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Die Einführung des Wehrunterrichtes in der DDR von Michael Koch 7 Hintergründe und Erörterungen factum

Die Einführung des Wehrunterrichtes in der DDR

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Die Einführungdes Wehrunterrichtesin der DDR

von Michael Koch

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Hintergründe und Erörterungen factum

Landeszentralefür politische BildungThüringen

Herausgeber:Landeszentrale für politische Bildung ThüringenBergstraße 4, 99092 Erfurtwww.thueringen.de/LZT

2000

Mit Beginn des Schuljahres1978/79 am 1. September 1978 wur-de der Wehrunterricht für die neun-ten und ein Jahr später auch für diezehnten Klassen als Pflichtfach anden Polytechnischen Oberschulender DDR eingeführt. Ein Schritt derSED-Führung der bei einemBetrachter nach über zwei Jahrzehn-ten noch Verwunderung auslösenkann. Denn die Etablierung dieses -die vormilitärische Ausbildung inten-sivierenden - Unterrichtsfaches fiel ineine Entspannungsphase des Ost-West-Konfliktes, die unter anderemvon den Ereignissen und Abschlüs-sen der Konferenz für Sicherheit undZusammenarbeit in Europa (KSZE)bestimmt war. Am 1. August 1975hatte auch SED-Chef Erich Hone-cker - neben 34 weiteren Staats- undRegierungschefs aus Europa und

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Inhalt1 Einleitung

6 Die Entwicklung der Wehr-erziehung in der DDR

21 Die Gründe für die Einfüh-rung des Wehrunterrichtes

31 Die Einführung des Faches

40 Die Wirksamkeit des Faches

46 Die Folgen

48 Schlussbetrachtung

52 Quellen- und Literaturver-zeichnis

Einleitung

Nordamerika - die Schlussakte vonHelsinki unterzeichnet, die für dieBeziehungen in Europa mehr Sicher-heit, Gerechtigkeit, Zusammenarbeitund Annäherung als Zielsetzungenbeinhaltete. Vom Herbst 1977 bis indas Frühjahr 1978 fand ein KSZE-Folgetreffen in Belgrad mit einemähnlichen Abschlusstenor statt.Noch im Mai 1978 erklärte Honeckerauf der 8. Tagung des Zentralkomi-tees der SED zu diesem Treffen(Honecker, E. 1978: S. 10):�Wir sind fest entschlossen, ander Seite der Sowjetunion und deranderen sozialistischen Bruderländerden in Helsinki eingeschlagenen Wegdes Abbaus der Konfrontation zwi-schen den Staaten verschiedenersozialer Systeme, der Sicherheit undZusammenarbeit weiter zu beschrei-ten. Vor allem kommt es darauf an,

die politische Entspannung unum-kehrbar zu machen und sie durch diemilitärische zu ergänzen.�

Beeinflusst von der entspanntenpolitischen Großwetterlage und derNeuen Ostpolitik der sozialdemo-kratischen Bundesregierung hattensich in den siebziger Jahren auch dieinnerdeutschen Beziehungen verbes-sert. Am 26. Mai 1972 unterzeichne-ten Egon Bahr für die Bundesrepu-blik und Michael Kohl für die DDRmit dem Verkehrsvertrag den erstendeutsch-deutschen Staatsvertrag, wo-durch Reiseerleichterungen vonBundesbürgern in die DDR sowiedie Möglichkeit für DDR-Bürgererreicht wurden, bei dringendenFamilienangelegenheiten die BRDzu besuchen. Mit der Unterzeich-nung des Grundlagenvertrages zwi-schen beiden deutschen Staaten am21. 12. 1972 verzichtete die Bundes-republik auf ihren Alleinvertretungs-anspruch und wurde u.a. die Einrich-tung �Ständiger Vertretungen� inBonn und Ostberlin vereinbart.Damit schaffte der ostdeutsche Staatauch den Durchbruch für die diplo-matische Anerkennung in der west-lichen Welt. Es bestand also 1978kein außenpolitisches Gefahrenpo-tential, das die Intensivierung der

vormilitärischen Ausbildung an denSchulen gerechtfertigt hätte.

Auch in innenpolitischer Sicht-weise erscheint die Vorgehensweiseder DDR-Führung zunächst unsin-nig und kontraproduktiv. So protes-tierten bereits im Vorfeld der Einfüh-rung sowohl die Evangelische wie dieKatholische Kirche gegen das Unter-richtsfach. Die protestantische Seitekündigte desweiteren als Reaktioneine Friedenserziehung sowie dieUnterstützung von pazifistischenAktivitäten in ihrem Rahmen an.Gerade in den Beziehungen zurEvangelischen Kirche aber hatte derSED-Staat in den siebziger Jahren einVerhältnis gegenseitiger Anerken-nung und Akzeptanz (modus vivendi)entwickelt, das am 6. März 1978 beieinem Treffen der Kirchenführer mitHonecker seinen Höhepunkt erlebteund dessen Verlust man nun ebensoriskierte, wie das Entstehen einerunabhängigen Friedensbewegung imRahmen der Kirchen.

Warum also entschloss sich diePartei- und Staatsführung zu diesemSchritt? Die offiziellen Erklärungenzur Einführung des Wehrunterrich-tes sind DDR-typisch schwammigund beinhalten gegenüber früheren

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factum Wehrunterricht

Verlautbarungen zur Thematik derWehrerziehung keine neuen Aspek-te. So werden in einer Direktive desMinisteriums für Volksbildung fol-gende Begründungen und Absichtenformuliert (MfV 1. 2. 1978):�Der Wehrunterricht dient der sozia-listischen Wehrerziehung der Jugendund ist ferner Bestandteil des Bil-dungs- und Erziehungsprozesses ander Schule. Er fördert die Entwick-lung der Wehrbereitschaft und Wehr-fähigkeit der Schüler und hat zumZiel,� die Mädchen und Jungen auf die

Wahrnehmung des in der Verfas-sung festgelegten Rechts und derEhrenpflicht zum Schutz des Frie-dens, des sozialistischen Vaterlan-des und der sozialistischen Staaten-gemeinschaft vorzubereiten,

� die klassenmäßige, patriotische undinternationalistische Haltung derSchüler weiter auszuprägen und dieWehrmotivation zu festigen,

� die systematische und planmäßigeVorbereitung der Jugendlichen aufdie Anforderungen des Wehrdiens-tes und der Zivilverteidigungdurch Vermittlung entsprechenderKenntnisse, Fähigkeiten und Fer-tigkeiten zu unterstützen.�

Ein Autorenkollektiv um MartinGonnermann begründete 1987 indem Buch �Sozialistische Militärpo-litik und Wehrbereitschaft� die Ein-führung des Wehrunterrichtes im

Nachhinein mit den �wachsendenAnforderungen (...) des modernenMilitärwesens�, die eine frühereHeranführung der Jugend an militä-rische Angelegenheiten notwendiggemacht hätten. Diese Darstellungs-weise lässt sich vor allem durch zweiArgumente entkräften: Es wurdenauch die Mädchen in das Fach einbe-zogen und wirklich moderne Ele-mente des Militärwesens waren imWehrunterricht nicht vorhanden.Darüber hinaus muss der Sinn kon-ventionellen militärischen Handelnsund Trainings in Zeiten atomarerBewaffnung, die beim Einsatz nureines Bruchteils der vorhandenenPotentiale zum Auslöschen der Zivi-lisation in Mitteleuropa geführt hätte,grundsätzlich in Zweifel gezogenwerden.

Einen Hinweis auf die eigent-lichen Beweggründe für die Etablie-rung des Unterrichtsfaches scheint daschon eher ein Statement Erich Hon-eckers bei einer Beratung des ZK derSED mit den ersten Sekretären derPartei-Kreisleitungen zu geben, indem er forderte (ND 18./19.2. 1978):Durch eine entsprechende Erzie-hung �den Jugendlichen (zu) helfen,sich in den komplizierten Situationendes internationalen Klassenkampfeszurechtzufinden, ein klares Feindbildzu besitzen und jederzeit bereit zusein, für den Sozialismus zu handelnund ihn zu verteidigen.�

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Noch deutlicher wurde der Ver-teidigungsminister der DDR HeinzHoffmann. Der Armeegeneral äu-ßerte vor Absolventen der Partei-hochschule, dass vielen Jugendlichenin der DDR eine �hohe persönlicheEinsatzbereitschaft und ein klaresFreund-Feind-Bild� (Rote Fahne,Nr. 31, 1978) fehle.

Durch das pädagogische Mitteleiner intensiveren Wehrerziehung anden Schulen könnte sich also dieSED-Führung die Ausprägung eines�klaren Freund-Feind-Bildes� beiden Jugendlichen und eine stärkereVereinnahmung der jungen Genera-tion für die eigene Politik verspro-chen haben. Das hieße aber auch,dass die bisherigen Mittel zur Errei-chung dieser Positionen nicht aus-reichend gewesen waren. Dabei wardie vormilitärische Ausbildung u.a.durch die Hans-Beimler-Wettkämp-fe der FDJ bereits an den Schulenetabliert, wurde die Politik der SEDim Staatsbürgerkundeunterricht undin anderen Fächern ausgiebig darge-stellt und behandelt, war darüberhinaus ein breites Netz der vormilitä-rischen und militärischen Ausbil-dung sowie der Zivilverteidigung inder Berufsausbildung und an denUniversitäten und Hochschulen

gespannt. Woran machte die SED-Führung die Defizite ihrer Jugendfest? War es ihr vielleicht geradewegen der Entspannungspolitik undOst-West-Annäherung mit den vor-handenen Mitteln nicht mehr mög-lich, das Bild des aggressiven, perma-nent den Sozialismus bedrohendenImperialisten in den Köpfen dereigenen Jugend aufrechtzuerhaltenoder zu installieren?

Bezog sich das gewünschte klareFeindbild ausschließlich auf dieImperialisten im Westen oder hatteman dabei auch an Personen in oderaus der DDR gedacht? Es fällt in die-sem Kontext zumindest auf, dass indiesen Jahren in der DDR auch ver-stärkt Dissidenten Kritik am beste-henden System anmeldeten undReformideen entwickelten. Zu nen-nen sind z.B. der Philosoph undSoziologe Robert Havemann, derWirtschaftswissenschaftler FritzBehrens, der Philosoph und Wirt-schaftswissenschaftler Rudolph Bah-ro oder der Liedermacher Wolf Bier-mann. Alle diese Kritiker desSED-Systems sahen sich Repressio-nen des Staates ausgesetzt. Sie alleentstammten aber diesem Systemund waren sogar SED-Mitgliedergewesen. Hatte das Auftreten dieser

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factum Wehrunterricht

Abtrünnigen die Parteiführung zumÜberdenken und schließlich zur Ver-schärfung der bisherigen Erzie-hungsmethoden mitveranlasst?

Die Etablierung eines Unter-richtsfaches zur vormilitärischenAusbildung 1978 in der DDR warkein Novum in der sozialistischenStaatengemeinschaft. So waren in derSowjetunion bereits seit dem Wehr-pflichtgesetz von 1968 in den neun-ten und zehnten Klassen der allge-mein bildenden Schulen wöchentlichzwei Unterrichtsstunden für die vor-militärische Ausbildung der Jungenund die Schulung der Mädchen zuBelangen der Zivilverteidigung reser-viert. Die DDR-Führung könntealso in Sorge gewesen sein, bezüglichder Wehrerziehung der Kinder undJugendlichen in einen Rückstand zuden anderen Ländern des Warschau-er Vertrages und insbesondere zurUdSSR zu geraten, die von Honecker

am Beginn seiner Amtszeit (1971) alsVorbildland noch einmal um einigeNummern vergrößert worden war.Liegen hier die Ursachen für denWehrunterricht versteckt?

Wie sah es eigentlich mit der�moralisch-sittlichen� Situation derjungen DDR-Bürger in den siebzigerJahren aus? Könnten vielleicht auchProbleme bei der �Produktion voll-seitig entwickelter Menschen� (Marxzitiert von Honecker M. 1981: S. 20)mit zur Entscheidung für das neueUnterrichtsfach und seine diszipli-nierenden Ordnungsnormen beige-tragen haben?

Schließlich muss im Kontext die-ser Arbeit gefragt werden, wie die ver-stärkte Militarisierung der Schule sichauf die Schülerinnen und Schülerauswirkte. Erreichte das SED-Regi-me die von ihm anvisierten Ziele odertraten andere Effekte und Folgen ein?

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Am Tage der Gründung der Deut-schen Demokratischen Republik, am7. Oktober 1949, traten erstmalsbewaffnete Einheiten der kaserniertenVolkspolizei vor der Partei- undStaatsführung in einer Ehrenforma-tion an. Die in der sowjetischen Besat-zungszone - wie in ganz Deutschland -nach dem zweiten Weltkrieg zunächstpopuläre Formel, wonach kein Deut-scher jemals wieder eine Waffe in dieHand nehmen sollte, wurde damitendgültig über Bord geworfen und dieZielstellung einer militärisch organi-sierten Verteidigungsstrategie deutlichgemacht. Dabei sah man sich in derLinie der revolutionären deutschenMilitärtradition von den Bauernkrie-gen (1524/25) über die 1848er Revo-lution bis zur Novemberrevolution(1918) und berief sich auf die von KarlMarx und Friedrich Engels konstru-ierte �Theorie des bewaffneten Auf-standes gegen die Herrschaft derBourgeoisie�, welche von Lenin -bezugnehmend auf die �neuenKampfformen des Imperialismus� -in seinen Arbeiten zum Thema �Mar-

xismus und Aufstand� weiterentwi-ckelt worden war.

Durch die Veränderungen dereigenen Militärstrategie sowie durchdie Korrekturen der SED- bzw.KPdSU-Politik erfuhr auch die vor-militärische Erziehung und die damitverbundene ideologische Beeinflus-sung der Jugendlichen im Laufe dervier Jahrzehnte DDR-Geschichteverschiedene Entwicklungs- und Ver-änderungsprozesse*, die aber stetseine Intensivierung der Wehrerzie-hung und der propagandistischenIndoktrinierung zur Folge hatte.

Der Beginn einer ersten Etappe inder Entwicklung der vormilitärischenAusbildung in der DDR lässt sich ander Schaffung von Wehrsportgemein-schaften der FDJ in den Jahren1950/51 festmachen. Der offizielleStartschuss für die Wehrerziehungerfolgte aber erst im Juni 1952 wäh-rend des 4. Parlamentes der FDJ. Essollte der Eindruck entstehen, dieGründung der Wehrsportgruppen sei

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factum Wehrunterricht

* In diesem Abschnitt folge ich weitesgehend einer Einteilung von Christian Sachse, die dieser in seinerArbeit �(Vor)militärische Ausbildung in der DDR� verwendet hat (vgl. Sachse 1996: S. 211 ff.)

Die Entwicklung der Wehrerziehung in der DDR

eine notwendige Reaktion der DDRauf die Unterzeichnung des Vertragesüber die Europäische Verteidigungs-gemeinschaft (EVG) durch dieBundesrepublik Deutschland am 27.Mai 1952. Gekennzeichnet ist diesererste Abschnitt durch die Etablierungder für die Wehrausbildung notwendi-gen Organisationen. Neben der Zu-weisung vormilitärischer Aufgaben-stellungen an die FDJ wurde 1952 dieGesellschaft für Sport und Technik(GST) gegründet, mit deren Hilfeman weite Kreise der Bevölkerung -etwa über Lehrgänge zum Fahreneines LKW oder zum Fliegen einesSegelflugzeuges - in die vormilitäri-sche Ausbildung einbeziehen wollte.Auch die Schaffung eines Dienstesfür Deutschland (1953) - der einenArbeitsdienst für die Jugend untermilitärischen Strukturen beinhaltete -,die Gründung des Deutschen RotenKreuzes (DRK) sowie die Bildungvon Kampfgruppen in Betriebensind in diesem Zusammenhang zubewerten.

Im Mai 1953 verpflichtete dasPolitbüro des ZK der SED in einemBeschluss �Über die Verbesserungder Arbeit der FDJ� alle Ebenen derPartei, bei der Erziehung der Jugendzu �echtem Patriotismus� mitzuar-beiten und zur �Erhöhung ihrerGesundheit und ihrer Verteidigungs-bereitschaft� beizutragen. Dies liefschließlich 1954 auf die Verpflich-

tung der Freien Deutschen Jugendhinaus, alle ihre Mitglieder einer vor-militärischen Ausbildung zu unter-ziehen.

Parallel zur Ratifizierung derPariser Verträge durch den Bundes-tag im Februar 1955 und der damitverbundenen Aufnahme der Bun-desrepublik in die NATO beschlossdie SED-Spitze eine Erhöhung dereigenen Verteidigungsfähigkeit. Aucheine engere militärische Anbindungzu den anderen sozialistischen Staa-ten sollte organisiert werden. Damitverknüpft war die Intensivierung derBemühungen bei der vormilitäri-schen Ausbildung. So entschied dasPolitbüro 1955, dass alle Arbeiter,Bauern und Angehörigen der Intelli-genz im Alter von 14 bis 18 Jahren indie vormilitärische Ausbildung ein-zubeziehen sind und die GST mitmehr finanziellen Mitteln auszu-statten sei.

In den Jahren 1955 und 56 wirdin der DDR-Politik eine Verände-rung der Militärstrategie vorgenom-men, die von dem Autorenkollektivum Martin Gonnermann 1987folgendermaßen begründet wurde(Gonnermann u.a. 1987: S. 210):�Die Entwicklung der internationa-len Lage Mitte der fünfziger Jahre,insbesondere die Eingliederung derBRD in die aggressive NATO unddie Aufstellung der Bundeswehr

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erforderte, die Verteidigungsfähig-keit der DDR durch den Aufbaunationaler Streitkräfte grundlegendzu erhöhen und zum gemeinsamenSchutz der sozialistischen Staatenge-meinschaft beizutragen. Davon aus-gehend und unter Berücksichtigungder Bereitschaft eines großen Teilsder Werktätigen der DDR, ihr sozia-listisches Vaterland zu verteidigen,beschloss die Volkskammer am 18. 6.1956 auf der Grundlage der ergänz-ten Verfassung die Bildung derNationalen Volksarmee.� Bereits am14. Mai 1955 hatte die DDR durchdie Unterzeichnung des �Vertragesüber Freundschaft, Zusammenarbeitund gegenseitigem Beistand� in War-schau das östliche Militärbündnis mitgegründet.

Die Formierung der NVA kenn-zeichnet auch den Beginn einer neu-en Entwicklungsetappe in der vormi-litärischen Wehrerziehung, die nunauf die Bedürfnisse einer regulärenArmee ausgerichtet wurde. Diesbedeutete etwa, dass für Studentenan Hochschulen und Universitätendie Absolvierung einer umfassendenvormilitärischen Ausbildung einenPflichtcharakter erhielt. Desweiterensollten nun Möglichkeiten geschaf-fen werden, die gesamte Jugend im

arbeitsfähigen Alter im Schießen undin Geländeübungen auszubilden.

Die Veränderung der politischenLeitsätze der Sowjetunion auf demXX. Parteitag der KPdSU 1956,wonach u.a. die militärische Ausein-andersetzung zwischen sozialisti-schem und kapitalistischem Systemin Europa nicht mehr als unvermeid-bar angesehen und als Ziel der Poli-tik der KPdSU für das Verhältniszwischen beiden Blöcken die friedli-che Koexistenz genannt wurde,beeinflusste auch die Position derSED und ihre militärischen Planun-gen. Hatte man zunächst für dieNVA eine Stärke von 120.000 Mannins Auge gefasst, wurde diese Zahlnun auf 90.000 reduziert. Diesbedeutete jedoch nicht, dass man derallgemeinen Wehrerziehung derJugend weniger Aufmerksamkeitwidmete. Die bereits aufgelegtenProgramme wurden nicht reduziertund im Zusammenhang mit der Vor-bereitung der allgemeinen Wehr-pflicht erhielten alle in die vormilitä-rische Ausbildung einbezogenenOrganisationen Anweisungen, ihreÜberzeugungsarbeit dahingehendauszurichten, dass es für jedenJugendlichen zur Selbstverständ-lichkeit wird, einen zweijährigen

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factum Wehrunterricht

Militärdienst in seine Lebenspla-nung einzubeziehen.

Mit der Verabschiedung desGesetzes über die Bildung des Natio-nalen Verteidigungsrates der DDRdurch die Volkskammer am 10.Februar 1960 wurde ein Gremiuminstalliert, das nicht nur für die Steue-rung sämtlicher militärpolitischerAktivitäten zuständig war, sondernsich auch für die Belange der vormili-tärischen Ausbildung verantwortlichzeigte. Nur kurze Zeit nach dem Bauder Berliner Mauer und der Abriege-lung der Westgrenzen verstärkte dieDDR mit dem Verteidigungsgesetz(20. 9. 1961) und dem Gesetz über dieallgemeine Wehrpflicht (24. 1. 1962)ihr Militärsystem weiter. Dies gingeinher mit einer Verschärfung dervormilitärischen Ausbildung. DerMinisterrat der DDR beschloss am24. November 1962 Kommissionenfür sozialistische Wehrerziehung beiden Vorsitzenden der Räte der Bezir-ke und Kreise zu bilden. Eine solcheKommission umfasste das gesamteSpektrum gesellschaftlicher Orga-nisationen von der SED überden Gewerkschaftsbund (FDGB),den Demokratischen FrauenbundDeutschlands (DFD) bis zum Deut-schen Turn- und Sportbund (DTSB).Von den staatlichen Organen warenneben dem Chef des Wehrkreis-bzw. Wehrbezirkskommandos, demChef der Volkspolizei des Gebietes,

einem Vertreter der zuständigenVolksbildungsabteilung, einem Ab-gesandten des Volkswirtschaftsratesauch ein MfS-Mitarbeiter in einer sol-chen Kommission vertreten. AlsArbeitsschwerpunkt dieser Gremienbestimmte das Gesetz die ideologi-sche Arbeit. Mit ihnen ließ sich nundie Wehrerziehung umfassenderbetreiben, wobei die Kommissionenjedoch nicht selber in Erscheinungtraten, sondern ihre Anweisungen andie vertretenen Organisationen undInstitutionen weitergaben und dortrealisieren ließen. Die Aufgabenstel-lungen (z. B. Organisation vonWehrspartakiaden oder ideologischeBegleitung der Musterungen) wur-den zentral von der Kommission fürsozialistische Wehrerziehung beimZK der SED vorgegeben.

Neben der Etablierung derKommissionen für sozialistischeWehrerziehung ist für den Entwick-lungsabschnitt der vormilitärischenAusbildung vom Beginn der sechzi-ger Jahre bis 1968 vor allem die festeEinbindung der Schulen in dasSystem der Wehrerziehung vonBedeutung. Bereits 1960 hatte esdazu erste Versuche gegeben. Ineiner gemeinsamen Mitteilung desMinisteriums für Volksbildung unddes Zentralvorstandes der GST zur�Unterstützung der Wehrerziehungder Schüler und Berufsschüler� vom18. März 1963 wurde nun vorgege-

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ben, wie die vormilitärische Ausbil-dung an den Polytechnischen - undErweiterten Oberschulen sowie denBerufs- und Spezialschulen zu orga-nisieren sei. Danach sollten Schülerab dem neunten Schuljahr für - inerster Linie von der GST ausgerichte-te - wehrsportliche Veranstaltungenan den Schulen gewonnen werden.War bis dahin darauf verzichtet wor-den, die Verteidigungsbereitschaft alsErziehungsziel der Schule zu formu-lieren, verpflichtete das SED-Regimemit dem Gesetz über das einheitlichesozialistische Bildungssystem vom25. 2. 1965 alle Einrichtungen desstaatlichen Bildungswesens, sich auchin den Dienst der Landesverteidigungzu stellen. Am 3. Mai 1966 fasste dasZK der SED den Beschluss, die Ein-flussnahme der SED auf die FDJweiter zu verstärken. In dessen Folgewurde die vormilitärische Ausbildungan allen allgemein bildenden Schuleneingeführt. Hintergrund für dieseVerschärfung der Erziehungsarbeitwar offensichtlich auch ein Referatdes damals im Zentralkomitee fürSicherheitsfragen zuständigen ErichHonecker bei einer Sitzung des Polit-büros im Dezember 1965. Honeckerberichtete, dass bei Teilen der Jugend�anarchistische Tendenzen� und�Erscheinungen des spießbürger-

lichen Skeptizismus� zu beobachtenseien und regelmäßig alkoholischeund sexuelle Exzesse stattfänden.Mit dem Beginn der Hans-Beimler-Wettkämpfe der FDJ im Januar 1967wurden erstmals an allen Polytechni-schen Oberschulen in den Klassen 8,9 und 10 einheitliche Programme zurvormilitärischen Wehrerziehungabsolviert. Diese Wettkämpfe warenin vier Hauptteile gegliedert (MfV,1968):1. Ideologisch-propagandistische

Veranstaltungen, die vor demBeginn der Wettkämpfe durchge-führt wurden.

2. �Wehrsportliche Einzel- undMannschaftswettkämpfe� (z. B.Handgranatenzielwurf, Luftge-wehrschießen, Geländelauf u. a.),

3. �Einzelwettkämpfe im Luftgewehr-bzw. Kleinkaliberschießen�,

4. �Durchführung eines Gelände-spiels� (z. B. mit Elementen wieOrientierungsmarsch, Überwin-den von Hindernissen, Klettern,erste Hilfe).

Vor dem Beginn der Wettkämpfehatten alle Schülerinnen und Schüler- gemäß dem militärischen Charakterdes Vorhabens - bei einem Appell einGelöbnis zu sprechen. 1968 lautetedieses wie folgt (MfV 1968):

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factum Wehrunterricht

�Wir FDJ-Mitglieder und Schülergeloben, bei den �Hans-Beimler-Wettkämpfen� ehrenhafte Kämpferzu sein und die Regeln zu achten - wirnehmen teil, um durch hohe wehr-sportliche Leistungen unsere Bereit-schaft zur Verteidigung des sozialisti-schen Vaterlandes zu bekunden unduns der revolutionären Kämpferwürdig zu erweisen. Wir sind bereit,ihr Werk fortzusetzen und in dervordersten Reihe für die Vollendungdes Sozialismus in unserem Arbeiter-und Bauernstaat unsere ganze Krafteinzusetzen. (...) Das geloben wir!�

Die Schülerinnen und Schülerbzw. Gruppen mit den besten wehr-sportlichen Ergebnissen erhieltennach den Wettkämpfen bei einemAppell Auszeichnungen in Form vonWimpeln und Urkunden.

Anfang der siebziger Jahre wur-den die Hans-Beimler-Wettkämpfeum einen so genannten �Marsch derBewährung� ergänzt. Dabei solltendie Jugendlichen in ihrem Klassen-verband Elemente wie Eilmarsch,Mutsprung, Überwinden von Was-serhindernissen oder das Errichtenvon Behelfsunterkünften und Feuer-stellen auf einer Marschstrecke vonzirka 10 Kilometern absolvieren.

Bereits 1968 wurde das Pro-gramm der Wehrerziehung an denSchulen erweitert und für alle Thäl-

mannpioniere das Manöver�Schneeflocke� eingeführt. Auch dieneun- bis dreizehnjährigen Kinderhatten somit jeweils kurz vor denWinterferien Schießübungen undGeländespiele in Wettkampfform zuabsolvieren. Ein Jahr später startetedann die wehrsportliche Massenak-tion �Signal DDR 20�, welche in derFolge alle fünf Jahre zu den DDR-Gründungsjubiläen auch an denSchulen durchgeführt wurde.

Am Ende der sechziger Jahreerhielt die vormilitärische Ausbil-dung in der DDR eine neue Qualität.Nach einem Beschluss des ZK derSED vom 19. Juni 1968 waren �Fra-gen der sozialistischen Wehrerzie-hung (SWE) (...) organisch in dengesamten Bildungs- und Erziehungs-prozess einzubeziehen� (zitiert vonGünther, 1973). Die neue Verfassungvon 1968 hatte den Schutz des Frie-dens und des sozialistischen Vater-landes zur staatsbürgerlichen Pflichterklärt. Weitere Glieder in dieser Ket-te juristischer Regelungen zur Steige-rung der Militarisierung der gesamtenGesellschaft waren das Zivilverteidi-gungsgesetz von 1970 sowie dasJugendgesetz von 1974, welchesdie Verteidigung der DDR und dersozialistischen Welt zur �Ehren-pflicht� aller Jugendlichen erhob.Mit den Aufgabenstellungen desMinisteriums für Volksbildung unddes Zentralrates der FDJ vom

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9. April 1969 wurden Aktivitäten fürZielgruppen zusammengefasst, dievon Kinderkrippenkindern bis zubereits gedienten Reservisten derNVA reichten. Zur Veranschauli-chung dieser Aufgabenstellungen

sei hier eine Tabelle vorgestellt, diean der Karl-Marx-Universität Leip-zig 1973 im Rahmen einer wehrpoli-tischen Vorlesung erstellt wordenwar (verwendet von Sachse 1996: S.256):

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factum Wehrunterricht

Erziehungsträger politisch-ideolo- Militärischergischer Inhalt Inhalt

0 bis 3 Jahre Eltern, Gut und Böse Bewegung,Kindergrippe unterscheiden Spiel

3 bis 6 Jahre Kindergarten Unsere Soldaten Anerziehung vonGeschicklichkeit imSpiel

6 bis 10 Jahre Schule, Junge Heimatliebe, Anerziehung vonPioniere Bereitschaft zum Mut und Gewandt-

Schutz heit

10 bis 16 Jahre Schule, JP, FDJ, Vorbereitung auf Hans-Beimler-Betrieb, Hans-Beimler- WettkämpfePatenbrigade Wettkämpfe

16 bis 18 Jahre EOS, Betriebs- Vorbereitung auf Vormilitärischeberufsschule, GST Wehrdienst in Ausbildung, versch.

SED-Grundorg. Möglichkeiten

18 bis 26 Jahre Betrieb, Hoch- und Vorbereitung auf Militär. Ausbildung,Fachschule, NVA, praktische Ausbil- ZivilverteidigungSED-Grundorg. dung durch Mili- an Hochschulen

tärw. und Technik

26 bis 35 Jahre Betrieb, SED- Erhaltung der Militär. Aus- undGrundorg., Wehrbereitschaft Weiterbildung anReserve NVA und -fähigkeit Hochschulen

War das Bildungswesen bis zumEnde der sechziger Jahre nur eineOrganisationseinheit der Wehrer-ziehung neben anderen, wurde esnun zum Zentrum einer flächende-ckenden, allumfassenden vormilitä-rischen und militärischen Ausbil-dung. Um dieses Zentrum wurdedas Netz von Instrumenten derwehrpolitischen und ideologischenBeeinflussung erweitert und ver-dichtet. So heißt es etwa in einem�Maßnahmeplan zur stärkeren Ein-flussnahme der Kinder und Jugend-buchverlage der DDR auf diepolitische, weltanschauliche, natur-wissenschaftliche, moralische, ästhe-tische und staatsbürgerliche Bildungund Erziehung der Jugend�, dergemäß eines Beschlusses des Polit-büros des ZK vom 9. 10. 1973 zuStande kam:�Die Liebe zur Heimat und dieBereitschaft zu ihrer Verteidi-gung als eine entscheidende Frageethisch-moralischer und staatsbür-gerlicher Haltung gehört zu denwichtigsten Themen, die in der Kin-der- und Jugendliteratur in nochstärkerem Maße literarisch behan-delt werden müssen. Neben demLeben in der NVA und den anderenbewaffneten Organen, dessen Dar-stellung ein großes Maß an Sach-kenntnis verlangt, und dem Wirkender Kampfgruppen sollte die weite-re Förderung stärker auf die eigenenErlebnisbereiche der Jugend (GST)

gerichtet sein. Die Bemühungen derVerlage, Kinder und Jugendliche mitden Rechten und Pflichten einesStaatsbürgers bekannt zu machenund ihm die Vorzüge des Sozia-lismus-Kommunismus und seinerÜberlegenheit aufzudecken, müs-sen zielstrebig fortgesetzt werden.(...) Der Ablauf der gegenwärtigenweltrevolutionären Prozesse undviele brennende aktuelle Fragenwerden in der Kinder- und Jugendli-teratur bisher nicht ausreichenderklärt. Unbedingt notwendig ist dieverstärkte Anregung und Entwick-lung von Büchern, die das Wesendes Imperialismus und das Bild desKlassenfeindes widerspiegeln.�

Auch das Sandmänchen mit demAbendgruß für die jüngsten Zu-schauer des DDR-Fernsehens er-schien nun regelmäßig in militäri-scher Uniform, um etwa mit Hilfeeines Brückenpanzers ein kleinesMädchen aus einer Schlucht zu ret-ten. Sogar die bis zum Beginn dersiebziger Jahre bekämpfte Beat- undRockmusik wurde seit dem Ende dersiebziger Jahre durch Veranstaltun-gen wie Rock für den Frieden in dasSystem der ideologischen Beeinflus-sung mit eingespannt.

Ein �Gesetz über die Landes-verteidigung� vom Oktober 1978verpflichtete schließlich alle DDR-Bürger, sich an wehrerzieherischen

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Maßnahmen und Übungen zu betei-ligen.

Aufgrund der Komplexität die-ser Phase der allumfassenden vor-militärisch (bzw. militärisch)-ideolo-gischen Wehrerziehung werde ichnun in weiteren Unterpunkten spe-

ziell auf die jeweils besonderen Situ-ationen an den Berufsschulen, denErweiterten Oberschulen und Spe-zialschulen; an den Universitätenund Hochschulen sowie an denPolytechnischen Oberschulen vorder Einführung des Wehrunterrich-tes eingehen.

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factum Wehrunterricht

Die Wehrerziehung in der Berufsausbildung sowie an den Erweiterten Oberschulen und Spezialschulen.

Durch eine im Mai 1968 getroffe-ne Vereinbarung zwischen dem Zen-tralvorstand der Gesellschaft fürSport und Technik, dem Zentralratder FDJ, dem Präsidium des Deut-schen Roten Kreuzes und des Minis-teriums für Volksbildung mussten abdem Schuljahr 1968/69 alle Schülerder zum Abitur führenden Erweiter-ten Oberschulen und Spezialschulen,alle Lehrlinge der Berufsausbildungsowie die meisten Fachschüler einewehrerzieherische Ausbildung anihren Bildungsstätten absolvieren.Für zunächst eine und später etwazwei Wochen durchliefen dabei dieMädchen einen Zivilverteidigungs-lehrgang und die Jungen eine vormi-litärische Ausbildung in Lagern bzw.in örtlichen, in die Schulen integrier-ten Ausbildungsobjekten. Diesewaren mit Elementen ausgestattet,

wie man sie auch in regulären Armee-Kasernen finden kann. So besaßetwa die Berufsschule des BetriebesBaumechanisierung in Halle eineneigenen - fest gebauten - Schießplatzund eine Sturmbahn. Dem Bedarfder NVA folgend, besaß die Wehrer-ziehung der Jungen bereits den Cha-rakter und die Zielstellung einer mili-tärischen �Laufbahnausbildung�zum Motorisierten Schützen, Fall-schirmspringer oder Militärkraftfah-rer, welche nach der Musterung derJugendlichen (in der Regel im Altervon 17 oder 18 Jahren) in derenWehrpass fixiert wurde. Dement-sprechend erfolgte auch die Gestal-tung der militärischen Übungen. DieAusbildung zum MotorisiertenSchützen umfasste zum Beispielneben dem Schießen mit demMaschinengewehr auch Übungen

wie das Durchlaufen der Sturmbahn,das Eingraben im Gelände, eineSanitätsausbildung, topographischeÜbungen oder das Marschieren inmilitärischer Formation.

Die Ausbildung der Mädchenrichtete sich nach den Anforderun-gen des Systems der Zivilverteidi-gung, welches den Schutz vor denWirkungen von Massenvernich-tungsmitteln, den Schutz vor Kata-strophen und die Weiterführung derProduktion im Kriegsfall gewährleis-ten sollte. Dementsprechend umfas-ste die ZV-Ausbildung neben Ele-menten der ersten Hilfe auch dasEinrichten eines Bunkers oder dasTrainieren des richtigen Verhaltensbei einem Atomschlag.

Sowohl Mädchen als auch Jungentrugen während dieser Wochen derWehrausbildung die Uniformen derGST.

Neben diesen praktisch-techni-schen Schulungen beinhaltete dieWehrerziehung der 16- bis 18-jähri-gen Jugendlichen auch einen wehr-politisch-ideologischen Abschnitt.Für das Ausbildungsjahr 1977/78wurden in diesem Zusammenhangfolgende Schwerpunkte von zentra-ler Stelle hervorgehoben (Pitschel1978: S. 75):� �Klassenauftrag und persönliches

Lebensinteresse der Jugend,

� über den Sinn des Soldatseins,� friedliche Koexistenz und unser

militärischer Auftrag,� Aggression über Ätherwellen.�

Als dritte Säule dieser vormilitäri-schen Ausbildung der Lehrlinge undEOS-Schüler kann die Werbung derJungen für einen verlängerten Militär-dienst als Unteroffiziere bzw. Offizie-re gesehen werden. Dies geschah inGruppen- und Einzelgesprächen mitdafür verantwortlichen Lehrern,wobei u.a. Schüler - die nicht eine sol-che Laufbahn einschlagen wollten -Gründe nennen mussten, weshalb siezu keiner Verlängerung ihres �Ehren-dienstes� bereit waren.

Trotz einiger ergänzenderDirektiven, Verordnungen undAnweisungen kann die skizzierteDarstellung der Wehrerziehung inden Bereichen der Berufsausbil-dung, der Erweiterten Oberschulenund der Spezialschulen für diegesamte Entwicklungsphase vomEnde der sechziger Jahre bis zumEnde der DDR gelten. Eine Verwei-gerung dieser vormilitärischen Aus-bildung war nicht möglich. So heißtes im Arbeitsgesetzbuch der DDRvom 16. Juni 1977 (zitiert von Sach-se 1996: S. 243 f.):�Der Lehrling ist verpflichtet, wäh-rend des Lehrverhältnisses an dervormilitärischen Ausbildung teilzu-nehmen, sich militärpolitische und

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militärfachliche Kenntnisse undFähigkeiten anzueignen bzw. an denMaßnahmen der Zivilverteidigungmitzuwirken.�

Neben diesem - für alle Jugendli-che obligatorischen - Programm dervormilitärischen Ausbildung bestandder wehrerzieherische Einflussgegenüber dieser Alterszielgruppe

auf freiwilliger Basis - etwa durch dieGST-Fahrschulausbildung oder dieGST-Wehrspartakiaden - selbstver-ständlich fort. Desweiteren existierteder propagandistisch-ideologischeEinfluss des SED-Regimes (z. B.durch das Fach Staatsbürgerkunde)auch im normalen Unterricht aller11. und 12. Klassen.

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factum Wehrunterricht

Die Wehrerziehung an den Universitäten und Hochschulen

Wie bereits erwähnt, war dieAbsolvierung einer vormilitäri-schen Ausbildung für Studenten anUniversitäten und Hochschulen inder DDR seit Mitte der fünfzigerJahre obligatorisch. Doch auch indiesem Bereich wurde in der letztenEntwicklungsphase der Wehrerzie-hung eine Verschärfung sichtbar.Die Aneignung militärischerKenntnisse und Fertigkeiten solltenun fest in den gesamten Studien-prozess integriert werden. Ergän-zend dazu erfolgte die ideologischeBeeinflussung der Studentinnenund Studenten. In einer Direktivedes Ministeriums für Hoch- undFachschulwesen für das Studienjahr1984/85 heißt es dazu u. a. (MfHF,1984):

�Die sozialistische Wehrerziehung istvorrangig zu richten auf:� die Vertiefung der Erkenntnisse

der Verteidigungswürdigkeit dessozialistischen Vaterlandes und sei-ner ernsten Bedrohung durch dieaggressive imperialistische Militär-politik; (...)

� die Erhöhung der Bereitschaftder Studenten für einen persön-lichen Beitrag zur Stärkung derLandesverteidigung, zu bestenErgebnissen in der Reservistenqua-lifizierung und Zivilverteidigungs-ausbildung;

� die Erhaltung und Stärkung derpersönlichen Kampfbereitschaftund physischen Leistungsfähigkeitder gedienten Reservisten vorallem durch ihre umfassende Teil-

nahme an den Aufgaben der GSTund der Reservistenkollektive.�

Jeder Rektor einer Hochschuleoder Universität hatte für seine Ein-richtung eine Führungskonzeptionder Wehrerziehung zu erstellen.Aus denen des Rektors der Fried-rich-Schiller-Universität Jena von1983 und des Rektors der Pädagogi-schen Hochschule Erfurt/Mühl-hausen von 1987 geht eine Zweitei-lung der Studentenschaft in bereitsgediente Reservisten auf der einenund Frauen bzw. ungediente oderWehrdienst untaugliche Männer aufder anderen Seite hervor. Die ersteGruppe hatte eine Reservistenqua-lifizierung mit militärtypischenÜbungen zu absolvieren. Die ande-ren Studentinnen und Studentenführten Übungen im Rahmen derZivilverteidigung durch. Der zeitli-che Rahmen der ZV-Ausbildungbzw. der Reservistenqualifizierungbetrug fünf Wochen, die in derRegel am Ende des 2. Studienjahresabsolviert wurden.

Hinsichtlich der politischenArbeit wurde nach der Konzeptiondes Jenaer Rektors bei der Ausbil-dung der Reservisten besonderesAugenmerk gelegt auf (Führungs-konzeption des Rektors der FSU,1983):� �Ihre frühzeitige politische Ent-

scheidung, bereit zu sein, Offizier

der Reserve zu werden; (...)� die Unterstützung der Auswahl

und Vorbereitung der als Ausbil-der, Reserveoffiziersanwärter, Polit-reservekader und Funktionäre vor-gesehenen Studenten; (...)

� die Gewinnung von gedientenReservisten/Studenten der Grund-studienrichtungen Medizin undStomatologie als Offiziere auf Zeitfür die NVA.�

Bei den Studentinnen und Stu-denten die an der Zivilverteidigungs-ausbildung teilnahmen, konzentrier-te sich die politische Arbeit vor allemauf (Führungskonzeption des Rek-tors FSU, 1983):� �ihre Bereitschaft, nach dem Stu-

dium eine Führungsposition in derZivilverteidigung zu übernehmen;(...)

� die sorgfältige Auswahl und Vorbe-reitung, der als Ausbilder, Funktio-näre und Sicherstellungskräfte vor-gesehenen Studenten...�

Sowohl gediente Reservistenwie auch die Teilnehmer der ZV-Ausbildung hatten sich im Verlaufihres Studiums berufsspezifischeKenntnisse und Fertigkeiten ausdem Bereich der Zivilverteidigunganzueignen. Die entsprechendenAusbildungsinhalte waren in dieLehre aller Fachrichtungen zu inte-grieren. Vor allem bei den zukünfti-gen Lehrern wurde der Aneignung

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einer fachspezifischen wehrerziehe-rischen Vermittlerrolle während desStudiums größte Bedeutung beige-messen.

Am Beginn eines jeden Studien-jahres fand an den Universitäten undHochschulen in der DDR eine so-genannte �zentrale Weiterbildungs-woche� statt, die durch eine allgemei-ne ideologisch-politische Indoktrina-tion der Studenten geprägt war und

Nach der Etablierung der Hans-Beimler-Wettkämpfe sowie der Pio-niermanöver an den allgemeinbil-denden Schulen war die SED-Führung am Beginn der siebzigerJahre bestrebt, ihr System der Wehr-erziehung an den PolytechnischenOberschulen weiterzuentwickeln.1972 war an der Akademie der Päda-gogischen Wissenschaften in Berlineine Arbeitsgruppe �SozialistischeWehrerziehung� unter der Leitungvon Prof. Dr. König gebildet wor-den. Auf wissenschaftlicher Basisund in Zusammenarbeit mit demMinisterium für Volksbildung, demInstitut für Jugendforschung in Leip-zig oder der politischen Hauptver-

waltung der NVA sollte sich die Aka-demie insbesondere um die Verbes-serung der vormilitärischen Ausbil-dung an den Schulen kümmern. DieEinführung von �Arbeitsgemein-schaften Wehrausbildung� im Schul-jahr 1973/74 ging bereits auf einenVorschlag dieser Arbeitsgruppe zu-rück. Durch diese Arbeitsgemein-schaften erreichte man nun einenTeil der Kinder und Jugendlichenregelmäßig mit militärischen Übun-gen. Der dabei vermittelte fakultativeUnterricht wurde von einem Rah-menprogramm vorgegeben, dasneben der Auseinandersetzung mit�Grundfragen der sozialistischenLandesverteidigung� auch Gelände-

bei der auch wehrerzieherische The-men behandelt wurden.

Natürlich gehörte das Studiumdes Marxismus-Leninismus - ein-schließlich der marxistischen Lehrevom Krieg sowie der Militärdoktrindes Warschauer Vertrages - für alleSudenten zum Standardrepertoireund war der ideologisch-propagan-distische Bezug in die Lehre allerFachbereiche verwoben.

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factum Wehrunterricht

Die Wehrerziehung an den Polytechnischen Oberschulen vor dem 1. September 1978

spiele, Schießübungen, militärischeOrdnungsübungen sowie eine Sani-tätsausbildung umfasste. Zu dem zen-tral gesteuerten Aufbau dieser�Arbeitsgemeinschaften Wehrausbil-dung� entwickelten sich an vielenSchulen und Pionierhäusern zusätzli-che Gruppen und Zirkel �Junger Fun-ker�, �Matrosen�, �Agitatoren�,�Schützen� oder �Fuchsjäger�. Ander 4. POS in Zeitz gab es sogar eineAG �Junge Tschekisten� - die Schülerin geheimdienstliche Aufgabenfeldereinführte. Neben der militärisch-technischen Ausbildung und ideologi-schen Indoktrination bestand dieZielstellung aller dieser Zirkel undGruppen auch darin, frühzeitig dasInteresse von Kindern und Jugend-lichen für eine Berufskarriere bei derNVA, der Volksmarine oder ebenauch beim Ministerium für Staatssi-cherheit zu wecken. Dabei waren diejeweiligen AG-Leiter, aber auch dieKlassenleiter oder Direktoren einerSchule bemüht, die Jugendlichenmöglichst früh zur Unterzeichnungeiner �Verpflichtungserklärung� füreinen solchen Beruf zu bringen. DieSchüler die eine solche Erklärungabgegeben hatten, wurden zusätzlichin so genannten �Bewerberkollekti-ven� auf ihren späteren Einsatz vor-bereitet.

Zu der Erweiterung der Möglich-keiten der direkten wehrerzieheri-schen Ausbildung der Schülerinnen

und Schüler wurde die wehrideologi-sche Beeinflussung als Unterrichts-prinzip - die mehr oder weniger ver-steckt seit den fünfziger Jahrenbestand - in allen Fächern weiter vor-angetrieben. So benennen etwa dieUnterrichtshilfen für die Sportklas-sen neun und zehn �die volle Ent-wicklung der physischen Vorausset-zungen für die Landesverteidigung�(Endert/Hofmann 1972: S. 9) alseine der Hauptaufgaben des Sport-unterrichtes. Weiter heißt es in die-sem Buch ( S. 11):�Der Sportlehrer muss bei seinerEinflussnahme so weit vorankom-men, dass die Schüler anhand vielerBeispiele aus unserer Zeit von sichaus erkennen, dass es keinen unpoli-tischen Sport gibt.�

Im Mathematikunterricht be-schränkte man sich nicht mehr dar-auf in Textaufgaben für normalePersonen Soldaten und für einfacheLKW Militärtransporter oder Panzereinzusetzen. Das Handbuch fürKlassenleiter, Lehrer und Erzieherder Akademie der PädagogischenWissenschaften von 1974 gab vor(zitiert von Henrich 1978: S. 117):�Es kommt vielmehr darauf an, sol-che Sachverhalte aus dem militäri-schen Bereich auszuwählen undmathematisch zu erfassen, die für dieverschiedenen Formen der sozialisti-schen Wehrerziehung nützlich sind.�Für den Russischunterricht stellt die

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selbe Quelle heraus ( S. 119):�..dass die russische Sprache angesellschaftlicher Bedeutsamkeitgewinnt und für sich auch in Bezugauf den Wehrdienst und die sprachli-che Verständigung mit den Angehö-rigen der Sowjetarmee und der ande-ren sozialistischen Bruderarmeenvon großem Nutzen ist.�

Im Heimatkundebuch für dievierten Klassen wurde dem Schutz derStaatsgrenze ein eigenes Kapitel einge-räumt und insbesondere der Einsatzder NVA und der Grenztruppen1961 beim Bau der Berliner Mauerund der Grenzabsperrungen zurBundesrepublik geschildert.

Volksbildungsministerin MargotHonecker beschrieb 1974 die ideolo-gische Aufgabenverteilung im Unter-richt der Polytechnischen Oberschu-le folgendermaßen (Honecker, M.1974: S. 32):�In Staatsbürgerkunde, Geschichte,Literatur, Kunsterziehung undMusik ist die marxistisch-leninisti-

sche Ideologie unmittelbar Unter-richtsgegenstand. In den naturwis-senschaftlichen Fächern und impolytechnischen Unterricht lernendie Schüler, dass sich die Welt nachobjektiven Gesetzen entwickelt, dasssie erkennbar ist und dass dieErkenntnisse der Naturwissenschaf-ten und Technik für die revolutionäreVeränderung der Praxis zum Wohleder Menschen genutzt werdenmuss.�

Bereits vor der Einführung desWehrunterrichtes am 1. September1978 war also ein enges und abge-stimmtes System der Wehrerziehungund der ideologischen Beeinflussungan den Polytechnischen Oberschulenund im gesamten Bildungssystem derDDR etabliert, das sich auch an denmilitärischen Ordnungsformen derSchulen wie Appellen oder Meldun-gen durch einen Ordnungsdienst andie Lehrer zu jeder Unterrichtsstun-de zeigte, und dem sich die Schülerin-nen und Schüler kaum entziehenkonnten.

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factum Wehrunterricht

Einen ersten Hinweis auf dieAbsicht - in der DDR ein reguläresUnterrichtsfach Wehrunterricht ein-zuführen - gibt ein Papier das Prof.Dr. Karl Heinz Günther von derAkademie der Pädagogischen Wis-senschaften in Berlin 1973 zur Situa-tion der Wehrerziehung für die Par-tei- und Staatsführung erstellt hat.Der Autor betont darin, dass es inallen anderen Staaten des Warschau-er Vertrages seit Ende der sechzi-ger/Anfang der siebziger Jahre einordentliches Unterrichtsfach an denallgemein bildenden Schulen zurVorbereitung der Jungen auf denWehrdienst bzw. zur Schulung derMädchen für spätere Aufgaben in derZivilverteidigung oder im Gesund-heitsdienst gibt. So unterrichtetenmilitärkundige Lehrer oder Reserve-offiziere in Polen ab dem 7. Schuljahrund in der CSSR bereits ab dem 6.Schuljahr ein solches Fach in jeweilseiner Wochenstunde. Ähnliches ließsich zu diesem Zeitpunkt auch zurSituation des Wehrunterrichtes inBulgarien, Ungarn oder Rumänienberichten. In der Sowjetunion be-standen bezüglich des Wehrunter-richtes zwei Schwerpunkte:� Die Propagierung der revolutionä-

ren und militärischen Tradition derUdSSR sowie

� Die Vermittlung elementarer

Kenntnisse und praktischer Fertig-keiten an die Schüler.

Verantwortlich für diesen wehr-erzieherischen Unterricht - der fürSchülerInnen der 9. und 10. Klassenstattfand - waren der Direktor derSchule, die örtlichen Volksbildungs-organe, die örtliche Militärkomman-dantur und die JugendorganisationKomsomol. Als Lehrer hatte manReserveoffiziere der Roten Armeemit militärischer und pädagogischerHochschulausbildung eingesetzt.Der Umfang des Wehrunterrichtesbetrug zwei Wochenstunden, so dassdie Jungen und Mädchen der 9. und10. Klassen in der Sowjetunion etwasiebzig Stunden pro Jahr in diesemUnterrichtsfach absolvieren muss-ten. Als Inhalte des Lehrplanes nenntGünther (Günther, 1973):�1. Die sowjetischen Streitkräfte, ihr

Charakter und ihre Besonderhei-ten.

2. Die allgemeinmilitärische Ausbil-dung.

3. Die militärische Ausbildung.4. Die Zivilverteidigung.5. Die Spezialausbildung von Sani-

tätern (nur für Mädchen).�

Zu diesen normalen Unterrichts-stunden hatten die Jungen der 9.Klassen im Frühjahr und im Sommer

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Die Gründe für die Einführung des Wehrunterrichtes

während des Produktionsprakti-kums insgesamt fünf Tage (30 Stun-den) taktische Übungen im Gelände,Schießübungen mit dem Schnellfeu-ergewehr sowie andere militärischeÜbungen durchzuführen. Zudemwurde an den Schulen in der UdSSRnoch fakultativer vormilitärischerUnterricht in einem Umfang von biszu 70 Stunden pro Jahr angeboten.Im Rahmen von Zirkeln zum Erler-nen des Militärwesens erhielten diesowjetischen Schüler selbst in denFerien ein- bis zweimal im Monatmilitärische Lehrfilme vorgeführtoder absolvierten entsprechendeÜbungen.

Die Leistungen, die die sowjeti-schen Mädchen und Jungen der 9.und 10. Klassen im Wehrunterrichterbrachten, wurden mit dem landes-üblichen Zensurensystem bewertetund in den Zeugnissen fixiert. Nurwer auch die vormilitärische Ausbil-dung erfolgreich absolviert hatte,erhielt ein Abschlusszeugnis der all-gemein bildenden Schule.

Im Vergleich dazu bemängelteGünther für das System der Wehrer-ziehung in der DDR eine ungenü-gende Integration in den Schulunter-richt, die er konkret an fehlenden

Unterrichtsmaterialien, der schlech-ten Qualität der Lehrer, den mangeln-den Kenntnissen der Jugendlichenhinsichtlich militärisch-technischerund militärisch-politischer Angele-genheiten sowie der ungenügendenHilfe durch pädagogische Fachzeit-schriften festmachte. Dementspre-chend forderte er, die Qualität derWehrerziehung durch die Ausnut-zung aller im Unterricht und imaußerunterrichtlichen Bereich vor-handenen Potenzen zu erhöhen.Grundsätzlich stellte der Autor fest(Günther, 1973):�Die politische und militärische Not-wendigkeit, die Integration in dieSWE (Sozialistische Wehrerziehung)der sozialistischen Staatengemein-schaft, Vergleiche und Analysen las-sen es notwendig erscheinen, dieEinführung der vormilitärischenAusbildung im Sinne eines speziellenFaches mit max. 120 Stunden in denKlassen 9 und 10 zu überprüfen.�

Karl Heinz Günther geht 1973 indem genannten Text auch auf dieEinstellungen von Jugendlichen zumsozialistischen Staat und zu dessenVerteidigung ein. Er bezieht sich beiseinen Äußerungen auf eine Unter-suchung, die kurz zuvor von derPädagogischen Hochschule Erfurt/

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factum Wehrunterricht

Mühlhausen an 5000 SchülerInnen,hunderten von LehrerInnen undVorschulerzieherInnen sowie in derNVA zu diesem Thema durchge-führt worden war, so dass man insge-samt dafür etwa 12000 Personenbefragt hatte. Als Schlussfolgerungdieser Studie stellt Günther heraus,dass �es offenbar einen Widerspruchzwischen sehr guten Selbsteinschät-zungen der Schüler zum Grund derHerausbildung von Eigenschafteneines jungen Sozialisten einerseitsund der tatsächlichen vorhandenenHandlungsbereitschaft andererseitsgibt...� Die Schüler hatten �allgemei-ne Bekenntnisse zu unserem Staat,zur Arbeiterklasse und zu ihrer Par-tei, zum sozialistischen Lager und zurNotwendigkeit des bewaffnetenSchutzes des Sozialismus� abgege-ben, waren aber oft nicht bereitgewesen �ein abgegebenes Bekennt-nis mit der Tat in einer Bewährungs-situation zu bestätigen. Das betrifftvor allem die Bereitschaft, einen mili-tärischen Beruf zu ergreifen, diewehrsportliche Betätigung, die Aner-kennung von Ordnungsformen unddie einheitliche Kleidung.� Eine guteIllustration des von Günther ange-sprochenen Widerspruches zwi-schen allgemeiner verbaler Bekennt-nis und �mangelndem� persönlichenBezug gibt in diesem Zusammen-hang die Einschätzung des westdeut-schen Imperialismus durch dieJugendlichen. Nahezu 9 von 10

Schülern bezeichneten in der Unter-suchung diesen - gemäß der vorgege-benen Lernziele - als �Hauptfriedens-gegner in Europa�. Der Aussage:�Jeder Bürger eines imperialistischenLandes, der in dessen Armee dient,ist mein Feind. Das gilt im vollenUmfang auch für die Bundeswehr�,wollten sich jedoch nur 39,4 % derSchüler des 8. Schuljahres und 23,5 %des 12. Schuljahres anschließen.44,5 % der 17- bis 18-jährigen ant-worteten hier sogar eindeutig mit�nein�.

Weitere Sorgenfalten dürfte denVerantwortlichen in der Partei- undStaatsspitze der DDR 1973 eine Stu-die des Zentralinstitutes für Jugend-forschung in Leipzig auf die Stirngetrieben haben, für die Prof. Dr.Walter Friedrich verantwortlichzeichnete. Die Arbeit mit dem Titel:�Der sozialistische Patriotismusunserer Jugendlichen und einige Pro-bleme der nationalen Frage�,beschäftigte sich mit dem Entwick-lungsstand des �sozialistischen Pat-riotismus� der Jugendlichen in derDDR, der Einstellung dieser zum�Sozialdemokratismus� in der Bun-desrepublik Deutschland sowie derSicht der Jugendlichen auf die�gegenwärtigen und zukünftigenBeziehungen der beiden deutschenStaaten...� Die Untersuchung wurdeim Auftrag des Zentralrates der FDJim März 1973 an 1155 Jugendlichen

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im Alter von 14 - 26 Jahren durchge-führt, die sich etwa zu gleichen Teilenaus Facharbeitern, Lehrlingen undStudenten zusammensetzten. Eswurde betont, dass die ausgewähltenJugendlichen nur als eingeschränktrepräsentativ betrachtet werden kön-nen, da sie vorwiegend Mitgliederguter Jugendkollektive mit außeror-dentlich positiver politisch-ideologi-scher Arbeit seien. Trotzdem warennur 68 % dieser Jugendlichen �ohneEinschränkungen� stolz jungeDDR-Bürger zu sein. Ebenfalls etwazwei Drittel der Befragten warenstolz auf ihre FDJ-Mitgliedschaft.Bezüglich der vorgegebenen Aussa-ge: �Als mein Vaterland betrachte ichnicht �ganz Deutschland�, sondernnur die DDR�, antworteten 64 % derFacharbeiter, 75 % der Lehrlinge und71 % der Studenten mit: �Das istvollkommen meine Meinung. 23 %der Facharbeiter, 16 % der Lehrlingeund 19 % der Studenten wollten diesnur �mit gewissen Einschränkun-gen� von sich feststellen lassen undimmerhin 11 % der jungen Arbeiter,7 % der Lehrlinge und 5% der Stu-denten gaben an, dass sie sich mit die-ser Meinung �kaum� oder �über-haupt nicht� identifizieren können.Erläuternd stellt die Studie fest, dassbei vielen Jugendlichen noch immer

�unklare Vorstellungen� überNation und Vaterland bestehen. Dieszeigen auch die Ergebnisse hinsicht-lich der Feststellung der Standpunktezur Notwendigkeit einer striktenAbgrenzungspolitik der DDRgegenüber der Bundesrepublik. Nurein Drittel der Probanden sah dies als�vollkommen� notwendig an, dieMehrheit �mit gewissen Einschrän-kungen� und etwa ein Viertel derBefragten war der Meinung, dass�kaum� oder �überhaupt nicht� derBedarf für eine derartige Politikbestehe. Den Grundlagenvertragzwischen beiden deutschen Staatenbetrachteten nur etwa die Hälfte derJugendlichen als ein deutlichesErgebnis der �Politik der konsequen-ten Abgrenzung vom Imperia-lismus� - und somit von der BRD -durch die DDR. Bezüglich der allge-meinen �Entwicklung des Feindbil-des� der jungen DDR-Bürger ver-gleicht die Untersuchung die Wertevon 1973 mit solchen aus dem Vor-jahr. Danach gaben 1972 60 % derFacharbeiter, 58 % der Lehrlinge und52 % der Studenten an, die Feindedes Sozialismus genau zu kennen.1973 sollen 74 % der Facharbeiter, 76% der Lehrlinge und 62 % der Stu-denten dieser Ansicht gewesen sein.Weitere Ergebnisse der Untersu-

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factum Wehrunterricht

chung - die eigentlich in einigenBelangen im Widerspruch zu dengerade dargestellten Werten liegen -weisen noch stärker darauf hin,�dass bei einer nicht unbeträcht-lichen Anzahl Jugendlicher in Dis-kussionen über die gegenwärtigenund zukünftigen Beziehungen derbeiden deutschen Staaten derGedanke einer Wiedervereinigungnach wie vor präsent ist�. 38 % derFacharbeiter, 45 % der Lehrlingeund 37 % der Studenten antworte-ten auf die Frage - ob es noch einmalzu einer Vereinigung zwischen bei-den deutschen Staaten kommenwird - mit �ja�. Lediglich 35 % derjungen Arbeiter, 36 % der Lehrlingeund 37 % der Studenten waren derMeinung, dass dies nicht mehr derFall sein wird. Mehr als die Hälfteder Befragten gaben sogar an,dass sie eine WiedervereinigungDeutschlands begrüßen würden. Inder Sichtweise der Untersuchungzeigten sich bei 25 % der jungenFacharbeiter, 8 % der Lehrlinge und6 % der Studenten - die eine Wieder-vereinigung für möglich hielten -besondere Defizite in der patrio-tisch-sozialistischen Einstellung. Siesagten für den zukünftigen Staatsowohl imperialistische wie sozialis-tische Merkmale vorher. Jeweils 1 %der Lehrlinge und Studenten warensogar der Meinung, dass das geeinteDeutschland ein imperialistischerStaat sein würde.

Die Studie begründet diese fürdie SED alarmierenden Daten (�DieWerte müssen sehr ernst genommenwerden.�) vor allem mit �Illusionenüber die Rolle der SPD als Regie-rungspartei in der BRD�, der sozial-demokratischen Deutschland- undOstpolitik sowie mit der Person Wil-ly Brandts. Illustriert wird diese letzteBewertung noch durch eine in dieUntersuchungsbögen eingearbeiteteoffene Frage, bei der die Jugend-lichen den Namen einer Persönlich-keit nennen sollten, die sich �in denletzten Jahren um den Frieden in derWelt und um die Völkerverständi-gung besonderes verdient gemachthat.� 12 % der Lehrlinge und Studen-ten sowie 14 % der Facharbeiterschrieben hier den Namen Brandtnieder. Bezieht man in diesenZusammenhang noch den Umstandmit ein, dass mehr als ein Drittel derProbanden hier keine Antwort gab,werden diese Prozentzahlen nochfrappierender.

Eine andere Ursache für diebeunruhigenden Ergebnisse sah dieUntersuchung in den �bedeutsamenVeränderungen im internationalenKlima�, wie sie etwa an der �Durch-führung der 1. Phase der Europäi-schen Sicherheitskonferenz� sicht-bar wurden. Als Schlussfolgerungenihrer Studie gibt das Papier des Zen-tralinstitutes für Jugendforschung an(Friedrich, 1973):

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�...Erfolge bei der konsequentenDurchsetzung der Politik der fried-lichen Koexistenz dürfen unterkeinen Umständen zu einem Nach-lassen der ideologischen Ausein-andersetzung mit dem Imperialismusführen. An der ideologischen Frontherrscht keine Waffenruhe. (...) Dasgilt besonders für die Auseinander-setzung mit dem Sozialdemokra-tismus in der BRD.�

Als Konsequenz ihrer Untersu-chungen forderte die Arbeitsgruppedes Zentralinstitutes für Jugendfor-schung um Walter Friedrich, denOrganisationsgrad der SED bei denJugendlichen zu erhöhen, da bei denjungen Genossen die besten Ergeb-nisse festgestellt werden konnten.Desweiteren sollte durch eine Ver-stärkung der politisch-ideologischenArbeit klar gemacht werden, �dass inder DDR die nationale Frage endgül-tig im Sinne der historischen Missionder Arbeiterklasse gelöst wurde unddass die sozialistische Nation in derDDR im unüberbrückbaren Gegen-satz zur alten, in der BRD fortbeste-henden bürgerlichen Nation steht.(...) Dabei kommt es vor allem daraufan, die Demagogie durchschaubar zumachen, die dahinter stehendenAbsichten zu entlarven und dem

imperialistischen Wunschdenkeneine klare und parteiliche sozialisti-sche Alternative entgegenzuhalten.�

Ein weiterer Bericht - der etwabei Verteidigungsminister Hoff-mann mit zu seiner Einschätzungvom mangelnden �Freund-Feind-Bild� bei vielen Jugendlichen beige-tragen haben dürfte - ist ein Infor-mationsschreiben des Zentralratesder FDJ an das Politbüro des Zen-tralkomitees von 1974. In diesemSchreiben wird festgestellt, dass esvielen jungen Menschen in der DDRSchwierigkeiten bereite, �die kon-kreten internationalen Ereignisseder Klassenauseinandersetzung zwi-schen Sozialismus und Imperia-lismus immer ausgehend vom Cha-rakter unserer Epoche zu beurteilenund die Dialektik des Klassenkamp-fes zu erfassen�. Ein �beträchtlicherTeil� der jungen Leute würde nichtkonsequent genug die �imperialisti-sche Entwicklung� in der Bundesre-publik verurteilen. Bei vielenJugendlichen blieben noch immerdie �Parolen des Gegners� vomFortbestand der �Einheit derNation� und den �besonderenBeziehungen� zwischen der DDRund der BRD nicht ohne Wirkung.Auch würde es der jungen Genera-

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factum Wehrunterricht

tion mitunter schwer fallen, �dasreaktionäre Wesen des Imperia-lismus zu erkennen, wenn es durcheine raffinierte Propaganda ver-schleiert wird�, wie dies etwa beimWestfernsehen der Fall sei.

Ebenfalls 1974 stellte der im ZKder SED für Jugendfragen zuständigeSekretär Paul Verner in einem Ent-wurf zu einem Referat an der FDJ-Jugendhochschule �Wilhelm Pieck�fest, � dass der USA Imperialismusunter den Jugendlichen nicht mehr soentschieden verurteilt wird, wie zurZeit der Aggression in Vietnam.�

Auf die Probleme der Abschwä-chung des sozialistischen Patrio-tismus und der gesunkenen Ausprä-gung eines klaren Feindbildes imZusammenhang mit dem internatio-nalen Entspannungsprozess und dendamit verbundenen �taktischenWendungen der eigenen Politik�machte auch ein Schreiben der Abtei-lung Jugend des ZK vom 20. Januar1975 aufmerksam. Von den Jugend-lichen würden die �aggressiven Ten-denzen des Imperialismus� unter-schätzt, heißt es darin, was sich z.B. inihrer mangelnden Bereitschaft �zurStärkung der Armee� zeige.

Ein Beweis dafür, wie sehr derSED-Spitze die Defizite der eigenenJugend auf den Nägeln brannten undwie peinlich sie ihr gegenüber den

anderen sozialistischen Staatenwaren, ist ein Informationspapier desZK über die Mitarbeit der DDR aneiner Untersuchung der internatio-nalen Problemkommission �DieArbeiterklasse im weltrevolutionärenProzess�. Bei diesem Projekt - andem neben der DDR auch dieUdSSR, die VR Ungarn, die VR Bul-garien, die CSSR und die VR Polenbeteiligt waren - sollte es auch umden Stand der patriotisch-sozialisti-schen Entwicklung der Jugendlichengehen. Dieser sollte mit Hilfe vonweitestgehend einheitlichen Frage-bögen bei Jugendlichen im Alter von16 bis 25 Jahren in den beteiligtenLändern festgestellt werden. VomVertreter der DDR in dieser Kom-mission (Werner Gerth) wurdejedoch eine solche Vorgehensweiseund insbesondere der damit verbun-dene Austausch des Datenmaterialsunter Berufung auf einen Beschlussdes ZK der SED strikt abgelehntund stattdessen die Bedeutung einerstärkeren �theoretischen Arbeit� fürdas Gesamtkonzept des Projektesbetont. Vor allem der sowjetischeVertreter (Prof. Schubkin) und derungarische Vertreter (Dr. Gazso)übten dem Papier zu Folge scharfeKritik an dieser Verweigerungshal-tung der DDR.

Dass sich das SED-Regime vonder Einführung des Wehrunterrich-tes eine Verbesserung der politischen

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Einstellung der Jugendlichen in sei-nem Sinne versprach, zeigt auch einText von Günther aus dem Jahre1983 mit dem Titel �Zur weltan-schaulichen Fundierung der patrioti-schen und internationalistischenErziehung der Schüler�. Der Vize-präsident der Akademie der Pädago-gischen Wissenschaften der DDRäußerte darin ( Günther 1983: S. 43):�Wir gingen bei unseren Untersu-chungen von der Erkenntnis aus,dass sich patriotisches und interna-tionalistisches Denken und Handelnim Prozess der aktiven, pädagogischgeführten Tätigkeit der Schüler aus-bildet und entwickelt.�

Hinweise darauf, dass sich dieFeststellung von Mängeln der Ju-gendlichen hinsichtlich der Ausprä-gung eines klaren �Freund-Feind-Bild(es)� nicht nur auf die Gegneraußerhalb der Grenzen der DDRbezogen und die SED-Führung dieVerstärkung der ideologischenIndoktrination der Schüler auch ausinneren Gründen für notwendigerachtete, geben z.B. einige in densiebziger Jahren entstandene Texteund Referate von Volksbildungsmi-nisterin Margot Honecker. So berich-tet die Ministerin in einer Arbeit fürdas Jahrbuch der Akademie der

Pädagogischen Wissenschaften derDDR von 1974, dass noch immer�Überreste des Alten im Denken undin der Verhaltensweise� (HoneckerM. 1974: S. 25 f.) von DDR-Bürgernzu beobachten seien. Die Ausein-andersetzung mit diesen �Einflüssender bürgerlichen Ideologie� mache eserforderlich, �der Schuljugend nochbesser unsere sozialistische Weltan-schauung zu vermitteln...� In diesemSinne äußerte sich Frau Honeckerauch in der Folgezeit und referierteetwa auf dem IX. Parteitag der SED1976 (Honecker, M. 1977: S. 22 f.):�Wir müssen die Jugend zu einerrevolutionären Ungeduld gegenüberallem erziehen, was nicht in unsereZeit passt. (...) Unsere Erziehungmuss darauf gerichtet sein, dass dieJugend für das Neue, Vorwärtsdrin-gende eintritt, dass sie zum aktivenHandeln und nicht zu passivenBetrachtern oder zu Kritikasternerzogen wird.�

Dass mit der Bekämpfung vonallem, �was nicht in unsere Zeitpasst� auch Oppositionelle wie Bah-ro, Havemann oder Biermanngemeint waren, wird etwa in einerRede der Volksbildungsministerin1978 auf dem VIII. PädagogischenKongress der DDR deutlich, in der

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factum Wehrunterricht

sie in diesem Zusammenhang vonder �Betrachtungsweise weniger,dem Sozialismus Abtrünniger�(Honecker M. 1980: S. 24) sprach.

Einen deutlichen Hinweissowohl auf die Bedeutung, die maninnerhalb der SED-Führung demProblem der Opposition beimaß, alsauch auf die Konsequenzen, die sichfür das Regime daraus ergaben, gabauch der Generalsekretär der SED.Erich Honecker sagte 1975 im Neu-en Deutschland (zitiert von Spitt-mann 1990: S. 48 f.):�Gewiss gibt es auch bei uns hier undda noch Menschen, die den Sinnunseres Wirkens noch nicht odernoch nicht voll erfassen. Ereignisseaus dem Alltag, die unserer Sachenicht dienen und schon nicht mehrzum Alltag gehören dürften, verdun-keln noch ihre Gedanken und Gefüh-le. Man trifft auch jene traurigenGestalten, die einer uns feindlichenPropaganda auf den Leim gehen. (...)Was uns betrifft, so betrachten wir dieDinge vom Standpunkt der Ausein-andersetzung mit der feindlichen Ide-ologie, die wir in unserer Arbeit stetsberücksichtigen.�

Diese stetige �Berücksichtigung�und �Auseinandersetzung� mit der�feindlichen Ideologie� zeigte sichnur kurze Zeit später einerseits amverstärkten Vorgehen gegen Oppo-sitionelle (z.B. Ausbürgerung Bier-

manns 1976 oder Verhaftung Bahros1977) und auf einer anderen Schienean der Verschärfung der ideologisch-propagandistischen Erziehungsar-beit in Form der Etablierung einesUnterrichtsfaches zur Wehrerzie-hung.

Neben den politisch-ideologi-schen Aspekten der Einführung desWehrunterrichtes - und der damitverbundenen verstärkten propagan-distischen aber auch disziplinieren-den Erziehungsarbeit - kommt indiesem Zusammenhang auch demAuftreten von - in den Augen derMachthaber - �individualistischen�,�kleinbürgerlichen� oder �asozia-len� Verhalten bei vielen Jugend-lichen in der DDR am Beginn und inder Mitte der siebziger Jahre einigeBedeutung zu. In zeitlicher Verzöge-rung hatten Elemente der westlichenJugendkultur - wie etwa die der Hip-pies oder der 1968er Protestbewe-gung - auch den Weg in die DDRgefunden und irritierten die Partei-führung, der - trotz einer jugendpoli-tischen Liberalisierung am Beginnder Honecker-Ära - viel an der mora-lisch sauberen jungen �sozialisti-schen Persönlichkeit� lag. So moti-vierte das �Macht kaputt was euchkaputt macht� (Ton, Steine, Scher-ben) auch die Jugendlichen in derDDR und ließ sie auf dem Weg zuroder von der Diskothek Straßenlater-nen oder Gartenzäune zertrüm-

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mern. Im Juli 1976 fühlte sich dieSED-Spitze von einem Rockfestivalanlässlich der 1000-Jahr-Feier vonAltenburg brüskiert. Dabei waren diepopulärsten Rockgruppen des Landesaufgetreten, was Jugendliche aus dergesamten DDR angezogen hatte. AmRande dieser Veranstaltung konsu-mierten viele dieser jungen Leute gro-ße Mengen Alkohol, badeten nackt imSchlossteich oder liebten sich in denBlumenrabatten. Die Staatsmachtgriff zunächst in Form der Polizeigegen diese �Gammler� ein. Da sichderartige Ereignisse aber häuften,begann innerhalb der Apparate von

SED, FDJ und MfS ein angestrengtesNachdenken darüber, wie diese Ent-wicklung insgesamt gestoppt werdenkann. Neben der Betonung der stärke-ren körperlichen Arbeit in der �mora-lisch-sittlichen Erziehung (...), damitsie (die Jugend) lernt, wie materielleWerte entstehen, damit sie lernt, mate-rielle Werte zu schätzen� (HoneckerM. 1981: S. 20), ist es sehr wahrschein-lich, dass sich das Regime auch durchdie disziplinierenden Wirkungen mili-tärischer Übungen und Ordnungsnor-men im Wehrunterricht eine Hilfe beider Lösung dieser Problemstellungenerhoffte.

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factum Wehrunterricht

Bereits das erwähnte Papier vonGünther aus dem Jahre 1973 nennthinsichtlich der inhaltlichen wie zeit-lichen Ausgestaltung des Wehrunter-richtes erste grundsätzliche Vorstel-lungen. Die erste darin vorgestellteinhaltliche Variante beschreibt denCharakter der vormilitärischen Aus-bildung in den Klassen 9 und 10 alsden einer Grundausbildung, an diesich in der Berufsausbildung bzw. ander Erweiterten Oberschule - wiebereits etabliert - die Laufbahnausbil-dung anschließen sollte. Als Alterna-tive dazu schlug der Autor das sowje-tische Programm vor. Das heißt,neben der Grundausbildung solltenden Schülern danach in den letztenbeiden Schuljahren an der POSbereits Elemente der Laufbahnaus-bildung vermittelt werden, an dieman dann während der Berufs- bzw.Abiturausbildung hätte anknüpfenkönnen.

Auch für die zeitliche Eintaktungder anvisierten insgesamt 120 Unter-richtsstunden in den beiden Klassen-stufen hatte Günther zwei Pläneparat. Der erste sah ein bis zweiWochenstunden in den Klassen 9und 10 vor; der Autor macht aberdarauf aufmerksam, dass aufgrundder bereits bestehenden maximalenAuslastung der Stundentafel eine

Entscheidung für diese Variante eineStundenkürzung in anderen Fächernnach sich ziehen müsste. Der zweitePlan unterbreitete für den Wehr-unterricht die Einrichtung vonLagern. Die Gesamtstundenzahl hät-te danach durch ein vierzehntägigesWinterlager in der 9. Klasse und einzehntägiges Sommerlager nach denPrüfungen in der 10. Klasse oder ineinem zweiwöchigen Sommerlagerin der 9. Klasse und einem zehntägi-gen Sommerlager im letzten Schul-jahr absolviert werden können.

Der Verfasser machte bereits zudiesem Zeitpunkt deutlich, dass esaus seiner Sicht für die flächen-deckende Einführung des Unter-richtsfaches unerlässlich sei, dafüreine ordentliche Lehrerausbildungan den Universitäten und Hoch-schulen zu etablieren.

Erst etwa drei Jahre nach diesenersten konzeptionellen Ansätzen fürdas Fach erfolgte am 31. Mai 1976 dieBestätigung eines Arbeitsplanes desZK der SED durch das Politbüro,der die �Einführung des Wehrunter-richtes für die Schüler der 9. und10. Klassen der allgemein bilden-den Polytechnischen Oberschulen�(zitiert von Sachse 1996: S. 259) alsZielstellung festlegte. Es wird in die-

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Die Einführung des Faches

sem Zusammenhang deutlich, dassdie DDR-Führung die empörtenund protestierenden Reaktionenetwa der Kirchen oder der westdeut-schen Öffentlichkeit vorhersah. Sowurden die Pläne für den Wehrunter-richt erst dann aus den Aktenschrän-ken geholt, als wichtige und sensiblepolitische Ziele - wie die endgültigeEtablierung auf der internationalenBühne (Grundlagenvertrag mit derBRD, UNO-Mitgliedschaft, KSZE-Beteiligung) oder die Entwicklungund Festigung der Beziehungen zurEvangelischen Kirche - in trockenenTüchern waren.

Die Verantwortung für die Aus-führung des Vorhabens wurde demMinister für Volksbildung, demMinister für Nationale Verteidigungund der Abteilung Volksbildung desZentralkomitees der SED überge-ben. Am 25. August 1976 bestätigtedas Sekretariat des ZK eine ersteKonzeption dieser Gruppe. Danachsollte der Wehrunterricht mit einerSteigerung von 20 % pro Jahr von1978 bis 1983 nach und nach an allenSchulen der DDR eingeführt wer-den. Für die flächendeckende Eta-blierung des Faches errechnete manzu diesem Zeitpunkt einen Bedarfvon 5000 Lehrkräften. Finanziell

wurden 1977 zunächst 500.000 Markbereitgestellt. Bis 1983 sollte sich dieSumme auf 55 Mio. Mark jährlicherhöhen. Das Sekretariat des ZKbeschloss an diesem Tag zudem dieErarbeitung eines �Maßnahme-plan(s) zur ideologischen Vorberei-tung�, der auch den Entwurf vonArgumentationslinien für die öffent-liche Begründung des Unterrichtsfa-ches vorsah.

Ein Beschluss des Ministerratesder DDR über die Konzeption zurEinführung des Wehrunterrichteserfolgte erst am 21. 10. 1976. Zu die-sem Zeitpunkt war sowohl die juristi-sche Vorbereitung wie die Findunggeeigneten Lehrpersonals bereitsrecht weit vorangeschritten. Etwa dieHälfte der für den Start 1978 benö-tigten eintausend Lehrkräfte hatteman schon gefunden. Sie wurdenin Ottendorf in einer ehemaligenSonderschule der SED-Bezirks-leitung Dresden ausgebildet. ImNovember 1976 erhielten die Direk-torinnen und Direktoren der Poly-technischen Oberschulen erste Hin-weise über die anvisierte Einführungdes Faches. Am 1. Februar 1978 wur-de schließlich �die Direktive desMinisteriums für Volksbildung zurEinführung und Gestaltung des

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factum Wehrunterricht

Wehrunterrichtes an den allgemeinbildenden Polytechnischen Ober-schulen� (MfV 1. 2. 1978) erlassen.

Sahen die Vorschläge Günthersvon 1973 noch vor, für die Einord-nung des Wehrunterrichtes in dieStundentafel entweder eine normaleUnterrichts- oder eine Lagervariantezu verwenden, war der letztendlichmit dem Schuljahr 1978/79 an denSchulen etablierte Unterricht eineMischform zwischen beiden. Diese -auch den bereits überfüllten Stun-denplänen der Klassen 9 und 10geschuldete - Variante umfasste fürdie 9. Klassenstufe vier Doppelstun-den zu �Fragen der sozialistischenLandesverteidigung�, die von Jungenund Mädchen gemeinsam absolviertwurden und die bis zum Beginn derFrühjahrsferien in den normalenUnterrichtsplan integriert werdenmussten. Dazu fand für die Jungenunmittelbar vor den Sommerferiendie �Wehrausbildung im Lager� statt.Sie beinhaltete insgesamt 12 Ausbil-dungstage zu je 8 Stunden. Für alleMädchen und die Jungen, die nichtam Wehrausbildungslager teilneh-men wollten*, wurden �LehrgängeZivilverteidigung� mit 12 Ausbil-dungstagen zu je 6 Stunden ausge-richtet. Bei der �Wehrausbildung im

Lager� wurden alle Teilnehmer einesKreises, einer kreisfreien Stadt odereines Stadtbezirkes in einem Camp(das möglichst im jeweiligen Gebietliegen sollte) zusammengefasst. DieLeitung eines solchen Lagers lag inden Händen des entsprechendenGebietsverantwortlichen für denWehrunterricht. Die Zivilverteidi-gungsausbildung fand hingegen inder Regel auf dem Gelände und imUmfeld der Schule statt.

Der Plan für die 10. Klassenumfasste noch einmal vier Doppel-stunden �zu Fragen der sozialisti-schen Landesverteidigung� sowiedrei �Tage der Wehrbereitschaft� mit18 Stunden für alle Schülerinnen undSchüler. Waren ansonsten die Teilele-mente des Wehrunterrichtes termin-lich in die Unterrichtszeit integriert,fanden die �Tage der Wehrbereit-schaft� in den Winterferien statt(erstmals im Februar 1980).

Insgesamt betrug der zeitlicheUmfang des neuen Faches für dieJungen die am Wehrausbildungslagerteilnahmen 130 Stunden und für dieTeilnehmerinnen und Teilnehmerdes Zivilverteidigungslehrganges 106Stunden. In einem Vergleich desZeitaufwandes - der in den sozialisti-

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* Nach meiner persönlichen Erfahrung war eine Nichtteilnahme am Wehrausbildungslager relativ pro-blemlos durch ein Gespräch mit dem Schuldirektor bzw. einem Schulverantwortlichen für den Wehr-unterricht zu erreichen. Auch Nachfragen bei Freunden und Bekannten bestätigten dies (M. K.).

schen Staaten dem Wehrunterrichteingeräumt wurde - nimmt die DDReinen Mittelplatz ein. In der CSSRumfasste das Fach insgesamt 100Stunden und in der VolksrepublikPolen 32 Stunden. Dagegen musstendie sowjetischen Jungen 40 und dieMädchen 32 Stunden mehr als dieSchüler und Schülerinnen in derDDR absolvieren.

Zur personellen Absicherungdes Unterrichtsfaches wurden bisFebruar 1980 960 Lehrer bei denRäten der Kreise eingestellt. 49,8 %dieser waren bereits vorher im Volks-bildungsbereich tätig gewesen, 33,4 %kamen unmittelbar aus der NVAoder den Grenztruppen und 16,8 %waren Offiziere der Reserve, die manaus anderen Bereichen gewonnenhatte. Eine ordentliche, an denHochschulen und Universitäten eta-blierte Lehrerausbildung - wie sievon Günther (1973) und auch vonder Forschungsgruppe Wehrerzie-hung/Wehrunterricht (1979) gefor-dert worden war - gab es bis zumEnde des Faches jedoch nicht. Auchdie - etwa in der UdSSR vorhandene -Benotung des Unterrichtes wurde inder DDR nicht berücksichtigt. AlsLehrbuch für den Wehrunterrichtverwendete man zunächst für beide

Klassenstufen den �WissensspeicherWehrausbildung�, aus dessen Benut-zungshinweisen man erfährt, dass ereigentlich nur für die 1973 eingeführ-ten �Arbeitsgemeinschaften Wehr-ausbildung� entwickelt worden war.Am Beginn der achtziger Jahre gabman dann mit dem Buch �Sozialisti-sche Landesverteidigung. Stoff-sammlung für die Klassen 9 und 10�eine etwas gekürzte, aber in Strukturund Wortlaut mit dem �Wissensspei-cher Wehrausbildung� weitestge-hend übereinstimmende Lehrbuch-variante heraus. Damit hofften dieVerantwortlichen im Ministerium fürVolksbildung oder bei der Akademieder Pädagogischen Wissenschaften,die riesige Stofffülle der �Fragen dersozialistischen Landesverteidigung�besser handhaben zu können. Da esbis zum Ende des Unterrichtsfaches1989 dafür keinen bündigen Lehr-plan gab, kann die Grundstrukturdieser Bücher auch als inhaltlicherLeitfaden des Faches gewertet wer-den. Neben den Lehrbüchern fan-den auch Filme, Dias, Landkartenund andere Hilfsmittel ihre Anwen-dung im Unterricht. Insgesamt istaber festzustellen, dass das Fach nieüber den Charakter des Provisori-schen und Unausgereiften hinauskam.

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factum Wehrunterricht

Die Teilnahme am Wehrunter-richt war für alle Schülerinnen undSchüler obligatorisch, und eineNichtteilnahme sollte eigentlich alsVerweigerung der Schulpflichtgewertet werden. Robert Goeckelerwähnt aber in seiner Arbeit �The-sen zu Kontinuität und Wandel derKirchenpolitik der SED� von 1996,dass es aufgrund des Protestes derKirchen zu einer Regelung des SED-Regimes mit diesen gekommen ist,wonach christliche Kinder vomWehrunterricht befreit werden konn-ten, wenn deren Eltern dies aus-drücklich forderten. Der Autorbelegt in seinem Text diese Aussageleider nicht mit entsprechendenQuellen. Dass es eine solche Rege-lung aber gegeben hat, wurde aberauch vom ehemaligen Leiter desWehrunterrichtes im Kreis Jena-Land (Herr Kahlhöfer) bestätigt.

In der Folge der Einführung desneuen Unterrichtsfaches wurden abdem Schuljahr 1979/80 die Hans-Beimler-Wettkämpfe für die Schüle-rinnen und Schüler der 9. und 10.Klassen abgeschafft und nur noch inden 8. Klassen durchgeführt.

Bei der inhaltlichen Gliederungdes Wehrunterrichtes kann ein wehr-politisch-propagandistischer Teilund ein auf die praktische vormilitä-rische Ausbildung ausgerichteterAbschnitt unterschieden werden.

Erstgenannter stand im Mittelpunktder insgesamt 8 Doppelstunden�zu Fragen der sozialistischen Lan-desverteidigung�. Die praktischeAusbildung fand in den Wehrausbil-dungslagern bzw. bei den Lehrgän-gen zur Zivilverteidigung statt. Diedrei �Tage der Wehrbereitschaft� bil-deten den Abschluss des gesamtenUnterrichtsprogramms. Hier solltendie Jugendlichen - teilweise in Wett-kampfform - ihr Wissen und Kön-nen aus beiden Ausbildungsberei-chen nachweisen.

Am Beginn des Abschnittes derwehrpolitisch-propagandistischenAusbildung stand die Auseinander-setzung mit grundlegenden Theo-rien und Teilelementen des Kriegesund der Militärwissenschaft. Es wur-de dargestellt, wie Marx, Engels undLenin die klassischen Theorien desKrieges (z. B. die von Clausewitz)aufgegriffen und für die Belange derkommunistischen Ideologie bearbei-tet hatten. Von dieser theoretischenBasis aus ging man dann zu aktuellenBezügen über. So unterschieden dieLehrbücher �Wissensspeicher Wehr-erziehung� und �Sozialistische Lan-desverteidigung� etwa - �gesetzmä-ßig� - gerechte und ungerechteKriege (Hanisch u. a. 1979: S. 10.,Hanisch u. a. 1983: S. 7):�Gerechte Kriege sind daher:� Kriege zur Verteidigung des Sozia-

lismus,

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� revolutionäre Bürgerkriege,� nationale Befreiungskriege koloni-

aler und abhängiger Länder,� Kriege zur Verteidigung unabhän-

giger junger Nationalstaaten,� Befreiungskriege der Völker kapi-

talistischer Länder, die Opfer einerimperialistischen Aggression wur-den. (...)

Ungerechte Kriege sind:� Kriege imperialistischer Staaten

gegen sozialistische Länder,� Bürgerkriege der Bourgeoisie und

anderer reaktionärer Kräfte gegendie sozialistische Bewegung desProletariates und seiner Verbünde-ten sowie gegen revolutionär-demokratische Bewegungen derVolksmassen,

� Kolonialkriege des Imperialismus,� Kriege des Imperialismus gegen

junge Nationalstaaten,� Raubkriege imperialistischer Staa-

ten gegen schwächere kapitalisti-sche Länder,

� Eroberungskriege zwischen impe-rialistischen Staaten.�

Die Autoren der Lehrbücher fuh-ren nun fort, �Die Politik der fried-lichen Koexistenz und die Existenzsozialistischer Streitkräfte� als eine�untrennbare Einheit� zu beschrei-ben. Dagegen trage der Imperia-

lismus, �solange er existiert, in Formder Monopolherrschaft die gesetz-mäßigen Ursachen des Krieges undden Drang nach Aggression in sich.Krieg, Raub und Unterdrückung ent-springen (...) (seinen) innerstenWesenszügen...� Es wurde versuchtzu vermitteln, dass nur ein starkessozialistisches Verteidigungssystemunter der Führung der Sowjetuniondiesen �innersten Wesenszügen desImperialismus� paroli bieten undeinen Krieg verhindern kann.

Nach dieser grundsätzlichen -Gut und Böse - Absteckung der Cha-rakterzüge beider Weltsysteme hofftedas Autorenkollektiv anhand vonBeispielen nachweisen zu können,dass der eigene Militärapparat inder �Tradition der deutschen Arbei-terklasse� stünde, während die Bun-deswehr oder die Bundesmarineimperialistischen und faschistischenTraditionen folge. So wurden etwa dieNamensgebungen eines Torpedo-Schnellbootes der Volksmarine mitdem eines Lenkwaffenzerstörers derBundesmarine verglichen. Das DDR-Boot �trägt den Namen �Fritz Heck-ert�, eines hervorragenden Kämpfersfür die Sache der Arbeiterklasse, einesMittbegründers der KPD.� Das Boot�der Bundesmarine der BRD trägt

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factum Wehrunterricht

den Namen �Lütjens�. Admiral Lüt-jens war Kommandant des faschisti-schen Schlachtschiffes �Bismarck�,sein �beispielhafter Durchhaltewille�kostete 2000 Seeleuten im 2. Welt-krieg das Leben.� Die Gegenüber-stellung von �friedlicher�, �sozia-listischer Verteidigungspolitik� imRahmen der NVA und des War-schauer Vertrages sowie �aggressi-ver�, �imperialistischer Militärma-schinerie� der Bundeswehr und derNATO zog sich nun wie ein roterFaden durch das Unterrichtspro-gramm. Damit verfolgte man dasZiel, die Jugendlichen davon zu über-zeugen, dass trotz aller Ost-West-Annäherung es zu keinem Nachlas-sen sowohl des militärischen wie auchdes ideologischen Engagementskommen dürfe. �Illusionen überBundeswehr und NATO (seien) völ-lig unangebracht...� (Hanisch u. a.1979: S. 44, Hanisch u. a. 1983: S. 36).Dass der wehrideologich-propagan-distische Teil des Wehrunterrichtesauch die Defizitinformationen - hin-sichtlich der patriotisch-ideologi-schen Situation der Jugendlichen -berücksichtigte, beweist die ausführli-che Behandlung von Formen �ideo-logische(r) Diversion� in den Lehrbü-chern (Hanisch u.a. 1979: S. 45,Hanisch u. a. 1983: S. 36):�Die ideologische Diversion ist eineHauptform des Klassenkampfes desImperialismus gegen die Völker dersozialistischen und antiimperialisti-

schen Staaten, die� auf die Zersetzung des sozialisti-

schen bzw. antiimperialistischenBewusstseins dieser Völker,

� auf die Verbreitung und Konser-vierung von imperialistischer Ideo-logie und speziell gegenüber densozialistischen Staaten auf dieErzeugung antisozialistischer Ein-stellungen und Handlungen sowieinsbesondere auf die Unterminie-rung der Einheit der sozialisti-schen Staatengemeinschaft gerich-tet ist;

� sich dazu vielfältiger Formen,Methoden und Mittel der politisch-ideologischen Bewusstseinsmani-pulierung bedient.�

Die ideologische Einflussnahmeder westlichen Welt auf den Sozia-lismus sei �staats- und völkerrechts-widrig, offen aggressiv und vielfachsubversiv.� Sie versuche, die zwi-schen Ost und West abgeschlosse-nen Verträge in ihr Gegenteil umzu-wandeln. Desweiteren missbrauchediese Form der ideologischen Ein-flussnahme �religiöse Gefühle eben-so wie entwicklungsbedingte Einstel-lungen und Verhaltensweisen derJugend, wie Musikinteressen, starkausgeprägtes Informationsbedürf-nis, politische Unerfahrenheit usw.�Die feindlichen Kräfte würden alleMöglichkeiten mündlicher, schrift-licher oder visueller Art nutzen, umdie ideologische Diversion zu betrei-

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ben und ihre Ziele zu erreichen . Dies�muss - gestützt auf die Überlegen-heit der marxistisch-leninistischenIdeologie und des realen Sozialismus- offensiv zerschlagen werden...�

Ein weiterer Schwerpunkt desTheorie-Abschnittes des Wehrunter-richtes bildete die Vermittlung vonBasiskenntnissen über die Strukturder NVA und der Grenztruppen derDDR. Spätesten hier wird ein Haupt-problem des Unterrichtsfaches deut-lich. Die anvisierte Stofffülle war -auch nach der Kürzung des Lehrbu-ches - kaum in den insgesamt 8 Dop-pelstunden abzuarbeiten; zumalnoch in Rechnung gestellt werdenmuss, dass der Unterricht in großenzeitlichen Abständen stattfand unddie Schülerinnen und Schüler - da esja keine Benotung gab - kaum diebehandelten Unterrichtsinhalte zuHause wiederholten.

Die Wehrausbildung im Lagerhatte eine praktisch-militärischeGrundausbildung (einschließlich derGrundelemente militärischer Ord-nung und Disziplin sowie des Trai-nings der körperlichen Leistungsfä-higkeit) als Zielstellung. Über denCharakter einer solchen Ausbildunggibt die im Januar 1979 vom Ministe-

rium für Volksbildung erlasseneLagerdirektive Auskunft (zitiert vonSachse 1996: S. 263):�Die pädagogische Arbeit währendder Wehrausbildung im Lager ist aufdie Herausbildung solcher Persön-lichkeitseigenschaften wie Mut, Dis-zipliniertheit, Kameradschaft, Aus-dauer, Ehrlichkeit und Solidaritätauszurichten.� Dabei sei �eine straffeDisziplin und Ordnung zu fordernund durchzusetzen.�

Neben dem Fachgruppenleiterbzw. Ausbildungsleiter des Kreisesund weiteren Lehrern wurden in die-sen Lagern meist Offiziersschüler alsAusbilder eingesetzt. Unter derenAnleitung absolvierten die Schüleru. a. militärische Geländeübungen,das Anlegen von Feuerstellen oderdas Marschieren als Einzelner, in derGruppe und im Zug. Desweiterenstand ein Erste-Hilfe-Kurs, derSchutz vor gegnerischer Waffenwir-kung sowie die Schießausbildung mitder KK-MPi 69 auf dem Programm.

Wie bei der Ausbildung im Wehr-lager hatte man auch für den ZV-Lehrgang durch das Tragen von Uni-formen oder das Marschieren inmilitärischer Formation die Anerzie-hung von straffer Disziplin beabsich-

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factum Wehrunterricht

tigt. Ähnlich den entsprechendenLehrgängen in der Berufs- bzw.Abiturausbildung standen hier dieElemente der Schutzausbildung(Einrichten eines Atomschutzbun-kers, Verhalten beim Einsatz biologi-scher und chemischer Waffen etc.)und der Sanitätsausbildung imVordergrund. Zudem fanden auch indiesem Rahmen Geländeausbildun-gen sowie Übungen zur Stärkung desphysischen Leistungsvermögens statt.Neben Lehrerinnen und Lehrernwurden die ZV-Lehrgänge auch vonAngehörigen der Zivilverteidigung,von Mitgliedern der Kampfgruppenoder Offizieren und Unteroffizierender NVA und der Grenztruppengeleitet.

Die für die Ausbildung im Wehr-lager notwendige Lehrbuchgrundla-ge lieferte auch hier der �Wissens-speicher Wehrausbildung�, dessenKapitel 3 bis 8 aus Materialien des�Handbuch(s) Militärisches Grund-wissen - NVA-Ausgabe�, dem�Handbuch für motorisierte Schüt-zen� sowie den �Grundlagen für denGesundheitshelfer� und dem �Lehr-buch für den DRK-Gesundheits-helfer� zusammengesetzt wordenwaren. Der �Lehrgang Zivilverteidi-gung� basierte auf dem Lehrbuch�Zivilverteidigung für Schüler derKlassen 9� sowie den �Unterrichts-hilfen für den Lehrgang Zivilvertei-digung�.

Bei den �Tagen der Wehrbereit-schaft� wiederholten die Schülerinnenund Schüler am ersten Tag die im bis-herigen Unterricht vermittelten Wehr-kenntnisse und -fertigkeiten im Klas-senverband. Der zweite Tag sah dannden Nachweis dieser Kenntnisse undFertigkeiten bei einem �Marsch derWaffenbrüderschaft� vor, bei dem die10. Klassen einer Schule oder - vorallem in ländlichen Gebieten - einesKreises in Wettkampfform gegenein-ander antreten mussten. DerAbschluss der �Tage der Wehrbereit-schaft� - und somit des Wehrunter-richtes an der POS - sollte möglichstam 1. März - dem Tag der NationalenVolksarmee - stattfinden. Meist inForm von Truppenbesuchen wurdehierbei versucht, den Jugendlichen dasLeben in der Kaserne (Essen in derArmee-Kantine, Besichtigung derMilitärtechnik und der Soldatenunter-künfte etc.) sowie die Traditionspflegeder NVA (Teilnahme an einem Jubi-läumsappell) näher zu bringen.

An der Grundstruktur und denwesentlichen Inhalten des Wehr-unterrichtes änderte sich bis zu sei-ner Beendigung 1989 nichts vonBedeutung. Auch die erst in diesemJahr erschienen ersten �Unterrichts-hilfen - Stunden zu Fragen der sozia-listischen Landesverteidigung Klas-sen 9 und 10� brachten nur geringeVerschiebungen innerhalb der Stoff-einheiten mit sich.

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Wie bereits erwähnt, führten schonim Vorfeld der Einführung des Wehr-unterrichtes erste Informationen dar-über zum Protest der Kirchen. Sostellte eine �Orientierungshilfe derKonferenz der Evangelischen Kir-chenleitungen in der DeutschenDemokratischen Republik� in die-sem Zusammenhang die Frage(BEK 14. 6. 1978), �ob eine klareOrientierung auf Erziehung zumFrieden den Vorrang behalten kann,wenn durch eine verstärkte Wehrer-ziehung die Bewusstseinsbildungbeeinflusst wird.� Darüber hinausgaben die evangelischen Kirchenver-treter zu bedenken, dass durch einensolchen Schritt �die Glaubwürdigkeitder Friedenspolitik der DDR� inZweifel gestellt würde. Sie kündigtenfür den Fall der Etablierung desFaches an, die Familien - deren Kin-der aus Gewissensgründen nicht amWehrunterricht teilnehmen würden -zu unterstützen und in ihrem Rah-men �der Gesinnung des Friedensund der Versöhnung Raum (zu)schaffen...� (KEK 14. 6. 1978). Auchdie Katholische Kirche in der DDRreagierte bereits im Juni 1978 mitdeutlicher Kritik auf die Absicht der

SED-Führung und nannte die �mili-tärische Ausbildung von Schülern�mit einer �Erziehung zum Friedennicht vereinbar� (Bengsch 12. 6.1978).

In der Bundesrepublik Deutsch-land werteten erste Veröffentlichun-gen den Wehrunterricht als weitereForcierung der Militarisierung derSchule und der gesamten Gesell-schaft in der DDR. Gleichzeitig sahman darin aber auch ein Eingeständ-nis des Misserfolges der bisherigenideologisch-propagandistischen Er-ziehungsmittel im Osten Deutsch-lands.

Angesichts des Protestes die derWehrunterricht insbesondere aufSeiten der Kirchen auslöste, war dasRegime in der DDR bestrebt, diesenErscheinungen Stimmen der Befür-wortung entgegenzustellen. Soäußerte etwa das Mitglied des katho-lischen Kirchenvorstandes in Worbis(Eichsfeld) Joseph Lackner anläss-lich einer Präsidiumstagung desHauptvorstandes der CDU in derDDR am 1. September 1978, �dassdieser Unterricht in erster Linie dazu

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factum Wehrunterricht

Die Wirksamkeit des Faches

beiträgt, junge Menschen im Rah-men der ganzheitlichen Erziehungzum Frieden noch besser zu befähi-gen, die Ursachen der Kriege, die imimperialistischen System begründetsind, zu erkennen, wie es auch imArbeitsbuch zur Glaubensunterwei-sung von unserer Kirche als Erfor-dernis bezeichnet wird� (Lackner1. 9. 1978).

Zustimmung zum Wehrunter-richt wurde auch aus den Schulen sig-nalisiert. In einem Leserbrief an dieDeutsche Lehrerzeitung lobte etwaeine Pionierleiterin aus Wolfen die-sen Schritt und meinte (DLZ35/1978):�Unsere Zeit braucht junge Men-schen, die bereit sind, ihre sozialisti-sche Heimat zu stärken und sie gegenAnschläge zu verteidigen...�

Wie aus einem Papier des FDJ-Zentralrates hervorgeht, gab es imEinführungsjahr 1978/79 303 Ein-gaben von Eltern, die sich gegen denWehrunterricht wandten. Insgesamt175 - meist aus kirchlichen Eltern-häusern stammende - Schüler blie-ben dem Unterricht fern. Das Papierkommentiert in diesem Zusammen-hang (FDJ Zentralrat, 7. 5. 1980):�Wenn auch der überwiegende Teilder Eltern und Schüler dieser Maß-nahme zustimmte, so ist doch nichtzu übersehen, dass sich ein Teilabwartend verhielt, andere dagegen

Bedenken äußerten und einzelneoffen gegen die Einführung desWehrunterrichtes auftraten.�

Im Schuljahr 1980/81 verweiger-ten im knapp 2 Millionen Einwohnerzählenden Bezirk Karl-Marx-Stadt59 Schülerinnen und Schüler das vor-militärische Unterrichtsfach ganz.

Eine erste Untersuchung derAkademie der Pädagogischen Wis-senschaften - wozu Ergebnisse aus 5Thüringer Schulen zusammengetra-gen wurden - ergab kurz nach derEinführung des Wehrunterrichtesbezüglich des wehrideologischenWissenserwerbes sowie der wehrpo-litischen Einstellung der Jugend-lichen keine Veränderungen zu frü-heren Studien. So wurde dabei etwafestgestellt, dass der �Hass gegen denImperialismus� nicht zufrieden stel-lend vermittelt werden konnte. Auchdie Zahl der Schüler, die sich füreinen militärischen Beruf entschie-den, erhöhte sich nicht.

Während in den siebziger Jahrenin der DDR sich eine Vielzahl vonempirischen Untersuchungen mitder �patriotischen und internationa-listischen Erziehung� beschäftigte,setzten - nach dem derzeitigen Standder Forschung - in den achtziger Jah-ren erst in der Mitte des Jahrzehntsumfassende Untersuchungen zurWirksamkeit des neuen Unterrichts-

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faches ein. Vordem wurden - meistvom Ministerium für Staatssicherheit -nur weitere Daten von Verweigererndes Unterrichtes gesammelt und aus-gewertet. Mit dem NATO-Doppelbe-schluss im Dezember 1979 und seinerAusführung 1983/84 gingen dieseVerweigerungen merklich zurück. DieStaatssicherheit des Berliner Stadtbe-zirkes Weißensee registrierte z. B. anden 33 in ihrem Gebiet befindlichenSchulen von 1980 bis 1985 nur 34 sogenannte pazifistische Proteste vonSchülern; worunter man die Nichtteil-nahme bzw. die verspätete Teilnahmean der Ausbildung, das Tragen pazifis-tischer Symbole oder die Verweige-rung der Schießausbildung verstand.Dieser Dienstelle fielen in dem Zei-traum auch 6 Lehrerinnen und Lehrerauf, die durch das Tragen des Aufnä-hers �Schwerter zu Pflugscharen�oder das Zulassen von Disziplinver-stößen im Wehrunterricht in den Ver-dacht gerieten, zur Opposition zugehören oder mit ihr zu sympathisie-ren. Im Bezirk Magdeburg mit seinenetwa 1,3 Millionen Einwohnern stelltedas MfS in den Jahren 1983 bis 1986pro Jahrgang jeweils 5 bis 7 Schülerin-nen bzw. Schüler fest, die den Wehr-unterricht verweigerten. ÄhnlicheWerte ließen sich auch aus den ande-ren Bezirken nennen.

Dass aber am Beginn der achtzi-ger Jahre aus der Perspektive der Par-tei- und Staatsführung auch mit demWehrunterricht keine Verbesserungder wehrideologisch-patriotischenStandfestigkeit der Jugend in derDDR erreicht werden konnte, zeigtetwa ein Schreiben von General-oberst Keßler an FDJ-Chef Krenzvom 15. 4. 1982, das die Erfahrungender Politischen Hauptverwaltung derNVA bei der �Unterstützung derMitgliederversammlungen der FDJ�zusammenfasste. Darin heißt es(Keßler, 15. 4. 1982):�Einige Jugendliche neigten zuobjektivistischen Betrachtungen beider Beurteilung der Kräfte, die für dieVerschärfung der Lage die Verant-wortung tragen. So wurde dieGefährdung des Friedens sowohl derUSA als auch der Sowjetunion ange-lastet, da sie beide Anlass für diegefährliche Zuspitzung der militär-politischen Situation geben würden.Dabei wurde auf die Unterstützungder USA für die Ereignisse in El Sal-vador, Chile oder Südafrika sowie aufdie militärische Hilfeleistung derUdSSR für Afghanistan verwiesen.Fatalistische Auffassungen, die denNutzen des Kampfes gegen imperia-listische Hochrüstung und für denbewaffneten Schutz der Republik in

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factum Wehrunterricht

Frage stellen, waren in einigen Ver-sammlungen Gegenstand lebhafterDiskussionen.�

Die ersten umfassenden Unter-suchungen - die sich mit der Wirk-samkeit des neuen Unterrichtsfa-ches beschäftigten - waren diepraxisanalytischen Untersuchungenim Lager Wehrausbildung bzw. diedes Lehrgangs Zivilverteidigung(LZV) in Klasse 9, welche durch dieSpezialgruppe der Akademie derPädagogischen Wissenschaften imJahre 1986 durchgeführt wurden. Indie erste Studie wurden insgesamt1040 Schüler aus den KreisenHerzberg, Rudolstadt, Ribnitz-Damgarten, Jüterbog, Halberstadt,Mühlhausen und Fürstenwalde ein-bezogen. Zusätzlich befragte man66 Offiziersschüler und 31 Lehrer.In der allgemeinen Einschätzungwurde der Beitrag der Wehrausbil-dung im Lager zur kommunisti-schen Erziehung der Jungen alspositiv bewertet. Andererseits stell-ten die Forscher heraus, dass denJugendlichen die Anforderungen,die sich aus dem Aufenthalt imLager und aus der Ausbildung erge-ben, durch den Wehrunterricht ander Polytechnischen Oberschule�noch nicht überzeugend genugbewusst gemacht� würden. Nur einTeil der Jugendlichen erfasse den�Bewährungscharakter der Wehr-ausbildung�. Desweiteren wurden

bei einigen Schülern �negative poli-tisch-ideologische Einstellungen�zum Wehrunterricht sowie allge-meine Disziplinprobleme festge-stellt .

Obwohl das Training militäri-scher Disziplin und Ordnung, dieexakte und widerspruchslose Erfül-lung von Befehlen einen Grundpfei-ler der Wehrausbildung im Lager bil-dete, war ein Drittel der Jungen nichtder Meinung, dass diese Elementedie Grundlagen einer Armeestruktursein müssen.

Nur 33 % der Offiziersschüler -die während der beiden Wochen imLager den engsten Kontakt zu denSchülern hatten - werteten den Bei-trag der Ausbildung im Wehrlager�zur Entwicklung und Festigung vonEinstellungen, Haltungen und Ver-haltensweisen zur sozialistischenLandesverteidigung� der Neunt-klässler als groß und sehr groß. 67 %schätzten diesen als zufrieden stel-lend oder gering ein.

Bei den praxisanalytischenUntersuchungen zur Wirksamkeitdes Lehrganges Zivilverteidigung(LZV) in Klassen 9/1986 wurden818 Mädchen und 117 Jungen - ausden selben Kreisen wie bei der Lager-studie - zur Wirksamkeit dieses Lehr-gangs und des gesamten Wehrunter-richtes befragt. Auch hier wurde der

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Beitrag des Lehrganges Zivilverteidi-gung zur kommunistischen Erzie-hung und Allgemeinbildung insge-samt positiv bewertet. 83 % derSchülerinnen hätten sich �vom Sinnund der Notwendigkeit der Zivilver-teidigung durch den LZV� überzeu-gen lassen. 84 % der Jugendlichenäußerten, dass sie durch den Wehr-unterricht ihre �persönlichen Rechteund Pflichten im Rahmen der sozia-listischen Landesverteidigung nunbesser wahrnehmen� könnten. Aufder anderen Seite gaben aber - nachder Ansicht der Untersuchenden -über ein Viertel der Mädchen undJungen bezüglich der Frage nach derUnverzichtbarkeit militärischer Dis-ziplin und Ordnung im LehrgangZivilverteidigung eine �ungenügen-de bzw. keine Antwort, was diesbe-züglich auf gewisse Unklarheitenschließen lässt.� Weiter heißt es dazuim Forschungsbericht (Forschungs-gruppe Wehrerziehung, 1987):�Das Wissen der Schüler über militä-rische Disziplin und Ordnung undihr Verhalten im LZV ergibt ein teil-weise widersprüchliches Bild.�

Obwohl sich aufgrund der nichtübereinstimmenden Fragestellungenkein absoluter Vergleich zu denUntersuchungen aus den siebziger

Jahren herstellen lässt, fallen dochhinsichtlich der allgemeinen Ein-schätzungen der wehrideologischenEinstellungen der Jugendlichen deut-liche Parallelen auf. Die 1986 festge-stellte Unstimmigkeit zwischen allge-mein geäußerter Einsicht in dieNotwendigkeit der vormilitärischenAusbildung, aber nur eingeschränk-ter persönlicher Handlungsbereit-schaft, wurde schon von Günther1973 als Grundproblem der Wehrer-ziehung in der DDR genannt. Auchin Bezug auf die militärischen Fertig-keiten und Kenntnisse der Jugend-lichen konnte das SED-Regimedurch die Einführung des Wehr-unterrichtes offensichtlich keine Fort-schritte erreichen. Die von Karl-Heinz Günther am Beginn dersiebziger Jahre gemachte Feststellung,wonach �unsere Schüler so gut wiekeine Kenntnisse über militär-techni-sche - und -politische Problemehaben�, hätte so auch für die diesbe-zügliche Einschätzung der Situationvon 1986 verwendet werden können.Abgesehen von der Schießausbildung- wo gute Ergebnisse erreicht wordenseien - werden die Kenntnisse undFertigkeiten der Schüler im Wehrlagerbei topographischen Übungen undGeländespielen als bestenfalls zufrie-den stellend, zum Teil als unzurei-

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factum Wehrunterricht

chend bewertet. Die Fähigkeiten derJugendlichen im Bereich �Selbst- undgegenseitige Hilfe� sah man als man-gelhaft an. Ähnliche Bewertungenerfolgten auch bei der Zivilverteidi-gungsausbildung.

Auch in der zweiten Hälfte derachtziger Jahre wuchs die persönli-che Einsatzbereitschaft der Jugend-lichen zur Verteidigung des Sozia-lismus durch die verschärftenvormilitärischen Erziehungsmetho-den des Wehrunterrichtes nicht. Dieszeigt etwa die seit 1985 deutlichansteigende Zahl von jungen Leuten,die das Schießen verweigerten. Regis-trierte man 1984 unter den etwa200.000 Lehrlingen in der DDR 250Schießverweigerer, stieg die Zahl bis1987 um fast 200 % auf 736 an.

Selbst an den Universitäten undHochschulen des Landes regte sichzu dieser Zeit Protest gegen denCharakter und die Inhalte desSystems der Wehrerziehung, obwohldie Zulassung zum Studium nichtzuletzt auch von der Systemakzep-tanz eines jungen Menschen abhing.Einer �Einschätzung der politisch-ideologischen Situation unter denStudenten� für eine erweiterteDienstberatung des Rektors der

Friedrich-Schiller-Universität Jenavom Juni 1989 kann man entneh-men, dass �es in jedem Jahr Eingabenvon Studenten, die Einzelfragen derAusbildung betreffen oder die Aus-bildung in Lagerform generell in Fra-ge stellen�, gab. Konkret wird in demgenannten Papier der Fall von Stu-dentinnen der Sektion Altertumswis-senschaft geschildert, die sich zusam-men mit Kommilitoninnen derPhilosophie geweigert hatten, die�Normprüfung im Schutzmasken-überprüfungsraum abzulegen�, da-raufhin mit der Note 5 bewertetwurden und nun Einspruch gegendiese Behandlung erhoben. Die Stu-dentinnen betonten in ihrer Einga-be, �dass ihr (der ZV) humanisti-sches Ziel - Retten und Helfen -�ihre �volle Unterstützung findet.Deshalb sollte der Realisierung derDRK-Ausbildung als Hauptschwer-punkt der ZV-Ausbildung in derPraxis noch stärker Rechnung getra-gen werden.� Weiter wiesen sie da-rauf hin, �dass wahrscheinlich keineder Teilnehmerinnen in Spezialein-heiten der ZV sein wird...�, obwohldie Gewinnung von Leitungsperso-nal für das System der Zivilverteidi-gung ja ein Hauptziel der ZV-Aus-bildung an den Hochschulen undUniversitäten war.

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Die Oppositionsgruppen im Rah-men der Kirche die während desZusammenbruchs des SED-Regi-mes 1989/90 eine Hauptrolle spiel-ten, hatten zum Zeitpunkt der Wen-de eine Entwicklungsgeschichte vonetwa einem Jahrzehnt durchlaufen.Bis zum Ende der siebziger Jahrebestand die politische Opposition inder DDR aus Einzelpersonen oderkleinen Gruppen. Das Auftreten derFriedensbewegung 1978 - als derersten größeren Oppositionsgruppe- war eine Reaktion auf die Einfüh-rung des Wehrunterrichtes und derweiter anwachsenden Militarisierungder Gesellschaft. Vor allem die Evan-gelische Kirche machte ihre Ankün-digung wahr und bot all jenen (auchNichtchristen) Raum, die sich jen-seits der Vorgaben und der Propa-ganda der SED für den Frieden enga-gieren wollten. Dies bedeutete auch,dass die Möglichkeiten der Kircheetwa in Form von Vervielfältigungs-geräten oder Kopierern für verschie-denartige Publikationen genutztwurden. In diesen forderte man etwadie Abschaffung des Wehrunterrich-tes und die gleichzeitige Einführungeines Faches Friedenskunde. Darü-

ber hinaus verlangte man z. B. dieWeitergabe von Informationen imSchulunterricht über die Möglichkeitdes Dienstes als Bausoldat.

In insgesamt zehn Thesen zurunabhängigen Friedensbewegung inder DDR äußerte sich 1982 DietmarLinke über deren Selbstverständnisund Anliegen. Darin heißt es u.a.(Linke 1982, in Israel 1991: S. 131):�Die unabhängige Friedensbewe-gung ist ein Produkt der gesellschaft-lichen Verhältnisse in der DDR. Dieimmer stärker werdende Militarisie-rung des gesellschaftlichen Lebensund die totale Vereinnahmung undBevormundung des Einzelnen durchdie �Friedenspolitik� der DDR lösteneinen Prozess aus, eine Bewegungdes Protestes, des Suchens nach alter-nativen Wegen zum Frieden.�

Nachdem durch die Friedens-gruppen im größeren Umfang oppo-sitioneller Raum im Rahmen der Kir-chen erschlossen worden war, botensich in der Folge Andersdenkendenauch hinsichtlich anderer Themendort Betätigungsmöglichkeiten. Dieseit längerem in der DDR existieren-

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factum Wehrunterricht

Die Folgen

de Menschen- und Bürgerrechtsbe-wegung fand in der Kirche eineHeimstatt, ebenso wie die Umweltbe-wegung, die besonders nach demAbflauen der europäischen Friedens-bewegung in der Mitte der achtzigerJahre starken Zulauf fand. WeitereGruppen wie die Dritte-Welt-Bewe-gung oder die Emanzipationsbewe-gung von Frauen erreichten zwarnicht den Umfang und die Bedeutungder erstgenannten Gruppierungen,trugen aber insgesamt zum Wachsenund zur Vernetzung der oppositio-nellen Szene bei.

Trotz aller Probleme undSchwierigkeiten die der Oppositions-bewegung auch in Personen einigerKirchenverantwortlicher in den Wegtraten, wuchsen die Gruppen und dieAnzahl ihrer Mitglieder so stark an,dass etwa seit Mitte der achtzigerJahre in diesem Zusammenhangvon einer �zweiten Öffentlichkeit�(Bruckmeier 1993: S. 12) in der DDRgesprochen werden kann. Dieseberuhte auf einem eigenen Informa-tionsnetzwerk, das in Form vonUmweltbibliotheken oder selbst ver-legter Zeitschriften und Infoblätternin Erscheinung trat, sowie verschie-denen von den Gruppen organisier-ten Veranstaltungsformen oderAnsätzen einer wissenschaftlichen

Gegenöffentlichkeit (z. B. wurdenam kirchlichen Forschungsheim inWittenberg Umweltstudien betrie-ben). Zur Charakteristik dieserOppositionsbewegung im Rahmender Kirche - und zu den Hauptsor-gen die sie dem SED-Regime berei-tete - gehörte also nicht nur dieBehandlung von Problemen, dievom DDR-System verursacht oderignoriert wurden, sondern das Ent-stehen eines politischen Sozialisa-tionsraumes, der von den system-eigenen Sozialisationsinstanzen wieder Schule oder der FDJ-Gruppenicht erreicht werden konnte undder im Gegensatz zu ihnen stand.Der Versuch des SED-Staates, dieKontrolle und die Steuerung in die-sem Raum etwa durch den massivenEinsatz von Stasi-Spitzeln zu errei-chen, kann insgesamt als gescheitertbetrachtet werden. Dies zeigt der seit1985 von den Oppositionsgruppenbeschrittene Weg, die zwischenzeit-liche Beschränkung auf kulturelleoder symbolische Aktivitäten (z.B.Baumpflanzungen) zu sprengen und- die Tradition der Friedensbewe-gung fortsetzend - Forderungennach grundlegenden wirtschaft-lichen, gesellschaftlichen und politi-schen Reformen zu stellen, der vonden eingeschleusten IMs nicht ver-hindert werden konnte.

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Mit der Einführung des Wehrunter-richtes am 1. September 1978 an denPolytechnischen Oberschulen in derDDR erreichte die vormilitärisch-ideologische Einflussnahme der jun-gen Generation durch das SED-Regime eine neue Qualität. InAnbetracht der stetigen Zunahmeder Militarisierung des Erziehungs-systems wie der gesamten Gesell-schaft im Laufe der Entwicklung derDDR erscheint die Etablierung einessolchen Unterrichtsfaches jedochweniger überraschend und fast folge-richtig.

Als sich am Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre zunächstdie Sowjetunion und später auch dieanderen sozialistischen Bruderländerzu diesem Schritt entschlossen, wardies für die DDR jedoch vor allemaufgrund ihrer besonderen Situationin der internationalen Politik nichtmöglich. Obwohl man im Regimebereits am Beginn der siebziger Jahredie Gefahr sah, im Rahmen der Inte-gration in den Warschauer Pakt dies-bezüglich ins Hintertreffen zu gera-ten, warteten die Verantwortlichenmit der Einführung des Wehrunter-

richtes, bis die DDR über denGrundlagenvertrag mit der Bundes-republik, der Mitgliedschaft in denVereinten Nationen sowie der Teil-nahme an den KSZE-Verhandlun-gen und der Abschlusskonferenz inHelsinki einen festen und gesicher-ten Platz auf der Bühne der interna-tionalen Beziehungen eingenommenhatte.

Aber auch in innenpolitischerSichtweise war sich die SED-Füh-rung offensichtlich der negativenSignalwirkungen und Störungenbewusst, die von einem solchenUnterrichtsfach ausgehen konnten.So war die SED-Spitze daran interes-siert, vor der Einführung die seitAnfang der siebziger Jahre rechtsorgfältig betriebene Annäherung andie Evangelische Kirche durch einTreffen Honeckers mit den Kirchen-führern abzuschließen, bei dem sichbeide Seiten auf ein kontrolliertesMiteinander festlegten.

Neben dem Aspekt des Nachho-lens was in den anderen sozialisti-schen Staaten längst etabliert war,dürfte für die Einführung des Wehr-

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factum Wehrunterricht

Schlussbetrachtung

unterrichtes in der DDR auch dieBekämpfung einer Reihe von Defizi-ten hinsichtlich der politisch-ideolo-gischen und patriotischen Einstel-lung der Jugendlichen in densiebziger Jahren bedeutsam gewesensein. Die Neue Ostpolitik der sozial-liberalen Bundesregierung, derGrundlagenvertrag zwischen derBRD und der DDR oder die Beteili-gung der DDR am KSZE-Prozessließen bei der jungen Generation dasFeindbild des ständig zum Kriegbereiten Imperialismus schwinden.Verstärkt wurde diese Tendenz durchdas harte Vorgehen der sozialisti-schen Staatsmacht gegen Oppositio-nelle. Zudem störten die Partei- undStaatsführung die zu beobachtendenEinflüsse der westlichen Jugendkul-tur auf die eigene Jugend und somitauf die Herausbildung der diszipli-nierten jungen �sozialistischen Per-sönlichkeit�. Dieser Gesamtentwick-lung hoffte die SED durch eineweitere Verschärfung der ideolo-gisch-propagandistischen und diszi-plinierenden Erziehungsmethodenentgegenzutreten und umkehren zukönnen.

Die erwünschte Trendwende inder Entwicklung des Bewusstseins-bildes der jungen Generation blieballerdings aus. Wie in den siebzigerJahren gab ein Großteil der Jugend-lichen nach der Einführung desWehrunterrichtes zwar das vom

Regime erwartete Bekenntnis zurDDR und zum sozialistischen Mili-tärbündnis ab, darüber hinaus waraber nur eine Minderheit bereit, sichdafür persönlich zu engagieren undsich somit hinter die Politik der SED-Spitze zu stellen.

Das Scheitern des Wehrunter-richtes ist zum einen mit dem provi-sorischen Charakter des Faches zuerklären, über den es während seinergesamten Existenz nicht hinaus kam.Während der vormilitärische Unter-richt in den anderen sozialistischenStaaten fest in den Stundenplan ein-gebaut war, fand er in der DDR unre-gelmäßig und in großen zeitlichenAbständen statt. Zum anderen gab eskeinen bündigen Lehrplan, keineZensurengebung und keine profes-sionelle Lehrerausbildung. Die fürdie �Stunden zu Fragen der sozialisti-schen Landesverteidigung� in denLehrbüchern zusammengetrageneStoffmenge war kaum in der gegebe-nen Unterrichtszeit zu vermitteln.Bereits die lange Zeit von etwa 10Jahren von den ersten Überlegungenund Planungen zum Wehrunterrichtbis zu seiner vollständigen Etablie-rung lässt in diesem Zusammenhangauch auf Probleme der Finanzierungdes Projektes schließen. Der seit spä-testens Mitte der siebziger Jahre starkkränkelnden und unter chronischerFinanzschwäche leidenden DDR-Ökonomie dürfte bereits die Auf-

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bringung der für den gegebenen pro-visorischen Standard des Unter-richtsfaches notwendigen 55 Millio-nen Mark jährlich sehr schwergefallen sein.

Darüber hinaus muss in diesemGesamtkontext der Wirksamkeit einAspekt berücksichtigt werden, aufden Martin Michalzik in seiner Arbeit�An der Seite der Genossen...� 1994hinweist. Unter Berufung auf eineStudie der Akademie der Pädagogi-schen Wissenschaften von 1983 - diesich mit sozialen Erfahrungen vonDDR-Schuljugendlichen und derenAuswirkungen auf die politische Ein-stellung beschäftigte - stellt der Autoreinen generellen kontraproduktivenEinfluss der Schule und des in ihr ver-mittelten Wissens auf die politischeEinstellung der Jugendlichen fest.50 % der Schülerinnen und Schülerhatten in der genannten Untersu-chung angegeben, dass allgemein dasSchulwissen über das Leben in derDDR nicht mit den eigenen Erlebnis-sen in Einklang zu bringen sei. 2/3der Jugendlichen hatten sich aus eige-nem Erleben oder aus für glaubwür-dig gehaltenen Berichten anderer Per-sonen die Meinung gebildet, dass diesozialistische Wirtschaft genau dasGegenteil einer effektiven, die

Ressourcen schonenden Produk-tionsweise betreibe. Die Lerninhalteder Schule wurden also von einemGroßteil der Jugendlichen mit demeigenen Wissen und den eigenenErfahrungen verglichen und erstnach dieser Bearbeitung und Umdeu-tung abgespeichert. In Bezug auf denWehrunterricht bedeutete dies, dassdie Schülerinnen und Schüler z. B. diepositiven Informationen über dasLeben in der NVA - wie sie im Unter-richt dargestellt wurden - mit dennegativen Berichten verglichen, diesie von Freunden, Verwandten undBekannten erhalten hatten und dem-entsprechend einordneten.

Weiterhin darf hier nicht außerAcht gelassen werden, dass die Schü-lerinnen und Schüler an den Poly-technischen Oberschulen in denSchuljahren 9 und 10 bereits ohneden Wehrunterricht eine sehr hoheStundenzahl pro Woche zu absolvie-ren hatten (37 in Klasse 9, 36 in Klas-se 10). Aufgrund der dadurch weitverbreiteten Schulmüdigkeit gingenselbst viele Jugendliche, die eigent-lich eine grundsätzlich positive Ein-stellung zum sozialistischen Staathatten, nur mit Widerwillen in diesenUnterricht. Als Reaktion auf dieneue Qualität der Militarisierung der

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factum Wehrunterricht

Schule formierte sich vor allem unterdem Dach der Evangelischen Kircheeine vom Staat unabhängige Frie-densbewegung, die die bis dahin inder DDR vorfindbare Begrenzungoppositionellen Handelns auf Ein-zelpersonen oder isolierte Klein-gruppen durchbrach und durchvielfältige Aktivitäten ein opposi-tionelles Netzwerk über das ganzeLand ausbreitete, das auch der Ent-stehung anderer oppositionellerBewegungen den Boden bereitete.Es würde natürlich viel zu kurzgreifen, allein mit einer Kausalkettevon der Einführung des Wehr-

unterrichtes, der dadurch ausgelös-ten breiteren Form der Opposi-tionsbewegung und der von ihrgetragenen friedlichen Revolutiondas Ende der DDR erklären zu wol-len. Eine ganze Reihe in diesemZusammenhang bedeutender öko-nomischer und anderer Faktorenwürde dabei zu unrecht unberück-sichtigt bleiben. Nichtsdestotrotzkann aber hier ein von der Partei-und Staatsführung ausgelösterEffekt eingegrenzt werden, der Teileines Wirkungscocktails war, derdas SED-Regime schließlich zumExitus führte.

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