Upload
temo-thoringer
View
213
Download
3
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Einleitungstext zum Zyklus
Citation preview
Die Erotik eines Homonyms
Im Grunde ist meine Existenz sehr aufregend, denn ich bin aufregend.
Wenn ich komme, dann bleibt schon mal das Herz stehen, so war es
dieses Jahr jedenfalls bei einem Veranstalter. Irgendwie hat das nun
die Stimmung und den Anfang versaut. Und eigentlich bin ich die
meiste Zeit nur aufgeregt.
Für gewöhnlich schlafe ich, bin hungrig, oder mich regt wieder etwas
auf. Gelegentlich verbinde ich auch diese Zustände. Es gibt eigentlich
nichts was mich mehr aufregt, als wenn ich mal wieder hungrig bin
und den Hunger nicht stillen kann, weil ich schlafe. Die
Erregungszustände sind von einem Temo sehr fließend und die
Schwelle relativ niedrig angesiedelt. Nun kommt man bei einem Text
immer zum Problem, dass der Höhepunkt, die Katharsis
hinausgezögert werden muss. Es darf auf keinen Fall zum Ejaculatio
praecox kommen. Das wäre sehr fatal. Also baut man als Autor einen
Nebenschauplatz ein, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen. Das
Vorspiel eines Textes ist sehr wichtig. Man sollte Dinge nehmen die
Verbinden. Gemeinsamkeiten schaffen den gemeinsamen Genuss. So ist
es eben sehr wichtig, dass man bei diesem Balztanz aufpasst, welche
Interessen der geneigte Leser hat. Welches Bild man von sich selbst
zeichnet ist egal, solang man die Rezipienten in seinen Bann ziehen
kann. Da würde es auch nichts machen, wenn ich vom Fußball rede
und nicht verstehe wofür der 4 Offizielle gut ist. Er kann nichts
entscheiden oder ändern. Im Grunde habe ich das Gefühl, dass das die
konsequente Weiterführung des Antiaggressionstrainings ist und man
nun statt Werbebanden einen weichen regenerativen Werkstoff treten
kann als Trainer. Jetzt ist es aber auch nicht mein Ziel das
Fangesänge angestimmt werden, wenn ich mal los lege. Ich könnte im
Gegenzug auch einen auf einfühlsam machen und darüber schwelgen,
wie Marcel Proust über die Madeleine fabulierte. So zeige ich mich
unglaublich sensibel und muss nicht einmal verraten, dass ich auf der
Suche nach der verlorenen Zeit nicht einmal gesehen habe. Überhaupt
bin ich der Meinung, dass dieses Buch ein tiefes Koma evoziert. Würde
man endlich ordentliche Nachforschungen betreiben in der Medizin,
würde man bei jedem atmenden Sellerie feststellen, dass eben Marcel
Proust auf dem Nachttisch lag. Der Klimax mit solchen Lesern dürfte
einfach für mich nicht überragend sein. Und das schlimmste ist das
nach dem Akt die Nachbesprechung mir auch viel zu lang wäre.
Spätestens bei der feministischen Deutung ist das schnelle
unverbindliche Vergnügen vorbei.
Sprich es muss ein Mittelmaß gefunden werden, in dem ich mich
aufrege und meine Tinte auf dem Papier mittels meiner überlangen
Feder verteile. Ich könnte sagen, dass früher alles besser war. Aber
früher hatte ich noch mehr Pickel. Ich könnte sagen die Politik sei
Scheiße. Aber ich mag Menschen nicht, die so denken. Dann könnte ich
noch über das Wetter meckern, aber im Grunde ist mir das egal, da ich
nicht draußen schreibe. Es bleibt die Frage, wie bringe ich diesen Text
auf Touren? Wie schaffe ich es, dass man sich richtig in mein Werk
verkrallt, kurzatmig wird und am besten alles vom Autor vernascht?
Oder gehe ich vielleicht mal anders damit um? Wie wäre es wenn ich
so langweilig schreibe, dass man mit meinen Gedanken einfach
einschläft? Ich habe nie behauptet, dass der Beischlaf eines Autors
wirklich aufregend wäre…
Unterm Strich sieht man, dass ich mich im Grunde nur über
Menschen aufrege. Sie machen es einem aber auch so furchtbar
einfach. Ab und an sitze ich im Zug und schreibe einfach nur mit, was
andere sagen. Klebe meinen Namen drunter und dann ist der
Bestseller fertig. Oder wie es so schön mal formuliert wurde: „Ich habe
es gestern fertig geschrieben und heute ist es bereits bei Reclam
erschienen. Was lachen sie da? Das ist heute kein Problem mehr, dank
Schere und Kleber.“ Und so bleibe ich zwar Monothematisch, aber
dafür bin ich dann ein Experte und die Nummer die geschoben wird,
einmalig gut.
Ich muss mich an dieser Stelle einmal selbst loben. Das Tempo ist gut
und der Lesefluss steht voll im Saft, diese panta rhei macht mich selbst
ganz wuschig. Es fehlt in diesem Text eigentlich nur noch das Allegro
und dann kann ich mit einem Crescendo das ganze abschließen und
das wird mir gelingen indem ich,
Es gibt doch nichts Besseres als einen Cliffhanger. Und ich kenne
natürlich die Frage die allen auf den Nägeln brennt.
Achtung an dieser Stelle folgt nun der Grund
weshalb ich das geschrieben habe. Lange habe ich auf
diesen Punkt hingearbeitet. Meine Technik ist
einfach berauschend und Ausdauer geradezu
herausstechend. Es wird einfach Zeit es jetzt einfach
kommen zu lassen. Und es wird gewaltig sein wie ein
Erdbeben. Der Höhepunkt, die Blütezeit, der Gipfel
ist endlich erreicht und das schaffen wir auch noch
gemeinsam.
Klar kann man mich kennenlernen. Ich bin ein einsames Konto, zu
dem sich gerne ein paar Zahlen gesellen dürfen.
Willkommen im Zyklus: „Über Autoren, durch Autoren, um Autoren
herum. Meine Entscheidungsschwierigkeit wenn ich am Lenkrad sitze
und ich Marcel-Reich Ranicki sehe.“
Ein Beispiel für Fangesänge der Fußballfans die trotz Beleidigungen
meine Texte lesen. Wobei mir auffällt das ich sie schon länger nicht
mehr beleidigt habe. Fußballer sind Menschen sind die zu miserabel
fürs Ballett waren.
Mach uns noch einen Reim,
Wir gehen dir auf den Leim.
Temo gib’s uns kursiv gedruckt
Ole Ole Ole!
Ich entschuldige mich an dieser Stelle noch,
dass ich kein 0815 Schwarz Weiß Bild von
meinem Gesicht hier abgedruckt habe, wie
es sich eigentlich gehört. Aber damit jeder
weiß, was hier zum anschmachten ist, gibt
es für euch eine Originalzeichnung des
Autoren am Ende.
Temo