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WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Band 27

Die Deutsche Hanse als Mittler zwischen Ost und West ||

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Page 1: Die Deutsche Hanse als Mittler zwischen Ost und West ||

WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT

FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

Band 27

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WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

Band 27

AHASVER VON BRANDT

PAULJOHANSEN HANS VAN WERVEKE

KJELL KUMLIEN HERMANN KELLENBENZ

Die Deutsche Hanse

als Mittler zwischen Ost und West

HERAUSGEGEBEN

IM AUFTRAGE DES MINISTERPRÄSIDENTEN Dr. FRANZ MEYERS

VON STAATSSEKRETÄR PROFESSOR Dr. h. c., Dr. E. h. LEO BRANDT

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Die Deutsche Hanse

als Mittler zwischen Ost und West

von

Ahasver von Brandt

Paul Johansen

Hans van Werveke

Kjell Kumlien

Hermann Kellenbenz

SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH

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Das Manuskript wurde am 14. November 1962

der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen

von Professor Dr. Hermann Conrad vorgelegt

ISBN 978-3-322-98041-0 ISBN 978-3-322-98668-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-98668-9

Ii:> 1963 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag 1963 Softcover reprint of the hardcover 1 st edition 1963

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Inhalt

Professor Dr. Hermann Conrad, Bonn Vorwort............................................... 7

Professor Dr. Ahasver von Brandt, Heidelberg Die Hanse als mittelalterliche Wirtschaftsorganisation -Entstehung, Daseinsformen, Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Professor Dr. Paul Johansen, Hamburg Der hansische Rußlandhandel, insbesondere nach Novgorod, in kritischer Betrachtung ................................ 39

Professor Dr. Hans van Werveke, Gent Die Beziehungen Flanderns zu Osteuropa in der Hansezeit . . . . .. 59

Dozent Dr. Kjell Kumlien, Stockholm Hansischer Handel und Hansekaufleute in Skandinavien -Einige Probleme ........................................ 79

Professor Dr. Hermann Kellenbenz, Köln Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Mittelmeer ............................................ 103

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Vorwort

Die Deutsche Hanse ist immer wieder Gegenstand lebhafter Anteilnahme weiterer Kreise gewesen, mehr als dies sonst historischen Erscheinungsformen zukommt. Die Ursache ist darin zu sehen, daß sie von ihrer Gründung an zeitlose und vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten gewann.

Es kennzeichnet die eigenartige Aufgabe der Hanse, daß sie ihre Ziele mit den friedlichen Mitteln des Austausches, der Organisation und der techni­schen Entwicklung zu erreichen imstande war. Was auf den Gebieten der Markterschließung, der Absatzlenkung, des Schiffbaus und des Waren­verkehrs dabei geleistet wurde, ist allgemein bekannt. Nicht weniger wirk­sam war die geistige Durchdringung aller dieser Lebenszweige, von der systematischen Verschriftlichung in den Kaufmannskontoren bis zur Rechts­schöpfung in den Ratsurteilen, die den ganzen Einzugsbereich des Lübischen Stadtrechtes bis weit nach Osteuropa hinein umfassen konnte. Bei dieser räumlich umspannenden, durch Jahrhunderte wirksamen, in ihren Ausläu­fern und Folgeerscheinungen noch heute spürbaren und in mancherlei For­men bis zur Gegenwart lebendigen Tätigkeit des Städtebundes der Hanse zeigt sich als ein sehr wesentliches, gleichbleibendes Merkmal die Mittler­Rolle in den Beziehungen zwischen der damaligen östlichen und westlichen Welt, der die Hanse in beiden Teilen zugehörte. Diese stark und nachhaltig wirkende verbindende Kraft wieder dem öffentlichen Bewußtsein nahezu­bringen, hatte sich die Senatskommission für das Studium des Deutschtums im Osten an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn in einer akademischen Vortragsreihe über "Die Deutsche Hanse als Mittler zwi­schen Ost und West" im Sommer-Semester 1961 zur Aufgabe gestellt. Der große Erfolg aller hierbei gehaltenen Vorträge zeigt, daß damit ein allge­meines Interesse angesprochen wurde und rechtfertigt daher auch die Druck­legung der Vorträge, um sie weiteren Kreisen zugänglich zu machen.

Zu dem Gelingen der Vortragsreihe haben in erster Linie die hervor­ragenden Fachkenner beigetragen, die für die Vorträge gewonnen werden konnten. Professor Dr. A. von Brandt, jahrzehntelang Leiter des Archivs

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8 Vorwort

der Hansestadt Lübeck, ist als Geschäftsführer des Hansischen Geschichts­Vereins mit der Geschichte der Hanse von den Quellen her auf das beste ver­traut. Professor Dr. P. /ohansen hat von seiner früheren Wirkungsstätte Re­val aus die östlichen Einzugsbereiche der Hanse erforschen können. Professor Dr. H. van Werveke gilt für den flandrischen Betätigungskreis der Hanse heute als der führende Forscher, in gleicher Weise wie dieses bei Dozent Dr. K. Kumlien für den nördlichen Ostseeraum der Fall ist, während Professor Dr. J. Schreiner (Oslo) leider aus Gesundheitsrücksichten seine Beteiligung an der Vortragsreihe hatte absagen müssen. Professor Dr. H. Kellenbenz hat in Anknüpfung an die verdienstvollen Forschungen von Professor Dr. W. Koppe (Kiel) grundlegende Arbeiten zu den Verkehrswegen und -formen der Hanse mitgeteilt. Allen Vortragenden sei an dieser Stelle nochmals ver­bindlichst gedankt, ebenso der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Lan­des Nordrhein-Westfalen, die die Vorträge in ihre Abhandlungsreihe auf­nahm und dadurch den Druck ermöglichte.

Hermann Conrad Vorsitzender der Senatskommission

für das Studium des Deutschtums im Osten

an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn

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Die Hanse als mittelalterliche Wirtschafts organisation

Entstehung, Daseinsformen, Aufgaben

Von Ahasver von Brandt, Heidelberg

Historische Reminiszenzen spielen im Denkbereich und im Wortschatz unserer deutschen Gegenwart aus bekannten und hier nicht zu erörternden Gründen eine recht unbedeutende Rolle. Besonders gilt das naturgemäß vom Bereich des wirtschaftlichen Lebens, dessen Träger in der Regel durchaus geschichtsfremd sind. Um so bemerkenswerter ist es, daß die Hanse zu den ganz wenigen historischen Begriffen oder doch Vokabeln gehört, die sich im Volksbewußtsein und im Sprachgebrauch auffallend lebendig erhalten haben. In den norddeutschen Städten ist kaum ein öffentlicher Akt, eine Feier­stunde oder Festansprache denkbar - gleichgültig, ob politischen, wirtschaft­lichen oder kulturellen Charakters -, bei denen nicht die Hanse oder hanseatische Bürgertugenden beschworen ·werden. Seit der wilhelminischen Zeit gehört das Wort - überwiegend in der latinisierten Zwitterform Hansa - zu den beliebtesten Taufnamen bei der Neugründung kommerzieller und gewerblicher Unternehmungen, Interessenverbände u. ä.; es braucht, statt vieler anderer Beispiele, hier nur an den »Hansabund" (gegr. 1909) und die mit seinem Namen verknüpften wirtschaftspolitischen Tendenzen erinnert zu werden. Aber auch noch heute genießen im Handelsregister und in der Wirtschaftspublizistik Bezeichnungen und Begriffe wie Hanseatisch, Hanse, Hansa usw. eine offenbar unverwüstliche Werbekraft. Im Hamburger Amt­lichen Fernsprechbuch 1961/62 finden sich nicht weniger als 185 Institu­tionen und gewerbliche Betriebe aller Art, die sich mit diesen Bezeichnungen schmücken, von der Schnellwäscherei, Bäckerei oder Drogerie über Zwieback­fabriken, Autoreparaturwerkstätten u. ä. bis zu großen Versicherungsfir­men und Reedereien. Die Tendenz reicht aber über den alten Hansebereich weit hinaus: in Stuttgart, München, Stockholm, London, Amsterdam, New York fehlt es nicht an Unternehmen aller Art mit ähnlichen Firmenbezeich­nungen.

Es muß freilich eingestanden werden, daß es in sehr vielen Fällen offen­sichtlich nur die leere Vokabel ist, die derart als Dekoration dienen muß. Seltener verbindet sich mit ihr auch noch das Bewußtsein von geschichtlichem

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Inhalt und geschichtlicher Bedeutung, allenfalls das dunkle Gefühl von einer alten großen, genossenschaftlich organisierten Wirtschafts- und Seemacht. Wo das der Fall ist - so recht deutlich beim Hansabund -, da herrscht die Vorstellung von einer nahezu unbegrenzt leistungsfähigen Machtballung, sei sie mehr wirtschaftlicher, sei sie politischer Natur. Noch heute muß es jedem aufmerksamen Beobachter auffallen, daß im Sprachgebrauch der Publizistik und der Festredner der Begriff "Hanse" von dem Adjektiv "mächtig" nahezu unzertrennlich ist.

Die demgegenüber stark gewandelte Auffassung vom Wesen der Hanse, welche wissenschaftliche Forschung und Lehre in den letzten vierzig Jahren erarbeitet haben, hat dagegen die öffentliche Meinung und die öffentliche Geschichtsauffassung bisher nur wenig beeinflussen können. Tatsächlich herrscht noch weitgehend das Hanse-Bild aus der Zeit unserer Eltern und Großeltern, eben jene Vorstellung von einem mächtigen Bund von Städten, dessen Wirksamkeit stark politisch betont war, der mit großen Kriegsflotten Nord- und Ostsee beherrschte und dem Norden seine monopolistischen Ge­setze aufzwang. Es sind die Gedankengänge, die z. B. Emanuel Geibel beim Anblick des Lübecker Rathauses mit den Worten ausdrückte:

Dort wars, wo deiner Erker Zahl Der Hansa Boten wartend zählten, Dort, wo die Väter hoch im Saal Ein Haupt für leere Kronen wählten,

Es bot dir Norweg seinen Zoll, Der Schwede bog sein Haupt, der Däne, Wenn deine Schiffe segelvoll Vorüberflohn, des Meeres Schwäne,

Daraus sprechen deutlich Wunschträume des nationalliberalen Bürgertums der 1848er Jahre und des schleswig-holsteinischen Befreiungskampfes, es sprechen aber später noch und bis in unser Jahrhundert daraus auch der naive Reichsstolz der Gründerjahre, die Ideen von Welt- und Kolonial­politik, Flottenmacht und schimmernder Wehr der wilhelminischen Zeit.

Es liegt nahe, daß das Ausland diese wilhelminisch-nationalistische Auf­fassung vom Wesen der Hanse mit umgekehrten Wertvorzeichen bereitwillig übernommen hat und in seiner Publizistik, teilweise auch in der Wissen­schaft, bis heute mit Nachdruck vertritt. In populären Schilderungen der

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Die Hanse als mittelalterlidte Wirtsdtaftsorganisation 11

hansischen Auslandsniederlassungen, vor allem derjenigen im norwegischen Bergen, stellen sich gern Assoziationen ein, die den kontorischen Kaufmann als brutalen Räuber und Betrüger in die Nähe der nazistischen Gewaltherr­scher über Norwegen im zweiten Weltkrieg rücken. Die uralte überschätzung der hansischen Organisation und Maehtmittel, die allen diesen Zerrbildern zugrunde liegt, spricht aber auch noch aus zahlreichen geschichtswissenschaft­lichen Veröffentlichungen des Auslandes; so wenn etwa eine sonst recht umsichtige und verläßliche französische Darstellung der skandinavischen Geschichte die Ansicht vertritt, daß die Hanse nach dem Stralsunder Frie­den geradezu ein souveränes deutsches Staatswesen gebildet habe.

Eine Klärung dieser Mißverständnisse im Sinne der neueren Erkenntnisse vom tatsächlichen Wesen der Hanse wird daher gerechtfertigt und notwen­dig sein, wenn von den einzelnen Funktionen und Leistungen der Hanse im Rahmen der mittelalterlichen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte die Rede sein soll. Wir versuchen diese Klärung in dem nachfolgenden knappen über­blick, der übrigens auf Originalität keinen Anspruch erhebt, sondern im wesentlichen das wiedergibt, was heute als Gemeingut der deutschen For­schung angesehen werden kann.

Dabei wird die Betrachtung der Anfänge ihre besondere Rolle spielen. Denn diese Anfänge zeigen, daß es "Hanse" schon gab, ehe es Hansestädte gab: daß die Hanse von Anfang her etwas anderes war als ein Städtebund, - wie sie überhaupt "Bund" in dem organisatorischen Sinn, den wir heute mit diesem Begriff verbinden, im Mittelalter nie gewesen oder geworden ist, wiewohl das genossenschaftliche Element in dieser Gemeinschaft die Vorstellung von einem "Bund" beim heutigen Betrachter ja geradezu heraus­fordert.

Gehen wir vom Wortbegriff aus: Hanse heißt Genossenschaft, dann auch die Abgabe, die man für oder an eine solche Genossenschaft leistet, schließ­lich auch das besondere Recht der Genossenschaft und ihrer einzelnen Glie­der. In diesem vielfältigen Sinn ist Hanse ein Wort der mittelalterlichen Kaufmannssprache, keineswegs auf Deutschland oder gar Niederdeutschland beschränkt, auch in Flandern und Nordfrankreich in verschiedenstem Zu­sammenhang geläufig.

In der Kaufmannsgenossenschaft sind daher die Ursprünge auch "der" Hanse zu suchen. Ihr begegnen wir im später hansischen Bereich dort zuerst, wo sich stadtartige Siedlungen als Ausgangs- und Knotenpunkte eines in die Weite zielenden Handels bilden: in Nordwesteuropa, am Niederrhein und in Flandern. Hier beginnt eine intensivierte Produktion zuerst wieder für

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den Export Zu arbeiten; \Vein, Textilien, Eisen- und Messingwaren stehen dafür zur Verfügung. Hier sucht man damit in zunehmendem Maße auch Importwaren zu erwerben, die die Bedürfnisse der wachsenden Stadtbevöl­kerung befriedigen können: Metalle, Pelze und Wachs, Hanf und Flachs, Fische, Bier und Brotgetreide. Was immer man über die sozialen und recht­lichen Hintergründe, die Daseins- und Entstehungsformen dieser konzen­trierten Stadtlandschaft Nordwesteuropas auch noch fragen und rätseln mag: ökonomisch ist ihr Werden und ihr Dasein unerklärlich ohne jene Exportproduktion, und das heißt ohne den Fernhandel. Träger dieses Waren­austausches sind die Kaufleute, die demgemäß die sozial und wirtschaftlich entscheidende Oberschicht der werdenden Städte darzustellen beginnen. Sie sind genossenschaftlich gegliedert. Das entspricht dem mittelalterlichen Ver­ständnis sozialen Lebens überhaupt, es entspricht insbesondere aber auch dem Bedürfnis nach gegenseitiger Sicherung und gegenseitigem Schutz auf den weiten Handelszügen und in der Fremde. Der Kaufmann wandert in Karawanen; von Köln, Utrecht, Tiel und anderen dieser frühen Städte nach London, Magdeburg, Regensburg, nach Schleswig-Hedeby, dem nördlichen Grenzpunkt des kontinental-abendländischen Bereichs, nach den Markt­plätzen des Slawenlandes. Die Karawanen sind genossenschaftlich organi­siert: als "Hansen". In den Haupthandelsorten der Fremde, wo man regel­mäßig einkehrt, wo sich mancher nordwestdeutsche oder friesische Kauf­mann wohl auch schon für längere Dauer niederläßt, bildet man ebensolche Genossenschaften, Hansen oder Gilden wechselnder Bezeichnung; so III

London, Hedeby und anderswo. Wir wissen nicht, aber wir dürfen vermuten, daß verschiedene dieser

Reise- und Auslandsgenossenschaften der Kaufleute in lockeren Beziehungen zueinander stehen und auch zu den Kaufmannsgilden in den Heimatstädten. Denn es sind ja dieselben Leute, die bald daheim in Köln oder Groningen, bald in London, Magdeburg oder Schleswig als Glieder der jeweiligen Ge­nossenschaft auftauchen. Auch stehen sie alle unter besonderem Rechtsschutz des Reiches, unter Königsfrieden, der die Verletzung oder Beraubung des Kaufmanns mit erhöhter Strafe bedroht; auch über die Einzelgemeinschaft hinaus sind sie also Rechtsgenossen. Und schließlich findet sich auch in ihren Heimatstädten überall dieselbe Situation: durchweg stehen die Kaufleute an der Spitze der sozialen Gliederung, und überall beginnen um 1100 die vom Kaufmann geführten oder vertretenen Einwohnerschaften gegenüber dem gräflichen oder bischöflichen Stadtherrn das Recht auf Selbstverwaltung in Anspruch zu nehmen. Damit entsteht der Stand des Bürgers, die große

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Die Hanse als mittelalterliene Wirtschaftsorganisation 13

soziale Neuerung des abendländischen Hochmittelalters: im mauerumschlos­senen Raum der Stadt eine freie, grundsätzlich gleichberechtigte, weil unter dem gleichen Recht, dem Stadtrecht, stehende Bevölkerung - nach ihrem Recht und ihren sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen sich von der Bevölkerung des umgebenden Landes deutlich abhebend.

Es liegt nahe, daß diese Verhältnisse schon damals, etwa in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, eine gewisse, sichtbare und bewußte Inter­essengemeinschaft innerhalb dieser großen, fast ständig in Bewegung befind­lichen Schicht der nordwesteuropäischen Kaufleute begründen mußten. Wir kennen keine Formen und keinen Namen dieser werdenden Gemeinschaft, die aus zahlreichen Zellen - Hansen, Gilden, Bruderschaften, Gelagen -bestand. Aber sie war da, die aus ihr in oft verblüffender Parallelität er­wachsenden Institutionen des mitteleuropäischen Städtewesens bezeugen das unter anderem; und sie bildete auch den organisatorischen Mutterboden dessen, was man später "die" Hanse nennt.

Recht deutlich und greifbar wird das, als dann um die Mitte des 12. Jahr­hunderts jener weltgeschichtliche Vorgang einsetzte, der auch die Voraus­setzung für das Entstehen der eigentlichen Hanse ist: die europäische Ost­kolonisation und damit auch die soziale, wirtschaftliche und politische An­gliederung des Ostseegebietes an das Abendland, dessen Ostgrenze ja bis dahin an der EIbe und in den dänischen Randgewässern gelegen hatte.

Die Ostkolonisation hat nun ihre vielfältigen Wurzeln, unter denen in unserem Zusammenhang nur zu nennen sind: die kirchlich-religiöse - denn daß der Wunsch, den Heiden die christliche Heilsbotschaft zu bringen, gegebenenfalls aufzunötigen, echt war, kann ernstlich nicht bezweifelt wer­den; ferner die bevölkerungsgeschichtlich-soziale - der Drang, neues Sied­lungsgebiet für eine unaufhaltsam wachsende Bevölkerung zu gewinnen, vereinigt sich da mit dem Trieb, der zunehmenden Verschlechterung sozialer und rechtlicher Verhältnisse in Westeuropa und Altdeutschland zu entgehen; schließlich die wirtschaftliche - der Wunsch, unmittelbar, statt durch die Ver­mittlung skandinavischer und slawischer Völker, an die reichen Rohstoff­gebiete des Nordens und Ostens zu gelangen, deren Erzeugnisse man brauchte und in deren Weiten sich zugleich unerhörte Absatzmöglichkeiten für die Exportgewerbe der nordwesteuropäischen Städte erkennen ließen.

Der Anteil, den das kaufmännische Bürgertum dieser Städte an der Ost­kolonisation hatte, ist naturgemäß vorwiegend durch den dritten, den wirt­schaftlichen Gesichtspunkt bedingt. Es waren die neuen Märkte des Nor­dens und Ostens, die sich durch sie für die Gewerbe der flandrischen, nieder-

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rheinischen und westfälischen Städte eröffneten. Aber auch der zweite Ge­sichtspunkt spielte für diese Bürger eine Rolle: es bot sich die Aussicht, hier im Ostseegebiet durch unvorbelastete Neugründungen das Ideal der freien, sich selbst verwaltenden Bürgerstadt zu verwirklichen, dem im Mutterland die alten herrschaftlichen Gewalten so viele Schwierigkeiten entgegenstell­ten. Schließlich aber sind die Kaufleute der werdenden Hansestädte auch von dem dritten, dem religiösen Beweggrund keineswegs unberührt ge­blieben: das bezeugt die auffallend enge Zusammenarbeit zwischen den kirchlichen Mächten und den Städten im ganzen Ostseeraum während des 13. Jahrhunderts, dafür sprechen ferner die gewaltigen Aufwendungen, die die jungen und noch kleinen Gemeinden der neuen Ostseestädte alsbald für den Bau ihrer wahrhaft riesigen Kirchen geleistet haben, das beweisen schließlich auch manche Quellenzeugnisse, die von der aktiven Teilnahme hansestädtischer Bürgersöhne an den militärischen Aktionen der Kreuz­fahrerheere namentlich in Livland berichten. Zugleich wird in diesem Zu­sammenhang der übernationale, europäische Charakter der Ostkolonisation besonders deutlich: die siedelnden und seefahrenden Bürger sind zwar über­wiegend, aber keineswegs ausschließlich niederdeutsch-niederfränkischer Herkunft, es begegnen uns unter ihnen Friesen, Niederländer, Flamen, auch solche mit zum Teil wohl noch nichtdeutscher Muttersprache. Sie treffen ihrerseits, etwa in Livland und Preußen, neben den deutschen auch mit eng­lischen und niederländischen ritterlichen Kreuzfahrergruppen zusammen, stoßen in Estland auf die Expansion des dänischen Königsstaates, in Finn­land auf die von Schweden hinübergreifende Siedlungs- und Eroberungs­bewegung.

In diesem Zusammenhang muß die Entstehung und die Leistung der Hansestädte im Ostseeraum gesehen werden: als ein eigentlich übernatio­nales, wenn auch überwiegend von Niederdeutschen getragenes Unterneh­men bürgerlich-wirtschaftlicher, kaufmännischer wie handwerklicher Art und Zielsetzung.

Das Antlitz des Ostseegebietes ist durch diese Aktion vollkommen ver­ändert worden. Es war bis dahin ein Rand- und Grenzgebiet gewesen, mit sehr eigenen, nichtabendländischen Zügen auch ökonomischer und verkehrs­wirtschaftlicher Art. Der friesische, rheinische oder sächsische Kaufmann hatte bis dahin in der Regel nur seinen Westrand erreicht. In Hedeby (Haithabu) oder der Nachfolgesiedlung Schleswig etwa begegnete er dem dänischen, schwedischen, gotländischen oder slawischen Wanderhändler. Von ihnen übernahm er die Erzeugnisse des Nordens und Ostens, insbeson-

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dere Felle und Pelze, die Hauptausfuhrartikel des noch "heidnischen", noch dünn bevölkerten, durch slawische und nordische Beutemacher unsicheren östlichen Ostseegebiets.

Grenzorte wie Schleswig waren also die Tauschplätze. Hier hatte sich schon ein Gemeinwesen abendländischer Prägung entwickelt, aber es lag ja, vom Kontinent her gesehen, in fremdem Machtbereich, ebenso wie die weni­gen anderen Städte des Nordens, bis zu denen der deutsche Kaufmann viel­leicht noch selbst gelangte - etwa Roskilde und Lund oder das schwedische Sigtuna. Eigene städtische Stützpunkte im Ostseegebiet besaß der kontinen­tale Handel und das ihn tragende Bürgertum bis dahin noch nicht.

Da tritt nun, erst 1143 unter Graf Adolf H. von Schauenburg, dann 1159 mit der Neugründungunter Heinrich dem Löwen, Lübeck auf den Schauplatz und mit ihm das neue Gebilde der Stadt westeuropäischen Modells, mit bürgerlicher Freiheit und bürgerlicher Selbstverwaltung. Wirtschaftspolitisch geschieht das in einem sehr gelegenen Augenblick: Dänemark, die damals wie später vorherrschende Macht im Ostseegebiet, ist durch innere Unruhen gelähmt, und in diesem Zusammenhang steht wohl auch jene schicksalhafte Plünderung und Verbrennung russischer Kaufmannsschiffe im Schleswiger Hafen, Winter 1156/57 - sie veranlaßt den Kaufmann, Schleswig vorerst zu meiden und sich statt dessen nach dem neubegründeten Lübeck. zu wenden, der Bürger- und Kaufmannsstadt, die nun unter dem Schutz des mächtigen Löwen steht und deren Lage - am innersten Winkel der Ostsee, an den Landstraßen zur Eibe, im nunmehr deutschen Herrschaftsbereich - ohnehin vorteilhafter scheinen mußte als die des dänischen Schleswig.

Erst die Gründung dieser Stadt jedenfalls ermöglicht es den Kaufleuten aus Friesland, Flandern, vom Niederrhein und aus Sachsen, unmittelbar, d. h. ohne die Vermittlung der seefahrenden Skandinavier und Slawen, über die Ostsee in die Ursprungsgebiete der nordischen und östlichen Wa­ren vorzudringen und die eigenen Waren dorthin zu bringen. Erst der Hafen von Lübeck. bietet den Kaufmannsgenossenschaften die Möglich­keit, hier eigene Fahrzeuge des gewohnten breitbäuchigen Segelschifftyps zu bauen, der Kogge, die im Nordseegebiet entwickelt worden war, die rationeller war und mehr laden konnte als die nordischen und slawischen Ruderschiffe.

Stadt und Schiff des nordwesteuropäischen Typs sind die beiden großen Neuerungen, die um 1160, mit der Gründung Lübecks, das wirtschaftliche und bald auch das kulturelle Angesicht des Ostseegebietes zu verändern beginnen.

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Lübeck ist die erste Etappe dieses Vorganges. Es fragt sich, wo die zweite Etappe zu suchen ist, wenn man sich nicht

mit der gängigen Redensart begnügen will, daß sich die Ostseeküsten als­bald mit einem "Kranz" von Städten des neuen Typs schmückten. Ein Hauptziel, auf das die kaufmännischen Wandergenossenschaften sich sam­melten, war seit langem der große zentrale Markt- und Tauschplatz, an dem sich die Erzeugnisse der weiten nordrussischen Räume (Pelze und Wachs vor allem) stapelten, wo dänische und gotländische Kaufleutegenossen­schaften schon ihre eigenen Niederlassungen besaßen: Groß-Novgorod am Ilmensee, jene eigentümliche Adels- und Kaufmannsrepublik, die selbständig neben den verschiedenen russischen Teilfürstentümern stand.

Doch war die Finnische Bucht und damit der Zugang nach Novgorod bei dem damaligen Stand der Schiffahrtstechnik von Lübeck her nicht unmittel­bar zu erreichen. Als geeigneter und notwendiger Zwischenlandeplatz bot sich dem von der Trave kommenden seefahrenden Kaufmann die Insel Got­land dar, die wegen ihrer zentralen Lage schon seit Jahrhunderten der ge­gebene Mittelpunkt des älteren Ostseehandelssystems gewesen war. Auf Gotland haben sich die deutschen Kaufleute, wiederum in einer Genossen­schaft vereinigt, jährlich bei einer Frühjahrs- und einer Herbstreise nach Novgorod getroffen und hier auch Markt gehalten. Dabei haben sie über­raschend schnell, aber in Vorgängen, die quellenmäßig für uns kaum erkenn­bar sind, die älteren einheimischen und dänischen Kaufmannsgilden, die sie hier antrafen, ebenso verdrängt (oder wohl teilweise auch in sich aufgesogen), wie in Novgorod selbst. Ja, es geschah mehr als das: in zunehmender Stärke ließen sich die kontinentalen Kaufleute auf Gotland selbst für dauernd nieder. So entsteht, zweifellos am Platz einer älteren stadtähnlichen Sied­lung und offenbar gegen Ende des 12. Jahrhunderts, die zweite Etappe der bürgerlich-kaufmännischen Erschließung des Ostseeraums: die Stadt Visby, Heimat sowohl einer gotländischen wie einer deutschen Bürgergruppe, Sammel- und Stützpunkt der regelmäßig zwischen Kontinent und Novgorod reisenden Kaufmannsscharen.

Von Visby ist in diesem Zusammenhang in den Quellen freilich selten die Rede; sie sprechen vielmehr vorwiegend von der Genossenschaft der Deut­schen, die Gotland besuchen.

Diese Gotlandfahrergenossenschaft hat ein Jahrhundert lang, bis etwa 1280/90 eine sehr eigentümliche Stellung in dem ganzen Vorgang der Ostsee­Erschließung und des Werdens der Hanse eingenommen. Hier wird quellen­mäßig zum ersten Male deutlich, was vorher nur zu ahnen oder zu vermuten

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war: daß nämlich alle jene Hansen und Wandergenossenschaften der reisen­den Kaufleute (mercatores Imperii) in einem mehr oder minder bewußten und gewollten organisatorischen Zusammenhang stehen. Die Gotländische Genossenschaft erscheint nämlich unverkennbar als das Führungsgremium dieser kontinentalen Ostseekaufleute, die seit der Gründung Lübecks, wie magnetisch angezogen von den nun eröffneten ungeahnten Möglichkeiten, in Mengen hier hineinströmen - von Flandern, Friesland, vor allem aber von Rheinland, Westfalen und Sachsen her. In ihrem Namen schließt die Gotländische Genossenschaft Handels- und Friedensverträge, hier haben, so scheint es, die einzelnen Heimat- und Herkunftsgenossenschaften der Kauf­leute jeweils Sitz und Stimme in der Gesamtversammlung, hier wird Recht gesprochen, wenn unter den Gruppen oder den Einzelnen Streitigkeiten ent­stehen, sei es innerhalb oder auch außerhalb Gotlands.

Gotland ist zweite Etappe im Werden der Hanse. Aber es bildet diese Etappe nicht allein. Denn während die Insel den Weg

zum Osten öffnet und sichert, entsteht gleichzeitig auch der erste nordische Markt für den europäischen Kaufmann: die "schonischen Messen". Sie be­ruhen auf dem Heringsreichtum der Gewässer im südlichen Ausgang des Sundes. Für diesen Segen kann der kontinentale Kaufmann einen riesigen, unerschöpflichen Markt bieten, seit er die regelmäßige und ausreichende Zu­fuhr des norddeutschen Salzes übernommen hat, mit dem man den Fisch haltbar machen und derart, in Tonnen verpackt, exportieren kann. Der Kaufmann eröffnet damit dieser Ware den Absatz im ganzen Bereich der katholischen Christenheit seiner Zeit, wo Millionen von Menschen den Fisch als Fastenspeise verbrauchen, ihn darüber hinaus als eine der nährkräftigsten (weil eiweißhaltigen) "Konserven" schätzen.

So entsteht auf der kleinen Halbinsel von Skanör und Falsterbo jeden Sommer ein paar Wochen lang - von Juli bis September - jener merkwür­dige internationale Weltmarkt, der in seiner Funktion und der Größe seines Umsatzes am ehesten den zeitgenössischen Champagner Messen am anderen, westlichen Endedes gleichen nordeuropäischen Handelssystems zu vergleichen ist. Die dänischen Fischer bringen den Hering in tausenden von Zentnern täglich an Land, flandrische, friesische, süderseeische und deutsche Kaufleute handeln ihn ein, durch Barkauf oder durch Tausch gegen die Erzeugnisse des Westens. Hansestädtische Böttcher schlagen ihn in Tonnen, und so geht der Fisch von hier über das ganze Europa. Vielleicht ist der Hering im 13. und 14. Jahrhundert der nordische Weltmarktartikel Nummer 1, mindestens was die Menge, wohl nicht, was den Wert angeht. Auf Heringstonnen be-

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ruht jedenfalls zum guten Teil das Wirtschaftsgebäude der Hanse und damit auch das deutsche Städtewesen zwischen Sachsen und Livland.

Derart gehört also Schonen zur zweiten Etappe: die erste Nordverbin­dung (an die sich alsbald weitere anspinnen), neben der ersten Ostverbin­dung. So weit war man um 1200.

Von selbst ergibt sich die dritte Etappe, zeitlich sich teilweise schon mit der zweiten überdeckend, so stürmisch wird nun der Ablauf. Es ist der Sprung an die jenseitigen Ufer, in die großen Produktions- und Absatzge­biete selbst. Die ersten Verträge der Deutschen - d. h. der Gotländischen Ge­nossenschaft und der Lübecker - sowohl mit den Schweden wie mit den Rus­sen werden schon zwischen 1160 und 1180 geschlossen, ohne daß wir aber ihre praktischen Auswirkungen ganz übersehen können. Kurz nach 1200 ent­steht, gesichert durch solche Verträge, die deutsche Niederlassung in Novgo­rod selbst: der Petershof. Neben ihm verschwinden allmählich die älteren Niederlassungen der Dänen und Gotländer dort. Als Etappenorte für den Landweg in den russischen Osten entstehen dabei die ersten überseeischen deutschen Städte: Riga, der Bischofssitz, 1201, dann um 1231 die Stadt Reval neben und an Stelle der älteren Dänensiedlung und Burg, gleichzeitig auch Dorpat.

Eben zur gleichen Zeit scheint auch das schwedische Kalmar Ziel einer deutschen Kaufmannssiedlung geworden zu sein. In den folgenden zwanzig Jahren schließen sich Stockholm und zahlreiche andere mittelschwedische Städte an, entstanden wohl meist im Raum alter einheimischer Markt- und Handelsorte, aber nun nach kontinentalen Mustern städtisch erneuert und durchweg mit einer deutschen kaufmännischen, teilweise auch handwerker­lichen Oberschicht.

Außerhalb des Ostseegebietes vollzieht sich zur gleichen Zeit grundsätzlich der gleiChe Vorgang einer organisatorischen und rechtlichen Verfestigung, einer sichtbar und dauerhaft werdenden Niederlassung oder doch Konzen­trierung dieses ganzen kaufmännisch-genossenschaftlichen Systems an mehre­ren großen Brennpunkten von Produktion, Vertrieb und Verkehr - wenn auch mit dem Unterschied, daß man sich hier durchweg mit älteren und stär­keren staatlichen und wirtschaftlichen Mächten auseinanderzusetzen hat. Wir begegnen den ersten Ansätzen "gemeinhansischer", also nicht mehr ein­zelgenossenschaftlicher Auslandsniederlassungen im norwegischen Bergen, von wo man den getrockneten Kabeljau (Stockfisch) holt, den großen Kon­kurrenten des Herings als Dauerware, ferner in London, Boston und anderen ostenglischen Stapelplätzen der englischen Wolle, schließlich im flandrischen

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Brügge, das nun rasch zum ersten echten" Weltmarkt" Westeuropas auf­steigt, weil es das kostbarste und wichtigste Ausfuhrgut des europäischen Westens bietet: das flandrische Tuch.

Das alles: Novgorod und die livländischen Städte jenseits der Ost see, Ber­gen und die schwedischen Städte im Norden, die Niederlassungen und Privi­legien in England und Flandern auf der westlichen Flanke des Systems: das ist die dritte Etappe im Werden der Hanse, fertig etwa um 1250/70.

Das große Netz, das von nun an vor allem den Ostseeraum auf eine neue Art in das abendländische Wirtschafts- und Kulturgebiet einspannt, ist da­mit im ersten Entwurf fertig. Mittel- und Knotenpunkt dieser östlichen Hälfte ist nach wie vor Gotland, Visby und die Genossenschaft der "merca­tores Gotlandiam /requentantes".

Noch fehlen freilich wichtige Maschen und Knoten in diesem Netz. Noch wurde gar nicht von den deutschen Städten am Südrand der Ostsee gespro­chen: von Wismar über Rostock, Stralsund, Danzig, Elbing, bis Königsberg und MemeI.

Ehe das aber geschieht, wird es gut sein, einen Augenblick innezuhalten und zu fragen: worin liegt die Bedeutung des zwischen 1150 und 1250 Ge­schaffenen, und wodurch funktionierte das Ganze?

Die historische Größe des Vorganges - von einer solchen wird man spre­chen dürfen - muß doch wohl darin gesehen werden, daß hier bürgerlich­kaufmännische Initative wesentlich daran mitgewirkt hat, das ganze nord­östliche Viertel Europas fest und dauerhaft an das damalige "Abendland" anzuknüpfen, in seinen Sozial-, Glaubens- und Wirtschaftsformen. Das ge­schah auf einer sehr nüchternen und sehr tragfähigen Grundlage: auf der des Handels und der Produktionsförderung.

Dabei ist zweierlei maßgebend: Einerseits die überlegene Technik - wir erinnern an die Schiffe und an die städtischen Siedlungs- und Bauformen -und die überlegene kaufmännische Organisation und Leistungsfähigkeit des kontinentalen Bürgers. Der Kaufmann nützt diese Vorteile mit Energie und Fingerspitzengefühl aus, um in die Weiten des Nordens und Ostens vorzu­dringen, die ihm neue Märkte versprechen; um diese Märkte geht es eigent­lich, denn sie bedeuten erhöhte Absatzmöglichkeiten für die volkreichen Ge­werbelandschaften Nordwesteuropas, die auf den Export angewiesen sind. Zum anderen: Der Kaufmann erweckt Bedürfnisse mit den materiellen und zivilisatorischen Gütern, die er vorzeigt; er erweckt Erfindungsgabe, Initia­tive und Arbeitsintensität überall da, wo man am Erwerb dieser Waren interessiert ist. Das heißt, man beginnt dort mehr und N eues zu produzieren,

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um die Waren des Westens gegen diese Erzeugnisse eintauschen zu können. Es ist das uralte Spiel, das sich überall dort ereignet, wo der Kaufmann als Träger einer neuartigen Zivilisation und ihrer Güter erscheint - gewiß nicht selten mit der Folge, daß gewachsene alte Kultur- und Lebensformen dadurch zersetzt oder verdrängt werden. Der Vorgang, der sich im Ostsee­gebiet zwischen 1150 und 1250 vollzog, weist manche Parallelen mit der öffnung der ostasiatischen Märkte und der überschwemmung der Länder des Fernen Ostens mit europäischen Zivilisations- und Kulturgütern seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf - auch wenn die geistigen und materiellen Differenzen zwischen Alt und Neu, Fremd und Einheimisch dort gewiß tausendfach größer und gröber waren als im Ostseegebiet des 12. und 13. Jahrhunderts.

Die Folgen jener neuartigen, intensiven Verkettung zwischen dem Nor­den-Nordosten und dem Kontinent wurden in wenigen Jahrzehnten erkenn­bar. Die bis dahin offenbar sehr bescheidene Ausbeutung der schwedischen Bodenschätze an Eisen und Kupfer nahm in erstaunlichem Umfang zu, fast im gleichen Maße vollzog sich eine Produktionssteigerung der landwirtschaft­lichen Exportgüter, wie namentlich Butter, Fleisch und Häute. Davon pro­fitierten nicht nur der grundbesitzende Adel und Teile des freien Bauern­tums, sondern vor allem die jungen Städte als die vom Hansekaufmann auf­gesuchten Zentren des Warenaustausches; es profitierte aber auch die staat­liche Gewalt, also das Königtum, das hier einstweilen die soziale, wirtschaft­liche und politische Entwicklung relativ fest in der Hand hielt, den fremden Kaufmann im eigenen Interesse aber sicherte und stützte, ähnlich wie das z. B. auch im gleichzeitigen England geschah. - An der livländisch-estländi­schen Gegenküste der Ostsee und in ihrem Hinterland erwuchsen die großen baltischen Städte überraschend schnell zu europäischer Bedeutung, insbeson­dere dank ihrer unumgänglichen Vermittlerstellung für den Handel mit den russischen Wertwaren, vorweg den begehrten Pelzen und dem im christlichen Abendland in ungeheuren Mengen verbrauchten Wachs. - In Norwegen wurde die Besiedlung des höheren Nordens und das Anwachsen der alten norwegischen Städte dadurch gefördert, daß der deutsche Kaufmann einer­seits den Absatz des norwegischen Stockfisches in immer größeren Mengen garantierte, andererseits die Versorgung des ernährungswirtschaftlich nicht autarken Landes mit Brotgetreide übernahm. - Auch die dänische Monar­chie, an sich ja seit langem ansehnlicher Bestandteil des im engeren Sinne abendländischen Staats- und Kulturbereichs, gewann nun doch noch erheb­lich an Wirtschaftskraft wie an politischer Leistungsfähigkeit, seit sich ihr

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durch den hansischen Heringshandel, durch die Kontrolle der Sundschiffahrt und durch die schonischen Messen sehr bedeutende Einnahmequellen zu er­schließen begannen.

Das Spiel der Absatzsuche für die eigenen kontinentalen Produkte und der Absatzgarantie für die Waren des Nordens und Ostens, das sich in die­sem frühhansischen System bereits so deutlich einpendelte, trieb die Produk­tion auf beiden Seiten immer höher. Die englischen und spanischen Wollpro­duzenten, die flandrischen Weber, die französischen Weinbauern und Salz­sieder, die niederrheinischen und westfälischen metallverarbeitenden Ge­werbe, die oberdeutschen Barchent- und Blechwarenproduzenten, die Brauer der niederdeutschen Städte, die Braunschweiger "Beckenwerker" und die Lüneburger Sülzbegüterten - sie alle haben diese Ausweitung ihres Absatz­marktes und damit ihrer Produktionsmöglichkeiten erkennbar ebenso gespürt wie auf der anderen Seite die Produzenten des Nordens und Ostens: die Fischer und Bergleute, Bauern und Viehhändler, die Teerbrenner und Köh­ler, die Pelzjäger, Honig- und Wachs sammler in den Wäldern des Nordens und Rußlands.

In diesem Zusammenhang muß nun auch die landwirtschaftliche und waldwirtschaftliche Produktion der ostdeutschen Küstenländer gesehen wer­den. Städte entstehen ja nicht von selbst, als Siedlungsballungen etwa um der Wohnbequemlichkeit willen, sie bedürfen stets eines ökonomischen An­reizes für ihre Entstehung, bestehe dieser nun in der Versorgung einer Ver­waltungszentrale und ihres Personals, oder in einer durch Bedarf und Roh­stoff ermöglichten gewerblichen Produktion, oder in der Stellung als Markt und Zentrale von Fernhandel oder Nahhandel. Altere Darstellungen der Hanse- und Ostseegeschichte haben sich um diese Ursachen wenig geküm­mert, sie sahen in der Bildung eines "Kranzes blühender deutscher Städte am Ostseerand" gern einen gewissermaßen automatisch sich vollziehenden Vor­gang, dessen nationales Gepräge ihnen jedenfalls deutlicher war als seine ökonomische Grundlage. Sie erkannten insbesondere nicht, daß es sich dabei erst um eine spätere Etappe im Aufbau des frühhansischen Handelssystems handelte und daß sie abhängig war von einem nichtstädtischen Vorgang: von der wirtschaftlichen Intensivierung des flachen Hinterlandes. In dem Maße, wie Brandenburg, Mecklenburg, Pommern und Preußen, das Elbe-, Oder- und Weichselhinterland sich im Zuge der bäuerlichen Besiedlung zu landwirtschaftlichen Oberschußgebieten entwickelten - und das geschah in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts -, erst in diesem Maße und unter dieser Voraussetzung konnten auch hier die Städte entstehen, die nun die

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Aufgabe der Verarbeitung und der Absatzvermittlung für diese Produktion übernahmen. Die Getreideüberschüsse des Elbhinterlandes sind sogar auch für den Aufstieg Lübecks und namentlich Hamburgs von entscheidender Wichtigkeit gewesen, wie die neuere Forschung gezeigt hat. In noch höherem Maße gilt das aber für die mecklenburgischen, pommerschen und preußischen Städte; bei diesen letzten tritt neben das Getreide als wichtiges Ausfuhrgut noch das aus dem preußischen, polnischen und litauischen Binnenland stam­mende Eichenholz, das als Wagen-, Haus- und Schiffbauholz in die wald­armen Gebiete Westeuropas exportiert wurde. Für das Korn, ungemahlen, gemahlen oder zu Bier verarbeitet (Hamburger, Lübecker oder Travebier, Rostocker und Wismarer Bier), sind Flandern und Norwegen, die beiden großen Partnerländer des hansischen Systems, die sich nicht selbst ernähren konnten, die ständigen Abnehmer. Ihre Abhängigkeit vom hansischen Ge­treideimport wuchs in dem gleichen Maße, wie die von der Hanse angeregte Produktion sich intensivierte und die Bevölkerung damit zunahm.

Es muß an diesem Abschnitt der Betrachtung noch einmal mit Nachdruck wiederholt werden: der Vorgang der Eingliederung des Ostseeraumes in das frühhansische Wirtschaftssystem ist nicht zu verstehen, wenn man ihn als eine - womöglich gar nationalpolitisch bedingte - Siedlungs- oder "Kolo­nisations"-Bewegung im neuzeitlichen Sinne, als eine planmäßige Umrin­gung der Ostsee mit deutschen Städten erklären will. Das Entscheidende an dem Vorgang war vielmehr zunächst die Vberbrückung des Meeres auf den Linien: Al tdeutschland-Lübeck-Visby-Riga/Reval/Dorpat-N ovgorod; Lü­beck-Schonen; Lübeck-Schweden. Das zeigt eindeutig, daß hier wirtschaft­liche Momente bestimmend waren, keine siedlungspolitischen. Es kam auf die Gewinnung der Handelsstraßen und ihrer Ausgangs- und Endpunkte an; diese Straßen aber führten zunächst über die hohe See, fern vorbei an der mecklenburgischen, pommerschen und preußischen Küste.

Wenn nun im 13. Jahrhundert die mecklenburgischen, pommerschen und preußischen Städte entstanden und damit scheinbar "planmäßig" der "Kranz" geschlossen wurde, so geschah das wiederum im Sinne der Gewin­nung neuer Seestraßen (nicht etwa auf dem Wege und mit der Absicht einer Küstenstraße von Lübeck bis Memel). Die neuen Städte dieser jüngsten Etappe sind in der gleichen Weise auf die See ausgerichtet, wie Lübeck, Visby, Reval und Riga. Sie vervollständigen das über die Ostsee geworfene Netz des hansischen Handelssystems, indem sie auf Seewegen die Ver­sorgung des Nordens und Westens mit den in ihnen sich sammelnden land­und waldwirtschaftlichenErzeugnissen übernehmen. Erst sekundär tritt eine

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Küstenfahrt an der deutschen Ostseeküste selbst ins Bild; größere Bedeu­tung gewinnt sie erst in spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Jahrhun­derten.

Dies heißt also: mit der Entstehung der mecklenburgischen, pommerschen und preußischen Städte ist die vierte und letzte Etappe in der Geschichte des hansischen Systems vollendet: um 1270/80, daher wiederum selbstver­ständlich nicht scharf geschieden von der vorhergehenden Etappe, sondern sich zeitlich weitgehend mit dieser überschneidend, organisch jedoch deutlich von ihr zu unterscheiden. Damit erst ist nun das Bild vollendet, das unwill­kürlich vor Augen tritt, wenn man an den eigentlichen Begriff "Hanse" denkt: zwischen Köln, Münster, Erfurt, Braunschweig, Hamburg einerseits, Lübeck, Danzig, Visby, Reval andererseits ein engverknüpftes System von etwa 30 größeren und an die hundert kleineren Städten, dessen Maschen über sie noch hinausreichen zu den fremden Endpunkten des Fernhandels in London, Brügge, Bergen, Stockholm, Novgorod usw. Alle diese Städte beruhend auf der Grundlage eines Fernhandels, der Rußland, Skandinavien und das Baltikum einerseits mit den alten Kultur- und Wirtschaftsgebieten Mittel- und Nordwesteuropas andererseits verbindet. Sie alle politisch und wirtschaftlich geführt von einem weitgehend identischen Personenkreis, da in allen Städten Menschengruppen gleichen Standes - nämlich Kaufleute -und weitgeliend gleicher Herkunft - wobei im Ostseegebiet die Westfalen überwiegen - die soziale Oberschicht bildeten, und da außerdem die Glieder jeder dieser Führungsgruppen sowohl untereinander wie auch mit denjeni­gen der anderen Gruppen in erheblichem Maße versippt waren.

Es versteht sich von selbst, daß in diesem Stadium der Entwicklung die ältere Zeit der wandernden Kaufmannsgruppen vorüber sein mußte. Es beginnt nun auch im Ostseeraum die Zeit des seßhaften Bürgers, der durch Brief und Boten, nicht durch ständige Reisen seine Geschäfte machte. Die Schiffe werden sicherer und größer, die Technik und Organisation des wirtschaftlichen und administrativen Betriebes ist überall voll aus­gebildet. Sichtbarstes Zeichen dafür ist das in zahlreichen Zeugnissen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts überlieferte Schriftwerk der städti­schen Verwaltungen.

Das Verschwinden der wandernden Kaufmannsverbände bedeutet nun freilich keineswegs das Ende der genossenschaftlichen Formen überhaupt. Vielmehr finden gerade jetzt - analog den in den Heimatstädten sich aus­bildenden festen Verfassungsformen - auch die kaufmännischen Gruppen­niederlassungen an den großen ständigen Auslandsmärkten ihre dauerhafte

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genossenschaftliche Organisation: so insbesondere in London, Bergen, Brügge, Novgorod. Die Mitgliedschaft in ihnen bedingt das Recht des Kauf­manns, am Genuß der für die Niederlassung geltenden Rechtsschutz- und Handelsprivilegien teilzuhaben. "Hanse" ist eben dies Recht, "Kaufmann von der Hanse" ist der Teilhaber an diesem Recht. "De ghemene kapman" ist die gängige Sammelbezeichnung für die Gesamtheit dieser Rechtsinhaber, oder auch: "de kap man van der dudeschen hense". Noch immer also ist Hanse als (genossenschaftlicher) Verband bevorrechteter Kaufleute zu ver­stehen, nicht als Verband von Heimatstädten.

Man hat in der älteren Literatur das beginnende 14. Jahrhundert schlecht­hin als die Epoche des Überganges von der "Kaufmannshanse" zur "Städte­hanse" verstanden, die dann in der Mitte des Jahrhunderts fest ausgebildet sei. In Wahrheit sind die Verhältnisse, wie die neuere Forschung gezeigt hat, wesentlich komplizierter, die Übergänge viel fließender und länger dauernd.

Richtig ist indessen, daß sich in dieser Hinsicht um die Wende zum 14. Jahrhundert eine Gewichtsverschiebung in Richtung auf die Städte vollzieht. Das hat vornehmlich die oben angedeuteten organisatorisch-technischen Gründe. Mit der" Verschriftlichung" und Seßhaftwerdung des kaufmän­nischen Geschäfts und der bürgerlichen Daseinsformen gewinnen die Hei­matstädte und der von den Kaufleuten dort gebildete Rat als Selbstver­waltungsorgan der Stadt naturgemäß erhöhtes Gewicht. Es gibt keine Wan­dergenossenschaften mehr, und die technisch fortgeschrittene Schiffahrt wird von Küsten- und Inselstützpunkten unabhängig. Das bedeutet nun, daß das alte Führungsgremium im Ostseegebiet, die Gotländische Genossenschaft, ihren Sinn verlor. Der stärkste Partner in dieser Genossenschaft, der Lü­becker Kaufmann, identisch mit dem Lübecker Rat, zieht ihre bisherigen Be­fugnisse in Handelsorganisation und Rechtsprechung an sich; nach langen, zähen Auseinandersetzungen stimmen die bisher durch ihre Kaufleute in Gotland mitvertretenen Städte in West und Ost dieser neuen Regelung zu. Lübeck ist schon seit Mitte des 13. Jahrhunderts das Haupt und die Spre­cherin der norddeutschen Städte bei den Auseinandersetzungen mit den dor­tigen fürstlichen Territorialmächten, bei den regionalen Landfriedens-, Straßenschutz- und Münzeinungen, auch bei den Verhandlungen um Han­dels- und Rechtsschutzprivilegien mit den ausländischen Mächten im Westen, Norden und Osten. Jetzt gilt diese Regelung auch für den wichtigsten und wertvollsten Weg des Handels, für die Novgorodfahrt. Damit hat sich bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts eine in vielfältigen Einzelheiten doku-

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mentierte "Interessengemeinschaft" norddeutscher Städte geoildet, die zwar noch nicht "Hanse" ist, aber immer sichtbarer den Hintergrund und die politische Kraftquelle für den "ghemenen kopman" bildet.

Gleichwohl bleibt dieser "kopman" noch bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts das genossenschaftliche Fundament in der wirtschaftlichen und rechtlichen Gesc:mtstruktur des Systems. Hansekaufmann ist nicht, wer Bürger einer Hansestadt ist, sondern Hansestadt ist, wessen Bürger am Auslandhandel beteiligt sind und unwidersprochen an den Privilegien teil­haben. Die "dudesehe hense" ist noch nicht in den Städten verkörpert. Sehr charakteristisch kommt das darin zum Ausdruck, daß die Städte, seit sie ~ich namentlich selbst in Beziehung zur Hanse setzen (erstmals 1358), sich doch nicht als "Hansestädte", sondern als "stede van der dudeschen hense" bezeichnen, das ist: Städte des Rechts der Auslandkaufleute.

Der komplizierte Sachverhalt wird nur dadurch einigermaßen verschleiert, daß die Städte jetzt immer öfter Anlaß haben, zur Beratung gemeinsamer Angelegenheiten zusammenzutreten, dem Ausland gegenüber die Rechte und Beschwerden ihrer Angehörigen in den Auslandsgenossenschaften zu ver­treten, gegenüber Privilegienbedrohungen oder Privilegienverletzungen ge­meinstädtische politische Maßnahmen zu ergreifen. Mit der Konsolidierung der nordeuropäischen Staatenwelt ergeben sich da immer häufiger wirt­schaftspolitische Aufgaben, denen die Auslandsgenossenschaften allein nicht gewachsen sind. Sie müssen, oft widerwillig genug, geradezu die Hilfe der Heimatstädte angehen; und sie müssen das damit bezahlen, daß sie sich in Organisations- und Rechtsprechungsfragen der Autorität der Heimatstädte (so Brügge) oder gar Lübecks allein (so Bergen) unterstellen. Der Vorgang wird beschleunigt durch die gemeinstädtischen Handelssperren und Kriegs­bündnisse ad hoc in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, so vor allem die erste große Sperre gegen Flandern (1358-60) und die Kölner Konföde­ration (1367). Obwohl die Frage des "Mitgliedrechts" in der Hanse für den Einzelkaufmann noch lange in der Schwebe bleibt und sich dabei ältere (genossenschaftliche) und neuere (städtische) Grundsätze noch bis ins 16. Jahr­hundert überschneiden, so wird damit im großen die Wandlung zur "Städte­hanse" als der befugten Vertreterin des norddeutschen Städtewesens und der Wirtschaftsinteressen ihrer kaufmännischen Bürger doch endlich voll­endet, aber eben erst gegen Ende des Jahrhunderts. Was wir landläufig "die Hanse" nennen, ist strenggenommen erst seit etwa 1400 fertig vorhanden. Man hat in diesem Sinne neuerdings darauf aufmerksam gemacht, daß sich seit der Jahrhundertwende der Ausdruck "hensestede" an Stelle jenes älte-

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ren "stede van der dudeschen hense" durchsetzt. Die Gleichung Städte Hanse ist vollzogen.

Diese Entwicklung mußte hier einmal angedeutet werden, um zu zeigen, wo die eigentlichen, genossenschaftlichen Wurzeln der Hanse liegen und wie lange es gedauert hat, bis daraus die dauernde organisatorische "Interessen­gemeinschaft" der Städte wurde. Es ist gewiß nichts dagegen einzuwenden, daß man gemäß dem eingebürgerten Sprachgebrauch auch weiterhin schon für das 13. und 14. Jahrhundert von Hansestädten und Hanse spricht. Nur muß man sich darüber klar sein, daß "Hanse" von Anfang her etwas älteres, etwas anderes und jedenfalls mehr ist als eine Gemeinschaft von Städten. Das ist wichtig, weil es zeigt, daß das Werden des hansischen Handels­systems vorwiegend als ein Werk kaufmännisch-genossenschaftlicher, nicht aber städtisch-politischer Gruppenaktionen zu begreifen ist. Die Städte -deren etappenweise Entstehung im Ostseeraum wir oben verfolgt haben -sind zwar Ausgangspunkt und Rückendeckung, nicht aber selbst Subjekt der vielberufenen "hansischen Expansion" des 13. und 14. Jahrhunderts. Schon darum dürften sie nicht als Träger eines politischen Macht- oder Eroberungs­gedankens mißverstanden werden. Selbst wenn sie gewollt hätten, wären sie aber zu solchem Programm auch gar nicht fähig gewesen.

Denn die organisatorische Form der im Laufe des 14. Jahrhunderts sich bildenden, am Ende des Jahrhunderts vollendeten "Städtehanse" krankt von vornherein an konstitutionellen Schwächen, die nie überwunden wor­den sind. Die Form, die Zwecksetzung und die Grenzen, mit denen sich die derart vollendet städtische Organisation im Spätmittelalter darstellt, sollen nun im Folgenden näher betrachtet werden.

Entscheidend für das Verständnis ist, daß die (Städte-)Hanse keine recht­lich, zeitlich oder örtlich fixierbare "Gründung" mit bestimmter Zweck­setzung ist, wie etwa die Landfriedens- und Städtebündnisse West- und Oberdeutschlands, sondern daß sie eine Folgeerscheinung handels- und ver­kehrsrechtlicher Gruppenprivilegierungen ist. Sie entsteht, wie wir sahen, indem sehr allmählich die Sicherung und Wahrung solcher Privilegien von deren Nutznießern und ursprünglichen Inhabern, den kaufmännischen Per­sonalverbänden, auf die Heimatstädte übergeht, die schon vorher durch mannigfaltige rechtliche und politische Gruppenbildungen regionaler oder überregionaler Art in Beziehung zueinander getreten waren. Durch die nun­mehr gemeinsame Aufgabe der Privilegienwahrung und Interessenvertre­tung gegenüber dem Ausland wird daraus zwar eine Art von Gesamtver­band. Aber dieser Verband ist niemals zu jener relativ straffen genossen-

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schaftlichen Form gelangt, welche die Vorgängerinstanzen in der "Kauf­mannshanse" charakterisiert hatte und welche nach wie vor auch für die genossenschaftlichen Bindungen innerhalb jeder einzelnen Stadt galt.

Dadurch wird die Form der Hanse für den modernen Menschen so schwer begreiflich, weil sie mit den geläufigen vereins-, körperschafts- oder staats­rechtlichen Begriffen schlechterdings nicht faßbar ist. Die Hanse ist kein "Halbstaat", wie eine marxistische Darstellung neuerdings behaupten wollte, kein Bundesstaat, nicht einmal Staatenbund (soweit solche Begriffe für das Mittelalter überhaupt anwendbar sind), da ihre Glieder ja nicht "souverän" sind, sondern verschiedenste Formen politischer Organisation und Unterstel­lung zeigen, vom gräflichen Landstädtchen über bischöfliche Residenzstädte, mehr oder minder autonome Glieder größerer Territorien, bis zu den weni­nigen freien Reichsstädten, wie Lübeck, Dortmund, Goslar. Gleicht die weit­gehend autonome Selbstverwaltung fast aller Städte diese staatsrechtlichen Mängel auch weitgehend aus, so gestattete die Verschiedenheit der Lage doch keinen festen Zusammenschluß in Bundesform - selbst wenn man ihn ge­wollt hätte. Zum Bund fehlen der Hanse alle vereins- oder staatsrechtlichen Merkmale - Verfassung, Bundesorgane, Exekutive. Lübeck hat nur ehren­halber den Vorsitz. Es gibt keine gemeinsamen Finanzen oder sonst irgend­welche Institutionen, die das Wesen eines Bundes ausmachen. Zwar können die in unregelmäßigen Zeitabständen zusammentretenden Hansetage Be­schlüsse fassen ("Rezesse"). Aber der Beschluß bindet das Einzelglied nur, soweit es an ihm teilgenommen und soweit es ihn ratifiziert hat. Recht be­zeichnend ist es auch, daß die Beschlüsse der Hansetage überwiegend nega­tiven Verbotscharakter tragen, nur seltener positiven Gebotscharakter. Unterlassungen lassen sich leichter beschließen, notfalls auch erzwingen, als aktive Leistungen. Sicherstes Zeichen dafür, daß die (Städte-)Hanse nidlt Bund im staats- oder vereins rechtlichen Sinne war und sein wollte, ist jedoch der Umstand, daß innerhalb der Hanse bei gegebenem akuten Anlaß wieder­holt echte Bünde oder Bündnisse geschlossen worden sind: zu Kriegs- oder Handelskriegszwecken, zur Bekämpfung von See- oder Straßenräubern, zur Durchsetzung bestimmter technischer, rechtlicher oder wirtschaftspolitischer Grundsätze im ganzen oder in einzelnen Handels- oder Gewerbezweigen usw. Bekanntestes und historisch bedeutsamstes dieser hansischen Sonder­bündnisse ist die Kölner Konföderation von 1367, als Zweckbündnis zur Be­kämpfung der von König Valdemar Atterdag drohenden militärischen und wirtschaftspolitischen Gefahren. Dem Bündnis, dessen Organisationsformen, Finanzierungsmaßnahmen und militärische Leistungen vielfach als spezi-

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fisch hansisch mißverstanden worden sind, gehörten zahlreiche und bedeu­tende Hansestädte nicht an (Köln, Bremen, Hamburg, Riga, Reval u. a.), wiewohl sie sich später in den Friedensvertrag einschließen ließen, dagegen z. B. das in jedem Sinn nichthansische Amsterdam.

Es ist, wie man sieht, leichter zu sagen, was die Hanse nicht war, als eine positive Charakterisierung zu geben. Man wird am ehesten sagen können: Die Städtehanse ist eine Interessengemeinschaft vorwiegend niederdeutscher Städte und Städtegruppen, deren Hauptzweck die Sicherung der gemein­samen Auslandsprivilegien, des Fernhandels, des Verkehrs und der Gewerbe­tätigkeit der eigenen Bürger darstellt - anders ausgedrückt: die Aufrecht­erhaltung des von diesen Städten und ihren Bürgern weitgehend getragenen und beherrschten nord- und mitteleuropäischen "Weltwirtschafts" -Systems.

Primär ist also nicht ein politisches, städtisches Anliegen im eigentlichen Sinne, sondern gemeinsames Außenhandelsinteresse maßgebend: Freiheit von militärischer oder verbrecherischer Bedrohung dieses Handels, von fiskali­schen Bedrückungen, landesrechtlicher Diskriminierung, von unlauterer Kon­kurrenz durch Nichtprivilegierte und "Fremde", die sich in den Genuß der einmal durch Leistung gewonnenen und rechtlich fixierten Auslandsvorrechte eindrängen, wie das bald in zunehmendem Maße für die Engländer, Nieder­länder, Schotten gilt. Die politische, auch machtpolitische Betätigung der Ge­meinschaft ist nicht Selbstzweck, wie bei den souveränen Staatswesen der Zeit, sondern Mittel zur SiCherung jener wirtschaftlichen Belange.

Nun ist, so lange die Städtehanse besteht und je länger um so mehr, das Interesse der einzelnen Stadt bzw. ihrer Bürger an der Aufrechterhaltung des gesamten Systems verschieden stark, je nach der geographischen Lage, der eigenen innenpolitischen oder territorialpolitischen Situation, der Akti­vität und Hauptverkehrsrichtung des eigenen Handels. Köln steht beiseite, wenn es sich um die Sicherung der See in den gotländischen oder dänischen Gewässern handelt, Bremen ist am freien Handel in Novgorod wenig inter­essiert, die mecklenburgischen und pommerschen Städte nehmen im 15. Jahr­hundert wenig Anteil an der Wahrung der englischen Privilegien. Ja, es kommt zu ausgesprochenen Interessengegensätzen: Köln lehnt jede gesamt­hansische Einflußnahme auf seine besondere Stellung in London ab, die preu­ßischen und baltischen Städte vertreten im Verhältnis zu England und den Niederlanden andere Verkehrsinteressen als die Mittelgruppe der "wen­dischen" Städte mit der Führerin Lübeck, die drei großen baltischen Städte haben darüber hinaus auch ganz andere Vorstellungen von Funktion und Organisation des Novgorodhandels als Lübeck und die altdeutschen Städte.

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Das alles wird noch ständig über- und durchkreuzt durch Rücksichten, die einzelne Städte oder Städtegruppen - etwa die mecklenburgischen, die pom­merschen, die brandenburgischen, die preußischen - auf ihre eigenen oder die benachbarten Territorialherren nehmen müssen.

Damit ist gesagt, daß die Interessengemeinschaft naturnotwendig lose ist und lose sein muß, daß "die Hanse" bei näherer Betrachtung etwas nahezu Molluskenhaftes hat, bald sich ausdehnend, bald sich auf einen kleinen Kern zusammenziehend, bald kräftig zupackend, bald in Duldung fast zerflie­ßend. Es scheint hiernach eigentlich ein Wunder, daß das System trotzdem überhaupt so lange leidlich funktioniert hat, insbesondere in seinem eigen­sten, dem kommerziellen Bereich. Das Wunder erklärt sich vielleicht am ehesten, wenn man das Phänomen Hanse (bei aller gebotenen Vorsicht, deren jede historische Parallele bedarf) in Vergleich setzt zu einer ähnlich unfaßbaren, ähnlich auf Unwägbarkeiten, auf sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Gemeinsamkeiten beruhenden Erscheinung neuester Zeit, die allerdings um ein wesentliches mehr politisch bestimmt ist: zu dem briti­schen Commonwealth, in dessen Rahmen die alte Kernmacht, der englische Inselstaat, vergleichsweise etwa die hansische Rolle Lübecks spielt. Den Ver­gleich auszuspinnen - etwa auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht - wäre außerordentlich reizvoll, ist aber an dieser Stelle nicht möglich.

Neben der grundsätzlichen Gemeinsamkeit des Außenhandelsinteresses sind es nun freilich noch mancherlei andere Gemeinsamkeiten in städtisch­bürgerlichen Lebensformen und Institutionen, auf denen der hansestädtische Zusammenhalt beruhte. Da ist zunächst die im Grundsatz überall gleiche rechtliche und soziale Situation im Innern der Städte: die Bindung an ein Stadtrecht, das die Stadt vom Lande schied, das sie aber mit zahlreichen anderen Städten gleichen oder ähnlichen Rechts verknüpfte - besonders deut­lich ausgeprägt im Bereich des lübisch-hamburgischen Rechts, das einerseits von Köln und Soest herkam, andererseits bis Riga, Reval, Memel, Dirschau über die Ostsee reichte; als Kaufmannsrecht und Seerecht auch außerhalb der Stadtmauern wirksam. Diese weitgehende Rechtsgemeinschaft wird dann auch sowohl in der Sozialordnung als in der Verfassung der Städte sichtbar: überall, bei gleichbleibender persönlicher Freiheit aller Stadtbewohner, eine soziale Rangstufung, innerhalb derer der Kaufmannsstand die bevorrechtete Spitzengruppe bildete und in der Regel die Stadtregierung, den Rat oder das Schöffenkollegium, allein zu besetzen hatte. Die hiermit in unmittel­barem Zusammenhang stehende personelle und familiäre Verflechtung dieser städtischen Oberschichten untereinander ist schon oben berührt worden. In

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der Verfassungs form liegt die Garantie für das ungehemmte Funktionieren des wichtigsten Erwerbszweiges, eben des Außenhandels. Mehr als einmal haben die Hansestädte gütlich oder mit Zwangsmitteln eingegriffen, wenn in einer der Gliedstädte die verfassungsmäßige Prädominanz des Kauf­mannsstandes durch innere Umwälzungen oder Unruhen bedroht war: in Bremen, in Braunschweig, in Hamburg, auch in Lübeck, in Rostock und anderswo.

Doch wendet sich diese Tendenz zur Wahrung der bestehenden hanse­städtischen Ordnung nicht nur nach innen, sondern auch nach außen. überall waren diese Städte im 12., 13. und beginnenden 14. Jahrhundert ja groß geworden durch eine weitgehende Autonomie. Sie war zugleich die natür­liche Voraussetzung für ihr weltweites wirtschaftliches Wirken in einem Zeitalter, das staatliche Wirtschaftsförderung und Wirtschaftspolitik nicht einmal als Begriff kannte. überall aber setzte im 14. Jahrhundert, verschärft im 15. Jahrhundert, der Druck der Dynasten, der Territorialstaaten, der werdenden Nationalstaaten ein, die diese Städte in ihren Machtbereich inte­grieren und ihrem durchaus fiskalischen Interesse, ihrer überwiegend un­bürgerlichen Rechtsordnung unterwerfen wollten. Der Kampf gegen diesen zunehmenden flächenstaatlichen Zwang ist das zweite allgemeine Interesse, neben demjenigen an ungestörter innerer Ordnung, das die Städte immer wieder zusammenfügte. Hier berühren sich Aufgaben und Daseinsformen der hansischen Gemeinschaft am ehesten mit denen der großen oberdeut­schen Städteeinungen.

Das führt dann schließlich auch wieder in das internationale Feld, in den Interessenbereich des Auslandhandels, mit dessen Betrachtung wir begannen. Ohnehin besteht für die hansestädtischen Räte kein grundsätzlicher und begrifflicher Unterschied zwischen den Machthabern des In- und Auslandes. Die politischen Tendenzen des spätmittelalterlichen Fürstenwesens sind über­all in Europa die gleichen, und die hansische Politik ist ihnen gegenüber stets von ständischen und wirtschaftlichen, nicht etwa von nationalen Denkfor­men bestimmt. Nur die Auswirkungen und die Themen dieser Auseinander­setzungen sind verschieden: handelt es sich gegenüber den norddeutschen Territorialherren überwiegend um die Wahrung der inneren Autonomie und Handlungsfreiheit, so steht gegenüber den Herrschern des Auslandes die Wahrung der Handelsvorrechte in ihren Bereichen im Vordergrund. Mögen sich nun im Außenhandel auch, wie wir sahen, die einzelstädtischen Inter­essen oft genug gekreuzt oder widersprochen haben: daß die überkommenen Privilegien im Ausland unangetastet bleiben müßten, war doch eine allen

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gemeinsame Grundüberzeugung, für die mindestens die führenden und hauptsächlich interessierten Städte keine diplomatischen oder wirtschafts­politischen, im äußersten Fall auch militärischen Bemühungen scheuten.

Denn wenn auch dieses mittelalterliche Wirtschaftssystem Mittel- und Nordeuropas, das auf regelmäßigem und massenhaftem Austausch von Roh­stoffen des Nordens und Ostens gegen Fertigwaren und Konsumgüter des Kontinents beruhte, drei Jahrhunderte lang befriedigend funktionierte -man kann auch vom Standpunkt heutiger Europawirtschaftspläne sagen: erstaunlich gut funktionierte -, so war doch dieses Funktionieren an die Tat­sache gebunden, daß wir es hier mit einem faktischen Gruppenmonopol zu tun haben. Einem Monopol, das überall, in England, Flandern, Norwegen, Dänemark, Schweden, Livland, Polen, Rußland, den hansischen Kaufmann nicht nur vor dem sonstigen Fremden bevorzugte oder gar allein privile­gierte, sondern oft genug auch dem Einheimischen formell gleichstellte, was im Tatsächlichen meist eine Besserstellung bedeutete. Nach der bis in das 16. und 17. Jahrhundert in den Hansestädten herrschenden Auffassung war dies der natürliche und richtige Zustand, weil es der Zustand des "alten Rechtes" war.

Hier erhebt sich als letztes die Frage nach der inneren Berechtigung des hansischen Wirtschaftssystems. Der Punkt wurde schon im ersten Abschnitt dieser Betrachtung berührt, und es muß nun noch einmal auf die hansischen Anfänge zurückgegriffen werden. Die mercatores Imperii des 12. und 13. Jahrhunderts, die genossenschaftlich organisierten Kaufleute im Bereich zwi­schen Reichsflandern und Niederrhein, Mitteldeutschland und Ostsee, hatten damals für die nördliche Hälfte Europas offensichtlich die gleiche Funktion, sie vollbrachten die gleiche kommerzielle Leistung, wie etwa gleichzeitig, doch mit einem Vorsprung von ein bis zwei Jahrhunderten, die italienischen Kaufleute der lombardisch-toskanischen Städtelandschaft. Sie schaffen durch Organisation der Produktion und eines weiträumigen und regelmäßigen Warenaustausches ökonomische Großlandschaften, deren zunehmende wirt­schaftliche und soziale Verflechtung dann lange von ihnen gelenkt und be­herrscht wird. Jene, die Italiener, organisieren aufs neue den mittelmeeri­schen Großwirtschaftsraum, der durch die arabische Invasion zunächst zer­rissen worden war, und sie verbinden ihn an mehreren Gelenkpunkten mit den vorderasiatischen, den oberdeutsch-ungarischen und den westeuro­päischen Märkten. Diese, die Hansen, vollziehen die gleiche ökonomische Integration in der Nord- und Nordosthälfte Europas - mindestens an einigen westeuropäischen Knotenpunkten berührt und verknüpft sich übri-

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gens ihr System direkt mit dem mittelmeerisch-italienischen: so auf den Champagner Messen des 13. Jahrhunderts, aber auch in London und Brügge. Beide erfüllen damit" weltwirtschaftliche" Aufgaben ihrer Zeit, deren Lö­sung - nachdem Produktion und Bedürfnisse einmal geweckt sind - für die beteiligten Wirtschafts- und Sozialpartner mehr oder minder lebensnotwen­dig geworden ist, und die einstweilen schlechterdings niemand anders er­füllen kann, als eben sie: die italienischen Kaufleute und Bankiers dort, die hansestädtischen Kaufleute und Kapitalgeber hier. Reste älterer Handels­strukturen und Ansätze anderer, konkurrierender Kräfte haben sie dank überlegener Wirtschaftstechnik und Sozialorganisation in zunächst freiem Wettbewerb aus dem Felde geschlagen. Der arabische Wanderhändler so gut wie der gotländische Bauernkaufmann oder der handeltreibende nor­wegische Großgrundbesitzer sind ihnen nicht gewachsen gewesen und ihnen daher schließlich erlegen. Die weltwirtschaftliche Leistung, die sie mit dem Aufbau ihres Fernhandelssystems vollbracht haben, lassen sie sich freilich bezahlen: das ist der Sinn der großen Auslandsprivilegien, die der hansische Kaufmann im ausgehenden 12. und im Laufe des 13. Jahrhunderts überall erstmalig erwirbt und deren Sicherung, Bestätigung, Erneuerung, Verbesse­rung den eigentlichen Inhalt seiner "Politik" in den folgenden Jahrhunder­ten ausmacht. So werden allein in den sieben Jahrzehnten zwischen 1220 und 1290 die grundlegenden Privilegien in den sämtlichen wendischen Für­stentümern des Ostseebereichs, ferner in Dänemark, England, Schweden, den Grafschaften Flandern und Holland, in Frankreich, Norwegen und Schottland erworben.

Die damit errungenen faktischen Außenhandelsmonopole im nordeuro­päischen Großwirtschaftsraum haben ihren Sinn also, so lange der hansische Kaufmann für das Funktionieren des Systems unentbehrlich war, so lange also das Gruppenmonopol ein Leistungsmonopol ist. Bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts ist das unzweifelhaft der Fall.

Dann aber verkehrt sich, zunächst langsam, dann immer rascher und deut­licher, die soziale und weltwirtschaftliche Frontenlage. Man darf da wohl wieder an uns heute geläufige Vorgänge erinnern, an die Verselbständigung überseeischer Wirtschaftsgebiete, die immer auch mit der Ausbildung neuer sozialer und nationaler Ansprüche und Faktoren Hand in Hand geht. Die vom hansischen Kaufmann einst veranlaßte, ja geradezu herausgeforderte intensivere Produktion will sich nun selbst und unmittelbar am Absatz und am Handelsgewinn beteiligen; der Vergleich etwa zur jüngsten Entwicklung im internationalen ölgeschäft drängt sich auf. Das städtische Bürgertum

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Englands und der Niederlande, aber auch Dänemarks und Schwedens ist im Rahmen und im Schutz der sich konzentrierenden neuen Territorien und Nationalstaaten des ausgehenden Mittelalters stark und selbstbewußt genug geworden, um die zeitweise fast selbstverständliche Rolle des Hansekauf­manns als Vermittlers des internationalen Güteraustausches und Herrn des Kapitalmarktes nunmehr als einen Vorgang ungerechtfertigter Ausbeutung zu empfinden. Besonders deutlich wird das überall da, wo die Agrarkrise des ausgehenden 14. und des 15. Jahrhunderts diese naturgegebenen Gegensätze noch verschärft, so in Norwegen und Dänemark.

Die Hansen werden folglich überall in die Defensive gedrängt. Sie be­harren um so zäher, mancherorts auch mit brutaler Gewalt, auf ihren privi­legierten Monopolen und entwickeln gleichzeitig zu Hause in den eigenen Städten ein System des Protektionismus, das dem Fremden (dem "Gast") den Zutritt immer mehr erschwert oder geradezu verwehrt. Das heißt: sie geben die naturrechtlich begründeten Vorstellungen von Handelsfreiheit und Konkurrenzfreiheit, mit denen sie einst groß geworden waren, mehr und mehr auf. Bald werden es statt dessen die Engländer und Holländer sein, die sich mit der Forderung nach free trade und mare liberum als die fort­schrittlichen Elemente des Welthandels darzustellen vermögen. Nach an­fänglichem Zögern schlagen sich daher überall auch die Regierungen schließ­lich auf die Seite ihres eigenen kaufmännischen Bürgertums, nachdem sie auffallend lange, aber aus wohlverstandenem fiskalischem Interesse, den hansischen Kaufmann protegiert hatten. So geschieht es im neuen burgun­dischen Großstaat, im England der ersten Tudors, in Schweden, wo die Sture mit dem Aufbau ihres Nationalstaates beginnen, im Dänemark der ersten oldenburgischen Herrscher; schließlich auch in Rußland, wo die berühmte gewaltsame Schließung des hansischen Petershofes in Novgorod durch I van III. im Jahre 1494 das sichtbarste, wenn auch handelsgeschichtlich nicht einmal das entscheidendste Symptom der neuen Lage geworden ist.

Diese Vorgänge, die dann ja durch die Erschließung neuer Welthandels­wege noch beschleunigt worden sind - nicht etwa durch sie ausgelöst worden sind, wie man in der populären Literatur noch heute gelegentlich lesen kann -, können hier nicht mehr im einzelnen verfolgt werden. Ihr Endergeb­nis ist bekannt: in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird in der nörd­lichen Hälfte Europas das System eines auf autonome Städte und Städte­gruppen - eben auf die Hanse - ausgerichteten Verkehrs- und Handelsnetzes nach und nach abgelöst durch ein System von Nationalwirtschaften, dessen erste Blütezeit wir mit dem Schlagwort des Merkantilismus zu bezeichnen

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gewöhnt sind. Keineswegs freilich verschwindet der hansestädtische Kauf­mann nun etwa aus diesem System. Unter den Bedingungen einer neuen Ver­kehrslage gewinnen vielmehr Städte wie Hamburg, Danzig, Riga nunmehr erst einen Höhepunkt ihrer weltwirtschaftlichen Stellung; und selbst Lübeck wahrt sich noch bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts die uralte füh­rende Stellung im Außenhandel Schwedens, namentlich was die Bergbau­produkte angeht (Eisen, Kupfer). Aber das geschieht nun nicht mehr im Rahmen der alten hansisch-städtischen Interessengemeinschaft und des ge­meinsamen Privilegiengenusses, sondern in der Form eines scharfen inneren und äußeren Konkurrenzkampfes um Anteile an einer neuen Weltwirtschafts­struktur, die wirtschaftspolitisch nicht mehr von den Städten, sondern von den staatlichen Mächten des atlantischen und nördlichen Europa beherrscht wird.

Seit dem 16. Jahrhundert "vereinzeln" sich die Hansestädte, als wirt­schaftliche Einheit können sie nicht mehr begriffen werden. Als wirtschaft­liche Faktoren von einiger Bedeutung bestehen sie nur, soweit es ihnen ge­lingt, sich in die neuen Wege des Weltverkehrs einzufädeln und sich die neuen Welthandelsbräuche und Welthandelstechniken anzueignen. Wo das gelingt - so namentlich in den deutschen Nordseehäfen -, da tritt allmählich und bald immer deutlicher an die Stelle des hansischen Kaufmanns spätmittel­alterlicher Prägung der "hanseatische" Kaufmann einer neuen, auch für ihn zukunftsträchtigen Weltwirtschaftsepoche.

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Literaturhinweise Ganz knappe Auswahl. Bevorzugt sind Arbeiten mit weiterführenden Literaturangaben.

1. ALLGEMEINES

Regelmäßige Berichterstattung über die Literatur zur Hansegeschichte in den "Hansischen Geschichtsblättern" (seit 1871; zuletzt Bd. 80, 1962). In Bd. 76, 1958, ein Verzeichnis aller bis dahin erschienenen Bände der zahlreichen Veröffentlichungsreihen des Hansischen Ge­schichtsvereins.

Eine wissenschaftlich uneingeschränkt brauchbare moderne Gesamtdarstellung der Hanse­geschichte gibt es nicht. Umfangreiches Tatsachen- und Bildmaterial, verarbeitet auf Grund der bis 1940 erschienenen Literatur, aber nicht ohne Mißverständnisse und Schiefheiten im einzelnen, bietet die populäre Darstellung von K. Pagel: Die Hanse (2. Aufl., 1952). Die zuverlässigste wissenschaftliche Darstellung der Städtehanse des Spätmittelalters, unter starker Betonung der politischen Vorgänge, ist immer noch: E. Daencll, Die Blütezeit der deutschen Hanse (2 Bde., 1905-06). Als knappe erste Einführung noch unübertroffen: w. Vogel, Kurze Geschichte der Deutschen Hanse (Pfingstblätter d. Hansischen Geschichts­vereins 11, 1915). Zwei neuere Essays von bedeutendem Eigenwert: L. Beutin, Das Wesen der Hanse (in: Verslagen en Mededeelingen .. van Overijsselsch Regt en Geschiedenis, 22, 1957), und H. Sproemberg, Die Hanse in europäischer Sicht (Annales de la Societe Royale d'Archeologie, 50, 1961).

Die entscheidenden neueren Gesichtspunkte zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Hansestädte und zur Entstehungsgeschichte des hansischen Systems, der bürgerlichen Expan­sion usw. hat F. Rörig entwickelt. Die wichtigsten seiner zahlreichen Einzeluntersuchun­gen, von denen die älteren schon in dem Buch Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschafts­geschichte (1928) zusammengefaßt worden waren, liegen jetzt gesammelt vor in: F. Rörig, Wirtschaftskräfte des Mittelalters, Abhandlungen zur Stadt- und Hansegeschichte, hrsg. v. P. Kaegbein (1959). Ergänzend ist heranzuziehen von demselben Vf.: Die europäische Stadt des Mittelalters (Kl. Vandenhoeck-Reihe 12/13, 3. Aufl., 1958).

Eine hervorragende problem geschichtliche übersicht über die auch im vorliegenden Auf­satz berührten Themen der frühhansischen Wanderwege, Organisations formen und Nieder­lassungen sowie der städtischen Siedlungs-, Bündnis-, Verkehrs- und Wirtschaftsformen liegt in dem umfangreichen Aufsatz von P. Johansen vor: Umrisse und Aufgaben der hansischen Siedlungsgeschichte und Kartographie (Hansische Geschichtsblätter 73, 1955, S. 1-105).

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Zu S. 11:

Literaturhinweise

11. EINZELHEITEN

L. Musset, Les peuples scandinaves au Moyen Age (Paris 1951). Zum folgen­den vgl. vor allem folgende Aufsätze von F. Rörig in dem oben erwähnten Sammelwerk: Magdeburgs Entstehung u. d. ältere Handelsgeschichte; Die Entstehung der Hanse u. d. Ostseeraum; Rheinland-Westfalen u. d. deutsche Hanse.

Zu S. 14 ff.: F. Rörig, Heinrich der Löwe und die Gründung Lübccks; Reichssymbolik auf Gotland (beide in dem erwähnten Sammelwerk). W. Koppe, Schleswig und die Schleswiger (in: Städtewesen u. Bürgertum als geschichtliche Kräfte, Ge­dächtnisschrift f. F. Rörig, 1953).

Zu S. 16ff.: D.Schäfer, Das Buch des lüb. Vogts auf Schonen (2. Aufl.1927); P./ohansen, Novgorod und die Hanse (Ged. schrift für F. Rörig).

Zu S. 18: K. Kumlien, Schweden u. Lübeck zu Beginn der Hansezeit (HansGbll 78, 1960); ders., Sverige och Hanseaterna, Studier i svensk politik och utrikes­handel (Stockh. 1953); C. Koren-Wiberg, Hanseaterne og Bergen (Bergen 1932); R. Häpke, Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt (1908)

Zu S. 20: K. Kumlien, Königtum, Städte u. Hanse in Schweden (Ged. schrift F. Rörig); J. Schreiner, Bemerkungen zum Hanse-Norwegen-Problem (HansGbll 72, 1954); ders., Die Frage nach der Stellung des deutschen Kaufmanns zur norwegischen Staatsrnacht (HansGbll 74, 1956).

Zu S. 23: Die Zugehörigkeit der einzelnen Städte und Städtegruppen zur Hanse be­handelt eingehend, freilich von einem heute als überholt anzusehenden formalen Standpunkt aus: W. Stein, Die Hansestädte (HansGbll 1913, 1914, 1915, Register 1915, S. 177 f.)

Zu S. 24: über die Teilnahme an den Auslandsrechten, Kaufleute- und Städtehanse vgl. jetzt die grundlegende Untersuchung von K. Friedland, Kaufleute und Städte als Glieder der Hanse (HansGbll 76, 1958). P. Kallmerten, Lübische Bündnispolitik ... 1227-1307 (Diss. Kiel 1932).

Zu S. 25 ff.: E. Daenell, Die Kölner Konföderation v. 1367 u. d. schonischen Pfandschaften (1894). Zur "machtpolitischen" Stellung der Hanse vgl. meine Ausführungen in: "Die Hanse und die nordischen Mächte im Mittelalter" (Veröff. d. Arbeits­gemeinschaft f. Forschung d. Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 102, 1962).

Zu S. 27: D. Schäfer, Die Hansestädte und König Waldemar von Dänemark (1879); W. Bode, Hansische Bundesbestrebungen in d. ersten Hälfte d. 15. Jahr­hunderts (HansGbll1919, 1920/21, 1926); W. Friccius, Der Wirtschaftskrieg als Mittel hansischer Politik im 14 u. 15. Jahrhundert (HansGb111932, 1933).

Zu S. 29: W. Ebel, Hansisches Recht, Begriff u. Probleme (1949); H. Reincke, Kölner, Soester, Lübecker und Hamburger Recht in ihren gegenseitigen Beziehungen (HansGbll 69, 1950); E. G. Krüger, Die Bevölkerungsverschiebung aus den altdeutschen Städten über Lübeck in die Städte des Ostseegebiets (Zs. d.

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Literaturhinweise 37

Vereins f. Lüb. Gesch. 27, 1934); zu den Verfassungsumwälzungen: A. v. Brandt, Die Lübecker Knochenhaueraufstände von 1380/84 und ihre Voraus­setzung (Zs. d. Vereins f. Lüb. Gesch. 39, 1959).

Zu S. 30: G. Frhr. v. d. Ropp, Die Hanse und die deutschen Stände, vornehmlich im 15. Jahrhundert (HansGbll 1886); F. Frensdor//, Die Hanse zu Ausgang des Mittelalters (HansGbll 1893).

Zu S. 31: F. Rörig, Mittelalterliche Weltwirtschaft. Blüte und Ende einer Weltwirt­schaftsperiode (a. a. 0.).

Zu S. 33: ]. Schreiner, Pest og Prisfall i senmiddelalderen (Oslo 1948); P. Enemark, Den okonomiske baggrund for de forste Oldenborgske kongers udenrigspolitik (Jyske Samlinger N. R. IV, 1, 1957); A. v. Brandt, Die Hansestädte u. d. Freiheit der Meere (Ged.schr. F. Rörig). R. Häpke, Der Untergang d. hansischen Vormachtstellung in der Ostsee (HansGbII 1912); A. v. Brandt, Das Ende der Hanseatischen Gemeinschaft (HansGbll 74, 1956).

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Der hansische Rußland handel, insbesondere nach Novgorod, in kritischer Betrachtung

Von Paul Johansen, Hamburg

Auf eine allgemeine Darstellung des hansischen Rußlandhandels soll hier verzichtet werden, weil das zu zeitraubend sein würde und im engen Rah­men keine wesentlich neuen Ergebnisse zutage fördern könnte. Dagegen kann es ganz nützlich sein, einmal gewisse Fragen herauszugreifen, die eine Aktualität besitzen, in der neueren Fachliteratur angeschnitten worden sind und zu einer Diskussion geführt haben.

Über die Hanse und Rußland gibt es eine sehr umfangreiche Speziallitera­tur; was bis 1951 erschienen war, habe ich im bibliographischen Anhang zu meinem Aufsatz "Novgorod und die Hanse" 1 verzeichnet, das Spätere ist aus den Osteuropa-Berichten der "Hansischen Umschau" innerhalb der Han­sischen Geschichtsblätter zu entnehmen. Daher brauche ich hier nicht erst um­ständlich einen Literaturbericht zu geben und die Forschungslage zu erörtern.

Zwei Fragen sollen im Vordergrunde stehen: 1. die Frage nach der relativen Bedeutung des Ost-Westhandels für die Hanse

und für Rußland und 2. das damit zusammenhängende Problem der aktiven oder passiven Bilanz

des Hansehandels nach dem russischen Osten.

1.

Bevor die Frage nach der relativen Bedeutung oder Wichtigkeit des hansi­schen Handels nach Rußland für beide Partner behandelt werden soll, muß erst einiges Allgemeine vorausgeschickt werden.

Man mag als Wissenschaftler über den Handel urteilen wie man will, man wird aber niemals seine Bedeutung für die menschliche Kultur ableugnen können. Gewiß waren die Triebfedern des Handels weitaus am häufigsten Habgier, Gewinnsucht, Abenteuerlust; und gewiß rechnete der Händler auch nicht mit den edelsten Trieben bei seinem Käufer und Abnehmer, sondern ebenfalls mit Habsucht, mit modischer Putzsucht, mit Neugierde, mit Be-

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sitz er freude, ja, in Kriegszeiten mit Mordlust und Machtgier, soweit es den Waffenhandel betraf. Aber gerade deswegen konnte sich der Handel so erfolgreich über alle oft willkürlichen Schranken hinwegsetzen, die einst und jetzt den Völkerverkehr behinderten und noch hemmen; er wurde als Schmuggel und, wenn auch insgeheim, unter größtem Risiko sogar zu Kriegs­zeiten weitergeführt. Für ihn galten und gelten keine ideellen Unterschiede in der Weltanschauung des Käufers und Verkäufers: ob Christ oder Heide, kaufen und verkaufen mochte ein jeder, wenn nur Geld vorhanden und die Ware brauchbar war.

Ursprünglich diente der Fern- und Großhandel in Nordeuropa weniger dem Austausch von direkt lebensnotwendigen Gütern - das blieb dem ört­lichen Kleinhandel vorbehalten; denn anfangs waren fast alle Gebiete Selbst­versorger, da man in Haus- und Landwirtschaft fast alles dringend Notwen­dige selbst herzustellen verstand und allenfalls untereinander austauschte, so die Fischerei mit der Getreideproduktion, die Waldwirtschaft mit der Land­wirtschaft usw. Im Fernhandel des frühen Mittelalters dominierten schon aus Transportgründen nicht Massengüter, sondern Luxuswaren oder doch spezialisierte Erzeugnisse für den Gebrauch der wohlhabenden und sozial höherstehenden Kreise.

Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir die Anfänge des hansischen Handels mit den Völkern des Ostens betrachten wollen. Im ostbaltischen und russischen Bereich mangelte es im 11. und 12. Jahrhundert weder an Lebensmitteln noch an hausgewebten Stoffen und Decken oder an Waffen, Messern, Schmuck und Hausrat verschiedener Art. Das ergibt sich aus den vorgeschichtlichen Funden ohne weiteres; man hat den Eindruck, daß sich die Bevölkerung des Ostens mit dem Vorhandenen hätte zufriedengeben können 2.

Dazu kam ja noch ein dem Umfange nach sehr kleiner, aber doch bedeu­tungsvoller russischer Fernhandel, weniger mit dem Norden als mit dem Schwarzmeergebiet, mit Byzanz, Georgien und Bulgarien; über das Wolga­gebiet drang arabischer Handel weit in den Norden vor, und auch das Wolgabulgaren- und das Chasarenreich mit ihren Beziehungen bis nach China wurden wirksam, wenn nicht immer im Direkthandel, so doch als Vermittler und als Vorbild für die Formensprache mancher Waffen und Ge­brauchsgegenstände 3.

1\hnlich lagen die Verhältnisse in Westeuropa: an sich bestand keine wirk­lich zwingende Notwendigkeit für einen Handel mit dem Nordosten, man hätte sich auch hier mit dem behelfen können, was der Westen und Süden,

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namentlich das Mittelmeergebiet, in so reicher Fülle boten. Weite Landstriche verharrten auch hier in einer fast hauswirtschaftlich zu nennenden Selbst­genügsamkeit.

Wenn trotzdem Handelsbeziehungen mit dem Osten angeknüpft wurden, so beruhte das auf einer gewissen Konjunktur für den Handelsaustausch, die sich im 12. Jahrhundert wie von selbst ergab. Man benutzt in der Volkswirt­schaftslehre dabei gern ein Fremdwort, um ein eigentlich irrationales Mo­ment zu kennzeichnen, das auf rein subjektiv-menschlichen Faktoren be­ruht: Konjunktur. Damit darf das Problem nicht vereinfacht werden, die Frage nämlich, warum die Menschen zu bestimmten Zeiten gerade dieses oder jenes begehren, besser finden, für schöner halten, für wohlschmecken­der oder wohlriechender erklären usw. Gewiß gibt es einen Fortschritt von gut zu besser, ein objektiv zu erkennendes Faktum steigender Qualität und Güte der Waren und Industrieprodukte; aber dennoch sind diese Waren und Produkte in ganz besonderem Maße abhängig von Mode, Geschmack und einem gewissen zeitgemäßen Bedarf, der den Menschen jeweils erstre­benswert und unvermeidlich erscheint.

Um das einmal real auszudrücken: im Westen brauchte man Wachs, weil die Wachslichter einen so angenehmen Duft beim Brennen verbreiteten, nicht nach öl, ranzigem Fett oder Tran rochen - oder nach dem, was man sonst in den althergebrachten Metallämpchen verwendete. Eine feierliche Sitzung ohne Wachskerzenbeleuchtung schien undenkbar, besonders aber wollte die Kirche nicht auf Wachslichter für den Gottesdienst verzichten. So wurde der Wachskonsum immer größer, und man kam mit dem im eigenen Lande produzierten Wachs nicht mehr aus. Der Import aus dem Osten setzte ein .

.i\hnlich lag es mit den Pelzen oder Rauchwaren. Das Klima in West­europa war damals nicht etwa kälter als heute, so daß kein dringender Grund für die Verwendung von viel Fell für Pelzmäntel und Pelzbesatz vorlag, sondern es handelte sich auch hier um eine Geschmacksrichtung und Modefrage und damit zugleich um eine zeitgemäße Vorstellung von der sozialen Wer­tigkeit der Pelzkleidung. Ein vornehmer Mann ohne Biberkragen, Luchsfell oder schönes Eichhörnchenfutter oder Marderbesatz auf Umhang und Man­tel war damals undenkbar; selbst im sonnenheißen Spanien gingen die Granden auch im Sommer bei festlichen Gelegenheiten in solchen Pelzroben einher - und dasselbe gilt natürlich in noch höherem Maße von den Damen, die möglichst kostbare Felle bevorzugten, Zobel und Hermelin etwa, soweit das ihrem Stande entsprach. Adam von Bremen, der bekannte Scholaster und Chronist des 11. Jahrhunderts, sagt bittere Worte über die damalige

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Pelzleidenschaft und Putzsucht der Menschen 4. Kurz und gut, der Kauf­mann, der alle diese kostbaren und seltenen Pelzsorten aus Nordosteuropa anbieten konnte, durfte mit zahlreichen Abnehmern und einem guten Ge­schäft rechnen.

Die" Verbraucherlage" im Osten war vergleichsweise ähnlich. Dort hatte man an groben Wollstoffen genug und verstand es, sehr schöne und farben­frohe Decken und Wandteppiche zu weben, auch Leinwand wurde selbst hergestellt. Aber die im 12. Jahrhundert eintreffenden niederdeutschen Kaufleute boten den Einheimischen die wunderbar feinen, glattgeschorenen und prächtig blau, weiß oder scharlach- und purpurrot gefärbten flandri­schen, nordfranzösischen oder westdeutschen Wolltuche an. Dieser Ver­suchung konnten die Wohlhabenden unter den Ostleuten nicht widerstehen: und bald war es selbstverständlich, daß der vornehme Mann in einem pur­purroten Mantel oder Umhang herumging, die Frauen natürlich entspre­chend oder in anderen Farben gekleidet. Auch hier ergab sich allmählich ein Bedarf an feinem Tuch, der von den auswärtigen Kaufleuten mit Gewinn ausgenutzt werden konnte 5•

Lebenswichtiger allerdings war das Salz für den Osten. Aber auch hier lag keine so zwingende Notwendigkeit der Einfuhr vor, wie man das bisher geglaubt hat: denn man erhielt in Nordrußland Salz schon seit langem aus eigener Salzproduktion. Nahe von Novgorod liegt z. B. Staraja Russa mit einer reichsprudelnden Salzquelle, die an Kraft und Umfang nicht viel hinter der Lüneburger zurücksteht. Hier wurde Salz schon seit alter Zeit gewonnen und in der Nachbarschaft umgesetzt 6. Dazu kamen dann noch die vielfäl­tigen Salzgewinnungsstätten im übrigen Nordrußland, an der Vycegda, an der Kama und anderen Stellen. Allerdings, das russische Salz war grob und oft etwas unrein, hinterließ vielleicht sogar einen Nebengeschmack, während das Lüneburger und sogenannte Travensalz schneeweiß, feingemahlen oder gestampft und ohne jeden Nachgeschmack war; kurz und gut, der wohl­habende und vornehme Mann benutzte für festliche Gelegenheiten Lüne­burger oder doch westliches Salz -, und so wurde auch der Salzhandel zu einem guten Geschäft für den deutschen Kaufmann 7.

Ob man Silber zu den dringenden Bedürfnissen des menschlichen Daseins rechnen darf, bleibt sicher eine offene Frage oder doch Ansichtssache. Jeden­falls kam man ursprünglich gut ohne Silber im täglichen Leben aus, trank aus zinnernen Kannen oder hölzernen Humpen, benutzte Holzlöffel und verwendete als Küchen- und Tafelgeschirr Tonware oder Keramik im wei­teren Sinne. Silberne Löffel und namentlich silbernes Geschirr gehörten zum

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Luxus, den sich nur der sozial Höherstehende erlauben konnte. Dasselbe gilt vom Silberschmuck, der - sei er nun notwendig oder nicht - außerordentlich begehrt war und mehr geschätzt wurde als alle herkömmlichen messingenen, bronzenen oder zinnernen Schmucksachen und Anhänger, welche die Klei­dung der Leute des Ostens zieren sollten. Wenn daher die niedersächsischen Kaufleute Silber anbieten konnten, vorwiegend Silber aus dem Rammels­berge im Harz, dann waren sie unbestreitbar im Vorteil.

Was das Silber anbelangt, so muß allerdings beachtet werden, daß dieses Metall auch zum Münzen oder als Münzwert Verwendung fand. Arabische Münzen waren im Osten schon seit dem 8. und 9. Jahrhundert, angelsäch­sische und westdeutsche seit etwa 950 im Umlauf. Auch Silberbarren ver­wendete man als Zahlungsmittel, und es ist wahrscheinlich, daß der Rubel vom russischen Worte rubit', d. h. ein Stück vom Silberbarren abhacken, ab­zuleiten ist 8• Hier lag für den Import aus dem Westen fraglos eine gewisse Dringlichkeit vor, wenn nämlich ein reibungsloser Geldverkehr stattfinden sollte oder wenn Kapitalien bzw. Schätze gehortet wurden. Rußland und das Ostbaltikum kannten kein eigenes Silber, denn es gab weder hier noch dort ein Vorkommen dieses geschätzten Metalls; dennoch bildete das Silberge­wicht (grivna, nagata) den Wertmesser für die allgemeine Preisbildung.

Die Notwendigkeit der Silbereinfuhr für den Geldumlauf wurde aber be­schränkt durch den Umstand, daß man sich im Osten schon seit langem durch Geldersatz zu helfen gewußt hatte, und zwar in der Hauptsache durch Fell­geld. Ein zugeschnittenes Stück Eichhörnchenfell bezeichnete symbolisch die kleinste Münzeinheit - symbolisch in dem Sinne, daß dieses Stück, von Hand zu Hand gereicht, abgeschabt und wenig ansehnlich, keinen tatsächlichen Wert als Fell mehr besaß; aber als "kleine Scheidemünze", als Ersatz des kleinen silbernen Pfennigs, konnte es dienen. Daher heißt auf Russisch die kleinste Scheidemünze bela oder belka, auf finnisch orava, was beides Eich­hörnchen bedeutet. Im Grunde ist das, wenn man will, ein Vorgriff auf das spätere Papiergeld, nur mit dem Unterschied wohl, daß man es nicht gegen Edelmetall, sondern nur gegen gutes Fell einlösen konnte. Näheres wissen wir darüber nicht.

Es sind sogar Zweifel an der Existenz des Fellgeldes geäußert worden, letztlich von V. L. Janin, und man hat den ganzen Begriff in den Bereich der kaufmännischen Legende, die manche sonderbare Blüten getrieben hat, verweisen wollen. Aber die kritischen Forschungen von A. L. Mongait haben doch gezeigt, daß Fellgeld eine Realität war und seine Bedeutung bis in das 14. Jahrhundert hinein behalten hat, sogar als Rechnungseinheit von 18 ge-

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bündelten Eichhörnchenfellen noch in den Rechnungen des Deutschen Ordens auftritt'.

Genug zunächst der Einzelheiten über den praktischen Warenaustausch! Was mit diesen einleitenden Bemerkungen gezeigt werden sollte, ist ledig­lich dieses: die rationalistische Vorstellung von der objektiven Notwendig­keit eines Warenaustausches zwischen West und Ost kann für das frühe Mit­telalter nicht zutreffen, denn eine solche Notwendigkeit lag gar nicht vor. Es waren rein subjektive Momente der Geschmacksrichtung, der Mode, des sozialen Wertigkeitsgefühls, die den ersten Warenaustausch begründeten und lenkten. Daß später im Gefolge eines schon eingespielten langjährigen Warenverkehrs die dringende Notwendigkeit für bestimmte Einfuhren und Ausfuhren entstehen konnte, das soll keineswegs abgeleugnet werden. In­dessen war das aber zu einer Zeit, als sich die verschiedenen Landschaften oder Gebiete Europas schon wirtschaftlich aufeinander eingestellt hatten und mit gewissen Zufuhren sicher rechneten, sei es nun Getreide für das Unter­schußgebiet Norwegen aus Ost el bien, wodurch eine Art von Hanseherrschaft hier aufrechterhalten werden konnte, sei es auch Getreide für die Nieder­lande, die an übervölkerung litten, oder Pottasche für das Tuchfärben, Hanf für die Reeperbahnen und SeiIerwerkstätten, Flachs für die Leinwandindu­strie, um nur einige Ostprodukte zu nennen. Diese festen Beziehungen er­gaben sich aber erst später.

Die rationalistische Vorstellung von dem quasi "natürlichen" gegenseitigen wirtschaftlichen Ergänzungsbedürfnis zwischen West und Ost in Europa ist unzutreffend, denn sie setzt eine Art von automatischer Auslösung zweier Gegenströme wirtschaftlicher überproduktion voraus, fast ohne Zutun der Menschen, denen nur die Vermittlerrolle zufiel. Es sollte nach dieser Auffas­sung der überfluß des Ostens nahezu mechanisch in den Westen abgeströmt sein und umgekehrt. So ist das aber nicht, sondern der Luxuswarenhandel beruht, wie wir schon sahen, immer auf einer rein subjektiven Geschmacks­richtung und einer eigentümlichen Bevorzugung gewisser Produkte, die uns heute in der Rückschau manchmal recht sonderbar anmuten kann, wenn man z. B. allein an die vielen Gewürze denkt. Kernpunkt im Warenaustausch ist die Individualität des Käufers, dessen Wünsche erfüllt werden sollten, eben­so wichtig aber auch die Person des Verkäufers und Fernhändlers, der das Risiko einer Kapitalinvestierung und der langen gefährlichen Reise auf sich nahm und damit erst den Handelsstrom in Bewegung brachte.

Diese Gedankengänge sollen hier nicht näher ausgeführt werden, weil sie zu weit ablenken. Sie mußten angestellt werden, weil man vielfach - und

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das gilt besonders von Osteuropa - heute noch in der wirtschaftsgeschicht­lichen Forschung nur das rationalistische Nützlichkeitsprinzip gelten läßt und den Versuch macht, auch auf dem Gebiet des Handelsaustausches "öko­nomische Gesetze" walten zu lassen. Für den europäischen Ost-Westhandel zeigt sich jedenfalls ganz deutlich, daß von so einer "naturgegebenen" Not­wendigkeit anfangs nicht die Rede sein konnte 10.

Ein weiterer Gegenstand der Kritik soll in diesem Zusammenhang vor allem die Frage nach der relativen Bedeutung des Ost-Westhandels sein. Man hebt neuerdings in Sowjetrußland gern hervor, daß z. B. die Handelsbezie­hungen nach Byzanz für die Russen viel wichtiger waren als diejenigen zur Hanse, was auch für das entlegene Novgorod gelten soll. Man fand bei den Ausgrabungen in Novgorod in den älteren Schichten unzählige Schalen grie­chischer Nüsse, die vielleicht einst mit der gleichen Leidenschaft geknackt wurden wie zu unseren Zeiten die Sonnenblumenkerne; man fand auch zahl­reiche Buxbaumkämme, deren Material aus dem Schwarzrneergebiet stammen muß 11. Als Byzanz seit dem 13. Jahrhundert zurücktrat, seien es die Han­delsbeziehungen Rußlands zum Orient, insbesondere zu Persien, China, zum Turkestan gewesen, die in den Vordergrund traten und das ganze russische Leben jener Zeit, der Zeit der Mongolenherrschaft, prägten. Die Bedeutung der Binnenwasserstraßen auf den Strömen Dnjepr, Don und Wolga, ferner der großen Karawanenwege von Bolgar oder von Kazan und von Astrachan, nicht zuletzt auch von der Mongolenresidenz Sara j, nach dem fernen Osten könnten nicht hoch genug eingeschätzt werden. Rußland erhielt so Seide auf dem direkten Wege aus China, aber auch aus Persien über Armenien; dann Waffen: Damaszenerklingen, Rüstungen, Kettenhemde und Helme aus den arabischen Reichen; Luxuswaren aller Sorten und Kulturgüter weltlicher und kirchlicher Art aus Byzanz, Griechenland und Armenien, ebenso Weine, Südfrüchte und Gewürze. Daneben, so wird betont, wirke der hansische Handel wie eine Belanglosigkeit, wie eine unwesentliche Ergänzung, die nur gewisse russische Grenzlande im Norden und Nordwesten betraf12 •

Die Kritik an der Bedeutung des hansischen Rußlandhandels wird nicht nur von russischer Seite für die östlichen Belange geführt, sondern auch im westlichen Lager haben sich Stimmen erhoben, die vor der überschätzung des gesamten Ost-Westhandels warnten. Das von den hansischen Historikern Dietrich Schäfer, Rudolf Häpke, Walther Vogel und Fritz Rörig aufgestellte System des hansischen Ost-Westhandels mit seiner verbindenden Kraft zwi­schen Ostsee und Nordsee wird - zu einem Teil wenigstens - als eine tra­ditionelle Illusion betrachtet. Diese Forscher der älteren Generation hatten

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bekanntlich von der Ost-Westachse des hansischen Verkehrs gesprochen, die durch Lübecker, Hamburger und gotländische Kaufleute geschaffen wurde, die die Wirtschaftslandschaften der Ostsee und der Nordsee erstmalig enger miteinander verknüpften. Lübeck und Brügge schienen danach Brennpunkte einer die Küstenländer und -städte der Nord- und Ostsee umspannenden Ellipse zu sein, in welcher der Mittellinie Novgorod-Brügge die entschei­dende Bedeutung zukam. Hamburg war in diesem Bilde in der Hauptsache die Rolle eines Nordseehafens für Lübeck zugedacht.

Bereits die statistischen Daten, welche Georg Lechners gründliche Bearbei­tung der Lübecker Pfundzollisten 1368 zutage förderte, wollten nicht recht in dieses System hineinpassen 13. Der Osten trat sehr stark gegenüber Skan­dinavien zurück. Eine Arbeit Werner Jochmanns über Hamburgs mittelalter­lichen Handel und namentlich die solide Edition des Hamburger Schuldbuchs von 1288 durch Erich von Lehe haben gezeigt, daß der relative Anteil des Ost-Westhandels in Hamburg keineswegs so groß gewesen ist, wie man bei einem Vorhandensein einer "Ost-Westachse" vermuten müßte 14. Im Gegen­teil, die Beziehungen Hamburgs zum mittleren und oberen EIbegebiet bis nach Magdeburg und Berlin stehen im Vordergrunde; und daraus ist auch das Eigengewicht Hamburgs im Westhandel zu erklären, einem Handel vor­wiegend mit Lebensmitteln, mit Getreide, Speck, vor allem aber mit dem geschätzten Bier, das Hamburg in Flandern und Holland berühmt machte. Von Ostwaren ist wenig zu spüren 15.

Sogar bei Lübeck selbst darf man, wie Forschungen Wilhelm Koppes nahe­legen, die Ost-Westverbindungen nicht einseitig überschätzen: denn fast ebenso wichtig waren Beziehungen zur Frankfurter Messe, zur Metallindu­strie Braunschweigs, zur Eisenwarenproduktion Westfalens. Im Vorder­grunde aber steht in Lübeck der skandinavische Handel mit Fisch, nämlich in Bergen und auf den Schonischen Messen, aber auch mit anderen Rohpro­dukten aus Schweden und Dänemark 16.

Man muß hierzu allerdings sagen, daß die statistischen Daten über Waren­umsätze (soweit man sie überhaupt als Statistik bezeichnen darf) einer ver­hältnismäßig sehr späten Zeit angehören. Es ist denkbar, ja, wahrscheinlich, daß die Verhältniszahlen des Fernhandels im 12. Jahrhundert ganz andere gewesen sind, insbesondere, wenn man den Geldwert der Waren berücksich­tigt. Hier standen natürlich Pelze und Silber an bevorzugter Stelle.

Es zeigt sich also, daß man auch im Westen berechtigte Zweifel am über­gewicht des Ost-Westhandels hegt, die mit der russischen Kritik am Hanse­handel in gleiche Richtung gehen. Die alten Vorstellungen von dem Novgo-

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roder Kontor als dem "Brunnen" des Hansehandels müssen revidiert werden. Weiter betrifft die Kritik heute auch die "brunnenhafte" Vorstellung von dem übergroßen Gewinn, welchen die Hansekaufleute beim Umschlaghandel mit Rußland erzielt haben sollten. Schon Gunnar Mickwitz 17 konnte an Hand der Revaler Handelsbücher des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich machen, daß der Profit im Osthandel nicht über Gebühr groß war; und neuerdings hat M. P. Lesnikov durch intensives Studium der Veckinchusen­sehen Kaufmannsbücher aus der Zeit um 1400 nachgewiesen, daß sogar beim Pelzhandel die Gewinne bescheiden waren, daß es sich vielfach um einen Re­präsentativhandel gedreht haben muß, der sogar Zuschüsse erforderte 18.

Auch zeigt sich, daß die Novgoroder Kaufleute sich keineswegs exploitieren ließen, sondern im Gegenteil recht oft den Deutschen die Preise diktierten 19.

Man wird nach diesen Feststellungen weitaus vorsichtiger als bisher in der Beurteilung des hansischen Rußlandhandels sein müssen. Eines ist aber den­noch sicher: der Handel mit Novgorod war von einer gewissen repräsenta­tiven Bedeutung durch die Kostbarkeit der Pelze, durch das hochgeschätzte Wachs, später auch durch das in der Mode des 16. und 17. Jahrhunderts un­motiviert stark bevorzugte rote russische Juchtenleder 20 • Mit solchen Waren, mögen sie auch keine sehr großen Zwischengewinne abgeworfen haben, ge­wann man die Zuneigung der Fürsten und hohen Herren, unter deren Schutz und Förderung der Kaufmann dann auch den übrigen vielleicht weit vor­teilhafteren Handel betreiben konnte. Sicher ist auch, daß der Rußlandhan­del später gewisse Massengüter in die Industriezentren des Westens lenkte und dadurch unentbehrlich wurde; ihn aber direkt als Achse des hansischen Handels und Verkehrs zu bezeichnen, dazu sind wir nach den neuesten Forschungen nicht mehr berechtigt. Man wird im Gegenteil den örtlichen Verkehrslinien der einzelnen Hansestädte mehr als bisher den Vorzug geben müssen.

Zur Entstehung des romantischen Bildes vom Rußlandhandel als dem "Brunnen" hansischer Wirtschaftsmacht haben sicherlich auch manche alte Legenden und Kaufmannsmärchen beigetragen. Dieses Sagengut oder "Schif­ferlatein" verdiente einmal eine nähere Untersuchung; es ist an den ver­schiedensten Stellen zu finden, schon bei Albert Krantz in seiner" Wandalia", dann 1555 in des Olavus Magnus "Historia de gentibus septentrionalibus", in Sebastian Münsters "Cosmographey", in den livländischen Geschichten des Franz Nyenstedt und des Dionysius Fabricius und sonstigen örtlichen Chroniken. Man erzählte sich z. B. allen Ernstes, daß es anfangs eine gol­dene Zeit für den Kaufmann gab, als die östlichen naiven Heiden keine

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Ahnung vom Wert des Wachses gehabt hatten, das köstliche Produkt wie Unrat hinters Haus auf den Mist warfen und froh waren, wenn die Fremd­linge sie davon befreiten 21. Ein anderes weitverbreitetes Märchen, das gewiß auch einen wahren Kern haben mochte, erzählte vom sagenhaften Profit beim "stummen Handel" mit den primitiven Völkern des Nordens und Ostens. An gewissen althergebrachten Stellen, auf großen Steinen oder trok­kenen Plätzen, so hieß es, habe man billige Industriewaren des Westens hin­gelegt: Messerchen, Spiegel, billigen Schmuck, und sich dann abwartend in den nahen Wald zurückgezogen. Sehr bald erschienen die sonst scheuen Ein­geborenen auf dem Plan, musterten die hingelegten Sachen, ohne etwas zu nehmen; legten dann daneben ihrerseits etwas hin, was ihrer Meinung nach dem Wert des westlichen Stücks entsprach, und zogen sich ebenfalls zurück. Waren die Kaufleute, die nun herantraten, mit den Gegengaben zufrieden, so nahmen sie die Ostwaren weg, und der Handel wurde perfekt. Schien es ihnen zu wenig zu sein, ließen sie alles unberührt liegen und gingen wieder in den Wald zurück. Dann legten die Eingeborenen noch weiteres hinzu, bis endlich der Kaufmann zustimmte und seinen Teil fortnahm. Dieses unge­schriebene Zeremoniell des stummen Handels soll wie ein strenges Gesetz geachtet worden sein. Die Gewinne des westlichen Kaufmanns konnten ge­waltig sein, da die Eingeborenen den Wert ihrer hingelegten Pelze nicht recht kannten 22.

War also der hansische Rußlandhandel der Frühzeit vorwiegend ein Repräsentativhandel mit kostbaren Luxuswaren, so trifft diese Vorstellung für die Spätzeit des 14. bis 16. Jahrhunderts in keiner Weise zu. Es ist klar, daß die Bedeutung des Handels überall wechselte, niemals gleichbleibend sein konnte. Es geschah auch im 13. Jahrhundert mindestens einmal, daß statt Luxuswaren Massengüter importiert wurden, und zwar im Jahre 1231, als in Novgorod und Umgebung eine schwere Hungersnot ausgebrochen war; da brachte der deutsche Kaufmann Korn und erwarb sich damit große Be­liebtheit 23 • Indessen wurde die Massenware erst seit Ende des 14. Jahrhun­derts gängiger, als auch entsprechende Transportmittel, die breitwandigen Koggen und Holke, in nötiger Menge in den gesicherten Häfen der ostbalti­schen Küste bereitstanden. Talg, rohe Tierhäute, Asche und Pottasche, Harz und Pech, Honig und vor allem Flachs und Hanf wurden nun zu den be­gehrtesten Artikeln des Ostens, die den Umfang des Handels immer größer werden ließen. Es beginnt jene Entwicklung, die bis ins 18. und 19. Jahr­hundert hinein den westlichen Rußlandhandel bestimmte.

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Was Flachs und Hanf anlangt, so macht man die Beobachtung, daß die Anbaugebiete dieser Produkte einerseits gewiß in der klimatisch dafür ge­eigneten Zone zu finden sind, daß aber auf der anderen Seite sich diese Ge­biete in auffallender Weise um die hansischen Ausfuhrhäfen und ihre Zu­fahrtswege und -ströme gruppieren 24. Von einem livländischen Flachshandel hören wir im 13. Jahrhundert noch nichts, auch unter den bäuerlichen Ab­gaben kommt Flachs zunächst nicht vor; aber mit dem 15. und 16. Jahrhun­dert ist die ganze Dünagegend bis hinauf nach Polozk, die Umgegend Dor­pats und das Stromgebiet der Velikaja mit Pleskau als Mittelpunkt ein äußerst ertragreiches Anbaugebiet für Flachs und Hanf, dazu noch für Lein­saat, die im Westen sehr geschätzt wurde, teils für die Ansaat, teils zur 01-gewinnung. Diesem großen Anbaugebiet entsprach aber die Verwendung des Flachses in der örtlichen Leinwanderzeugung, die nie mehr als lokale Bedürf­nisse befriedigte, in keiner Weise. Man hat den Eindruck, daß hier die große westliche Nachfrage nach Flachs und Hanf einen erhöhten Anbau hervor­gerufen hat, da günstige Verkaufspreise erzielt werden konnten, weil dieser Teil der bäuerlichen Ernte auch nicht in dem Maße von der Herrschaft be­schatzt wurde. Ist das richtig, dann dürfte man sagen, daß die Hanse an der Ausweitung der Produktionsgebiete in Rußland und im Ostbaltikum nicht unbeteiligt gewesen ist und daß der hansische Handel dennoch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für Nordwestrußland besessen hat.

Wenn somit der westliche Export aus Rußland an Umfang je später je mehr zunahm, so scheint sich auf der Gegenseite genau das Umgekehrte zu vollziehen: der Import an Sachgütern schrumpft immer stärker ein. Wir er­kennen diesen Vorgang recht deutlich am Beispiel des Tuchimports aus dem Westen. Zunächst ist das feine Tuch aus dem Westen in Rußland hoch will­kommen, die höheren Kreise verwenden es für ihre Festtagskleidung, und es ist auch als Geschenkartikel sehr begehrt. Wir wissen, daß die Novgoroder Herren dem Moskauer Großfürsten Ehrengeschenke von Ypernschem Tuch machten; ebenso tat es der Großfürst seinerseits, wenn er sich des Wohlwol­lens seiner Tributherrschaft, der Tatarenchane in der Goldenen Horde, ver­sichern wollte, und auch hier galt das westliche Tuch als große Kostbarkeit. Es gab in Novgorod eine besondere Art von Kaufleuten, die sogenannten "sukonniki", die fast ausschließlich mit dem teuren Tuch des Westens handel­ten. Man hat sie früher für Tuchweber gehalten, die eine eigene Produktion unterhielten, aber nach den Forschungen von A. L. Choroskevic steht nun­mehr eindeutig fest, daß diese "sukonniki" annähernd dasselbe wie die Ge­wandschneider der Hansestädte darstellten 25. Auf dem Markt in Novgorod

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hatte man ihnen besondere Stände zugewiesen, ähnlich wie im Westen, wo es die bekannten Gewandhäuser im Stadtzentrum gab.

Aber mit der fortschreitenden Isolierung der russischen Kirche und Kultur während der Tatarenherrschaft trat gleichzeitig eine gewisse Radikalisierung kirchlicher Tendenzen ein, die zu einer fast fanatischen Intoleranz und einer Absperrung gegen alle westlichen Einflüsse führte. Zu den von dieser Ent­wicklung betroffenen Lebensbereichen gehörte die Tracht, nicht nur die Haar­und Barttracht, sondern auch die Kleidung, die als Bestandteil des kirch­lichen Bekenntnisses angesehen wurde. Jede Form westlicher Kleidung, auch die Herkunft des Materials aus dem Westen, wurde von der östlich-ortho­doxen Geistlichkeit als Zeichen der Häresie, der Ketzerei betrachtet. Nur aus Pleskau, der westlichsten russischen Stadt, wird uns noch aus dem 16. J ahr­hundert als große Ausnahme berichtet, daß die vornehmen Leute dort sich nach dem Vorbilde der Livländer in westliches Tuch kleideten, ja, wie es scheint, sogar im Schnitt der Kleidung westliche Manier nachahmten 26.

So kam es, daß der anfänglich so vielversprechende Tuchimport aus dem Westen immer geringer wurde, denn der Russe bevorzugte eigene oder orien­talische Stoffe, auch Baumwolle, dann Seide, Atlas und Damast, ebenfalls orientalischer Herkunft. Dagegen hatte die russische Kirche merkwürdiger­weise nichts einzuwenden, ließ auch für ihre Priester ohne Bedenken Damast­gewänder anfertigen; sogar die traditionelle "Monomachen-Krone" des Großfürsten war eine vorderasiatische Arbeit 27• Auch die Bewaffnung der Russen zeigte typisch orientalische Züge, das Krummschwert war üblich, der Kettenpanzer, der Rundhelm. Somit war selbst im Waffenhandel für die westlichen Kaufleute in Rußland kein Geschäft zu machen, soweit dieser überhaupt erlaubt wurde. Denn Litauen-Polen und der livländische Deutsch­orden wachten ängstlich darüber, daß dem Gegner kein westliches Kriegs­material zugeführt wurde, obwohl es nie gelang, die Zufuhr ganz zu unter­binden. Selbst schwere Kriegsrosse, die im Osten nicht zu haben waren, deren Export strengstens verboten wurde, sind doch gelegentlich auch nach Osten gelangt und über die Grenze geschmuggelt worden.

Neben Tuch und Kriegsmaterial hätte den Russen noch das westliche Salz locken können; hier scheint sich auch die Einfuhr am längsten gehalten zu haben, namentlich das billige Baiensalz war begehrt. Aber immer stärker tritt das russische Salz an die Stelle, das gelegentlich sogar in Livland an­zutreffen ist.

Sonst blieb nicht sehr viel mehr übrig, was unter den Waren des Westens in jener Zeit für den Russen noch verlockend oder erschwinglich sein konnte.

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Gewiß, es gab die kleinen Metallartikel der westfälischen und niedersächsi­schen Industrie: Messer, Scheren, Schafschurscheren, Ketten, Draht, Näh­nadeln, Nägel, Werkzeug, braunschweigische Kessel und Pfannen, Messing­artikel, alles das, was man Kramwaren nannte. Aber der Russe stellte vieles selbst her, schl~hter gewiß, die Ansprüche waren nicht hoch; die Armut in der Zeit verstärkter Erbuntertänigkeit und Schollenpflicht machte den ver­armten Bauern erfinderisch, selbst Türschlösser wurden aus Holz verfertigt und vieles andere. Er konnte sich den Ankauf ausländischer Importwaren nicht leisten; auch warf der kleine Kramhandel nur wenig ab, war auf weite Entfernung unrentabel, bildete auch kein passendes Objekt für Großhändler, sondern nur für Höker, Hausierer und Krämer, die man aber nicht gern über die Grenze ließ.

Der Handel mit Kupfer und Blei, der sehr gewinnbringend sein konnte, war nicht erlaubt, ebenso der Verkauf von Salpeter und Schwefel. Man be­fürchtete mit Recht das Entstehen einer eigenen russischen Kriegsindustrie zur Herstellung von Geschützen und Munition. Trotz des Verbots wurden allerdings im 16. Jahrhundert vielfach Kupfer, Blei und Salpeter über die russische Grenze geschmuggelt, so daß im entscheidenden Moment, als die Kriege Rußlands gegen die westlichen Grenznachbarn, gegen Polen-Litauen sowie gegen Livland und Schweden, ausbrachen, die russische Artillerie in gutem Stande war. Die Unterwerfung der tatarischen Wolgareiche von Ka­zan und Astrachan wurde nur durch die russische Überlegenheit auf dem Ge­biete der Feuerwaffen und der Unterminierung der Festungen möglich. Cha­rakteristisch ist die Erzählung von den bitteren Worten der gefangenen Tatarenchane in Moskau, als sie den gleichfalls gefangenen alten Ordens­meister Fürstenberg im russischen Triumphzuge 1560 erblickten: "Euch deut­schen Hunden geschieht eben recht, denn ihr habt dem Moskowiter zuerst die Rute in die Hand getan, mit der er uns geschlagen hat, nun schlägt er euch selbst damit! 28"

Immerhin hatte der Deutsche Orden immer wieder versucht, derartige Importe zu unterbinden. Sehr bekannt ist die Affäre des Hans Schlitte aus Goslar, der 1547 versucht hatte, für den jungen Zaren Ivan IV. Facharbeiter und Spezialisten aller Art in Deutschland anzuwerben, auch Juristen, Künst­ler und Wissenschaftler. Das Unternehmen schlug fehl, u. a. weil der Ordens­meister die angeworbenen Leute unterwegs verhaften ließ 29. So wurden durch die örtlich gesehen vielleicht berechtigten Bedenken Ansätze zu einem er­höhten Einfluß des Westens in Moskau unterbunden, Ansätze, die im lan­gen Lauf auch dem Handel neue Impulse verschafft hätten.

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Von allen Westwaren, mit denen der hansische Kaufmann seinerzeit den nordrussischen Markt aufgeschlossen hatte, blieb schließlich nur das Silber übrig. Gewiß war Silber in bestimmtem Sinne auch eine Handelsware, aber in der Hauptsache doch eben nur ein Geldwert. Man hortete es in Rußland in der reinen Form von Barren, aber auch als Silbergeschirr, als Schmuck und als Münzwert. Eigene Prägung von Münzen begann in Rußland recht spät, selbst in Novgorod blieben noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts Versuche, ein Münzsystem noch dem Vorbilde der Mark Rigisch durchzuführen, auf halbem Wege stecken. Die Folge mußte sein, daß es an einem ausgebildeten Kreditwesen mangelte, daß eine längere Anlage von Kapitalien - sofern nicht Grundbesitz erworben wurde - nicht möglich war. Daher griff man immer wieder auf den altbewährten Brauch der Hortung von Edelmetallen, die Schatzkammer, zurück, um eine wertbeständige, wenn auch nicht verzins­liche Kapitalanlage zu besitzen. Das gilt insbesondere für die russischen Klö­ster, aber ebenso auch für den Fürstenstand. Wir werden gleich sehen, wie sich das auswirkte.

2.

Die Ausdrücke "passive und aktive Handelsbilanz" klingen für die Ohren des mittelalterlichen Historikers wenig vertrauenerweckend. Denn wie sollte man wohl nachträglich beim völligen Mangel an statistisch brauchbaren Quellen über den Umfang des Rußlandhandels im Mittelalter und in der frühen Neuzeit irgendwelche einwandfreie oder auch nur annähernde Vor­stellungen von der Handelsbilanz überhaupt erhalten? Waren überhaupt die Partner des H<lndels, die Hanse und Nordostrußland, so geschlossene Ge­meinschaften, daß man sie als Einheiten auffassen konnte? Störend wirkt in diesem Raum bei jeder Statistik, auch des 18. Jahrhunderts, daß man die ostbaltischen Länder, Livland vor allem, vom Rußlandhandel nicht sauber abtrennen kann 30.

Trotzdem ermöglichen die für das 16. Jahrhundert schon brauchbaren SundzolIisten und andere Schiffslisten aus Schweden und den Hansestädten doch wenigstens die Äußerung von Vermutungen über die Handelsbilanz mit dem Osten, soweit sie Westeuropa betraf. Diese Möglichkeiten hat als erster Artur Attman auszuwerten versucht, dem wir in der Hauptsache fol­gen wollen 31.

Zuerst einige erläuternde Worte über die Begriffe Handelsbilanz, Aktiv­und Passivhandel. Am einfachsten erklärt man die Frage an einem realen

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Beispiel, etwa der Niederlande und Brügges. Im 12. und 13. Jahrhundert trieben die Flandrer noch Aktivhandel, d. h., sie reisten mit ihren Waren, hauptsächlich Tuch, nach Frankreich, nach England, nach Westdeutschland und selbst in den Osten, wo sie ihre Ware direkt an den Käufer absetzten 32.

Seit dem Rückgang der Messen in der Champagne verlagerten sich die nord­westeuropäischen Messeplätze nach den Niederlanden, nach Gent, Ypern und Brügge, wohin von allen Seiten kauflustige Ausländer zusammenström­ten, um das Tuch und andere Waren an Ort und Stelle zu erwerben. Hier­durch wurden je länger je mehr die Auslandsreisen der flandrischen Kauf­leute überflüssig, d. h., der bisherige Aktivhandel der Flandrer verwandelte sich in einen Passivhandel, während man nun die einkaufenden Italiener, Franzosen, Engländer, Deutschen, Spanier und Portugiesen als Aktivhänd­ler bezeichnen muß.

Passivhandel bedeutet aber noch lange keine passive Handelsbilanz. So­lange die Ausländer in Flandern nicht allein ihre Waren verkauften, sondern für den Erlös wieder flandrische Produkte erwarben und zum Verkauf nach auswärts mitnahmen, solange war die Handelsbilanz Flanderns immer noch aktiv. Aber die Zeiten wandelten sich: allmählich wurde das englische Tuch bevorzugt, weil es bei guter Qualität billiger und auch ungefärbt zu haben war; ebenso ging es mit anderen niederländischen Erzeugnissen, so daß die Fremden zwar immer noch den "Weltmarkt" in Brügge besuchten, auch die anderen flandrischen Messestädte, aber nicht mehr zum Einkauf flandri­scher Produkte, sondern um mit anderen auswärtigen Kaufleuten zusam­menzutreffen und Warenlieferungen zu vereinbaren, Gewürze, Seide, Pelze einzukaufen und sich allenfalls einen Warenkredit zu besorgen. Raymond de Roover hat diese Zeit am Beispiel des italienischen Handels in Brügge deutlich zu machen versucht: die Italiener kamen mit voll beladenen Schiffen an, verkauften ihre Ware in Brügge, mußten aber, um neue Last zu finden, den Umweg über England machen. In den Niederlanden scheinen sie nur Federn und Daunen eingekauft zu haben. Ausgeglichen wurde die so ent­stehende passive Handelsbilanz in Brügge vorläufig noch aus dem Erlös des Spanienhandels, aber auch das stieß auf Schwierigkeiten 33.

Ein solcher Zustand passiver Handelsbilanz konnte in dem Augenblick ge­fährlich werden, wenn einmal die üblichen Messen mit ihren indirekten Ein­nahmen (für die Städte und die Makler wie auch "Hosteliers") nicht zustande kamen oder schlechter besucht wurden. Dieser Augenblick ließ dann auch nicht lange auf sich warten.

Ausgehend von diesem Beispiel auf der "Westflanke" der Hanse, wollen

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wir der Handelsbilanzfrage auf der "Ostflanke" nähertreten. Als die Deut­schen im 12. Jahrhundert nach Novgorod kamen, da betrieben die Russen ihren Handel noch in der aktiven Form, indem sie, verbunden zu einer über­seeischen Bruderschaft, mit ihren kleinen Booten Gotland, Lübeck, Sigtuna, Wollin, Stettin und sicher auch Schleswig aufsuchten, um dort an Ort und Stelle die Pelze gegen Westwaren einzutauschen. Heinrich der Löwe hat den Russen bekanntlich in Lübeck Privilegien und Zollvergünstigungen zuge­sichert. Bald wurde aber die Handelskonkurrenz der niederdeutschen Kauf­leute für die Russen unüberwindlich, weil die Deutschen mit den geräumigen Koggen schneller und billiger den Warentransport zu bewältigen wußten. Schließlich war es ja auch sehr bequem und angenehm, alles sozusagen bis vor die Haustür geliefert zu bekommen. Daher gaben die Russen bereits Ende des 13. Jahrhunderts die aktiven Handelsreisen über See fast ganz auf; nur gelegentlich wurden neue Versuche unternommen, eine eigene Ostsee­schiffahrt aufzustellen, aber immer ohne bleibenden Erfolg. Somit verwan­delte sich der russische Westhandel in einen passiven, dagegen der deutsche Hansehandel nach Rußland in einen aktiven Betrieb.

Damit ist, wie erwähnt, aber die Frage nach der Art der Handelsbilanz nicht entschieden, sie konnte für Rußland immer noch aktiv sein. Für das 13. bis 15. Jahrhundert wird sich das Problem mangels Quellen nicht beantwor­ten lassen, wohl aber für das Ende des 16. Jahrhunderts. Artur Attman hat die zum Teil recht genauen Daten der Sundzollisten und Zollbücher müh­sam zusammengestellt und den ganzen West-Osthandel zu erfassen gesucht, wobei er allerdings auch den Handel der baltischen Städte, insbesondere Rigas, mit einbezog. Es zeigte sich, daß die Schiffe zwar schwer beladen mit östlichen Gütern den Sund passierten, um nach Westen heimzukehren, daß aber auf der Hinfahrt nach Osten fast immer Ballast mitgenommen werden mußte, um den nötigen Tiefgang der unbelasteten Schiffe zu garantieren.

Was bedeutet das? Doch nur, daß einem hohen Export aus Rußland und dem Osten ein minimaler Import aus dem Westen gegenüberstand. Mit an­deren Worten, der Rußlandhandel war in seiner Bilanz für den Westen pas­siv, für Rußland aber aktiv. Wie wir schon sahen, wurde zwar im Westen die russische Ware, Talg, Häute, Flachs, Hanf, Asche, Wachs, Rauchwaren, Juch­tenleder, gern gekauft; demgegenüber aber war die Liste der nach Rußland exportierten Güter auf ein Minimum zusammengeschrumpft. In der Haupt­sache ist es immer noch Silber und Silbergeld, das den Russen willkommen ist, jetzt auch schon zur eigenen Münzprägung, aber auch in fertig geprägter Form der "Joachimsthaler" u. a. Münzen, die als "Jefimki" sehr populär

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werden sollten. Andere Waren werden - mit geringen Ausnahmen - selten begehrt, scheinen nicht zu interessieren, finden jedenfalls keine Käufer. So ergibt sich die Passivität der Handelsbilanz, wenn man das Silber nur als Zahlungsmittel betrachtet, für den Westen ganz unzweideutig, auch wenn die Statistik keineswegs lückenlos zu nennen ist.

Man muß feststellen: Rußland und Westeuropa hatten sich so weit ausein­andergelebt, daß die Ansprüche an das Leben hier und dort ganz verschie­denartige geworden waren; man verstand es im Westen nicht, für den rus­sischen Geschmack Begehrenswertes zu produzieren. Erst mit der sogenann­ten Europäisierung Rußlands trat eine allmähliche Knderung ein, die auch den westlichen Modeartikeln im Osten einen Absatz verschaffte. Das war aber erst zu Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts.

Durch die passive Handelsbilanz ergab sich für die westlichen Kaufleute eine schwere finanzielle Belastung durch die Mehrkosten der Leer- oder Bal­lastfahrt in östlicher Richtung, denn die SilberIast oder das wenige Gut, das man im Osten loswerden konnte, wog nicht viel. Gewisse Beobachtungen an Hand der ältesten, noch recht bruchstückhaften Sundzollregister von Hel­singör 34 lassen erkennen, daß bereits um 1500, also bald nach Schließung des St. Peterhofs in Novgorod, die Handelsbilanz sich zu Ungunsten des Westens entwickelte. Das wird durch eine Einzeltatsache bestätigt: als im Jahre 1468 ein großer Holk mit 180 Menschen an Bord in den finnischen Schären unter­ging, da bestand die Ladung zwar noch aus manchen kostbaren Waren, in der Hauptsache jedoch aus Silber 35. Es ist sicher, daß sich damals schon die passive Handelsbilanz des Westens vorzeichnete.

Man hat solchen Fragen früher keine Aufmerksamkeit geschenkt, und doch sind sie bezeichnend für das hansische Handelsverhältnis zu Rußland, ja, letzten Endes auch entscheidend. Denn der russische Partner konnte die Hanse im 16. Jahrhundert gut entbehren, als sie ihm im wesentlichen nur Edelmetall und Luxuswaren zu bieten hatte und kriegs technische Einfuhren verweigerte.

Es könnte noch viel zum Problem des hansischen Rußlandhandels gesagt werden, namentlich auch über das mangelnde Vertrauensverhältnis, das sich im Verbot des "Borgkaufs" mit den Russen, d. h. also im fehlenden Waren­kredit, äußerte. Dadurch mußte der Osthandel immer in gewisser Weise auf dem Niveau eines Tauschhandels verbleiben. Die Neuzeit ging über solche primitiven Formen des Handels hinweg und schuf ein tragfähiges Kredit­system auch für den Osten, als die großen Reformen der petrinischen Epoche Rußland fester mit Europa verknüpften.

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Anmerkungen

1 Gedächtnisschrift für Fritz Rörig: Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte. Lübeck 1953, 143-146. - Leider konnte ich das großangelegte neue Werk von A. L. Charas­kevic über den Handel Novgorods mit dem Baltikum und dem Westen (Moskau 1962) nicht mehr berücksichtigen.

2 Ober das kulturelle Niveau Rußlands in der vormongolischen Zeit gibt der Band "Die materielle Kultur der alten Rus'" (Deutsche Ausgabe, Berlin 1959) verläßliche, wenn auch manchmal zu positiv wertende Auskunft; vgl. die Besprechung in den Hansischen Ge­schichtsblättern (= HGbll.) 74, 1956,204.

3 Besonders einleuchtend sind einige Beispiele dieser Art bei Peter Paulsen, Schwertort­bänder der Wikingerzeit, Stuttgart 1953, 65, 141 usw.

4 Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, hrsg. von Bernhard Schmeidler, Hannover-Leipzig 1917, IV, Cap. 18,245.

5 über die alte volkstümliche Deckenweberei der Esten gibt es zahlreiche schön illustrierte Werke, z. B. von I. Manninen, von V. Päts, H. Kurrik u. a. Dasselbe gilt von den Finnen und Letten; einiges über russische Volkskunst ist bei D. Zelenin, Russische (ostslavische) Volkskunde, Berlin 1928, zu finden.

6 Vgl. HGbll. 78, Umschau, 245 (I. N. Vjazinin).

7 Die Unterscheidung "Tischsalz" und "Küchensalz" war in meiner Jugend noch gang und gäbe; zum Einsalzen benutzte man billigere Sorten Salz, für Speisen und die Tafel aber feines, ganz weißes Salz.

8 Max 1&smer, Russisches etymologisches Wörterbuch II, 1955, 542.

9 Vgl. HGbll. 77, Umschau, 218-219. Die Einheit "reyse" bestand noch im 14. Jh. in Preußen aus 18 "schewenissen", d.h. Eichhörnchenfellen geringerer Qualität, gen au wie 1153 in Rußland das Fellgeld. Auch die Einheit "Kuna" entsprach dem Geldwert von Marder­fellen; sie bildete 1/22 einer Grivna bzw. einen arab. Dirhem.

10 Es sind auch Gedankengänge Fritz Rörigs, die ich hier in etwas anderer Form wieder-gebe, vgl. den Sammelband "Vom Werden und Wesen der Hanse", Leipzig 1940, 83 H.

11 Vgl. HGbll. 75, Umschau, 175 (B. A. KalCin).

12 Vgl. HGbll. 72, Umschau, 201 (M. V. Fechner).

13 Gearg Lechner, Die hansischen Pfundzollisten des Jahres 1368, Lübeck 1935, 66 und Diagramme.

14 Werner fachmann, Der Hamburger Handel im 13. und 14. Jh., ungedr. phil. Disser­tation, Hamburg 1948. Erich von Lehe, Das Hamburgische Schuldbuch von 1288, Hamburg 1956.

15 Hans Nirrnheim, Das hamburgische Pfundzollhuch von 1369, Hamburg 1910.

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Anmerkungen 57

16 Wilhelm Koppe, Die Hansen und Frankfurt am Main im 14. Jh., HGbll. 71, 30-49 (1952).

17 Gunnar Mickwitz, Aus Revaler Handelsbüchern, Helsingfors 1938, 217 H. IS Michail Lesnikov, Lübeck als Handelsplatz für osteuropäische Waren im 15. Jh.,

HGbl1. 78, 1960, besonders S.75; derselbe, in: Hansische Studien, H. Sproemberg zum 70. Geburtstag, Berlin 1961, 273 H.

ID HGbl1. 72, Umschau, 199 (M. P. Lesnikov). 20 Elisabeth Harder, Seehandel zwischen Lübeck und Rußland im 18. Jh., Zeitschrift

des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 41, 1961, 87/88. 21 Albertus Krantzius, Wandalia, Liber VI, Cap. 9 (1519).

22 Olavus Magnus, Historia de gentibus septentrionalibus, Rom 1555, lib. IV, 5 und XX, 2 mit Bildzeichnung. Daß die Legende vom stummen Handel in die Zeit des klassischen Altertums zurückreicht, ist bekannt.

23 Novgorodskaja pervaja letopis', Moskau 1950, S. 280. 24 Artur Attman, Den ryska marknaden i 1500-talets baltiska politik 1558-1595, Lund

1944, Karten 1 und 2. 25 Vgl. HGbl1. 77, Umschau, 216-217.

26 Matthälls de Miechow, Tractatus de duabus Sarmatiis, Krakau 1517 (und spätere Auflagen), II I 3.

27 Hildegard Schaeder, Moskau das dritte Rom, 2. Aufl., Darmstadt 1957, 86 Anm. 2. 28 Balthasar Rüssow, Chronica der Prouintz Lyfflandt, Barth 1584, 48 b.

29 Kurt Forstreuter, Preußen und Rußland, Göttingen 1955, 116-136; V0zlther Kirchner, The Rise of the Baltic Question, Newark 1954, 95.

30 Elisabeth Harder, a. a. 0., 48. 31 Attman, 63-117. 32 Heinrich Reincke, Die Deutschlandfahrt der Flandrer während der hansischen Früh­

zeit, HGbl1. 67/68, 1942/43,51-164. 33 Vgl. HGbl1. 78, Umschau, 221 (R. de Roover). 34 Attmann, 77 H. mit Hinweis auf Aksel Christensen, HGbll. 59, 28, und die große

Edition der Sundzollregister durch Nina Bang. 35 Vgl. HGbl1. 70, 186 (J. Jaakkola).

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Die Beziehungen Flanderns zu Osteuropa in der Hansezeit

Von Hans van Werveke, Gent

Die Beziehungen zwischen Flandern und Osteuropa bilden selbstverständ­lich keineswegs eine organische Einheit. Sie sind nur ein Bruchstück eines größeren Ganzen, aus dem sie nicht ohne eine gewisse Forcierung der Tat­sachen zu lösen sind. Zahlreiche Angaben finden sich in der bereits vorhan­denen wirtschaftshistorischen Literatur, zumal in dem eigens der Hanse­geschichte gewidmeten Schrifttum. Ein Gesamtbild aber wurde daraus bisher nicht destilliert.

An einen solchen Versuch möchte ich mich jetzt heranwagen, da es sich hier um einen der Hauptbestandteile des mittelalterlichen Wirtschaftsaustausches handelt.

Mit "Flandern" bezeichne ich hier die Grafschaft dieses Namens in der geographischen Ausdehnung, welche sie im 11. und 12. Jahrhundert erreicht hatte, einschließlich also Artois, das 1191 an Frankreich abgetreten wurde. Mit "Osteuropa" bezeichne ich das gesamte europäische Gebiet östlich der EIbe, von Skandinavien bis Rumänien.

Während eines großen Teils des Mittelalters hat sich zwischen diesen bei­den im Umfang sehr ungleichen Gebieten eine bedeutende Wechselwirkung herausgebildet. Die Konzentration der Beziehungen Osteuropas auf das kleine Flandern ist jedoch ein ziemlich spät eintretendes Ereignis. In der vor­angegangenen Zeit spielte Flandern in den Beziehungen zwischen Ost und West nur eine untergeordnete Rolle. Zum besseren Verständnis der späteren Verhältnisse jedoch empfiehlt es sich, jene frühere Phase, auch der Vollstän­digkeit wegen, skizzenmäßig zu behandeln.

Es ist fast sicher, daß es schon vor der Mitte des 7. Jahrhunderts Handels­beziehungen zwischen Flanderns Nachbargebieten in Nordfrankreich und in der heutigen belgischen Provinz Hennegau einerseits, Ostpreußen anderer­seits gegeben hatte. Das erhellt aus dem Vorhandensein von Bernstein in den Grabfunden der erstgenannten Gebiete 1. Es ist schwer zu entscheiden, ob diese Güter den Westen auf dem Land- oder aber auf dem Seewege er­reicht haben. In letzterem Falle müßte man sie vielleicht in die Handels-

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aktivität der Friesen einordnen. Beziehungen zwischen der Rheinmündung und Norwegen kann man nämlich schon für das 4. und das 5. Jahrhundert nachweisen 2. Im 7. Jahrhundert erreichte Glaswerk aus den mittleren Maas­und Rheingebieten die Insel Gotland und das skandinavische Festland 3.

Daß die Friesen selbst bis in die Ostsee vordrangen, steht aber erst für die Zeit um 800 fest 4. Damals hatten sie offenbar Ansiedlungen in Haithabu und in Birka. Augenscheinlich verdankt man es ihrem aktiven Auftreten, daß fränkische Münzen sich über das friesische Dorestad in den ganzen europäischen Nordosten verbreiteten.

Es ist für unseren Gegenstand besonders wichtig, daß die Friesen auch Güter ausführten, welche in Flandern selbst hergestellt wurden. Das ist teil­weise der Fall bei den sogenannten pallia /resonica. Bekanntlich ist die Frage der Herstellung dieser Gewebe bisher nicht endgültig geklärt worden. Zur Zeit vertritt man im allgemeinen jedoch den Standpunkt, daß, wenn auch bestimmte Tuchsorten in Friesland selbst angefertigt sein dürften, dies nicht für sämtliche pallia /resonica gelten kann; viele Tücher hießen nur so, weil sie von den Friesen in den Handel gebracht wurden, obwohl sie ent­weder in England oder in Flandern hergestellt worden waren 5. Letzteres wird schon zutreffen für jene Webstoffe, welche im 9. Jahrhundert in Nor­wegen erwähnt werden, und von denen es heißt, daß sie aus» Valland" stammten, d. h.. aus Frankreich, zu welchem Lande Flandern damals gehörte. Andererseits stammten die fränkischen Schwerter, die damals in Skandina­vien eingeführt wurden, offenbar aus der Maasgegend; die Benennung »flae­mingr" aber, unter der sie bekannt wurden, weist darauf hin, daß sie ihren Weg nach Norden über Flandern gefunden hatten 6.

Im 9. Jahrhundert mußten die Friesen als Hauptträger jenes Austausches den Skandinaviern weichen. Dies war teilweise eine Folge der Normannen­züge im friesischen Gebiet selbst, wo Dorestad im Jahre 863 zum letzten Male als Handelsstadt erwähnt wird 7. Teilweise muß man es auch der rie­sigen wirtschaftlichen Expansion der Skandinavier über Rußland in der Richtung auf Byzantium und die arabische Welt hin zuschreiben. Es entstand im 10. Jahrhundert bekanntlich eine Verkehrslinie Haithabu-Wollin-Nov­gorod-Kiew, die sich den bereits bestehenden Beziehungen zwischen Skandi­navien und dem fränkischen Reich anschloß 8. Es mag sein, daß auch einzelne friesische Kaufleute sich im Gefolge der schwedischen Waräger an diesem Handel auf dem südlichen Küstengebiete der Ostsee beteiligten 9. Von einer Zusammenarbeit zwischen Friesen und Skandinaviern zeugt übrigens eine Runeninschrift von etwa 1050 auf dem Stein zu Sigtuna, der Erbin Birkas,

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die eine aus schwedischen und friesischen Kaufleuten bestehende Kaufmanns­gilde erwähnt 10. Jedenfalls hatte diese von Skandinavien aus nach zwei Sei­ten gerichtete, in erster Linie von den nordischen Völkern herrührende Akti­vität zur Folge, daß nicht nur friesische, sondern auch flandrische Münzen (zwischen 965 und 1035 geprägt) sowohl in Rußland als in Skandinavien Verbreitung fanden 11.

In jener Zeit waren es an erster Stelle Einwohner von Wiken, d. h. der Gegend beiderseits des Oslo-Fjords, welche die Beziehungen mit dem Westen, einschließlich Flanderns, unterhielten 12. Besagter skandinavischer Verkehr hat vielleicht in der Toponymie dieser Grafschaft eine sinnvolle Spur hinter­lassen. Man darf nämlich annehmen, daß der Name der Stadt Brügge, des künftigen Anknüpfungspunktes also des Ost-Westverkehrs, dem nordischen Worte bryggja entlehnt ist 13• Bryggja bedeutet bekanntlich »Anlegestelle". (Man denke etwa an die »Deutsche Brücke" zu Bergen, Norwegen.)

Diese Tatsache ist durchaus kennzeichnend für die passive Rolle, welche die Flandrer längere Zeit in jenen Handelsbeziehungen gespielt haben. Auch in den Versuchen, die im 9. Jahrhundert unternommen wurden, Nordeuropa zu bekehren, war der Anteil Flanderns ein geringer. Bekanntlich hatte der Hamburger Erzbischof Ansgar, in bezug auf dieses Unternehmen, zu Tor­hout, südlich von Brügge, eine Art Missionsschule gegründet. Einer seiner dortigen Schüler, Rimbert, der übrigens auch Ansgars Vita verfaßte, wurde sein Nachfolger. Der Besitz Torhouts wurde Ansgar jedoch von Karl dem Kahlen entzogen, so daß auch dieses Band bald gelöst wurde 14.

Erst um zirka 1000 setzte für Flandern in demographischer und wirt­schaftlicher Hinsicht ein bemerkenswerter Aufschwung ein. Freilich stellte auch hier die Grafschaft nicht einen Einzelfall dar. Vielmehr bildete sie einen Unterteil eines größeren, allgemein niederländischen Ganzen, in dem sie nur allmählich in den Vordergrund trat. In Verbindung mit Leuten aus den Gebieten der mittleren Maas, der Waal und der Yssel erschienen die Flandrer damals in London und etwas später am Rhein bis oberhalb Koblenz. Späterhin strahlten sie noch nach mehreren Richtungen aus, namentlich, was für unser Thema wichtig ist, nach der deutschen Nordsee­küste, wo sie am Ende des 12. Jahrhunderts Hamburg erreichten 15.

Mittlerweile jedoch nahm ihre Ausdehnung noch andere Formen an. An der deutschen Ostkolonisation nämlich hatten auch die Flandrer einen be­merkenswerten Anteil. Die ältere Literatur gibt davon allerdings gewiß eine übertriebene Vorstellung. Sein Umfang ist nur schwer zu bestimmen 16. Zu­erst unterscheiden die Quellen nicht genau zwischen Flandrern und Hollän-

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dern. Ferner muß man aus dem oft vorkommenden Ausdruck jus flamin gi­cum nicht immer auf das wirkliche Vorhandensein von flämischen Kolo­nisten schließen 17. In Wirklichkeit wurde mit "flämischen Rechte" oft das Recht der Deutschen verstanden, in Gegensatz zumal zu dem slawischen Rechte 18. Manchmal auch hatten deutsche Kolonisten einfach das Recht eines älteren, wirklich flämischen Dorfes übernommen.

Wenn man sich auf direkte Zeugnisse beschränkt, ergibt sich, daß der Umfang der von den Flandrern kolonisierten Gebiete nicht besonders aus­gedehnt war. Ihr Anschluß an die deutsche Kolonisation hatte augenschein­lich schon im Jahre 1108 angefangen, einem Aufruf zur Eroberung des in herrlichen Farben gemalten Landes der heidnischen Slawen zufolge 19. Der Höhepunkt liegt offenbar in der Mitte des 12. Jahrhunderts, unmittelbar nach der in Westeuropa herrschenden Hungersnot der Jahre 1144 bis 1147 2°. Von 1180 an war die Bewegung schon im Abebben begriffen.

Die von den Flandrern besiedelten Orte befinden sich meistens westlich der EIbe. östlich dieses Flusses kann man mit größerer Sicherheit als solche Wüsterwitz an der Havel, Jüterbog südlich von Berlin u. a. erwähnen. Da­gegen muß Schlesien offenbar fast völlig gestrichen werden 21. Die Bedeutung dieser flandrischen Auswanderung ist also eher qualitativ als quantitativ zu bewerten. Die Flandrer (sowie die Holländer) leisteten bahnbrechende Arbeit bei der Eindeichung und der Entwässerung in den Küstenstrichen und am Unterlauf der großen Flüsse. Sie führten auch gewisse Rechtsformen ein, die bei der Landnahme in großem Ausmaße in Schwung kamen.

Deutscherseits hat man neuerdings öfters auf die enge Beziehung zwischen der deutschen Ostkolonisation und dem Auftreten der Hanse "als wirtschaft­lichem Unternehmen im Ostseeraum" aufmerksam gemacht 22. Von einem unmittelbaren Zusammenhang aber zwischen flandrischen Siedlungen in deutschen Städten und flandrischer Kolonisation im ostelbischen Gebiete kann nicht die Rede sein. In beiden Fällen spielten die Flandrer den Deut­schen gegenüber eine untergeordnete Rolle, wurden sie übrigens auf Grund ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit auch bald assimiliert. Spuren von flandrischen Handwerkern, zumal von Tucharbeitern, finden sich ziemlich viele im elbischen und ostelbischen Gebiete, in der Lausitz, zu Magdeburg und im benachbarten Burg, zu Wien, wo 1208 die Benennungen "Flemmin­ger" und "Färber" als Synonyme galten. In Kiel gab es eine "platea Flem­mingorum", eine Flandrerstraße also; in Stralsund ist die Anwesenheit mehrerer Flandrer um 1300 bezeugt 23•

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Letztere Beispiele können jedoch auch in einem anderen Sinne gedeutet werden. Möglicherweise gehören sie zu einer anderen Art Ausstrahlung, sind sie nämlim Spuren des flandrischen Eigenhandels. Zu den zwei oben ge­schilderten Aktivitäten steht dieser Fernhandel der Flandrer gewissermaßen im Gegensatz. In diesem Falle ist ihr Auftreten nicht in die Tätigkeit der Deutschen eingeschaltet: Flandrer und Deutsche stehen hier vielmehr ein­ander gegenüber im Wettbewerb um die Beherrschung der Beziehungen zwi­schen West und Ost.

Deutscherseits wurde dieses Streben in der Hanse verkörpert. Ein erster Schritt zur Erreichung ihrer Ziele wurde bekanntlich von den deutschen Kaufleuten bei der endgültigen Gründung Lübecks im Jahre 1158 getan. Schließlich wurde die Linie Brügge-Lübeck-Novgorod die bedeutendste Achse, auf die sich der Austausch konzentrierte. Wie eindrucksvoll aber der Zugriff der Hanse auf diesen Verkehr sich nachher auch gestaltete, eines soll vielleicht nicht übersehen werden: daß sie nicht die einzige an diesem Austausch beteiligte Interessengemeinschaft war.

Die sukzessiven Etappen des flandrischen Eigenhandels in östlicher Rich­tung kann man nicht mehr genau verfolgen. Mit Reincke darf man jeden­falls annehmen, daß um 1188 herum schon Spuren von flandrischen Kauf­leuten zu Hamburg vorhanden sind. Offenbar schickten sie damals schon Korn aus der Altmark nach Flandern, obwohl der einwandfreie Beweis dafür erst durch eine Urkunde vom Jahre 1238 für die Stadt Aardenburg geliefert 24 wird. Sie erwarben Handelsprivilegien in Dänemark unter König Waldemar II. (1202-1241), unter der Bedingung der Gegenseitigkeit zugun­sten der Dänen in Flandern. Die Urkunde Waldemars stammt aus den Jah­ren 1237-1241, macht aber Anspielungen auf die Zeit um 1200 25• übrigens wurde damals, bei Beginn des Jahrhunderts, den Dänen schon nachgesagt, daß sie smarlachene Kleider trugen, die Deutschen darin nachäffend, d. h. also Kleider aus einer Art flandrischen Tuches hergestellt 26.

Der flandrische Eigenhandel in Norddeutschland war vom Ende des 12. Jahrhunderts bis ins letzte Viertel des 13. Jahrhunderts sehr bedeutend. Dagegen haben Lübeck und Hamburg erst nach dem Jahre 1225 Ernst ge­mamt mit ihrem Handel in Flandern, nachdem sie schon eine geraume Zeit einen lebhaften Verkehr in England aufrechterhielten. Kurz nach 1250 aber versuchten sie ihre Stellung am Swin, d. h. in den Brügger Vorhäfen, zu konsolidieren. Die flandrische Gräfin forderte jedoch Gegenseitigkeit für ihre Untertanen. Die dazugehörigen Urkunden wurden zwar beiderseits

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abgefaßt, aber niemals ausgehändigt, sie wurden somit auch nicht rechts­kräftig. Im Jahre 1268 jedoch schloß eine der deutschen Städte, nämlich Hamburg, mit den Flandrern ein Sonderabkommen, dessen Bestimmungen eine noch größere Tragweite hatten als die vom Jahre 1253. Die Flandrer erwarben dadurch in Hamburg das Recht, frei Handel zu treiben, nicht nur mit den Einheimischen, sondern auch mit dort verweilenden Fremden. Die­selbe Handelsfreiheit wurde den Hamburgern in Brügge zuerkannt. Erst 1280 wurde sie zu Aardenburg und später noch zu Brügge auf die sonstigen Deutschen ausgedehnt 27•

Diese Rechtsstellung der Flandrer, auf der Schwelle Osteuropas, schien für sie das Vorzeichen einer weiteren Ausstrahlung zu werden. Die Erwar­tung ging jedoch nur teilweise in Erfüllung. Zwar ist am Anfang des 14. Jahrhunderts die Anwesenheit noch von vielen flandrischen, meistens Genter Kaufleuten, quellenmäßig belegt. Ihre Handelsfreunde waren -außer in Hamburg und in einzelnen anderen Städten an der EIbe - östlich dieses Flusses ansässig, zu Berlin, Greifswald, Kiel, Stralsund und Wismar.

Es leuchtet aber ein, wie Reincke erwiesen hat, daß diese Quellen sich auf eine Periode des geschäftlichen Abstiegs und nicht des Aufblühens beziehen 28.

Ursache dieses relativen Verfalls waren teilweise die Schwierigkeiten, welche die Lübecker den Flandrern bereiteten. Sie sperrten ihnen die Fahrt nach Gotland, dem zeitweiligen Knotenpunkt des Ostseeverkehrs, sie ver­boten das Kompagnie- und das Kommissionsgeschäft zwischen Deutschen und Flandrern. Auch war es für die letzteren schwieriger als für die Deut­schen, sich im Osten das Rauchwerk anzuschaffen, das in diesem Ost-West­verkehr die begehrenswerteste Retourfracht bildete 29•

Dennoch wußten die Flandrer sich noch einigermaßen bis zum Ende des Mittelalters zu behaupten. Davon gibt es manche Beispiele: Im Jahre 1354 wird ein Bürger von Sluis, dem Brügger Vorhafen, erwähnt, der mit einem Bürger aus Stockholm das Eigentumsrecht auf ein zu Lübeck vor Anker liegendes Schiff teilte. Flandrische Kaufleute waren, laut einer Quelle aus dem Jahre 1367, ebensogut wie Holländer, Seeländer und Engländer am Verkehr im Sund und nach Schonen interessiert. Das soll nicht wunder­nehmen, wenn ein Jahr später die Rede ist von "de helft der vitten vor deme slote te Schonen, dar de Vlaminghe pleghen te ligghende". Im selben Jahre wurde eine Ladung Heringe, die zwei Einwohnern von Brügge ge­hörte, zu Lübeck beschlagnahmt 30.

Im 15. Jahrhundert begegnen wir noch öfters Bestimmungen, die bewei­sen, wie zäh die Flandrer in der Ostsee standhielten. In den Jahren 1402 bis

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1403 klagte man in Livland über direkten Verkehr der Flandrer mit diesem Lande. Die hansischen Gesandten zu Brügge und Gent, im Einverständnis mit dem Brügger Kontor, erließen im Sommer 1425 das Verbot, flandrische Schiffe mit Livland als Bestimmungsort zu befrachten; ebenso verboten sie, solche Schiffe, von den Flandrern selbst befrachtet, in Livland zu löschen. Die hansische Tagfahrt zu Lübeck im Jahre 1434 machte das Bauen oder Reparieren von Schiffen auf Rechnung, u. a. von flandrischen Kaufleuten, abhängig von gewissen Bedingungen. Schließlich, im Jahre 1450, wurde in den livländischen Städten allen Nicht-Hansen, mit Ausnahme von Hollän­dern und Seeländern, aber einschließlich der Flandrer, ausdrücklich ver­boten, sich dort am Handel zu beteiligen 31.

Aus der obigen Darlegung ergibt sich unzweideutig, daß der flandrische Eigenhandel, der gegen Ende des 12. Jahrhunderts die Grenzen des Ostsee­gebietes erreicht hatte, später bis nach Livland durchdrang und sich dort trotz vielen Schwierigkeiten zu behaupten wußte. In der westlichen Hälfte der Verkehrslinie Brügge-Lübeck-Novgorod war dieser Handel dem han­sischen Verkehr geraume Zeit vorangegangen. Diese ostwärts gerichtete flandrische Ausstrahlung hatte nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale und kulturelle Bedeutung. Mit Recht betont Rörig, daß aus Flandern und aus Westdeutschland "die Substanz kam, aus der baulich und dem Bodenrecht nach die Ostseestadt entwickelt" wurde 32.

In der östlichen Hälfte der Linie Brügge-Lübeck-Novgorod war jedoch die hansische Ausstrahlung der flandrischen vorangegangen. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts überflügelte sie letztere in bei den Richtungen, dank der zentralen Stellung des norddeutschen Kaufmanns.

Zu den Kaufleuten, die im Jahre 1253 in den Besprechungen mit der flandrischen Gräfin vertreten waren, gehörten auch die mercatores Romani imperii Gotlandiam frequentantes. Aber nicht nur die deutschen Kaufleute, die Gotland besuchten, sondern auch die, welche dauernd zu Wisby ansässig waren, waren direkt am flandrischen Handel beteiligt. Auch die Städte des südlichen Ostseeufers wurden bald hinzugezogen. Die Kaufleute des im Jahre 1230 gegründeten Stralsund erschienen spätestens im Jahre 1278 in Flandern, die der Weichselstädte Thorn und Elbing im Jahre 1280 bzw. 1295. Schließlich war noch vor dem Ende des 13. Jahrhunderts auch das so entlegene Riga im hansischen Flandernhandel vertreten 33.

Daß der West-Ostverkehr sich überwiegend auf Brügge konzentriert hatte, darf wohl hauptsächlich zwei Ursachen zugeschrieben werden: erstens

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der überaus großen Bedeutung Flanderns als Herstellungsland des Tuches sowie als Konsument für allerlei Waren aus Nord- und Osteuropa; zweitens der Tatsache, daß Brügge auf dem Festland in vielerlei Hinsicht der End­punkt des wirtschaftlichen Bereichs der romanischen Völker, zumal der Italiener war.

Im 13. Jahrhundert war der Handel in Brügge noch vorwiegend ein Austausch zwischen Flandrern und fremden Kaufleuten gewesen. Die mei­sten in Brügge importierten Waren wurden damals in Flandern konsumiert, die meisten exportierten stammten aus der Grafschaft selbst. Im Laufe des 14. Jahrhunderts fand jedoch in dieser Hinsicht eine bemerkenswerte Knde­rung statt. Der Handel der Fremden untereinander gewann an Bedeutung. Daher die Benennung "Mittelalterlicher Weltmarkt", womit einzelne Auto­ren das mittelalterliche Brügge haben bezeichnen wollen 34.

Diese Entwicklung wurde gefördert durch die Anerkennung des schon erwähnten Handels von Gast zu Gast zu Brügge im Jahre 1309. Sie wurde obendrein begünstigt durch die Politik der Hanse selbst, welche für jene Waren, welche ursprünglich, d. h. schon im 13. Jahrhundert, im Westen ver­handelt wurden, Brügge als verpflichteten Markt, als "Zwangsstapel" be­stimmte. Dies galt hier jenen Waren, die ihrer hohen Preise wegen die Kosten des Transportes über Land gut ertragen konnten und daher ohne Bedenken via Hamburg und Lübeck über die holsteinische Landenge beför­dert werden konnten. Die billigeren Handelswaren, wie Holz, Getreide und Salz, waren keine "Stapelgüter". Sie bekamen erst Bedeutung mit dem Auf­blühen der Umlandfahrt, d. h. der Fahrt von der Ostsee zur Nordsee um die Nordspitze Dänemarks herum. Sie waren nicht zum Stapel in Brügge ver­pflichtet, konnten daher auch am Swin vorbeifahren und weiter im Westen verbreitet werden. Den Bestimmungen in bezug auf den Stapel wurde jedoch in der Praxis oft zuwidergehandelt. Das ergibt sich zum Beispiel aus den Einwendungen, die im Jahre 1447 von flandrischer Seite gemacht wurden, anläßlich der Tatsache, daß Lübeck seit einigen Jahren Rauchwerk nach Genua und nach Venedig sandte, obwohl Brügge den Stapel dieser Ware innehatte und obwohl die Italiener sie sich bisher in Flandern angeschafft hatten 35.

Es ist somit wohl offenbar, daß, wenn die Achse Brügge-Lübeck-Novgo­rod das Rückgrat des West-Ostverkehrs bildete, dieser jedoch nicht voll­ständig von ihr beansprucht wurde. Doch liegt es nahe, wenn wir ein klares Bild bekommen wollen von der inneren Struktur dieses Verkehrssystems, jene Linie als Ausgangspunkt unserer Darlegung zu nehmen.

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Verfolgen wir sie daher in östlicher Richtung von Lübeck an. Die deut­schen Städte zwischen EIbe und Oder waren, wie wir sahen, schon vor dem Ende des 13. Jahrhunderts am Verkehr mit Brügge beteiligt. Sie schickten nach Flandern die typischen deutschen Ausfuhrprodukte, Asche, Pech und zumal Roggen. Es trifft tatsächlich zu, daß das ostdeutsche Binnenland damals schon imstande war, dieses Getreide auch in normalen Zeiten in Flandern zum Verkauf zu bringen 36. Was Lesnikov für die weiter östlich gelegenen baltischen Länder überzeugend dargelegt hat, nämlich daß die Kornausfuhr nach Flandern wegen der hohen Transportkosten im 14. Jahr­hundert nur im Falle der Teuerung sich als gewinnreich erwies, das galt für Ostdeutschland damals schon nicht mehr 37 •

Auch Preußen wurde in dieser Zeit in steigendem Maße in diesen Getreide­handel eingeschaltet, der, gerade wie der Holzhandel, den Weg über Lübeck und Hamburg vermeidend, die Umlandfahrt benutzte. Will man den Anteil des Deutschen Ordens am preußischen Handel besprechen, so soll man unter­scheiden zwischen den zwei Organisationen besagten Ordens, der Marien­burger und Königsberger Großschäfferei. Die Kornausfuhr aus den Weichsel­gebieten sowie die Holzausfuhr, gehörte zur Aufgabe der Marienburger, während die Königsberger das Monopol des Bernsteinverkaufs innehatte und obendrein ungarisches Kupfer sowie Wachs und Rauchwerk in den Handel nach Westen brachte. Die Bedeutung Flanderns als Absatzgebiet kommt hier besonders klar zur Geltung. Der Bernstein wurde ausschließlich und in nahe­zu gleichem Maße nach Lübeck und nach Brügge geliefert, den zwei einzigen Städten, die eine Paternosterarbeiterzunft besaßen, d. h. eine Zunft von Handwerkern, die jenes Material verarbeiteten. Das ungarische Kupfer, vom Großschäffer geliefert - sowie übrigens auch das schwedische Kupfer, das von Stockholm her über Lübeck seinen Weg fand -, war ausschließlich nach Flan­dern bestimmt 38.

Die Gegenleistung für alle diese Waren war flandrisches Tuch, teilweise für den Gebrauch der Ordensritter und ihrer Untergeordneten, teilweise für den Verkauf in Preußen und dessen Hinterland geliefert; dazu auch Süd­früchte und Gewürze, aber nur für den Bedarf der Ritter. Dieser Austausch zwischen Flandern und dem Orden war jedoch nur kürzere Zeit von grö­ßerer Bedeutung, er verringerte sich nämlich sehr in den Jahren nach der Niederlage der Ritter bei Tannenberg (1410)39.

Abgesehen von den Geschäften des Ordens kam in Preußen noch der Han­del der Städte in Betracht. Von den sechs hier zu berücksichtigenden Orten überflügelte Danzig im 15. Jahrhundert sämtliche andere. Es ist aber ziem-

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lich schwierig, den genauen Umfang des Flandernhandels dieser Stadt zu be­stimmen. Den vorliegenden statistischen Angaben gemäß soll er nicht sehr bedeutend gewesen sein; doch sind die Spuren der Danziger Kaufleute in Brügge ziemlich zahlreich. Man weiß bestimmt, daß in ihren Augen die Wie­lingen, d. h. der See strich in der Nähe des Swins, als der einzige Teil des Meeres an der niederländischen Küste galten, wo die Häfen für ihre große Schiffe zugänglich waren 40. Vielleicht darf man sich die Verhältnisse so vor­stellen, daß manche Danziger Schiffe, welche den Biskayischen Meerbusen oder sogar Lissabon als Bestimmungshafen hatten, auf der Hin- oder Her­reise auch die Swinhäfen anliefen.

Von entscheidender Bedeutung für die Beziehungen zwischen Osten und Westen und für die Beherrschung dieser Beziehungen durch die Hanse war die Tatsache, daß Livland, das das Einfallstor nach Rußland bildete, dem Deutschen Orden unterstand. Die deutschen Städte Livlands kontrollierten nämlich den Landweg Riga-Dorpat-Pernau-Reval, den viele Kaufleute dem gefährlichen Wasserwege durch den Finnischen Busen und die Newa vor­zogen 41.

Vor dem Ende des 13. Jahrhunderts schon stand Riga, der bedeutendste livländische Hafen, in direkter Beziehung mit Brügge. Im 15. Jahrhundert war es noch immer so. Zur Zei t der so wichtigen Veckinchusenschen Handels­korrespondenz war der flandrisch-livländische Handelsverkehr, um mit Les­nikov zu reden, "etwas Alltägliches, einem jeden leicht Zugängliches", wobei jedoch beachtet werden soll, daß er, soweit dieser Verkehr die Veckinchusen selbst betraf, via Lübeck geschah 42.

Die livländische Ausfuhr nach Flandern bestand aus Pelzwerk und Wachs, die Einfuhr hauptsächlich aus Tuchwaren. Durch Vermittlung der Novgo­roder Kaufleute gingen die von den Deutschen herbeigeschafften Waren weiter in das Innere Rußlands, nach Susdal, und von dort zu den Tataren der Goldenen Horde 43. Andererseits darf man annehmen, daß die chinesi­sche Seide, die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts - ausnahmsweise vielleicht - durch Vermittlung der Königsberger Großschäfferei auf den Brügger Markt gelangte, denselben Weg genommen hatte, selbstverständlich in entgegengesetzter Richtung 44.

Die Hanse traf - hauptsächlich unter dem Druck der livländischen Städte -eine Reihe von Maßnahmen, um den Anteil der Fremden an diesem groß­artigen Ost-Westverkehr zu beschränken. Den Holländern wurde verboten, in Livland Russisch zu lernen (1442) 45. Schon am Anfang des 15. Jahrhun­derts wurde danach gestrebt, den Borghandel, d. h. die Kreditgeschäfte zwi-

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sehen Hansen und Flandrern, zu verbieten sowie die direkte Güterbeförde­rung an Flandrer oder sogar an alle anderen Leute außer den hansischen Liegern zu Brügge 46•

Am anderen Ende der Achse lehnten die Livländer sich energisch gegen jede Teilnahme der Russen am Handel mit Flandern auf. Freilich, es gibt Beispiele von Deutschen, die auf russische Rechnung gelegentlich Rauchwerk nach Brügge beförderten; aber von eigentlichen Seereisen der Russen hört man, wie Goetz richtig betont, sehr wenig 47. Dermaßen wußten die livländi­schen Städte den gesamten Handel zwischen Brügge und Novgorod zu be­herrschen, daß sie auf ihrem Städtetag zu Dorpat im Jahre 1476 den deut­schen Kontoren dieser zwei Städte das Verbot auferlegen konnten, ohne ihr Mitwissen miteinander in Briefwechsel zu treten 48.

Sowohl Livländer als Russen übten auf die Tuchausfuhr nach Osten scharfe Kontrollen aus. Erstgenannte begünstigten das flandrische Produkt, verboten sogar den Ankauf englischen Tuches (1415)49, eine Bestimmung, die sie fünfzig Jahre später der Hanse in ihrer Gesamtheit aufzuzwingen wußten. Die Russen ihrerseits führten gelegentlich Klage beim deutschen Kontor zu Novgorod über Länge, Besiegelung, Falte oder Verpackung der flandrischen Tuchwaren; die Klage wurde weitergeleitet, bis sie das deutsche Kontor zu Brügge erreichte, das seinerseits die flandrischen Städte zu schär­ferer Kontrolle aufforderte 50.

Das ganze europäische Binnenland zwischen der EIbe und den russischen Fürstentümern wurde allmählich in den Verkehr mit Flandern eingeschaltet. Das galt zum Beispiel für Polen. Eine auf französisch abgefaßte Liste von Gütern, die am Ende des 13. Jahrhunderts auf dem Brügger Markt erschien, teilt mit, daß "dou royaume de Polane vient or et argent en plate, eire, vairs et gris et coivre" G1. Kaufleute aus Krakau und Breslau standen im 14. und 15. Jahrhundert in direkter Geschäftsverbindung mit Flandern 52, obwohl der größte Teil des Verkehrs aus jenen Gebieten von den Diensten der preu­ßischen Kaufleute Gebrauch machte. Auch der Landweg nach Flandern, von dem alsbald die Rede sein wird, spielte hier eine Rolle 53. Ein Teil der Aus­fuhr ging durch Vermittlung der Kaufleute von Frankfurt an der Oder über Stettin nach Flandern 54. Ungarisches Kupfer in der einen Richtung, flandri­sches Tuch in der anderen, hatten für alle diese Gebiete einen wichtigen An­teil an ihrem Handel. Das Tuch erreichte im 15. Jahrhundert auf diesem Wege sogar die Moldau und die Walachei.

Für diese Gebiete des europäischen Festlandes bildete der Anschluß an die

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Verkehrslinie Novgorod-Lübeck-Brügge nicht den kürzesten Weg. Das Be­nutzen eines Seeweges, wenn auch nur auf einer beschränkten Strecke, war ohne Zweifel billiger, aber auch weniger sicher. Die damit verbundenen Ge­fahren erklären vielleicht, warum auch die geraden Verbindungen über Land von Flandern aus im 14. und 15. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung be­kamen.

Wichtig war in diesem Zusammenhang im 14. Jahrhundert das auffällige, wenn auch vorübergehende Aufblühen von Frankfurt am Main. Kaufleute aus Ypern und Brügge werden dort seit 1343 erwähnt, aus Prag seit 1339, Wien 1343, Krakau 1346. Die Verbindung zwischen West und Ost war dort also schon vor der Mitte des 14. Jahrhunderts zustande gekommen. Für die Hanse bedeutete die Messestadt eine Alternative, welche sie bei jeder Span­nung in den Beziehungen mit Brügge gegen diese Stadt ausspielen konnte: Frankfurt war ja imstande, der Hanse manche Güter zu besorgen, die italienischen zum Beispiel, die sie in normaler Zeit in Brügge bezog. Die Sperre vom Jahre 1358 zwischen Brügge und der Hanse und in stärkerem Maße noch der Bruch vom Jahre 1388 verursachten eine erhebliche Steige­rung des Güterumsatzes in der Mainstadt. Nur zufälligen politischen und militärischen Umständen ist ihr späterer Niedergang zuzuschreiben 55.

Noch andere Landwege dienten dem Austausch zwischen Ost und West. Das gilt zum Beispiel für die Straße Brügge-Köln-Leipzig-Breslau. Mehr ostwärts waren vor allem die Landwege Livland-Preußen und Livland­Lübeck sehr belebt, trotz aller Einsprüche der livländischen Städte, die fürch­teten, die Kontrolle zum al über den Pelzwerkhandel zu verlieren 56.

Wie das Festland südlich der Ostsee, so wurde auch die skandinavische Welt, wenigstens teilweise, in das System der Linie Brügge-Lübeck-Novgo­rod eingeschaltet. Insbesondere galt dies für Schweden. Mittelschweden lie­ferte Kupfer, Eisen, Butter, Pelzwerk, wovon der größte Teil nach Brügge ging. Andererseits bezog Schweden nahezu seinen ganzen Bedarf an Tuch aus Flandern, wo es auch seine Gewürze fand 57.

Dieser schwedische Handel wurde von zwei Gruppen von Kaufleuten be­trieben, wie Koppe überzeugend dargelegt hat. Einerseits gab es Großhänd­ler, von denen die meisten in Lübeck, einige im teilweise deutschen Stock­holm ansässig waren; sie trieben Handel von Schweden aus nach Flandern und umgekehrt, wobei sie Lübeck höchstens als Durchgangsstation benutzten. Andererseits gab es Kaufleute von geringerem Format; sie waren ebenfalls entweder in Lübeck oder in Stockholm wohnhaft; sie schafften sich jedoch,

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im Gegensatz zu den ersteren, in Lübeck die für Schweden bestimmten abendländischen Güter an, so wie sie dort auch die schwedischen, für Flan­dern bestimmten Waren verkauften 58.

Eine besondere Rolle spielt die Süd spitze des heutigen Schweden, die da­mals zu Dänemark gehörte. Bekanntlich wurde zu Schonen der Hering kon­serviert, der alljährlich im benachbarten Meere in riesenhaften Mengen ge­fangen wurde. Vor der Mitte des 13. Jahrhunderts schon wurde der schonen­sche Hering von den Hamburgern nach Flandern ausgeführt. Im Jahre 1323 wurde sogar im Brügger Vorhafen Damme ein Sonderstapel für den ein­geführten Hering errichtet. Dieser Import erntete desto mehr Beifall, als die Flandrer, obwohl sie in der Nordsee viel Hering fingen, die Konservier­technik nicht anwandten. Erst um 1380 fingen sie an, den Hering, den sie in der Nähe der englischen Küste fingen, auf dem Meere zu kaaken und in Tonnen in ihre Häfen einzubringen. Längere Zeit noch hat der Herzog von Burgund und Graf von Flandern Philipp der Kühne dem Heringkaaken der Flandrer Hindernisse bereitet, um den Hansen einen Gefallen zu tun 19.

Mit Norwegen hatte man, im Gegensatz zu Schweden, in der Wikinger­zeit direkte Beziehungen, die auch nachher unterhalten wurden. Kattun­leinwand, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Norwegen vor­kam, wurde augenscheinlich aus Flandern eingeführt 80. Andererseits ver­zeichnet der älteste Zolltarif von Damme (1252) schon norwegischen Stock­fisch 61. Flandrische Kaufleute werden um 1327-1328 in Norwegen erwähnt. Meistens waren es jedoch die Norweger, die nach Flandern reisten, jedenfalls bis um 1320. Seitdem wurden sie dort von den Norddeutschen verdrängt e2•

Im Laufe dieser Darlegung habe ich gelegentlich die wichtigsten Waren erwähnt, die in dieser oder jener Richtung verhandelt wurden. Es ist auf­fallend, welche hervorragende Bedeutung unter den abendländischen Gütern dem Tuch zufiel. Dies verdient hier also eine eingehendere Erörterung.

Die Wolle wurde bekanntlich auf dem Festland in großen Massen ver­arbeitet, nicht nur in Flandern, sondern auch in einem viel ausgedehnteren Gebiet, das sich von Chartres und der Champagne bis tief nach Nieder­lothringen hinein erstreckte 63. Das flandrische Tuch war jedoch zweifellos von besserer Qualität, die es schon recht früh zu einem sehr verbreiteten Aus­fuhrartikel bestimmte. Ursprünglich wurden selbstverständlich auch von den flandrischen nur die teuersten Sorten exportiert; im 14. Jahrhundert jedoch kam es zu einem Massenabsatz von meistens kuranten Artikeln. Einer vorsichtigen Schätzung Rörigs zufolge wurden im Jahre 1368 nicht weniger

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72 Hans van Werveke

als um 23000 Tuche zu Oldesloe auf dem Wege nach Lübeck verzollt. Ob­wohl englische Tuche darin einbegriffen waren, bildeten die flandrischen ohne Zweifel den Hauptbestand 64.

Aus dem eigentlichen Flandern begegnen uns in unseren Quellen östlich der EIbe nicht weniger als 37 mit Namen angeführte Produktionsorte. Am häufigsten kommen die drei großen Städte des 14. Jahrhunderts vor: Ypern, Brügge und Gent. Bekanntlich bildete Ypern, wie schon Pirenne betonte, den reinen Typ des Exportzentrums. Das tritt auch wieder in bezug auf Osteuropa zutage. Die früheste Erwähnung Ypernschen Tuches bezieht sich auf die Jahre 1125 bis 1137 und betrifft Novgorod. Zwar darf sie nicht eindeutig zu dieser Zeit angesetzt werden, unwahrscheinlich ist die Datie­rung aber nicht 65. Zu Genua erscheint dies Tuch nämlich auch schon im 12. Jahrhundert (im Jahre 1186). Das Stadtrecht von Visby, das im 13. Jahr­hundert entstand, kannte es ebenfalls. Um 1287 fand es in Riga Erwähnung, im Jahre 1291 zu Wien, vor dem Ende des 13. Jahrhunderts in Hainburg an der ungarischen Grenze. Es behauptete sich im 14. und 15. Jahrhundert von der EIbe bis Novgorod und von Skandinavien bis zur Moldau und zur Walachei 66. Dasselbe Bild ergibt sich für Gent 67 und für Brügge 68, mit Aus­nahme der frühen Erwähnung von Novgorod.

Neben diesen drei großen Städten werden noch etwa zehn andere, deren Entwicklung meistens aus jüngerer Zeit datiert, öfters erwähnt. Unter ihnen sollen hier hervorgehoben werden: einerseits Poperinge 6U, ein Städtchen westlich von Ypern, das schon im 13. Jahrhundert seine Tuchware nach den meisten westeuropäischen Ländern ausführte, und andererseits Komen 70 und Wervik 71, zwei Städte am Leieufer gelegen, welche erst im 14. Jahrhundert zur Entfaltung gelangten; für ihre Produktion fanden sie, was Wervik be­trifft, großenteils, und was Komen betrifft, fast vollständig in Nord­deutschland Absatz.

Aus dem Vorhergehenden zeigt sich zur Genüge, daß, obwohl der ost­wärts gerichtete flandrische Eigenhandel sich nach anfänglichem Aufblühen nicht weiter hat entfalten können, Flandern jedoch im mittelalterlichen Ost­Westverkehr als Produktionsgegend sowie als Absatzfeld eine außerordent­liche Bedeutung erreicht hatte. Diese Ausnahmestellung Flanderns Osteuropa gegenüber tritt vielleicht nirgends so deutlich zutage wie im Geldverkehr zwischen Ost und West. Insbesondere kann man dies genau beobachten beim Remittieren der dem Päpstlichen Hofe im Norden und Osten geschuldeten Geldsummen nach Westeuropa.

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Die Beziehungen Flanderns zu Osteuropa in der Hansezeit 73

Im Westen und im Süden Europas konnte die Kurie mühelos ihre Ein­künfte unter Mitwirkung der Filialen der italienischen Bankhäuser nach A vignon oder Rom überweisen lassen. Im Norden oder im Osten war dies nicht möglich, weil das Filialennetz sich nicht so weit erstreckte 72. Dort konnte man nicht umhin, die Beträge in irgendeiner materiellen Form nach Westen zu befördern.

Die Einkünfte aus Skandinavien, Polen, Böhmen, Ungarn wurden also nach Brügge dirigiert 73, von wo aus» das Remittieren mittels Wechselbriefen " nach Avignon oder Rom möglich war. Der Transport von Bargeld nach Brügge, der ursprünglich die Regel war, nahm jedoch viel Zeit in Anspruch. Seit etwa 1340, als der Verkehr zwischen Polen und Flandern schon viel lebhafter geworden war, standen mehr Möglichkeiten zur Verfügung.Ände­rungen in der Handelsbilanz zufolge konnte seitdem der Gegenwert in Han­deisgütern, wie zum Beispiel Pelzwerk, Holz und Metalle, von den Kra­kauer Kaufleuten nach Flandern befördert und dort flüssig gemacht werden, woraufhin die Italiener die Beträge an die Kurie weiterleiteten 74.

Auch diese Verhältnisse geben der flandrischen Handelsstadt, mit Rück­sicht auf Osteuropa, eine ganz besondere Bedeutung. Mehr noch als den mittelalterlichen Weltmarkt darf man sie vielleicht das Fenster des Westens nennen, gerichtet auf das Hansegebiet und auf das dahinter liegende Ost­europa 75.

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Anmerkungen

1 I. Werner, Eine ostpreußische Bügelfibel aus dem Hennegau (Germania, 29, 1951), S.58-62.

2 H. lankuhn, Haithabu. Ein Handelsplatz der Wikingerzeit, 3. Aufl. (Neumünster 1956), S. 15-17. - A. Bugge, Der Untergang der norwegischen Schiffahrt (VSWG, XII, 1914), S. 97.

3 H.lankuhn, Haithabu, S. 21. - D. lellema, Frisian Trade in the Dark Ages (Speculum XXX, 1955), s. 20.

4 H. Arbman, Schweden und das Karolingische Reich (Stockholm 1937), S.14-15. -B. Rohwer, Der friesische Handel im frühen Mittelalter (Diss. Kiel 1937), S. 10.

5 lankuhn, Haithabu, S. 155, 157. - Rohwer, S. 30. -Iellcma, S. 32. 6 A. Bugge, Die nordeuropäischen Verkehrswege im frühen Mittelalter (VSWG, IV,

1906), S. 254. 7 Rohwer, S. 78. B Bugge, S. 244-253. - H. lankuhn, Der fränkisch-friesische Handel zur Ostsee 1m

frühen Mittelalter (VSWG, 40, 1953), S. 235-239. - Ders., Haithabu, S. 178. 9 Rohwer, S. 16. 10 lellema, S. 33. 11 R. Häpke, Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt (Berlin 1908), S. 121. 12 W. Vogel, Zur nord- und westeuropäischen Seeschiffahrt im frühen Mittelalter (HG,

XIII, 1907), S. 165. 13 M. Gysseling, Etymologie van Brugge (Handelingen van de Koninklijke Commissie

voor Toponymie en Dialectologie, XVIII, 1944), S. 78. In seinem späteren Werke, Topo­nymisch Woordenboek van Belgie, Nederland, Luxemburg, Noord-Frankrijk en West­Duitsland (v66r 1226), (1960), I, S. 195, bevorzugt G. einen altenglischen Ursprung.

14 E. de Moreau, Saint Anschaire (Löwen 1930), S. IX, 54-56. 15 H. van Werveke, Der flandrische Eigenhandel im Mittelalter (HG, 61. Jg.), S. 9. -

Ders., in Algemene Gesmiedenis der Nederlanden, 11, S. 191 - 194, 417-431. 16 W. Reese, Die Niederlande und das Deutsche Reim, (Berlin 1941), S. 605. 17 I. M. van Winter, Vlaams en Hollands remt bij de kolonisatie van Duitsland in de

12e en 13e eeuw (Tijdsmrift voor Rechtsgeschiedenis, XXI, 1953), S. 223. 18 Reese, S. 197. 19 Reese, S. 198. 20 I. W. Thompson, Dutm and Flemish Colonisation in Medieval Germany (The

American Journal of Sociology, XXIV, 1918-1919), S. 163. 21 van Winter, S. 214, 216, 219. 22 Zum Beispiel: P. lohansen, Umrisse und Aufgaben der hansismen Siedlungsgesmichte

und Kartographie (HG, 73. Jg., 1955), S. 2. - H. Sproemberg, Die Hanse in europäischer Sicht (Danewere, opstellen aangeboden aan Prof. Dr. D. Th. Enklaar, Groningen 1959), S.136.

23 Reese, S. 194,612-613.

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Anmerkungen 75

24 H. Reincke, Die Deutschlandfahrt der Flandrer während der hansischen Frühzeit (HG, 67./68. Jg., 1942/43), S. 54-55.

25 Eg. I. Strubbe, De oorkonden uit het Vlaamsche gravelijke archief op het S. Donaas­fonds te Brugge (Handelingen Emulation Brugge, LXXVII, 1934), S. 107-110. - Die Ur­kunde wurde nach der Regierungszeit des flandrischen Grafen Ferrand verfaßt ("Ferrandi bone memorie"), und während der Regierung seines Nachfolgers ("comes Flandrensis qui pro tempore sit"), also nach 1237.

26 H. Ammann, Deutschland und die Tuchindustrie Nordwesteuropas im Mittelalter (HG, 72 Jg., 1954). S. 26.

!7 Reincke, S. 63-65. 28 Reincke, S. 71-83. 29 Reincke, S. 58, 62. - L. K. Goetz, Deutsch-Russische Handelsgeschichte des Mittelalters

(Hansische Geschichtsquellen, N. F., Lübeck 1922), S. 372-373. - R. Häpke, Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt (Berlin 1908), S. 82-89.

30 W. Koppe, Lübeck-Stockholmer Handelsgeschichte im 14. Jahrhundert (Neumünster 1933), S. 16. - E. Daenelt, Die Blütezeit der Deutschen Hanse 1370-1474 (Berlin 1905-1906), S. 39. - R. Degryse, Vlaanderens haringbedrijf in de middeleeuwen (Antwerpen 1944), S. 96.

81 Th. Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbsgeschichte unter der Herrschaft des Deut­schen Ordens (Leipzig 1858), S. 125. - W. Stein, Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse bis um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts (Gießen 1900), S. 133-136. - Goetz, S.423-425.

32 F. Rörig, Unternehmerkräfte im flandrisch-hansischen Raum (Vom Werden und Wesen der Hanse, Leipzig 1940), S. 92.

33 Häpke, S. 112-115. 34 Zumal Häpke, Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt (Berlin 1908).

Der Ausdruck" Weltmarkt" in bezug auf Brügge begegnet jedoch schon bei Hirsch (1858), S. 121.

35 Daenell, Blütezeit, I, S. 400. 38 F. Rörig, Die Gestaltung des Ostseeraumes durch das deutsche Bürgertum (Vom

Werden und Wesen der Hanse, Leipzig 1940), S. 20-21. 37 M. P. Lesnikov, Beiträge zur baltisch-niederländischen Handelsgeschichte am Ausgang

des 14. und zu Beginn des 15. Jahrhunderts (Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx­Universität, Leipzig, 7. Jg., 1957/58), S. 613-614.

38 F. Renken, Der Handel der Königsberger Großschäfferei des Deutschen Ordens mit Flandern um 1400 (Weimar 1937), S. 15, 17, 29-30, 33, 52-53, 68, 71, 74, 76, 78-79, 83, 86-88.

39 Renken, S. 95, 96, 101, 103, 122-125, 130-135, 138. 40 Hirsch, S. 121. 41 E. Daenelt, Geschichte der Deutschen Hanse in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts

(Leipzig 1896), S. 45. 42 M. Lesnikov, Lübeck als Handelsplatz für osteuropäische Waren im 15. Jahrhundert

(HG, 78. Jg., 1960), S. 292. 43 A. Eck, Le moyen age russe (Paris 1933), S. 337. 44 K. Forstreuter, Die ältesten Handelsrechnungen des Deutschen Ordens In Preußen

(HG, 74. Jg., 1956), S.20. 45 Daenelt, Blütezeit, I, S. 425. 46 Daenelt, Blütezeit, I, S. 350. 47 Goetz, S. 222. 48 Goetz, S. 404.

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76

49 Daenell, Blütezeit, II, S. 256. 50 Goetz, S. 404. 51 Goetz, S. 277.

Anmerkungen

52 Lesnikov, Beiträge, S. 615. - M. Malowist, Le developpement des rapports economi­ques entre la Flandre, la Pologne et les pays limitrophes du Be au 14e siede (Revue beige de philologie et d'histoire, X, 1931), S. 1045.

53 H. Ammann, Deutschland und die Tuchindustrie Nordwesteuropas im Mittelalter (HG, 72. Jg., 1954), S. 36.

54 Malowist, S. 1015. 55 W. Koppe, Die Hansen und Frankfurt am Main im 14. Jahrhundert (HG, 71. Jg., 1952),

S. 46-47. - H. Ammann, Die Friedberger Messen (Rheinische Vierteljahrsblätter, XV/XVI, 1950/51), S. 199-200, 222. - Ammann, Tuchindustrie, S. 39.

5G Malowist, S. 1023. - L. Petry, Die Popplau. Eine schlesische Kaufmannsfamilie des 15. und 16. Jahrhunderts (Breslau 1935), S. 71. - Lesnikov, Lübeck, S. 75, 84. - Daenell, Blüte­zeit, I, S. 92; II, S. 255.

57 Koppe, Lüb.-Stockh. Handelsgesch., S. 23, 27, 38, 46-47, 54-58. 58 Koppe, Lüb.-Stockh. Handelsgesch., S. 109, 110, 124, 127, 242. 59 Degryse, S. 92-99, 105. 60 Bugge, Untergang, S. 107. Gl Degryse, S. 92. 62 Bugge, Untergang, S. 96-97. 63 H. van Werveke, Introduction historique, in: G. de Poerck, La draperie medievale en

Flandre et en Artois. Technique et terminologie, I (Brügge 1951), S.11-12. 64 F. Rörig, Die Hanse und die nordischen Länder (Hansische Beiträge zur deutschen

Wirtschaftsgeschichte, Breslau 1928), S. 158. 65 über diese umstrittene Frage: Goetz, S. 280-282. - H. Pirenne, Draps d'Ypres a

Novgorod au commencement du XIIe si~c1e (Revue beige de philologie et d'histoire, IX, 1930, S. 563-566). - A. Eck, Apropos des draps d'Ypres a Novgorode (daselbst, X, 1931, S. 591-594). - Ammann, Tuchindustrie, S. 4, 26.

68 Ammann, Tuchindustrie, wie auch: Koppe, Lüb.-Stockh. Handelsgesch., S. 55; Malo­wist, S. 1019, 1035, 1041, 1050. - Goetz, S. 282,287. - M. Lesnikov, Die Livländische Kauf­mannschaft und ihre Handelsbeziehungen zu Flandern am Anfang des 15. Jahrhunderts (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, VI. Jg., 1958), S.296, 302-303. - W. von Slaski, Danziger Handel im 15. Jahrhundert (Heidelberg 1905), S. 68. - C. Verlinden, Brabantsch en Vlaamsch laken te Krakau op het einde der 14e eeuw (Antwerpen 1943), S. 10, 11, 14, 20. - Renken, S. 123, 131.

67 Ammann, wie auch: Koppe, S. 55; Malowist, S. 1018, 1050; Lesnikov, Livl. Kaufrn., S. 302-303.

68 Ammann, wie auch: Koppe, S. 55; Malowist, S. 1040, 1050, 1052; Verlinden, S. 10; Slaski, S. 55; Petry, S. 49; Goetz, S. 282; Renken, S. 128.

69 Ammann, wie auch: Koppe, S. 55; Malowist, S. 1036, 1052; Goetz, S. 211, 282, 287; Slaski, S. 66; Lesnikov, Livl. Kaufrn., S. 302-303; G. Lechner, Die hansischen Pfund­zollisten des Jahres 1368 (Lübeck 1935), S. 573; Renken, S. 123, 131, 132.

70 Ammann, wie auch: Koppe, S. 55; Slaski, S. 61; Lechner, S. 573; Goetz, S. 282; Renken, S. 123.

71 Ammann, wie auch: Koppe, S. 55; Lechner, S. 573; Goetz, S. 282. 72 Wechselgeschäfte waren den hansischen Kreisen immerhin nicht unbekannt. In Lübeck

gab es Handelspapiere, die, wenn auch noch in unfester Abfassung, doch eine dem Wechsel­briefe ähnliche Rolle spielten und eben eine ähnliche Benennung erhielten. Ihr Umlauf war

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Anmerkungen 77

jedoch noch sehr beschränkt, und Lübeck war noch nicht in den internationalen, von den Italienern beherrschten Wechselhandel eingeschaltet.

Auf dem Wege also, welchen die Güter und das Geld von Osten nach Westen nahmen, war Brügge die erste »piazza di cambio" von der Art von London, Paris, Barcelona, Genua, Venedig und Florenz, welcher sie begegneten. R. de Roover, Money, Banking and Credit in medieval Bruges (Cambridge Mss. 1948), S. 60. - Ders., L'evolution de la letere de change. XIVLXVIIIe siedes (Paris 1953), S. 50, 98.

73 Malowist, S. 1039-1040. 74 Y. Renouard, Les relations des papes d'Avignon ee des compagnies commerciales et

bancaires de 1316 a 1378 (Paris 1941), 5.26,209-214). - Fr. Graus, Die Handelsbeziehun­gen Böhmens zu Deutschland und Osterreich im 14. und zu Beginn des 15. Jahrhunderts (Historica II, Nakladatelstvl ceskoslovenske Akademie Ved, Praha 1960), S. 84-85. -G. Despy, Bruges et les collectories pontificales de Scandinavie et de Pologne au XIVe siede (Bulletin de l'Institut historique beige de Rome, XXVII, 1952).

75 Sproemberg, S. 135. - C. Nordmann, Die Veckinchusenschen Handelsbücher. Zur Frage ihrer Edition (HG, 65/66. Jg., 1940-1941), 5.124.

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Hansischer Handel und Hansekaufleute in Skandinavien Einige Probleme

Von Kjell Kumlien, Stockholm

I

Wir leben in der Gegenwart - und davon muß man gerade hier in Bonn einen lebendigen Eindruck bekommen - in einer Zeit, die stark von der Dis­kussion über die beiden europäischen Märkte geprägt ist. Gerade jetzt spricht man viel von der Sechs- und der Siebenstaatengruppe, von dem, was sie tun können und von dem, was sie wollen. Das Neue und bei den Gruppen Gemeinsame ist die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, soweit es sich um Zölle handelt sowie um andere Bereiche, die früher innerhalb jedes einzelnen Staates oder für zwei Staaten gemeinsam gesetz­lich geregelt wurden. Diese Bestrebungen richten sich teilweise gegen eine Betrachtungsweise, die im älteren nationalstaatlichen Denken wurzelt und immer noch lebendig ist. Dieser Gegensatz ist auch deshalb interessant, weil er zu historischen Vergleichen Anlaß geben kann.

Bekanntlich glaubten bereits mehrere antike Geschichtsschreiber, daß sich die Geschichte ständig wiederhole. Dieser Gedanke stand hinter ihrer Auf­fassung von der Geschichte als einer magistra vitae. Sehen wir nicht gerade im Europa unserer Tage, würden sie sagen, wenn sie heute lebten und schrie­ben, daß sich wiederholt, was zur Zeit der Deutschen Hanse geschah? Denn bereits damals standen sich die Idee eines europäischen Freihandels und die Forderung nach einer wirtschaftlichen Abgrenzung der Staaten gegenüber. Die Entwicklung verlief allerdings damals in mancher Hinsicht anders als heute, u. a. insofern, als sie gewissermaßen in entgegengesetzter Richtung erfolgte: Vom Internationalismus zum Nationalismus, vom römischen Kaisertum, dem Gemeinschaftsideal der Kirche und der Gebildeten zur Ab­grenzung des Fürstenstaates und der reformierten Kirchen. Daß jedoch die Problemstellung als solche, die in den Tagen der Benelux- und Eftakonferen­zen Geschäftsleute und Staatsmänner so stark beschäftigt, dem Mittelalter nicht völlig fremd war, das zeigt uns die Geschichte der Entstehung der Deutschen Hanse.

Der Kernraum der Hanse, um mit Fritz Rörig zu sprechen, war die Ost­see; über sie ging der Handelsweg, der im Mittelalter der Lebensnerv des

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80 Kjell Kumlien

Güteraustausches zwischen Ost und West war. In einem frühen Stadium, bevor die Schiffahrtstechnik ausreichend entwickelt war, nahm der Waren­strom den Weg längs der schwedischen Ostküste nach Finnland und Estland, aber bald über Gotland als Zwischenstation und allmählich direkt über die Ostsee, ohne Küstenfahrt und ohne Zwischenhalt. Eine internationale uni­versitas von Kaufleuten zog den Fernhandel, mit Gotland als Stützpunkt, an sich, aber aus dieser Organisation wurde bald etwas anderes. Aus den mercatores frequentantes wurden mercatores manentes. Das bedeutete, daß die deutschen Heimatstädte, aber auch die Kolonialstädte die Rolle der See­fahrer übernahmen. So bildete sich allmählich unter der Führung Lübecks die Städtehanse, die erste internationale Handelsorganisation in Nord­europa. Es konnte jedoch nicht ausbleiben, daß dieser Städtebund bald in verschiedenen Gebieten mit den entstehenden Nationalstaaten in Kontakt kam, nicht zuletzt mit den Regenten im Norden.

Wichtige Entscheidungen während dieses Kontaktes sind im Hinblick auf die heutigen Integrationsprobleme von Interesse. Einen historischen Rück­blick dürfte außerdem der Umstand motivieren, daß solche Entscheidungen, die gerade unser heutiges Thema berühren, mit eigentümlicher Regelmäßig­keit in einer Reihe von Jahrhunderten des Mittelalters gerade im siebenten Jahrzehnt fielen. Heinrich der Löwe fertigte seinen berühmten Friedens­brief an die Gotländer 1161 aus. Das erste Handelsabkommen zwischen der Stadt Hamburg und Schweden wurde genau hundert Jahre später, 1261, ge­schlossen. Nach weiteren hundert Jahren eroberte Valdemar Atterdag die Insel Gotland, deren Großmachtstellung damit endgültig zu Ende ging. Be­deutete diese Tat einen großen Sieg für das dänische Königtum, so brachten die sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts Polen-Litauen ähnliche Erfolge. Mit I-IiIfe der alten Hansestadt Danzig stieß dieses Land endgültig bis zur Weichselmündung vor. Die Auflösung des alten Hansebundes wird weiter durch die letzte Jahreszahl unserer "Jubiläumsserie" unterstrichen, nämlich 1561, als sich die Hansestadt Reval Schweden unterwarf, das damit seine Ostseeherrschaft einlei tete.

Diese Jahreszahlen mögen den Wert haben, den sie besitzen. Jedenfalls geben sie uns gewisse Anhaltspunkte in der wechselvollen und schwer zu­gänglichen Wirklichkeit, deren Probleme ich jetzt in aller Kürze berühren will.

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Hansischer Handel und Hansekaufleute in Skandinavien 81

11

Die wissenschaftliche Diskussion von Fragen, die eine Beziehung zu Skan­dinavien und der Hanse haben, begann zugleich mit dem Durchbruch der modernen Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Es war die Zeit der politischen Großmachtsysteme, der Nationalitätsbewegungen und der Natio­nalstaaten. Die Anschauungen dieser Zeit mußten selbstverständlich stark auf die damaligen Gesichtspunkte zu unserem Thema abfärben: ganz ver­schwunden sind diese Gesichtspunkte immer noch nicht. Es sei hier nur an die heftige Polemik zwischen zwei hervorragenden Historikern, dem Nord­deutschen Schäfer und dem Dänen Allen, erinnert, eine Polemik, die erklär­lich ist, wenn man bedenkt, welch unterschiedliche Erlebnisse das 19. Jahr­hundert Deutschen und Dänen brachte. Wenn auch die Grundlagen zu un­serer Kenntnis der Hansezeit von dieser Reihe hervorragender Forscher des 19. Jahrhunderts gelegt wurden, muß man doch sagen, daß sie nicht selten un­zeitgemäße Begriffe auf das Mittelalter übertrugen. Es konnte geschehen, daß man auf deutscher Seite die kulturelle Kluft zwischen der Welt des Nordens und der Welt der Hanseaten tiefer sah, als sie in Wirklichkeit war. Oft wurdenSkandinavien und die Hanse auch als einheitliche Begriffe betrachtet. Hinter den stark zersplitterten nordischen Reichen des Mittelalters wollte man den Norden des Skandinavismus erkennen, hinter Lübeck und der Hanse das Deutschland Bismarcks. Diese Betrachtungsweise erschwerte eine realistische Beurteilung. Die Wahrheit ist nämlich, daß der Hansebund in Wirklichkeit eine höchst disparate Erscheinung war und daß die Staaten des Nordens gegenüber der Hanse oder gegenüber der abendländischen Kul­turwelt im allgemeinen keine Einheit darstellten - nicht einmal zur Zeit der Kalmarer Union.

Diese Unterschiede zwischen den Reichen in Skandinavien traten sowohl vor als auch nach dem Auftreten der Hanseaten in Erscheinung.

Nach Schweden hatten sich bereits in vorhansischer Zeit Missionare, Prie­ster und Mönche, friesische und westdeutsche Kaufleute und andere Reisende begeben. Sie führten die Lehre vom christlichen Gott, Kenntnisse von Bü­chern und Baustilen mit sich; noch heute bewundern wir ihr Können in den bedeutenden Kirchen- und Klosterruinen von Sigtuna, "Gottes Sigtuna". In vorhansischer Zeit wurde gebaut und gepredigt in Schweden, und beson­ders im Mälarsee liefen die Fäden des Außenhandels zusammen. Hier hat die Forschung gerade jetzt vorher ungeahnte Perspektiven eröffnet: die Grabungen auf Helgön zwischen Birka und Stockholm haben einen bisher

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82 Kjel! Kumlien

unbekannten Handelsplatz ans Tageslicht gebracht, der lange vor Birka auf­zublühen begann und diese Stadt sogar überlebte.

Aber keiner der größeren schwedischen Orte, die als Handelsplätze aus der Zeit vor der Ankunft der Deutschen bekannt sind, sollte dem Kreis der größten schwedischen Handelsstädte der Hansezeit angehören. Keine dieser letzteren wird vor dem 12. Jahrhundert genannt, urkundlich sind sie sogar erst im darauffolgenden Jahrhundert belegt. Das klarste Beispiel bietet Stockholm. Der Name wird erstmalig 1252 genannt, das Siegel der Stadt und die ersten bekannten Bürger werden 1281 und 1282, seine Mauern 1288 erwähnt; das Stadtrecht ist vielleicht ebenfalls 1288 belegt, aber mit größerer Sicherheit 1297, da auch Bürgermeister und Ratsherren Erwäh­nung finden. In dieselbe Richtung weisen auch die Zeugnisse der Kunst­geschichte und der schriftlichen Traditionsquellen. Als Stadt entstand Stock­holm zur Zeit der hansischen Expansion. Und dasselbe gilt von den übrigen führenden schwedischen Handelsstädten des Mittelalters. Natürlich ist des­halb ein gewisser Zusammenhang mit früheren Anlagen nicht ausgeschlos­sen: man knüpft an Kultplätze und Versammlungsplätze an, und in älterer Zeit geschah es recht oft, daß man Städte verlegte. Aber das ändert kaum etwas an den Tatsachen. Hedeby und Ribe in Dänemark, Trondheim, Töns­berg und Oslo in Norwegen gehen in die Wikingerzeit zurück, Bergen jeden­falls ins 11. Jahrhundert. Ein norwegisches Stadtrecht existierte in der zwei­ten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Das östlichere Schweden nimmt später als seine nordischen Nachbarn seinen Platz im gesamteuropäischen Bereich der Kirche und der Bildung ein.

Der hier betonte Unterschied zwischen den Ländern Skandinaviens be­trifft nicht nur die Zeit, die der Zeit der Hanseaten unmittelbar voranging. Jedes skandinavische Land hatte, wie Rörig und von Brandt hervorhoben, seine besonderen Beziehungen zu Lübeck und zur Hanse. Für Dänemark bestanden diese Beziehungen hauptsächlich in einem politischen Kampf oder Zusammenwirken, für Norwegen und Schweden stand dagegen die Wirt­schaft im Vordergrund, jedoch mit dem Unterschied, daß Norwegen, nicht aber Schweden, für seine Versorgung völlig von der hansischen Einfuhr abhängig war. In Dänemark war der Außenhandel auf die Märkte von Skanör und Falsterbo, dem Treffpunkt der Kaufleute aus Ost und West, konzentriert, und der Zuzug von Deutschen nach dänischen Städten war verhältnismäßig gering. Eine ähnliche Konzentration fand in Norwegen statt. Der norwegisch-hansische Güteraustausch erfolgte zum überwiegen­den Teil in einer einzigen Stadt, Bergen. Während vor allem die schonischen

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Märkte Treffpunkte für Kaufleute aus vielen Hansestädten waren, kamen in die schwedischen Stadtgemeinden Besucher aus einem begrenzteren Kreis von Hansestädten. Lübecks Bedeutung für Schweden ist, verglichen mit der anderer Hansestädte, auffallend groß, besonders in Stockholm. Aber von den Deutschen, die Schweden aufsuchten, ließen sich viele dort und in ver­schiedenen Orten, in mehreren Städten und auch in Grubendistrikten nieder. Diese deutsche Einwanderung ist ein Kennzeidlen für Schweden.

Die Funde aus den immer noch fortgeführten Nachkriegsgrabungen zei­gen immer deutlicher, daß der Norden bereits in der Zeit der Wikinger und der Karolinger keineswegs außerhalb des damaligen Kulturzusammenhan­ges stand: Skandinavien war weit abgelegen, aber keineswegs abgetrennt. Diese Lage lud eine kriegerische und unternehmungsfreudige Bevölkerung dazu ein, sich mit der Aufgabe zu befassen, die eine der wichtigsten Auf­gaben des Fernhandels ist, nämlich mit der Überwindung des Abstandes. Man staunt oft über die geographischen Fernperspektiven, die hier und da in nordischen Erzählungen aus der Zeit Ruriks und Leif Erikssons, Gan­gerolfs und Sigurds des Jerusalemfahrers durchschimmern.

Als die deutschen Kaufleute nach Skandinavien kamen, schlossen sie Be­kanntschaft mit Ländern und Völkern, deren Gesellschaftsform von der ihrigen abwich. Das galt nicht zuletzt für den Handel: Schrift und Zahlen wurden hier wenig verwendet, während der Gebrauch dieser Hilfsmittel, wie Fritz Rörig betonte, in hohem Grade zum Erfolg der lübischen Kauf­mannschaft beitrug. Aber der Unterschied zwischen Skandinavien und Deutschland in diesem Punkt erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß der schrift­lose Handel, der im Ostseegebiet vor den Hanseaten getrieben wurde, recht umfangreich sein konnte. Gerade einen solchen Handel, auf einfache Weise nach Bauernart durchgeführt, trieben die Gotländer bereits vor der Zeit der Hanse, d. h. vor der Mitte des 13. Jahrhunderts.

III

Für die Rolle, die Gotland und die Gotländer vor der deutschen Expan­sion im Ostseehandel spielten, hat die Archäologie überzeugende, um nicht zu sagen überwältigende Beweise geliefert und liefert sie immer noch. Auf ihrem Vormarsch nach Norden und Osten mußten die Deutschen notwen­digerweise in erster Linie mit den Gotländern zusammenstoßen. Das geschah zu einem Zeitpunkt, als sie auch mit anderen handeltreibenden Völkern

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Nordeuropas Kontakt suchten und fanden. Der Chronist Helmold berich­tet, Herzog Heinrich der Löwe, der Herr Lübecks, habe 1158 eine Bot­schaft an nördliche Städte und Reiche geschickt, nach Dänemark, Schweden, Norwegen und Rußland, denen er Frieden und freien Zutritt zur Stadt Lübeck anbot. Eine Urkunde klärt uns außerdem darüber auf, daß der Her­zog kurz nach seinen, soeben erwähnten handelspolitischen Vorstößen bei den nördlichen Völkern mit den Gotländern verhandelte. Das Ergebnis war ein Abkommen, das in Artlenburg geschlossen wurde und in der Haupt­sache folgenden Inhalt hatte. Herzog Heinrich verkündet, daß er die Ein­tracht zwischen den Gotländern und den Deutschen wiederherstellt, gemäß den Bedingungen, die Kaiser Lothar bewilligt habe. Den Gotländern wurde Frieden und Zollfreiheit im Herrschaftsbereich des Herzogs zugesichert, und das Friedenswerk wurde zusätzlich durch einige straf- und zivilrecntliche Vorschriften gestützt. Alle diese Rechte sollten gewährt werden unter der Voraussetzung, daß die Gotländer dieselben Vorteile den Untertanen des Herzogs gewährten, daß sie eine größere Vorliebe für ihn und sein Land hegten und seine Stadt Lübeck häufiger besuchten.

Der Artlenburgbrief hat eine Datierung, die nicht eindeutig ist. Während die Ausfertigung der Urkunde in der herzoglichen Kanzlei im Oktober 1163 stattfand, kam der eigentliche Vertrags abschluß in dem Jahre 1161 zustande, vermutlich in dem Monat Juli. In diesen Tagen sind es also gerade 800 Jahre her.

Die Datierung des Artlenburgprivilegiums gehört jedoch zu den kleineren Schwierigkeiten, wenn es sich darum handelt zu beurteilen, was sich tatsäch­lich ereignete und zwischen dem Herzog von Sachsen und den Gotländern beschlossen wurde. Unser Brief, der nur in zwei Abschriften bewahrt ist, kann nämlich nicht verstanden werden, ohne daß man einige andere Quellen berücksichtigt. Die Präambel zum Stadtrecht von Visby, die in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts niedergeschrieben wurde, knüpft teilweise an den Artlenburgbrief an, der hier in einen historischen Zusammenhang ge­stellt wird. Menschen vieler verschiedener Sprachen hätten sich auf Gotland versammelt, heißt es da. Aber die Zeit ging und die Stadt wuchs (de stad ghewos) und es kam zu heftigen Kämpfen; man sandte Nachricht an Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen, der den Frieden und das Recht bestätigte, wie es sein Großvater, Kaiser Lothar, früher getan hatte.

Der früheren Abschrift des Privilegiums des Herzogs Heinrich für die Gotländer sind - auf demselben Pergament blatt - einige Zeilen hinzugefügt worden. Sie beinhalten einen Befehl Heinrichs des Löwen an einen gewissen

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Odelrik, »genau die Gesetze anzuwenden, die ich den Gotländern in meinem ganzen Reich verliehen habe, auch hinsichtlich der Deutschen, die ich deiner Herrschaft anvertraut habe"; außerdem werden einige Anweisungen für be­sondere Rechtsfälle gegeben. Das ist das sogenannte Odelrikmandat. Dieser Zusatz fand sich nur der einen der beiden Abschriften, durch welche die Artlenburgverträge der Nachwelt erhalten blieben, beigefügt, nämlich der kurz nach 1225 entstandenen Lübecker Kopie. Auf dieselbe Kopie hat ein Kanzleibeamter noch einige zusätzliche Informationen zum selben Thema vermerkt. Unter anderem gibt er eine Erklärung für das Odelrik-Mandat. Odelrik, sagt er, ist der Name des Gesandten der Deutschen, den der Her­zog als ihren Vogt und Richter eingesetzt hatte; Lichnatus hieß der Ge­sandte der Gotländer. Die Verhandlungen galten also seiner Ansicht nach Gotland.

Vier schriftliche Quellen - der Privilegienbrief, das Mandat, der Kanzlei­vermerk und die Präambel des Visbyer Gesetzes - können uns also darüber unterrichten, was zwischen Heinrich dem Löwen und den Gotländern im Sommer 1161 und später vorgekommen ist. Aber diese Quellen geben weder einen klaren noch einen erschöpfenden Bescheid, besonders nicht in der rätsel­haften Odelrik-Frage. War er als Vertreter des Herzogs in einer nord­deutschen Stadt, in Visby oder für deutsche Gäste an der Küste Gotlands eingesetzt? Welche Rollen haben der Herzog und die Gotländer bei den Ver­wicklungen gespielt? Diese Diskussion führt uns zu einer sehr wichtigen Frage: sie bezieht sich auf die Art des frühen Kontaktes zwischen Skandi­navien und Deutschland in der Vorbereitungszeit der Deutschen Hanse so­wie auf das Verhältnis zwischen der vorhansischen wirtschaftlichen Expan­sion und dem Deutsch-Römischen Reich.

Heute, nach zwanzig Jahren, mag es angebracht und von Interesse sein, an die Diskussion über dieses Thema zu erinnern, die um 1940 auf deutscher und schwedischer Seite geführt wurde. Der hervorragende Hanseforscher Rörig meinte, Heinrich sei den Gotländern gegenüber nicht in seiner Eigen­schaft als Herzog, sondern als Repräsentant des deutsch-römischen Königs aufgetreten, Odelrik sei sein eigener Repräsentant mit Sitz auf Gotland gewesen. Den Zusammenhang zwischen den deutschen Kaufleuten, die Got­land besuchten oder dort blieben, und dem Deutsch-Römischen Reich zeig­ten ihre Siegelbilder mit dem Lilienstengel, den man von den Imperator­siegeln Heinrichs VI. und Friedrichs 11. her kennt und der das Symbol für den Frieden darstellte, den der römische König gewähren konnte. Eine der Kostbarkeiten des schwedischen Nationalmuseums, eine unter verschiedenen

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anderen Dingen in Kyrkebinge auf Gotland gefundene Silberschale mit einem dekorativen Adlerschild würde davon zeugen: denn diese schöne Arbeit stammt nach Rörig von Lübeck. Es handelt sich hier um den deut­schen Reichsadler, verwendet als Lübecker Wappen.

Die Opposition von schwedischer Seite machte geltend, daß das Friedens­werk des Herzogs überhaupt nichts mit Gotland zu tun gehabt hätte: Odel­rik sei der Vogt des Herzogs irgendwo in Sachsen gewesen, jedoch nicht in Lübeck. Heinrich der Löwe trete hier nur als Herzog von Sachsen auf; die Bekanntmachung und das Mandat hätten nur diesem Land gegolten. Die Silberschale mit dem Adler wäre nach dieser Ansicht keine lübische Arbeit. Das Adlerbild weise keine heraldischen Spezifika auf, die mit den lübischen Adlern in Zusammenhang gebracht werden könnten; das Adlerbild gehöre zu den verbreitetsten Requisiten der dekorativen Kunst, und das Adlerbild als Wappen sei nicht spezifisch lübisch. Warum sollte also ein so allgemeines Friedenszeichen eine politische Zustandsform bezeichnen?

Ich selbst habe in dieser Frage die Auffassung vertreten, daß der Reprä­sentant des großen Welfen, der im übrigen unbekannte Odelrik, tatsächlich als Vogt für die deutschen Gäste an der Küste Gotlands gewirkt habe. Es liegt kein Anlaß vor, den frühen Kanzleivermerk, der eine solche Inter­pretation andeutet, zu verwerfen. Der Hauptbrief und das Mandat kommen außerdem erst dann in ein natürliches Verhältnis zueinander, wenn man davon ausgeht, daß der Brief den Gotländern in Sachsen, das Mandat den Deutschen auf Gotland galt. Der Brief spricht ja von gegenseitigen Forde­rungen und Rechten, die für Gotländer und Deutsche gleicherweise gelten. Die Deutschen, über die Odelrik gesetzt wurde, mußten sich mit anderen Worten in derselben Situation befinden wie die Gotländer in Sachsen. Dann ist aber die Annahme wahrscheinlich, daß es sich bei den Deutschen des Odelrik um fahrende deutsche Kaufleute an der Gotlandküste handelte. Daß reisenden Kaufleuten gestattet wurde, auf fremdem Boden eine eigene Rechtsordnung zu schaffen, war in der Welt des damaligen Handels nichts Ungewöhnliches. Odelrik wurde der Vorläufer einer langen Reihe deutscher Beauftragter mit ähnlichen Aufgaben. Daß ihn Heinrich der Löwe ernannte, erklärt sich damit, daß dieser der weltliche Herr Lübecks war und ist nicht merkwürdiger, als daß Lübeck später als selbständige Stadt dieselben Be­fugnisse hatte.

Rörig hat gewichtige Beispiele dafi.ir vorgelegt, daß Heinrich der Löwe andernorts wirklich als Vertreter des Oberhauptes des Deutsch-römischen Reiches auftreten konnte. Aus praktischen Gründen dürfte dies im Zeitalter

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der deutschen Italienkaiser als natürlich gelten, nicht zuletzt, wenn es sich um das Deutschtum an und in der Ostsee handelte. In diesem Falle reichen jedoch die Belege nicht aus, um eine deutsche Reichssymbolik auf Gotland nachzuweisen und vor allem, um dieser Reichssymbolik irgendeine politische Bedeutung beizumessen.

IV

Die Artlenburg-Privilegien leiteten einen eigenartigen Abschnitt in der Handelsgeschichte des Ostseegebiets ein: eine Zeit der Pilger, der Kreuz­ritter, der Kaufleute und auch eines weitverzweigten Handels. Die tmiver­sitas der Kau/herren, in der die deutschsprachigen ziemlich rasch eine be­deutende Rolle zu spielen begannen, trat allem Anschein nach in den Han­delsabkommen dieser Zeit als Partner auf. Sie sind nebst den Artlenburg­privilegien als die ersten Versuche zur Begründung eines friedlichen Zusam­menlebens, wenigstens in Nordeuropa, zu betrachten, wenn es um den inter­nationalen Handel ging. In seinem großen Privilegienbrief für Lübeck von 1188 - der jedenfalls in wesentlichen Teilen auf eine echte Vorlage zurück­geht - bestimmte Kaiser Friedrich Barbarossa, daß Russen, Gotländer, Nor­weger und andere östliche Völker in Frieden und ohne Zoll nach und von Lübeck fahren konnten. Im Zolltarif aus den zwanziger Jahren des 13. Jahr­hunderts wird auch Zollfreiheit für Russen und Nordländer, Schweden, tHänder, Gotländer und Livländer gewährt. Dieselben Vergünstigungen - Frieden und Zollfreiheit - wurden den fahrenden Kaufleuten auch in Ver­trägen gewährt, die in diesen bemerkenswerten Jahrzehnten am Ende des 12. Jahrhunderts geschlossen wurden. Es handelt sich um Verträge zwischen König Knut Eriksson von Schweden und Heinrich dem Löwen, der im Namen der deutschen Kaufherren handelte, sowie um Abkommen zwischen dem Fürsten von Novgorod einerseits und dem Gesandten Arbud, allen deut­schen Söhnen, den Gotländern und allen Völkerschaften lateinischer Zunge andererseits.

Im großen ganzen sind es, soweit man sehen kann, dieselben Fragen, die in allen diesen Verträgen wiederkehren. Frieden und Zollfreiheit der Kauf­leute und ihre Befreiung von der barbarischen Eisenprobe; auch wurde die Sitte verboten, die es der Küstenbevölkerung gestattete, sich der gestrande­ten Schiffe und Güter zu bemächtigen ("Strandrecht").

Diese sowohl humanitär als auch kommerziell begründeten Wünsche stie­ßen auf Widerstand, und ihre Verwirklichung mußte stufenweise erkämpft

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werden; an den schwedischen Privilegienbriefen der Folkungerzeit für die Lübecker können wir feststellen, daß sie nur langsam vollständiger ausge­stattet wurden. Was man damit gewann, war doch wichtig. Es handelte sich um den Versuch der Kirche, der Kaufherren und der Fürsten, in einem der bedeutendsten Handelsgebiete Europas eine zwischenvölkische Ordnung zu schaffen.

Im 13. Jahrhundert begannen die Voraussetzungen und Bedingungen des Handels in Nordeuropa sich so auszugestalten, wie sie dann für das Spät­mittelalter, die Zeit der Hanse, kennzeichnend waren. Der Fernhandel wurde jetzt mit Hilfe der Schrift und der Kontororganisation betrieben. Ein Schiffs­typ mit großem Fassungsvermögen, die Kogge, ermöglichte in größerem Umfang den Transport von Stapelwaren wie Getreide und Salz. Unter diesen Voraussetzungen konnte der Güteraustausch zwischen dem industrialisierten Westen (im damaligen Sinn) und dem rohstoffreichen Osten (ebenfalls im damaligen Sinn), d. h. Skandinavien, Finnland, Rußland und dem Balti­kum, ausgebaut werden. So entstanden die Märkte von Skanör und Falster­bo, die als Treffpunkt für Kaufleute aus Ost und West und für die Lebens­mittelversorgung großer Gebiete Nordeuropas mit Hering Bedeutung er­langten. Zur selben Zeit tritt in den Quellen Bergen als wichtigste Handels­stadt Norwegens hervor: hier wurde getrockneter Fisch von Nordnorwegen gegen Getreide getauscht. Die lübischen Kaufherren hatten ein Interesse, den Fernhandel über ihre eigene Stadt zu lenken, und das ließ sich gut machen, wenn es sich um teurere und weniger sperrige Qualitätswaren handelte, die die Mehrkosten durch Umladung und andere Maßnahmen, die bei einer Um­leitung über Lübeck-Hamburg erforderlich waren, tragen konnten. Im Lüne­burger Salz hatte Lübeck schon lange über eine lebensnotwendige Ware ver­fügt, welche die Monopolstellung und Konkurrenzfähigkeit der Stadt stärkte. Wichtige Teile des Fernhandels im Ostseegebiet konnten ebenfalls in Lübeck oder dessen Verbündeten Hamburg konzentriert werden; die Gotländer wurden vom Ostsee- und Novgorod-Handel verdrängt, die Engländer vom Handel mit Norwegen. Aber es war natürlicher und billiger, den ostwest­lichen Ostseehandel mit den billigeren und sperrigeren Massenwaren durch den öresund zu lenken, und das wurde allmählich eine immer größere Be­drohung der lübischen Dominanz.

So zeichnet sich die Lage ab, als Schweden als Erzeugerland seinen Einzug in den damaligen Europamarkt hielt.

Die ersten erhaltenen und grundlegenden schwedisch-deutschen Handels­abkommen wurden in der Mitte des 13. Jahrhunderts zwischen dem Lenker

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Schwedens zu jener Zeit, dem Jarl Birger, und Gesandten der Städte Lübeck und Hamburg geschlossen.

Der eine und wichtigere Vertrag mit Lübeck macht geltend, daß er von dem ausgehe, was früher zwischen Knut Eriksson und Heinrich dem Löwen vereinbart worden sei. In übereinstimmung damit werden die Lübecker vom Zoll befreit. Wenn sich jedoch diese Lübecker längere Zeit im Lande auf­halten wollten, heißt es weiter, sollten sie sich nach den Gesetzen des Landes (leges terrae) richten und im übrigen Schweden genannt werden. Ein Lübek­ker, dem ein Unrecht widerfahren sei, soll gemäß schwedischen Gesetzen Gerechtigkeit beim Jarl (oder König) suchen und erhalten. Birger versprach auch, alles andere zu beachten, was von seinem Vorgänger festgelegt worden war, so etwa hinsichlich des Eisentragens.

Der schwedische Jarl verlieh den Lübeckern noch einen weiteren, ergänzen­den Privilegienbrief. Das Original ist jetzt verloren, aber das Wesentliche seines Inhalts findet sich mit Sicherheit in den Privilegien, die der Jarl am 20. Juli 1261, also vor eigentlich genau 700 Jahren und 100 Jahre nach den Artlenburg-Verhandlungen, der Stadt Hamburg bewilligte. Der Hamburger Bürger Jordanus, heißt es hier, habe den Jarl um die Gewährung derselben Zollfreiheit ersucht, in deren Genuß die Lübecker bisher gestanden hätten. Es wurde nun vereinbart, daß diese Freiheit ausschließlich für Personen aus Lübeck und Hamburg gelten sollte. Wie früher die Lübecker, erhielten jetzt auch die Hamburger das Versprechen, vor der Ausübung des Strandrechts geschützt zu werden, und es wurde vorgeschrieben, wie verfahren werden sollte, wenn ein Ausländer in Schweden starb und dort keine Erben, wohl aber ein Vermögen hinterließ. Fand sich ein solcher Erbe nach Jahr und Tag nicht ein, fiel die Erbschaft an die königliche Schatzkammer.

Diese Verträge, richtig gedeutet, unterrichten trotz ihrer Knappheit über den Platz und die Aufgabe Schwedens in der allgemeinen europäischen Ent­wicklung, die hier skizziert wurde. Auch den Wünschen und Vorschriften der internationalen Kaufmannschaft begegnet man hier: es handelt sich um die Zollfreiheit, die Abschaffung von Strandrecht und Eisenprobe, sichere Verträge für die Kaufherren und deren Familien hinsichtlich Erbschafts- und anderer Fragen. Aber während das jetzt verlorene Abkommen Knut Eriks­sons offenbar ohne Einschränkung für" theutonici", Deutsche, galt, verlieh Jarl Birger Privilegien lediglich den Städten Lübeck und Hamburg. Das be­deutet den Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte des nordeuropä­ischen Fernhandels, den Beginn der Zeit der Heimatstädte und der Hanse. Die Verbindung Schwedens mit Lübeck und Hamburg in der Mitte des

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13. Jahrhunderts ist jedoch nicht nur kennzeichnend für die neue machtpoli­tische Lage im Kreis der handeltreibenden deutschen Städte - in dem Lübeck immer deutlicher die Führung übernahm -, sondern auch für das Verhältnis Schwedens zum damaligen Europamarkt und der deutschen Kolonisation. Dieser Sachverhalt kommt in erster Linie in der engen Verbindung mit Lü­beck zum Ausdruck. Die Quellen für den schwedischen Außenhandel der Hansezeit sind zwar zerstreut und spät - es handelt sich hauptsächlich um lübische Zollabrechnungen aus den sechziger Jahren des 14. und den neun­ziger Jahren des 15. Jahrhunderts sowie um schwedische Abrechnungen aus dem 16. Jahrhundert -, aber diese Quellen sind gewiß ausreichend, um uns eine allgemeine Auffassung von der Art dieses Außenhandels von Jarl Birger bis zu den Vasakönigen zu vermitteln. Will man sich etwas vereinfacht aus­drücken, kann man sagen, daß Schweden in der Hansezeit Metalle und in gewissem Umfang Fettwaren ausführte und Stoffe und Salz einführte, zu­nächst am meisten aus Lüneburg, dann in immer größerem Umfang Salz aus dem Westen durch die Vermittlung Danzigs. Hier handelte es sich in großem Umfang um wertvolle und weniger sperrige Waren, während der Außen­handel Dänemarks und Norwegens zu einem großen Teil auf Stapelwaren wie Hering, getrockneten Fisch und Getreide eingerichtet war. Wenn die Quellen uns völlig gesicherte Auskünfte geben, d. h. seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, stellen wir fest, daß der schwedische Außenhandel in hohem Maße den Charakter eines Großhandels in Kupfer und Stoffen hatte, eines Großhandels, der von Lübeck aus betrieben wurde, aber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch von Stockholm. Starke Gründe sprechen dafür, daß schwedischer Bergbau mit wirklich geschäftlicher Zielsetzung unter wirtschaftlicher Unterstützung lübischer Bürgerkreise spätestens um 1300 einsetzte.

Dies alles stimmt gut zu der Tatsache, daß der Birger Jarl in der Mitte des 13. Jahrhunderts gerade mit Hamburg und Lübeck Abkommen schloß. Was damals Schweden den Eintritt in den Europamarkt vor allem ermöglichte, war die überschußerzeugung seines Bergbaus. Damit ist auch klar, daß je­denfalls die Kupferausfuhr und die Absatzmöglichkeiten in Westeuropa Schweden an jene über Lübeck und Hamburg führende Handelslinie für Qualitätswaren verwiesen.

Ein weiterer Umstand kennzeichnet den Zusammenhang zwischen Schwe­den und Lübeck, der hier angedeutet wurde. Aus dem obengenannten Lü­becker Vertrag des Birger Jarl geht hervor, daß Lübecker angefangen hat­ten, nach Schweden einzuwandern. Aus diesem Grund und weil die Quellen

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nichts von anderen Einwanderern berichten, muß Lübeck auch in dieser Hin­sicht eine Sonderstellung eingenommen haben. Die Lübecker, die sich für längere Zeit im Lande niedergelassen hatten, sollten gemäß den Vorschriften der Abkommen von den Landesgesetzen Gebrauch machen und ihnen gehor­chen und im übrigen Schweden genannt werden (et Sweui de cetero appel­lentur). Es handelt sich hier um die erste Einwanderungsklausel Schwedens. Die Forschung hat sie verschieden gedeutet. Nach einer Auffassung ist die Klausel ihrem Charakter nach antideutsch: Jarl Birger habe damit den deut­schen Einfluß eindämmen wollen. In der Tat muß jedoch die Verordnung des Birger Jarl offensichtlich einen Vorteil auch für die Fremden bedeutet haben, vor allem deshalb, weil sie dadurch den Einwohnern des Landes rechtlich gleichgestellt wurden. Das geschah sicherlich im Einverständnis mit den Deut­schen. Die schwedisch-deutschen Handelsabkommen in der Mitte des 13. Jahr­hunderts lassen sich nämlich in eine Serie ähnlicher Abkommen einreihen, in denen Lübeck oder Hamburg als der Partner auftritt. Das wenige, was wir vom persönlichen Einsatz einzelner wissen, spricht für denselben Gedanken. Jener Johan Calvus, der außer einem schwedischen Priester die Verhand­lungen einleitete, die zum ersten Abkommen von Birger Jarl mit Lübeck führten, gehörte einer in Norddeutschland wohlbekannten Bürgerfamilie an: einer seiner Verwandten war vermutlich jener Arnold Calvus, der 1246 an der Planung einer lübischen Stadt in Samland mitwirkte. Jordan von Boitzenburg, der sich im Sommer 1261 als Vertreter Hamburgs in Schweden einfand, war ein zuverlässiger Diplomat, der neun Jahre zuvor die Sache der deutschen Kaufherren vor der Herrscherin Flanderns vertreten hatte.

V.

Als Birger Jarl in der Mitte des 13. Jahrhunderts seine Abkommen mit Lübeck und Hamburg schloß, wurden damit für die Zukunft bedeutungs­volle Kontakte geschaffen. Hier begegneten einander nicht nur Schwedisches und Deutsches, sondern auch zwei wichtige Mächte des damaligen politischen Lebens: die im \'{Terden begriffenen Nationalstaaten und die Vertreter der internationalen Kaufmannschaft, die sich allmählich im großen Zusammen­schluß der deutschen Heimatstädte, im Bund der Hansest~dte, vereinigte. Die weitere Ausgestaltung der Kontakte läßt sich beobachten, nicht zuletzt auf außenpolitischer Ebene, in einer Reihe äußerer Ereignisse, Kriegen und Friedensschlüssen, von denen einige für die Entwicklung besonders kennzeichnend zu sein scheinen.

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Die Quellen berichten uns, daß die hansischen Kaufleute im Laufe des 13. Jahrhunderts nicht selten auf den Widerstand der Regenten in Däne­mark und Norwegen stießen, während etwas Khnliches von Schweden nicht bekannt ist. Birger Jarl und Magnus Ladulas arbeiteten mit Lübeck zusam­men. Die Lage änderte sich am Ende des 14. Jahrhunderts, als Magnus Eriks­son in einen scharfen Konflikt mit den deutschen Städten geriet. Von dieser Zeit an wird die Problematik des hansischen Städtebundes unauflöslich mit der nordischen Politik verbunden sein.

Gerade in diesen Jahrzehnten kurz nach der Mitte des 14. Jahrhunderts reichte der Einfluß der Hanseaten auch in Skandinavien am weitesten. Sie beherrschten Bergen und damit den Handel Norwegens. In schwedischen Städten wurden zwar niemals Hansekontore eingerichtet, aber aus einigen dieser Städte wurden doch im 14. Jahrhundert Vertreter zu den Hansetagen entsandt. Der Höhepunkte wurde mit dem Frieden von Stralsund 1370 er­reicht, der Lübeck und dessen Verbündeten eine dauernde Kontrolle über den öresund zu geben schien. Aber bekanntlicherweise erwies sich diese Posi­tion als trügerisch. Wirtschaftliche und politische Veränderungen im Ostsee­gebiet führten allmählich zu Auflösung und Untergang des Städtebundes und zur Bildung der skandinavischen Nationalstaates.

Die Geschichte der Hanse im engeren Sinne umspannt ungefähr dieselbe Zeit wie die Geschichte der Kalmarer Union, d. h. den Zeitraum von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Der Versuch, den bemerkenswerten deutschen Kaufherrenbund aufrechtzu­erhalten, wurde gleichzeitig mit dem Versuch unternommen, einen Bund der nordischen Reiche am Leben zu erhalten. Beide erlitten dasselbe Schicksal: mit einem gewissen Recht kann man auch hierin von einer Schicksalsgemein­schaft sprechen. Besonders unter dem Eindruck des Skandinavismus und der deutschenNationalbewegung hat man im 19. Jahrhundert, aber auch hier und dort in unserer Zeit, das Verhältnis zwischen dem Hansebund und der Kal­marer Union so verstanden, als ob der Kaufherrenbund Gegner des nordischen Staatenbundes gewesen wäre. Das ist an sich ein völlig unrealistischer, ana­chronistischer Gedanke. Für die Kaufleute war der Handel das wichtigste, das Primäre: im Hinblick darauf faßte Lübeck seine Beschlüsse, im Hinblick darauf lieh Lübeck sein Geld und ließ seine Kriegsschiffe zum Kampf aus­laufen. Aber die Forderung der Kaufleute nach Gewinn und Freiheit wurde oft in erster Linie von den Königen Dänemarks bedroht, was zur Folge hatte, daß die Lübecker Kaufherren allmählich in der Praxis die Schweden in ihrem Kampf gegen den Unionskönig unterstützen sollten, so in den

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1490er Jahren und 1522-23. Es ist aber angebracht zu betonen, daß deshalb keiner dieser schwedischen Staatsmänner, am allerwenigsten Gustav Vasa, ein unselbständiges Werkzeug der lübischen Kaufherren war.

Die Politik der nordischen Könige war ausgerichtet auf die alten hansi­schen Interessengebiete, nicht zuletzt auf strategisch wichtige Punkte auf dem langen Handelsweg zwischen dem Osten und dem Westen. Im 14. Jahrhun­dert wogte der Kampf um den öresund hin und her und endete schließlich mit dem Sieg der dänischen Krone. Die Rolle Gotlands als internationales Handelszentrum war bereits im 14. Jahrhundert ausgespielt, aber ein Zei­chen der Zeit war es doch, daß Valdemar Atterdag im Juli 1361 auf Gotland eindrang und die Insel eroberte. Damit kam sie aus schwedischer Hand in die Hand Dänemarks.

Die Ereignisse um den Zug nach Gotland zeigen deutlicher als wohl irgendwann zuvor das Ostseegebiet als einen in gewissem Umfang ein­heitlichen Schauplatz, zusammengehalten von sich kreuzenden politischen und wirtschaftilchen Interessen. So war es auch ganz offensichtlich hundert Jahre später.

Die sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts erhielten ihr Gepräge durch zwei ernste und bedeutende Konflikte im Ostseegebiet. Mit der Hilfe Danzigs kämpfte sich Polen, den Deutschen Orden verdrängend, an die Ostsee heran. Schweden und Dänemark befanden sich wie so oft in ernstem Gegensatz zu­einander. Diese beiden Konflikte berührten einander insofern, als Kristian I. von Dänemark mit einer gewissen Unterstützung von seiten Lübecks und des Deutschen Ordens rechnen konnte, während Karl Knutsson von Schwe­den sein Vertrauen in Polen und Danzig setzen konnte. Nach Danzig floh auch König Karl von Stockholm im März 1457, als ihm der Aufruhr in Schweden über den Kopf wuchs, und nahm Gelder mit sich, die für die Ver­bündeten eine Hilfe bei der Einlösung der Marienburg, der stolzen Feste des Deutschen Ordens, darstellten. Von dort kehrte König Karl auch 1464 in sein unruhiges Vaterland zurück. - Die Episode entbehrt nicht der aben­teuerlichen, pittoresken und malerischen Züge. Sieht man sie jedoch in einem größeren Zusammenhang, vermittelt sie dem Thema, das hier zur Behand­lung steht, auch eine wertvolle Beleuchtung. Zusammengestellt mit Buchhal­tungsquellen aus einer etwas späteren Zeit, sagt sie uns, daß jetzt Danzig neben Lübeck der wichtigste Kontaktpunkt Schwedens mit dem Europamarkt im Westen war. Denn nach Danzig ging offenbar im 15. und 16. Jahrhun­dert ein großer Teil des schwedischen Eisenexports zur Weiterbeförderung

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nach Westen durch den bresund, und von Danzig wurde statt dessen Baien­salz aus dem Westen nach Schweden importiert. Und es ist offensichtlich, daß dieser Verkehr zwischen Schweden und Danzig zum größten Teil von der einheimischen Bürgerschaft der schwedischen Städte betrieben wurde, d. h. von Volksgruppen, welchen die nationale schwedische Bewegung, zu deren Repräsentanten auch Kar! Knutsson gehörte, ihre Unterstützung gab.

Die politische Gruppierung im Ostseegebiet in den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts, wie wir sie hier beobachten, zeugt auch von der Auflösung des Hansebundes. Denn Lübeck und Danzig vertraten jetzt offenbar völlig unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen. Die Städte im Osten beginnen, sich immer mehr von der Vormundschaft Lübecks zu lösen. Diese östlichen Hansestädte wollten für ihren Fernhandel, dem sie sich selbständig oder mit holländischer Hilfe zu widmen begannen, in erster Linie das Fahr­wasser durch den Oresund ausnutzen, nicht die Route über Lübeck-Ham­burg. Ihre geographische Lage bedingte ferner, daß sie sich für den Markt, den das Schwedisch-Finnische Reich bot, interessierten. Zwischen ihnen und der schwedischen Regierung herrschte deshalb Einverständnis; Gegensätze gab es allerdings auch: besondere Probleme führte seit alters der deutsche Handel im Finnischen Meerbusen und auf der Newa mit sich, der ja die Interessenge­biete des schwedischen Staates eng berührte. Und hier im Osten erfuhr die machtpolitische Lage im Laufe der Zeiten versdliedene Veränderungen.

Als die Schweden zur Zeit Torgils Knutssons, in den 1290er Jahren, "Kreuz­züge" nach Karelien unternahmen, hielten die Kaufherren von Lübedr um freie Fahrt im Osten an, aber einige Jahrzehnte später mußte Schweden im Frieden von Nöteborg ausdrücklich versprechen, seine Herrschaft am Finni­schen Meerbusen nicht weiter auszubauen. Und in übereinstimmung mit den deutsdlen Kaufmannsinteressen wurde jetzt vorbehaltlos die Freiheit des Handels auf der Newa-Fahrstraße proklamiert. Schwedische Ostpolitik, ob sie nun mehr zentral oder von Viborg, der Grenzfeste im Osten, aus gelenkt wurde, hatte immer das Ziel in Sicht, den schwedischen Einfluß in den Fahr­wassern des Finnischen Meerbusens zu sichern oder zu vermehren. Diese Politik ist nicht immer lübeckfeindlich: als der moskowitische Zar in den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts seinen Vorstoß nach Nordwesten, gegen Novgorod, unternahm, finden wir den schwedischen Reichsverweser Sten Sture d. A. in engster Zusammenarbeit mit der Hansestadt. Die Entwicklung der Ereignisse in Livland - in der Bedeutung, die die Bezeichnung im älteren Sprachgebrauch hatte -, in der Mitte des 16. Jahrhunderts, aktivierte be­kanntlich das Eingreifen der Ostseestaaten, und Erik XIV. folgte einer alten

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Tradition der schwedischen Ostpolitik, als er die Stadt Reval und das an­grenzende Landgebiet unter schwedischen Schutz nahm. Das geschah im Som­mer 1561, in diesen Tagen vor 400 Jahren.

Dieses Ereignis ist, wie die Geschehnisse in den sechziger Jahren des 15. J ahr­hunderts im Ostseegebiet, von großer symptomatischer Bedeutung. Es zeugt von der Auflösung des Deutschen Ordens wie des Hansebundes; hierin sind sich die Forscher einig. Aber eine ebenso große Einigkeit konnte nicht erzielt werden, wenn es darum geht, die Motive zu diesem wid1tigen Schritt zu be­urteilen, den die schwedische Regierung tat, als sie die Huldigung der alten Hansestadt Reval und der Ritterschaft in ihrer unmittelbaren Umgebung entgegennahm, womit der Auftakt zur schwedischen Ostseeherrschaft gege­ben war. Einige schwedische Forscher haben den handelspolitischen Zweck in den Vordergrund gestellt. In der Tat war es Eriks XIV. und seiner Mithel­fer Absicht, von den neuerworbenen Plätzen im Osten aus eine lokale finan­zielle Kontrolle über die Seefahrt im Osten auszuüben. Daß sich ihre Ab­sichten handelspolitisch weiter erstreckt hätten, kann nicht nachgewiesen werden.

Was im Sommer 1561 geschah, kann natürlich so aufgefaßt werden, daß damit ein weiterer wichtiger Stützpunkt des alten norddeutschen Handels­systems der Kontrolle einer skandinavischen Staatsmacht unterstellt wurde. Es handelte sich um einen zeittypischen Vorgang. Die Handelsfahrten durch den Oresund, die für die Bestrebungen Lübecks nach Vorherrschaft so ge­fährlich waren, nahmen an Umfang zu und waren von der dänischen Krone mit Abgaben belegt worden: gestützt auf dieses Kontrollrecht wurde gerade in der Mitte des 16. Jahrhunderts der öresundzoll, eine der wichtigsten Geldquellen des dänischen Staates, wirkungsvoller geregelt. In Bergen war die große Zeit des Kontors vorbei, und dort entstand im Laufe des 16. Jahr­hunderts eine ansässige Bürgerschaft; Westdeutsche und Holländer zogen den norwegischen Fischexport an sich, der sich nach dem Westen ergoß, nach Bremen, nach Deventer und in die Rheinlande. In Schweden war Gustav Vasa mit dem Beistand Lübecks 1523 König geworden, was sich für die Kaufherren an der Trave als ein trügerischer Erfolg erweisen sollte. Die Grafenfehde zeigte 10 Jahre später, daß die bei den nordischen Könige jetzt politisch stärker waren als Lübeck. Die schwedische Erzeugung und der schwedische Außenhandel waren einer stärkeren Kontrolle der Krone unter­stellt als früher, und der 1570 abgeschlossene Stettiner Frieden änderte, trotz bedeutender Vorteile für Lübeck, kaum etwas daran. Aber die Bedeu­tung der alten Verkehrslinien und geschäftlichen Traditionen erwies sich

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darin, daß Lübeck auch nach 1570 weiterhin die wichtigste ausländische Ge­schäftsverbindung Schwedens blieb. Bald sollte jedoch Stockholm Wohnsitz und Mittelpunkt eingewanderter Großkaufleute werden, was diese Stadt eigentlich früher nie gewesen war. Dann befinden wir uns aber bereits in einer Zeit, in der man nicht mehr von Hansehandel und Hanseaten im üb­lichen Sinne sprechen kann.

VI.

Nordisches und Hansisches begegneten einander nicht nur in den Bereichen der großen Politik und des Fernhandels, sondern auch in der bürgerlichen Alltagsarbeit. Hier bedeutete diese Begegnung in gewissem Umfang eine Konfrontation verschiedener Völker und Kulturtypen. Kontakte dieser Art pflegten immer wissenschaftliche Diskussionen von großer Schwierigkeit ins Leben zu rufen, auch in diesem Fall.

Bekanntlich ist die Lösung solcher Konfrontationsprobleme in erster Linie von den äußeren Bedingungen abhängig, unter denen die Begegnung erfolgt. Diese Bedingungen gestalteten sich, wie wir sahen, sehr ungleich in den nor­dischen Ländern. Besonders deutlich war der Unterschied zwischen Nor­wegen und Schweden. Die Organisation der deutschen Kaufmannschaft in Bergen - die Zentralisierung, die Abgrenzung auf ein Kontor - hatte un­günstige Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den deutschen Gästen und der einheimischen Bevölkerung. Die gespannte Versorgungslage, welche die deutschen Importeure in ihrer Hand hatten, brachte eine empfindliche Volksstimmung mit sich. In Schweden schuf die Gesetzgebung eine völlig andere Lage. Birger Jarls Abkommen mit Lübeck stellt, wie Paul Johansen betonte, ein kolonisations geschichtliches Aktenstück von größtem Interesse dar. Aber die Vorschriften des Jarls waren rasch veraltet, sicherlich deshalb, weil die deutsche Einwanderung einen ungeahnten Umfang annahm. Am Ende des 13. Jahrhunderts griff man dann, wahrscheinlich nach dem Muster Visbys, zu einer anderen Lösung für das schwedische Festland, einer Lösung, die im Stadtgesetz von etwa 1350 ihre Bestätigung fand. Die deutschen Volksgruppen der Städte wurden dort als Deutsche anerkannt, aber dem für die Schweden geltenden Gesetz unterstellt. Es wurde ihnen das Recht auf die halbe Zahl der Ratssitze in der Verwaltung der Städte eingeräumt, und diese Ordnung blieb bis 1471 bestehen. Offensichtlich gelang es der schwe­dischen Gesetzgebung, einen Kompromiß durchzuführen, der eine allmäh-

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liche Eingliederung der deutschen Einwanderer in den Rahmen des alten schwedismen Gemeinwesens zur Folge hatte. Deshalb fehlt es zwar keines­wegs an Gegensätzen zwischen Schweden und Deutschen im mittelalterlichen Schweden, aber sie treten in Schweden bedeutend schwächer zutage als in Norwegen. Hier kann angefügt werden, daß das Ereignis, das man früher als den ersmred:endsten Ausdrud: dafür, wie das Verhältnis zwischen schwedischen und deutschen Bürgern in Stod:holm sich im schlimmsten Fall gestalten konnte, betrachtete - die sogenannten Käpplingemorde am Ende des 14. Jahrhunderts -, später als etwas ganz anderes erwiesen wurde, näm­lich als eine Untat der Seeräuberorganisation der Vitalienbrüder.

Im Gegensatz zu seinen nordischen Nachbarländern nahm also Schweden einen Strom bürgerlicher deutscher Einwanderer auf, die sich in verschie­denen Teilen des Landes, in den Städten sowohl als auch in den Gruben­distrikten, niederließen. Am deutlichsten ist dieser Einfluß im 14. Jahrhun­dert. Wilhelm Koppe hat im einzelnen über alle deutschen Kaufleute und Geschlechter, wohl hauptsächlich aus Westfalen, berichtet, die damals mit schwedischen Städten oder in schwedischen Städten Handel trieben und Interessenten am schwedischen Bergbau waren. Ein großer Teil von ihnen schmolz mit dem übrigen Volk zusammen. In mehreren Fällen hielt sich zwar die deutsche Namengebung mit ungewöhnlicher Zähigkeit - dabei kann es sich um sehr bekannte Namen wie Westfal, Bismard:, Engelbrekt, Rogge handeln -, aber in vielen Fällen verschwanden auch diese Spuren einer ursprünglich deutschen Abstammung. Dies alles zwingt uns zur An­nahme, daß die Deutschen kräftige Kulturimpulse an Schweden vermittelt haben, daß es jedoch oft schwierig ist, die Leistungen im einzelnen auszu­sondern und festzustellen. Ich beschränke mich darauf, diesen Umstand zu beleuchten, indem ich die Aufmerksamkeit auf einige spezielle Probleme richte, die stark diskutiert wurden.

Die smwedischen Forscher der Großmachtzeit wollten oft dem schwedi­schen Bergbau ein sehr hohes Alter zuschreiben: nach deren Auffassung konnte er bis zur Sintflut, in die Zeit Salomos oder in die Zeit Christi zu­rüd:gehen. In schriftlichen Quellen werden jedoch schwedische Bergwerke erst seit etwa 1300 erwähnt. Der Däne Jakob Langebek war der Meinung, daß hier Vorsicht am Platze sei und verlegte deshalb das Aufkommen des schwedischen Bergbaus in die zeitliche Nähe dieser ersten erhaltenen schrift­lichen Quellen, d. h. ungefähr in das erste Jahrhundert der organisierten römisch-katholischen Kirche in Schweden. Das war auch die Zeit der deut­schen Ost see-Expansion. Damit ergab sich für ihn und seine Nachfolger ein

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klarer Schlußsatz: Der Durchbruch des schwedischen Bergbaus sollte eine Folge der hansischen Expansion sein. Die Deutschen sollten den schwedischen Bergbau nicht nur kommerziell genutzt, sondern in gewissem Umfang über­haupt erst geschaffen haben, indern sie eine neue Technik und eine neue Ver­waltung eingeführt hätten. Forschungen auf verschiedenen Feldern in späte­rer Zeit haben jedoch gezeigt, daß das Problem der Entstehung des schwedi­schen Bergbaus - hier geht es also nicht um die uralte, einheimische Moor­eisengewinnung - keineswegs nur mit Hilfe schriftlicher Quellen lösbar ist, keineswegs also eine ausschließliche Angelegenheit der Historiker darstellt. Hier haben sowohl Kulturgeographen als auch Geologen etwas zu sagen. Quartärgeologische Untersuchungen haben zum Beispiel ergeben, daß der Bergbau bei Stora Kopparberget bereits im 11. Jahrhundert mit einheimi­schen Methoden begonnen haben kann.

Aus allem geht eines deutlich hervor, daß man sich nicht von Anfang an klar darüber geworden ist, wie wichtig es ist, die verschiedenen Seiten des Diskussionsgegenstandes auseinanderzuhalten. Denn primitiver Bergbau ist eine Sache, industrieller Bergbau eine andere, die kommerzielle Ausnutzung des Bergbaus wiederum etwas anderes. Wahrscheinlich haben die Schweden Bergbau betrieben, lange bevor die Deutschen in ihr Land karnen. Aber die Entstehung des industriellen Bergbaus - im bescheidenen Sinne des Mittel­alters - muß in Schweden wie anderswo im Zusammenhang mit der Erfin­dung des Wasserrades gestanden haben, das größere Ofen, höhere Kapazität ermöglichte. Das Wasserrad gelangte im 13. und 14. Jahrhundert zum Durch­bruch. Die Annahme liegt nahe, daß norddeutsche Kaufleute oder Berg­männer die Erfindung nach Schweden vermittelten - sie kann natürlich auch über die Kirche zu uns gekommen sein -, um so eher, als Lübeck in enger Verbindung mit westdeutschen Grubendistrikten stand und die schwedischen Bergwerksgebiete in ihrer ersten Zeit deutsche Personennamen, Berufs- und Gegenstandsbezeichnungen aufweisen. Gewiß ist, daß das erste Interesse der Hansekaufleute und der deutschen Einwanderer am schwedischen Bergbau dessen kommerzieller Seite galt und daß dieser Umstand von entscheidender Bedeutung für das Aufblühen des schwedischen Bergbaus wurde.

Ein Konfrontationsproblem bietet auch der Kern der Frage nach der Ent­stehung des schwedischen Städtewesens und der schwedischen Stadtrechte. Das älteste Stockholmer Stadtgesetz muß inhaltlich auf die Zeit um 1300 bezogen werden, liegt aber in einer Handschrift aus den 1340er Jahren vor und wird hier Bjärköa-Recht genannt. Gewiß ist, daß dieses Gesetz Einflüsse von den schwedischen Landschaftsgesetzen und deutschem Recht zeigt. Auch

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ist schon öfter vermutet worden, daß es Bestandteile vom alten schwedischen Stadtrecht, das auf die Birkazeit zurückgeht, aufgenommen hat. Das ist je­doch vorläufig unsicher, da wir tatsächlich vom Birka-Rechi nichts wissen. Ja, wir wissen überhaupt kaum etwas vom schwedischen Stadtrecht vor 1300. Außerdem muß betont werden, daß die deutsche Gesetzgebung, soweit sie von Handel, Kaufleuten und Seeleuten handelte, zu einem großen Teil auf Vorschriften aus der Zeit der Gotländer und des internationalen Ostseehan­dels zurückgeht. Unter solchen Umständen muß es immer schwierig sein, die verschiedenen Anteile und ihre Herkunft zu unterscheiden, auszusondern und abzuwägen.

Ahnliche Schwierigkeiten stellen sich im Grunde ein, wenn es darum geht, die mittelalterliche schwedische Auslandsschiffahrt zu beurteilen. P. Heinsius hat kürzlich geltend gemacht, daß es außer deutschem Kapital die Kogge war, die dank ihrer Eignung zum Transport von Stapelwaren den hansi­schen Handel im Ostseeraum zum Aufblühen gebracht habe. Das mag gewiß stimmen hinsichtlich Norwegens, dessen Hauptimport Getreide war. Aber der schwedische Außenhandel erstreckte sich nicht hauptsächlich auf Stapel­waren und brauchte sich deshalb nicht in demselben Umfang der Kogge zu bedienen. Vorhandene Zeugnisse - die wenigen Schiffsfunde aus dem Mittel­alter und die Buchhaltungsquellen des 16. Jahrhunderts - lassen ebenfalls verstehen, daß die schwedische Auslandsseefahrt in der Hauptsache von kleineren Schiffen unterschiedlicher Typen bestritten wurde. Wie beim Berg­bau hat es auch hier den Anschein, daß man sich sowohl nordische Traditio­nen als auch technische Neuheiten, welche die Deutschen mitgebracht hatten, zu eigen machte.

VII.

Alle diese Konfrontationsprobleme sind Teile noch größerer Fragen: wie man Originalität und Kraft des nordischen und deutschen Kultureinsatzes gegeneinander abwägen soll, was der Hansehandel und die Hansekaufleute überhaupt für den Norden" bedeuteten" und umgekehrt.

Es wird kaum genügend beachtet, daß der internationale Kulturaustausch früher in so hohem Maße gerade auf den Handel und dessen Wege angewie­sen war. Auf den Schiffen des Kaufmanns fuhr der Student des Mittelalters oft ins Ausland. Handelsschiffe brachten Handschriften, Bücher und Kunst­gegenstände von einem Land ins andere. Der Fernhandel und jene, die ihn

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betrieben, waren immer auch zusätzlich Vermittler von Kulturimpulsen. Das gilt auch für die hansischen Kaufleute.

Man darf daran erinnern, daß der nordisch-hansische Kulturaustausch nicht nur in einer Richtung verlief. Als Seefahrer auf den langen Routen zwischen Ost und West gingen die Hansen in den Spuren der Nordländer. Sie hatten Teil an der Frömmigkeit, die von einer weltberühmten nordischen Seherin inspiriert war: in den Hansestädten rund um die Ostsee entstanden Klöster des Brigittenordens. Aber über die Hansestädte und aus ihnen selbst übernahm Skandinavien entscheidende Kultureinflüsse: in die Sprache, in die Literatur, in die Kunst und in andere Bereiche. Lübeck war oft die wich­tigste KontaktsteIle des Nordländers mit dem übrigen Europa.

So stark und so vielseitig war dieser Kontakt, daß ihm von vielen For­schern die größte Bedeutung für das geschichtliche Schicksal der nordischen Völker und deren Entwicklung überhaupt beigemessen wird. Einige haben geltend gemacht, die Hansen hätten einen schädigenden Einfluß ausgeübt, andere, sie hätten anregend gewirkt, nicht zuletzt in der Wirtschaft. Der Däne Poul Nörlund fragt sich, ob der Handel, der sich unter hansischer Führung auf den Schonen-Märkten abspielte, dem dänischen Volke auf die Dauer zum Nutzen gereichte. Wurde nicht, meinte er, durch diese leicht er­worbenen Einkünfte die Initiative des dänischen Volkes gelähmt? Und einige norwegische Historiker haben sich die Frage vorgelegt, wie der politische Untergang Norwegens im Spätmittelalter zu erklären sei: war es die Pest oder das hansische Hande1smonopol? Für Schwedens Teil konnten die Fragen nicht in derselben Weise gestellt werden. Nach der Schwächeperiode des Spätmittelalters folgte in Schweden eine Zeit politischer Stärke - die Zeit der Vasa und die Großmachtzeit. Die Antwort auf die unlösbare Frage nach der Bedeutung der hansischen Expansion könnte deshalb hinsichtlich Schwe­dens möglicherweise genau auf das Gegenteil von jener Antwort hinaus­laufen, die für Norwegen angenommen wurde: daß der deutsche Einsatz auf die Dauer einen Kraftzuschuß an das Schwedische Reich bedeutete.

Wie sich der skandinavisch-hansische Kontakt in verschiedenen Bereichen auch gestaltete und was er auch bedeuten sollte, so wurde er jedenfalls von persönlichen Kräften, dem Namen nach bekannten oder unbekannten, von Fürsten oder Kaufmannsgilden, von Bergleuten oder Handwerkern getra­gen. Hier die eigentlichen Leistungen zu verteilen, ist schwierig; das zeigt u. a. Heinrich Reinckes glänzender Aufsatz in den Hansischen Geschichts­blättern vor einigen Jahren. Sicher ist, daß unsere eigene Zeit mit ihrer viel­seitigeren Erforschung des Vergangenen und ihrem "globaleren" Charakter

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vielen Problemen im Zusammenhang mit dem Norden und den Hansen neue Proportionen verliehen hat. Wie natürlich ist es doch für den Forscher, der in der Zeit der Vereinten Nationen, der Sputniks und der Europamärkte lebt, diese Probleme in einen internationaleren, einen unausweichlicheren und unpersönlichen Zusammenhang zu stellen, als es den Historikern im Europa des Wiener Kongresses möglich war! Die Entstehung und der Untergang der Herrschaft Lübecks in Bergen hängt, wie Johan Schreiner gezeigt hat, in erster Linie mit Veränderungen im damaligen Europamarkt als ganzem zu­sammen. Heinrich der Löwe und Birger Jarl werden nach einer neueren Be­trachtungsweise nicht nur zu Repräsentanten für Schweden und Deutsche, sondern auch für internationale Verständigung. Das zeigt sich nicht zuletzt deutlich in den Verträgen, die sie in diesen Tagen vor 800 und 700 Jahren schlossen. Die Leistungen der deutschen Kaufleute im Norden zeichnen sich vor demselben internationalen Hintergrund ab wie der Einsatz der Fürsten. Es mag sein, daß der Einsatz der hansischen Kaufleute jetzt etwas weniger originell erscheint, als man ihn früher sah. Aber er ordnet sich um so gewisser als ein Glied in der weltgeschichtlichen Expansion der abendländischen Kul­tur ein.

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Weiterführendes Schrifttum

Ingvar Andersson: Schwedische Geschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Deutsche Ausgabe von A. v. Brandt. München 1950.

M. Gerhardt und W. Hubatsch: Deutschland und Skandinavien im Wandel der Jahrhun­derte. Bonn 1950. Dieselben: Norwegische Geschichte. 2. Aufl., Bonn 1963.

A. v. Brandt: Grenzen und Möglichkeiten einer hansischen Gesamtgeschichte (Hansische Ge­schichtsblätter 72, 1954, S. 91-100).

W. Koppe: Lübelk-Stodiliolmer Handelsgeschichte im 14. Jahrhundert (1933).

K. Kumlien: Sverige och den tyska hansan (1943). Derselbe: Schweden und Lübelk zu Beginn der Hansezeit (Hansische Geschichtsblätter 78, 1960, S. 37-66, mit zahlreicher weiterführender Literatur).

C. Weibull: Lübelk och Skanemarknaden. Lund 1922.

Chr. Koren Wiberg: Hanseaterne og Bergen. Bergen 1932.

J. Schreiner: Hanseaterne og Norges Nedgang. Oslo 1935. Derselbe: Bemerkungen zum Hanse-Norwegen-Problem (Hansische Geschichtsblätter 72, 1954, S. 64-78).

M. Wetki: Studien zum Hanse-Norwegen-Problem (Hansische Geschichtsblätter 70, 1951, S.34-83).

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Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Mittelmeer

Von Hermann Kellenbenz, Köln

I.

Schon Jahrhunderte vor Christus, seit jenen frühen Zeiten, aus denen die Totenboote skandinavischer Felszeichnungen überliefert sind 1, haben Ver­bindungen zwischen dem nordisch-baltischen Europa und der Mittelmeer­welt bestanden. Auf Landwegen und mittels einer noch recht primitiven Küstenschiffahrt gelangten die Erzeugnisse der hohen Kulturen Vorderasiens, Ägyptens, Griechenlands und Roms zu den Siedlungen Jütlands, den däni­schen Inseln und anderen Teilen Skandinaviens. Pytheas von Marsilia be­rührte die Gestade Thules 2, während in letzter Steigerung und als Ausgang der großen Wanderungsbewegung der germanischen Völkerschaften die Nor­mannen und schwedischen Wikinger nach Sizilien und bis an den Bosporus gelangten.

Im Verlauf der Jahrhunderte bildeten sich verschiedene Hauptrouten her­aus, die die Verbindung von Norden nach Süden und von Süden nach Nor­den ermöglichten. Sie waren zunächst gegeben durch ganz bestimmte geo­graphische Voraussetzungen.

Wenn man sich das geographische Kartenbild vergegenwärtigt, das Europa im Verein mit dem asiatischen und dem afrikanischen Kontinent darbietet, dann fällt einem die verhältnismäßig günstige Lage zur See ebenso auf wie die zahlreichen großen Ströme, die aus dem Innern des Kontinents kommen. Auf diese Weise ergeben sich die Voraussetzungen für eine ganze Reihe von Verbindungswegen zwischen dem Mittelmeer bzw. dem Schwarzen Meer und den nördlichen und westlichen Küstenzonen des Kontinents, wobei vom Süden her Dnjepr, Donau und Rhone, von Norden und Westen her die ganze Kette stattlicher Wasserläufe vom Bug bis zur Gironde die überlandreise erleichtern.

Von ihnen stellt die durch den Rhein angedeutete Linie eine der wich­tigsten Nordsüdverbindungen her. Der Rhein, der in den Alpen entspringt, sammelt mit der Zeit ein ganzes Bündel von Straßen, die von den Pässen über die Alpen herkommend durch Oberdeutschland ziehen, um den Häfen der Nordseeküste zuzustreben und sich hier fächerförmig wieder aufzuteilen.

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Westlich des Rheins kann damit nur das Rhonetal verglichen werden, das zur Loire, zur Seine und zur Maas überleitet, während im östlichen Mittel­europa die OHnung, welche das Donautal durch die Marchebene nach Mäh­ren hinein hat und die über die Mährische Senke zur Oder und Weichsel führt, eine ähnliche große Nordsüdlinie herstellt. Schließlich leisten auch Dnjepr und Wolga Brückenhilfe nach dem Norden, die namentlich in der Zeit der Wikingerexpansion von Bedeutung geworden ist.

Alle diese Linien konkurrierten in mehrfacher Hinsicht miteinander. Die bestimmten geographischen Gegebenheiten legten im einen und andern Fall nahe, diesen oder jenen Weg zu bevorzugen. Aber die geographischen Vor­aussetzungen waren nicht allein maßgebend; Krieg und Frieden, bestimmte territoriale Verhältnisse, wirtschaftspolitische Maßnahmen, die sich auf den Zoll, auf den Geleitschutz, auf das Fremdenrecht, auf den Straßen zustand bezogen: all dies konnte dabei mitwirken. Nur dank des Zusammenspiels dieser verschiedenartigen Umstände ist es zu verstehen, daß das rheinische Verkehrssystem nicht allein für die Nordseehäfen, sondern zeitweise für die Ostseeküste von Bedeutung geworden ist. In welcher Weise sich dies in der hansischen Zeit ausgewirkt hat, soll im folgenden untersucht werden. Unter hansischer Zeit verstehen wir jene Periode, in der der politische Bund der Hanse bestand und blühte, also vom 13. bis ins 16. Jahrhundert ..

H.

Schon immer, d. h. schon lange vor der hansischen Zeit, war das Rheinland Durchgangsland nach Norden, Westen, Osten und Süden. Wenn in der jün­geren Steinzeit die eine große nordsüdliche Verkehrsstraße, die Bernstein­straße, durch Schlesien und die mährische Senke führte 3, dann gingen andere Verbindungswege, die wohl am ehesten von der Rhone herkamen, durch das Rheinland zur Nordseeküste, wobei schon früh ein Abzweiger in der Rich­tung des Hellwegs nach Osten weiterleitete 4. Dieser Weg nach Osten tritt in karolingischer Zeit deutlicher hervor. über Soest und Paderborn führte ein Zweig nach Bardowiek, ein anderer Ast nach Magdeburg, also ins Slawen­land. In der karolingischen Zeit ist es dann auch, daß die Verbindungen über die Alpen wieder deutlicher ins Licht rücken, und man muß sich vor­stellen, daß über die rheinischen Kaufmannswike sich ebenso ein gewisser Austausch der damals von Süden und Osten kommenden Waren vollzog, wie wir ihn von St. Denis und Verdun kennen. Die jüdischen Kaufleute, die

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Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Mittelmeer 105

den Fernhandel in der Zeit vom 10. bis zum beginnenden 12. Jahrhundert vornehmlich beherrschten 5, handelten mit Pelzwerk und Sklaven, die in Karawanen von Nordosten herangeschafft und bis nach Spanien gebracht wurden. Und interessant ist der frühe Tausch eines der östlichen Verbin­dungswege mit der Rheinstraße. Im Jahre 839 kehrte eine schwedische Ge­sandtschaft, die sich durch Rußland nach Byzanz begeben hatte, über das Rheingebiet nach dem Norden zurück, weil der östliche Rückweg versperrt war 6, wobei sie Ludwig dem Frommen in Ingelheim einen Besuch abstattete. Die Keramik- und Waffenfunde, die man in Haithabu, dem damals be­deutendsten nordischen Handelsplatz, und sonst im skandinavischen Be­reich machte, zeugen vom Export ostfränkisch-rheinischer Produktions­stätten 7. In der Mitte des 10. Jahrhunderts kam gar ein maurischer Kauf­mann aus Tortosa über die Rheinverbindungen nach Haithabu 8 •

Die östlichen Grenzkämpfe in der Zeit der sächsischen Herrscher störten die slawisch-nordischen Verbindungen. Da das Rheinland nicht auf sie verzichten wollte, verlagerte sich der Handelszug nach der unteren EIbe 9

und ging von da weiter nach Schleswig, das auf der nördlichen Seite der Schlei erstanden, die Vermittlerrolle des um 1050 zerstörten Haithabu fortführte 10. Westfalen und Rheinländer vermittelten flandrische Erzeug­nisse nach Schleswig und brachten Waren nordischer und östlicher Her­kunft zurück 11. Bürger von Soest, der ältesten Tochterstadt Kölns, han­delten in einem Umfang nach Dänemark und von da weiter in den Ostsee­raum hinein, daß sich die Großbürgerschaft im ausgehenden 13. Jahrhun­dert, als ihr Handelsweg bereits über Lübeck führte, noch Schleswiger Bruderschaft nannte, wobei besonders interessant ist, daß sie in der "Ru­meney", im Vicus Romanorum 12, wohnte. Also die Verbindung nach Nor­den und Süden.

Und den Soestern wie auch den Dortmundern standen die Kölner nicht viel nach. Hatten sie sich zunächst der Friesen als Vermittler bedient, so zogen sie jetzt mehr und mehr auf dem Landwege durch Westfalen. Ihre dänischen Verbindungen waren schließlich so rege, daß sie sich zu einer "fraternitas Danica" zusammenschlossen und 1246 ein eigenes Haus miete­ten, in dem sie zusammenkamen, um ihre gemeinsamen Handelsunterneh­mungen nach dem Norden vorzubereiten und den geselligen Verkehr zu pflegen 13. Koppe hat vermutet, daß Männer aus ihren Reihen zu den Begründern von Schleswig gehörten 14. Einen dieser Kölner, Wiman de Colonia, "dictus Vabec", der zwischen 1145 und 1170 in Dänemark starb, nennt das Necrologium Lundense. Von Schleswig aus fuhren Rheinländer

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wohl auch zur See weiter nach Visby, um von hier aus mit den östlicheren baltischen Küsten in Handelsverbindung zu treten 15. Die schriftliche über­lieferung Kölns, die aus dem 12. Jahrhundert erhalten ist und aus den Schreinskarten, Bürgerlisten und der Liste der Kaufmannsgilde besteht, gibt Auskunft über die Herkunft der Einwohner Kölns und nennt Beinamen wie "Däne", "Normann", "von Norwegen".

Schleswig konnte seine große Vermittlerrolle freilich nur verhältnismäßig kurze Zeit spielen. Dann wurde es abgelöst durch das 1158 an der unteren Trave gegründete Lübeck. Von hier aus sollte der deutsche und d. h. auch der rheinische Kaufmann noch viel aktiver in den Ostseeraum hinein­wirken, als es von Schleswig aus möglich war l6• Rheinische Auswanderer zogen über Lübeck nach Schweden 17, rheinische Plastiken schmückten schwedische Kirchen 18. Besonders auf Gotland machte sich der rheinische Kunsteinfluß bemerkbar l9•

Inzwischen vollzogen sich im Bereich nördlich der Rheinmündung be­deutsame Veränderungen, die diese baltische Tendenz noch verstärkten. Die Zuidersee entstand, technische Verbesserungen bewirkten, daß die See­schiffahrt mehr und mehr an Bedeutung gewann und mit dem alten west­östlichen Landverkehr auf Straßen und Flüssen zu rivalisieren begann. Im Handel mit dem Norden gewannen die neuen Seehäfen an der Zuidersee und in ihrer Nachbarschaft Bedeutung: Kampen, Zwolle und Deventer, die tatkräftig sich in die norwegischen Beziehungen einschalteten, deren sich bislang die Kölner erfreut hatten.

In dieser Hinsicht sollten den Rheinländern in den Hansestädten der Ostseeküste bald noch gefährlichere Rivalen erstehen.

Die Verbindungen des Rheinlands zum Norden waren vor allem durch den Fisch als Fastenspeise gegeben. Um 1200 waren die Westdeutschen die wichtigsten Exporteure der Fische des norwegischen Nordlands. Der Auf­stieg Lübecks und der anderen wendischen Städte brachte da allerdings eine Änderung. In der Eroberung des norwegischen Fischmarkts waren die wendischen Städte die überlegenen Konkurrenten, weil sie das mitbrachten, was die Norweger am notwendigsten brauchten, Getreide und Salz; dar­über verfügten die Kaufleute von Köln oder Dortmund zumindest nicht in dem Maße wie diejenigen aus Lübeck und Rostock. So mußte sich das Rheinland den norwegischen Kabeljau, den sogenannten Stockfisch, künftig in Lübeck beschaffen. Auf dem Landwege wurde er ins Rheingebiet und ins Innere Deutschlands weitergeschafft, und die westdeutschen Kaufleute waren dabei die wichtigsten Vermittler. 20

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Inzwischen war Lübeck das große Tor zur Ostsee geworden. Der Fisch, norwegischer Kabeljau, war nur ein Artikel, der die Rheinländer hier an­lockte, hinzu kam der Hering der schonischen Märkte 21, kamen die Be­zugs- und Absatzmöglichkeiten im ganzen Ostseeraum, von den dänischen Plätzen bis nach Schweden und Finnland, von der holsteinischen und meck­lenburgischen Küste über Danzig, Königsberg, Reval bis Novgorod, Pleskau, Dorpat und Polozk. überall siedelten sich Rheinländer an 22; besonders Wein, Tuche, handwerkliche Erzeugnisse aller Art, auch Kunstgegenstände gelangten mit ihnen nach dem Ostseeraum 23.

über die Ostseeverbindungen der rheinischen Kaufleute, namentlich der Kölner, sind wir insbesondere aus der überlieferung des 14. Jahr­hunderts unterrichtet 24• In der Mitte des Jahrhunderts handelte z. B. der große Dorpater Kaufmann Thidemann Rutenbeck mit den Kölnern Hin­rich Biscop und Gobele de Gruiten. Siegfried Ridder sammelte in Lübeck Erfahrungen und Geschäftsverbindungen, um dann von seiner Heimatstadt Köln aus ab 1385 das Ostseegeschäft über Lübeck zu pflegen. Kölner Wein­händler wie die Wulfart und Bruwer treffen wir in Lübeck und in Stock­holm. Stockholmhandel trieben die Greverode und van den Velde. Dies sind nur einige Namen.

Von allen westdeutschen Kaufleuten hatten die Kölner gewiß nicht nur im Stockholmgeschäft das übergewicht 25•

Während der rheinische Nord- und Ostseehandel sich in dieser Weise gestaltete, erfolgte die Ausweitung und Konsolidierung des hansischen Bundes. Es ist ja bekannt, daß es lange, bis in die Mitte des 14. Jahrhun­derts, gebraucht hat, bis dieser Bund als politische Organisation einiger­maßen fertig war. Rivalitäten in Norwegen, in England und in Flandern mußten dabei überwunden werden. Aus der Gildehalle der Kölner in Lon­don wurde wohl schon im 13. Jahrhundert das hansische Kontor. Indessen die Tatsache, daß das Brügger Kontor vorwiegend von Lübeck geführt wurde, ärgerte die Kölner noch im 15. Jahrhundert derart, daß sie vorüber­gehend aus den Reihen der Hansegenossen ausschieden. Erst 1476 wurde Köln wieder in den Bund aufgenommen. Aber es war andererseits auch wieder in Köln, im November des Jahres 1367, als die berühmte Konföde­ration abgeschlosssen wurde, die die Voraussetzungen schuf für den ent­scheidungsvollen Krieg gegen den Dänenkönig Waldemar Atterdag.

Neben Köln sind noch verschiedene andere rheinische Städte der Hanse beigetreten, so Emmerich, Wesei, Duisburg, Neuß und als südlichste Ander­nach. Man möchte wohl auch Aachen im Kreis des Bundes suchen, aber

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diese Stadt hat sich ferngehalten. Sehr wichtig für die Gestaltung des Bundes hier im Westen wurde die Verflechtung der östlichen und südlichen Zuiderseehäfen sowie Groningens und der Ijssellinie mit ihrem rheinisch­westfälischen Hinterland. Bis ins 16. Jahrhundert hinein blieb die Seever­bindung über diese östlichen Niederlande und ihre dort gelegenen Hanse­städte wichtiger als Holland und Seeland, aber auch als Brabant und Flandern 20.

Alle rheinischen Hansestädte wurden von der Quartierstadt Köln weit überragt. Köln war nicht nur die größte und gewerbereichste Stadt der Hanse, sondern mit ihren nahezu 50 000 Einwohnern in der Blütezeit die weitaus größte Stadt Deutschlands 27. Hier kamen die wichtigsten west­deutschen Straßenzüge zusammen. Um den regen Warenaustausch mit dem Ostseeraum zu bewerkstelligen, gab es eine Reihe von Möglichkeiten, die im 15. Jahrhundert, als Kölns Wirtschaft voll erblüht war, sich deut­lich abzeichnen 28. Zunächst die Landverbindungen. Da ist nun nicht mehr nur der Hellweg, der über Duisburg, Essen, Dortmund, Soest, Paderborn nach dem nördlichen Harz führt. Von dieser ganzen Kette von Städten, die ja alle zum Hansebund gehörten, gibt es Abstecher nach Niedersachsen hinein. Außerdem haben wir noch die alte flämische Straße, die von Ant­werpen herkommend, über Herzogenbusch, Nimwegen, Arnheim, De~enter, Lingen und Oldenburg nach Bremen führt 20. Für die Transporte nach den Seehäfen von Friesland bis zur EIbe bedienten sich die Kölner gerne der bergischen Fuhrleute, mit Vorliebe derjenigen aus dem Amt Bornefeld 30.

Hinzu kamen aber die Möglichkeiten der Seehäfen. Den Vorrang hatten diejenigen, welche rheinabwärts zu erreichen waren, die Ijsselstädte, voran Kampen. Köln genoß auch hier eine Vorzugsstellung. In Köln endete die oberländische und begann die niederländische Schiffahrt, eine Tatsache, die sich Köln insbesondere beim Ausbau des Stapelrechts zunutze machte 31.

Während der Rhein in der mittleren Partie seines Laufs reich an Strom­schnellen war und ein stärkeres Gefälle aufwies, weitete er sich nun zum breiten tiefen Niederrhein. Hier wurden die Kähne mit flachem Boden und schmalem Grundriß, die meist vorn und hinten zugespitzt waren, über­flüssig. Von Köln stromabwärts konnte man das breite, tiefgehende nieder­rheinische Segelschiff verwenden. Während die Kölner Schiffer die Strecke bis Mainz beherrschten, verzichtete Köln seit dem 12.113. Jahrhundert auf den weiterführenden Rheinverkehr, überließ diesen den niederländischen Seestädten, vor allem Dordrecht 32• Aber auch Dordrecht und Antwerpen

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Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Miuelmeer 109

wurden neben Brügge für die Ostseeverbindung schon im 15. Jahrhundert als Umschlagplätze verwendet 33.

Unser Thema, Rheinische Verkehrswege der Hanse, lenkt nun vor allem auch den Blick auf die durch das Rheinland nach Süden gehenden Straßen­züge und die Wasserverbindungen stromaufwärts. Der Strom mochte mit Zöllen, Stapelrechten und sonstigen, durch die deutsche Territorialstaat­lichkeit bedingten Hindernissen behaftet sein, so blieb er doch die wich­tigste Verkehrsstraße des Rheinlandes zum Oberland 34.

Aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert haben wir ein interessantes Bei­spiel für die Tatsache, daß trotz des Kölner Stapelrechts Lübecker Kauf­leute rheinaufwärts fuhren. Der Burggraf von Rheineck plünderte 1298 oder 1299 Straßburger und Lübecker Kaufleute zwischen Linz und Andernach 35.

Neben dem Strom haben wir die Überlandstraßen. Die von Aachen her kommende Route hatte ihre wichtigste östliche Verbindung in der Straße, die auf dem rechten Rheinufer über Siegburg, dann über Limburg oder Wetzlar und die Wetterau nach Frankfurt führte. Und Frankfurts Messen gehörten seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu den wichtigsten periodisch wiederkehrenden Märkten Westdeutschlands. Fritz Rörig, Claus Nordmann und Wilhelm Koppe haben hervorgehoben, wie wichtig der Verkehr durch Innerdeutschland schon im 14. Jahrhundert war 36, ins­besondere seit 1330, als neben die bisherige Herbstmesse die Fastenmesse trat. Für uns ist hier die Frage von Interesse, wieweit dabei das Rheinland für den Durchgangsverkehr in Anspruch genommen wurde und in welchem Umfang die östlicheren mitteldeutschen Verkehrswege konkurrierten. Mangels statistischer Unterlagen ist diese Frage freilich schwer zu beant­worten. Nachrichten über Lübecker, die auf dem Rhein verkehrten, haben wir, wie erwähnt, aus den letzten Jahren des 13. Jahrhunderts, ferner wissen wir, daß ein Mainzer 1344 Handelsgesellschafter eines Lübeckers war und daß Karl IV. im Jahre 1361 die Lübecker von Zoll, Ungeld und Kaufmannsabgaben in Mainz und Frankfurt, die Mainzer und Frankfurter aber in Lübeck befreite. Bei diesen Geschäften besteht freilich die Möglich­keit, daß sie bereits auf der Frankfurter Route abgewickelt wurden.

Ganz allgemein darf gesagt werden, daß mit dem Aufblühen der Frank­furter Messen und mit der Ausweitung der oberdeutschen Wirtschaft die mitteldeutschen Verbindungswege, insbesondere über Hildesheim, Göttin­gen, Braunschweig und Hannover an Wichtigkeit gewannen und die bisher überragende Vermittlerrolle des Rheinlands mit Köln als Hauptort beein­trächtigt wurde, ein Umstand, der indessen insofern nicht so kraß in Er-

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110 Hermann Kellenbenz

scheinung trat, als Kölns Vermitderrolle gegenüber Westeuropa gerade in dieser Zeit beträchtlich wuchs. Wie Hildesheim hatten auch jene Städte eine gute Ausgangsstellung nach Süden, die am "Hessenweg" lagen, der von Holland herkommenden Straße, die über Münster und Paderborn in Richtung Korbach weiter nach Frankfurt führte. Auch Soest steht in der Reihe der westfälischen Brückenköpfe nach Süden und fungiert damit als Konkurrentin der rheinischen Wege. Des weiteren kommt die Frankfurter Straße in Frage, auch auf ihr bewegten sich Warenzüge, die dem Handel zwischen der Ostsee und Frankfurt bzw. dem übrigen Oberdeutschland dienten. Daß der ganze Komplex zusammen, im Rahmen des politischen Systems des hansischen Bundes, gesehen werden muß, zeigt das Jahr 1358, als die Hansen unter Lübecks Führung den ganzen Verkehr nach Flandern mit der Sperrlinie am Rhein einstellten. Die hansische Expansion nach dem Süden, insbesondere nach Frankfurt, ermöglichte es, auf den Warenum­schlag mit Flandern zu verzichten, und es darf angenommen werden, daß die Kölner deswegen damit einverstanden waren, weil sie dabei auch eine Belebung des hansischen Rheinhandels erwarteten 38. Aber Flandern hat dann bereits im Jahre 1360 nachgegeben.

Freilich, der Streit flammte bald wieder auf, und 1388 faßte der Lü­becker Hansetag abermals den Beschluß, den Handel nach Flandern und nach Antwerpen und Mecheln einzustellen. Während Brügges Umschlag stark zurückging, erfuhr derjenige Frankfurts einen außerordentlichen Auf­schwung. Nach wenigen Jahren erkannte Flandern die hansischen Forde­rungen an: das Kontor erlebte nun wieder den Besuch hansischer Kaufleute im früheren Umfang. Im nächsten halben Jahrhundert hatte Frankfurts Handel beträchtliche Schwierigkeiten, die russischen Güter gelangten wieder nach Flandern, das hansische Geschäft beschränkte sich stärker auf den Handel mit Seefischen, das keinen so großen Kapitaleinsatz forderte, aber auch keinen so beträchtlichen Gewinn abwarf wie die Pelze und das Wachs.

Erst mit dem starken allgemeinen Wirtschaftsaufschwung seit der Mitte des 15. Jahrhunderts erscheinen die russischen Güter wieder in Frankfurt. Inzwischen haben sich aber Veränderungen in Oberdeutschland vollzogen, die für die hansischen Verkehrswege durch das Rheinland, soweit sie mit der Ostsee vermittelten, eine weitere Beeinträchtigung brachten: Der Auf­schwung Nürnbergs. Nürnberg war jetzt die Handelsmetropole Ober­deutschlands, und seine Aktivität im Geschäft mit dem Ostseemarkt ist gekennzeichnet durch seine Position in Lübeck selbst. Nordmann hat uns

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Rheinisdte Verkehrswege der Hanse zwisdten Ostsee und Mittelmeer 111

geschildert, wie die Nürnberger ihre Lübeckverbindungen auf- und ausge­baut haben 39.

Soweit der Warenumschlag nicht auf den Frankfurter Messen erfolgte, bevorzugten die Nürnberger in ihren Geschäften die Erfurter oder noch weiter östlich gelegenen Verbindungen. Nürnberg übernahm nun auch die führende Rolle in der Vermittlung nach Italien. Auch dies ging auf Kosten des rheinischen Transits.und Warenumschlags. Um dies deutlicher zu sehen, ist zunächst ein allgemeiner überblick über die rheinischen, im besonderen die Kölner Verbindungen über die Alpen erforderlich. Nach Kuskes Fest­stellungen waren die Handelsbeziehungen zwischen Köln und Italien bis zum Ende des 14. Jahrhunderts passiv 40. Geschäfte mit Italienern wurden zunächst vornehmlich auf den Champagnermessen getätigt. Seit der zwei­ten Hälfte des 13. Jahrhunderts kommen Italiener dann auch häufiger im Rheinland selbst und insbesondere in Köln vor. Es sind dies die bekannten Lombarden. Inzwischen, namentlich aber während des 14. Jahrhunderts, erstarkten Kölns Handel und Gewerbe beträchtlich. Hinzu kam, daß die Champagnermessen wegen der innerfr.anzösischen Schwierigkeiten, vor allem infolge des 100jährigen Krieges, niedergingen und der nordsüdliche Transithandel durch Frankreich sich nach dem Rheinland verlagerte 41.

Hinzu kam der Aufstieg der Frankfurter Messen, das Aufblühen Nürnbergs und Augsburgs. Die Hauptrouten des Verkehrs zwischen den Niederlanden und Ober- bzw. Mittelitalien gingen jetzt über jene oberdeutschen Zentren. Im Zusammenhang mit dieser Belebung des Italienhandels über die deutschen Alpen faßten auch die Kölner in Italien selbst Fuß. Und unter den Trägern dieses aktiven Kölner Italienhandels begegnen uns Namen, die auch aus dem Kölner Ostseehandel wohlbekannt sind.

Der interessanteste Name ist wohl der der Veckinchusen. Die Brüder Hildebrand und Sievert Veckinchusen, aus Westfalen stammend, gingen in den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts nach Brügge und gründeten hier ein Geschäft, das sie um 1400 nach Lübeck verlegten 42. Im Zusammen­hang mit den politischen Veränderungen, die 1408 in Lübeck eintraten, begab sich Sievert nach Köln, kehrte aber nach der Lübecker Restauration 1420 endgültig dorthin zurück. Hildebrand blieb mit Unterbrechungen bis 1426 in Brügge.

Bemerkenswert sind nun die weitreichenden internationalen Verbin­dungen der Brüder, die die Niederlande mit Frankreich und England, den deutschen Norden und Osten mit Skandinavien, Oberdeutschland und Italien umspannten. Während Hildebrand von seiner niederländischen Ba-

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sis aus den hansischen Bereich nach Frankreich und England bis Riga und Reval bearbeitete, ist es für die Handelsstellung des spätmittelalterlichen Kölns sehr bezeichnend, daß Sievert sein Augenmerk vor allem auf Ober­deutschland und Italien lenkte. Eine lebhaftere unmittelbare Betätigung über die Nordsee fand er von Köln aus nicht ratsam, weil man zu sehr von den Vertretern und Gesellschaftern abhängig sei, und so bemühte er sich besonders um die Landverbindungen über Frankfurt und Augsburg nach Venedig. Zur Wahrnehmung des venezianischen Geschäfts gründeten die Brüder um 1490 eine Handelsgesellschaft mit Heinrich Slijper, Tide­mann Breckelveld, Hans van Mynden, Hans Franke und Peter Karbow dem älteren und dem jüngeren, wobei alles mögliche Exportgut von Venedig nach Brügge verschifft wurde. Eine Zeitlang hielt sich Sieverts Sohn Cor­nelius in Venedig auf 43. Um was für umfangreiche Geschäfte es ging, ersehen wir aus den Angaben des jüngeren Karbow über die Anschaf­fungen, die er in der kurzen Zeit vom 25. Dezember 1410 bis 11. März 1411 an Spezereien und vom 11. Mai 1410 bis 13 . Februar 1411 an Baumwolle machte. Es handelte sich um Summen von 17000 und 12000 Dukaten 44.

Eine andere Kölner Firma mit Ostsee- und Italienbeziehungen sind die van Stralen, die auch nach Spanien handelten. Möglicherweise zu den aus dem Ostseegeschäft bekannten Wolfhart gehört jener Dietrich Wolfhart, der 1431 in Venedig wohnte und von Kölnern mit Bankgeschäften beauf­tragt wurde 45 • Erwähnt sei auch jene Witwe Lisbeth van Emmerichshaen, die mit dem Kölner Kaufmann und Stahlwarenverleger Arnt van Wester­burg assoziiert war und deren Geschäfte sich nach den Niederlanden und England ebenso wie nach Polen hinein erstreckten 46.

Bei ihren Italienverbindungen bevorzugten die Kölner Kaufleute zwei Wege. Der eine führte über Straßburg und Basel, der andere ging über UIm, Augsburg und Kempten und benutzte den Fernpaß nach Tirol. Daneben gab es noch den Weg durch das Rhonetal. Auf ihm gelangten rheinische Kaufleute nach A vignon und Marseille und weiter bis nach Barcelona, wo Schulte als sehr aktiven Kaufmann Johann van Collen <»Johan de Co­lunya") festzustellen vermochte 47• In Barcelona konnte man auch das Schiff besteigen, um nach weiteren mittelmeerischen Häfen zu gelangen. Zu den bedeutendsten Südhändlern im 15. Jahrhundert gehörten Abel Kalthoff und Peter van Stralen, die miteinander verschwägert waren. Um die Mitte des Jahrhunderts war ein Enkel Peters, Johann van Lendrichhusen, ihr Fak­tor in Barcelona. Auch in Zaragossa hatten die van Stralen eine Faktorei,

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Rheinisme Verkehrswege der Hanse zwismen Ostsee und Mittelmeer 113

desgleichen hatten Johan van Dauwe und Alf van der Burg ihre Verbindun­gen hierher.

Für diese Kaufleute, deren internationale Beziehungen sich über den ganzen Raum des damaligen Welthandels erstreckten, die ebenso im Mit­telmeergebiet zu Hause waren, wie sie nach den Häfen der Nordsee und der Ostsee handelten, waren die rheinischen Verbindungen nur noch in­teressant als eine der Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung standen. Derselbe Peter van Stralen, dessen Spuren wir in Venedig ebenso verfolgen können wie in Barcelona, benutzte für seine Nordsüdgeschäfte neben den Alpen- und Rhonewegen durchaus auch die See verbindungen über Flan­dern 48. Von Venedig, von Barcelona aus schickten diese Kaufleute Frach­ten nach Brügge und London.

Mit der fortschreitenden Verbesserung der Schiffahrtstechnik mußten die atlantischen Verbindungen auch für den hansischen Nord-Südhandel eine immer größere Bedeutung erlangen. Erinnern wir uns: in den Nieder­landen war nach dem Niedergang der Champagnermessen Brügge zum großen internationalen Markt emporgestiegen, und die Italiener bauten ihre direkten Seeverbindungen bis hierher aus. Seit Ende des 13. Jahr­hunderts machten die Genuesen regelmäßige Galeerenfahrten nach dem Kanal, bald darauf folgten ihnen die Venezianer und schließlich auch die Florentiner 49. Schon während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts trat dann Brügge an Bedeutung immer mehr hinter dem aufstrebenden Ant­werpen zurück, das sich im Zusammenhang mit den großen wirtschaftlichen und politischen Wandlungen seit der Wende des 15. Jahrhunderts zum großen Weltmarkt entfaltete. Die Schwerpunktverlagerung nach der at­lantischen Seite des Kontinents von Sevilla und Lissabon bis zur Nordsee­küste brachte auch einen langsamen Verfall der mediterranen Handels­fahrten nach dem Norden, bis diese infolge der niederländischen Unruhen ganz aufhörten 50.

Umgekehrt ist ein entsprechendes Vordringen von Norden her festzu­stellen, wobei die Hansen der Nord- und Ostseeküste einen hervorragenden Anteil hatten, zunächst über Antwerpen, aber dann auch in direkter Fahrt. Das Ziel waren anfänglich die portugiesischen und spanischen Häfen, erst seit den 90er Jahren des 16. Jahrhunderts dehnten hansische Schiffer ihre Reise regelmäßig über Gibraltar hinaus nach dem Mittelmeer aus 51. In den Hungerjahren, die damals den Mittelmeerraum heimsuchten, gingen be­trächtliche Mengen Getreide aus Hamburg, Lübeck und Danzig nach italie­nischen Häfen 52.

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Daß dieser Aufschwung des Seeverkehrs die durch das Rheinland gehen­den und von der Ostsee herkommenden Verbindungen der Hansen beein­trächtigte, liegt sehr nahe. Lübeck verlor seine bisher überragende Vermitt­lerstellung, Hamburg und andere Nordseehäfen übernahmen einen Teil des Erbes, namentlich entwickelte sich die Sundfahrt der Holländer zur alles überragenden Konkurrenz, während im Binnenland Leipzig und Augs­burg als neue Umschlagplätze emporstiegen. Und sie wie auch Nürnberg und Frankfurt orientierten sich nun vornehmlich nach der Nordseeküste bzw. den Niederlanden 53. Köln und das Rheinland profitierten an der Verlagerung nur insofern, als sie am Wege der Oberdeutschen nach Antwerpen bzw. der Niederländer nach Oberdeutschland lagen.

"Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Mittelmeer" lautete das Thema unserer Ausführungen. Mannigfacher Art waren die Vorzüge, mit denen die Natur das Rheinland verkehrsmäßig ausgestattet hat. Schon in den ältesten Zeiten europäischer Zivilisation vermittelte der große Strom zwischen dem Norden und dem Süden, und die Straßenzüge, die den Rhein in näherer und weiterer Entfernung begleiteten, bildeten eine der Achsen, die nach dem Sturm der Völkerwanderung das merowingische und dann das karolingische Reich mit der mediterranen Welt verbanden. Noch war das Gebiet östlich des Stromes Kolonialland, der Verlauf des Rheines machte die friesischen Siedlungen in seinem Delta zu den gegebenen Vermittlern über die Nordsee nach Skandinavien und dem baltischen Osten. Allerdings gab es schon früh die Konkurrenz des Hellwegs, die sich von da an stärker auswirkte, als die Grenzkämpfe mit den Slawen und die wach­sende Bedeutung der Schlei als westöstlicher Umschlagplatz die Landver­bindung nach Haithabu bzw. Schleswig interessant machten.

An der weiteren Entwicklung haben die Natur, aber in noch stärkerem Maße der Mensch mitgestaltet. Eine schwere Katastrophe, der Einbruch der Zuidersee, brachte das Meer in unvermuteter Weise nah an den Rhein heran und bewirkte, daß ein Kranz friesischer Städte sich in den Nord­südverkehr einschalten konnte. Und es war eine Folge naturgegebener Ver­änderungen, daß die Heringsschwärme den Küstenbereich Schonens in einer Zeit aufsuchten, als im ostelbischen Kolonialland die Kette der Ost­seestädte erstand und diese sich zu einem politischen Bund zusammen­schlossen. Der Aufstieg Lübecks zur Metropole dieses Bundes, die beherr­schenden wirtschaftlichen Positionen gerade dieser Stadt im ganzen skan­dinavisch-baltischen Bereich von Bergen bis Novgorod, die wachsende Anziehungskraft dieser nordöstlichen Welt für den Warenaustausch des

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Rheinische Verkehrswege der Hanse zwischen Ostsee und Mittelmeer 115

Rheinlandes, das sind alles Voraussetzungen dafür, daß in einer Zeit, in der sich Köln zum ersten Handels- und Gewerbezentrum des Reiches entfaltet hatte, nicht nur zahlreiche persönliche und geschäftliche Verbindungen vom Rhein zur Ostsee gingen, sondern auch verschiedene rheinische Städte und Orte der Ijssellinie dem hansischen Bund beitraten.

Rheinische Kaufleute vermittelten hansische Verbindungen nach dem Oberland und nach Italien, Lübecker treffen wir im 13. und 14. Jahr­hundert auf dem Rhein. Diese rheinischen Ostseeverbindungen wurden frei­lich in dem Maße abgeschwächt, wie Oberdeutschland, zunächst Frankfurt, später Nürnberg und Augsburg die direkten Landverbindungen zur Ost­seeküste ausbauten, und als dann mit dem Aufblühen der Frachtschiffahrt, des Versands von Massengütern und der wachsenden Bedeutung des Atlan­tiks das Schwergewicht sich endgültig zur Nordsee verlagerte, da wurden die Vermittlerdienste des Rheinlandes zwischen Nord und Süd im wesent­lichen von hier aus bestimmt. Daß diese Vermittlerrolle keineswegs gering angesetzt werden darf, hat Bruno Kuske mit klaren Belegen gezeigt. Aber damit berühren wir eine Frage, die aus der hansischen Epoche hinausführt.

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Anmerkungen

1 Vgl. zur Diskussion darüber Louis E. Grandjean, Helleristningsbaden som symbolisk fart0j, in: Handels - og S0fartsmuseet pa Kronborg. 1959, S. 85-100, sowie Therkel Matthiassen, Endnu et Krumsvaerd, in: Aarb0ger for nordisk Oldkyndighed og Historie 1957, S. 38-55.

2 Vgl. zuletzt darüber: Gudmund Schütte, Pytheas fra Marseille, den förste skildrer av Norge, in: (norw) Hist. Tidsskr, 37, 1954/56, S. 368-371; Svend Aakjaer in: Nordisk Tidskrift 1958, S. 219-231.

3 Vgl. dazu K. ]. Becker, Die frühneolithisdten Bernsteinfunde Dänemarks - ein Beitrag zur Handelsgesdtidtte des Bernsteins, in: Vjesvic (Hrsg. Abramic), 2. Teil, Split 1954-57, sowie Martin lahn, Gab es in der vorgeschichtlichen Zeit bereits einen Handel? (= Sächs. Akademie d. Wissensdtaften Bd. 48), Berlin 1956.

4 über den Hellweg vgl. H. Pieper, Der Westfälische Hellweg, Diss. Münster 1928. 5 Vgl. Aloys Schulte, Gesdtidtte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwisdten

Westdeutsdtland und Italien mit Aussdtluß von Venedig I, Leipzig 1900, S. 75, 151; G. Caro, Sozial- und Wirtsdtaftsgeschidtte der Juden im Mittelalter und in der Neuzeit I, Leipzig 1905, S. 137; 'Walter Stein, Handels- und Verkehrsgeschidtte der deutschen Kaiser­zeit, Berlin 1922, S. 106 H.; S. Katz, The Jews in the Visigothic and Frankish Kingdoms of Spain and Gaul, Cambridge, Mass. (Monographs of the Mediaeval Academy of America" 12, 1937), S. 124 H.; Henri Pirenne, Mahomet et Charlemagne, 11. Aufl. Paris u. Brüssel1957, S. 236 f.; Marguerite Boulet, Le commerce medieval europeen, in: lacques Lacour-Gayet, Histoire du Commerce, Tome 11: Le commerce de l'Ancien Monde jusqu'a la fin du xve siede, Paris 1950, S. 218 f.; Hans Planitz, Die deutsche Stadt im Mittelalter. Von der Römer­zeit bis zu den Zunftkämpfen, Graz-Köln, 1954, S. 279; Robert S. Lopez, East and West in the Early Middle .A:ges: Economic Relations, in: X Congresso Internazionale di Science Storidte, 111: Storia deI medioevo, Florenz, 1955, S. 154 H.; Fritz Rörig, Magdeburgs Ent­stehung und die ältere Handelsgeschichte, Berlin 1952, wiederabgedruckt in: Wirtschafts­kräfte im Mittelalter, Köln-Graz 1959, S. 604-637, bes. S. 607 H.

8 Herbert lankuhn, Die Frühgesdtidtte vom Ausgang der Völkerwanderung bis zum Ende der Wikingerzeit, in: Gesdtidtte Sdtieswig-Holsteins 3: III, S. 193.

7 Vgl. Herbert lankuhn, Sedts Karten zum Handel des 10. Jahrhunderts im westlidten Ostseebecken, in: Ardtaeologia Geographica 1, 1950/51, S. 8-16; ders., Probleme des rheini­sdten Handels nach Skandinavien im frühen Mittelalter, in: Rheinisdte Vierteljahrsbll. 15/16, 1950/51, S. 495-499; ders., Der fränkisch-friesisdte Handel zur Ostsee im frühen Mittelalter, in: Vierteljahrsdtr. f. Sozial- u. Wirtsdtaftsgesdt. 40, 1953, S. 193-243; Wolf­gang Hübener, Zur Ausbreitung einiger fränkisdter Keramikgruppen nadt Nord- und Mitteleuropa im 9. bis 12. Jahrhundert, in: Ardtaeologia Geographica 2,1951, S. 105-111.

8 lankuhn, Die Frühgesdtidtte vom Ausgang der Völkerwanderung, S. 191. 9 Bruno Kuske, Gewerbe, Handel und Verkehr, in: Geschichte des Rheinlandes von der

älteren Zeit bis zur Gegenwart 11, Essen 1922, S. 212.

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Anmerkungen 117

10 W. Koppe, Schleswig und die Schleswiger, in: Städtewesen und Bürgertum als ge­schichtliche Kräfte, Gedächtnisschrift für Fritz Rörig, Lübe<x 1953, S. 95 H.

11 Koppe a. a. 0., S. 108. 12 Vgl. dazu Schwartz, Kurze Geschichte der Hansestadt Soest, 1949; F. Ilgen, Zur Orts­

und Wirtschaftsgeschichte Soests im Mittelalter, in: Hans. Gesch.-Blätter 1899, S. 120; Luise v. Winter/eId, Soest und Dortmund als Nachbarstädte, in: Zeitschr. d. Ver. f. Gesch. v. Soest und d. Börde, 42/43,1927, S. 162; Koppe a. a. 0., S. 109; Hans Planitz, Die deutsche Stadt im Mittelalter. Von der Römerzeit bis zu den Zunftkämpfen, Graz-Köln 1954, S. 285.

13 Bruno Kuske, Die Märkte und Kaufhäuser im mittelalterlichen Köln, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 2,1913, S. 78; H. Bungers, Beiträge zur mittelalterlichen Topo­graphie, Rechtsgeschichte und Sozial statistik der Stadt Köln, Leipziger Studien III, Heft 1, 1897, S. 44 H.

14 Koppe a. a. 0., S. 110; Süberkrüb, Der deutsCJ.~e Kaufmann als Gast in den dänischen Städten im 13. Jahrhundert. Diss. Kiel 1951.

15 Bruno Kuske, Gewerbe, Handel und Verkehr, S. 212; Stein a. a. 0., S. 289 und 292, vgl. Schreinsurkunden von Höniger Bd. 2, 2. Hälfte, sowie A. Doren, Untersuchungen zur Geschichte der Kaufmannsgilde des Mittelalters, in: Staats- und Sozialwissensch. Forschun­gen, hrsg. v. Schmoller, XII, Heft 2,1893, S. 205 H., 81 H.

16 Koppe a. a. 0., S. 119 f. 17 Kjell Kumlien, Sverige och Hanseaterna, Studier i svensk politik och utrikeshandel,

Lund 1953, S. 63. 18 Aron Anderssan, Silberne Abendmahlsgeräte in Schweden aus dem 14. Jahrhundert,

Text, Uppsala 1956, S. 17 H., 159 H. 19 Andreas Lindbiom, Köln och Gotland, in: Fornvännen 1916; Johnny Roosval, Den

baltiska Nordens Kyrkor, Sto<xholm 1924. 20 Johan Schreiner, Hanseatene og Norge, Oslo 1941, S. 371. 21 Vgl. besonders A. E. Christensen, Danmarks handel i middelalderen, in: Nordisk

Kultur, Handel og Samfaerdsel, Kopenhagen 1934, S. 113 f. 22 Kuske, Gewerbe, Handel und Verkehr, S. 212 f. 23 Vgl. dazu die Lit. Anm. 18. 24 Fritz Rörig, Rheinland-Westfalen und die deutsche Hanse, in: Wirtschaftskräfte im

Mittelalter, S. 415 f. 25 Vgl. Wilhelm Koppe, Lübe<x-Sto<xholmer Handelsgeschichte im 14. Jahrhundert,

Neumünster i. H. 1933, Ortsnamenregister: Köln, S. 297. 26 Bruno Kuske, Die wirtschaftliche und soziale Verflechtung zwischen Deutschland und

den Niederlanden bis zum 18. Jahrhundert, in: Köln, der Rhein und das Reich, 1956, S. 215. 21 "Walther Tuckermann, Die geographische Lage der Stadt Köln und ihre Auswirkungen

in der Vergangenheit und Gegenwart (= Pfingstblätter des Hansischen Geschichtsvereins 14), Lübe<x 1923, S. 22.

28 Vgl. dazu Bruno Kuske, Die Kölner Handelsbeziehungen im 15. Jahrhundert, in: Vierteljahrschr. f. Sozial- und Wirtschaftsgesch. 7,1909, S. 296 H.

29 über diese Wege vgl. besonders Bruno Kuske, Wirtschaftsgeschichte Westfalens, Münster 1949, S. 158; sowie ders., Die wirtschaftliche und soziale Verflechtung zwischen Deutschland und den Niederlanden, S. 223 H.

30 Ermentrude von Ranke, Köln und das Rheinland. Ein Ausschnitt a. d. Wirtschaftsleben des 16. u. 17. Jahrhunderts, in: Hansische Geschichtsbll. 47. Jg. 1922, Bd. 27, S.50.

31 Vgl. dazu zuletzt Bruno Kuske, Der Kölner Stapel, in: Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer zu Köln 15, 1960, S. 572 H.

32 Tuckermann, a. a. 0., S. 34 f. 33 Kuske, Die Kölner Handelsbeziehungen, S. 303.

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118 Anmerkungen

34 Kuske, Köln, der Rhein und das Reich, S. 22l. 35 Hansisches Urkundenbuch, bearbeitet von Konstantin Höhlbaum III, Halle 1882-86,

S. 30l. 36 Wilhelm Koppe, Die Hansen und Frankfurt am Main im 14. Jahrhundert, in: Han-

sische Geschichtsbll. 71, 1952, S. 30 H. 37 Hansisches Urkundenbuch III, S. 30l. 38 VgI. Koppe, Die Hansen und Frankfurt am Main, S. 46. 39 VgI. dazu die Arbeiten von Claus Nordmann, bes.: Nürnberger Großhändler im spät­

mittelalterlichen Lübeck, Nürnberg 1933, sowie Oberdeutschland und die deutsche Hanse = Pfingstblätter des Hans. Geschichtsvereins 26, Weimar 1939.

40 Bruno Kuske, Die Handelsbeziehungen zwischen Köln und Italien im späteren Mittel­alter, in: Köln, der Rhein und das Reich, S. l.

41 Marguerite Boulet, a. a. 0., S. 338; F. Bourquelot, Etude sur les foires de Champagne et de Brie aux XIIe, XIIIe et XIve siecles, Paris 1865, S.319.

42 Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-veneziani­schen Handelsbeziehungen II, Stuttgart 1887, S. 69-71; Wilhelm Stieda, Hansisch-venezia­nische Handelsbeziehungen im 15. Jahrhundert, Rostock, 1894, passim; ders., Hildebrand Veckinchusen. Briefwechsel eines deutschen Kaufmanns im 15. Jahrhundert, Leipzig 1921.

43 Bruno Kuske, Die Handelsbeziehungen zwischen Köln und Italien, a. a. 0., S. 29. Ders., Die Handelsgeschäfte der Brüder Veckinchusen, in: HGBlI. 47, 1922, S. 187 H.

44 Vgl. Franz Bastian, Das Runtingerbuch 1383-1407 und verwandtes Material zum Regensburger südostdeutschen Handel und Münzwesen I-III, Regensburg 1944, I, S. 40.

45 Bruno Kuske, Die Handelsbeziehungen zwischen Köln u. Italien, a. a. 0., S.30. 46 Ders., a. a. 0., S. 35. 47 Vgl. Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs I, S. 346; ders.,

Geschichte der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380-1530, Stuttgart u. Berlin 1923, I, S. 358 f.

48 Bmno Kuske, Die Handelsbeziehungen zwischen Köln u. Italien, a. a. 0., S. 22. 49 Vgl. dazu A. Schaube, Die Anfänge der venezianischen Galeerenfahrten nach der

Nordsee, in: Historische Zeitschrift 1908, S. 28 H.; R. S. Lopez, Majoreans and Genoese in the North Sea Route in the thirteenth Century, in: Revue Beige de Philologie et d'Histoire 29, 1929, S. 1166 H.; Renee Doehard, Les galeres genoises dans la Manche et la Mer du Nord a la fin du XIIIe et au debut du XIVe siecles, in: Bulletin de l'Institut Historique Beige de Rome XIX, Brüssel-Rom 1938, S. 5 H.; dieselbe, Les relations commer­ciales entre G~nes et l'Outremont d'apres les Archives notariales genoises aux XIIIe et XIVe siecles I-III, Brüssel-Rom 1941, I, S. 221 H.; E. M. Carus-Wilson, The Overseas Trade of Bristol in the Middle Ages, Bristol 1937; A. A. Ruddock, Italian Merchants and Shipping in Southampton, 1270-1600, Southampton 1951.

50 Ludwig Beutin, Der deutsche Seehandel im Mittelmeergebiet bis zu den napoleoni­schen Kriegen, Neumünster 1933, S. l.

51 Beutin, a. a. 0., S. 2. 52 Vgl. Beutin, a. a. 0., S. 6 H.; Hermann Kellenbenz, Unternehmerkräfte im Hamburger

Portugal- und Spanienhandel 1590-1625, Hamburg 1954, S. 258 H. 53 Claus Nordmann, Oberdeutschland und die deutsche Hanse, S. 64 H.

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VERÖFFENTLICHUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG

DES LANDES NORDRHEIN -WESTFALEN

Fri,drich Seewald, Aachen Fritz A. F. Schmidt, Aa<hen

NATUR-, INGENIEUR- UND GESELLSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

Neue Entwicklungen auf dem Gebiete der Antriebsmaschinen Technischer Stand und Zukunftsaussichten der Verbrennungs­maschinen, insbesondere der Gasturbinen

Rudalf Friedrich, Mii/heim (Rllhr) Möglichkeiten und Voraussetzungen der industriellen Ver­

Wolfgang Riezler t, Bann Fritz MicheeI, Münster Emil Lehnartz, Münster Gunther Lehmann, Dortmund

Heinrich Kraut, Dortmt/lld Franz We.er, Düsscldorf Hermann Schenck, Aachen Ma>< Hans, Aachen

Walt,r Kikuth, Düsseldorf Ralf Danneel, Bann Wemer SchIllemann, Bann

Walfer Weizel, Bann

Siegfried Strugger t, Münster FrifZ Glimmert, Essen

Allgt/sl Gö/l" Aachen Karl Zicgler, Mülheim (Ruhr) Wilhelm FIiCks, Aachen Walther Hoffmann, Münster

Franz Bollenrafh. Aachen Heinrich Kaiser, Dar/mund

Hans Braun, Bann Carl Heinrich Dencker, Bann

Herwarf Opifz, Aachen

Kor! Krekeler, Aachen

Hermann Rafhert, W'tal-Elberfeld Wilhelm Weltzien, Krefeld Karl H.,z, Fran~furf a. M.

Leo Brandt, Diisseldorj

Burlehardt Helferich, Bann Hugo Wilh,lm Knipping, Köln

wertung der Gasturbine Probleme der Kernphysik Isotope als Forschungsmittel in der Chemie und Biochemie Der Chemismus der Muskclmaschine Physiologische Forschung als Voraussetzung der Bestgestaltung der menschlichen Arbeit Ernährung und Leistungsfähigkeit Aufgaben der Eisenforschung Entwicklungslinien des deutschen Eisenhüttenwesens Die wirtschaftliche und technische Bedeutung der Leichtmetalle und ihre Entwicklungsmöglichkeiten Virusforschung Fortschritte der Krebsforschung Wirtschaftliche und organisatorische Gesichtspunkte für die Verbesserung unserer Hochschulforschung Die gegenwärtige Situation der Grundlagenforschung in der Physik Das Duplikantenproblem in der Biologie überlegungen Zu den Faktoren Raum und Zeit im biologischen Geschehen und Möglichkeiten einer Nutzanwendung Steinkohle als Rohstoff und Energiequelle über Arbeiten des Max-Planck-Instituts für Koblenforschung Die Naturwissenschaft, die Technik und der Mensch Wirtschaftliche und soziologische Probleme des technischen Fortschrirts Zur Entwicklung warmfester Werkstoffe Stand spektralanalytischer Prüfverfahren und Folgerung für deutsche Verhältnisse Möglichkeiten und Grenzen der Resistenzzüchtung Der Weg der Landwirtschaft von der Energieautarkie zur Fremdenergie Entwicklungslinien der Fertigungstechnik in der Metall­bearbeitung Stand und Aussichten der schweißtechnischen Fertigungs­verfahren Entwicklung auf dem Gebiet der Cbemiefaser-Herstellung Rohstoff und Veredlung in der Textilwirtschaft Die technischen Entwicklungstendenzen im elektrischen Nach­richtenwesen Navigation und Luftsicherung

Stand der Enzymchemie und ihre Bedeutung Ausschnitt aus der klinischen Carcinomforschung am Beispiel des Lungenkrebses

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15 Abraham Esau t, Aachen Ellgen Flegler, Aachen

16 Rmlolf Seylfert, Köln Theodor Beste, Köln

17 Friedrich Seewald, Aachen

EdollOf'd HOlldremont t, Essen

18 Werner SchIllemann, Bonn Wi/helm Grotb, Bonn

19 Kurt Traenckner t, Essen

20 M. Zvegintzov, London

Alexander King, London

21 Robert Schwarz, Aachen Kllrt Alder t, Köln

21a Kor! Arnold 0110 Hahn, GÖllingen Siegfried Strllgger t, Münster

22 Jobannes von AI/escb, GÖllingen 0110 Graf, Dortmund

23 Bruno Klllke, Köln

Stepbon Pro ger, Düsseldorf 24 Rolf Donneel, Bonn

Kllrt Herzog, Krefeld

25 0110 Haxel, Heidelberg Max Wolf, Düsseldorf

26 Friedricb Becker, Bonn Hans StraßI, Münster

27 Heinricb Bebnke, Miinster

Emanuel Sperner, Hambllrg

28 Olkar Niemczyk t. Berlin

Wilhelm Abrens, Krefeld

29 Bernbord Renlcb, Münster Hermonn Fink, Köln

30 Friedrich Seewald, Aacben Korl Leist t, Aacben

31 Fritz Mietzscb t, Wllppertal Gerbord Domogk, Wllppertal

32 Hans BrOlln, Bonn

Wilbelm Rmlorf, Köln

Ortungmit elektrischen und Ultraschallwellen in Technik u. Natur Die ferromagnetischen Werkstoffe der Elektrotechnik und ihre neueste Entwicklung

Die Problematik der Distribution Der Leistungslohn

Die Flugtechnik und ihre Bedeutung für den allgemeinen technischen Fortschritt Art und Organisation der Forschung in einem Industriekonzern

Theorie und Praxis pharmakologischer Forschung Technische Verfahren zur Isotopentrennung

Entwicklungstendenzen der Gaserzeugung Wissenschaftliche Forschung und die Auswertung ihrer Er­gebnisse Ziel und Tätigkeit der National Research Development Corporation Wissenschaft und internationale Beziehungen

Wesen und Bedeutung der Siliciumchemie Fortschritte in der Synthese der Kohlenstoffverbindungen

Forschung an Rhein und Ruhr Die Bedeutung der Grundlagenforschung für die Wirtschaft Die Erforschung des Wasser- und Nährsalztransportes im Pflanzenkörper mit Hilfe der fluoreszenzmikroskopischen Kine­matographie Die Bedeutung der Psychologie im öffentlichen Leben Triebfedern menschlicher Leistung Zur Problematik der wirtschaftswissenschaftlichen Raum­forschung Städtebau und Landesplanung über die Wirkungsweise der Erbfaktoren Der Bewegungsbedarf der menschlichen Gliedmaßengelenke bei der Arbeit Energiegewinnung aus Kernprozessen Gegenwartsprobleme der energiewirtschaftlichen Forschung Ultrakurzwellenstrahlung aus dem Weltraum Bemerkenswerte Doppelsterne und das Problem der Stern­entwicklung Der Strukturwandel der Mathematik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Eine mathematische Analyse der Luftdruckverteilungen in großen Gebieten Die Problematik gebirgsmechanischer Vorgänge im Steinkohlen­bergbau Die Bedeutung geologischer Forschung für die Wirtschaft, besonders in Nordrhein-Westfalen Das Problem der Residuen bei Lernvorgängen über Leberschäden bei der Bestimmung des biologischen Wertes verschiedener Eiweiße von Mikroorganismen Forschungen auf dem Gebiet der Aerodynamik Einige Forschungsarbeiten aus der Gasturbinentechnik Chemie und wirtschaftliche Bedeutung der Sulfonamide Die experimentellen Grundlagen der bakteriellen Infektionen Die Verschleppung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen über die Welt Der Beitrag von Genetik und Züchtung zur Bekämpfung von Viruskrankheiten der Nutzpflanzen

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33 Volk" Asthoff, Aachen H'Tb"t Döril/g, Aathen

34 Rmiolf Sthentk, Aathen Emil Lehnarlt, Minster

34a Wilh,lm Ft«kt, Aathen

35 Hermann Schentk, Aachen Eugen Pilllolllarsky t, Aath",

36 Wolfgang Riet'., t, Bonn Gtrhard Schuberl, Hamburg

37 Front Lott., MNns/er 38 E. Colin Cherry, London

Erith Pielsth, Franlifurt

39 Abraham Esau t, Aath", Hei"t Haase, Hambllrg

40 Frilt Lange, Bothum-Hordel

Wal/er Kikll/h

Probleme der elektroakustischen Einkanalübertragung Die Erzeugung und Verstärkung von Mikrowellen Bedingungen und Gang der Kohlenhydratsyntbese im Licht Die Endstufen des Stoffabbaues im Organismus Mathematische Analyse von Sprachelementen, Sprachstil und Sprachen Gegenwartsprobleme der Eisenindustrie in Deutschland Gelöste und ungelöste Probleme im Gießereiwesen Teilchenbeschleuniger Anwendungen neuer Strahlenquellen in der Krebstherapie Probleme der Gebirgsbildung Kybernetik. Die Beziehung zwischen Mensch und Maschine Dokumentation und mechanisches Gedächtnis - zur Frage der Ökonomie der geistigen Arbeit Der Ultraschall und seine technischen Anwendungen Infrarot und seine technischen Anwendungen Die wirtschaftliche und soziale Bedeutung der Silikose im Bergbau

und Wemer Sthlipkö16r, D;;ueldorJ Die Entstehung der Silikose und ihre Verhütungsmaßnahmen

40a Eberhard Grou, Bonn Hugo Wilhelm Knipping, Köln

41 GustatJ-Vit/or Lacbmann, London A. G"ber, ZNricb-Oerlikon

42 Tb,odor Kraut, Köln Frilt Gllmmerl, Euen

423 Gerhard Domagk, Wupp"lal 43 Gio,anni Lampariello, Rom

Wal/er WeiteI, Bonn 433 Jose Ma Albareda, Madrid 44 Burckhardl H,lferich, Bonn

Fri/t Mithtel, Mins/er

45 John 'on Neufllann t, Prinet/on

Etlnard Stiefel, Züricb 46 Wilh.lm Welltien, Krefeld

Wal/her G. Hoffmann, Münf/er 47 Leo Brandl, DiliitldorJ

Ludlllig Raiser, Tilbingen

48 Hermann Tromp, Rom

Frant Heske, Hamburg

49 Gilnlher Böhnecke, Hamburg Heint Gahllr, Hamburg

50 Frilt A. F. Schmid/, Aath.n

ANglISt Wilhelm Quick, AMben

51 Johannll Pilltold, Erlang.n

Berufskrebs und Krebsforschung Die Situation der Krebsforschung vom Standpunkt der Klinik An einer neuen Entwicklungsschwelle im Flugzeugbau Stand der Entwicklung der Raketen- und Lenktechnik Ober Lokalisationsphänomene und Ordnungen im Raume Vom Ernährungsversuchsfeld der Kohlenstoffbiologiscben For­schungsstation Essen Fortschritte auf dem Gebiet der experimentellen Krebsforschung Das Leben und das Werk von Heinrich Hertz Das Problem der Kausalität in der Physik Die Entwicklung der Forschung in Spanien Ober Glykoside Kohienhydrat-Eiweißverbindungen und ihre biochemiche Be­deutung Entwicklung und Ausnutzung neuerer mathematischer Ma­schinen Rechenautomaten im Dienste der Technik Ausblick auf die Entwicklung synthetischer Fasern Wachstumsprobleme der Wirtschaft Die praktische Förderung der Forschung in Nordrhein-West­falen Die Förderung der angewandten Forschung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft

Die Bestandsaufnahme der Wälder der Welt als internationale und wissenschaftliche Aufgabe Die Wohlfahrtswirkungen des Waldes als internationales Problem Zeitfragen der Ozeanographie Nautische Technik und Schiffssicherheit Probleme der Selbstzündung und Verbrennung bei der Ent­wicklung der Hochleistungskraftmaschinen Ein Verfahren zur Untersuchung des Austauschvorganges in verwirbelten Strömungen hinter Körpern mit abgelöster Strömung Therapeutische Anwendung mechanischer und elektrischer Energie

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52 F. W. A. Palmo", Lom'oll Der Air Registration Board und seine Aufgaben im Dienste der britischen Flugzeugindustrie

A. D. YOltIIg, LoNioll Gestaltung der Lehrtätigkeit in der Luftfahrttechnik in Groß. britannien

52a C. Marlin, Lonion Die Royal Society A.J. A. ROIIX, Probleme der wissenschaftlichen Forschung in der Südafrika-Siltlafrikanisehe Union nischen Union

53 Georg SehnaJel, Hambllrg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Festigkeitsprobleme im Schiffsbau

Wilhelm Sllirlzel, Dllisburg Forschungsaufgaben zur Untersuchung der Widerstands-probleme im Sec- und Binnenschiffbau

53 a Giouanni Lampar;ello, Rom Von Ga1i1ei Zu Einstein 54 Walter Dieminger, LindatifHarz Ionosphäre und drahtloser Weitverkehr 54a John Cockr:rqfl, F.R. S., Cambridge Die friedliche Anwendung der Atomenergie 55 FritZ Schullz-Gruno .. , Aachen Kriechen und Fließen hochzäher und plastischer Stoffe

Ham Ehner, Aachen Wege und Ziele der Festigkeitsforschung, insbesondere im

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Ernsl D,"a, Disseld9rf Gltllfher Lehmann, Dorfmund Theodor uon Kdrmdn, Pasadena Leo Brandf, Dimldorf Frilz Schröler, Ulm Albert Naralh, Berlin Rkhard Couranf, N ... York

Ernst P.sch/, Bonn

Woljgang Flaig, Braunsch .. eig

Edllard MückenhOllSen, Bonn

Walf" Georgü, Miinchen Klalls Oswa!ifsch, Aachen Adolf B1If.nalllif, München

Oskar Morgensfern, Pr;n"lon Bernhard Renseh, Miinster Wilhelm Tönnis, Köln Si'gfri.d Slrugger t, Müns/er

Wilhelm Fucks, G"d Schumacher uNi ANi"as Sch.idweiler, Aachen

Hllgo Wilh,lm Knipping ItIId Erich Li,se, Köln

Fri,drich Panelh t, Mainz

J. Hans D. Jensen lind

Hinblick auf den Leichtbau Der Entwicklungsstand der Herzchirurgie Muskelarbeit und Muskelermüdung in Theorie und Praxis Freiheit und Organisation in der Luftfahrtforschung Bericht über den Wiederbeginn deutscher Luftfahrtforschung Neue Forschungs- und Entwicklungsrichtungen im Fernsehen Der gegenwärtige Stand der Filmtechnik Die Bedeutung der modernen mathematischen Rechenmaschinen für mathematische Probleme der Hydrodynamik und Reaktor­technik Die Rolle der komplexen Zahlen in der Mathematik und die Bedeutung der komplexen Analysis Zur Grundlagenforschung auf dem Gebiet des Humus und der Bodenfruchtbarkeit Typologische Bodenentwicklung und Bodenfruchtbarkeit

Aerophysikalische Flugforschung Gelöste und ungelöste Probleme der Gasdynamik über die Analyse der Erbfaktorenwirkung und ihre Bedeutung für biochemische Fragestellungen Der tbeoretische Unterbau der Wirtschaftspolitik Die stammesgeschichtliche Sonderstellung des Menschen Die neuzeitliche Behandlung frischer Schädelhirnverlerzungen Die elektronenmikroskopische Darstellung der Feinstruktur des Protoplasmas mit Hilfe der Uranylmethode und die zukünftige Bedeutung dieser Methode für die Erforschung der Strahlen­wirkung Bildliche Darstellung der Verteilung und der Bewegung von radioaktiven Substanzen im Raum, insbesondere von biolo­gischen Objekten (Physikalischer Teil) Bildgebung von Radioisotopenelementen im Raum bei bewegten Objekten (Herz, Lungen etc.) (Medizinischer Teil)

Die Bedeutung der Isotopenforschung für geochemische und kosmochemische Probleme

H. A. Weidenmiller, Heidelberg Die Nichterhaltung der Parität

67 a Francis p,"in, Paris 68 Hans LorenZ, B.din

Georg GarbolZ, Aachen

Die Verwendung der Atomenergie für industrielle Zwecke Forschungsergebnisse auf dem Gebiete der Bodenmechanik als Wegbereiter für neue Grüodungsverfahren Die Bedeutung der Baumaschinen- und Baubetrieb.forschung für die Praxis

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Mal/riee Ro), Chalillon

Alexander Naumann, Aachen Ha"y W. Melvill., London

Eduard justi, Brauluch"'eig

Richard View'g, Braunschweig Fritz Baade, Kiel Giinther Schmöldert, Köln Rndolj Wille, Borlin jose! Meixner, Aachen Ake Gustafsson, Di/er v. Wettstein und Lars Ehrenberg, Slockholm joseph Straub, Köln Martin Kersten, Aachen

Giinther Leibfried, Aachen Wilh.lm Klemm, Miinster Helmut Zahn, Aachen Hmri Cartan, Paris Harald Cramer, Stockholm Georg M.lchers, Tiibingen Aljred Kiihn, Tiibingen Frederit Lud»'ig, Paris

A. H. W. Atm jr., Amsterdam

Hont Herloff Inhoffen und Wilh.lm Bartmann, Brallnsch,nig Rolj Danneel, Bonn Max Born, Bad Pyrmont joachim Wiislenberg, Gelsenkirchen

Paul Schmidt, Miinchen Walter Kikl/th, DüsseldorJ

F. Rudolj jung t, Aache"

Hans-Ernst Schwiete, Aachen

Luftfahrtforschung in Frankreich und ihre Perspektiven im Rahmen Europas Methoden und Ergebnisse der Windkanalforschung Die Anwendung von radioaktiven Isotopen und hoher Energie­strahlung in der polymeren Chemie Elektrothermische Kühlung und Heizung. Grundlagen und Möglichkeiten Maß und Messen in Geschichte und Gegenwart Gesamtdeutschland und die Integration Europas Ökonomische Verhaltensforschung Modellvorstellungen zum übergang Laminar-Turbulent Neuere Entwicklung der Thermodynamik

Mutationsforschung und Züchtung Mutationsauslösung durch ionisierende Strahlung Neuere Versuche zur physikalischen Deutung technischer Magnetisierungsvorgänge Zur Theorie idealer Kristalle Neue Wertigkeitsstufen bei den übergangselementen Die Wollforschung in Chemie und Physik von heute Nicolas Bourbaki und die heutige Mathematik Aus der neueren mathematischen \'V' ahrscheinlichkeitslehre Die Bedeutung der Virusforschung für die moderne Genetik über die Wirkungsweise von Erbfaktoren Experimentelle Studien über die Distanzeffekte in bestrahlten vielzelligen Organismen Die Anwendung radioaktiver Isotope in der chemischen For­schung Chemische übergänge von Gallensäuren in cancerogene Stoffe und ihre möglichen Beziehungen zum Krebsproblem Entstehung, Funktion und Feinbau der Mitochondrien Der Realitätsbegriff in der Physik Der gegenwärtige ärztliche Standpunkt zum Problem der Be­einflussung der Gesundheit durch Luftverunreinigungen Periodisch wiederholte Zündungen durch Stoßwellen Die Infektionskrankheiten im Spiegel historischer und neu­zeitlicher Betrachtungen Die geodätische Erschließung Kanadas durch elektronische Entfernungsmessung Ein zweites Steinzeitalter ? - Gesteinshüttenkunde früher und heute

85 Horst Rothe, Karlsrl/h. Der Molekularverstärker und seine Anwendung Roland Lindner, Göt.borg Atomkernforschung und Chemie, aktuelle Probleme

86 Palll Denzel, Aachen Technische und wirtschaftliche Probleme der Energieumwand. lung und -Fortleitung

87 j,an Cap.II., Lyon Der Stand der Ingenieurausbildung in Frankreich 88 Friedrich Panse, DiitseldorJ Klinische Psychologie, ein psychiatrisches Bedürfnis

H.inrich Kraut, Dortmund über die Deckung des Nährstoffbedarfs in Westdeutschland 89 Wilhelm Bischof, Dortmund Materialprüfung - Praxis und Wissenschaft 90 Edgar Rößger, Berlin Zur Analyse der auf angebotene tkm umgerechneten Verkehrs·

aufwendungen und Verkehrserträge im Luftverkehr Giinther Ulbricht, Die Funknavigationsverfahren und ihre physikalischen OberPfaffenh~fen (Obb.) Grenzen

91 Franz Wever, DiitseldorJ Das Schwert in Mythos und Handwerk Ernst Hermann SchulZ, Dortmund über die Ergebnisse neuerer metallkundlicher Untersuchungen

alter Eisenfunde und ihre Bedeutung für die Technik und die Archäologie

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92 Hermann Sehende, Aachen Wertung und Nutzung der wissenschaftlichen Arbeit am Beispiel des Eisenhüttenwesens

93 Oskor Löbl, Ellen Streitfragen bei der Kostenberechnung des Atomstroms Frederic d, HojJmann, Los Alomo! Ein neuer Weg zur Kostensenkung des Atomstroms. Das

amerikanische Hochtemperaturprojekt (NTGR) Rudoif Schulten, ;llannheim Die Entwicklung des Hochtemperaturreaktors

94 Gunther Lehmonn, Dortmund Die Einwirkung des Lärms auf den Menschen

95

FranzJouf ;lleüter, Diilseldorj Geräuschmessungen an Verkehrsflugzeugen und ihre hörpsycho­logische Bewertung

Pierre Piganiol, Paris Gas/on Berger t, Paris

Probleme der Organisation der wissenschaftlichen Forschung Die Akzeleration der Geschichte und ihre Folgen für die Er­ziehung

96 Herwort Opitz, Aachen Technische und wirtschaftliche Aspekte der Automatisierung Joseph Mothieu, Aochen Arheitswissenschaftliche Aspekte der Automatisierung

97 Stephon Prager, DiiJseldorj Das deutsche Lufthildwesen HugoKOIper,Heerbrugg (Sch,.'eiZ) Die Technik des Luftbildwesens

98

99

KorlOberdim, Dlimldorj H. D. Cremer, Gießen

Hans Schwippert, Dliueldorj

Volker AJfhojJ, Aachen

Aktuelle Probleme der Diahetesforschung Neue Gesichtspunkte zur Vitaminversorgung

über das Haus der \X'issenschaften und die Arbeit des Archi­tekten von heute über die Planung großer Hörsäle

100 Raymond Cheradame, Paris Aufgaben und Probleme des Instituts für Kohleforschung in Frankreich - Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Forschung und seine Ausbildung

;llarc AI/ard, St. Germain-en Lay. Das Institut für Eisenforschung in Frankreich und seine Probleme in der Eisenforschung

101 Rtimar Pohlman, Aachen Die neuesten Ergebnisse der UltraschaIlforschung in Anwen­dung und Ausblick auf die moderne Technik

E. Ahrens, Kiel Schall und Ultraschall in der Unterwassernachrichtentechnik

102 Fleinrich FIerteI, Berlin Grundlagenforschung für Entwurf und Konstruktion von Flugzeugen

103 Fronz Ol/endorjJ, Haifo Technische Erziehung in Israel

104 Hans Ferdinand Mayer, Aflinchen Interkontinentale Nachrichtenübertragung mittels moderner Tiefseekabel und SatelIitenverbindungen

105 Wilhelm Krelle, Bonn Gelöste und ungelöste Prohleme der Unternehmensforschung Horst A/bacb, Bonn Produktionsplanung auf der Grundlage technischer Verbrauchs­

funktionen 106 Lord Hai/lham, London Staat und Wissenschaft in einer freien Gesellschaft 107 Richard Couranl, New York,. Forschung und Industrie in den usA - ihre internationale

Frederic de HojJmann, San Diego,. Verflechtung

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CharIes King Campbell, New York,. John W. TuthilI, Paris Andrl Voisin, Frankreich

Flans Braun, Bonn

Aifred Neubaus, Bonn

Rudoif Tschesche, Bonn

Uichi Hashimoto, Tokyo

Sir Bosi/ Schon/and, Harwell

Ober die Verbindung der Gesundbeit des modernen Menschen mit der Gesundheit des Bodens Standort und Pflanzengesundheit

Höchstdruck-Hochtemperatur-Synthesen, ihre Methoden und Ergebnisse Chemie und Genetik

Ein geschichtlicher Rückblick auf die Erziehung und die wissen­schaftstechnische Forschung in Japan von der Meiji-Restaura­tion bis Zur Gegenwart Einige Gesichtspunkte über die friedlichen Verwendungsmög­lichkeiten der Atomenergie

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Wilhtlm FIICks, Aachen

Hermann L. Jordan, Jülieb

Friedrich Btfker, Bann Wemer Ruppel, Rolandmk Bernhard Renuh, Münster Hermann Flohn, Bann Georg Hugel, Vil/e-D' Array Karl Steinbuch, Karlsruhe Wolf-Dieter Keidel, Erlangen Walter Kikutb, Düsteldorf

Franz Grosse-BroeHo!!, Dümldorf Mi/ton Burton, Notre Dame, lnd.,USA Günther O. S ehenek, Mü/heim f Ruhr Fritz Michee!, Münster Paul F. Pe!shenke, Detmold Kar/ Steime/, FrankfurtfMain

über Arbeiten zur Hydromagnetik elektrisch leitender Flüssig­keiten, über Verdichtungsstöße und aus der Hochtemperatur­plasmaphysik Erzeugung von Plasma hoher Temperatur durch magnetische Kompression Vier Jahre Radioastronomie an der Universität Bonn Große Richtantennen Gedächtnis, Abstraktion und Generalisation bei Tieren Klimaschwankungen und großräumige Klimabeeinflussung über Petrolchemie über Kybernetik Kybernetische Systeme des menschlichen Organismus Die biologische Wirkung von staub- und gasförmigen Immissionen Die Technik im Dienste moderner kardiologischer Diagnostik Energie-.. Dissipation" in der Strahlenchemie

Mehrzentren-Termination Synthese von Polysacchariden Neuere Ergebnisse der Getreide- und Brotforschung Der Standort der Industrieforschung in Forschung und Technik

Fritz Maehlup, Prineeton (USA) Die Produktivität der naturwissenschaftlichen und technischen Forschung und Entwicklung

Page 122: Die Deutsche Hanse als Mittler zwischen Ost und West ||

AGF-G HeJtNr.

1 Wemer Rkhter t, Bann

Joachim Riffer, J,fiinster

2 JO!eJ Kroll, Köln Günther Jachmann, Köln

3 Hom Erich Stier, Mümter 4 Wemer CO!kel, Köln

5 ThomO! Ohm, O. S. B.t, Müns/er 6 Georg Schreiber t, Müm/er

7 Walter Hol/zmann, Bann 8 Werner CO!kel, Köln 9 Georg Schreiber t, Mün!/er

10 Pe/er RO!!OW t, Köln 11 Hans Erich Stier, J,lüm/er 12 Karl Heinrich Renplorj, Affinsler

Hermann Conrod, Bonn 13 Max Braubach, Bann 15 Fronz Steinboch, Bonn

16 JO!eJ Koch, Köln 17 JanJes B. Conant, USA

Karl Heinrich Reng!/orJ. Münster 19 Frit<. Schalk, Köln 20 Ludwig Roiser, T übingen 21 Martin Noth, Bann 22 Wal/er F. Schirmer, Bonn 23 Gün/her Jachmann, Köln

24 Tbcodor Klauser, Bann

25 Hans Petcrs, Köln 28 Thomas Ohm, O. S.B.t, Müns/er 29 Johann Leo Weis gerber, Bonn

30 Wemer Caskel, Köln 31 Max Braubach, Bann

32 Fri/<. Schalk, Köln 33 Friedrich Dessauer, Frank]urt 34 Thomas Ohm, O. S.B.t, Münster

35 Hermonn Conrad, Bon"

36 Hans Sckommodou, Köln 37 Herber/ pan Einem, Bann 38 Joseph Häffner, Müns/er 39 Fdt<. Schalk, Köln 40 Gerhard Kegel, Köln 41 Johann Leo Weisgerbcr, Bonn 43 Thcodor Schieder, Köln

44 Andreos Rumpf, Köln

GEISTESWISSENSCHAFTEN

Von der Bedeutung der Geisteswissenschaften für die Bildung unserer Zeit Die Lehre vom Ursprung und Sinn der Theorie bei Aristoteles

Elysium Die vierte Ekloge Vergils Die klassische Demokratie Lihyan und Lihyanisch. Sprache und Kultur eines früharabischen Königreiches Stammesreligionen im südlichen Tanganjika-Territorium Deutsche Wissenschaftspolitiker von Bismarck bis zum Atom­wissenschaftler Otto Hahn Das mittelalterliche Imperium und die werdenden Nationen Die Bedeutung der Beduinen in der Geschichte der Araber Irland im deutschen und abendländischen Sakralraum Forschungen zur Reichs-Idee im 16. und 17. Jahrhundert Roms Aufstieg zur Weltmacht und die griechische Welt Mann und Frau im Urchristentum Grundprobleme einer Reform des Familienrechtes Der Weg zum 20. Juli 1944. Ein Forschungsbericht Der geschichtliche Weg des wirtschaftenden Menschen in die soziale Freiheit und politische Verantwortung Die Ars coniecturalis des Nikolaus von Kues Staatsbürger und Wissenschaftler Antike und Christentum Das Lächerliche in der französischen Literatur des Ancien Regime Rechtsfragen der Mitbestimmung Das Geschichtsverständnis der alttestamentlichen Apokalyptik Glück und Ende der Könige in Shakespeares Historien Der homerische Schiffskatalog und die Ilias (erschienen als wissenschaftliche Abhandlung) Die römische Petrustradition im Lichte der neuen Ausgra. bungen unter der Peterskirche Die Gewaltentrennung in moderner Sicht Die Religionen in Asien Die Ordnung der Sprache im persönlichen und öffentlichen Leben Entdeckungen in Arabien Landesgeschichtliebe Bestrebungen und historische Vereine im Rheinland Somniurn und verwandte Wörter in den romanischen Sprachen Reflexionen über Erbe und Zukunft des Abendlandes Ruhe und Frömmigkeit. Ein Beitrag zur Lehre von der Missi­onsmethode Die mittelalterliche Besiedlung des deutschen Ostens und d.s Deutsche Recht Die religiösen Dichtungen Margaretes von Navarra Der Mainzer Kopf mit der Binde Statik und Dynamik in der scholastischen Wirtschaftsethik Diderots Essai über Claudius und Nero Probleme des internationalen Enteignungs- und Währungsrechts Die Grenzen der Schrift - Der Kern der Rechtschreibreform Die Probleme des Rapallo-Vertrags. Eine Studie über die deutsch-russischen Beziehungen 1922-1926 Stilph.,sen der spätantiken Kunst

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45 Ulritb LNtlt:. Mflnsler 46 Wallh" Hol/tmantl. Bonn

Graf Wolf! MIII"",ith. Rom 47 Harry Wesl_aM. Mflnsler 49 Fri.dritb Karl SthllmaM t.

Mi/nller 52 Hans J. WoljJ, Mflnsllr 54 Max Braubatb. Bann

55 H.rherl pon Einem. Bonn 56 Ernsl Jos.ph Coh". London 57 Alb.rl Woopm, Aochen

58 Pari Ker/nyi, Asrona

59 H,rb,rl Janlt:uhn, Göltingm

60 SI.phan Slt:ol/ll.il, Bonn 62 Anion Moorigai. B.rlin

63 Joathim Rill.r, Mflnsl" 66 W,rn.r Cont', H.id.lb.rg

67 G,rhard Hess, Bod Godtsberg 69 Ernsl Langlolz, Bonn 70 G.o Widengr.n, Uppsala 71 Jose! M. Winlrith t. Karlsruh. 72 Jose! Pi,por, Mflnsl,r 73 Waller T. Srhil71llr. Bonn 74 Wi/liam Lloyd Prosser, Berk.l.y 75 Johann Llo W.isgtrher. Bonn

76 Wall.r H. Bruford, Cambrid,.

77 H.rmann Conrad. Bonn

78 Herberivon Ein.m. Bonn 79 Palll Gi.s.k •• Bad God.sberg 80 Wermr Ritbler t, Bonn 81 L.o W,hgerher. Bonn 82 OJlo KirrbheimBr, N,/II Yorlt: 83 AI,xander Knur. Bad Godtsberg 84 H,lmlli Coing, Frankfurl

85 Andre G,org,. Paris 86 Harald pon p.lrikovils, Bonn 87 Frant Sleinbatb, Bonn

88 JOll Tri." Miinsler 89 C. R. van Paatsen, Amslerdam 90 Pietro Quaroni, Rom 91 The",or Klalller, Bonn

92 Herherl .on Einem, Bonn 93 Friedritb Mertbarher, Mflnthen 94 Marlin Nolh. Bann

Kerygma und Tradition in der Hermeneutik Adolf Schlatters Das deutsche historische Institut in Rom Die Bibliotheca Hertziana und der Palazzo Zuccari zu Rom Person und Persönlichkeit als Wert im Zivilrecht

Mythos und Technik Die Rechtsgestalt der Universität Der Einmarsch deutscher Truppen in die entmilitarisierte Zone am Rhein im März 1936. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges Die "Menschwerdung Christi" des Isenheimer Altares Der englische Gerichtstag Die Zivilehe und der Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe in der Entwicklung des italienischen Zivilrechts Die Herkunft der Dionysosreligion nach dem heutigen Stand der Forschung Die Ausgrabungen in Haithabu und ihre Bedeutung für die Han­delsgeschichte des frühen Mittelalters Edmund Burke und Frankreich Archäologische Forschungen der Max-Freiherr-von-Oppen­heim-Stiftung im nördlichen Mesopotamien 1955 Hegel und die französische Revolution Die Strukturgeschichte des technisch-industriellen Zeitalters als Aufgabe für Forschung und Unterricht Zur Entstehung der "Maximen" La Rochefoucaulds Der triumphierende Perseu. Iranisch-semitische Kulturbegegnung in parthiseher Zeit Zur Problematik der Grundrechte über den Begriff der Tradition Die frühen Darstellungen des Arthurstoffes Kausalzusammenhang und Fahrlässigkeit Verschiebung in der sprachlichen Einschätzung von Menschen und Sachen (erschienen als wissenschaftliche Abhandlung) Fürstin Gallitzin und Goethe. Das Selbstvervollkommnungs­ideal und seine Grenze Die geistigen Grundlagen des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794 Asmus Jacob Carsten. Die Nacht mit ihren Kindern Eigentum und Grundwasser Wissenschaft und Geist in der Weimarer Republik Sprachenrecht und europäische Einheit Gegenwartsprobleme der Asylgewährung Probleme der Zugewinngemeinschaft Die juristischen Auslegungsmethoden und die Lehren der allgemeinen Hermeneutik Der Humanismus und die Krise der Welt von heute Das römische Rheiuland. Archäologische Forschungen seit 1945 Ursprung und Wesen der Landgemeinde nach rheinischen Quellen Versuch über Flußnamen Platon in den Augen der Zeitgenossen Die kulturelle Sendung Italiens Christlicher Märtyrerkult. heidnischer Heroenkult und spät­jüdische Heiligenverehrung Kar! V. und Tizian Die Bischofsstadt Die Ursprünge des alten Israel im Lichte neuer Quellen

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9S

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100

H,rmalln Conrad, BOIIn

H,lmlll Sch.lsky, Miinll,r JO/lph Höffner, Miinll"

Jamll BoyJ, OxiorJ Herberloon Ein,m, Bonn FIrtJinanJ Ellen.r, Tiibingen

Rechtsstaatliche Bestrebungen im Absolutismus Preußens und Österreichs am Ende des 18. Jahrhunderts Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation Industrielle Revolution und religiöse Krise. Schwund und Wandel des religiösen Verhaltens in der modernen Gesellschaft Goethe und Shakespeare Das Abendmahl des Leonardo da Vinci Notare und Stadtschreiber. Zur Geschichte des schweizerischen Notariats

102 Ahasver v. BranJl, Liibeck Die Hanse und die nordischen Mächte im Mittelalter 103 GerharJ Kegel, Köln Die Grenze von Qualifikation und Renvoi im internatio­

nalen Verjährungsrecht 104 H.inl{.-Dielrith WenJ/anJ, Miimler Der Begriff Christlich-sozial. Seine geschichtliche und theolo-

gische Problematik 105 Joh. Leo Weisg.rber, Bonn Grundformen sprachlicher Weltgestaltung 106 Herberl .on Ein.m, Bonn Das Stützengeschoß der Pisaner Domkanzel. Gedanken zum

Alterswerk des Giovanni Pisano 107 Kurl W.itl{.mann,Princelon (USA) Geistige Grundlagen und Wesen der Makedonischen Renaissance 108 Ma,. Horkbeim,r, Frankjllrl/l.fain über das Vorurteil 109 Hans Peters, Köln Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in der

höchstrichterlichen Rechtsprechung 110 Sir EJwarJ Fellowes, K. C. B., Die Kontrolle der Exekutive durch das britische Unterhaus

C. M. G., M. C., London 111 Lndwig Roiser, Tiibingen Die Aufgaben des Wissenschaftsrates

AGF-WA BanJNT.

1 Wolfgang Pri.,ler. Hans-GerharJ Benn.will{. IInJ P,I,r Lengriißer, Bonn

2 Leo W.isgerber, Bonn

3 Erich Meulhen, Marburg 4 Hom-G.org Kirehhoff,

Rommerskirchen 5 Glinlber Jachmann, Köln 6 Peler Harlmall/I, Miinsler

7 Anion Moorigai, Bedin

8 Wolfgang Prusl.r IInJ GlTharJ Hergenbabn, Bonn

9 Harry WIllermann, Miinsl"

10 H,rmann ConraJ IIIIJ GITJ KI,inheyIT. Bonn

11 Georg Schrtiber t, Miinsl"

12 Giinlher BanJmann, Bonn 13 Wilbelm G_JI, MiinsllT

14 Anion MoorigaI, BlTlin

WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN

Radiobeobachtungen des ersten künstlichen Erdsatelliten

Verschiebungen in der sprachlichen Einschätzung von Men­schen und Sachen Die letzten Jahre des Nikolaus von Kues Die staatliche Sozialpolitik im Ruhrbergbau 1871-1914

Der homerische Schiffskatalog und die Ilias Das Wort als Name (Struktur, Konstitution und Leistung der benennenden Bestimmung) Archäologische Forschungen der Max-Freiherr-von-Oppen­heim-Stiftung im nördlichen Mesopotamien 1956 Bahnbestimmung von Erdsatelliten aus Doppler-Effekt­Messungen Welche gesetzlichen Maßnahmen zur Luftreinhaltung und zur Verbesserung des Nachbarrechts sind erforderlich?

Carl Gottlieb Svarez (1746-1798) - Vorträge über Recht und Staat Die Wochentage im Erlebnis der Ostkirche und des christlichen Abendlandes Melancholie und Musik. Ikonographische Studien Fragen der Philosophie. Ein Materialbeitrag zur Erforschung der Sowjetphilosophie im Spiegel der Zeitschrift .. Voprosy Filosofii" 1947-1956 Tell Chuer. in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die Grabung 1958

Page 125: Die Deutsche Hanse als Mittler zwischen Ost und West ||

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Der Identitätsgedanke bei Feuerbach und Man: Bibliographisches Handbuch zur Sprachinbaltsforschung, Teil I (Erscheint in Lieferungen) Das römische Recht in den Constitutionen von Melfi Nuklearmedi:zin in der Klinik. Symposion in Köln und Jülich unter besonderer Berücksichtigung der Krebs- und Kreislauf­krankheiten Das KarI-Arnold-Haus. Haus der Wissenschaften der AGF des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Planungs- und Bauberichte (Herausgegeben von Leo Brandt, Düsseldorf) Das deutsche Kaiserreich von 1871 als Nationalstaat Der Bergbau in Geschichte, Ethos und Sakral kultur Die Geheimdiplomatie des Prin:zen Eugen von Savoyen Studien zum Literarischen Patronat im England des 12. Jahr­hunderts Tell ehuera in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die dritte Grabungskampagne 1960 Finolaod - gestern und heute

SONDERVERÖFFENTUCHUNGEN

Aufgaben Deutscher Forschung, zusammengestellt und herausgegeben von Leo Brandt

Band 1 Geisteswissenschaften • Band 2 Naturwissenschaften Band 3 Technik • Band 4 Tabellarische übersicht zu den Bänden 1-3

Festschrift der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen zu Ehren des HermMinisterpräsidentenKarl AmoM anläßlichdes fünf jährigen Bestehens am S. Mai 1955.