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Eine Untersuchung anhand des Rentenökonomischen Ansatzes von Hartmut Elsenhans unter Zuhilfenahme des Sensitivitätsmodells von Frederic Vester
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UNIVERSITÄT LEIPZIG
INSTITUT FÜR POLITIKWISSENSCHAFT
Die deutsche Entwicklungshilfe in Afghanistan
Eine Untersuchung anhand des Rentenökonomischen Ansatzes von Hartmut Elsenhans unter Zuhilfenahme des Sensitivitätsmodells von Frederic Vester
Magisterarbeit im Fach Politikwissenschaften:
Erster Betreuer:
Dr. Rachid Ouaissa
Zweiter Betreuer:
Prof. Dr. Hartmut Elsenhans
Leipzig, den 15. Juni 2008
Abgegeben von: Thomas Roth
Kantstrasse 49
04275 Leipzig
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1. Einleitung ........................................................................................................................... 2
2. Theoretische Grundlagen und Überlegungen..................................................................... 4
2.1 Rentenökonomische Theorie von Elsenhans.................................................................... 4
2.1.1 Entwicklungsziel: Kapitalismus................................................................................ 4
2.1.2 Ausgangslage: Rentenökonomie............................................................................... 7
2.1.3 Möglichkeitsraum von Entwicklung ......................................................................... 9
2.2 Das Sensitivitätsmodell von Vester................................................................................ 11
3. Analyse............................................................................................................................. 16
3.1 Systembeschreibung - Afghanistan geographische, wirtschaftliche und polithistorische
Standortbestimmung............................................................................................................. 16
3.2 Mustererfassung - Variablen des sozioökonomischen Systems Afghanistan ................ 30
3.2.1 Variablensatz des Systems Afghanistan.................................................................. 31
3.2.2 Kriterienmatrix:....................................................................................................... 46
3.2.3. Einflussmatrix ........................................................................................................ 46
3.2.4. Rollenverteilung: .................................................................................................... 48
3.3 Interpretation und Bewertung – Teilszenarien der Entwicklungshilfe in Afghanistan .. 49
4. Zusammenfassung............................................................................................................ 57
5. Literaturangaben............................................................................................................... 59
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1. Einleitung
Mit dem Begriff der „vernetzten Sicherheit“, der mir bei einem studienbegleitenden Prak-
tikum bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik begegnet ist und der in Verbindung mit
dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verstärkt medial Verbreiterung gefunden hat, ist
die Verbindung von militärischen, zivilen, außen- und innenpolitischen Sichtweisen, Metho-
den und Instrumenten gemeint. Dabei wird immer mehr nach einer Stärkung der zivilen
Komponente des Begriffes gefordert, doch findet, meiner Meinung nach, in der Regel die
militärische Komponente stärkere Beachtung. Zwar wird der Einsatz humanitärer Hilfe bzw.
dessen Erhöhung in Umfang und Intensität stets gefordert, doch wird um seine Ausgestaltung,
dem Wie? Warum? Wofür?, weniger heftig und differenziert diskutiert. Während darüber ge-
stritten wird, ob Tornados eingesetzt werden sollen oder ob 3500 Soldaten ausreichend sind,
scheint eine Einigkeit darüber zu bestehen, wie die zivile Komponente dieses Engagements
auszusehen hat. Ein wenig überspitzt formuliert heißt dies konkret, mehr Mädchenschulen,
mehr Krankenhäuser, mehr Elektrizität und Wasser. Und da in Afghanistan weltweit das
meiste Mohn angebaut wird, alternative Anbaumethoden für die Bauern. Angeregt von diesen
rein subjektiven Beobachtungen unserer medialen Wirklichkeit entstand das Interesse, die
zivile Komponente von vernetzter Sicherheit am Beispiel der deutschen Entwicklungshilfe in
Afghanistan näher zu untersuchen.
Das bedeutet nicht, dass die Frage nach dem Erfolg einzelner Projekte oder Programme
der Entwicklungshilfe in Afghanistan zur Debatte steht, sondern vielmehr welche Faktoren,
die für die Entwicklung eines Landes wie Afghanistan ausschlaggebend sind, diese fördern
oder hemmen. Der Fokus meiner Arbeit liegt also in der Darstellung eines effektiven Wirk-
verbundes unterschiedlichster Faktoren für die Entwicklung und der Frage welche Folgen das
Instrumentarium der deutschen Entwicklungshilfe in Afghanistan in diesem Wirkverbund hat.
Zur Untersuchung dieses effektiven Wirkverbundes müssten verschiedene Aspekte be-
trachtet werden. Erstens sollte geklärt werden, woran das Ergebnis des Wirkverbundes ge-
messen wird. D.h. zu welchem Ziel sollte Entwicklung führen und welche Faktoren und Ein-
flussgrößen sind dafür notwendig? Zweitens sollten die Bedingungen, in der sich die Ent-
wicklung abspielt analysiert werden. D.h., wie sieht die Ausgangslage des sozioökonomi-
schen Systems Afghanistan aus? Drittens sollten die effektiven Möglichkeiten des Wirkver-
bundes, der die Entwicklung beeinflussenden Faktoren, aufgezeigt werden. Um den Rahmen
3
dieser Arbeit nicht zu sprengen, sollte eine Methode angewendet werden, die auch mit weni-
gen Informationen ein komplexes System abbilden kann.
Zur Untersuchung des Wirkverbundes der vielfältigen Faktoren, die für die erfolgreiche
Entwicklung eines Wirtschaftssystems bedingend sind, orientiere ich mich in meiner Arbeit
an dem von Hartmut Elsenhans in seinem Aufsatz „Eklektizismus zur Erreichung von Kohä-
renz“ (Elsenhans 1997) beschriebenen Ansatz, der sich genau diesen Fragen nach dem Ent-
wicklungsziel von unterentwickelten Wirtschaftssystemen, ihrer Ausgangslage und den effek-
tiven Wegen vom einen zum anderen widmet. Hierbei berücksichtigt Elsenhans den Zusam-
menhang von ökonomischen, politischen und sozialen Faktoren in den Wirtschaftssystemen
an sich und in der sie umgebenden globalen Situation. Dabei definiert Elsenhans bestimmte
Variablen und ihre gegenseitige wirtschaftliche und politische Beeinflussung, die bei der po-
litökonomischen Betrachtung eines Wirtschaftssystems ausschlaggebend sind. Mit Hilfe die-
ser Variablen ist es möglich die politökonomische Situation in Afghanistan zu beschreiben.
Ergänzend zum Ansatz von Elsenhans wird das biokybernetische Planungs- und Analysemo-
dell von Frederik Vester hinzugezogen. Vester berücksichtigt Variablen, die mir im Zusam-
menhang dieser Arbeit wichtig erscheinen und die die Variablen von Elsenhans ergänzen sol-
len. Zudem bietet das Modell von Vester ein Handlungsmuster an, um das komplexe The-
mengebiet der sich gegenseitig beeinflussenden Variablen überschaubar zu gestalten.
Zunächst stelle ich in Kapitel zwei die Methodik der Arbeit vor, indem ich den Ansatz
von Hartmut Elsenhans und das Modell von Frederic Vester vorstelle. Dabei soll der Drei-
klang von Entwicklungsziel, Ausgangslage und den effektiven Wegen dazwischen konkreti-
siert und die Ansatzpunkte von Entwicklungshilfe identifiziert werden. D. h. Wie sollte das
politökonomische System Afghanistan nach der Entwicklung aussehen, wie sieht es jetzt aus
und welchen vernünftigen Möglichkeitsraum hat die deutsche Entwicklungshilfe. In Kapitel
drei, dem analytischen Teil der Arbeit, untersuche ich mit Hilfe der beschriebenen Methode
das politökonomische System Afghanistan. Aufbauend auf die Ergebnisse dieser Untersu-
chung, wird dann beleuchtet, wie die deutsche Entwicklungshilfe in Afghanistan wirkt.
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2. Theoretische Grundlagen und Überlegungen
2.1 Rentenökonomische Theorie von Elsenhans
Der rentenökonomische Ansatz von Hartmut Elsenhans erweist sich für die vorliegen-
de Studie aus verschiedenen Gründen als besonders geeignet. Erstens liegt dem Ansatz eine
theoriepluralistische Herangehensweise zu Grunde, die die Neoliberale Schule, die neue en-
dogene Wachstumstheorie sowie Begriffe aus der Dependenztheorie und ihre neoklassische
Umdefinition mit einschließt. Des Weiteren wird auf der neoklassischen Konvergenztheorie
und der Zielsetzung der Modernisierungstheorie aufgebaut. Damit ist Elsenhans Ansatz nicht
eindimensional und bedenkt sowohl politische als auch ökonomische Faktoren. Zweitens eig-
net sich der Ansatz, weil er politökonomische Systeme mit wenigen Variablen und ihrem in-
terdependenten Zusammenwirken beschreiben kann und damit für die Erfassung eines kom-
plexen Systems auch im Rahmen dieser Arbeit möglich ist. Drittens sind die Variablen in ih-
rer Begrifflichkeit so definiert, dass sie einen Modellierungsspielraum auf der konkreten Fall-
beispielebene zulassen, ohne damit ihre Erklärungskraft und die von ihnen beschriebenen
Wirkzusammenhänge zu verlieren. Viertens liefert der Ansatz eine klare Zielformulierung
von Entwicklungspolitik, die eine Bewertungsblaupause für die Analyse des konkreten Fall-
beispiels Afghanistan liefert.
Im Folgenden werde ich drei Teile der Theorie von Elsenhans darstellen, da diese die
theoretische Grundlage meiner Arbeit bilden. Dazu gehört erstens die Darstellung des Ziel-
modells für Entwicklung, zweitens die Beschreibung der Variablen, die bei Elsenhans die
Ausgangslage in unterentwickelten Wirtschaften kennzeichnen und drittens die Vorstellung
der von Elsenhans vorgeschlagenen Wege zur Überwindung von Unterentwicklung mit be-
sonderem Fokus auf die Entwicklungshilfe.
2.1.1 Entwicklungsziel: Kapitalismus
Hartmut Elsenhans Zielmodell von Entwicklung ist ein sich selbst tragendes, marktwirtschaft-
liches Wirtschafts- und Gesellschaftssystem.
Bedingungen dieses selbst tragenden Wirtschaftssystems, d.h. ohne massive staatliche
Eingriffe in Wirtschaftsstrukturen und –abläufe, sind erstens Beseitigung von Marginalität,
zweitens inländische Produktion von Investitionsgütern und dadurch drittens Teilnahme am
technischen Fortschritt.
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Elsenhans verwirft die gemeinsame Annahme der Marxistischen und der Neoklassischen
Theorie, „dass menschliche Arbeitskraft stets wenigstens so produktiv sei, dass sie bei Sub-
sistenzeinkommen einen Surplus erwirtschaftet.“ (Elsenhans 1995, S.140)
„In beiden Theorieansätzen werden bei ausreichend niedrigen Preisen von Arbeit die Ar-beitsmärkte geräumt, weil annahmegemäß das Grenzprodukt von Arbeit über den Reproduk-tionskosten liegt.“ (Elsenhans 2001, S.136)
Die Räumung des Arbeitsmarktes bewirkt eine Steigerung der Löhne, die wiederum bewirkt
in einem wirtschaftlichen Zirkulationsprozess, eine Arbeitsverknappung und darauf folgende
höhere Löhne, mit dem Resultat der gestiegenen effektiven Nachfrage, d.h. Kaufkraftzunah-
me. Nachfrage aber, besonders Massennachfrage, ist nach Elsenhans ein Engpassfaktor und
Motor der Wirtschaft zugleich. Erst die effektive, mit Kaufkraft ausgestatte Nachfrage gibt
Impuls zur Investition und damit zum Sparen, zur Kapitalakkumulation und dadurch wieder-
um zur Investition und zu Profit. In unterentwickelten Wirtschaftssystemen tritt aber der Fall
auf, dass die Grenzproduktivität unter den Reproduktionskosten liegt. Die Gründe dafür wer-
den im Verlauf dieser Arbeit näher erläutert.
Die Arbeiter, die davon betroffen sind, nennt Elsenhans Marginale. Bei der Existenz
von Marginalen kann kein Prozess der Arbeitsverknappung beginnen. Dies hat zwei Gründe.
Erstens können Marginale, ohne Gewalt, keine Einkommenssteigerungen aus eigener Kraft
erzwingen, denn sie können definitionsgemäß mit keiner Arbeitsniederlegung drohen, da sie
wirtschaftlich keinen Überschuss produzieren und somit nach marktwirtschaftlicher Rationali-
tät überflüssig sind. Zweitens können selbst die produktiv eingesetzten Arbeiter keine Ein-
kommenssteigerung durchsetzen, da sie durch Marginale ausgetauscht werden können. So
zeigt Elsenhans am Beispiel südasiatischer Arbeiter, dass diese erkannt haben, dass allein die
Arbeitsniederlegung wenig effektiv ist. Sie haben die Form des Streiks an die Umstände an-
gepasst neben der Arbeitsniederlegung zusätzlich die Verkehrswege gesperrt, um ihren Forde-
rungen effektiven Nachdruck zu verleihen. (Elsenhans, 1997, S.12) Eine homogene Massen-
nachfrage kommt bei Bestehen von Marginalität nicht zu Stande. Der Prozess, der zu Investi-
tionen führt, besonders in die Investitionsgüterindustrie, kommt nicht in Gang. Damit wird
schon die zweite Bedingung des selbst tragenden Wirtschaftswachstums angesprochen: die
Nettoinvestitionen in die inländische Investitionsgüterindustrie . Diese setzt sich selbst
verstärkende Multiplikatoreffekte frei, zum einen Schaffung zusätzlicher Einkommen außer-
halb der Konsumgüterindustrie, zum anderen Verknappung des Arbeitsangebots und damit
Marktmacht von Arbeit, was wiederum zu höheren Löhnen und mehr effektiver Nachfrage
führt und somit schneller zum selbst tragenden Wirtschaftswachstum.
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Der Aufbau der inländischen Investitionsgüterindustrie und eine homogene Massen-
nachfrage sind auch eine Voraussetzung der dritten Bedingung des selbst tragenden Wirt-
schaftswachstums, die Teilnahme am technischen Fortschritt. „Wenn Massenproduktion
die Grundlage für die Steigerung der Kapitalproduktivität und damit für die Erhöhung des
Performanz-Kosten-Verhältnisses bei Maschinen ist, dann wird eine egalitäre Gesellschaft
[und damit homogene Massennachfrage] günstige Voraussetzung für die Entwicklung von
Technologie bieten.“ (Elsenhans 2006, S.13) Teilnahme am technischen Fortschritt bewirkt
des Weiteren zukünftige inländische Wettbewerbs- und Investitionsmöglichkeiten. Diese
wiederum sind für die Akquirierung von Überschuss über den Markt, also Profit, essentiell.
Nach Elsenhans führt dies zu einer weiteren zentralen Kennzeichnung einer markt-
wirtschaftlichen Ordnung. In einem solchen System ist der einzig legitime Weg die Aneig-
nung des gesellschaftlich produzierten Überschusses zu akquirieren über den Markt. Diese
Form der Aneignung, also Profit, führt zu gesellschaftlichen Konsequenzen und beruht auf
ebensolchen Bedingungen.
Konsequenzen ergeben sich aus dem Charakter und dem Entstehen des Profites. Pro-
fit ist der Nettoinvestition gleichzusetzen. Besonders Nettoinvestitionen in die Investitionsgü-
terindustrie erweitern, über die dort gezahlten Löhne, die Nachfragemenge und erlauben den
Konsumgüterherstellern einen Aufschlag auf ihre Herstellkosten zu erheben. Diesen Pro-
fitaufschlag nehmen auch die Industriegüterproduzenten vor, sonst würde es sich für sie mehr
lohnen in der Konsumgüterindustrie zu arbeiten. Konkurrenz unter den Investitionsvorhaben
zwingt wiederum zum wirtschaftlichen Einsatz des Profites. Dies führt bei den Konsumgüter-
herstellern zu einem Zwang zur Re-Investition in Maschinen, die leistungsfähiger oder
gleichwertig gegenüber ihren Konkurrenten sind. Bei den Investitionsgüterherstellern zwingt
Konkurrenz dazu, in technischen Fortschritt zu investieren, der ebenso mindestens auf Höhe
der Konkurrenz sein sollte. In den sich selbst tragenden, marktwirtschaftlich organisierten
Wirtschaftssystemen existiert ein systemimmanenter Zwang zur Investition, denn nur so kann
Profit akquiriert werden.
Die Bedingung auf dem dieser Zwang zur Investition fußt, ist die gesellschaftliche
Einigung auf nur diese Art der Überschussaneignung. Diese Einigung setzt wiederum ein
ausbalanciertes Machtgleichgewicht zwischen Privilegierten und Nichtprivilegierten, bzw.
zwischen Arbeit und Kapital, voraus. In einem System, in dem Marginalität besteht, ist jedoch
ein solches Machtgleichgewicht kaum vereinbar. Anders formuliert bedeutet dies, dass in ei-
nem System, in dem Marginalität besteht, ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum, d.h.
ein kapitalistisches System, nicht möglich ist. Somit ist, diesen durch Marginalität geprägten
7
Wirtschaftssystemen, die nicht kapitalistisch organisiert sind, der Weg zur Entwicklung eines
Massenwohlstandes verbaut.
2.1.2 Ausgangslage: Rentenökonomie
Unterentwickelte Wirtschaftssysteme sind nach Elsenhans durch Marginalität, Rente und
Staatsklasse gekennzeichnet.
Marginalität ist auf eine „niedrige durchschnittliche Produktivität der Arbeit“ (Elsen-
hans 1997, S.5) in dem landwirtschaftlichen Sektor zurückzuführen. Begrenzte Flächen an
guten Böden, kein bzw. geringer Einsatz des Faktors Kapital, hier insbesondere Dünger, Was-
ser und Landmaschinen, und ein Bevölkerungswachstum, das nicht durch „bewusstes Repro-
duktionsverhalten beschränkt wird“, führen zu einer „Marginalitätsfalle“ (Elsenhans, 2001aa,
S.137). Denn bei stetiger Zunahme des Faktors Arbeit und bei gleichzeitigem Konstanthalten
der Faktoren Boden und Kapital, tritt das klassische Ertragsgesetz in Kraft. Im klassischen
Ertragsgesetz gibt es bei partieller Faktorvariation eine optimale, d.h. maximale Outputmenge
bzw. Ertrag, die bei weiterem Einsatz des partiellen Faktors, hier Arbeit bzw. ein weiterer
Landarbeiter, abnimmt. Bevor aber die Gesamtoutputmenge fällt, fällt zuerst die Outputmen-
ge, die der letzte Arbeiter erwirtschaftet. Ab diesem Punkt fällt die Grenzproduktivität. Fällt
sie unter das Niveau der Reproduktionskosten, können in einem marktwirtschaftlich organi-
sierten System diese Arbeiter nicht mehr beschäftigt werden. Elsenhans nennt diesen Über-
gang „Marginalitätsschwelle“ (Elsenhans 2001, S. 136) In einem vorkapitalistischen Wirt-
schaftssystem werden alle, die unter der Marginalitätsschwelle liegen, in Produktion von Lu-
xusgütern für die Privilegierten eingesetzt. Diese Produktionsweise wird durch das Auftreten
von kapitalistischen Ländern gefährdet, weil nun für die Privilegierten die Möglichkeit be-
steht, den angeeigneten Überschuss nicht für die Dienstleistungen und Produkte der Margina-
len zu verwenden, sondern auf dem Weltmarkt zu veräußern und dafür technologisch kom-
plexere Luxusgüter und -dienstleistungen aus dem kapitalistischen Ausland zu erwerben. Das
führt dazu, dass die Marginalen nun „marginalisiert“ (Elsenhans 1997, S.5) werden, d.h. dass
sie aus dem formalen Produktionsapparat hinausfallen und somit sämtliche Lebensgrundlage
verlieren. Es entsteht ein informeller Wirtschaftssektor, in dem diese Marginalisierten täglich
ums Überleben kämpfen und keine Perspektive über den Tag hinaus haben. Eine Möglichkeit
der Marginalen nicht in diesen lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, ist sich Patronage- und
Klientelnetzwerken der Privilegierten anzuschließen.
„An dieser Marginalitätsschwelle gibt es einen allerdings in seiner Höhe nicht ableit-baren Überschuss der Landwirtschaft, so dass marginale Arbeitskräfte durchaus ernährt wer-den können, sofern die den Überschuss kontrollierende Klasse bereit ist, dies aus nichtöko-nomischen Gründen zu tun, z.B. im Rahmen eines gesellschaftlichen Paktes. Jede Art von
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Transfer wird aber erfordern, dass die begünstigten Arbeitskräfte keine Bedrohung der etab-lierten Gesellschaft darstellen. Wie immer die Verhaltensvorschriften im einzelnen lauten mögen, wird doch Willfährigkeit und Gehorsam ein grundlegendes Element ihrer Beziehung zu Überschuss aneignenden Klasse sein, so dass dieses Verhältnis als Klientelismus oder Pat-ronage bezeichnet werden kann. Gleichzeitig haben die Patrone Zugang zum Überschuss mit politischen Mechanismen, nämlich Macht.“ (Elsenhans 2001b, S.38)
Dieser Sozialvertrag besteht hauptsächlich, wie oben angemerkt, aus politischen Gründen, die
wiederum zweierlei Ursachen, das Vorhandensein von Rente und die sie politisch abschöp-
fenden Staatsklasse, haben.
Elsenhans bezeichnet Rente als eine Einnahmequelle der Privilegierten, die mit politi-
schen Mitteln abgeschöpft wird und die deshalb nicht dem systemimmanenten Zwang einer
Marktwirtschaft unterliegt, d.h. dem Zwang das Geld erneut wirtschaftlich zu investieren, um
eine dauerhafte Einnahmequelle zu sichern. Die Dauerhaftigkeit von Renten ist nicht von ih-
rem wirtschaftlichen Verwendungszweck abhängig, sie können investiert oder konsumiert
werden. Sie unterliegen aber einem Zwang zur politischen Investition, die sich nicht nach
marktwirtschaftlicher Wirtschaftlichkeit richtet, sondern nach politischem Machterhalt. Die
Art und Weise dieser politischen Investitionen, richtet sich sehr stark nach der Art der Rente
und den landesspezifischen Gegebenheiten, wie z.B. ethnisch heterogene Bevölkerung, politi-
sches System, etc. und ist in einer großen Bandbreite vorhanden.
„Renten lassen sich unter Ausschaltung wirtschaftlichen Wettbewerbs (z. B. durch Protektio-nismus, Marktreservierung und/oder Marktzugangsbeschränkungen) und im Rohstoffsektor (durch die Aneignung von Differentialrenten) erzielen, aber auch durch den Einsatz moderner Technologien (Aneignung von Produktivitätsfortschritten), in Staatsbetrieben mit monopolis-tischer Preisbildung sowie (wie Hirschman bereits aufzeigte) in Form von Entwicklungshilfe-zahlungen. Die Rente lässt sich dann durch einen politischen Prozess innerhalb der Eliten (um-)verteilen.“ (Fuhr 2000, S.213)
Genau so vielfältig sind die politischen Ausgestaltungsmittel ihrer Kontrolle. Den Zu-
gang zu der Kontrolle und Ausbeutung der Rente geschieht jedoch meistens über die Staats-
macht bzw. die staatlichen Institutionen. Somit bildet sich um den Staat eine politische Klas-
se, die Staatsklasse, der die Besetzung und Behaltung der Ämter oberstes Ziel ist. In der Re-
gel hat die Staatsklasse am Aufkommen einer finanziell von ihr unabhängigen und finanzstar-
ken Kapitalistenklasse kein Interesse. Um die politische Macht zu erhalten, pendelt die
Staatsklasse zwischen einer Politik der Selbstprivilegierung und dem Zwang zur Legitimati-
on. Dazu gehört vor allem der Aufbau von Patronage- und Klientelnetzwerken, die den politi-
schen Machterhalt sichern. Die Patronage- und Klientelnetzwerke bilden einen neuen Sozial-
vertrag. Es geht nicht mehr um die Produktion von Luxusgütern für die Privilegierten durch
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die Marginalen, sondern der Sozialvertrag sichert einerseits der Staatsklasse die Legitimation
und andererseits den Marginalen den Lebensunterhalt.
Diese Patronage- und Klientelnetzwerke sind im Rahmen von Segmenten aufgebaut,
die sich meistens entlang von ethnischen und kulturellen Bruchlinien einer Gesellschaft zie-
hen. Elsenhans ist jedoch der Meinung, dass die ethnischen und kulturellen Bruchlinien zwi-
schen den Segmenten dann keine Rolle spielen, wenn genug Renteneinnahmen vorhanden
sind, um die Netzwerke zu finanzieren. Erst wenn die Einnahmequellen versiegen, versucht
jedes Segment sich die verbleibenden Einnahmen zu sichern. Den Zusammenhang von Ren-
tenflüssen und dem Machtkampf der Segmente veranschaulicht Ouaissa am Beispiel Alge-
riens, wo es zu periodischen politischen Kämpfen kommt, die abhängig von dem Auf und Ab
des Ölpreises beeinflusst werden. (Ouaissa, 2004)
2.1.3 Möglichkeitsraum von Entwicklung
Da die Staatsklasse in solchen Systemen den wirtschaftlichen und politischen Hebel, wie oben
aufgezeigt, in der Hand hat, sind Entwicklungswege vom Verhalten der Staatsklasse abhän-
gig. Bei einer progressiven Ausrichtung der Staatsklasse zeigt Elsenhans mehrere Wege auf
wie Marginalität beseitigt und industrielle Entwicklung eingeleitet werden kann.
Als erste Möglichkeit nennt Elsenhans die Durchsetzung einer egalitären Bodenre-
form . Der Agrarsektor in unterentwickelten Ländern spielt eine herausragende Rolle, da typi-
scherweise mehr als 50 % der Arbeitsfähigen darin beschäftigt sind, dieser aber nur 25 % des
Bruttoinlandproduktes (BIP) ausmacht. Hier anzusetzen verspricht eine große Wirkung. Eine
gleichmäßige Verteilung des Bodens an alle Familien wirkt sich sowohl auf die Beseitigung
von Marginalität als auch auf die industrielle Entwicklung positiv aus. Eine egalitäre Boden-
reform verschiebt das Problem von Marginalität aus dem öffentlichen Bereich in den privaten,
denn die Marginalitätsschwelle wird durch die Reform nicht angehoben. Es herrscht immer
noch eine geringe Grenzproduktivität, nur trifft nun sie jede Bauernfamilie. Die Arbeitszeit
pro zugeteiltem Feld besteht nun aus einer produktiven Arbeitszeit, oberhalb der Reprodukti-
onskosten, in der der Großteil des Ertrages erwirtschaftet wird und einer weniger produktiven
Arbeitszeit, so genannter „marginalen Arbeitszeit“ (Elsenhans 1997, S. 23), in der zwar im-
mer noch notwendiger Überschuss produziert wird, aber mit einem höheren Arbeitsaufwand
für einen geringeren Ertrag. Trotzdem verbessert eine egalitäre Bodenreform die Lage der
Marginalen, denn sie stattet sie mit Verhandlungsmacht aus, da sie nun nicht mehr auf Klien-
telbeziehungen angewiesen sind. In Bezug auf die industrielle Entwicklung entfaltet eine ega-
litäre Bodenreform folgende Wirkungen. Erstens bieten die Bauern bzw. Mitglieder aus Bau-
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ernfamilien ihre Arbeitskraft, die oberhalb der marginalen Arbeitszeit auf den Feldern liegt,
zu Löhnen unter ihren Reproduktionskosten an. Somit sind die Löhne für meist ungelernte
Arbeit, in der Regel Fabrikarbeit, sehr gering, was zu Phänomenen wie „ländlicher Industria-
lisierung“ (Elsenhans 1997, S.24) und verstärkte Arbeitsmigration führt. Zweitens kommt es
aufgrund eines annährend gleichen Einkommens in der Bevölkerungsmehrheit zu einer Ho-
mogenisierung der Nachfrage. Einer Nachfrage die vornehmlich einfache Haushalts- und
Konsumgüter betrifft, die es nun industriell zu produzieren lohnt.
Einen ähnlichen Effekt auf die Nachfrage haben Subventionen von Marginalen bzw.
Marginalisierten. Die englischen Armengesetzte aus dem 18. Jahrhundert vor Augen, erläu-
tert Elsenhans, dass eine Besteuerung von Kapitaleinkommen, die genutzt wird damit die Ar-
beitslosen subventioniert werden, meist in Form von öffentlicher Arbeit, ebenso zu einer Aus-
stattung der Marginalen mit Kaufkraft führt und somit zu einer Bildung von Massennachfrage
nach einfachen Konsumgütern.
Ein weiterer Weg Marginalität zu beseitigen ist der technische Fortschritt, der die
Grenzproduktivität in der Landwirtschaft anhebt. Dabei schränkt Elsenhans ein, dass lediglich
die Art von technischem Fortschritt gemeint ist, der die Nachfrage nach Arbeitskräften in der
Landwirtschaft fördert und nicht die Produktivität der schon produktiven Arbeiter anhebt.
Zwar steigt in beiden Fällen der Überschuss in der landwirtschaftlichen Produktion, im letzte-
ren Fall jedoch bleiben die Marginalen weiterhin ohne Beteiligung an diesem.
Ein weiteres Feld der Handlungsmöglichkeiten in einem System mit einer progressi-
ven Staatsklasse ist der Einsatz einer flexiblen Zoll-, Handels-, Währungs- und Industrie-
politik . Sowohl eine exportorientierte Industrialisierung als auch eine binnenmarktorientierte
Industrialisierung versprechen, laut Elsenhans, einen Erfolg. Zentrale Bedingung für den Er-
folg ist eine wirkungsvolle Währungspolitik, mit einer exportfördernden schwachen Wäh-
rung.(Elsenhans 2000, S.252) Solch eine Politik kann am Besten durchgeführt werden, wenn
die Ernährung der Bevölkerung mindestens zum Selbsterhalt gewährleistet ist, d.h. ohne auf
Devisen angewiesen zu sein. Des Weiteren empfiehlt sich eine Zollpolitik, die den Aufbau
einer eigenen Investitionsgüterindustrie vom Weltmarkt abschottet und damit den Binnen-
markt fördert.
Bei einer rigiden Ausrichtung der Staatsklasse, bleibt für die Entwicklungshilfe, die
aus dem Ausland kommt, immer noch eine Möglichkeit Marginalität zu beseitigen und Ent-
wicklung anzustoßen. Hierfür schlägt Elsenhans die Installation künstlicher Industrien vor,
um den Marginalen ein Einkommen jenseits der Staatsklasse zu sichern. (Elsenhans 2001, S.
144) Auch damit könnte eine homogene Massennachfrage, durch Erhöhung des Einkommens,
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geschaffen und somit ein entscheidender Impuls zur industriellen Entwicklung gesichert wer-
den.
2.2 Das Sensitivitätsmodell von Vester
Elsenhans Ansatz, den ich oben, in den für diese Arbeit wichtigsten Punkten, dargestellt habe,
bietet ein Erklärungsmodell für die Analyse der Probleme in unterentwickelten Ländern. Dies
liefert auf der inhaltlichen Ebene der Arbeit griffige Variablen, die bei der Analyse eines un-
terentwickelten Wirtschaftssystems wichtige Muster erkennen lassen. Zudem zeigt Elsenhans
einen Lösungskorridor auf, in dem möglicherweise Entwicklung zustande kommt.
Auf der analytischen Ebene möchte ich jedoch Elsenhans Ansatz mit dem biokyberne-
tischen Planungsmodell, auch Sensitivitätsmodell, von Frederic Vester ergänzen, weil es ein
Handwerkszeug bietet, mit dem komplexe, nichtlineare Systeme gehandhabt werden können.
Dazu gehört in erster Linie die Visualisierung von, in einem gegenseitigen Wirkverbund ste-
henden, Einflussgrößen.
„Dem systemischen Vorgehen im Allgemeinen und der Simulation im Besonderen gelingt die Darstellung und das Sichtbarmachen von komplexen Sachverhalten. Die Einsicht in die Art und Weise beziehungsweise das Muster der Systemzusammenhänge wird hier anschaulich vermittelt, die Transparenz von Wirkungen und Nebenwirkungen innerhalb eines Systems beträchtlich erhöht. Insgesamt führt dies zu einem besseren Verständnis des Systemverhal-tens, insbesondere ist es durchaus in der Lage, beim Beobachter „Aha-Effekte“ oder sogar Betroffenheit auszulösen. Anders als in üblichen Simulationsverfahren sind die hinter den Bewertungen, Zuständen und Wirkungsbeziehungen stehenden Prämissen und Leitbilder je-derzeit transparent und abrufbar.“ (Steinbrecher, 1998, S.326)
Für die Analyse eines Systems nennt Vester bedingende Kriterien, die bei der Überprüfung
am Fallbeispiel erfüllt sein sollten. Damit stellt das Modell sicher, dass eine einseitige Sys-
temmodellierung ausgeschlossen wird, weil hinreichende Variablen vorhanden sind. Durch
die Fokussierung auf diese Kriterien bietet sich auch der Vorteil, ein komplexes System für
die Analyse verknappen zu können. Anders formuliert, mit wenigen Variablen können die
wichtigsten Muster in einem System erkannt und dargestellt werden.
„In der Tat dürfte man wohl schon ein weitaus getreueres Abbild und Funktionsbild eines realen Systems bekommen, wenn man mit 20 sorgfältig ausgesuchten Schlüsselvariablen und deren Vernetzung arbeitet statt wie bisher mit lediglich drei oder vier willkürlichen Größen oder gar mit nur einer Hauptvariable wie dem wachsenden Bruttosozialprodukt.“ (Vester, 1997, S.46)
12
Hier ist es wichtig zu betonen, dass inhaltlich die Variabeln von Elsenhans bei der Suche nach
den Schlüsselvariablen, sprich Marginale, Rentenquelle, Staatsklasse, Produktionssystem, und
Machtverhältnisse, den Weg weisen wird.
Ein weiterer Vorzug von Vesters Planungsmodell ist ihre vernetzte Herangehensweise,
die die Gefahren linearen Denkschemata bei der Diagnose von komplexen Systemen auszu-
schließen versucht. Vester erkennt mehrere Gefahrenquellen, die sich bei der Diagnose erge-
ben können. Erstens spricht Vester das Problem einer zu starken Fokussierung auf Aus-
schnitte des zu untersuchenden Systems an. Dies kann die mangelhafte Zielerkennung
betreffen. Damit meint er, dass bei der Zieldiagnose ein System, ohne die Betrachtung auf
einer Metaebene, abgetastet wird. Dabei wird ein Problem nach dem anderen gesucht und
behoben, ohne deren Zusammenwirken zu kennen. Dieses „Reparaturdienstverhalten“
(Vester, 1997, S.25) kann manchmal mehr Schaden anrichten, als es Hilfe leisten würde.
„Infolge ihrer Vielfältigkeit, Vernetztheit und Dynamik hilft es nicht mehr weiter, Probleme in kleine überschaubare Teilprobleme aufzuspalten und deren Lösungen dann je für sich zu perfektionieren. So entstehen dann oft Lösungen, die am Ende nicht mehr zusammenpassen. Es gilt vielmehr, erfolgreiches Handeln gerade unter Berücksichtigung hoher Umfeld-Komplexität (strukturell und dynamisch) und Intransparenz der Rahmenbedingungen zu er-möglichen beziehungsweise zu sichern.“ (Steinbecher, 1998, S. 307)
In ähnlicher Weise stellt sich ein zweiter Gefahrenaspekt dar, nämlich das Sammeln hoher
Datenmengen, die in keinem Zusammenhang stehen oder ohne diese mit dem Gesamtsystem
zu verknüpften. Dabei lässt sich das Muster des Systems nicht erkennen. Bei dieser Art der
Schwerpunktbildung können leicht Nebenwirkungen der gegebenen Lösungsmöglichkeiten
übersehen werden, die gravierend für die Funktionen des Systems sein können. Eine dritte
Gefahr des linearen Problemlösens ist bei Vester die „Tendenz zur Übersteuerung“ (Vester,
1997, S.25). Nach zögerlichem Eingreifen, wird häufig stark nachgesteuert, wenn bemerkt
wird, dass sich im System nichts tut. Bei den ersten unbeabsichtigten Nebenwirkungen be-
steht die Tendenz das Eingreifen vollkommen zu unterlassen. Eine vierte Gefahr des nicht
vernetzten Problemlösens ist
„die Tendenz zu autoritärem Verhalten. Die Macht, das System verändern zu dürfen und der Glaube, es durchschaut zu haben, führen zum Diktaturverhalten, das jedoch für komplexe Systeme völlig ungeeignet ist. Für diese ist ein „anschmiegsames Verhalten“, welches mit dem Strom schwimmend verändert, am wirkungsvollsten.“ (Vester, 1997, S. 25)
Vester plädiert aus den oben genannten Gründen für die Anwendung seiner Methode, die in
verschiedenen Arbeitsschritten versucht, die Komplexität eines Systems erfassbar zu machen.
Vester stellt vier Stufen der Vorgehensweise bei der Diagnose dar, die im Folgenden
beschrieben werden. Die erste Stufe ist die Systembeschreibung. Der erste Arbeitsschritt
13
der Systembeschreibung ist das Sammeln und Erfassen so vieler Variablen des Systems wie
möglich. Dies geschieht nach Vester am Besten in einem in einem „brain storming“, in dem
Experten des Systems alle relevanten Einflussgrößen, sprich Variablen des Systems, erfassen
(Vester 1997, S. 26). In dieser Arbeit habe ich das Expertenwissen aus der Literatur über Af-
ghanistan zu erfassen versucht und mich an den, von Elsenhans vorgeschlagenen, Variablen
in unterentwickelten Systemen orientiert. In einem zweiten Schritt wird dieser Variablensatz
durch eine Kriterienmatrix einer Prüfung auf Systemrelevanz unterzogen. In der Kriterienmat-
rix zählt Vester achtzehn für eine Systembeschreibung notwendige Themenbereiche auf. Er
unterteilt diese wiederum in sieben „Lebensbereiche“ und acht „Kategorien“, die die Variab-
len annehmen können. Die unten stehende Tabelle bietet eine Übersicht:
Tabelle: Kriterienmatrix Lebensbereiche Kategorien Bevölkerung Materie Wirtschaft Energie Raum Information Befinden Flussgröße Ressourcen Strukturgröße Infrastruktur Zeitliche Dynamik
Innere Ordnung und Organisation Räumliche Dynamik;
Öffnung des Systems durch Input Öffnung des Systems durch Output von Innen steuerbar
von Außen steuerbar
Hierfür muss der Variablensatz die oben genannten Grundkategorien und Lebensbereiche
abdecken. Die Überprüfung anhand der Kriterienmatrix dient zwei Zielen. Erstens wird damit
ein ausgewogener Variablensatz erstellt und zweitens können Variablen, die in manchen Le-
bensbereichen öfters vorkommen zusammen gesehen werden. D.h., dass die Menge der erho-
benen Daten reduziert werden kann, da eine Zusammenschau möglich ist.
Die zweite Stufe in Vesters Sensitivitätsmodell ist die Mustererfassung. Erster
Schritt der Mustererfassung ist die Erstellung einer so genannten „Einflussmatrix“ (Vester
1997, S. 27). In diesem auch „Papiercomputer“ (Vester 1997, S. 30) genannten Arbeitsschritt
wird die direkte Wirkung der Variablen aufeinander untersucht. Die Wirkung einer Variable
auf die andere wird antizipiert und bewertet. Die Bewertung wird in einer Übersicht festgehal-
ten, die angibt, wie die Einflussgröße der einen Variablen auf die andere ist. Aus diesen ein-
zelnen Bewertungen lassen sich in der Gesamtschau Eigenschaften der Variablen ableiten.
Diese Eigenschaften teilt Vester in zwei Kategorien. Die erste Kategorie unterteilt die Variab-
14
len nach der Wirkung, die sie auf andere Variablen haben in: hochaktiv, aktiv, leicht aktiv,
neutral, leicht reaktiv, reaktiv, stark reaktiv. Die zweite Kategorie unterteilt die Variablen
nach der Wirkung, denen sie ausgesetzt sind in: hochkritisch, kritisch, leicht kritisch, neutral,
schwach puffernd, puffernd, stark puffernd. Der zweite Schritt der Musterfassung sieht wie-
derum eine zweidimensionale Matrix vor, in der die Variablen anhand ihres Einflussindexes
eingeordnet werden, um damit ihre Rolle im System zu beleuchten.
„Die Verteilung der Variablen in dieser Matrix vermittelt einen sehr unmittelbaren Eindruck von der Art des Systems und vor allem von der Qualität der Variablen im System.“ (Vester 1997, S 31)
Die Eckwerte dieser zweidimensionalen Matrix sind „aktiv-reaktiv“ und „kritisch-puffernd“
(Verster 1997, S. 34). Die Matrix besteht aus 50 Feldern, in die die Variablen anhand der er-
mittelten Indizes eingeordnet werden. Das Ergebnis dieser Rollenverteilung im System ist die
Ermittlung des Einflussindexes.
„Der Einflussindex gibt den in der Matrix bildlich dargestellten Sachverhalt mathematisch berechnet in Aktivwerten (Aktivsumme), Passivwerten (Passivsumme), als Produkt (Aktiv- mal Passivsumme) und als Quotienten (Aktivsumme durch Passivsumme) wieder.“ (Vester 1997, S. 31)
Der dritte Schritt der Musterfassung ist die Gesamtdarstellung der vernetzten Variablen an-
hand von Regelkreisen. Um die Regelkreise darzustellen, wird die inhaltliche Wirkung der
Variablen aufeinander, d.h. ob die Variable und damit ihre Bestandsgröße positiv oder negativ
von anderen Variablen beeinflusst wird, erfasst und bewertet.
Die dritte Stufe in Vesters Sensitivitätsmodells ist die Interpretation und Bewer-
tung der Systemvernetzung. Der erste Schritt auf dieser Stufe sieht vor, handhabbare Teilsze-
narien aus dem Gesamtgefüge zu lösen und einer Wenn-Dann-Prognose zu unterziehen. Hier-
bei wird untersucht wie das System auf die Veränderung von Variabel reagiert.
Die vierte Stufe in Vesters Sensitivitätsmodells ist die Systembewertung, die durch
die Identifizierung der Schlüsselvariablen und Vorschläge von Alternativen des Systemver-
haltens, d.h. einer Eingreifstrategie in das vorhandene System, gekennzeichnet ist. Dabei ori-
entiert sich Vester an acht biokybernetischen Systembewertungsregeln, bei deren Befolgen
die Überlebensfähigkeit des Systems steigt. Die unten stehende Tabelle von Jörg Volkmann,
die er von Vester übernommen und modifiziert hat, fasst die acht biokybernetischen Regeln
noch einmal zusammen.
15
Tabelle 1: Grundregeln der Biokybernetik (Volkmann 2006, S. 6) Biokybernetische Grundregel Beschreibung Dominanz der negativen Rückkopp-lung über die positiven
Positive Rückkopplungen sind Selbstverstärkungsmechanismen. Sie bringen Dinge zum Laufen. Negative Rückkopplungen wirken stabilisie-rend, indem sie Amplituden von Schwankungsbewegungen innerhalb eines Toleranzbereiches eingrenzen
Unabhängigkeit der Systemfunktion vom quantitativen Wachstum
Der Durchfluss von Energie und Materie ist langfristig konstant. Dies verringert den Einfluss von Irreversibilitäten und das unkontrollierte Überschreiten von Grenzwerten.
Funktionsorientierung statt Produkt-orientierung, z.B. -Nutzung des Jiu-Jitsu-Prinzips - Mehrfachnutzung von Produkten, Funktionen und Organisationen - Recycling - Symbiose - Biologisches Design von Produk-ten, Verfahren und Organisations-formen durch Feedbackplanung
Austauschbarkeit erhöht die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Systemen.
Die Bewertungsregeln werden in dieser Arbeit keine Anwendung finden. Ich möchte mich bei
der Strategiefindung für die Entwicklung des afghanischen Wirtschaftssystems vorwiegend an
Elsenhans Entwicklungsstrategien orientieren, die ich im obigen Kapitel beschrieben habe, da
die Zielformulierung für Entwicklung aus Elsenhans Theorie abgeleitet ist und Vesters Be-
wertungsregeln allgemeiner gehalten sind.
16
3. Analyse
3.1 Systembeschreibung - Afghanistan geographische , wirtschaftliche und
polithistorische Standortbestimmung
Geographie, Topographie und menschliche Siedlungsstruktur
Das heutige Afghanistan liegt am Kreuzpunkt zwischen Zentralasien, Südostasien und
der Ostgrenze des so genannten „Greater Middel East“ und ist dementsprechend von mehre-
ren Ländern umrandet. Im Nordwesten grenzt es an Turkmenistan ab. Im Norden und Nordos-
ten grenzt es an Usbekistan, Tadschikistan und in einem kleinen Grenzstreifen an China. Öst-
lich und Westlich hat es mit Pakistan die längste Grenze des Landes. Im Westen grenzt es an
den Iran. Mit 647,500 km² ist Afghanistan fast doppelt so groß wie Deutschland. Die Topo-
graphie des Landes prägt die Lebensbedingungen im Land entscheidend, denn sie erlaubt
nur in einigen Gegenden menschliche Siedlungen. Afghanistan gehört zum iranisch-
afghanischen Hochland, dessen nördliche und südliche Gebirgsketten im Nordosten zum Hin-
dukusch zusammenführen. Dies führt zu einer Zergliederung oder Kammerung des Landes in
sehr gebirgige Gebietsteile im Zentrum Afghanistans sowie im Nordosten, im Grenzgebiet zu
Pakistan, China und Tadschikistan und in etwas flachere wüstenhafte Gebietsteile im Westen
und im Süden des Landes. Im Nord-Nordwesten des Landes befindet sich die baktrische Tief-
ebene, die durch den Grenzfluss Amu Daria durchflossen wird. Afghanistan liegt im zentral-
asiatischen Trockengürtel und ist geprägt durch ein sehr trockenes Wüstenklima, in dem die
Verfügbarkeit von Wasser begrenzt ist und vor allem von der Regenzeit im Winter abhängt.
Aus diesem Grund befinden sich die meisten Siedlungen an den großen Flüssen des Landes,
die aus den Bergen mit Wasser gespeist werden. So ergeben sich vier wichtige Siedlungsräu-
me entlang des Kabul, des Amu Daria, des Helmand und des Hari Rud. Entlang des Kabul-
Flusses, der über das Indus-System in das Arabische Meer fließt, befindet sich das Kabul-
Becken, in dem die Hauptstadt liegt. Aus dem Kabul-Becken hinaus führt gen Osten über den
Kybar-Paß bei Jalalabad eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen ins Nachbarland Pakis-
tan und in die Indus-Tiefebene. In südwestlicher Richtung führt aus dem Kabul-Becken die
alte Zentralroute des Karavanenhandels zwischen Indien und Persien über das Arghandab-Tal
und das Helmand-Tal mit der Stadt Kandahar und dann in nordwestlicher Richtung schwen-
kend in das Tal des Hari Rud nach Herat. Das Kabul-Becken war und ist somit sowohl für die
Landwirtschaft als auch für den Handel bedeutend. Im oberen Helmand- und Arghandab-Tal
und um Herat liegen zwei weitere bedeutende Siedlungsräume in Afghanistan. Auch hier läuft
17
eine alte und bedeutende Karavanenstrasse, die Seidenstrasse, entlang des Grenzflusses Amu
Daria, der die Grenze zu Usbekistan und Turkmenistan bildet. Hier in der baktrischen Tief-
ebene liegt das vierte Siedlungszentrum mit den Städten Mazar-i-Sharif und Kundus. In die-
sen Siedlungszentren leben ca. 29 Millionen Menschen, bei einem Bevölkerungswachstum
von 2,5 %. (Bertelsmann, 2007) Dabei ist Afghanistan eine junge Gesellschaft, denn 40 % der
Afghanen sind jünger als 15 Jahre. (Library of Congress, Country Profile 2006) Die Afghaninnen
gebären in Schnitt 6,5% Kinder. (Bertelsmann, 2007) Demgegenüber ist die Kindersterblich-
keit sehr hoch. Die Lebenserwartung der Afghanen liegt bei 45 Jahren.(Bertelsmann, 2007)
Wirtschaftsstruktur
Im Landwirtschaftssektor sind ca. 75% der arbeitsfähigen Bevölkerung beschäftigt,
das sind ungefähr 5 Millionen von ca. 8 Millionen Arbeitsfähigen. (Bertellsmann 2008) Der
Agrarsektor trägt aber nur mit 50% bis 30 %, je nach Wetter zum Bruttoinlandsprodukt bei.
(Ward et. All., 2008, S. 12) Ca. 12 % des Landes sind potentiell landwirtschaftlich nutzbar,
das sind 7,5 Millionen Hektar. Davon können ca. 60 % bewässert werden, davon noch mal 20
% können zwei Ernten im Jahr eintragen. Von dieser Fläche wird jedoch nach fast 30 Jahren
Krieg nur ca. die Hälfte bestellt. Trotz erstaunlicher Steigerungen der Erntemenge, so verdop-
pelte sie sich zwischen 2001 und 2007, ist Afghanistan immer noch auf Nahrungsmittelimpor-
te angewiesen, da die Produktivität in der Landwirtschaft sehr gering ist. (UN 2007)
„Landwirtschaftliche Anbaumethoden sind in Afghanistan vorwiegend auf künstliche Bewäs-serung angewiesen, während andere kaum nutzbare Gebiete im Wesentlichen nur der nomadi-schen Viehzucht offen stehen. Die Landwirtschaft ist durch den Gegensatz eines intensiven Ackerbaus in Flussoasen und durch extensive und saisonale Weidewirtschaft in weiten Teilen des Landes bestimmt.“ (Kreutzmann 2006, S.198)
Die Verteilung von Grund und Boden weisen auf den ersten Blick einen eher egalitären Cha-
rakter auf. Die Eigentumsverhältnisse teilen sich in einen hohen Anteil an kleinbäuerlichem
Eigentum, von ungefähr zwei Drittel der Erntefläche und einem Drittel Großgrundbesitzstruk-
turen, vor allem im Westen und Norden des Landes, auf.
„Die Eigentumsverhältnisse an den Schlüsselressourcen Wasser und Boden sind in einem Land, in dem drei Viertel der Bevölkerung direkt oder indirekt von der Landwirtschaft leben, von zentraler Bedeutung.“ (Kreutzmann 2006, S. 198)
Wenn man die zwei Drittel der Erntefläche betrachtet, die von Kleinbauern bewirtschaftet
werden, so ist der durchschnittliche Landbesitz in Afghanistan 14 Jerib groß, das sind 2 Hek-
tar. Ca. 70 % der in der Landwirtschaft Beschäftigen besitzen auch eigenes Land. Bei genaue-
18
rer Betrachtung lässt sich eine Teilung der Gesellschaft in wohlhabende Haushalte, Haushalte
knapp über der Marginalitätsschwelle, Subsistenzbauern und marginalen Haushalten sichtbar.
Bei dieser flächenmäßigen Verteilung des Landes kommt noch hinzu, dass die Bodengüte und
die Frage ob das Land bewässert oder nicht bewässert ist, zwar von Bedeutung ist, jedoch in
einer Durchschnittsbetrachtung nicht mit einfließt. Die Wohlhabenden bewirtschaften im
Durchschnitt 28 Jjerib und machen ungefähr ein Drittel der Landeigentümer aus. Die Sub-
sistenzbauern bewirtschaften im durchschnitt 8,2 Jeribs und stellen ungefähr 48 % der Land-
eigentümer dar. Die Marginalen bewirtschaften gar kein eigenes Land und stellen ungefähr 28
% der in der Landwirtschaft Beschäftigten. (Mansfield 2004, S.16)
Abgesehen von den Eigentumsverhältnissen, sind die „Betriebsgrößen hingegen überwiegend kleinteilig, da auch Großgrundeigentum bei näherem Hinsehen in eine Vielzahl ausgeglieder-ter Pachtbetriebe zerfällt. Regionale Unterschiede sind hinsichtlich Teilbau- und Pachtstruktu-ren zu berücksichtigen. Staatliche Großbetriebe im Norden Afghanistans stellen eine Aus-nahme von der weitgehend privatwirtschaftlich organisierten Landwirtschaft dar. Der Norden des Landes diente als Experimentier- und Expansionsfeld. So ist auch die 1940 erfolgte Ein-führung des Zuckerrübenanbaus mit deutscher Hilfe zu verstehen.“ (Kreutzmann 2006, S. 201)
Die häufigste Form der Beschäftigung von Landlosen oder Landarbeitern sind Pachtverträge.
Diese können aber in ihren Konditionen sehr stark variieren. Ein Grund hierfür ist der Ver-
schuldungsgrad der Pächter. Abgesehen von der Tatsache, dass sie kein eigenes Land bewirt-
schaften, spricht noch ein Indiz dafür bei dieser Gruppe von Marginalen zu sprechen und
nicht nur von armen Landarbeitern: der Überschuldungsgrad und die Art der Schulden von
ländlichen Haushalten. Zwar weißen Klijn und Pain in ihrer Studie nach, dass alle drei
Schichten von ländlichen Haushalten informelle Kredite nachfragen, doch ist die Aussicht den
Kredit zurückzuzahlen bei der ärmsten Schicht eher illusorisch.(Klijn/Pain 2007, S.48) Sie
sind meistens nicht in der Lage ausreichend Einkommen zu erwirtschaften, um für ihren Le-
bensunterhalt zu sorgen. Dafür nehmen sie informelle Kredite auf, um diese Einkommens-
quelle zu schließen. Somit geraten sie in eine abhängige Lage zu ihrem Gläubiger, der nicht
pünktliche Rückzahlung und Zinsen erwartet, sondern meist Arbeitsleistung und politische
Unterstützung.
„Afghanistan without doubt can be characterised as an environment of extreme risk and inse-curity. Under such conditions the poor seek protection through the maintenance of and in-vestment in patronclient relations, which reinforce positions of dependency, as illustrated in the Ghor examples of contract labour. This protection system however reduces their long-term choices—The Faustian Bargain—where future prospects are traded against survival and security in the present. In economic terms the poor are risk averse: they sharply discount the future for the immediate present and emphasise loyalty over voice in the absence of exit op-tions. These are elements of the context that undoubtedly contribute to the investment in so-
19
cial relations and the maintenance of informal credit practices, although how this plays out may be variable according to context and socio-economic status.” (Klijn/Pain 2007, S.48)
Die Strukturen der Großgrundbesitzer sind mit „Herrschaftsstrukturen verbunden, die sich aus
den Eliten der Stämme, der Fürstenfamilien und auch den Familien religiöser Würdenträger
ableiten. In jüngster Zeit sind ökonomisch einflussreiche Schichten wie städtische Händler
und bewaffnete Kommandeure hinzugekommen, die von Gewaltwirtschaft und Drogenhandel
profitieren. Ihren Einfluss machen sie sichtlich geltend, indem sie sowohl in den Handel als
auch in Landbesitz investieren. (Kreutzmann 2006, S.201)
Damit kommen wir zu den Produkten der Landwirtschaft. Zum Großteil werden auf den af-
ghanischen Feldern Nahrungsmittel, hauptsächlich Weizen, für den eigenen Bedarf angebaut.
Daneben spielt auch die Viehwirtschaft eine bedeutende Rolle. Nahrungsmittel und weiter-
verarbeitet Produkte aus der Viehwirtschaft werden auch für regionale Märkte und für den
Export angebaut. Die Landwirtschaft trägt mit der Ausfuhr von frischen Früchten, Trocken-
früchten,, Heilpflanzen sowie Häuten und Fällen mit 45 % zum selbst produzierten Export
bei. (bfai 2008) Erfolgsreichstes Produkt der Landwirtschaft ist jedoch der Schlafmohnanbau,
mit einem geschätzten Exporterlös von 3 Milliarden. Dollar. Die Produktion des Schlafmohns
hat sich seit dem Sturz der Taliban 2001 verzehnfacht. Von 800 Tonnen zu 8000 Tonnen
Rohopium.
„The UN Office on Drugs and Crime (UNODC) reported that in 2007 Afghanistan produced 93% of the world’s opium, on 193,000 hectares with a potential production of 8,200 metric tons. In February 2008, in its winter rapid assessment survey as to what is likely to happen this year, it essentially said “about the same.” (Schneider 2008, S. 1)
Schlafmohn, der illegal produziert und vertrieben wird, ist mittlerweile das wichtigste afgha-
nische Exportprodukt und hat zum Aufbau weiter verarbeitenden Chemielaboren, einer klei-
nen Chemieindustrie gewissermaßen. (Mansfield 2005, S. 37) In diesen Chemielaboren wird
Opium zu Heroin weiter verarbeitet. Das ist, könnte man sagen, das einzige Gebiet, in dem
Afghanistan einen technischen Fortschritt verzeichnet und in der Wertschöpfungskette höher
gerückt ist.
Der Drogenanbau und der Drogenhandel zeichnen sich durch geographische, politi-
sche und sozioökonomische Komponente aus. Die politische Komponente kennzeichnet sich
in der Abwesenheit von staatlichen Dienstleistungen, insbesondere Sicherheit. Der Drogenan-
bau in Afghanistan konnte sich erst im Krieg als Industriezweig etablieren und ist kein freier
Markt, sonder wird von Kriegsfürsten und Drogenhändlern beherrscht. Die geographische
20
Komponente, dass Drogenanbaugebiete meistens infrastrukturell schlecht oder nicht erschlos-
senen sind korreliert mit der politischen insofern, dass Drogenanbau nur in Gebieten möglich
ist, die den staatlichen Sicherheitsorganen entzogen sind oder diese durch Korruption einge-
bunden sind.
“Anecdotal evidence that many officials at all levels in government are involved in or benefit-ing from drugs” (Byrd, Ward 2004, S. 9) Das heißt auch, dass der Drogenanbau oft in Gebieten stattfindet, die für die staatlichen Orga-
ne schwer zugänglich und kontrollierbar sind oder schwer kontrollierbar sind, weil die Bevöl-
kerung diesen gegenüber feindlich eingestellt ist. Das Letztere ist in der Helmand Provinz,
eines der größten Anbaugebiete, der Fall. Dort ist die geographische Zugänglichkeit zwar
gegeben, doch die Bevölkerung, in der Mehrzahl Paschtunen, bildet eine der Hochburgen des
Widerstandes gegen die ausländischen Truppen. Daneben gibt es Provinzen, die keine Zent-
ren des Widerstandes sind, in der aber die staatliche Kontrolle aus geographischen Gründen
erschwert ist, wie z.B. Badakhshan und Ghor. Zu diesem Wirtschaftszweig, der sich in Kri-
senzeiten etablieren konnte, passt auch, dass die Opportunitätskosten zum Drogenanbau, der
mit wenig Infrastruktur auskommt, relativ gering sind. Auch die Beschaffenheit von Schlaf-
mohn, der mit weniger Wasser auskommt als andere Getreidesorten, tut sein Übriges. Gerade
in Afghanistan, wo Wasser insbesondere auf wenig erschlossenen Anbaufeldern Mangelware
ist.. Dazu lässt sich Rohopium unkompliziert lagern und durch sein viel kleineres Volumen-
Ertrag Verhältnis auch leichter transportieren. (Mielke 2006, S. 209ff.)
Ein Beweis dafür, dass die oben genannten Gründe die Drogenökonomie begünstigen, zeigt,
dass es in anderen Gegenden Afghanistans nicht zum Anbau von Mohn kommt, weil Alterna-
tiven durch gute biologische Konditionen, eine bessere Infrastruktur, egalitäre Landverteilung
und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften gering ist.
“Firstly, in contrast to Balkh and Helmand, the Kunduz irrigation system suffers less water scarcity. Moreover, a rising water table downstream biophysically restricts opium poppy cul-tivation. Secondly, in the better-drained areas, the availability of water allows for the cultiva-tion of both rice and cotton, which offer good returns. Kunduz has long had a labour deficit, attracting migrant labour from elsewhere. It also has a history of food security and relative land-access equality. These factors all point to an absence of the key drivers that have fuelled opium poppy cultivation elsewhere.” (Mansfield/Pain 2006, S.12)
Die sozioökonomische Komponente des Drogenanbaus und –handels wiederum besteht in
einer Kette von (Abhängigkeits-) Verhältnissen zwischen Kleinbauern, Kleinpächtern, Land-
arbeitern, Aufkäufern, Landeigentümern, lokalen Machthabern, Großhändlern und hohen Re-
gierungsvertretern. Das Verhältnis bzw. der Vertrag zwischen Kleinpächtern bzw. Kleinbau-
ern und den Aufkäufern gestaltet sich ähnlich wie ein informeller Kredit. Byrd und Ward ge-
21
hen von ca. 350000 Kleinpächterhaushalten aus, die Drogen anbauen. (Byrd/Ward 2004, S.5)
Ein (niedriger) Festpreis, meist die Hälfte des Preises, den die Ernte auf dem Markt einbrin-
gen könnte, wird schon vor der Saat festgemacht und ausbezahlt. In diesem Zahlungssystem,
„salaam“ genannt, übernimmt zwar auch der Käufer ein Risiko, er bekommt eventuell seine
Ware nicht, aber im Fall einer Missernte ist der Bauer trotzdem verpflichtet seine Schuld zu
begleichen. (Mansfield 2004, S. 38) Dies kann schnell in ein Schuldverhältnis führen, beson-
ders dann, wenn der Bauer von Schlafmohn der marginalen Schicht angehört und ohnehin
unter dem Subsistenzminimum produziert, keine Möglichkeit zu Tilgung hat.
“UNODC survey data suggest a higher proportion of poppy farmers than others took out loans in 2003, in larger amounts, and poppy farmers tend to have more accumulated debt from pre-vious years. Small farmers tend to cultivate poppy more intensely than large farmers.” (Byrd, Ward 2004, S.9)
Zwar erhält der Bauer, der Mohn anbaut von dem Aufkäufer bis zu zehn Mal soviel wie für
eine legale Getreidesorte, aber diesen Einnahmen stehen Kosten gegenüber, die beim regulä-
ren Getreideanbau nicht anfallen. Ein Faktor, der die Ausgaben der Bauern, die Mohn anbau-
en, in die Höhe treiben, ist die Aufzucht des Mohns an sich. Mohn ist im Vergleich zu Weizen
sehr arbeitsintensiv. Obwohl in der Regel auch Frauen und Kinder auf dem Feld mitarbeiten,
reicht der Einsatz sämtlicher Familienmitglieder nicht. Hier zeigen sich wiederum empirisch
die gesellschaftlichen Chancenunterschiede zwischen wohlhabenderen Haushalten und denen
von Kleinpächtern. Es ist zu beobachten, dass Kinder von Kleinpächtern in den Saat- und
Erntemonaten nicht in die Schule gehen, im Vergleich zu ihren reicheren Schulkollegen, die
dies in der Regel weiterhin tun. Wegen der Arbeitsintensität im Mohnanbau ist es unerlässlich
Landarbeiter für das Säen und das Ernten des Mohns einzustellen. Ca. 500000 Landarbeiter
ziehen je nach Saat- und Erntezeitpunkt in die verschiedenen Mohnanbaugebiete und bilden
eine noch ärmere Gruppe unter den Marginalen. Noch zwei weitere Faktoren treiben die Kos-
ten für den Mohnanbau in die Höhe. Erstens eine Art Drogensteuern bzw. Bestechungsgelder
an die lokalen Inhaber der Machtstrukturen, seien es Aufständische, Kriegsfürsten, Komman-
deure oder sogar staatliche Angestellten. (Mansfield 2006b, S.5) Zweitens die Pacht an den
Landeigentümer, von dem der Kleinbauer das Land pachtet, auf dem er Mohn anpflanzt, falls
er kein eigenes oder nur wenig hat. Dabei erhält der Landeigentümer meistens ¾ der Ernte.
„A few actors profit, while most have no say in the development of their own society.”
(Rubin, 2000, S.1789)
Die ca. 15000 Aufkäufer im Land verkaufen ihr Rohopium in Opium Bazars weiter an Groß-
händler. Diese lassen das Rohopium im Land zu Heroin weiterverarbeiten, lassen es über die
Grenze schmuggeln und verkaufen es dort weiter. Diese Großhändler stehen auch in Verbin-
22
dung mit der nationalen Bürokratie, meist Distriktgouverneure und höhere Regierungsvertre-
ter und lassen sich diesen Handel gewissermaßen Konzessionieren.
Die einschlägigsten Handelsrouten verlaufen über den Iran Richtung Türkei und Balkan, die
so genannte Balkanroute und über Turkmenistan, Usbekistan oder Tadschikistan Richtung
Russland, die baltischen Staaten und Osteuropa, die so genannte Nördliche Route. Weitere
Märkte sind in Pakistan, Indien und China. Die Wertschöpfungsspanne sieht zurzeit wie flogt
aus: 100 US-Dollar pro Kg Rohopium, die der Bauer bekommt im Verhältnis zu 1000 US-
Dollar pro Kg Rohopium, die der Großhändler auf iranischen Opium Bazars gezahlt be-
kommt. Dabei schwanken die Preise übers Jahr hinweg relativ stark, mit einem Minimum zur
Erntesession und einem Maximum zur Saatzeit, und fallen seit ihrem Hoch 2004 mit 170 Dol-
lar pro Kg wieder in Richtung des Niveaus der 90ziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit 90
Dollar pro Kg.
An diesem Preisverfall kann das makroökonomische Gewicht der Drogenindustrie unter ande-
rem aufgezeigt werden. Dies war 2004 der Fall, als die Preise stark gefallen waren und ver-
mutete 800 Millionen US$ an Einkommen für die Bauern verloren ging. Bei einem BIP von
6,2 Mrd. kann von einem makroökonomischen Schock gesprochen werden. Die Drogenin-
dustrie sichert das Einkommen von Kleinbauern, Landarbeitern und anderen Arbeitern, die in
der Drogenindustrie beschäftigt sind, erzeugt dadurch in Afghanistan Nachfrage. Mit dem
dort gewonnenen Geld werden je nach Position in der Wertschöpfungskette Nahrungsmittel,
Dienstleistungen, Konsumgüter, hochwertige Güter (wie Autos, Fernsehapparate usw.), Im-
mobilien usw. erworben. Für 1/3 des BIPs verantwortlich ist die Drogenindustrie ein wichti-
ger Impulsgeber für andere wirtschaftliche Aktivitäten. Würde die Drogenökonomie mit in
die offizielle Handelsbilanz hinzugerechnet, wäre diese ausgeglichen. Sie trägt zur Handelsbi-
lanz ca. 1 Milliarde US$ jährlich bei. Von ihr gehen aber auch negative makroökonomische
Aufwirkungen aus. Da Unmengen von Devisen ins Land geführt werden, kann die Drogen-
ökonomie zur so genannten „Holländischen Krankheit“ führen. Dies ist in Afghanistan auch
aufgrund der Entwicklungshilfegelder der Fall.
„Afghanistan’s real exchange rate appreciated by an estimated 24% in 2001/02, 0% in 2002/03, and 13% in 2003/04. But aid and remittances also could have contributed to possible “Dutch disease” effect.” (Byrd, Ward 2004, S, 9) Weitere Gefahren sind, dass erstens die Regierung riskiert ihr internationals Ansehen und
damit internationale Ressourcen zu verlieren, wenn sie in der Drogenbekämpfung nicht er-
folgreich ist. Zweitens ist der Einbruch der Drogenökonomie in die ländliche Wirtschaft so
stark dominierend, dass z.B. informelle Kredite, Pachtanbau sowie sozialer Status nur verge-
ben werden, wenn sie in Zusammenhang mit Mohnanbau stehen und somit fast alle gesell-
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schaftlichen Strukturen durchdringt. Drittens wächst die Gefahr, dass die Drogenabhängigkeit
im eigenen Land höher wird.
"Limited data suggest an addiction rate of 0.6% in part of the country, but it could well be higher and rising.” (Byrd, Ward 2004, S. 9)
Zahlen und Fakten zur afghanischen Industrie sind kaum vorhanden. Es lässt sich
davon ausgehen, dass zwanzig Jahre Krieg eine verheerende De-Industrialisierung bewirkt
haben. Die afghanische Industrie, die allerdings auch vor dem Krieg sehr gering war, basierte
zum überwiegenden Teil auf dem Lebensmittelverarbeitendem Gewerbe. Dieses befand sich
schwerpunktmäßig im Norden, um Masar-i-Sharif, Kundus und der Hauptstadt Kabul. (Fuji-
mura, 2004, S. 109ff.) Erste zaghafte Versuche des erneuten Aufbaus der Konsumgüterindust-
rie stellen z.B. der Wiederaufbau der Zuckerfabrik in Baghlan oder der Wiederaufbau Fabrik
zur Herstellung von Medikamenten in Kabul oder dem Einrichten von Industrieparks in Ma-
sar-i-Sharif, Herat und Kabul dar. (Böll 2007) Die Investitionsgüterindustrie besteht haupt-
sächlich in der Gewinnung von Energie und der Förderung von Rohstoffen. Dazu gehören
Wasserkraftwerke, die den Krieg unbeschadet überstanden haben, Bergwerke, in denen Kohle
gefördert wird, sowie Erdgasfelder. Weitere natürliche Ressourcen sind Vorkommen an Gas,
Chrom, Kupfer, Eisen, Lapislazuli, Beryll und Salz. Gas, Kohle und Salz werden abgebaut.
Weniger häufig kommen Gold, Silber und Uran vor. Öl wurde zwar entdeckt, aber noch nicht
erschlossen. (Library of Congress – Federal Research Division Country Profile: Afghanistan
2005) Weiter werden in der Investitionsgüterindustrie Zuliefermaterial für die Bauwirtschaft
produziert, wie z.B. Zement und Baustoffe. Diese haben stark von den akquirierten Geldern
aus der Drogen- und Schmuggelwirtschaft profitiert.
24
(Quelle:http://www.inwent.org/v-ez/lis/afghanistan/landnutzung_wirtschaft.jpg)
Der Dienstleistungssektor trägt 30% zum Bruttoinlandprodukt (BIP) bei. Auch hier
gibt es einen Anteil von legaler und illegaler Wirtschaft. Zum legalen Teil, somit dem Teil,
der in die offiziellen Statistiken einfließt, tragen schwerpunktmäßig die Baubranche, die
Transportbranche und die Telekommunikationsbranche bei. (Böll 2007, S. 3) Der illegale Teil
setzt sich aus dem Schmuggel von illegalen Waren zusammen. Dazu gehört der Schmuggel
von zollfrei importierten Gütern, über Iran und Pakistan in diese Länder zurück. Dieser Reex-
port ist deshalb profitabel, weil Pakistan und Iran restriktive Importgesetzte haben. D.h. Wa-
ren aus Europa und Japan werden nach Iran und Pakistan importiert und dann in diese Länder
zurück exportiert. Das ist möglich, da mit beiden Ländern ein Transit- und Handelsabkommen
besteht, dass Afghanistan erlaubt zollfrei Waren über iranische und pakistanische Häfen ein-
zuführen. (Rubin, 2000, S.1793) Ein weiteres illegales Geschäft ist das Schmuggeln von billi-
gem iranischem Treibstoff. Dieser ist deshalb so günstig, weil Treibstoff im Iran staatlich
subventioniert wird.
25
“Devastated Afghanistan has become both the world’s leading producer of opium (75% of world production in 1999) and a transport and marketing corridor where armed groups protect a region-wide arbitraging center where profits are made of policy-induced price differentials. The region in question includes Dubai, the world’s largest duty-free shopping mall; Pakistan, a state where the two ISIs–the Directorate of Inter-Services Intelligence and import-substitution industrialization–have created a highly armed and corrupt society where eco-nomic interest in evading high tariffs and the imperatives of covert action combine to under-mine enforcement of Fiscal rules and public order; Iran, where subsidized gasoline sells for three cents a liter;” (Rubin, 2000, S.1790)
Die Gelder, die dem Staatssektor zufließen, akquirieren sich wie folgt. Das staatliche Budget
wird überwiegend von Entwicklungshilfegeldern subventioniert. Sie machen 90 % des Bud-
gets aus. (Waldman 2008, S.1)Das steuerliche Aufkommen ist mit 6,5% vom Bruttoinland-
produkt eins der niedrigsten Weltweit und zeigt die schwache, offizielle, staatliche Durch-
dringung. Seit 2001 bis 2008 sind ca. 15 Milliarden Dollar nach Afghanistan geflossen, die
eigentlich staatliche Dienstleistung finanzieren und über teils über NRO’s abgewickelt wer-
den und zu 40% wieder .zurück in die Ursprungsländer fließen. Teils über den Gewinn der
mit Entwicklungshilfegeldern gemacht wurde, teil über die Gehälter der Berater. (Waldman
2008, S.1) Auswirkungen sind einerseits schwache staatliche Institutionen, andererseits eine
parallele Bürokratie der inländischen Behörden mit den internationalen NRO’s und den
supragouvernamentalen Institutionen, wie die Weltbank, die UN und ihre Institutionen. Allein
in Kabul sind zum Beispiel an die 1000 NRO’s präsent. Der Zufluss von Entwicklungshilfe-
geldern hat zwei augenfällige Wirkungen. Auf der einen Seite bewirkt er, dass eine Unzahl
von öffentlichen Leistungen bereitgestellt wird, wie Schulen, Krankenhäusern oder Infra-
struktur. Auf der anderen Seite bewirkt die Konzentration der Entwicklungshilfe auf die we-
nigen städtischen Zentren, eine Verteuerung der Lebenshaltungskosten und durch die starke
Nachfrage nach englisch sprechendem und ausgebildeten Personal der internationalen Institu-
tionen und NRO`s, werden die gebildeten Afghanen den staatlichen Behörden abgeworben.
Entwicklungshilfegelder, die über staatliche Kanäle fließen begünstigen andererseits Korrup-
tion und Misswirtschaft.
Aus all diesen Fakten lässt sich eine Strukturierung der afghanischen Wirtschaft
erkennen, die abschließen noch einmal zusammengefasst wird. Die folgende Tabelle zum BIP
in Afghanistan stellt eine Übersicht dar.
26
BIP nach Entstehung (in %; 2005/06 *)
Landwirtschaft 39
Industrie 25
Dienstleistungen 34
Importzoll 3
*) Finanzjahr 21.3. bis 20.3.; Differenz durch Runden Quelle: Schätzungen der afghanischen Regierung (Böll 2007, S.3)
Wie aus der Tabelle zu erkennen ist, stellt die Landwirtschaft (ohne Schlafmohnanbau) den
größten Beitrag zum BIP. Daneben folgen der Dienstleistungssektor und die Industrie. Daraus
lässt sich folgern, dass Afghanistan ein unterentwickeltes, d.h. nicht industrialisiertes Agrar-
land ist. Aus der offiziellen Handelsbilanz geht hervor, dass Afghanistan Güter im Wert von 2
Milliarden US$ jährlich mehr importiert als exportiert. Nach Afghanistan werden überwie-
gend billige Konsumgüter des täglichen Gebrauchs aus Pakistan, Indien und China importiert.
Dafür exportiert Afghanistan selbst produzierte Güter im Wert von 300 Millionen US$, wie
Teppiche, Wolle und Trockenfrüchte. Der Reexport schlägt sich mit 1 Milliarde US$ zu Bu-
che. Damit ergibt sich eine negative Handelsbilanz. Es lässt sich daraus folgern, dass der
Drogenexport, Opium und das weiter verarbeitete Heroin, und die Gelder, die durch Korrup-
tion der ausländischen Entwicklungshilfe abgezweigt werden, die 2 Milliarden US$ negative
Handelsbilanz finanzieren. Wahrscheinlich stellt der Anbau und Export von Drogen die grö-
ßere Einnahmequelle dar, denn es fließen lediglich ca. 1,3 Milliarden US$ Entwicklungsgel-
der in das Land, von denen, so wollen wir doch hoffen einiges zur Entwicklungshilfe beiträgt.
27
Bevölkerungsgruppen
Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat. Eine Übersicht über die größten ethnischen
Gruppen ihre Sprache und Konfession bzw. Religion bietet die untere Tabelle.
Tabelle: Übersicht über die größten ethnischen Gruppen in Afghanistan, ihre vorherr-schende Sprache und Religion
Ethnie Sprache Konfession
Paschtunen Paschtu Sunniten
Tadschiken Dari (= Persisch) Sunniten
Usbeken Usbekisch Sunniten
Hazara Dari Schiiten
Aimaq Dari Sunniten
Farsiwan Dari Schiiten
Turkmenen Turkmenisch Sunniten
Belutschen Belutschisch Sunniten
Nurestani Nurestani-Sprachen Sunniten
(Quelle: Orywal 1986, 70f.)
Tendenziell gibt es eine Aufteilung der gesellschaftlichen Schichten in Afghanistan nach eth-
nischen Merkmalen. Von einer ethnisch begründeten Ober- Mittel- oder Unterschicht kann
jedoch nicht gesprochen werden. Die Gründe für eine Schichtzugehörigkeit sind eher auf
geographische oder wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen. So sind z.B. die Hasaras durch
ihre traditionellen Siedlungsgebiete im zentralen Hochland wirtschaftlich benachteiligt. Ande-
rerseits stellen die Paschtunen tendenziell die staatstragende Schicht. Gruppen der Paschtunen
wiederum, wie z.B. die paschtunischen Kuchi-Nomaden leben aufgrund ihrer traditionellen
Lebensweise und Einkommensart am Rande der Gesellschaft.1
Die zahlenmäßig größte und in der Geschichte Afghanistans dominanteste Gruppe
bilden die Paschtunen, deren Stammesgebiete an der Pakistanischen Grenze bzw. im Grenz-
gebiet Pakistans zu Afghanistan liegen. Die zusammenhängenden Siedlungsgebiete der
Paschtunen, die sunnitische Muslime sind und eine eigene dem persischen ähnelnde Sprache,
das Paschtunische, haben, befinden sich im Süden und Osten Afghanistans sowie in angren-
1 Bei der Zusammenfassung der Bevölkerungsgruppen lehne ich mich an die Darstellungen dieser bei Bernd
Glatzer (Glatzer 2002) sowie Luc van de Goor und Mathijs van Leeuwen (Goor, Leeuwen, 2000).
28
zenden Teilen Westpakistans. Kleinere Enklaven gibt es in Kundus und im Westen Afghanis-
tans. Die zweitgrößte Gruppe in Afghanistan bilden die Tadschiken. Das ist eine Sammelbe-
zeichnung für persisch sprechende sunnitische Muslime. Sie stellten überwiegend die Mittel-
schicht, da sie häufig in den großen Städten lebten und historisch den Handel und das Gewer-
be vor allem im Norden Afghanistans dominierten. Hier liegen auch ihre Hauptsiedlungsge-
biete, die an Tadschikistan grenzen. Drittgrößte Gruppe sind die Usbeken, die schwerpunkt-
mäßig an der Grenze zu Usbekistan siedeln. Die Usbeken sind ebenso sunnitische Muslime.
Sie sprechen usbekisch. Die viertgrößte Gruppe sind die schon oben erwähnten Hazara, die
Dari sprechen. Sie stellen die ärmste Bevölkerungsschicht im Land, weil sie im rauen zentra-
len Hochland leben, das mit natürlichen Ressourcen, wie gute Böden und ganzjährig Wasser
tragenden, großen Flüssen zur intensiven Landwirtschaft spärlich ausgestattet ist. Sie sind
Muslime schiitischer Glaubenrichtung und haben einen mongolischen Ursprung. Die restli-
chen Gruppen in Afghanistan sind geringerer Anzahl, die in politischer Hinsicht keine bedeu-
tenden Gruppen mehr stellen. Darunter zählen sowohl andere Ethnien, wie die Aimaq, Farsi-
wan, Turkmenen, Belutschen und Nurestani, die alle der sunnitischen Glaubensrichtung an-
gehören, als auch Angehörige anderer Glaubensrichtungen.
Politisch betrachtet spielen zwar die ethnischen Zugehörigkeiten innenpolitisch eine
gewisse Rolle, es gab jedoch historisch keine Tendenzen zu einer Sezession von Landesteilen,
die überwiegend von einer Ethnie bewohnt werden, obwohl die Siedlungsgebiete der einzel-
nen Ethnien in der Regel die staatlichen Grenzen Afghanistans überschreiten. So erwähnt
Glatzer, dass „sich bei näherem Hinsehen [die Volksgruppen] kulturell weit weniger vonein-
ander unterscheiden, als es die oft beklagten ethnischen Differenzen erwarten lassen.“ (Glat-
zer 2002, S.85) Daraus lässt sich schlussfolgern, dass einerseits die eher regionale Ausrich-
tung der lokalen Eliten und ihrer Verankerung in den Dorf-, Tal- und Stammesstrukturen, die
von der Kammerung des Landes stark begünstigt wird, stärker ausschlaggebend sind, als das
Interesse an nationalen Strukturen. Andererseits sind die heutigen Grenzen Afghanistans Er-
gebnis historisch überregionaler Prozesse, auf deren Bildung die regionalen Eliten keinen
Einfluss hatten, die aber fernerhin regional keine große Rolle spielen. Diese historischen Pro-
zesse und ihr Wirken werde ich im Folgenden grob skizzieren und damit die allgemeine Sys-
tembeschreibung von Afghanistan abschließen.
Historische Pfade und ihre Wirkungen in die Gegenwart
Zwei eigentlich widersprüchliche, geopolitische Phänomene kennzeichnen die afgha-
nische Geschichte. Einerseits überregionale, ja transkontinentale Eingebundenheit und lokale
29
Zersplitterung. Diese Phänomene beherrschten Afghanistan, als es zur Gründung des ersten
afghanischen Reiches 1747 durch Ahmed Shah Durrani führte. Dieser paschtunische Stam-
mesführer schaffte es die zwei Phänomene zu durchbrechen. Er einigte die Stämme und ent-
band Afghanistan aus der politischen Kontrolle durch benachbarte Reiche. Zuvor war die Re-
gion, in dem heute Afghanistan liegt, politisch in drei Teile gespalten. Die Teile gehörten un-
terschiedlichen Reichen und Machtblöcken an. Den Osten mit Kabul beherrschte das indische
Reich der Moguln. Der Westen um Herat wurde vom persischen Reich unter den Safawiden
beherrscht. Der Norden lag unter der Kontrolle usbekischer Fürsten. Das Afghanische Reich,
das im 18 Jahrhundert das zeitweilig größte muslimische Reich war und weit über die heuti-
gen Afghanischen Grenzen hinausreichte, überdauerte nur zwei Generationen. Dies weist auf
die schwierige geopolitische Lage der Region und die schwierigen innenpolitischen Gemen-
gelage. Der Stamm der Durrani, bzw. die Stammeseliten, vermochte es dem ungeachtet eine
Zentralgewalt in der Region zu etablierten. Von 1747 mit Ahmed Shah Durrani bis 1973 mit
dem letzten afghanischen König, Muhamad Zahir Shah, stellte der paschtunische Durrani
Stamm den König in Kabul. Die Grenzen des Königreiches veränderten sich stets mit dem
Auftreten neuer überregionaler Mächte. Auch nach innen gestaltete sich die Festigung der
Zentralmacht als schwierig, weil die meisten Könige seit Durrani innere Aufstände und usur-
pierende Lokaleliten niederzukämpfen hatten. Unter den paschtunischen Stämmen musste
ständig ein prekäres Gleichgewicht gehalten werden. Denn gerade die Kammerung des Lan-
des, die oben beschrieben wurde, führte zu dieser schwachen Ausgestaltung der Zentralgewalt
und zur Präsenz parallel existierender, dezentraler Herrschaftsstrukturen, mit starken regiona-
len Eliteschichten. Diese konnten erst wieder bei der Bedrohung durch eine äußere Macht,
nämlich in Form der britischen Indienarmee 1839-42 im ersten aglo-afghanischen Krieg, ver-
einigt werden.
Obwohl beide Invasionsversuche, einen zweiten Krieg gab es 1878-81, der britischen
Indienarmee erfolgreich abgewehrt werden konnten, beugte sich der damalige afghanische
Herrscher Mohammed Yakub, im Vertrag von Gudamak, dem britischen Druck und übergab
die außenpolitische Vertretung Afghanistans an Großbritannien ab, akzeptierte somit einen
halbkolonialen Status und erhielt dafür jährliche Zuwendungen.
Hier zeigte sich wiederum der Kreuzpunktcharakter Afghanistans (Seidenstrasse, Transitland
vom Arabischen Meer, Indischer Ozean nach Innerasien und zu den Ölquellen des Kaspi-
schen Meeres), denn es geriet erneut in die Interessensphäre von mächtigen Reichen. Dafür
machten die Zahlungen das Königshaus in Kabul unabhängiger von den lokalen Eliten. Durch
die ausländischen Einnahmen konnte das Königshaus das Gewaltmonopol der lokalen Eliten
30
endgültig brechen. Damit verschwand diese Schicht aber nicht, sonder sie wandelte nur ihre
Machtstruktur. Es entstand eine neue Mittelsmännerschicht, die nun eine Art Scharnierfunkti-
on zwischen dem Staat und der vornehmlichen Dorfbevölkerung einnahm. Auf der einen Sei-
te bildeten sie die reiche Oberschicht in den Dörfern, organisierten die wenigen Steuern und
vor allem die Soldatenrekrutierungen für Kabul, auf der anderen Seite schützten sie ihre eige-
ne Bevölkerung, wenn es einen zu starken staatlichen Zugriff auf die Ressourcen der Region
ihres Verantwortungsbereiches gab. (vgl. Grevenmayer 2000) Versuche zur Etablierung eines
modernen Staates, mit einer königstreuen Bürokratie misslangen. So wurde Amanullah Khan,
der nach der Unabhängigkeit von England 1919 verstärkt versuchte hatte das Land zu moder-
nisieren, 1929 gestürzt. Die Staatsmacht in Kabul war stets auf die regionalen Eliten angewie-
sen und versuchte nun diese in ihren Beamtenapparat einzubinden.
Auch die Geschichte des 20. Jahrhunderts änderte nichts an den zentralen Phänome-
nen, der überregionale Eingebundenheit und der regionale Zersplitterung. Im Gegenteil, die
Situation verschärfte sich. Seit dem Einmarsch der Roten Armee 1979 bis heute ist jeder Ver-
such inländischer (Bürgerkriegsparteien, Taliban, Mujahedein) und ausländischer Kräfte
(Russland und jetzt USA und die westliche Gemeinschaft) der Etablierung einer zentralen
Staatsmacht nicht oder noch nicht gelungen.
3.2 Mustererfassung - Variablen des sozioökonomisc hen Systems Afghanis-
tan
Das Sensitivitätsmodell von Vester geht davon aus, dass mit wenigen Variablen ein
hochkomplexes System abgebildet werden kann. Der Vorteil liegt, wie erwähnt, in der gerin-
gen Anzahl, und somit in der Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit eines solchen Modells.
Die Nachteile liegen demgegenüber in der Schwierigkeit die richtigen Variablen auszuwäh-
len. (Bonkowski, Romp 1998, S. 9) Um die Auswahlmöglichkeit der Variablen einzuschrän-
ken werde ich in dieser Arbeit die Variablen nach drei Gesichtpunkten auswählen. Als Erstes
gibt Vester mit der Kriterienmatrix in seinem Sensitivitätsmodell unbedingte Faktoren bzw.
Themenbereiche vor, die von Variablen abgedeckt werden müssen. Dazu ist in dieser Arbeit
als Zweites wichtig, auf den Fall Afghanistan speziell einzugehen. Diese ergeben sich aus der
Systembeschreibung, die im obigen Kapitel vorgenommen wurde. Als drittes Korrektiv dient
der Elsenhans’sche Ansatz, der wesentliche Systemvariablen vorgibt. Diese Dreifachbegrün-
dung der Variablen soll einerseits verhindern, nicht zu wenige Variable zu identifizieren und
dadurch einseitig zu werden, anderseits die Anzahl der Variablen modellierbar zu halten.
31
An den sieben Lebensbereichen von Vester orientierend, werden zuerst die Variabeln,
die die Akteure des Systems betreffen definiert. Daraufhin werden die Variablen der Wirt-
schaft, hier besonders die in Afghanistan typischen Rentenquellen bzw. Profitquellen einbe-
zogen. Im Anschluss daran werden Variabeln zum Raum, den Ressourcen und der Infra-
struktur Afghanistans aufgenommen, um dann auch Variablen der Humanökologie und der
inneren Ordnung zu beachten.
Im Folgenden werden die Variablen aufgelistet, die nach oben beschriebenen Ge-
sichtspunkten, meiner Meinung nach, für das System Afghanistan von Bedeutung sind. Im
Anschluss daran werden die einzelnen Variablen ausgearbeitet. Es wird begründet, weshalb
die einzelnen Variablen in das Systemmodell einbezogen werden und wie sie sich konkret
zusammensetzen. Zudem wird die direkte Wechselwirkung zu andern Variablen des Systems
angesprochen sowie der proportionale und überproportionale Einfluss beschrieben. Im An-
schluss an die Ausarbeitung der Variablen die Wechselwirkungen in einer Cross-Impakt-
Matrix, einer Einflussmatrix dargestellt.
3.2.1 Variablensatz des Systems Afghanistan
1. Steigendes Bevölkerungswachstum
Das Bevölkerungswachstum in Afghanistan ist als Variable wichtig. Ein hohes Bevölke-
rungswachstum ist nach Elsenhans ein Verstärker für das Auftreten von Marginalität. Das
Bevölkerungswachstum in Afghanistan ist mit 2,9 % und mit 6,5 Kindern pro Frau eines der
höchsten weltweit. Eine Veränderung des Bevölkerungswachstums wirkt auf die Variable
Anzahl der Marginalen. Eine Verringerung des Bevölkerungswachstums würde den Über-
schuss an Arbeitskräften regulieren. Dieser Mechanismus betrifft auch die Variable Anzahl
der Eigentümerbauern. Durch die Tradition der Erbteilung wird das Land auf die Kinder auf-
geteilt, was wiederum dazu führt, dass bei vielen Kindern das Land zur Subsistenz nicht
mehr beiträgt.
2. Anzahl der Marginalen
Die Anzahl der Marginale ist die Schlüsselvariable in einem unterentwickelten Land. Wie
oben erläutert, kann es zu einer selbst tragenden, industriellen Entwicklung nur kommen,
wenn Marginalität beseitigt bzw. eingedämmt wird. D. h. die Anzahl der Marginalen ist eine
Zielvariable für Entwicklung Aus der afghanischen Wirtschaftsstruktur geht hervor, dass all
die von Elsenhans bedingenden Indikatoren für Marginalität in Afghanistan auftreten, sprich
hohes Bevölkerungswachstum, geringe Produktivität in der Landwirtschaft, begrenzte land-
32
wirtschaftliche Ressourcen, Grenzproduktivität geringer als die Reproduktionskosten, es herr-
schen vermachtete Klientelbeziehungen. Unter Marginale können alle Kleinpächter, Klein-
bauern und Landarbeiter gerechnet werden. Des Weiteren gibt es eine rasant wachsende urba-
ne Marginalenschicht. Diese setzt sich zusammen aus zurückkehrenden Flüchtlingen aus dem
Ausland und Binnenflüchtlingen. Beide Gruppen haben entweder ihr Land aus Kriegsgründen
verloren oder sehen für sich keine Existenzmöglichkeit in der Landwirtschaft. Zur urbanen
Marginalenschicht gehören auch Frauen und Kindern, die keine familiäre Gebundenheit ha-
ben und deshalb gesellschaftlich einen niedrigen Status einnehmen, in der Regel Witwen und
Weisen. Diese sind auf die Hilfsprogramme und die Zuwendungen aus den Administrationen,
seien sie von internationalen NRO’s oder der afghanischen Regierung, angewiesen. Diese
Variable hat eine Wechselwirkung mit dem Bevölkerungswachstum, der Anzahl der produk-
tiven Eigentümerbauern, der Entwicklungshilfe, mit (gut bezahlte) Arbeitsplätze in der In-
dustrie, dem Lebensstandart. Das Wachsen der Marginalen erhöht das Stadt-Land Gefälle.
Die Erhöhung der landwirtschaftlichen Nutzfläche kann Marginalität senken.
3. Anzahl der produktive Eigentümerbauern
Bei dieser Variable handelt es sich sind um Bauern, die noch genügend Land haben, um ihre
Selbstversorgung zu gewährleisten und die sich in keinen Schuld- und Abhängigkeitsverhält-
nissen befinden. Zwar sind auch solche Bauern in informellen Kreditnetzwerken eingebun-
den, mit dem Unterschied aber, dass sie meist eine Tilgungsmöglichkeit haben und im Notfall
auf Substanz in Form von Land oder Vieh zurückgreifen können. (Klijn 2007, S.13) Diese
Gruppe ist für die Entwicklung des Systems relevant, weil sie eine der anzustrebenden Ziel-
schichten der marginalen Bevölkerungsgruppe darstellt. Die Variable hat folgende Wirkung.
Der Erhöhung der Anzahl der produktiven Eigentümerbauern würde eine Reduzierung der
Großgrundbesitzer bedeuten. Dies würde auch die Produktivität in der Landwirtschaft erhö-
hen, da sie im Wettbewerb zueinander stünden. Der Anteil der genutzten Flächen in der
Landwirtschaft würde erhöht, ebenso der Lebensstandart. Das Stadt-Land Gefälle würde ver-
ringert werden.
4. Macht der Großgrundbesitzer oder Mittelsmänner
Diese Variable betrifft die unterste Schicht der Staatsklasse. Die Entwicklung dieser Gesell-
schaftsschicht leitete sich in Afghanistan aus alten dezentralen Herrschaftsstrukturen heraus,
die jedoch eine wichtige Mittlerfunktion zwischen der Zentralmacht in Kabul und den dörfli-
chen Strukturen innehatten. Sie stellen die klassische lokale Elite dar. Diese Variable hat in
33
den ländlichen Bereichen Afghanistans eine wichtige, wirtschaftliche und politische Schlüs-
selstellung. Die Ausgestaltung dieser Variable, d.h. die Varietät von Machtausübung dieser
Mittelmänner, ist je nach Region sehr unterschiedlich. (Glassner 2006, S. 53ff) Der Kern-
punkt besteht in der Verantwortung für die dezentrale Gestaltung der Staatsklasse. Je nach
Rahmenbedingung bzw. Verhalten dieser Variable, lässt sich eine Veränderung im positiven
oder negativen Sinne für Entwicklung im Land ausgestalten. Die Handlungsmöglichkeiten
eines solchen Mittelsmannes, wie sie z.B. bei Bernd Glatzer am Beispiel eines ‚khans’ be-
schrieben werden, zeigen auf, welche Wirkung von dieser Variablen ausgehen kann.
„Wer solche Fähigkeiten im überdurchschnittlichen Maß besitzt und obendrein in der Lage ist, seinen Anhängern materielle Vorteile zu verschaffen, indem er ihnen externe Ressourcen zugänglich macht, wird traditionellerweise ‚khan’ genannt. Diese Ressourcen kann eine Stra-ßensperre einbringen, an der von Reisenden Mautgebühren erpresst oder von Nomaden hohe Weideabgaben kassiert werden; ein ‚khan’ kann staatliche oder internationale Hilfsgüter ein-werben und umverteilen, seinen Anhängern Jobs im nahen Straßenbau verschaffen, eine NRO ins Dorf holen oder den größeren Teil der amerikanischen Zuwendungen an seine Anhänger weitergeben, die er für seine Mithilfe beim‚Enduring Freedom’ erhält; es gibt also viele Mög-lichkeiten, Ressourcen ausfindig und nutzbar zu machen, um damit Klienten an sich zu bin-den. Der ‚khan’ wird gerufen, um Streit zu schlichten, und er fungiert als Sprecher seiner An-hänger.“ (Glatzer, 2005, S.88)
Diese Variable beeinflusst die Anzahl der Marginalen, die Anzahl der Eigentümerbauern, die
progressiven Kriegsfürsten sowie die Kabuler Regierung, dadurch die prekäre Sicherheitslage
und den Stadt-Land Gefälle.
Andererseits ist die Macht der Mittelsmänner, im Vergleich zu der nächst höheren Stufe der
Staatsklasse, den Kriegsfürsten, geographisch und wirtschaftlich begrenzt, weil ihre Position
sehr stark von der Landwirtschaft abhängig ist.
“A different culture of dependency developed on the other side. Food production fell by half to two-thirds as Soviet counterinsurgency devastated the rural economy. This destruction not only impoverished the rural population but weakened the elites whose power depended on control of rural resources.” (Rubin 2000, S. 1793)
Diese Variable ist abhängig vom ariden Klima und von der potentiellen landwirtschaftlichen
Nutzungsfläche.
5. Einfluss der Drogenhändler (Großhändler, Kleinhändler)
Diese Variable ist wichtig, weil sie für 1/3 des BIPs in Afghanistan verantwortlich ist. Die
Zahl der Drogenhändler bewegt sich zwischen 15000 Kleinhändlern und 30 – 40 Großhänd-
lern. (Byrd, Ward 2004, S.6) Drogenhändler agieren im illegalen Bereich und sind somit an
der Beeinflussung mehreren Variablen des afghanischen Systems interessiert. Dazu gehören
34
eine prekäre Sicherheitslage, eine korrupte rentenabhängige Kabuler Regierungselite, eine
hohe Anzahl von Marginalen, die den Drogenanbau und –Handel kostengünstig produzieren
können, und der Schmuggel, denn damit teilen sie sich die Kosten des Transportes. Sie erhö-
hen damit das Stadt-Land Gefälle und die Korruption.
6. Macht der progressive Kriegsfürsten (Warlords)
Diese Variable bezeichnet die regionalen Machthalter des afghanischen Staatsklassensystems.
Sei besitzen, ähnlich den Großgrundbesitzern und Mittelsmännern, zivile und ökonomische
Macht. Zudem verfügen sie über bedeutende militärische Machtmittel. Sie sind die Gewinner
der letzen zwanzigjährigen Kriegsperiode. Zurzeit gibt es ca. 16 Warlords (Stand. Glazer
2002). Der Großteil von ihnen bildet seit 2001 die mächtigste Schicht in der Staatsklasse.
Manche von ihnen, wie z. B. Gulbuddin Hekmatyar, haben sich jedoch nicht der Staatsklasse
angeschlossen und ein Regierungsamt übernommen. Sie bilden den derzeitigen politischen
und militärischen Widerstand im Land. Die Variable der Warlords ist von entscheidender Be-
deutung. Sie und ihre Klientelnetzwerke sind die hauptsächlichen Nutznießer der Rentenein-
kommen im Land. Sie leiten Entwicklungshilfe, Konzessionieren den Drogenanbau, kontrol-
lieren den Schmuggel oder nehmen Zölle ein.
“Die ‘warlords’ unterscheiden sich von einfachen Kriegs- und Milizkommandanten dadurch, dass sie umfassende Macht in fast allen militärischen, zivilen und ökonomischen Bereichen einer Region ausüben.“ ….“In allen Fällen benötigen die ‚warlords’ finanzielle Einkünfte, um ihre Streitkräfte zu bezahlen. Meist sind dies Zolleinnahmen, die nicht an die Staatskasse ab-geführt werden, Zwangsabgaben aus der Bevölkerung, Zuwendungen aus dem Ausland und Einnahmen aus Schmuggel und Drogenexport.“ (Glatzer 2005, S. 97)
Aus dieser Position heraus ist diese Variable an einer prekären Sicherheitssituation und am
Stadt-Land Gefälle interessiert, weshalb sie eine überregionalen Verkehrs- und Energieinfra-
struktur behindert. Sie steht zudem in einer Wechselwirkung mit einer unabhängigen Unter-
nehmensschicht, eine überregionale Verkehrs- und Energieinfrastruktur, der Prosperität des
Drogenhandels und des Schmuggels.
7. Rentenabhängige Kabuler Regierungselite
Diese Variable ist deshalb wichtig, weil sie die Führungsspitze der Staatsklasse darstellt. Sie
setzt sich zusammen aus den Feldzugsgewinnern aus 2001. Dazu gehören die Führungsspitze
der Nordallianz, die ihre Hausmacht im Norden von Afghanistan stützen und zurückgekehrte
Exilafghanen um Hamid Karzai, die sich Teils auf paschtunische Stämme stützen und durch
das Ausland gefördert werden. Diese Variable finanziert sich ähnlich, wie die Kriegsfürsten
35
durch Renteneinnahmen. Zentrale Einnahmequelle ist die Entwicklungshilfe, die von der Re-
gierungselite kanalisiert wird. Durch Korruption, Aufblähung der Bürokratie und Misswirt-
schaft wird ein Teil der internationalen Entwicklungshilfegelder in Klientelnetzwerke umge-
leitet. Neben der Entwicklungshilfe ist aber auch der Drogenhandel eine wichtige Einnahme-
quelle. Diese Variable ist eine wichtige Schlüsselvariable. Sie wirkt mit ihrer Sozial- und
Förderungspolitik stark auf die Anzahl der Marginalen sowie die Anzahl der produktiven Ei-
gentümerbauern, der Freie Unternehmer, der Grenzproduktivität in der Landwirtschat, der
Produktivität in der Landwirtschaft, der Verkehrs- und Energieinfrastruktur und der sozialen
Infrastruktur. Des Weiteren nimmt sie Einfluss auf die prekäre Sicherheit und auf die Korrup-
tion. Sie selbst wird beeinflusst von der Macht der Großgrundbesitzer und der Mittelsmänner-
schicht, von der Macht der Kriegsfürsten und der Korruption.
8. Freie Unternehmer
Eine statistisch signifikante Schicht von Freie Unternehmern gibt es in Afghanistan nicht.
Sogar das Vorhandensein freier Märkte ist in dem Land eingeschränkt. (vgl. Patterson 2006,
S. 8) Es gibt zwar vereinzelte ausländische Investitionen, wie z.B. die Zuckerfabrik in Bagh-
lan oder die CocaCola Abfüllanlage in Kabul, diverse Hotelketten usw., aber inländische Un-
ternehmen von signifikanter Größe, die ausschließlich von Profit leben und nicht auch in ille-
gale Geschäfte involviert sind, gibt es nicht. Einen freien Unternehmerischen Mittelstand ist
nicht vorhanden. Diese Variable ist jedoch insofern wichtig, da sie eine Zielvariable von Ent-
wicklung ist. Ein freies industrielles Unternehmertum würde (gut bezahlte) Arbeitsplätze
schaffen und damit Arbeitsangebote für die Marginalen bereitstellen, würde Steuern zahlen
und damit die Regierung unabhängig von Renteneinnahmen machen. Zudem würden Unter-
nehmen im Landwirtschaftssektor die Produktivität, die Grenzproduktivität und die landwirt-
schaftliche Nutzfläche erhöhen. Ein freies Freie Freies Unternehmertum hätte ein Interesse
am Senken der Korruption, weil es die Transaktionskosten senkt.
9. Landwirtschaftliche Grenzproduktivität
Diese ist eine Variable, die der Ansatz von Elsenhans vorschlägt. Sie ist wichtig, da sie an-
gibt, wann die Variable der Anzahl der Marginale steigen oder fallen kann. Die Grenzproduk-
tivität gibt an, wie viel der zuletzt eingesetzte Arbeiter produziert. Je höher die Grenzproduk-
tivität, desto mehr Arbeiter können gewinnbringend eingesetzt werden. Die Grenzproduktivi-
tät kann beeinflusst werden, indem der richtige technische Fortschritt eingesetzt wird, z. B.
grüne Revolution. Im Fall Afghanistan hat der Anbau von Mohn die Grenzproduktivität e-
36
norm gesteigert, da erstens für die Produktion sehr viele Arbeiter eingesetzt werden müssen
und zweitens Mohn einen sehr hohen Marktwert hat. Die Problematik in diesem Fall besteht
darin, dass der Drogenmarkt illegal und nicht unter Bedingungen der freien Marktwirtschaft
produziert und vermarktet wird, sonder stark vermachtet ist. Die Grenzproduktivität könnte
gesteigert werden von Unternehmen, von der rentenabhängigen Kabuler Regierungselite, von
Entwicklungshilfe, von Drogenanbau und -handel und von der Erhöhung der landwirtschaftli-
chen Nutzfläche.
10. Landwirtschaftliche Produktivität
Diese Variable ist wichtig, da ihre Veränderung auf viele Variable einwirken würde. Die Pro-
duktivität der Landwirtschaft gibt die Produktivität pro Arbeiter an. In Afghanistan, wo 2/3
der Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt sind, ist diese Variable von entscheidender
Bedeutung für die Entwicklung. So konnte in den letzten sechs Jahren die landwirtschaftliche
Produktionsmenge an Weizen durch die Modernisierung der Produktion und aufgrund guten
Wetters, von 2 Millionen Tonnen auf 4, 6 Millionen Tonnen mehr als verdoppelt werden. Die
Unabhängigkeit vom Weltmarkt konnte aber noch nicht erreicht werden, es werden immer
noch 700.000 Tonnen für die Selbstversorgung benötigt. Diese Variable hat positive und ne-
gative Auswirkungen auf andere Variablen im System Afghanistan. Wenn die Produktivität
erhöht wird, ohne dass die Grenzproduktivität steigt, steigt die Anzahl der Marginalen im
Land. Andererseits kann sie einen positiven Einfluss haben, wenn gleichzeitig die Grenzpro-
duktivität erhöht wird, d.h. wenn durch einen technischen Fortschritt oder strukturelle Um-
wandlungen mehr Arbeiter benötigt werden. Weiterhin kann die Steigerung der Produktivität
sowohl eine Stärkung der produktiven Eigentumsbauern als auch der Macht der Großgrund-
besitzer und Mittelsmänner und der Macht der Kriegsfürsten bewirken. Für die Beseitigung
der Marginalität, ist bei dieser Variable, auf die genaue Art und Weise der Produktivitätsstei-
gerung und ihrer Folgen zu achten.
11. Drogenanbau und Drogenhandel
Diese Variable macht zurzeit 1/3 des BIPs in Afghanistan aus. Der Drogenanbau und –handel
wirkt ambivalent auf die Anzahl der Marginalen. Einerseits ist durch die Erhöhung der
Grenzproduktivität eine hohe Anzahl von Marginalen in eine profitable Beschäftigung ge-
kommen und hätten, wenn es einen freien Drogenmarkt gebe, die Chance aus der Marginalität
zu entkommen. Da jedoch der Drogenmarkt, wie oben gezeigt, vermachtet ist, ist dies in Af-
ghanistan nicht eingetreten. So stieg die Marktnachfrage nach ungelernten Landarbeitern 2003
37
so stark an, dass ihre Arbeitskraft das Elffache mehr erbracht hat, als auf legalen landwirt-
schaftlichen Märkten. Daraufhin sanken die Preise für Schlafmohn wieder rapide. Dies lässt
die Vermutung nahe, dass die Großhändler ein Teil ihrer Vorräte aufgelöst haben, um den
Preis zu senken. (Byrd, Ward 2005, S.5)
Der Drogenanbau und –handel wirkt außerdem noch auf die Korruption, Macht der progressi-
ven Kriegsfürsten und die Erhöhung der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Wiederum würde
der Drogenanbau durch die prekäre Sicherheitslage, durch gut bezahlte Arbeitsplätze in der
Industrie, durch eine gute Verkehrs- und Energiestruktur, durch den Lebensstandart und durch
die Korruption beeinflusst werden.
12. Schmuggel
Die Variable Schmuggel stellt eine der Haupteinnahmen der progressiven Kriegsfürsten und
etabliert somit deren Macht. Der Schmuggel hat eine starke Wechselwirkung mit der Variable
Korruption Schmuggel wird zudem einerseits beeinflusst von der Kammerung des Landes, die
ihn teilweise ermöglicht und andererseits durch die Zollgesetzgebung der Nachbarländer, die
ihn überhaupt profitabel bzw. sinnvoll macht.
13. Entwicklungshilfe
Die Variable Entwicklungshilfe ist in Afghanistan neben der Drogenökonomie und dem
Schmuggel eine der Haupteinnahmequellen des Landes. Die Entwicklungshilfe setzt sich zu-
sammen aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Zuflüssen. Diese Gelder werden in Af-
ghanistan wiederum über zwei Kanäle verteilt. Erstens über die afghanische Administration
und zweitens über die Organisationen der Entwicklungshilfegeber selbst. Diese Variable be-
einflusst über seine Programme direkt die Anzahl der Marginalen und sie wirkt auf die Macht
der Großgrundbesitzer- und Mittelsmänner, indifferent ob sie die Gelder nach Projektsinn
weiterleiten oder in ihre Klientelnetzwerke verteilen. Im selben Stil wirkt Entwicklungshilfe
Macht fördernd auf die Kriegsfürsten und die Kabuler Regierungselite. Des Weitern kann sie
Unternehmen fördern, Grenzproduktivität und Produktivität in der Landwirtschaft steigern,
landwirtschaftliche Nutzfläche steigern, zur Ausbeutung der Bodenschätze beitragen, Ver-
kehrs- und Energieinfrastruktur sowie die soziale Infrastruktur ausbauen. Diese Maßnahmen
können alle den Lebensstandard steigern. Ebenso kann durch Entwicklungshilfeprogramme
die prekäre Sicherheit gesenkt werden. Demgegenüber kann die Entwicklungshilfe die Kor-
ruption stark fördern und indirekt negative Einflüsse auf die eben aufgezählten Variabeln ha-
ben. Diese Ambivalenz von Entwicklungshilfe führt dazu, dass die staatlichen Kanäle oft um-
38
gangen werden, was nach Rubin zu einer weitern Ambivalenz von Entwicklungshilfe führt,
nämlich der Schwächung der ohnehin schwachen staatlichen Organe.
“The way that we deliver aid in Afghanistan and in many other places actually undermines that effort because it puts the money largely outside of government channels and forces the government to divert a lot of its energy to responding to 60 different donors.” (Rubin 2008, S. 10) D.h., diese Variable kann aufgrund der finanziellen und strukturellen Stärke wichtige Impulse
für die Entwicklung geben, diese aber auch hemmen. Aus diesem Grund ist die Ausgestaltung
dieser Variable von enormer Wichtigkeit.
14. (gut bezahlte) Arbeitsplätze in der Industrie
Der Variable, (gut bezahlte) Arbeitsplatze in der Industrie, ist eine Zielvariable von Entwick-
lung, wohl wissend, dass bei einer großen Anzahl von Marginalen keine gut bezahlten Ar-
beitsplätze entstehen können. Diese Variable wird durch eine Abnahe der Anzahl der Margi-
nalen, durch ein florierendes Freie Freies Unternehmertum und weiteren essentiellen Rah-
menbedingungen, wie gute Verkehrs- und Energieinfrastruktur, eine soziale Infrastruktur und
wenig Korruption. Gut bezahlte Arbeitsplätze wirken Marginalität mindernd und den Lebens-
standart erhöhend.
15. Kammerung des Landes
Die Auswirkungen der Variable, Kammerung des Landes, kann ausschließlich durch eine
gute Verkehrs- und Energieinfrastruktur verbessert werden. Sie selbst wirkt fördernd auf die
Macht der Großgrundbesitzer und Mittelsmänner sowie die Macht der progressiven Kriegs-
fürsten, da sie deren Herrschaftsbereiche gegenüber dem Zugriff der Zentralregierung ab-
schirmt. Sie fördert das Geschäft der Schmuggler, den Drogenanbau und –handel und er-
schwert die Entwicklungshilfe wie auch die Ausbeutung von Bodenschätzen. Des Weiteren
führt sie zu einer Verteuerung der Verkehrs- und Energieinfrastruktur sowie der sozialen Inf-
rastruktur. Letztendlich trägt sie zum Stadt-Land Gefälle bei.
16. Arides Klima
Die Klimavariable ist wichtig, weil Afghanistan ein Agrarland ist. Der Landwirtschaftliche
Sektor kann durch klimatische Veränderungen starken Schwankungen ausgesetzt sein. Be-
sonders die Regenzeit im Winter entscheidet über die Höhe der Ernte im nächsten Jahr. Da-
durch beeinflusst diese Variable direkt die Produktivität in der Landwirtschaft und den Dro-
genanbau und –handel, indirekt die Akteure, die in der Landwirtschaft tätig sind. Die Variable
Arides Klima kann nicht direkt beeinflusst werden, muss jedoch in die Überlegung einließen,
39
zur Veränderung der Wirtschaftslage eventuell auf Wirtschaftszweige und Techniken zu set-
zen, die vom Wetter unabhängig sind.
17. Potenzielle Landwirtschaftliche Fläche
Durch die vergangenen Kriegsunruhen, nutzt Afghanistan nur etwa die Hälfte seiner poten-
tiellen landwirtschaftlichen Fläche. Diese Variable stellt eine Ressource dar, die ausbaubar ist.
Würde dies geschehen, hätte diese Variable Auswirkungen auf folgende Variablen. Zum ei-
nen auf die Akteure der Landwirtschaft, denen mehr Land zur Verfügung stehen würde, das
sie entweder als produktiver Eigentümerbauer bestellen können oder als Landarbeiter bei ei-
nem Großgrundbesitzer. In beiden Fällen erhöhen sich die Grenzproduktivität und damit der
Bedarf an Arbeitskräften, Zudem erhöht sich die Produktivität von Landwirtschaft.
18. Potenzielle Bodenschätze
Afghanistan verfügt über eine Anzahl von Bodenschätzen, die schon gefördert oder abgebaut
werden bzw. der Abbau in Planung ist. Zu den Bodenschätzen, die im Land gefunden wurden,
gehören Gas, Kohle, Lapislazuli und eines der größten Kupfervorkommen der Welt. Der Ab-
bau von Rohstoffen hat die Eigenschaft in Entwicklungsländern Korruption zu fördern. Ohne
Korruption und ihre Folgen, verstärkt der Abbau von Rohstoffen die Macht des progressiven
Kriegsfürsten, in dessen Gebiet die Rohstoffe liegen wie auch die Kabuler Regierungselite.
Wenn keine Korruption vorliegen würde, könnte es auch das afghanische Freie Freies Unter-
nehmertum stärken und somit Arbeitsplätze in der Industrie bereitstellen.
19. Ausreichende Verkehrs- und Energieinfrastruktur
Eine gut ausgebaute Verkehrs- und Energieinfrastruktur ist an sich Grundlage einer modernen
Wirtschaft. Schon die Erstellung der Infrastrukturen würde Arbeitskräfte erforderlich machen,
die die Anzahl der Marginalen senken würde. In Afghanistan ist die Verkehrs- und Energie-
infrastruktur noch nicht ausreichend ausgebaut. Seit 2001 versucht die internationale Ent-
wicklungshilfe und die afghanische Regierung diese Variable auszubauen. Trotzdem kann
von einer Erschließung des Landes in dieser Hinsicht nicht gesprochen werden. Es sind nur
ca. 6%-10% der Bevölkerung mit Strom versorgt (Böll 2007, S. 3). Diese Variable würde
neben Senkung der Anzahl der Marginalen, den Lebensstandart heben, das Stadt-Land Gefäl-
le vermindern, die Kammerung des Landes überwindbar machen und damit die Situation der
produktiven Eigentümerbauern, da diese nun einen besseren Zugang zu Märkten hätten. Ein
40
selbständiges Freie Freies Unternehmertum würde ebenso dadurch gefördert. Der Drogenan-
bau wiederum würde vermindert werden.
20. Ausreichende Soziale Infrastruktur (Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur)
Die Bereitstellung von einer kleinstmöglichen Gesundheitsinfrastruktur ist essentiell für das
Überleben und die Aufrechterhaltung eines minimalen Lebensstandards. Bildungsinfrastruk-
tur trägt zwar nicht zum unmittelbaren Überleben bei, doch ist eine Grundbildung Vorrausset-
zung für jegliche Art moderner Entwicklung. So führt auch rudimentäre Bildung erfahrungs-
gemäß zu einer Verminderung des Bevölkerungswachstums. Die reduzierende Wirkung auf
diese Variable, wirkt auch indirekt auf die Verminderung von Marginalität. Marginalität wird
auch in direkter Wirkung gemindert, wenn (Aus-)Bildung zu einem produktiven Tätigkeitsbe-
reich führt. Aus diesem Grund ist es eine für die Entwicklung ausschlaggebende Variable. In
Afghanistan ist die Gesundheitsversorgung noch unzureichend. 75% der Bevölkerung haben
Zugang zu Basisgesundheitsdiensten. Dieser Anteil konnte erst in den letzten Jahren erreicht
werden und ist eine Folge erfolgreicher Entwicklungshilfe in diesem Bereich. In Afghanistan
ist der Zugang zu Bildung seit 2001 für Jungen wie für Mädchen frei. Unter den Taliban gin-
gen nur ca. 36% der Jungen und ca. 3% der Mädchen in die Schule. Auch diese Situation hat
sich mittlerweile zum Besseren gewendet, mit einer Einschulungsquote von 56% und 4 Milli-
onen Kindern, davon 1/3 Mädchen. Dennoch hat Afghanistan mit einer Alphabetisierung von
36% Alphabeten eine sehr niedrige Quote weltweit. Bei Frauen liegt diese mit 19,3% sogar
am niedrigsten. (Rubin et. All. 2005, S.15)
Wie oben schon erwähnt, wirkt sich die Soziale Infrastruktur auf die Hebung des Lebensstan-
dards, die Verringerung des Bevölkerungswachstums und der Marginalität. Da nun verstärkt
ausgebildetes Personal auf den Arbeitsmarkt drängt, können auch die Arbeitsplätze in der
Industrie steigen.
21. Lebensstandard
Lebensstandard ist eine Zielvariable im System, in der all die Entwicklungsindikatoren ein-
fließen, die ein pursuit of happiness anzeigen können. BIP pro Kopf und HDI können dies
wohl am Besten. Sie gilt es zu erhöhen. Mit der anderen wichtigen, zu verändernden Zielvari-
ablen, nämlich Anzahl der Marginalen, steht die Variable Lebensstandard in einer direkten
und einer indirekten Wechselwirkung. Steigt die Eine, heißt das in der Regel, die Andere ist
gefallen. Wenn aber nur bei einem Teil der Bevölkerung der Lebensstandard gestiegen ist,
41
und nicht bei den Marginalen, bewirkt dieser Anstieg, wenn er bei einer ausreichenden Menge
erfolgt ist, über deren Nachfrage, eine Verringerung der Marginalität.
22. Konfliktionäre Ethnische Heterogenität
Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat und ohne die Variable ethnische Heterogenität nicht mo-
dellierbar. Doch an sich gibt es wie oben erwähnt, keine großen ethnisch-kulturellen Unter-
schiede. Die Machtsegmente der Staatsklasse verlaufen eher an regionalen als an ethischen
Grenzen. Trotzdem versuchen immer wieder Akteure den ethnischen Unterschied zu politisie-
ren und zu radikalisieren. Bestes Beispiel ist Rashid Dostum, der sich als Fürsprecher der Us-
beken profilieren will. In dieser Hinsicht wirkt die Variable auf die Macht der Kriegsfürsten
und einzelne Segmente in der Kabuler Regierungselite, indem sie ihnen Legitimation liefern.
23. Prekäre Sicherheit
Die prekäre Sicherheit, in der sich Afghanistan befindet, ist eine weitere Variable ohne die,
das Funktionieren des Systems nicht erklärbar wäre. So ist es seit dem Bruch des Gewaltmo-
nopols der Taliban, das diese in ca. 85% des Landes innehatten, durch die westliche Koalition
und die Nordallianz zu einer Verschlimmerung der prekären Sicherheit gekommen. Nicht nur,
dass das Banditentum wieder aufgekommen ist, sondern auch der talibanisch-paschtunische
Widerstand im Süden und Osten trägt zu einem massiven Sicherheitsdefizit bei. Dieses Defi-
zit wirkt sich verheerend auf jegliche Form legalen Handelns aus. So leidet nicht nur der Auf-
bau eines freien Freie Freies Unternehmertums darunter, sondern auch der Ausbau der Ver-
kehrs- und Energieinfrastruktur sowie der sozialen Infrastruktur, hier besonders Mädchen-
schulen. Zur prekären Sicherheit tragen auch die vielen Landminen bei, die noch im ganzen
Land verlegt sind und einen Ausbau der landwirtschaftlichen Nutzfläche verzögern. Demge-
genüber profitieren durch die Variable prekäre Sicherheit die Drogenhändler, die besser ihren
Geschäften nachgehen können und die Macht der Kriegsfürsten, weil sie die Unsicherheit
legitimiert noch eigene Milizverbände aufrechtzuerhalten. Die Wirkung auf die Kabuler Re-
gierungselite ist ambivalent. Einerseits profitieren bzw. beziehen Teile von ihr Renten durch
die illegalen Geschäfte, andererseits haben sie auch die Aufgabe diese illegalen Geschäfte zu
unterbinden, was ihnen Reputation auf internationalem Parkett einbringt. Da jedoch die Kor-
ruption in einem prekären Sicherheitsfeld prächtig gedeiht, wird es der Kabuler Regierungs-
elite schwer fallen diese Ambivalenz aufzulösen.
42
24. Stadt-Land Gefälle
Glatzer bezeichnet in seiner Konfliktanalyse das Stadt-Land Gefälle als Bruchlinie der afgha-
nischen Gesellschaft. (Glatzer 2003, S.13ff.) Dabei stellt er zwei Aspekte dieser Bruchlinie
fest, die für das afghanische System von Bedeutung sind. Einerseits nimmt Kabul als Inbe-
griff der Stadt und als Regierungssitz eine zentrale Stellung ein, die den Rest des Landes als
ländliche Peripherie erscheinen lässt. Andererseits gibt es ein Stadt-Land Gefälle im eigentli-
chen Sinne, das zwischen den vornehmlich Provinzstädten und dem echten Land, Dörfern,
Kanal- und Talschaften, besteht. Dieser Unterscheid, der sich in der besseren Versorgung der
Städte bemerkbar macht, mit allen Arten von Infrastruktur, staatlichen Leistungen und Ent-
wicklungshilfe (Urban bias), kann für den sozialen Zusammenhalt und die Regierbarkeit ent-
scheidend sein. So hat die Beseitigung des Stadt-Land Gefälles auf die Legitimation der Ka-
buler Regierungselite eine Wirkung, die ihre Legitimation verlieren würde, denn von einem
solchen Gefälle profitiert die Macht der Kriegsfürsten wie auch die Großgrundbesitzer und
Mittelsmännerschicht. Es erhöht auch die Anzahlt der Marginalen auf dem Land, da die Men-
schen dort von öffentlichen Leistungen eher ausgeschlossen und somit auf die Gunst der loka-
len Machthaber angewiesen sind. In diesem Zusammenhang kann auch das NSP (National
Solidarity Program) der Kabuler Regierung gesehen werden, das mit der direkten Zahlung
von 20.000 Dollar an einen gewählten Dorfgemeinschaftsrat Hilfe bei der Umsetzung von
Entwicklungsprogrammen verspricht. Die Regierung verspricht sich davon, dass die Bindung
zwischen den Mittelsmännern und den Kriegsfürsten gelockert wird und sich damit die Ver-
bindung dieser zur Regierung des Landes verstärkt wird.(Barnett et. All. 2005, S. 13)
25. Korruption
Die Variable Korruption ist als Einkommensart der Staatsklasse in Afghanistan sehr ernst zu
nehmen. Dabei kann die Beschaffung von Geldern über Korruption erstens die Abzweigung
von Entwicklungsgeldern betreffen, zweitens den Aufbau einer aufgeblähten Bürokratie, drit-
tens durch Bestechung, um den Handel mit Drogen und den Schmuggel zu ignorieren, so ge-
nannte Drogensteuern. Die Variable hat also eine starke Korrelation mit den Variabeln,
Macht der Großgrundbesitzer und Mittelsmännerschicht, Macht der progressiven Kriegsfürs-
ten, Einfluss der Drogenhändler, der prekäre Sicherheit und verstärkt die Rentenabhängigkeit
der Kabuler Regierungselite. Des Weiteren besteht eine starke Wechselwirkung mit dem Dro-
genanbau und –handel und dem Schmuggel. Die Korruption wirkt sich negativ auf die Ver-
kehrs- und Energieinfrastruktur aus, da die dafür vorgesehen Gelder aus staatlichen Quellen
43
kommen und oft veruntreut werden. Zudem wird noch die Wirkung der Entwicklungshilfe
behindert
26. Zollgesetzgebung der Nachbarländer
Diese Variable wird nur in das Systemmodell aufgenommen, da sie dafür verantwortlich ist
den Schmuggel erst zu konstituieren. Sie wirkt also nur auf den Schmuggel.
44
Tabelle: Übersicht der wichtigen Variabeln im afghanischen Wirtschaftssystem
Nr. Variablen Bezeichnung Warum ist die Variable wichtig Erläuterung/Indikatoren
01 Steigendes Bevölkerungs-
wachstum
• Verstärker für das Auftreten von Margi-
nalität
- 2,9 %Bevölkerungswachstum – eines der
höchsten weltweit
02 Anzahl der Marginale • Indikator für ein unterentwickeltes Wirt-
schaftssystem
• Wichtige Zielvariable für Entwicklung,
die verändert bzw. beseitigt werden soll.
- Personen, die weniger als ihr Subsistenzmi-
nimum erwirtschaften
- Landlose, Arbeitslose, Kleinpächter in
Abhängigkeit
- Flüchtlinge
03 Anzahl der produktiven Eigen-
tümerbauern
• Wichtige Zielvariabel für Entwicklung.
Eine anzustrebende Zielschicht für Mar-
ginale
- Bauern mit genügend eigenem Land, das zu
ihrer Subsistenz beitragen kann. und die in
keinem Abhängigkeitsverhältnis stehen.
04 Macht der Großgrundbesitzer
oder Mittelsmänner
• Wichtige Mittlerfunktion zwischen der
rentenabhängige Kabuler Regierungselite
und den dörflichen Strukturen.
• Nimmt eine wichtige, wirtschaftliche und
politische Schlüsselstellung ein.
- ‚khan’‚malik’ oder ‚arbab’ = Dorf- oder
Talschaftssprecher, Mullahs, usw.
- Regierungsbeamte auf Distriktebene
05 Einfluss der Drogenhändler
(Großhändler, Kleinhändler)
• Erwirtschaften 1/3 des BIPs in Afghanis-
tan
- Großhändler und Kleinhändler
06 Macht der progressiven
Kriegsfürsten (Warlords)
• Verfügen über bedeutende zivile, öko-
nomische und militärische Macht
• Ebene der Staatsklasse, die zu den haupt-
sächlichen Nutznießern von Rentenein-
kommen sind.
- Kommandanten
- Regierungsbeamte auf Provinzebene
07 Rentenabhängige Kabuler
Regierungselite
• Führungsspitze der Staatsklasse
• Wichtige Zielvariable für Entwicklung,
denn über sie werden Entwicklungsgelder
und Programme geleitet
- Regierungsbeamte in Kabul
- Führungsspitzen der Nordallianz
- Exilafghanen um Hamid Kazai
08 Freie Unternehmer • Zielvariable für Entwicklung, das Me-
chanismen einer selbst tragenden markt-
wirtschaftlichen Wirtschafts- und Gesell-
schaftssystems freisetzt
- Unternehmen, die auf freien nicht vermach-
teten Märkten agieren und die im Wettbe-
werb stehen.
9 Landwirtschaftliche Grenz-
produktivität
• Wichtige Zielvariabel, weil über sie die
Marginalität geändert werden kann.
- Technischer Fortschritt, der Arbeitskräfte
nicht überflüssig macht.
10 Landwirtschaftliche Produkti-
vität
• Wichtige Zielvariable, da 2/3 der afgha-
nischen Bevölkerung von der Landwirt-
schaft leben.
• Zielvariable zur Entwicklung des Landes,
die sowohl positive als auch negative Fol-
gen haben kann.
- Technischer Fortschritt
- Strukturelle Umwandlungen
11 Drogenanbau und Drogenhan-
del
• Trägt zu 1/3 des BIPs in Afghanistan bei.
• Destabilisierender Faktor der freien Wirt-
schaft
- Ca. 3 Mrd. Dollar Einnahmen jährlich.
12 Schmuggel • Eine der Haupteinnahmen der progressi-
ven Kriegsfürsten.
• Destabilisierender Faktor der freien
Marktwirtschaft.
- Ca. 1 Mrd. Dollar
13 Entwicklungshilfe • Kann aufgrund der starken finanziellen - ODA Gelder, NRO’s in Afghanistan
45
und strukturellen Stärke, wichtige Impul-
se für die Entwicklung geben, diese aber
auch hemmen.
14 (gut bezahlte) Arbeitsplätze • Wichtige Zielvariable der Entwicklung - Arbeitsplätze, die zumindest das Sub-
sistenzminimum gewährleisten.
15 Kammerung des Landes • Beeinflusst die geopolitischen Gegeben-
heiten im Land.
- schlechte Infrastruktur
- erschwerte Kontrolle durch für staatliche
Organe, besonders Sicherheitsorgane.
16 Arides Klima • Afghanistan als Agrarland ist stark von
den klimatischen Bedingungen abhängig.
- Jahresniederschläge, -Temperatur,
17 Potenzielle Landwirtschaftli-
che Fläche
• Ausbaubare Ressource, die möglicher-
weise zusätzliche Arbeitskräfte schafft
und damit die Marginalität senken kann.
- Quadratkilometer
18 Potenzielle Bodenschätze • Ausbaubare Ressource in der Wirtschaft. - Explorationsergebnisse, und Investitions-
vorhaben
19 Ausreichende Verkehrs- und
Energieinfrastruktur
• Wichtige Vorraussetzung einer freien
Marktwirtschaft.
- Kilometeranzahl ganzjähriger Straßen;
erster und zweiter Ordnung ausgebaute
Flughäfen Stromversorgung, Wärmever-
sorgung
20 Ausreichende Soziale Infra-
struktur (Gesundheits- und
Bildungsinfrastruktur)
• Voraussetzung zum unmittelbaren Über-
leben und für jede Art moderner Entwick-
lung.
• Wichtige Zielvariable für Entwicklung
- 75% hat Zugang zu Basisgesundheitsdien-
sen.
- 56% Einschulungsquote (1/3 Mädchen)
- hohe Zahl von Analphabeten
21 Lebensstandard • Indikator füreeine Erfolgreiche Entwick-
lung
- Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, etc.
22 Konfliktionäre Ethnische
Heterogenität
• Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat, der
von Machthabern politisiert werden kön-
nen.
- Zugänge zu Segementen der Wirtschaft
sind an ethischen Zugehörigkeiten nicht
festzumachen.
23 Prekäre Sicherheit • Wichtige Zielvariable der Entwicklung - Überfälle, Anschläge, Mord und Totschlag
- Landminen
24 Stadt Land Gegensatz • Beeinflusst die Machtverhältnisse im
Land.
- Unterschied von Lebensstandard Stadt-
Land
25 Korruption • Beeinflusst die Machtverhältnisse im
Land
• Verhindert als Variable entscheidend die
Entwicklung eines freien Wirtschaftssys-
tems.
-
26 Zollgesetzgebung der Nach-
barländer
• Ermöglicht in hohem Maße den Schmug-
gel.
- Exportverbote, Importquoten, etc.
46
3.2.2 Kriterienmatrix:
Mit der Kriterienmatrix soll der oben erarbeitete Variablensatz auf Systemvollständigkeit und
Systemrelevanz überprüft werden.
Wie an der Tabelle ersichtlich ist, wurden alle „Lebensbereiche“ und „Kategorien“ abgedeckt.
Dadurch ist, nach Vester, ein ausreichend, breit gefasster Variablensatz vorhanden, der die
Vernetzung eines Systems modellieren kann.
3.2.3. Einflussmatrix
Im Folgenden werden anhand einer Cross-Impact-Matrix die direkten Wechselwir-
kungen zwischen den einzelnen Variablen des oberen Variablensatzes abgebildet. Diese Ein-
flussmatrix basiert auf den oben erläuterten Überlegungen. Ziel dieser Matrix ist es den Cha-
rakter einzelner Variablen im System herauszufinden. Hierzu werden die Wirkungen nach
folgender Werteskala bewertet.
„Hierbei wird […] die Einflussstärke jeder Variablen auf alle anderen Variablen erfasst. Die jeweilige Frage lautet: ‚Hat eine Änderung in der Variable A potenziell (oder tatsächlich) ei-nen direkten Einfluss auf Variable B?’ Die Bewertung erfolgt in einer 4-stufigen Skala (0 = kein Einfluss, 1 = schwacher, unterproportionaler Einfluss, 2 = deutlicher, proportionaler Ein-fluss, 3 = starker, überproportionaler Einfluss).“ (Volkmann 2006, S. 9)
Bevölkerung
Wirtschaft
Raum
Befinden
Ressourceen
Infrastruktur
Ordnung/O
rganisation
Materie
Energie
Information
Flussgröß
e
Strukturgröß
e
Zeitliche D
ynamik
Räum
liche Dynam
ik
öffnet durch Input
öffnet durch Output
von innen Beeinflussbar
von außen B
eeinflussbar
1 steigendes Bevölkerungswachstum x x x x x2 Anzahl Marginale x x x x x x3 Anzahl produktive Eigentümerbauern x x x x x4 Großgrundbesitzer x x x x x5 Drogenhändler x x x x x x6 progressive Kriegsfürsten x x x x x7 kohärente Kabuler Regierungselite x x x x8 Unternehmer x x x x x x x9 Grenzproduktivität der Landwirtschaft x x x x x x x x
10 Produktivität der Landwirtschaft x x x x x x x11 Drogenanbau und -handel x x x x x12 Schmuggel x x x x x x13 Entwicklungshilfe x x x x x x x x14 Arbeitsplätze in der Industrie x x x x15 Kammerung des Landes x x16 Arida Klima x x x17 landwirtschafliche Nutzfläche x x x x x18 Bodenschätze x x x19 Verkehrs- und Energieinfrastruktur x x x x x x x x x20 Soziale Infrastruktur x x x x x x x21 Lebensstandard x x x x x x x x22 ethnische Heterogenität x x23 prekäre Sicherheit x24 Stadt-Land Gegensatz x25 Korruption x x26 Zollgesetzgebung der Nachbarländer x x
Dynamische Kategorie Systembeziehungen
Kriterien -->
Lebensbereiche Physikalische Kategorie
47
Aus der so entstandenen Einflussmatrix lässt sich die Rolle der einzelnen Variable im System
graphisch erfassen. Dieses geschieht über die rechnerische Zusammenfassung der oben ver-
teilten Werte.
Es ergeben sich daraus jeweils vier Zahlen pro Variable, die sich wie folgt erklären:
„• Aktivwert (AS): Aus der Summe der Einflüsse einer Variablen auf die übrigen Variablen; zeigt, ob und wie stark eine Variable andere beeinflusst. • Passivwert (PS): Aus der Summe der Einflüsse der übrigen Variablen auf die betrachtete Variable; zeigt, wie stark die Variable beeinflussbar ist. • Aktiv-Passiv-Quotient (Q): Quotient aus Aktivsumme und Passivsumme zeigt, ob eine Vari-able eher einen aktiven (die aktiven Komponenten überwiegen deutlich die passiven), einen reaktiven (passive Komponenten überwiegen deutlich die aktiven), oder neutralen Charakter (aktive und passive Komponenten halten sich etwa die Waage) besitzt. • Produkt (P) aus Aktivsumme und Passivsumme: Verdeutlicht, wie stark eine Komponente überhaupt am System beteiligt ist. Je höher der Wert, desto kritischer ihr Charakter, je gerin-ger ihr Wert, desto puffernder wirkt die Variable im System.“ (Volkmann 2006, S.10)
Tabelle: Einflussmatrix:
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26AS P1steigendes Bevölkerungswachstum x 3 2 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 0 0 0 9 1082Anzahl Marginale 2x 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 6 2103Anzahl produktive Eigentümerbauern 1 0x 2 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 2 0 0 2 0 0 10 2104Macht der Großgrundbesitzer & Mittelsmänner 0 2 2x 1 2 2 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 0 0 17 4085Einfluss Drogenhändler 0 2 2 1x 0 0 1 0 0 2 2 0 1 0 0 2 0 0 0 1 0 2 2 2 0 20 2406Macht progressive Kriegsfürsten 0 2 1 1 0x 2 1 1 2 2 2 2 0 0 0 0 0 2 0 0 2 2 2 2 0 26 7547Rentenabhängige Kabuler Regierungselite 0 2 2 1 2 1x 2 2 2 1 1 1 1 0 0 1 3 2 2 1 2 2 0 3 1 35 9458Unternehmer 0 2 0 1 0 0 2x 1 2 0 0 0 3 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 2 0 15 2409Grenzproduktivität der Landwirtschaft 0 3 2 0 0 0 0 0x 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 70
10Produktivität der Landwirtschaft 0 1 2 2 0 2 0 0 1x 2 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 13 22111Drogenanbau und -handel 0 2 1 1 3 2 0 0 3 0x 1 0 0 0 0 2 0 0 0 0 1 0 2 3 0 21 50412Schmuggel 0 0 0 1 0 3 0 0 0 0 0x 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 3 1 9 14413Entwicklungshilfe 1 2 1 2 0 2 2 2 3 3 0 0x 0 0 0 3 2 3 3 3 1 2 2 2 0 38 41814gut bezahlte Arbeitsplätze in der Industrie 1 3 1 0 0 0 2 1 0 0 0 0 0x 0 0 0 0 0 0 3 0 0 2 0 0 12 16815Kammerung des Landes 0 0 0 3 0 2 1 0 0 0 2 2 2 0x 0 1 2 3 3 0 0 1 2 0 0 24 9616Arides Klima 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 0 0 0 0x 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 1017Erhöhung landwirtschafliche Nutzfläche 0 2 2 2 0 1 0 1 2 2 1 0 0 0 0 0x 0 0 0 0 0 0 0 0 0 13 22118Ausbeutung von Bodenschätze 0 1 0 0 0 3 3 2 0 0 0 0 0 2 0 0 0x 0 0 2 0 0 0 3 0 16 17619Verkehrs- und Energieinfrastruktur 1 2 2 0 0 2 2 2 0 0 2 0 0 2 3 0 1 2x 1 2 0 0 2 0 0 25 37520Soziale Infrastruktur 3 2 0 0 0 0 2 0 0 0 1 0 0 1 1 1 0 0 0x 3 0 0 0 0 0 11 13221Lebensstandard 2 2 0 0 0 0 1 0 0 0 2 0 0 0 0 1 0 0 0 0x 0 0 0 0 0 6 15022konfliktionäre ethnische Heterogenität 0 0 0 0 0 2 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0x 0 1 1 0 7 4923prekäre Sicherheit 0 0 1 2 2 2 2 3 0 0 2 2 2 1 0 0 2 1 2 1 1 1x 0 2 0 29 40624Stadt-Land Gegensatz 1 2 0 2 2 1 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 0 0x 0 0 12 22825Korruption 0 0 0 3 3 3 3 0 0 0 3 3 1 0 0 0 0 0 2 0 1 0 2 0x 0 24 60026Zollgesetzgebung der Nachbarländer 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2x 5 10
12 35 21 24 12 29 27 16 14 17 24 16 11 14 4 2 17 11 15 12 25 7 14 19 25 275 17 48 71167 90130 94 36 76 88 56345 86600250 76145167 92 24100207 63 96 40
Wirkung von auf -->
PSQx100
48
3.2.4. Rollenverteilung:
Aus den Werten der Einflussmatrix lässt sich jetzt ableiten, welche Rolle die einzelnen Vari-
ablen im System annehmen und wie das System als Ganzes zwischen den vier Eckwerten, als
aktiv, reaktiv, kritisch, und puffernd aufgestellt sind. Das Sensitivitätsmodell spricht den ein-
zelnen Eckwerten verschiedene Rollen zu.
„Aktive Variablen: Eine Variable dieser Kategorie ist als Steuerungsinstrument geeignet. Sie hat eine starke Wirkung in das System. Sie zu verändern, bewegt etwas. Aber sie wird vom System (den übrigen Variablen )nicht so stark beeinflusst, dass sie eine ungewollte Eigendy-namik entwickelt. Reaktive Variablen: Eine Variable dieses Wirkungsbereichs ist als Systemindikator geeignet. Sie hat selber eine geringe Wirkung in das System, wird aber vom System stark beeinflusst. Deshalb kann man an ihr leicht ablesen, wenn sich im System etwas ändert Träge, puffernde Variablen: Diese Variablen charakterisieren sich sowohl durch geringe Wirkung als auch durch geringe Beeinflussbarkeit. Sie können deshalb gezielt in Regelkreisen eingebunden werden, um eine stabilisierende Wirkung zu erreichen. Kritische Variablen: Kritische Variablen sind als Motoren im System geeignet. Sie haben eine starke Wirkung in das System und werden vom System ebenso stark zurück beeinflusst. Ihre Veränderung kann deshalb zu unkontrollierten Aufschaukelungsprozessen führen.“ (Bühl,et.all. 2004, S. 20) Rollenverteilungsgraphik:
5 4 P-WertAS Aktivsumme Q-Wert
450 aktiv kritisch
453
40
35
30
25
neutraler Bereich 20
15
10Q-Wert
5
puffernd reaktiv Passiv-0 summe
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50
945
504
210
754
0,5
1,5
2,5
1
6,5 6 5,5 4,5
4
20
8
3
2
1
15
16
17
18
19
14
12
13
11
10
9
7
6
21
5
22
24
23
25
26
49
Bei Betrachtung der Rollenverteilungsgraphik kann festgestellt werden, dass das System eher
puffernd gelagert ist, mit den meisten Variablen in der Mitte der Grafik. Dies bedeutet einer-
seits, dass der Vernetzungsgrad der Variablen untereinander nicht sehr hoch ist und auf der
anderen Seite, die Steuerbarkeit des System eher gering. Trotzdem fallen ein paar Variablen
in dieser Graphik auf. Es ist ersichtlich, dass die Variable rentenabhängige Kabuler Regie-
rungselite als kritischste Variable heraussticht. Die Staatsklassenspitze hat sich als Motor des
Systemmodels herausgestellt. Die Veränderung dieser Variablen hätte entscheidende Auswir-
kungen auf das System, da sie sehr viele andere Variable beeinflusst und im Gegenzug in ei-
nem Netz von Wirkungen verknüpft ist. Es wird ersichtlich, dass von ihrem Verhalten, dem
Austarieren mehr oder weniger rentenabhängig zu sein, die Systemstabilität abhängt.
Daneben stehen die Variablen progressive Kriegsfürsten und Korruption in einer ähnlich kri-
tischen Rolle und die Einwirkung auf beide kann nicht beabsichtigte Folgen nach sich ziehen.
Am anderen Ende der Skala, steht die Variable konfliktionäre ethnische Heterogenität, die
stark puffernd wirkt, aber auch nicht sehr aktiv auf andere wirkt. Dies bedeutet, dass die eth-
nische Variable in dem System keine große Rolle spielt, zumindest keine sofortige Wirkung
zeigt. In welchen indirekten Regelkreisen und Wirkungsgefügen sie eingebunden ist, lässt
sich aus dieser Grafik nicht ableiten.
Die Variablen Entwicklungshilfe und Kammerung des Landes weisen beide eine aktive, doch
auch puffernde Funktion auf. Damit eigenen sich eigentlich beide dafür, das System zu ver-
ändern, da sie beide auf sehr viele Variablen wirken und selbst nicht so stark in Wechselwir-
kung ausgesetzt sind.
Als ein Messfühler des Systems, hat sich die Variable Anzahl der Marginalen erwiesen, sie
wirkt nicht viel auf andere ein, stellt aber selbst das Ziel vieler Wirkungen dar. An ihr kann
der Zustand und die Veränderungen des Systems festgestellt werden.
3.3 Interpretation und Bewertung – Teilszenarien d er Entwicklungshilfe in
Afghanistan
Auf dieser Stufe des Verfahrens angelangt, sieht Vester eigentlich vor, ein Wirkungsgefüge
zu modellieren. Nachdem nun die direkten Wirkungen der Variablen und ihre Rolle bekannt
sind, zielt das Wirkungsgefüge auf die Vernetzung der Variablen, also auf ihre Wirkung über
andere Variablen hinweg.
Die Verknüpfungen der Variablen werden deswegen in so genannten Regelkreisen
dargestellt. Mit Wirkungspfeilen wird dabei die Wirkung der Variablen gekennzeichnet. Liegt
50
eine gleichsinnige Wirkung vor, d.h. wenn die Erhöhung der Ausgangsvariablen zu einer Er-
höhung oder Verstärkung der Zielvariablen führt, wird ein durchstrichener Wirkungspfeil
gezeichnet. Führt die Erhöhung der Ausgangsvariablen zu einer Verminderung der Zielvariab-
len, wird ein gestrichelter Wirkungspfeil gezeichnet. Wenn die Wirkung in beide Richtung
gleichsinnig ist, spricht Vester von einem positiven Regelkreis. Ein negativer Regelkreis liegt
vor, wenn gegenteilige Wirkungen, also zwei unterschiedliche Wirkungspfeile die Beziehung
der Variablen kennzeichnen.
Ein Beispiel für einen positiven Regelkreis stellt die Beziehung zwischen Bevölke-
rungswachstum und Marginalität dar. Je größer die Anzahl der Marginalen, desto höher ist für
sie der Anreiz Kinder zu zeugen, damit wenigsten eines in den Genuss von Klientelbeziehun-
gen kommen kann und somit zu Einkommen für alle. Je höher aber das Bevölkerungswachs-
tum ist, desto mehr wächst der Druck auf die wenigen produktiv Beschäftigten. Die natürli-
chen Ressourcen und die zu verteilende Rente reicht nicht mehr aus und die Anzahl der Mar-
ginalen nimmt zu. Ähnliches lässt sich bei der Beziehung zwischen Korruption und Drogen-
anbau und –handel beobachten. Positive Regelkreise schaukeln sich gegenseitig hoch und
haben eine destabilisierende Wirkung für das System. Sie sind aber auch ein Motor für Ver-
änderung und Wachstum innerhalb des Systems.
Ein Beispiel für einen negativen Regelkreis ist die Beziehung zwischen der Anzahl der
Marginalen und der Entwicklungshilfe. Steigt die Anzahl der Marginalen, steigt auch die
Summe der Entwicklungshilfe, was zu einer Verminderung der Anzahl der Marginalen führt.
Dies wiederum führt zu einer Verminderung der Entwicklungshilfe. Wenn jedoch die Ursa-
chen der Marginalität nicht beseitigt wurden und die Entwicklungshilfe lediglich wie eine zu
kurze Rente gewirkt hat, steigt die Anzahl der Marginalen wieder, sobald der Entwicklungs-
hilferegen aussetzt. Wenn keine Massennachfrage entsteht, können keine Massenproduktion
und damit keine Massenarbeitsplätze und Masseneinkommen entstehen.
In einem Wirkungsgefüge werden nun alle Variablen und ihre Beziehungen unterein-
ander mit dieser Art Wirkungspfeilen dargestellt. Es entsteht ein Geflecht aus direkten Regel-
kreisen und indirekten Regelkreisen, also auch solchen, welche erst nach ein paar Stationen
auf die Ausgangsvariable zurückwirken. Dominieren in einem System die negativen Regel-
kreise, so ist das System als Ganzes stabil. Dominieren in einem System die positiven Regel-
kreise, so zeigt dies erst einmal lediglich an, dass sich das System verändert. Führt diese Ver-
änderung nicht zu einem neuen Zustand, in dem negativen Regelkreise dominieren, droht das
System zu kollabieren.
51
Die Darstellung des gesamten Wirkungsgefüges des Afghanischen Systems würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen. Für die Beantwortung der Leitfrage: Welche Folgen das In-
strumentarium der deutschen Entwicklungshilfe in dem Wirkverbund des afghanischen sozio-
ökonomischen Systems haben kann, reicht es ein Teilszenario zu entwickeln. Dieses wird
nach Vester aus dem Wirkungsgefüge generiert, indem eine Konzentration auf die Variablen
vorgenommen wird, die es näher zu untersuchen gilt, d.h., die für die Beantwortung der Fra-
gestellung relevant sind.
„Bei der Entwicklung von Teilszenarien geht es darum, das Gesamtwirkungsgefüge weiter aufzugliedern und zu öffnen, um der internen Kybernetik näher zu kommen. Der Aufbau ei-nes Teilszenarios und damit die Auswahl der Variablen aus dem Wirkungsgefüge fragt dazu weniger nach Hierarchie und Zugehörigkeit bestimmter Systemteile, sondern geht unmittelbar von konkreten Fragen aus, die von der Thematik der Systemuntersuchung her von besonde-rem Interesse sind. Trotzdem geht hier der Zusammenhang mit dem Gesamtsystem nicht ver-loren, da die Teilszenarien aus den Wirkungsgefügen der großen Teilmodelle entwickelt wer-den und sich zudem noch in manchen Punkten überlappen“ (Bühl 2004, S. 24)
Kern des effektiven Wirkverbundes der Entwicklung fördert, ist die Beseitigung von
Marginalität, so wie es auch Elsenhans vorschlägt. In der Rollenverteilung hat sich herausge-
stellt, dass die Variable Anzahl der Marginalen als guter Indikator für den Zustand des Sys-
tems dienen kann. Nach Elsenhans ist die Anzahl der Marginale eine Schlüsselvariable, deren
Beseitigung sogar ein ganz anders, ein marktwirtschaftliches System anstoßen könnte. Zur
Beantwortung der Frage, wie das deutsche Entwicklungshilfeinstrumentarium auf diese Vari-
able einwirkt, unter Beachtung der mit dieser Variablen vernetzten anderen Variablen, werden
nun folgende Teilszenarien konstruiert.
Die Kernbestandteile dieser Teilszenarien setzen sich zusammen aus den Variablen
Anzahl der Marginalen, Arbeitsplätze in der Industrie, Grenzproduktivität, rentenabhängige
Kabuler Regierungselite, Drogenanbau und –handel, freie Unternehmer, Entwicklungshilfe,
Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Soziale Infrastruktur, Erhöhung der Landwirtschaftli-
chen Nutzfläche. Diese sind einerseits Variablen, die auf die Variable Anzahl der Marginalen
wirken und durch sie beeinflusst werden - wie aus der Einflussmatrix ersichtlich. Andererseits
sind mit den Variablen Entwicklungshilfe, Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Soziale Infra-
struktur und freie Unternehmer Variablen vorhanden, die die Wirkungsrichtung des deut-
schen Entwicklungshilfeinstrumentariums in Afghanistan widerspiegeln.
3.3.1. Teilszenario 1: Die deutsche Entwicklungshilfe in Afghanistan
Die deutschen Entwicklungshilfeleistungen für Afghanistan unterteilen sich in die Bereiche,
bilaterale Technische Zusammenarbeit, bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit und multilate-
52
rale Finanzielle Zusammenarbeit. Der gemeinsame Etat hatte 2006 eine Höhe von 110 Milli-
onen Euro. Diese Gelder verteilten sich mit 41 Millionen Euro für die Technische Zusam-
menarbeit, 27 Millionen Euro für die bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit und 42 Millionen
Euro für die multilaterale Finanzielle Zusammenarbeit. Für die Untersuchung ist die Techni-
sche Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung, da hier das deutsche Entwicklungsinstru-
mentarium und die deutsche Entwicklungshilfeinstitutionen mit der Konzeption und ihrer
Durchführung betraut sind. Bei der bilateralen und multilateralen Finanziellen Zusammenar-
beit sind nicht die deutschen Entwicklungshelfer für Konzeption und Durchführung zustän-
dig, obwohl versucht wird Bedingungen an die Verwendung zu knüpfen. Dazu gehören unter
anderem gute Regierungsführung oder die Transparenz bei der Verwendung der Mittel. Ver-
antwortlich für die Gelder der bilateralen Finanziellen Zusammenarbeit ist die Regierung in
Kabul und für die multilaterale Finanzielle Zusammenarbeit sind es die internationalen Insti-
tutionen, wie UN, Weltbank, etc.. Da im Teilszenario keine Variable für diese Geber vorgese-
hen ist, kann nur die Wirkung der Mittel nachgezeichnet werden, die entweder zu deutschen
Durchführungsorganisationen fließen oder der afghanischen Regierung überwiesen werden.
Deutschland hat für seine Technische Zusammenarbeit in Afghanistan schwerpunktmäßig
vier Aufgaben der Entwicklungshilfe übernommen.
• Energie (insbesondere erneuerbare Energien)
• Trinkwasserversorgung
• Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (vor allem Einkommensschaffung)
• Grundbildung
Bei der Entwicklung der Energieversorgung wird vornehmlich in Kabul, den Städten in Nord-
afghanistan wie Kundus und Mazar-i-Sharif und in ländlichen Gebieten in Nordafghanistan
gearbeitet. Besonderes Augenmerk wird auf die erneuerbare Gewinnung von Energie gelegt.
Unter nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung laufen Programme der Micro-Finanzierung, der
Schaffung einer staatlichen Investitionsagentur, zur Förderung von in- und ausländischen In-
vestitionen, und Programme zur Existenzgründerförderung.
Bei der Implementierung der deutschen Entwicklungshilfekonzeptionen in das Teilszenario
kann, wie oben erwähnt, auf die schon aufgestellten Variablen zurückgegriffen werden. Diese
sind für die Aufgabenschwerpunkte Trinkwasserversorgung und Energiebereitstellung, die
Variable Verkehrs- und Energieinfrastruktur. Für den Aufgabenschwerpunkt Grundbildung,
die Variable Soziale Infrastruktur, die aus den beiden Komponenten Gesundheits- und Bil-
dungsinfrastruktur besteht. Für den Aufgabenschwerpunkt Nachhaltige Wirtschaftsentwick-
lung wird eine neue Variable Wirtschaftsförderung eingeführt.
53
Tabelle: Teilsszenario 1:
Das Teilszenario mit den Variablen der deutschen Entwicklungshilfe weist neun Regelkreise,
mit vier positiven Regelkreisen und fünf Negativen auf. Das Teilszenario als System ist somit
stabil. Es sind jedoch nur fünf Regelkreise bei der Untersuchung der deutschen Entwick-
lungshilfe interessant.
Die erste Wirkungskette geht von dem Drogenanbau und –handel aus. Steigt dieser,
wirkt sich das fördernd auf die Korruption und somit auf die Renten und damit auf die Regie-
rung in Kabul aus. Steigt die Rentenabhängigkeit der Staatsmacht, ist sie auf den Drogenan-
bau und –handel angewiesen und unternimmt nichts mehr gegen diesen oder ist sogar in den
Drogenhandel verstrickt. Dies erhöht wiederum den Drogenhandel womit ein sich gegenseitig
fördernder Prozess in Gang kommt.
Der zweite Regelkreis läuft über drei Stellglieder. Erhöht sich die Entwicklungshilfe,
hier die Entwicklungshilfe, die direkt an die Regierung in Kabul fließt, erhöht sich das Budget
Wirtschaftsförderung
Soziale Infrastruktur
Verkehrs- u. Energieinf.
Freie Unternehmen
Arbeitsplätze in der Ind.
Anzahl der Marginalen
Grenzproduktivität
Entwicklungshilfe
Rentenabängige Reg.
Drogenanbau u. Handel
54
der Regierung. Hier wird nun die Ambivalenz der Regierung, zwischen Legitimationszwang
und Selbstbereicherung klar. Denn einerseits laufen jetzt über die regierungseigenen Entwick-
lungsmaßnahmen Regelkreise im System an, auf die ich gleich eingehe, aber andererseits
wird ein Teil des Geldes umgeleitet. Dieser Teil finanziert nun wiederum die Teile, die sowie-
so in Drogenhandel und anderen Rentenökonomien tätig sind. Darum die erhöhende Wirkung
auf die Drogenökonomie. Diese nun wirkt in zweifacher Hinsicht auf die Anzahl der Margi-
nalen. Erstmals gibt es eine direkte gleichgesinnte Wirkung, also eine Erhöhung der Margina-
lenzahl durch die vermachtete Beziehung dieser Variablen untereinander. Zum Zweiten wirkt
aber die Drogenökonomie auch vermindernd auf die Zahl der Marginalen, da der Drogenan-
bau die Grenzproduktivität erhöht und diese Variable eine nicht gleichgesinnte Wirkung auf
die Anzahl der Marginalen ausübt. Dieser Umweg über die Grenzproduktivität und damit mit
einer gewissen Verzögerung, ergibt eine positive Wirkung der Drogenökonomie auf die Be-
seitigung von Marginalität. Sie steht gegensätzlich direkten vermachteten Beziehung der Dro-
genbarone und Kriegsfürsten zu den Marginalen und gibt deshalb nicht den entscheidenden
Durchbruch.
Der dritte Regelkreis startet mit der Erhöhung der Entwicklungshilfe, hier nun in Form
der technischen Hilfe, wie zum Beispiel Dünger oder verbesserte Bewässerungsmethoden, die
zur Erhöhung der Grenzproduktivität führt. Höhere Grenzproduktivität führt zur Verringerung
der Marginalen und das wiederum erfordert weniger Entwicklungshilfe.
Der vierte Regelkreis, der die deutsche Entwicklungshilfe beleuchtet, verläuft über die
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Die Verbesserung der Infrastruktur erhöht auch den
Zugang der Marginalen zu Märkten und zu Energie. Damit senken sich für Sie die Opportuni-
tätskosten, sich anderswo ein profitables Auskommen zu suchen. Investition in die Verkehrs-
und Energieinfrastruktur sind aber oft korruptionsanfällig und neigen zu Misswirtschaft. Die-
se Wirkung mindert nun den Effekt der deutschen Entwicklungshilfe. Im Weitern läuft die
Wirkung, bis sie zu einer Absenkung der Marginalen führt, wiederum über Zeit verzögernde
und manchmal auch Geld verschlingende Variablen.
Der fünfte Regelkreis, der im Zusammenhang der deutschen Aufgabenschwerpunkte
interessant ist, ist die Wirkung der Wirtschaftsförderung auf die Anzahl der Marginalen Ver-
stärkte Wirtschaftförderung soll freie Unternehmen in die Lage versetzen Arbeitsplätze zu
schaffen, und hier besonders in der Industrie. Diese Arbeitsplätze senken zuerst direkt, allein
aufgrund ihres bestehen, die Anzahl der Marginalen und indirekt aufgrund der Nachfrage, die
sie schaffen. Aber auch hier wird es schwierig freie Unternehmen zu finden, die sich auf den
vermachteten Märkten in Afghanistan durchsetzten können. Des Weiteren gibt es auch hier
55
aufgrund der vielen Variablen dazwischen einen eher langsamen Effekt auf die Reduzierung
der Anzahl von Marginalen.
3.3.2 Teilszenario 2: Der Vorschlag der Einführung einer künstlichen Industrie in
Afghanistan
Im nun folgenden zweiten Teil der Analyse eines Teilszenarios werde ich Elsenhans Modell
der Etablierung einer künstlichen Industrie zur Reduzierung der Marginalen im oben be-
schriebenen Teilszenario nachzeichnen und seine Wirkungen antizipieren. Unter künstlicher
Industrie versteht Elsenhans das Abwerfen von genau gekennzeichneten, fälschungssicheren
Steinen über unbewohntem Terrain. Diese Steine werden dann an wenigen Aufkaufstellen
wieder aufgekauft, um erneut gekennzeichnet und abgeworfen zu werden. Der Preis der Stei-
ne richtet sich danach, wie viel ein Mann an einem Tag einsammeln kann und wie hoch die
Subsistenzkosten im jeweiligen Land sind. Der Kerngedanke besteht darin, den Marginalen
unmittelbar ein Einkommen jenseits der Staatklasse zu verschaffen und mittelbar genügend
Nachfrage zu erzeugen, um dadurch wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen. Im
nachfolgenden Teilszenario wird die Variable künstliche Industrie die Variable Entwick-
lungshilfe ersetzten, um zu sehen in welche Wechselwirkungen und Regelkreise diese Variab-
le eingebunden ist und wie sie sich auf die Anzahl der Marginalen auswirkt.
56
Tabelle: Teilszenario 2:
Der erste Regelkreis ist der positive Regelkreis zwischen künstlicher Industrie und der
Anzahl der Marginalen. Steigt die künstliche Industrie, fällt die Anzahl der Marginalen, stei-
gen im Gegenzug die Anzahl der Marginalen, steigt die künstliche Industrie. Diese positive
Rückkopplung besteht aus zwei negativen Wirkungspfeilen.
In einem weiteren Regelkreis ist die künstliche Industrie mit der Anzahl der Margina-
len verbunden. Durch die Einführung der künstlichen Industrie steigt die Grenzproduktivität
für einfache Aufgaben. Damit steigen auch die Grenzkosten der Marginalen, die nicht in der
künstlichen Industrie beschäftigt sind, da sie nun eine Wahl haben, damit Marktmacht, und
am Arbeitsmarkt höhere, produktive Löhne durchsetzten können.
Keinen Regelkreis, aber eine gegenseitige indirekte Beeinflussung, durch die Variab-
len Anzahl der Marginalen und Grenzproduktivität, schafft eine Spannung zwischen den Va-
riablen Drogenökonomie und künstliche Industrie. Die Drogenökonomie muss nun um ihre
Arbeitskräfte konkurrieren. Dies würde sich auf die Renteneinnahmen der rentenabhängigen
Kabuler Regierungselite negativ auswirken.
Soziale Infrastruktur
Verkehrs- u. Energieinf.
Freie Unternehmen
Arbeitsplätze in der
Ind.
Anzahl der Marginalen
Grenzproduktivität
Rentenabhängige Reg.
Drogenanbau u. Han-
del
Künstliche Steine
57
Nach der Beobachtung dieses Teilszenarios, komme ich zu dem Schluss, dass die Etablie-
rung einer künstlichen Industrie sich unmittelbarer auf die Beseitigung von Marginalität aus-
wirkt als die Entwicklungshilfe. Des Weiteren erzeugt sie durch die Erhöhung der Grenzpro-
duktivität einen mittelbaren Druck auf die Drogenökonomie. Diesen Druck konnte bisher
noch kein Programm der Entwicklungshilfe ausüben, da das Verhältnis zwischen Arbeitsin-
tensität und Ertragsverhältnis nicht an das der Drogenökonomie heranreicht. Dies wäre mit
der künstlichen Industrie durchaus möglich.
4. Zusammenfassung
In dieser Arbeit habe ich versucht, auf Grundlage der theoretischen Überlegungen zur Ent-
wicklungshilfe bei Hartmut Elsenhans und mit Hilfe des Sensitivitätsmodells von Frederic
Vester, das Wirtschaftssystem in Afghanistan zu untersuchen und davon ausgehend darzustel-
len, welche Faktoren für die Entwicklung des Wirtschaftssystems in Afghanistan ausschlag-
gebend sind und welche Folgen die Instrumentarien der deutsche Entwicklungshilfe auf diese
Faktoren haben.
Nach Elsenhans sollte das Ziel jeder Entwicklung zur Ausgestaltung eines selbst tra-
genden Wirtschaftssystems führen. Ein selbst tragendes Wirtschaftssystem setzt sich zusam-
men aus einem sich immer weiter anstoßenden Wirtschaftskreislauf, der über Nachfrage, In-
vestition, Fortschritt, Profit und den freien Markt gekennzeichnet ist. Das Problem in unter-
entwickelten Ländern besteht darin, dass dieser Kreislauf an diesen Eckpfeilern des Wirt-
schaftskreislaufs gestört sein kann. Es kann also keine Nachfrage vorherrschen, dadurch keine
Investition in die Industrie des Landes geschehen, dadurch bedingt auch kein technischer
Fortschritt stattfinden oder kein freier Markt vorhanden sein. In unterentwickelten Ländern
herrscht deshalb, nach Elsenhans, Rentenökonomie, die sich durch Marginalität kennzeichnet
und dem Bestehen einer Macht besetzenden Staatsklasse, die an einer freien Marktwirtschaft
kein Interesse hat, da sie sich durch Renteneinnahmen finanziert. Elsenhans schlägt aus die-
sem Grund bei Entwicklungshilfe vor, zunächst bei der Verminderung von Marginalität anzu-
setzen. Dies kann seiner Meinung nach, durch eine egalitäre Bodenreform, die Steigerung der
Grenzproduktivität durch technischen Fortschritt in den vorhandenen Wirtschaftssektoren, die
Ankurbelung der Industrie durch eine angemessene Zoll-, Handels- und Währungsreform o-
der durch die Errichtung künstlicher Industrien geschehen. Nun besteht das Problem, dass bei
jeglicher Veränderung eines Faktors möglicherweise Phänomene in den jeweiligen Wirt-
58
schaftssystemen angestoßen werden, die den systemimmanenten Zusammenhängen folgen,
nicht jedoch von der Entwicklungshilfe intendiert waren. Bei der Frage nach den Folgen, die
das Instrumentarium der deutschen Entwicklungshilfe in Afghanistan hat, geht es genau dar-
um, eine solche Problematik zu überschauen. Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit das
Sensitivitätsmodell von Frederic Vester angewendet, das die Überschaubarkeit solcher Folgen
ermöglicht. Bei der genauen Analyse des Wirtschaftssystems Afghanistan konnte festgestellt
werden, dass, auch nach der Definition von Elsenhans, Afghanistan ein wirtschaftlich unter-
entwickeltes Land ist, das geographische, politische und wirtschaftliche Besonderheiten auf-
weist, auf die eingegangen werden sollte. Im Analyseteil wurden diese Besonderheiten als
Variablen identifiziert und dargestellt. Daraufhin wurden ihre Wirkung aufeinander in einer
Einflussmatrix und ihr Wirkungsgefüge in einer Rollengraphik visualisiert. Aufgrund dieser
Ergebnisse konnte ein Teilszenario herausgezogen werden, in dem die Variable der Margina-
len, der Ansatzpunkt den Elsenhans für Entwicklungshilfe vorschlägt, im Fokus steht. In die-
sem Teilszenario wurden sämtliche Wirkungszusammenhänge, die direkt oder indirekt auf die
Variable der Marginale wirken und die direkte und indirekte Wirkung, die von dieser ausgeht,
beobachtet. Darin wurden auch die Instrumente der deutschen Entwicklungshilfe integriert
und Folgen im Wirtschaftssystem Afghanistans antizipiert. Demgegenüber habe ich einen
Vorschlag Elsenhans, die Etablierung einer künstlichen Industrie in Afghanistan, in das Teil-
szenario integriert und ebenso die Folgen dieser Maßnahme antizipiert. Das Ergebnis, dass
sich daraus ergab, lässt sich wie folgt zusammenfassen. Die Folgen der deutschen Entwick-
lungshilfe in Afghanistan stellen sich ambivalent dar. Zwei kritische Faktoren sind nicht bere-
chenbar. Dazu gehören die rentenabhängige Kabuler Regierungselite und das Verzögerungs-
moment in der Wirkung der Programme auf die Beseitigung von Marginalität. Diese zwei
kritischen Komponenten umgeht der Vorschlag Elsenhans, eine künstliche Industrie in Af-
ghanistan zu etablieren. Einerseits wirkt eine künstliche Industrie unmittelbar auf die Zielva-
riable Marginalität und setzt andererseits indirekt die Entwicklungshemmenden Variablen wie
Drogenanbau und –handel und dadurch die rentenabhängige Kabuler Regierungselite unter
Druck. Unmittelbar erhöht die künstliche Industrie das Auskommen der Marginalen, das über
den Reproduktionskosten liegt und mittelbar erhöht sie die Grenzproduktivität für einfachste
Aufgaben. Damit setzt sie die Drogenökonomie, die ebenfalls auf Heerscharen von unausge-
bildeten Landarbeitern angewiesen ist, einem „fairen“ Wettbewerb aus.
59
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