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Die Erotik eines Homonyms Im Grunde ist meine Existenz sehr aufregend, denn ich bin aufregend. Wenn ich komme, dann bleibt schon mal das Herz stehen, so war es dieses Jahr jedenfalls bei einem Veranstalter. Irgendwie hat das nun die Stimmung und den Anfang versaut. Und eigentlich bin ich die meiste Zeit nur aufgeregt. Für gewöhnlich schlafe ich, bin hungrig, oder mich regt wieder etwas auf. Gelegentlich verbinde ich auch diese Zustände. Es gibt eigentlich nichts was mich mehr aufregt, als wenn ich mal wieder hungrig bin und den Hunger nicht stillen kann, weil ich schlafe. Die Erregungszustände sind von einem Temo sehr fließend und die Schwelle relativ niedrig angesiedelt. Nun kommt man bei einem Text immer zum Problem, dass der Höhepunkt, die Katharsis hinausgezögert werden muss. Es darf auf keinen Fall zum Ejaculatio praecox kommen. Das wäre sehr fatal. Also baut man als Autor einen Nebenschauplatz ein, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Das Vorspiel eines Textes ist sehr wichtig. Man sollte Dinge nehmen die Verbinden. Gemeinsamkeiten schaffen den gemeinsamen Genuss. So ist es eben sehr wichtig, dass man bei diesem Balztanz aufpasst, welche Interessen der geneigte Leser hat. Welches Bild man von sich selbst zeichnet ist egal, solang man die Rezipienten in seinen Bann ziehen kann. Da würde es auch nichts machen, wenn ich vom Fußball rede und nicht verstehe wofür der 4 Offizielle gut ist. Er kann nichts entscheiden oder ändern. Im Grunde habe ich das Gefühl, dass das die konsequente Weiterführung des Antiaggressionstrainings ist und man nun statt Werbebanden einen weichen regenerativen Werkstoff treten kann als Trainer. Jetzt ist es aber auch nicht mein Ziel das Fangesänge angestimmt werden, wenn ich mal los lege. Ich könnte im

Die Erotik eines Homonyms

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Einleitungstext zum Zyklus

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Die Erotik eines Homonyms

Im Grunde ist meine Existenz sehr aufregend, denn ich bin aufregend.

Wenn ich komme, dann bleibt schon mal das Herz stehen, so war es

dieses Jahr jedenfalls bei einem Veranstalter. Irgendwie hat das nun

die Stimmung und den Anfang versaut. Und eigentlich bin ich die

meiste Zeit nur aufgeregt.

Für gewöhnlich schlafe ich, bin hungrig, oder mich regt wieder etwas

auf. Gelegentlich verbinde ich auch diese Zustände. Es gibt eigentlich

nichts was mich mehr aufregt, als wenn ich mal wieder hungrig bin

und den Hunger nicht stillen kann, weil ich schlafe. Die

Erregungszustände sind von einem Temo sehr fließend und die

Schwelle relativ niedrig angesiedelt. Nun kommt man bei einem Text

immer zum Problem, dass der Höhepunkt, die Katharsis

hinausgezögert werden muss. Es darf auf keinen Fall zum Ejaculatio

praecox kommen. Das wäre sehr fatal. Also baut man als Autor einen

Nebenschauplatz ein, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Das

Vorspiel eines Textes ist sehr wichtig. Man sollte Dinge nehmen die

Verbinden. Gemeinsamkeiten schaffen den gemeinsamen Genuss. So ist

es eben sehr wichtig, dass man bei diesem Balztanz aufpasst, welche

Interessen der geneigte Leser hat. Welches Bild man von sich selbst

zeichnet ist egal, solang man die Rezipienten in seinen Bann ziehen

kann. Da würde es auch nichts machen, wenn ich vom Fußball rede

und nicht verstehe wofür der 4 Offizielle gut ist. Er kann nichts

entscheiden oder ändern. Im Grunde habe ich das Gefühl, dass das die

konsequente Weiterführung des Antiaggressionstrainings ist und man

nun statt Werbebanden einen weichen regenerativen Werkstoff treten

kann als Trainer. Jetzt ist es aber auch nicht mein Ziel das

Fangesänge angestimmt werden, wenn ich mal los lege. Ich könnte im

Gegenzug auch einen auf einfühlsam machen und darüber schwelgen,

wie Marcel Proust über die Madeleine fabulierte. So zeige ich mich

unglaublich sensibel und muss nicht einmal verraten, dass ich auf der

Suche nach der verlorenen Zeit nicht einmal gesehen habe. Überhaupt

bin ich der Meinung, dass dieses Buch ein tiefes Koma evoziert. Würde

man endlich ordentliche Nachforschungen betreiben in der Medizin,

würde man bei jedem atmenden Sellerie feststellen, dass eben Marcel

Proust auf dem Nachttisch lag. Der Klimax mit solchen Lesern dürfte

einfach für mich nicht überragend sein. Und das schlimmste ist das

nach dem Akt die Nachbesprechung mir auch viel zu lang wäre.

Spätestens bei der feministischen Deutung ist das schnelle

unverbindliche Vergnügen vorbei.

Sprich es muss ein Mittelmaß gefunden werden, in dem ich mich

aufrege und meine Tinte auf dem Papier mittels meiner überlangen

Feder verteile. Ich könnte sagen, dass früher alles besser war. Aber

früher hatte ich noch mehr Pickel. Ich könnte sagen die Politik sei

Scheiße. Aber ich mag Menschen nicht, die so denken. Dann könnte ich

noch über das Wetter meckern, aber im Grunde ist mir das egal, da ich

nicht draußen schreibe. Es bleibt die Frage, wie bringe ich diesen Text

auf Touren? Wie schaffe ich es, dass man sich richtig in mein Werk

verkrallt, kurzatmig wird und am besten alles vom Autor vernascht?

Oder gehe ich vielleicht mal anders damit um? Wie wäre es wenn ich

so langweilig schreibe, dass man mit meinen Gedanken einfach

einschläft? Ich habe nie behauptet, dass der Beischlaf eines Autors

wirklich aufregend wäre…

Unterm Strich sieht man, dass ich mich im Grunde nur über

Menschen aufrege. Sie machen es einem aber auch so furchtbar

einfach. Ab und an sitze ich im Zug und schreibe einfach nur mit, was

andere sagen. Klebe meinen Namen drunter und dann ist der

Bestseller fertig. Oder wie es so schön mal formuliert wurde: „Ich habe

es gestern fertig geschrieben und heute ist es bereits bei Reclam

erschienen. Was lachen sie da? Das ist heute kein Problem mehr, dank

Schere und Kleber.“ Und so bleibe ich zwar Monothematisch, aber

dafür bin ich dann ein Experte und die Nummer die geschoben wird,

einmalig gut.

Ich muss mich an dieser Stelle einmal selbst loben. Das Tempo ist gut

und der Lesefluss steht voll im Saft, diese panta rhei macht mich selbst

ganz wuschig. Es fehlt in diesem Text eigentlich nur noch das Allegro

und dann kann ich mit einem Crescendo das ganze abschließen und

das wird mir gelingen indem ich,

Es gibt doch nichts Besseres als einen Cliffhanger. Und ich kenne

natürlich die Frage die allen auf den Nägeln brennt.

Achtung an dieser Stelle folgt nun der Grund

weshalb ich das geschrieben habe. Lange habe ich auf

diesen Punkt hingearbeitet. Meine Technik ist

einfach berauschend und Ausdauer geradezu

herausstechend. Es wird einfach Zeit es jetzt einfach

kommen zu lassen. Und es wird gewaltig sein wie ein

Erdbeben. Der Höhepunkt, die Blütezeit, der Gipfel

ist endlich erreicht und das schaffen wir auch noch

gemeinsam.

Klar kann man mich kennenlernen. Ich bin ein einsames Konto, zu

dem sich gerne ein paar Zahlen gesellen dürfen.

Willkommen im Zyklus: „Über Autoren, durch Autoren, um Autoren

herum. Meine Entscheidungsschwierigkeit wenn ich am Lenkrad sitze

und ich Marcel-Reich Ranicki sehe.“

Ein Beispiel für Fangesänge der Fußballfans die trotz Beleidigungen

meine Texte lesen. Wobei mir auffällt das ich sie schon länger nicht

mehr beleidigt habe. Fußballer sind Menschen sind die zu miserabel

fürs Ballett waren.

Mach uns noch einen Reim,

Wir gehen dir auf den Leim.

Temo gib’s uns kursiv gedruckt

Ole Ole Ole!

Ich entschuldige mich an dieser Stelle noch,

dass ich kein 0815 Schwarz Weiß Bild von

meinem Gesicht hier abgedruckt habe, wie

es sich eigentlich gehört. Aber damit jeder

weiß, was hier zum anschmachten ist, gibt

es für euch eine Originalzeichnung des

Autoren am Ende.

Temo