonen beitragen, eine

ungestörte Entwicklung der Pflegekinder behindern und die abge-

benden Eltern zu hilflosen Reaktionen oder zum endgültigen Rück-

zug veranlassen.“

Blandow, Jürgen: Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. Aus: Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 770

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Als Merkmale für Fachlichkeit von Pflegekinderdiensten dürften folgende

Standards auf breiter Basis Anerkennung finden:

1. Entscheidungen, die in das Schicksal eines Menschen (oder einer so-

zialen Gruppe wie einer Familie) eingreifen, können nie allein auf-

grund (immer der Gefahr des Vorurteils und der selektiven Wahr-

nehmung ausgesetzten) individuell-persönlichen Urteils gefällt wer-

den, sondern bedürfen zumindest einer kollegialen Kontrolle. (Krite-

rium: Teamarbeit: (kollegiale) Kontrolle/ Supervision)

2. Solche Entscheidungen müssen das Gesamt der tatsächlich zur Ver-

fügung stehenden funktionalen Äquivalente für eine bestimmte Prob-

lemlösung berücksichtigen und sich an der am wenigsten schädliche

Alternative - oder positiv formuliert - an der für einen gegebenen Fall

erreichbaren »optimale Variante« - orientieren. (Kriterium: Die am

wenigsten schädliche Alternative)

3. Entscheidungen dürfen nicht zuungunsten Dritter. sozusagen auf

»Betrugs«basis durchgesetzt werden (des wäre z.B. dann der Fall,

wenn den Bewerbern um ein »anhangloses« Pflegekind ein Kind mit

deutlich sichtbaren Bindungen an die Herkunftsfamilie »aufge-

schwatzt« würde oder wenn andere die Entscheidung Dritter mögli-

cherweise beeinflussende Fakten bewusst oder grob fahrlässig zu-

rückgehalten würden). (Kriterium: Offene und vollständige Informa-

tion)

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4. Die zu vermittelnden Kinder bzw. Jugendlichen sind ihrem Entwick-

lungsstand gemäß in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. (Kriteri-

um: Einbeziehung des Kindes in Entscheidungsprozesse)

5. Jeder Entscheidung sollten, das Selbstbestimmungsrecht der Beteilig-

ten (Kinder, Eltern, Pflegeeltern) nicht beschneidende, diagnostische

Abklärungen vorausgehen. (Kriterium: Nicht-stigmatisierende Dia-

gnostik)

6. Die Pflegekinderdienste haben ihrer Beratungs- und Informations-

pflicht während bestehender Pflegeverhältnisse nachzukommen und

dies im besonderen Maße in Phasen und Situationen, die an Pflege-

personen und Pflegekinder besondere Anforderungen stellen (z.B.

Kennenlern- und Eingewöhnungsphase. Kontaktaufnahme der Her-

kunftsfamilie zur Pflegefamilie, Umbruchsphasen im System der

Pflegefamilie wie Geburt eines eigenen Kindes. Scheidung, Aufnahme

eines weiteren Pflege- oder Adoptivkindes, Auszug oder Abgabe eines

anderen Kindes, soziale Degradierungen des Pflegekindes z.B. bei

Überweisung in eine Sonderschule. schließlich auch allgemein labili-

sierende Entwicklungsphasen wie die »Pubertät«). (Kriterium: Bera-

tungsqualität) Blandow, Jürgen: Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. Aus: Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 763

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Kriterien für erfolgreiches Handeln von Pflegepersonen:

1. „Die Pflegepersonen müssen sich sorgend des Kindes annehmen und

es wertschätzen (es aber nicht dringend »wie ein eigenes Kind lie-

ben«). (Kriterium: Wertschätzung des Kindes)

2. Sie müssen in der Lage sein, sich auch in »unverständliche« Verhal-

tensweisen und Reaktionen ihres Pflegekindes »einzudenken«. (Krite-

rium: Empathie)

3. Sie müssen Personen, denen sich das Kind aus früheren Phasen seiner

Sozialisation verbunden fühlt, als für das Kind bedeutsame anerken-

nen und jenen aus diesem Grunde mit Respekt begegnen. (Kriterium:

Respekt gegenüber bedeutsamen Bezugspersonen des Kindes)

4. Sie müssen in der Lage sein, sich anbahnende Krisen zu erkennen

und die zur Problemlösung erforderlichen und zur Verfügung ste-

henden innerfamiliären Ressourcen und die Ressourcen sozialer Net-

ze zu mobilisieren. Sie müssen ferner bereit sein, in Fällen nicht

durch eigene Mittel lösbarer Probleme Unterstützung bei den zu-

ständigen Stellen anzufordern und zu diesem Zweck das Problem

»veröffentlichen«. (Kriterium: Krisenwahrnehmung und Veröffentli-

chungsbereitschaft)

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5. Da Pflegepersonen nur eingeschränkte Rechte gegenüber dem Pfle-

gekind haben und diese im Regelfall mit Angehörigen bzw. Vormün-

dern des Kindes teilen müssen, müssen sie zu dieser Teilung bereit

sein. Insbesondere wenn das Kind weiterhin an seine früheren Be-

zugspersonen gebunden ist oder diese gegenüber den Kindern das

Recht zu persönlichem Kontakt haben, müssen sie darüber hinaus

bereit sein, Besuchskontakte u.ä. so zu arrangieren, dass dem Kind

hieraus zumindest kein Schaden entsteht. (Kriterium: Teilungs- und

Zusammenarbeitsbereitschaft)

6. Sie müssen, nach einer Phase der Auseinandersetzung, Enttäuschung

und Trauer, akzeptieren können, wenn ein Pflegeverhältnis geschei-

tert ist, d.h. es keinen Weg mehr gibt, das Pflegeverhältnis ohne (wei-

tere) Schädigung des Kindes aufrechtzuerhalten. Sie sollten ferner

bereit sein. sich an der Suche nach einer »am wenigsten schädlichen

Alternative« für eine Nachfolgelösung zu beteiligen. (Kriterium: Ab-

lösebereitschaft).“ Blandow, Jürgen: Versorgungseffizienz im Pflegekinderwesen. Aus: Colla, Herbert; Gabriel; Milham u.a. (Hrsg.): Handbuch Heimerziehung und Pflegekinderwesen in Europa. Handbook Residential and Foster Care in Europe. Neuwied, Kriftel (Luchterhand) 1999. S. 765 f

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Professionelle Praxis im Pflegekinderwesen

1. Werbung und Information zum Pflegekinderwesen

2. Vorbereitungskurse

3. Anbahnung

4. Begleitung während der Pflegefamilien-Phase

5. Fort- und Weiterbildung

6. Beendigung, Trennung, Abbruch

7. Gestaltung des Hilfeplanverfahrens: Kooperation mit dem ASD:

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Merkmale von Lebensgemeinschaften im Rahmen der Hilfen nach § 34 KJHG 1. „Erwachsene und Kinder leben in einer echten Lebensgemeinschaft

alltäglich zusammen. Die Erwachsenen haben keinen zweiten privaten

Lebensort.

2. Das Zusammenleben mit den Kindern wird für einen der Erwachsenen

als eine Form beruflicher Arbeit organisiert.

3. Manchmal sind noch andere Menschen an den Lebensgemeinschaften

beteiligt, für die das gemeinsame Leben keine Form der Berufsarbeit ist,

die aber unvermeidbar beteiligt und verwickelt sind.

4. Die Unterbringung der Kinder erfolgt - wie auch sonst in der

Heimerziehung - aufgrund von Entscheidungen von Kostenträgern. Sie

ist ähnlich kostenintensiv wie andere Formen der Heimerziehung.

5. Erwachsene und Kinder lernen sich als fremde Menschen kennen. Zum

bisherigen Leben der Kinder und ihren Erfahrungen haben die

Erwachsenen nur einen indirekten und häufig abstrakten Zugang.

Insofern haben sie es mit einer biographischen Lücke in ihrer Beziehung

zu den Kindern zu tun.“

Freigang & Wolf: Heimerziehungsprofile. Sozialpädagogische Porträts. Weinheim, Basel 2001: 129.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Merkmale des Lernfeldes “Lebensgemeinschaft”: 1. Implizite Erziehung :

bedeutet, dass Erziehungsvorgänge überwiegend eingebettet sind in den Alltag und das

Zusammenleben der Menschen. Man kann dies als die Herstellung eines

sozialpädagogischen Milieus betrachten. Nicht die einzelne pädagogische Maßnahme

steht im Mittelpunkt, sondern das Arrangieren eines lernträchtigen Lebensfeldes.

2. Verbindung von organisationsgeschaffener und als Berufsarbeit ausgeübter

Tätigkeit einerseits und privatem Leben andererseits:

Diese Elemente lassen sich nicht in einer widerspruchsfreien Verbindung auflösen, sondern sie führen zu Spannungen, mit denen die Menschen umgehen müssen. Sie können am besten in einem Muster von „zwar … aber“ beschrieben werden:

• Zwar sind die Chancen impliziter Erziehung hier besonders groß, aber die

professionelle Selbstreflexion, die immer auch mit einer gedanklichen

Distanzierung vom alltäglichen Zusammenleben verbunden ist und aus einer

Bewusstmachung der eben nicht einfach “natürlichen” eigenen Beteiligung

Leistungsvorteile schöpft, ist ebenfalls unverzichtbar.

• Zwar kann sich hier eine besondere Länge einer gemeinsamen Biographie

entwickeln, aber die biographische Lücke vorher und die Unsicherheit, was nach

Ende der offiziellen Betreuungszeit an Beziehung bleibt, wird besonders deutlich

empfunden.

• Zwar entsteht eine familiale Lebensform und eine der Eltern- Kind- Beziehung

ähnlichere Beziehung, aber gerade dadurch werden die Unterschiede zur

leiblichen Eltern- Kind- Beziehung sichtbar, und sie werden ggf. auch stark

empfunden.

• Zwar kann sich eine gemeinsame Familienkultur entwickeln, aber dadurch

werden die Unterschiede zur Familienkultur der Herkunftsfamilie auch

besonders sichtbar.

• Zwar können Lebensgemeinschaften eine besondere Stabilität entwickeln,

zugleich wird ihre Auflösung aber auch als besonders verletzend empfunden.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften Niederberger, Josef Martin; Bühler-Niederberger, D.: Formenvielfalt in der Fremderziehung. Zwischen Anlehnung und Konstruktion. Stuttgart (Enke) 1988

“Die Kinder der quasi-familialen Abteilungen erzählten anderen Kindern, die sie an

ihrem neuen Wohnort kennen lernten, dass sie in ihrer Familie leben würden. Sie

erlebten es als einen Gewinn an Normalität, ihre Lebensumstände nun so präsentieren

zu können. Dies ließ sich daraus schließen, dass sie zu vertrauten Erwachsenen - ihren

früheren Heimerziehern und den Betreuern der neuen Abteilungen - sagten, sie könnten

ihre Lebenssituation nun so darstellen und müssten nicht mehr sagen, sie wohnten in

einem Heim. Die neuen Abteilungen wurden von den Kindern nicht nur nach außen als

Familien dargestellt, dies entsprach auch ihrer wirklichen Einschätzung der Dinge. Zu

seiner neuen Betreuerin sagte zum Beispiel eines dieser Kinder, das erst wenige Wochen

in der neuen Abteilung war, sie komme ihm nicht vor wie eine Erzieherin, eher schon

wie eine Mutter“. (a.a.O. 1988: 101):

„Jede konkrete Familie lässt sich von ihren Mitgliedern nicht anders denken denn als

Konfiguration eben jener Personen, die zu ihr zählen. Jede Änderung dieser

Konfiguration ist schicksalhaft und zieht für alle Betroffenen gravierende Probleme der

Neukonzeptualisierung und Neustrukturierung des Beziehungsmusters, der eigenen

Person in diesem und der Identität der Familie als ganzer nach sich.“ (a.a.O.: 31 f):

In der Untersuchung über Erziehungsstellen der Planungsgruppe PETRA, Thurau und

Völker (1995: 246) haben 90% der Erziehungsstelleneltern ihre Arbeit als sehr

belastend oder z.T. sehr belastend bezeichnet und 65% haben festgestellt, sie mache

ihnen viel Freude, und weiter 33%, sie mache ihnen teilweise viel Freude.

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Niederberger, Bühler-Niederberger beschreiben, dass den Mitarbeitern die ganze Arbeit

fragwürdig vorkam, wenn sie erst an ihren Weggang dachten:

„Aussagen mit dem geplanten Weggang waren etwa die folgenden:

• Man habe sehr viel investiert und bekomme dann am Schluss das Gefühl, es danke

einem niemand, man müsse trotzdem gehen;

• Man päppele die Kinder auf und dann können man gehen;

• Sie hätten sehr viel geschuftet und nicht ans Weggehen gedacht, und nun, da sie

daran dächten, müssten sie sich mehr zeit für sich selber nehmen;

• Sie hätten auch im Haus sehr vieles selber eingerichtet, es sei ihr Haus gewesen, nun

müssten sie trotzdem alles aufgeben.“

Niederberger, Josef Martin; Bühler-Niederberger, D.: Formenvielfalt in der Fremderziehung. Zwischen Anlehnung und Konstruktion. Stuttgart (Enke) 1988:106.

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Unterscheidungsmerkmale der Figurationen „Organisation“ und „Familie“ (vgl. Niederberger, Josef Martin; Bühler-Niederberger, D.: Formenvielfalt in der Fremderziehung. Zwischen Anlehnung und Konstruktion. Stuttgart (Enke) 1988:30 f).

Organisation

Familie

Austauschbarkeit

Einmaligkeit

Kündbarkeit

Dauerhaftigkeit

Schemenhaftigkeit

Körperlichkeit

Explizitheit

Implizitheit

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Im Netz unter: http://www.ub.uni-siegen.de/epub/diss/marmann.htm

Dissertation mit dem Titel:

-Kleine Pädagogen -

Eine Untersuchung über „Leibliche Kinder" in familienorientierten

Settings öffentlicher Ersatzerziehung

vorgelegt von

Alfred Marmann

Dorfstraße 20 A 53547 Breitscheid-Goldscheid

beim Promotionsausschuss der

Uni-Gesamthochschule Siegen -Fachbereich 2 -

im April 2003

urn:nbn:de:hbz:467461 Gutachter: Prof. Dr. Jürgen Zinnecker und PD Dr. imbke Behnken; weiterer Prüfer in der Disputation: Prof.

Dr. Norbert Schwarte Disputation am 25.7.2003

Gesamtbewerteng: summa cum laude

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Prof. Dr. Klaus Wolf WS 2003/2004 Pflegefamilien und professionelle Lebensgemeinschaften

Sinnkonstruktion und Zusammenbruch der Sinnkonstruktion

In der Untersuchung über Erziehungsstellen der Planungsgruppe PETRA, Thurau und

Völker (1995: 246) haben 90% der Erziehungsstelleneltern ihre Arbeit als sehr

belastend oder z.T. sehr belastend bezeichnet und 65% haben festgestellt, sie mache

ihnen viel Freude, und weiter 33%, sie mache ihnen teilweise viel Freude.

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Bedürfnispyramide von Maslow

Physiologische Bedürfnisse

(Hunger, Durst, Sexualität, Ruhe und Bewegung, Schutz vor den Elementen)

Sicherheitsbedürfnisse

(Schutz vor Krankheit und Schmerz; Versicherung gegen Arbeitslosigkeit; Bedürfnis nach Wohnung)

Soziale Bedürfnisse

(Bedürfnis nach Gesellschaft, Kontakt und Aufnahme; Bedürfnis nach Liebe, Freundschaft und Kameradschaft)

Geltungsbedürfnisse

(Anerkennung durch andere; Bedürfnis nach Status,Ansehen und Anerkennung, Einfluß und Macht)

(Selbsteinschätzung; Bedürfnis nach Leistung, Können, WissenSelbständigkeit, Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstvertrauen)

Selbstverwirk-lichungsbedürfnisse

(Bedürfnis nach Entwicklung und Entfaltung des eigenen

Potentials und der Persönlichkeit)

Defizit

-be

dürfn

isse

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bedü

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