Die ersten zehn Exemplare dieses Katalogs wurden als … · 2014-03-13 · Holy Lovecat (Detail) Abb. 7 Der kleine Dalai Lama Abb. 4 Der treue Freund Abb. 5 Holy Lovecat. 9 Froschaugen

Die ersten zehn Exemplare dieses Katalogswurden als Vorzugsausgabe herausgegeben.

Dieses Buch trägt die Nummer

/ 500

Düsseldorf 2014

Cyrus OverbeckNeue Bronzenund Holzschnitte

Grupello

DAS AUGE LIEST MIT – schöne Bücher für kluge Le serwww.grupel lo.de

Von diesemKatalog wurde eine numerierte

und signierte Vorzugsausgabe mit einemOriginal-Holzschnitt von Cyrus Overbeck in zehn

leinengebundenen Exemplaren mit Blattgoldprägung und einemOriginal-Holzschnitt auf dem Einbandbezug hergestellt.

Handbindung: Buchbinderei AdolphsDüsseldorf-Flingern

Historische Rahmung: EGA-Rahmen, DüsseldorfFotos: Bruno Kehrein, Thilo Köpsel, Christian Friedrich Vahl

1. Auflage 2014

© by Grupello VerlagSchwerinstr. 55 · 40476 Düsseldorf

Tel. 0211 – 498 10 10 · Fax: 0211–498 01 83E-Mail : [email protected]

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-89978-214-1Vorzugsausgabe: ISBN 978-3-89978-215-8

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D er »Laienspiegel« gilt als eines der bedeu-tendsten Rechtsbücher der frühen Neuzeit.

Es wurde 1509 in Spiegelform in Augsburg ge-druckt. Verantwortlich für die Texte war UlrichTengler (1445 – 1522). Der Laienspiegel hatte zumZiel, Inhalte der römisch-rechtlichen Kultur wei-terzuvermitteln und richtete sich an eine Ziel-gruppe, die gerade nicht aus studierten Richternbestand. Vielmehr waren Volksanwälte, Dorfrich-ter und Gerichtsschreiber die Adressaten diesesTextes. Typisch sind die zahlreichen instruktivenHolzschnitte, die das Werk illustrieren. Beispiels-weise werden zum Thema Strafvollstreckung dieverschiedenen Todes- und Leibesstrafen, die demnicht Gesetzeskonformen drohen, ohne Gewich-tung nebeneinander bildlich dargestellt. Künstle-rischer Gestalter der meisten Holzschnitte ist einUnbekannter, der sich unter dem Kürzel HF ver-birgt. In späteren Ausgaben tauchen zusätzlichHolzschnitte des Meisters Hans Schäufelin auf.

Für Cyrus Overbeck besitzt der »Laienspie-gel« ein faszinierendes Element eines narrativenRealismus. Das Gesetz und seine Auswirkungenwerden nicht theoretisch analysiert, sondern er-zählt. Das Recht erhält seine Bedeutung durchdie Bilder, die es vermitteln. Man weiß nicht, obes das Recht, das Gesetz, die Gerechtigkeit, dieWahrheit, die Moral gibt, aber man nimmt mitseiner Angst wahr, daß es Grenzen gibt, die esbesser nicht zu überschreiten gilt. Wie bedeutsamdiese unakademische Rechtsäußerung war, läßt

Unerzählbare Geschichten eines narrativen RealistenChristian Friedrich Vahl

sich daran ermessen, daß es im Laufe des 16.Jahrhunderts mindestens vierzehn Druckausga-ben des Laienspiegels gegeben haben soll. Nichtzufällig gilt der in der Medizin bekannte »Mal-leus Maleficarum«, der Hexenhammer des Do-minikaners Institoris, als ein Vorbild des Laien-spiegels. Der Hexenhammer sammelt bestehendeVorurteile, stellt diese nüchtern dar, schafft klareRegeln und suggeriert, man könne auf einer ra-tionalen Basis mit dem Problem der Zaubereiund Hexerei umgehen und in der Verfolgung derHexen Gerechtigkeit erreichen.

Das Medium der »Verkündung« war in beidenBüchern der Buchdruck kombiniert mit demMedium Holzschnitt. Nicht zufällig setzte sichOverbeck mit Johannes Gutenberg, dem Erfin-der des Buchdruckes, der die Kombination vonText und Holzschnitt erst möglich machte, inkritischer und ehrerweisender Weise auseinander.Mit seiner Huldigung an Johannes Gutenbergstellt er sich selbst in die Tradition der Drucker(Abb. 3), in die Tradition der schwarzen Kunst.Schwarze Kunst umfaßt dabei nicht nur denHolzschnitt, sondern auch die Radierung, die Li-thographie, den Kupferstich und andere mo-derne Formen der Druckgraphik.

Mit dem scheinbar simplen Medium »Holz-schnitt« hatte der frühe Overbeck bereits für Fu-rore gesorgt. Seine radikal reduktionistischen Ar-beiten haben ihren Weg zu Sammlern und in Mu-seen gefunden. Jetzt stellt sich Overbeck wieder

mit einer Holzschnittserie vor, die paraphrasiertwird von Bronzen, die nicht schwarz-weiß, wiedie Drucke, aber immerhin fast schwarz und fastsilbern daherkommen. Wenn man sich den Ar-beiten stellt, begibt man sich in eine Art Hexen-küche, in der explosives Material vorgehaltenwird. Aufklärend wie der Laienspiegel angesichtseiner urgewaltigen kaum zu beherrschenden ir-rationalen Kraft, die auch ein Hexenhammernicht in den Griff bekommt.

Explosiv wird selbst der Begriff der Freund-schaft. Cyrus Overbeck zeigt eine Bronze voneinem schwarzen Wolf mit Rose. (Abb. 4)

Dieses Tier ist nichts anderes als ein blindertreuer Freund. Erblindet ist das Tier durch dieEdelsteine, die es in seinen Augenhöhlen trägt. Es 6

sieht nicht mit den Augen, dieses Tier nimmt mitder überdimensionierten archaischen Sensibilitäteiner Rose wahr. Man mag unwillkürlich rezitie-ren: »Der Hund ist dir im Sturme treu, derMensch nicht mal im Winde«. Die Rose ist nichtsanderes als ein Statthalter der Liebe. Eine Liebe,die sich manchmal verbiegen muß: Ist es ein do-mestizierter Wolf oder ein verwilderter Hund, derso treu ist. Beide heulen den Mond an. Wir lebenin einer Welt, in der sich Haß, Neid und Giernicht ändern und wohl auch sich nicht ändernwerden. Aber, auch das Urgefühl der Treue ändertsich nicht. Zwei Rubine in den Augen. Etwas un-heimlich werwolfhaftes zeichnet diese Bronzeaus: Es gibt Bereiche unserer Welt, in denen manmit Alltagsaugen das Wesentliche nicht erfaßt.

Abb.Ausschnitt eines Holzschnittes aus dem Laienspiegelmit realistisch dargestellter Bestrafungsdramaturgie

Abb. 1Holzschnittes aus dem Hexenhammer mit ornamentalenMohnblüten

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Dieses aber sieht vielleicht der archaische Hund,der als treuer Freund mehr anbietet als eine ein-fache Freundschaft im Sichtbaren. (Abb. 5)

Wer vom Hund spricht, muß auch die Katzeansprechen. Overbecks Bronze, komplett versil-bert, spielt mit der Rezeption der ägyptischenheiligen Katze. Overbecks Katze ist im Begriff,den Sockel, auf dem sie steht zu verlassen: Sieverläßt den Bereich des Gewohnten. Sie hat nurein Auge, einen rosa Saphir mit Brillantschliff.Kann man unmittelbarer ausdrücken, daß Liebezwar blind macht, daß es aber gleichwohl einGenuß ist, ein Moment der Schönheit, auf dieseLiebes-Weise blind zu sein? Liebe macht blind.Sie erhellt das Leben. Selbst eine dunkle Bronzehört auf, Bronze zu sein und veredelt sich inRichtung Silber. Um die Vergänglichkeit diesesGefühls weiß die Katze: Vier demolierte Herzencharakterisieren den Denkmalssockel, auf demsie steht. Keine Liebe, die nicht auch zerstört.Wie die Liebe der Katze zum Vogel, den sie er-morden wird. (Abb. 5 und 6)

Die Zerstörung durch Liebe und Erwähltseinbringt uns der kleine Dalai Lama nahe (Abb. 7).Eine ebenso schreckliche wie anrührende Ge-schichte, daß Menschen ein liebesbedürftiges Kindeinem unwiderruflichen Erwähltsein unterwerfen.Dieses Kind, das alle als gottgleich lieben und ver-ehren, ist doch von Kindesbeinen an der Liebe ent-zogen, nach der es sich sehnt. Overbeck zeigt einversilbertes Gesicht. Das Kind erzählt – wie dieKatze – von der Schrecklichkeit Liebe. Sein Kopfzeigt Deformitäten und Verletzungen, die man so-fort wahrnimmt, ohne zu wissen, warum dieserEindruck entsteht. Durch die Berufung, die nichtseine eigene ist, sondern die Erwartung der ande-ren, ist und bleibt dieses Kind verletzt und entstellt.

Befremdend wirkt vor diesem Hintergrunddas »Ornament der Liebe« (Abb. 8). Der ganzeSchädel ist kompromißlos mit Ornamenten ge-schmückt. Auch die archaischen Momente im

Leben eines Menschen haben ihre eigene Vitali-tät, die der Selbstverständlichkeit und Ungebro-chenheit tierischen Verhaltens nahekommt. Auchdie Liebe folgt vielleicht einer Ordnung, nur er-kennen wir sie nicht, blind vor Liebe. Sehrschroff und kitschig zugleich ausgedrückt durchdie Herzen in den Augenhöhlen. Die Liebemacht uns blind und rasend wie ein Stier. Auchdie frechen Hörner sind vergänglich, aber sie sindnotwendig, um den Kampf um die Liebe führenzu können. Die Rose, die welken kann, zeigt, wiezart und vergänglich alles ist, was wir haben.Nichts schmückt einen Menschen mehr als dieLiebe. Sie ist das wahre, vitale Ornament, dasjeden Menschen schön macht. Wer die Liebe hat,ist vital, wer die Liebe hat, lebt. Wer die Liebe

Abb. 3Titelbild der Vierteljahreshefte für Kultur, Politik,Wirtschaft, Geschichte (Mainz, 2011)

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hat, ist schön und wird selbst zum Ornament derLiebe für alle anderen, die ihn sehen.

Overbeck variiert dieses Motiv mit seinemRosenfroschkönig. (Abb. 9) Er freut sich an dem

vordergründig romantisch Kitschhaften seinerArbeit. Der Frosch steht in der Kunstgeschichteunter anderem für Fruchtbarkeit. Kitsch gehörtzum Leben dazu, wie die Ratio. Jedes Kind kenntdas Märchen vom Froschkönig. Wo ist der Erlö-sungsanspruch dieses Frosches? Man soll denFrosch ja nicht küssen, sondern an die Wandwerfen. Es gibt keine Liebe, ohne, daß der andereeinen testet. Weiße Saphire in den Augen desFrosches leuchten bernsteinhaft wie echte

Abb. 6Holy Lovecat (Detail)

Abb. 7Der kleine Dalai Lama

Abb. 4Der treue Freund

Abb. 5Holy Lovecat

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Froschaugen. Was will dieser Frosch mit uns an-stellen? Den Kuß oder den Flug an die Wand?

Vergleichbar frech und kompromißlos kit-schig, einmalig in der Kunstgeschichte, ist derRosenhengst; eine Bronze, bei der der Künstlernicht zurückschreckt, die edle Bronze unsichtbarzu machen und durch die kitschigste und unpas-sendste aller Farben zu überdecken: Der starkeHengst wird komplett rosa angemalt und nimmtdamit die Lieblingsfarbe eines Mädchens imKleinkindalter an (Abb. 10).

Diese freche, vitale Reihe von Arbeiten findetsich in den Holzschnitten um andere Nuancen er-gänzt. Wir sehen eine Rose, eine Frau, ein Raubtier,Herzen, Schmetterlinge, Ornamente. Die Holz-schnitte rufen uns zu: Ich erzähle Dir von meinemLeben, ich kämpfe für meine Liebe. Es ist gefähr-lich, dieses Spiel, wie der Tiger mit Löwenkopf unssagt. Es ist ein Spiel, das im Dunklen stattfindet:

Darauf deutet der Leuchter hin, ein Spiel in derNacht. Das Blatt spricht von einer Handlung inder Nacht. Man nimmt von außen nichts wahr.Das Sehen verschiebt sich auf eine emotionaleEbene, die kein Tageslicht benötigt (Abb. 11).

Overbeck weiß durchaus, daß seine Arbeitenaufwühlen und irritieren können. Dennoch ist erimmer wieder verwundert über die ernsten Ge-sichter vieler Menschen, die seine Arbeiten wahr-nehmen. Er läßt sie mit Genuß im Ungewissen,wenn sie ein abstraktes, theoretisches gemeinsa-mes Konzept hinter seinen Arbeiten suchen. Wiepaßt das alles zusammen? Diese Frage spiegeltsich in den Gesichtern seiner Rezipienten. UndOverbeck antwortet allenfalls: »Vielleicht paßt esnur auf der Ebene, auf der Ihr jetzt wahrnehmt,nicht zusammen. Geht vom Holzschnitt zurBronze und von der Bronze zum Holzschnitt.Irgendwann wird etwas mit Euch passieren!«

Abb. 8Ornament of Love

Abb. 9Rosenfroschkönig

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Overbeck ist getrieben von seiner Berufung. Ersieht sich als genuine Erkenntnisquelle. Er ver-spürt, wie Ortega y Gasset es sagen würde,Schmerz in einem Organ, das er gar nicht hat, unddieses Organ zwingt ihn, Kunst zu schaffen, sichimmer wieder aufs Neue auszudrücken. Er willwahrgenommen und angenommen werden. Erwill sich und seine Erkenntnis vermitteln. Undwenn es ihm nicht mit dem einen Medium gelingt,versucht er es auf andere Weise: Radierung,Bronze, Holzschnitt und Kupferstich, Lithogra-phie und Strichzeichnung, Öl und Acryl – in allenAusdrucksformen hat er Meisterschaft erreicht.Er erzählt. Immer wieder anders, immer wiederneu. Er erzählt von Tod und Vergänglichkeit, vonGlück und Sehnsucht, von Liebe und Zerstörung,von Religion und Mythen; er erzählt vom Leben,

das wir leben müssen und nicht immer leben kön-nen. Er erzählt das Leben, dem wir ausgesetztsind. Dem Leben, das jeder zu gestalten versucht,der doch gleichwohl von der Formenvielfalt derDinge, die ihm begegnen, immer wieder überwäl-tigt wird und zurückbleibt im Reigen von My-then, Bildern und Träumen, die man erzählenkann oder auch nicht. Und man kann nicht mehrerzählen, nicht etwa, weil man nichts mehr zusagen hat, sondern weil es zu viel ist, was gleich-zeitig nach Ausdruck drängt. Cyrus Overbeck er-zählt heute unerzählbare Geschichten.

Er vermeidet es, seine Erzählungen und Ideenin gefällige Formen zu übersetzen. Er will nichtabschrecken, das wäre ihm zu billig und zu ein-fach. Aber er will auch ganz bewußt ungefälligbleiben. Sich dadurch Distanz schaffen. Kommeihm ja keiner zu nahe.

Overbecks Kunst ist durch die narrative Ver-dichtung sehr instruktiv. Dinge, die sich wech-selseitig beeinflussen wie kultureller Hinter-grund, persönliche Psychologie, zeitgeschichtli-che Einordnung, Haltungen, präsentiert er in sei-nen Holzschnitten in höchster Verdichtung.Aber alles ist nebeneinander gleich wichtig. Esgibt keinen Vordergrund, keinen Hintergrund,keinen Farbencode. Alles darf für sich dieselbeWichtigkeit, dieselbe Realität beanspruchen. Wiedie Strafen im Laienspiegel. Und so funktioniertdie Erzählung. Cyrus Overbeck sagt mit einemHolzschnitt alles: Er stellt seine Geschichte undseine Vorstellung erzählerisch dar und vernichtetsie gleichzeitig, weist sie durch die für den Holz-schnitt typische Spiegelung immer bereits als im-manent fragwürdig aus. Für das Aufzeigen der-artiger Fragwürdigkeiten brauchte man – wennman alles aufschreiben wollte – 500 Seiten Text.Ihm genügt ein Druck.

Overbeck wünscht sich Rezipienten, die mög-lichst unvoreingenommen auf seine Holzschnitteund Bronzen zugehen. Er weiß aus praktischer

Abb. 10Holy Loveboy

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Erfahrung, daß er mit seiner Kunst auch Rand-gruppen unserer Gesellschaft erreicht, die eigent-lich nicht als die »cultural people« gelten. Er lädtsie ein in sein Atelier und bewirtet sie dort: Ver-zweifelte, Arbeitslose, Entwurzelte, Heimatlose,Alte und Behinderte. Er versorgt sie mit Brotund Wein und spricht mit ihnen über seine Ar-beiten. Und seine Arbeiten erreichen die Be-trachter. Er wünscht sich Betrachter, die nochnicht in Kunst und Rezeptionsästhetik trainiert– oder wie er sagen würde: »abgerichtet« – sind.Wir leben in einer Gesellschaft von Codes undSlogans, und diese Codes haben sich längst auchin der Kunstszene etabliert und bedrohen diese,wie Overbeck glaubt. Die »Trainiertheit« im öf-fentlichen Leben sehen wir am deutlichsten beiden politischen Slogans. Wenn in der Politik be-

stimmte Reizwörter fallen, dann reagieren diePresse, die Medien, die Bürgerschaft so wie einHund, der eine Pfeife gehört hat, der er scheinbarfreiwillig gehorcht. Overbecks Kunst verwandeltden Betrachter gerade nicht in einen servilenHund. Dieser Hund taucht gleichwohl in man-chen seiner Arbeiten auf, auch als schmunzelnderAppell, sich nicht kulturell abrichten zu lassen.Nicht auf den Hund zu kommen.

Eines kann festgehalten werden: Der Künstlerist 2014 in ausgezeichneter Verfassung. Er schlägtmit seinen Holzschnitten alle Einwände um ihnherum kurz und klein. »I holzschnitt you underthe table«, sagt Overbeck all denen, die Holz-schnitte nicht mehr für zeitgemäß halten. Ertaucht auf mit einer kraftstrotzenden neuen Holz-schnittkultur. Man sieht den Schnitten noch die

Abb. 11Holzstock

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körperliche Arbeit und Kraft an, die er benötigte,sie zu erstellen, aber auch das Feingefühl, die Li-nienführung. Von Zartheit bis Grobheit ist allesverwirklicht. Mit den Farben verhält es sich ähn-lich: von quietschenden Bonbonfarben bis zumbedrohlichen Schwarz – alles nebeneinander. Mansieht nicht nur die Kraft der Idee, sondern auchdie Kraft des Armes des schnitzenden Künstlers,der sich mit der Stärke des Holzes mißt. EinKünstler, der in seiner Kunst lebt (Abb. 12).

In die von marktorientierten Galeristen insze-nierte Kunstszene will Overbeck nicht hinein-passen. Weder gehört er zur Gruppe der weiner-lichen und irgendwie kindisch wirkenden jungenKünstler, die aus sich eine Marke machen wollen,noch zu der Gruppe der arrivierten und rechtha-berischen von den Medien gefeierten Künstler.Ihn interessiert dieser Kunstmarkt nicht. Wennandere Künstler im Gefängnis ihrer Kunstkriti-ker und Galeristen leben wollen, dann sollen siesich gefälligst selbst einsperren. Das verweigertOverbeck. Und er hat in Bruno Kehrein einenGaleristen gefunden, der ihn gewähren läßt.

Die kräftigen Faustschläge auf die Kunstge-schichte, die Overbeck austeilt, sollten weder dieKunstkritiker, noch die Galeristen, noch andereRezipienten in sanfte Damenseufzer verwandeln.

Nach einer Nacht des Holzschnittes in Esensfragte mich einmal Overbeck: »Wer nimmt sichdes Normalbürgers an und erweckt in ihm denGlauben an die Möglichkeit intelligenter Verän-derung der Gesellschaft?« Seine Antwort ist klar.Er nimmt sich des Normalbürgers an. Er glaubtan Veränderung. Und seine Kunst steht imDienst dieser Veränderungen. »Die richtige Me-thode für die Suche nach der Wahrheit ist dochnur ein Begleitprodukt der Suche nach dem vol-len Leben«, so Overbeck. Seine Arbeiten erzäh-len davon, daß man den Mythen, den Träumen,dem Realen und dem Nicht-Realen, dem Gegen-wärtigen und dem Vergangenen trauen muß. Daß

man sich einlassen muß, alles nebeneinanderwahrzunehmen. Nichts künstlich zu unterdrük-ken, um sein Leben, seine Wahrheit zu finden.

Jede Arbeit von Overbecks aktuellen Arbeitenenthält einen kleinen Anteil der Aussagen, die ihrzu widersprechen scheinen. So als ob das, was siecharakterisiert, verwoben ist mit Elementen, diesie nicht charakterisieren. Das wiederum ist alleindurch die Spiegelung bedingt, die der Holz-schnitt erzeugt. Aber auch die Bronzen werdenin einem Negativ gegossen, das erst das Positivmöglich macht. Bronzen und Holzschnitte teilendas Prinzip der Verspiegelung.

Overbeck wünscht sich, daß wir, sobald wiruns auf seine Arbeiten einlassen, den Einfluß aufunsere Pupille verlieren. Sie guckt wohin sie will.Nach Anaxagoras ist alles mit allem vermischt.Anaxagoras’ Erkenntnis, daß in jedem Stück Brotein Stück Fleisch steckt, ist mehr als 2000 Jahre alt.Unsere Begriffe sind gebaut unter der Annahme,daß jedes Ding (wir selbst eingeschlossen) ein be-stimmtes Ding ist und nicht ein anderes. Stimmtdas? Jetzt nähern wir uns dem, was die ArbeitenOverbecks zusammenhält: Als Kind hat jeder vonuns an Hexen geglaubt. Wir haben mehr an Hexenals an Gesetze geglaubt. Der Hexenhammer hattevor dem Laienspiegel das größere Gewicht.Manchmal glauben wir auch heute als Erwachsenenoch daran. Aber nicht mit unserem Gehirn, son-dern mit unserer Sehnsucht oder unserer Angst.Auch an Götter glauben wir nicht mit unseremGehirn, sondern mit unserer Sehnsucht.

»Man muß in der Kunst so viele Methoden ein-setzen wie es geht; Schwindel, Kitsch und Lügegehören dazu; schnell von einer Methode auf dieandere übergehen, wenn man es für angemessenhält. Nur so bringt man die Kunstgeschichte nachvorne«, meint Overbeck. Elastizität der Anschau-ungen und eine gewisse Inkonsistenz sei für denKünstler zwingend geboten, weil die Welt, in derwir leben, bunt ist. Es gibt heute mindestens 50

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verschiedene Stile, eine Frau für sich zu gewinnenund sie zu heiraten. Wenn man nur einen Stilkennt, bleibt man alleine. Das war vor 200 Jahrennoch ganz anders. Overbeck ist nicht nur ein aus-gezeichneter Künstler, sondern auch ein ausge-zeichneter Verführer. Auf seinen Holzschnittenund auf seinen Bronzen liegt eine dünne Schichtpersischen Parfüms. Und es liegt über ihr die reineglasklare Luft der Nordseeküste. Er neigt zu Ex-zessen in der Ausdrucksweise und nicht zur Ge-nauigkeit. Er zieht die Dramatik, das Pathos, derWahrheit vor. Und er zeigt größte Wertschätzungeinem Gegenwartskünstler gegenüber, der das ge-naue Gegenteil von ihm tut, der auf der spiegel-bildlichen Gegenseite seines Verständnisses vonRealismus steht. Er verneigt sich vor dem Werkvon Heiner Altmeppen. Beide Künstler beherr-schen alle Techniken, vom Öl, zum Holzschnittzur Radierung bis zur Plastik. So dürfen wir unseinlassen auf Ikonen der Gegenwartskultur, my-

thengleiche Idealbilder, Sehnsuchtsprojektionen,Traumvorstellungen. Overbeck reduziert die Dar-stellung, so daß die Wiedererkennbarkeit gegebenist. Die Personen haben aber alles Individuelle undPersönliche verloren, so daß sie zu Trägern einerschablonenhaften Botschaft werden, zu Kultur -ikonen, die einfachen Marktgesetzen unterworfensind. Sie werden zum Gegenteil dessen, was sie ei-gentlich sind. Auf den Bronzen und auf den Holz-schnitten sind ornamentale Elemente zu sehen, diedas Ornament nicht verklären. Die mit demKitsch spielende Farbgebung verdeutlicht, daßdiese Elemente ihre Herkunft aus der Kunst desIslam nicht verleugnen. Aber hier hat eine Trans-formation stattgefunden, die auf Unendlichkeitund Ewigkeit verweist, ohne daß Overbeck eineEinbindung in religiöse Vorstellungen erwartet.

Und damit ist das Problem konkretisiert:Overbeck erzählt uns unerzählbare Geschichten.Aber diese Geschichten zählen.

Abb. 12»Ein Künstler, der in seiner Kunst lebt.«

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»Holy Loveboy«Bronze, teilvergoldet

zwei Rubinezwölf weiße Saphire

eine PerleAcryfarbe

Guß: Ara Kunst(Altrandsberg)

Auflage 17H 42 x B 36 x T 27 cm

2014

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»Dornröschen«Bronze, teilversilbert



2014

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»Die immerwährendeRosenblüte«

Bronze, versilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


2014

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»Ich wär gern andersals ich bin«

Bronze, versilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


2014

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»Love Scull«Bronze, versilbert



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»Der kleine Liebesbote«Bronze, versilbert



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»Lovesailor«Bronze, versilbert



2014

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»Rosenköpfchen«Bronze, versilbert



2014

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»Ornament of Love«Bronze, versilbert



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»Der kleine Dalai Lama«Bronze, teilversilbert



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»Holy Lovecat«Bronze, versilbert

ein rosa SaphirGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


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»Der treue Freund«Bronze, teilversilbert

zwei RubineGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


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»Rosenfroschkönig«Bronze, teilversilbert

zwei weiße SaphireGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


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»Madonna«Bronze, teilversilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg) Auflage 17H 65 x B 35 x T 23 cm2013

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»Vor der Taufe«Bronze, teilversilbert



2013

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»Rosenhengst«Bronze, teilversilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg) Auflage 17H 42 x B 36 x T 27 cm2013

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»Winner«Bronze, teilversilbert



2013

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»Rosenmadonna«Bronze, teilversilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)Auflage 17H 28 x B 25 x T 26 cm2013

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»Ich höre nurauf mein Gefühl«

Bronze, teilversilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)


2013

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»Rosenköpfchen«Bronze, teilversilbertGuß: Ara Kunst(Altrandsberg)Auflage 17H 17 x B 13 x T 11 cm2013

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»Wunschkind«Bronze, teilversilbert



2013

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»Rosenschädel«Bronze, teilversilbertGuß: Schmäke(Düsseldorf)Galvanik: Ara Kunst(Altrandsberg)Auflage 17H 17 x B 13 x T 11 cm2013

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»Rosenschädel«Bronze, vollversilbert

Guß: Schmäke(Düsseldorf)

Galvanik: Ara Kunst(Altrandsberg)


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Arrangementsam Modell

für Bronzeskulpturen

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»Poem of Love«Holzschnittund Spraying140 × 110 cm2014

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»Flow River Flow«Holzschnitt

und Spraying137 × 110 cm

2014

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»Der süße Traum«Holzschnittund Spraying52 × 80 cm2014

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»Whish you were here«Holzschnitt


2014

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»Die Braut«Holzschnittund Spraying62 × 51 cm2014

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»Loveboy«Holzschnitt


2014

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»Ornament of Love«Holzschnittund Spraying145 × 110 cm2014

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»Rosenbraut«Holzschnitt


2014

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»Spacecat«Holzschnittund Spraying61 × 31 cm2014

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»Lovecat«Holzschnitt


2014

»Auf der Pirsch«Holzschnitt


2014

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»Butterflies of Love«Holzschnittund Spraying61 × 31 cm2014

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»Schmetterling«Holzschnitt


2014

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»Die ewige Rose«Holzschnitt und Spraying60 × 51 cm2014

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»Happy Ara«Holzschnitt


2014

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»Wälsungenblut«Holzschnittund Spraying160 × 110 cm2014

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»Playing at the Beach«Holzschnitt


2014

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