5
111. DCe electromotorische Gegenkraft des L4chtbogms; vom Fr. 8temger. Die electrischen Vorgange im Lichtbogen sind haufig aus wissenschaftlichem sowohl , als auch technischem Interesse studirt worden. Die hohe Spannung zwischen beiden Electro- den, die geringe Veranderlichkeit dieser Spannung mit der Bogenlange haben eine Reihe von Forschern dazu gefiihrt, eine electromotorische Gegenkraft im Lichtbogen anzunehmen. Den Nachweis dieser Gegenkraft bez. den Beweis ihrer Nicht- existenz hat man auf directem und indirectem Wege zu fihren gesucht. Die indirecten Methoden (v, Lang I), Arons ”) sind nicht einwurfsfrei, weil sie das Ohm’sche Gesetz benutzen. Es ist indess en unzulassig, fur die Gasstrecke des Lichtbogens einen von der Stromstarke unabhangigen Widerstand vorauszusetzen. Von den directen Methoden ist die alteste diejenige von Edlund 3). Es wurde der Hauptstrom unterbrocheii und eine kurze Zeit, etwa lls0 Secunde spater, eine aus positiver Kohle, Lichtbogen, negativer Kohle, Galvanometer bestehende Neben- schliessung hergestellt. E dlund erhielt dann am Galvano- meter einen Ausschlag und schrieb ihn unbedenklich der von ihm aus zweifelhaften Speculationen erschlossenen electro- motorischen Gegenkraft zu. Nach einer ahnlichen Methode hat spater Lug gin 4, ausfuhrliche und sorgfaltige Versuche gemacht, erhielt aber ein negatives Resultat, obgleich bei ihm die Zeit zwischen der Unterbrechung des Hauptstromes und der Herstellung der Nebenschliessung kiirzer war als bei Edlund. Nach meinen eigenen , weiter unten geschilderten Versuchen muss ich behaupten, dass das positive Ergebniss 1) v. Lang, Wied. Ann. 26. p. 145. 1885; 31. p. 384. 1887. 2) Arons, Wied. Ann. 30. p. 95. 1887. 3) Edlund, Pogg. Ann. 131. p. 586. 1867; 133. p. 359. 1868; 4) Luggin, Wien. Ber. 98. p. 1192. 1889. 134. p. 250. 337. 1868. Ann. 13. Phys. u. Chem. N. F. XLV. 3

Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

111. DCe electromotorische Gegenkraft des L4chtbogms; vom Fr. 8temger.

Die electrischen Vorgange im Lichtbogen sind haufig aus wissenschaftlichem sowohl , als auch technischem Interesse studirt worden. Die hohe Spannung zwischen beiden Electro- den, die geringe Veranderlichkeit dieser Spannung mit der Bogenlange haben eine Reihe von Forschern dazu gefiihrt, eine electromotorische Gegenkraft im Lichtbogen anzunehmen. Den Nachweis dieser Gegenkraft bez. den Beweis ihrer Nicht- existenz hat man auf directem und indirectem Wege zu fihren gesucht.

Die indirecten Methoden (v, L a n g I), Arons ”) sind nicht einwurfsfrei, weil sie das Ohm’sche Gesetz benutzen. Es ist indess en unzulassig, fur die Gasstrecke des Lichtbogens einen von der Stromstarke unabhangigen Widerstand vorauszusetzen.

Von den directen Methoden ist die alteste diejenige von E d l u n d 3). Es wurde der Hauptstrom unterbrocheii und eine kurze Zeit, etwa lls0 Secunde spater, eine aus positiver Kohle, Lichtbogen, negativer Kohle, Galvanometer bestehende Neben- schliessung hergestellt. E dlund erhielt dann am Galvano- meter einen Ausschlag und schrieb ihn unbedenklich der von ihm aus zweifelhaften Speculationen erschlossenen electro- motorischen Gegenkraft zu. Nach einer ahnlichen Methode hat spater L u g g in 4, ausfuhrliche und sorgfaltige Versuche gemacht, erhielt aber ein negatives Resultat, obgleich bei ihm die Zeit zwischen der Unterbrechung des Hauptstromes und der Herstellung der Nebenschliessung kiirzer war als bei Edlund. Nach meinen eigenen , weiter unten geschilderten Versuchen muss ich behaupten, dass das positive Ergebniss

1) v. Lang, Wied. Ann. 26. p. 145. 1885; 31. p. 384. 1887. 2) Arons, Wied. Ann. 30. p. 95. 1887. 3) Edlund, Pogg. Ann. 131. p. 586. 1867; 133. p. 359. 1868;

4) Luggin, Wien. Ber. 98. p. 1192. 1889. 134. p. 250. 337. 1868.

Ann. 13. Phys. u. Chem. N. F. XLV. 3

Page 2: Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

34 Pr. Stenger.

Edlund’s auf Fehlern beruht. Welcher Art diese Fehler waren, weiss ich nicht.

Gegen die Versuche von Lugg in lasst sich nur ein Ein- wand machen. Nehmen wir an, dass der Polarisationszustand des Lichtbogens nach dem Erloschen desselben sehr rasch verschwindet, in einer Zeit, welche geringer ist; als das Inter- Val1 zwischen dem Oefken des normalen Stromes und der Herstellung des Nebenschlusses , dann beweist das negative Resultat Lugg in ’ s nichts.

L e c h e r l) hat daher Versuche nach einer anderen Me- thode angestellt. Ich will dieselbe hier reproduciren , weil meine eigenen Versuche nur eine Modification der Lecher’-

schen sind. In der Fig. 1 -1 bedeutet D eine Dynamoma-

schine. Von der -Burste 6, + aus geht der positive Strom

uber a zur positiven Kohle, - durch den Bogen hindurch

zur negativen Kohle, zum Galvanometer G und uber den Punkt 6 zur negativen Biirste 6,. Am Galvanome- ter war eine einseitige Hem-

d Fig. 1.

mung angebracht, so dass der directe Strom eine Ab- lenkung nicht hervorbringen konnte , wahrend der Drehung des Magnets im entgegengesetzten Sinne ein Hinderniss nicht im Wege stand. Das Galvanometer musste den vollen Strom aufnehmen kijnnen , besass also jedenfalls wenige Windungen dicken Drahts. Werden die Punkte a und 6 unmittelbar metallisch verbunden, so war die Ma- schine kurz geschlossen, die Klemmspannung an den Kohlen sank sofort und der Bogen erlosch. Ware nun eine electro- motorische Gegenkraft im Lichtbogen thatig, so musste das Galvanometer einen Ausschlag zeigen. Das Ergebniss war jedoch negativ und daraus folgert L e c h e r , dass eine Gegen- h a f t nicht existirt. Die Methode Lecher ’s involvirt in einem Punkte allerdings einen wesentlichen Fortschritt gegen die

1) Lecher, Wied. Ann. 33. p. 609. 1888.

Page 3: Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

Lichtbogen. 35

Methode von Ed lund und Luggin. Die Zeit zwischen dem Verloschen des Bogens und der Herstellung der Neben- schliessung ist hier verschwindend, weil erst nach der Her- stellung der Nebenschliessung der Lichtbogen zum Verloschen kommt. Aber man kann andererseits der Methode Leche r ’ s den Vorwurf machen, dass sie unempfindlich sei. Die Methode erheischt ein Galvanometer yon geringem Widerstande, wah- rend moglicherweise der Widerstand des erloschenden Bogens sehr gross ist. Leche r hat selbst diesen Mange1 gefiihlt, aber er hat keinen Weg gezeigt, wie man deniselben abhelfen kann.

Meine Methode ist im Grunde voll- kommen die Lecher’- sche. Aher durch eine kleine Ergan- zung wird der Nach- weis gefiihrt, dass die Empfindlichkeit der Methode in .der That vollstandig aus- reichend ist. Fig. 2 stellt das ergiinzte Schema dar. Darin bedeutet D eine Schuckert’sche Flachringniaschine mit Nebenschlusswickelung. A ist ein Kohlrausch’sches Feder- galvanometer zur Messung cies norinalen Stroms , T eine mit einseitiger Hemmung ausgeriistete Tangentenbussole, R ein Ballastwiderstand. B ist eine Kette von fiinf hinter ein- ander geschalteten Akkumulatoren ; der negative Pol der Kette ist mit der positiven Kohle verbunden. Von den Punkten a und b fiihren kurze Driihte z u den beiden Theilen eines zunachst geoffneten Stromschliissels.

Wahrend die Lampe normal brennt, werderi gleichzeitig die Bkkumulatoren geladen. Die Tangentenbussole schlagt nicht aus in Folge der einseitig wirkenden Hemmung. Wird jetzt zwischen den Punkten a und 6 der Kurzschluss herge- stellt, so geht der von der Dynamomaschine erzeugte Strom durch den Kurzschluss, die Schenkelwickelung erhalt nur noch einen minimalen Strom, die Feldmagnete verlieren ihren Mag-

A T

Fig. 2.

3*

Page 4: Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

36 Fr. Stenger.

netismus fast vollstandig , die Maschine wird stromlos. In Folge dessen sinkt unmittelbar nach der Herstellung des Kurzschlusses die Klemmenspannung an den Kohlen schnell, der Bogen verlischt. I n demselben Augenblick schlagt die Galvanometernadel kraftig aus, oft um rnehr als 90°. Daraus folgt, dass die Gasstrecke eine freilich sehr kurze Zeit nach der Unterbrechung des Hauptstroms so gut leitet, dass selbst ein so unempfindliches Galvanometer reagirt. Dieser Versuch lasst aber unentschieden, ob dieser Galvanometerausschlag von der fraglichen electromotorischen Gegenkraft herriihrt oder vom Entladungsstrom der Akkuniulatoren.

Wird nunmehr aber die Akkumulatorenbatterie entfernt, im Uebrigen aber alles ungeandert gelassen, so zeigt das Galvanometer nach der Herstellung des Kurzschlusses nur noch eine Ablenkung von etwa 0,5-1°. Diese geringe Ab- lenkung riihrt , wie sich leicht zeigen lasst , nur daron her, dass die Hemmung ein wenig federt.

Im Folgenden gebe ich einige der beobachteten Zahlen wieder. Es wurde der Versuch jedes Ma1 erst d a m begonnen, weiin der Bogen ruhig brannte. An der Bussole wurde der erste Ausschlag abgelesen; Strom J und Spannung E wurden unmittelbar vor der Unterbrechung des Hauptstroms bestimmt, die Bogenlange L wurde geschiitzt. Es versteht sich voii selbst, dass stets controlirt wurde, dass eine directe Beriihrung der Kohlen ausgeschlossen war.

A. Mit f u n f h in t e r einander geschal te ten Akkumulatoren. J (AmpBre) E (Volt) L (mm) Ausschlag

17 40 3 550 16 40 2 550 14,5 40 1 200 15 40 1 390 15 43 3 110 15 41 1 540

16 35 075 127O. 15 38 095 1120

Fur kurze Bogen und starken Strom waren die Aus- schlage am grossten, was auch von vornherein zu erwarten ist. Ebenso waren die Ausschlage grosser, wenn die Kohlen normale Gliihtemperatur hatten, als wenn man sofort beob- achtete, sobald der Bogen nach der Entziindung ruhig brannte.

Page 5: Die electromotorische Gegenkraft des Lichtbogens

Lichtbogen. 37

B. Ohne Akkumulatoren. Der Ausschlag betrug stets 0,5-1° fur jede Stromstarke

und jede Bogenlange. R e s u l t a t : Wahrend in demselben Moment, wo der Licht-

bogen verlischt, wenige Altkumulntoren einen kraftigen Strom durch die Gnsstrecke schicken, ist ohne Alrkumulatoren ab- solut nichts nachweisbar. Mir scheint damit eiidgiiltig nach- gewiesen zu sein, dass eine electromotorische Gegenkraft im Lichtbogen nicht vorhanden ist.

Dresden , Electrotech. Labor. der techn. Hochschule.