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Die ersten 10.000 Jahre Urknall oder Planck-Epoche ? Max Camenzind – Heidelberg - 2018 Planck-Epoche

Die ersten 10.000 Jahre - lsw.uni-heidelberg.de · Unsere Themen •Kräfte, die die Welt zusammenhalten. •Was sind natürliche Einheiten, die auch Außerirdische verstehen? •CMB

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Die ersten 10.000 Jahre Urknall oder Planck-Epoche ?

Max Camenzind – Heidelberg - 2018

Planck-Epoche

Geschichte des Universums

Planck-

Epoche

T = 3000 K

Thermodyn. Gleichgewicht Zeit

Heute

Unsere Themen • Kräfte, die die Welt zusammenhalten.

• Was sind natürliche Einheiten, die auch Außerirdische verstehen?

• CMB Universum hat einen Anfang = Urknall.

• CMB Es gibt „Ylem“: Thermodynamisches Gleichgewicht in den ersten 10.000 Jahren.

• Haben sich die Einsteinianer getäuscht?

• Quantisierung der Mikrowelt abzählbar viele Zustände und Vakuum-Energie.

• Auch der Raum ist quantelt Inflation ist eine natürliche Konsequenz.

Kräfte im Universum

Die vier Fundamental- Kräfte der Natur

Jede Zivilisation hat ihren Newton und ihre Kepler-Gesetze

Jede Zivilisation Wirkungsquantum

Konstanz Lichtgeschwindigkeit 1905

c = 299.792.458 m/s

Jede Zivilisation findet

Aufgrund der Kausalität blickt jede Zivilisation stets in die Vergangenheit des Universums

Hubble & JWST testen das frühe Universum

Kräfte sind Geometrie

Wechselwirkung Eichbosonen

Ladung

Eich-

Gruppe

Reichweite

Stark Gluonen (8 versch.)

Farbladung

SU(3)C 10-15 m

Elektromagnetisch Photon

Elektrische Ladung

U(1) Unendlich

Links-Schwach W-, W+ und Z0

80 und 90 GeV/c²

SU(2)L 10-17 m

Rechts-Schwach (?) W‘-, W‘+ und Z‘0

> 10 TeV/c² DM

SU(2)R 10-21 m

Gravitation Raum-Quanten

Energie und Felder

SU(2)G 10-35 m

4+ Kräfte beherrschen das Universum

L-R

Sym

met

rie

Universum symmetrisch

LHC

L-R Symmetrie gebrochen

Alles ist Geometrie

Diese Naturkonstanten

gelten überall im Universum

Naturkonstante Wert [human] Bedeutung

Gravitationskonstante G 6,674 x 10-11 m³/kgs Kopplung Raum-Zeit

Lichtgeschwindigkeit c 299.792.458 m/s Kausalität

Wirkungsquantum h 6,626 x 10-34 J s Mikrowelt, E = h f

Boltzmann-Konstante kB 1,3806 x 10-23 J/K Thermische Energie

EM Feinstruktur a = e²/2e0hc = 1/137 Kopplung el. Ladung

Starke Feinstruktur as ~ 1/5 Kopplung Farbladung

Schwache Feinstruktur aW = g²/2e0hc = 0,0315 Kopplung Isospin

Meter keine natürliche Einheit!

• Als Natürliche Einheiten in der Physik werden Maßeinheiten angesehen, die durch die Werte von Naturkonstanten gegeben sind. Das unterscheidet sie von Einheiten, die durch Prototypen wie das Urkilogramm oder die Eigenschaften einer bestimmten Atomsorte bestimmt werden.

• Die konsequenteste Umsetzung der natürlichen Einheiten findet sich bei den 1899 von Max Planck vorgeschlagenen Planck-Einheiten.

Berlin 1931

Max Planck & Albert Einstein

Planck-Einheiten (1899) sind universell - hängen nur von Naturkonstanten ab

Planck-Einheiten der Physik

Das Universum in natürlichen Planck-Einheiten

Thermodynamisches Gleichgewicht

Planck-Temperatur & Planck-Dichte

Die Planck-Temperatur wurde erreicht, wie das Universum 32 Größenordnungen kleiner war, zur Zeit von einigen 10.000 Planck-Zeiten! Da erreichte die Dichte ebenfalls Planck-Dichte. Quanten-Gravitation spielt bereits in jener Zeit eine entscheidende Rolle.

Quantisierung der Mikrowelt

• Quantenphysik befasst sich mit dem Verhalten von kleinsten Teilchen und deren Wechselwirkungen. Dazu bedient sie sich mathematischer Strukturen (Hilbert-Raum), um physikalische Prozesse zu beschreiben.

• Observable nehmen nur noch diskrete Werte an: Energie, Drehimpuls, Spin, Raumvolumen, …

• Energiezustände des harmonischen Oszillators sind abzählbar Quantenzahl n = 0, 1, …, ∞.

• Die Länge des Drehimpulsvektors ist diskret, durch Planck-Wirkungsquantum h gegeben.

• Die Zustände des Elektrons im Atom werden durch 4 Quantenzahlen bestimmt: EnergieQZ n = 0,1,2,…, DrehimpulsQZ l<n+1, magnetische QZ m und Spin s.

Molekülschwingungen quantisiert H2-Moleküle schwingen diskret

Grundfrequenz f0 = 1,2 x 1014 Hz E0 = hf0/2

HCl Molekül

Energie-Eigenwerte des Oszillators

Der Zustand mit der niedrigsten Energie liegt somit E0 = 1/2 ℏ ω über

dem Potentialminimum. Dadurch ist das Teilchen in Übereinstimmung

mit der Heisenbergschen Unschärferelation nicht exakt bei x = 0 , p = 0

lokalisiert, wie man es von einem klassischen Oszillator erwarten würde.

Man spricht hier von einer Nullpunktenergie bzw.

Nullpunktschwingung, das Teilchen „zittert sich“ um x = 0.

In den Quantenfeldtheorien führt dies zu Vakuumfluktuationen.

Absolut neu Nullpunktenergie

Ein Quantensystem besteht 3 wesentlichen Elementen

QSystem = { H , A , W } Hilbertraum der möglichen Zustände abzählbar

Algebra der Observablen (Heisenberg)

Übergangs- amplituden

[nach Rovelli 2017]

Drehimpuls Atom ist quantisiert

Message:

Länge des Drehimpulses

im Atom ist quantisiert

Drehimpuls kann nur in

gewisse Richtungen

zeigen:

Quantenzahl m

Wasserstoff-Atom: Elektron

Aufenthaltswahrscheinlichkeit

Auch Spin ist quantisiert: Sz = ℏ/2

Spin gibt es klassisch nicht!

Teilchen = Feld-Quanten

„In jedem Punkt existiert ein Oszillator“

Auch Felder sind quantisiert

Quarks im Ur-Plasma: “Farbe”

Proton besteht aus 3 Quarks gebunden durch Farbladung

entstehen 10 µs nach Urknall

10-15 m

Materie im frühen Universum „Hot Ylem“: Am Anfang nur Quarks, Leptonen, Photonen, …

Bei Temperaturen

kT > 200 MeV

besteht das

primordiale

Plasma nur

aus Quarks,

Leptonen,

Gluonen, W & Z,

Photonen etc.

Protonen und

Neutronen

entstehen erst

bei Abkühlung

unter 200 MeV

10 µs nach dem

Urknall.

Universum

Baryonen-Dichte

Quark-Gluon Plasma im LHC Für kurze Zeit das frühe Universum simuliert, zu einer Zeit von Picosekunden nach Urknall

Derek Leinweber Adelaide

Längenskala: 1 Fermi

Zeitskala: 10-25 sec

Grundzustand QCD-Vakuum

Das „Nichts“

SU(3)Color

Auch der Raum ist gequantelt

Loop-Quanten-Gravitation Rovelli: https://www.youtube.com/watch?v=Mp4fpwl9loQ

Bei näherer

Betrachtung zerfällt

der Raum in Quanten

Milch wird „gequantelt“

Carlo Rovelli

Foto: Wikipedia/Carlo Rovelli Einer der Begründer der Schleifen- Quanten-Gravitation LQG. 1995 zeigte er mit Smolin: die Observablen für Fläche und Volumen haben diskrete Werte. Er entwickelte 1996 eine relationale Interpretation der Quantenmechanik.

Triangulation einer Fläche mit

Graph des dualen Spin-Netzwerks

3D - Observablen eines Tetraeders

Wähle die 4 Vektoren

La (a=1,…,4): L3 = ½ e1 x e2

4 Normale mit Norm

= Fläche.

Closure Bedingung

C = L1 + L2 + L3 + L4 = 0

Diese La`s bestimmen

alle weiteren Eigen-

schaften des Tetraeders

Flächen: Aa = |La|

Volumen:

L1

L2

L3

L4

A1

e1

e2

e3

Polyeder-Theorem von Minkowski

„Ein Polyeder ist eindeutig bestimmt

durch seine Flächen und Normalen.“

Theorem von Minkowski (1897):

Wenn n1,…,nF nicht-koplanare Einheits-

vektoren sind und A1,…,AF positive Zahlen, so

dass die Closure Bedingung C=Sumi Aini = 0

gilt, dann gibt es ein konvexes

Polygon mit Normalen ni und

Flächen Ai.

Quantisierung der Geometrie

Gravitation ist Geometrie – Geometrie ist

Gravitation.

Ein Polyeder (Tetraeder) repräsentiert ein

bestimmtes Gravitationsfeld, das nun

quantisiert werden muss:

Die Normalen La werden zu Operatoren:

La = Aana Ea = 8pg LP² La .

mit E1 + E2 + E3 + E4 = 0 .

Diese 4 Vektoren La erfüllen die Drehimpuls-

Algebra, die aus der Hamilton-Dynamik des

Gravitationsfeldes hergeleitet wird.

Quantisierungs-Postulat LQG

Dies ist benfalls eine Realisierung der

Spin-Algebra SU(2) für jeden La, als

Ausdruck der Symmetrie des Tetraeders.

Die Geometrie wird durch La bestimmt

bis auf Rotationen (= Eichtransformationen).

Körnigkeit der Quanten-Geometrie Spin-Netzwerk Eigenzustand zu Flächen-Operator

Eigenwerte des Flächenoperators

Ein neuer Parameter

2ˆ( ) , 8 ( 1) ,pA j l j j jpg S

( ) 2 1Dim j j

j

2 2

2

( ) det( )

ˆ ˆ ( ) ( )i aj

a i j

A d h

d E E n n

S

S

S

S

, j

:g Immirzi Parameter

Rovelli & Smolin 1995

Volumen-Spektrum Tetraeders

Zustände des

Tetraeders

mit gleichem

Spin j

j x j x j x j

Einheit Vol in

Planck-

Einheiten

8pL³Pg ~ 10-106

Kreise:

Numerik

Punkte: WKB-

Näherung Grafik: Eugenio Bianchi 2013

m

Spin-Netzwerk – Knoten, Links & j

Die einzelnen Knoten und Linien repräsentieren denkbar winzige Raumgebiete: Ein

Knoten entspricht einem Planck-Volumen (Kubik-Planck-Länge) und eine Linie einer

Planck-Fläche (Planck-Länge zum Quadrat). Doch mit Vielfachen dieser Einheiten lässt

sich jede Hülle 'ausmessen' - der Größe und Komplexität solcher Spin-Netzwerke sind

nach oben keine Grenzen gesetzt - um den Quantenzustand des gesamten Universums

abzubilden, würde man ein gigantisches Spin-Netz mit etwa 10184 Knoten benötigen.

3D Parkettierung eines Würfels Volumen 0 ist physikalisch nicht möglich

a ~ Planck-Länge

Parkettierung eines Würfels mit

Graph des dualen Spin-Netzwerks

Ein Knoten

entspricht

einem

Planck-Volumen.

Spin j auf dem

Link gibt den

Flächeninhalt

an.

j

Quanten-Geometrie Gravitation = Geometrie – Geometrie= Gravitation

Der Raum ist ein Netzwerk von Polyedern

als duales Netzwerk des Spin-Netzwerkes

Das Wesen der LQG

Der Raum ist ein Spin-Netzwerk, in dem die

Knoten die elementaren Körnchen und die

Links ihre Beziehung zur Umgebung

darstellen, durch Spin j gegeben.

Der physikalische Raum setzt sich aus

Quanten zusammen, wie Teilchen Quanten

von Feldern (Photonen, Gluonen, …) sind.

Die Quanten des Gravitationsfeldes sind

Raumquanten, die körnigen Bestandteile des

Raumes.

Semiklassische Näherung

• Eine semiklassische Näherung in der Quanten-physik steht für eine Näherung an ein System, in der die niedrigste quantenmechanische Korrektur zur klassischen Behandlung des Systems betrachtet wird.

• Ashtekar und Bojowald haben 2001 die semiklassische Näherung der Loop-Quanten-Kosmologie berechnet (d.h. führende Korrekturen zur klassischen FL-Theorie).

• zu Korrektur der Friedmann-Gleichung.

Was bedeutet Inflation?

Idee der Inflation – Inflatonfeld F

Vakuum-Energie im Inflatonfeld treibt Expansion Vakuum-Energie

Quark-Gluon- Plasma

Inflation – Kind der 1980er Jahre Die Pioniere der Inflation

* 1947 * 1948 * 1948

Warum Inflation ? Das Horizont-Problem

Das Kausalitäts-Problem CMB Verschiedene Patches waren nicht in kausalem Kontakt

Warum Inflation ? Das Flachheits-Problem

• Der Bereich des heute sichtbaren Universums weist praktisch keine Krümmung auf, Wk ~ 0.

• Im Rahmen einer Standardexpansion ohne Inflation würde dies unmittelbar nach dem Urknall eine unglaublich genaue Abstimmung der Parameter verlangen, für die es im Rahmen der Standard-Kosmologie keine Erklärung gibt.

• Für den Fall einer inflationären Epoche wäre dies nur eine Konsequenz der ungeheuren Ausdehnung: aEnde/aBegin > 1030.

Warum Inflation ? Das Struktur-Problem

• Warum gibt es überhaupt Strukturen im Universum wie Cosmic Web und Galaxien?

Warum Inflation ? Das Eindeutigkeits-Problem

• Warum gibt es überhaupt ein Universum?

• Warum ist das Universum so, wie es ist? Wären die Wechselwirkungskonstanten wie Feinstrukturkonstante a und starke WW gs nur gering anders, hätte sich das Universum in eine völlig andere Richtung entwickelt!

• Dies ist eines der schwierigsten Probleme der Metaphysik, mit dem sich Physiker im Ruhestand gerne beschäftigen.

R²-Inflation in Loop-Kosmologie Starobinsky-Inflation 1980

Slow-Roll Phase

R²-Inflation Loop-Kosmologie

Grafik: Tao Zhu et al. 2017

Planck-Epoche universell

Spontaner Übergang zu Slow-Roll

R²-Inflation Zustandsgleichung Druck: Pf = w(f) rf

Grafik: Tao Zhu et al. 2017

Übergang zu Slow-Roll

Planck-Epoche

Infl

atio

n

Dauer der Inflation: Ninf = ln(aEnde/aT)

Sollwert = 60 - 70

Grafik: Tao Zhu et al. 2017

Was legt den Anfangswert des Feldes fest?

Inflation in Quanten-Kosmologie

Urknall geht gar nicht … Was war vor dem Urknall ?

Planck-Epoche

Vorgänger Universum

CMB

Martin Rees zur Inflation • „Die Inflation sollte man möglicherweise gar nicht als

spezifische Theorie, sondern lieber als »Szenario« ansehen. Und in diesem allgemeineren Sinne ist die Inflation noch höchst lebendig: Es ist immer noch die beste Idee, die wir haben, um die Größe des Kosmos und die Eigenschaften der Fluktuationen der Hintergrundstrahlung zu erklären. Das Problem ist allerdings, dass wir keine solide Vorstellung der Physik bei den immensen Energien haben, bei denen die Inflation auftritt (sie ist eine Billion Mal höher als das, was wir mit Teilchenbeschleunigern erreichen können). Messungen der Eigenschaften der Fluktuationen liefern uns zwar Einschränkungen für diese Physik und könnten zu neuen Tests führen oder gar Indizien gegen die Inflation liefern. Aber noch ist die Inflation ein gutes Konzept und es lohnt sich, darauf zu setzen.“

Martin Rees zur Lage der Physik

• „Jede Vereinigung von Gravitation und Quantentheorie muss beispielsweise mit großer Wahrscheinlichkeit die Planck-Länge beinhalten – und diese ist zwanzig Größenordnungen kleiner als ein Atomkern. Auf dieser Längenskala könnte der leere Raum eine komplexe Struktur zeigen. Es könnte sich dabei um die Struktur handeln, die sich aus der String-Theorie ergibt oder aus der Quantenschleifengravitation. Oder aus etwas völlig anderem. Die Optimisten hoffen, dass irgendeine derartige Theorie eines Tages zu Glaubwürdigkeit gelangt, weil sie die bislang unerklärlichen Parameter des Standardmodells erklärt, oder weil neue kosmologische Beobachtungen das Vakuum nahe der Planck-Skala überprüfen können. Wir wissen aber weder welche, noch ob überhaupt eine der gegenwärtigen Ideen auf der richtigen Spur ist.“