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Manöver durchführte. Die Maschinen flo- gen Patrouille in internationalem Luftraum in einem Abstand von etwa 70 Kilometern zur libyschen Küste, als sie plötzlich zwei li- bysche Kampfflugzeuge auf sich zukom- men sahen. Mehrfach veränderten die ame- rikanischen Piloten Kurs und Höhe, doch die libyschen Jäger blieben auf Kollisions- kurs. Dies interpretierte der Kommandant der amerikanischen Führungsmaschine als Angriff und schoß die beiden libyschen Ma- schinen ab. Eine vorherige Warnung konnte er nicht abgeben, da die Funksysteme der beiden Seiten offenbar inkompatibel sind. Ebenso inkompatibel sind die Interpretatio- nen der Fakten auf beiden Seiten. Seit 1973 beansprucht Libyen das Seegebiet der Gro- ßen Syrte ohne völkerrechtliche Legitima- tion als nationales Hoheitsgewässer, was von vielen Staaten, auch von den USA und selbst von der Sowjetunion, abgelehnt wird. Im März 1986 drohte Oberst Ghaddafi den USA mit einem Raketenangriff auf ameri- kanische Kriegsschiffe, falls die Sechste Flotte Manöver in der Großen Syrte abhiel- te. Als die USA die Herausforderung annah- men, griffen libysche Patrouillenboote Schiffe der Flotte an. Die überlegenen Ame- rikaner schlugen den Angriff zurück und versenkten insgesamt vier libysche Boote. Am 15.April 1986 griffen amerikanische Bomber als Vergeltung für ein Bombenat- tentat ajif die Berliner Diskothek >La Belle- von Großbritannien aus Ziele in Tripolis und Bengasi an (vgl. Hermann Weber, Ge- walt, Gegengewalt, Gewaltverbot, VN 2/ 1987 S.50ff.). Zeitlich fällt der Abschuß i m Januar mit ei- nem Vorwurf zusammen, den die USA seit November 1988 erhoben: Libyen beabsichti- ge, in einer Pharmafabrik bei Rabta chemi- sche Waffen zu produzieren. Trotz gegentei- liger Beteuerungen Libyens (S/20271) droh- ten die USA im Dezember mit einer weite- ren Militäroperation. Während die Vereinigten Staaten einen Zu- sammenhang dieser Angelegenheit mit dem Abschuß am 4.Januar 1989 verneinten, warf der libysche Delegierte in der ersten Ratssitzung den USA vor, sein Land durch systematische Provokationen in eine direk- te militärische Auseinandersetzung verwik- keln zu wollen. Der Vorwurf der USA, Liby- en beabsichtige die Produktion von chemi- schen Waffen, sei ein fadenscheiniger Vor- wand und Teil einer Desinformationskam- pagne. In seiner Erwiderung bestritt der amerikani- sche Vertreter derartige Zusammenhänge mit dem Hinweis, die Fabrik in Rabta liege 600 Meilen vom Abschußort entfernt. Auch den Vorwurf der Provokation wies der ame- rikanische Vertreter zurück. Manöver die- ser Art seien im Vorjahr zwölfmal durchge- führt worden und stellten keine Bedrohung für Libyen dar. II. Bahrain verurteilte im Namen der Arabi- schen Gruppe den Abschuß als aggressiven Akt und forderte abschreckende Maßnah- men (deterrent measures), u m eine Wieder- holung zu vermeiden, ohne jedoch solche Maßnahmen genauer zu beschreiben. Auch die folgenden Redner arabischer und unge- bundener Staaten verurteilten oder bedau- erten den Vorfall in verschieden starker Sprache. So warf Kuba den USA »Imperialis- mus« vor. A m weitesten ging der afghani- sche Delegierte, der den Vorfall als »Frie- densbruch" in der Sprache des Kapitel VII der UN-Charta bezeichnete. Uganda berief sich auf eine Erklärung der Bewegung der Blockfreien vom 5.Januar, in der die »Ag- gression« der USA als »Akt des Staatsterro- rismus« und als »Verletzung des Völker- rechts« verurteilt wurde (S/20377). Brasi- lien schlug in moderatem Ton die Inan- spruchnahme der Guten Dienste des Gene- ralsekretärs vor, um die Parteien zum Dia- log zu ermutigen. In ebenfalls gemäßigten Worten erklärte der sowjetische Vertreter, daß weder Flugzeuge noch Schiffe der USA in der Region angegrif- fen worden seien. Die Tatsache, daß ein Flugzeug dem anderen in internationalem Luftraum nahe komme, sei kein Grund, das Feuer zu eröffnen. Er verglich den Vorfall mit dem Abschuß eines iranischen Zivil- flugzeugs durch amerikanische Schiffsrake- ten im Juli 1988. Beide Situationen seien wegen eines stereotypen Feindbildes zu- stande gekommen. Ohne näher auf die USA einzugehen, forderte der sowjetische Vertre- ter den Verzicht auf die Anwendung von Ge- walt, vor allem durch die Großmächte, so- wie eine nuklearwaffenfreie Zone im Mit- telmeer. Sobald die USA ihre Marine aus dem Mittelmeer abzögen, werde die Sowjet- union das gleiche tun. Auch China vermied eine harte Sprache und rief die USA ledig- lich dazu auf, alle ihre militärischen Aktio- nen gegen Libyen einzustellen. Beide Streit- parteien sollten sich zurückhalten, um eine Verschlimmerung der Lage zu vermeiden. Der finnische Delegierte bemerkte, daß bei- de Seiten ihre Operationen als Routineflüge verteidigt hatten. Es bestehe offenbar ein Bedarf für einen internationalen Verhaltens- kodex für See- und Luftstreitkräfte, um Mißverständnisse auszuschließen. Regeln über das Verhalten von Patrouilleflugzeu- gen und Aufklärungsflügen könnten inter- nationalisiert und formalisiert werden, um derartige Aktivitäten nicht mehr als Bedro- hung zu interpretieren. Mehrere Delegierte, darunter die aus In- dien, Marokko und Bangladesch, warnten davor, das kooperative weltpolitische Klima des Vorjahrs zu verschlechtern. Auch der Vertreter der DDR verwies darauf, daß die Politik der Konfrontation seit langem nicht mehr zeitgemäß sei, und drückte seine Hoffnung aus, daß die Initiative von Oberst Ghaddafi für direkte Gespräche mit Vertre- tern der USA dort nicht mehr zurückgewie- sen werde. Der rumänische Vertreter wie- derholte eine bereits mehrfach geäußerte Position seiner Regierung, daß der interna- tionale Luft- und Seeraum allgemein von militärischer Präsenz freibleiben sollte. III. Ein Resolutionsentwurf, der von den sieben der Bewegung der Blockfreien ange- hörenden Mitgliedern des Sicherheitsrats zur sechsten Ratssitzung eingebracht wor- den war (S/20378; Text: S.79 dieser Ausga- be), scheiterte am Veto der westlichen Groß- mächte i m Sicherheitsrat. Kanada stimmte ebenfalls dagegen, Brasilien und Finnland enthielten sich der Stimme. Im April 1986, nach dem amerikanischen Bombenangriff auf Tripolis und Bengasi, war ein ähnlicher Entwurf am selben Veto gescheitert (S/ 18016/Rev.l; Text: V N 5/1986 S.184). Für die Ablehner war der Entwurf zu einsei- tig (Kanada), beruhte auf falschen Annah- men (Großbritannien) oder einer unpräzi- sen Faktenlage (Frankreich). Der französi- sche Vertreter kritisierte außerdem, daß der Resolutionstext eine Absicht der USA bei dem Vorfall impliziere und schon allein ter- minologisch unausgewogen sei: einerseits sei von »libyschen Aufklärungsflugzeu- gen«, andererseits jedoch von »Streitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika« die Rede. IV. Noch im Dezember 1988 hatte die Ge- neralversammlung unter allgemeiner Zu- stimmung in ihrer Resolution 43/84 ihre Sorge über andauernde Militäroperationen im Mittelmeer ausgedrückt; wie schon 1981 bei einem ähnlichen Abschuß zweier libyscher Kampfflugzeuge durch amerikani- sche Jäger hat sich auch der Zwischenfall vom 4.Januar 1989 an einem Militärmanö- ver entzündet. Im Sicherheitsrat behaupteten beide Seiten, daß sie von der anderen Seite provoziert worden seien (USA) beziehungsweise stän- digprovoziert würden (Libyen). Ferner rekla- mierten beide Kontrahenten ihre Flüge vom 4.Januar als Routineeinsätze. Die Rede- schlacht im Sicherheitsrat erinnert stark an Debatten der Generalversammlung, in de- nen es mehr um rhetorische Kämpfe als um das Bemühen um friedliche Streitbeilegung ging. Über den Konflikt Washington-Tripo- lis hinaus war es eine Kontroverse USA- Blockfreie,- die Sowjetunion und auch Chi- na hielten sich deutlich zurück. Peter Bardehle Abrüstungskonferenz: Weiterhin Stillstand beim Problem der Atomrüstung - Schwieri- ge Detailverhandlungen über eine C-Waf- fen-Konvention (11) (Dieser Beitrag setzt den Bericht in VN 1/ 1988 S.24f. fort.) Die Abrüstungskonferenz, die vom 2.Febru- ar bis zum 29.April und vom 7,Juli bis zum 20.September in Genf zusammentrat, stand 1988 im Schatten weit spektakulärer Ereig- nisse, die zum gleichen Thema gehörten. Die erfolglos verlaufene dritte Sondergene- ralversammlung zur Abrüstungsfrage (vgl. VN 5/1988 S.159f.) und die internationale Debatte über den Einsatz chemischer Waf- fen im Mittleren Osten nahmen die Auf- merksamkeit der Weltöffentlichkeit mehr in Anspruch als die eher technischen Ver- handlungen der 40 Teilnehmerstaaten der Genfer Treffen, die nach wie vor das einzige multilaterale Forum für weltweite Abrü- stungs- und Rüstungskontrollverhandlun- gen sind. 66 Vereinte Nationen 2/1989

die folgenden Redner arabischer und unge · Schiffe der Flotte an. Die überlegenen Ame rikaner schlugen Angrif den zurücf k und versenkten insgesamt vie r libysche Boote. Am 15.Apri

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Page 1: die folgenden Redner arabischer und unge · Schiffe der Flotte an. Die überlegenen Ame rikaner schlugen Angrif den zurücf k und versenkten insgesamt vie r libysche Boote. Am 15.Apri

Manöver durchführte . D i e M a s c h i n e n f l o ­gen Patroui l le i n i n t e r n a t i o n a l e m L u f t r a u m i n e i n e m A b s t a n d v o n e twa 70 K i l o m e t e r n z u r l i b y s c h e n Küste, als sie plötz l ich z w e i l i ­bysche Kampff lugzeuge auf s ich z u k o m ­m e n sahen. M e h r f a c h veränderten die ame­r i k a n i s c h e n P i l o t e n Kurs u n d Höhe, doch die l i b y s c h e n Jäger b l i eben auf K o l l i s i o n s ­k u r s . D i e s i n t e r p r e t i e r t e der K o m m a n d a n t der a m e r i k a n i s c h e n Führungsmaschine als A n g r i f f u n d s c h o ß die be iden l i b y s c h e n M a ­sch inen ab. Eine vorher ige W a r n u n g k o n n t e er n i c h t abgeben, da die Funksysteme der beiden Seiten offenbar i n k o m p a t i b e l s ind . Ebenso i n k o m p a t i b e l s i n d die I n t e r p r e t a t i o ­n e n der Fakten auf be iden Seiten. Sei t 1973 beansprucht L i b y e n das Seegebiet der Gro­ßen Syrte ohne völkerrecht l i che L e g i t i m a ­t i o n als nat ionales Hoheitsgewässer , was v o n v i e l e n Staaten, auch v o n den U S A u n d selbst v o n der S o w j e t u n i o n , abgelehnt w i r d . I m März 1986 drohte Oberst Ghaddaf i den U S A m i t e i n e m Raketenangri f f auf a m e r i ­kanische Kriegsschiffe, fal ls die Sechste F lo t te Manöver i n der G r o ß e n Syrte abhie l ­te . A l s die U S A die Herausforderung annah­m e n , g r i f f e n l ibysche Pat roui l l enboote Schiffe der F lot te an. D i e überlegenen A m e ­r i k a n e r schlugen den A n g r i f f zurück u n d versenkten insgesamt v i e r l ibysche Boote. A m 1 5 . A p r i l 1986 g r i f f e n amer ikanische Bomber als Vergel tung für e i n Bombenat ­t e n t a t ajif die Ber l iner D i s k o t h e k >La Belle-v o n G r o ß b r i t a n n i e n aus Z i e l e i n T r i p o l i s u n d Bengasi an (vgl . H e r m a n n Weber, Ge­w a l t , Gegengewalt , G e w a l t v e r b o t , V N 2/ 1987 S.50ff.).

Z e i t l i c h fällt der A b s c h u ß i m Januar m i t ei­n e m V o r w u r f z u s a m m e n , den die U S A seit N o v e m b e r 1988 erhoben: L i b y e n beabsicht i ­ge, i n einer P h a r m a f a b r i k bei Rabta c h e m i ­sche Waffen z u produzieren . T r o t z gegentei­l iger Beteuerungen Libyens (S/20271) d r o h ­t e n die U S A i m Dezember m i t einer w e i t e ­ren Mil i täroperat ion. Während die Vere in igten Staaten e inen Z u ­s a m m e n h a n g dieser Ange legenhe i t m i t d e m A b s c h u ß a m 4.Januar 1989 v e r n e i n t e n , warf der l ibysche Delegier te i n der ersten Ratss i tzung den U S A vor, sein L a n d d u r c h systematische P r o v o k a t i o n e n i n eine d i rek­te mi l i tä r i sche Ause inanderse tzung v e r w i k -k e l n z u w o l l e n . D e r V o r w u r f der U S A , L i b y ­en beabsichtige die P r o d u k t i o n v o n c h e m i ­schen Waffen, sei e i n fadenscheiniger Vor­w a n d u n d T e i l einer D e s i n f o r m a t i o n s k a m ­pagne. I n seiner E r w i d e r u n g b e s t r i t t der a m e r i k a n i ­sche Vertreter derartige Z u s a m m e n h ä n g e m i t d e m H i n w e i s , die Fabrik i n Rabta liege 600 M e i l e n v o m Abschußor t e n t f e r n t . A u c h den V o r w u r f der P r o v o k a t i o n w i e s der ame­rikanische Vertreter zurück. Manöver die­ser A r t seien i m Vorjahr zwöl fmal durchge­führt w o r d e n u n d s t e l l t e n ke ine Bedrohung für L i b y e n dar.

I I . Bahra in v e r u r t e i l t e i m N a m e n der A r a b i ­schen Gruppe den A b s c h u ß als aggressiven A k t u n d forderte abschreckende M a ß n a h ­m e n (deterrent measures), u m eine Wieder­h o l u n g z u v e r m e i d e n , ohne jedoch solche M a ß n a h m e n genauer z u beschreiben. A u c h

die fo lgenden Redner arabischer u n d unge­bundener Staaten v e r u r t e i l t e n oder bedau­er ten den V o r f a l l i n verschieden starker Sprache. So warf Kuba den U S A »Imperial is­m u s « vor. A m w e i t e s t e n g i n g der a fghani ­sche Delegierte , der den V o r f a l l als »Frie­d e n s b r u c h " i n der Sprache des K a p i t e l V I I der U N - C h a r t a bezeichnete. Uganda berief s i ch auf eine Erklärung der Bewegung der B l o c k f r e i e n v o m 5.Januar, i n der die »Ag­gression« der U S A als »Akt des Staatsterro­r i smus« u n d als »Verletzung des Völker­rechts« v e r u r t e i l t w u r d e (S/20377). Brasi­l i e n sch lug i n m o d e r a t e m T o n die I n a n ­s p r u c h n a h m e der G u t e n D i e n s t e des Gene­ralsekretärs vor, u m die Parteien z u m D i a ­log z u e r m u t i g e n . I n ebenfalls gemäßig ten W o r t e n erklärte der sowjet ische Vertreter, daß weder Flugzeuge n o c h Schiffe der U S A i n der Region angegrif­fen w o r d e n seien. D i e Tatsache, daß e i n Flugzeug d e m anderen i n i n t e r n a t i o n a l e m L u f t r a u m nahe k o m m e , sei k e i n G r u n d , das Feuer z u eröffnen. Er v e r g l i c h den Vorfa l l m i t d e m A b s c h u ß eines i ran ischen Z i v i l ­f lugzeugs d u r c h amer ikanische Schiffsrake­t e n i m Juli 1988. Beide S i t u a t i o n e n seien wegen eines s tereotypen Feindbildes z u ­stande g e k o m m e n . O h n e näher auf die U S A einzugehen, forderte der sowjet ische Vertre­ter den Verzicht auf die A n w e n d u n g v o n Ge­w a l t , vor a l l e m d u r c h die G r o ß m ä c h t e , so­w i e eine n u k l e a r w a f f e n f r e i e Z o n e i m M i t ­telmeer. Sobald die U S A ihre M a r i n e aus d e m M i t t e l m e e r abzögen, werde die Sowjet­u n i o n das gleiche t u n . A u c h C h i n a v e r m i e d eine har te Sprache u n d rief die U S A ledig­l i c h dazu auf, al le ihre mi l i tä r i schen A k t i o ­n e n gegen L i b y e n e inzus te l l en . Beide Streit­par te ien s o l l t e n s ich zurückhal ten , u m eine V e r s c h l i m m e r u n g der Lage z u v e r m e i d e n . Der f i n n i s c h e Delegier te bemerkte , daß bei­de Seiten ihre O p e r a t i o n e n als Rout inef lüge ver te id ig t h a t t e n . Es bestehe offenbar e i n Bedarf für e inen i n t e r n a t i o n a l e n Verhaltens­kodex für See- u n d Luftstreitkräfte, u m Mißvers tändnisse auszuschl ießen . Regeln über das Verha l ten v o n P a t r o u i l l e f l u g z e u ­gen u n d Aufklärungsflügen k ö n n t e n in ter ­n a t i o n a l i s i e r t u n d f o r m a l i s i e r t werden , u m derartige A k t i v i t ä t e n n i c h t m e h r als Bedro­h u n g z u i n t e r p r e t i e r e n . Mehrere Delegierte , darunter die aus I n ­d i e n , M a r o k k o u n d Bangladesch, w a r n t e n davor, das kooperat ive w e l t p o l i t i s c h e K l i m a des Vorjahrs z u verschlechtern. A u c h der Vertreter der D D R verwies darauf, daß die P o l i t i k der K o n f r o n t a t i o n seit l a n g e m n i c h t m e h r z e i t g e m ä ß sei, u n d drückte seine H o f f n u n g aus, daß die I n i t i a t i v e v o n Oberst Ghaddaf i für d i r e k t e Gespräche m i t Vertre­t e r n der U S A dor t n i c h t m e h r zurückgewie­sen werde. Der r u m ä n i s c h e Vertreter w i e ­derhol te eine bereits m e h r f a c h geäußerte Pos i t ion seiner Regierung, daß der i n t e r n a ­t i o n a l e L u f t - u n d Seeraum a l l g e m e i n v o n mi l i tär i scher Präsenz f re ib le iben so l l te .

I I I . E i n R e s o l u t i o n s e n t w u r f , der v o n den sieben der Bewegung der B l o c k f r e i e n ange­hörenden M i t g l i e d e r n des Sicherheitsrats zur sechsten Ratss i tzung eingebracht wor ­den w a r (S/20378; Text : S.79 dieser Ausga­

be), scheiterte a m Veto der w e s t l i c h e n Groß­m ä c h t e i m Sicherheitsrat . Kanada s t i m m t e ebenfalls dagegen, Bras i l ien u n d F i n n l a n d e n t h i e l t e n s ich der S t i m m e . I m A p r i l 1986, nach d e m a m e r i k a n i s c h e n Bombenangr i f f auf T r i p o l i s u n d Bengasi, w a r e i n ähnl i cher E n t w u r f a m selben Veto gescheitert (S/ 18016/Rev.l; Tex t : V N 5/1986 S.184). Für die A b l e h n e r w a r der E n t w u r f z u einsei­t i g (Kanada), beruhte auf fa lschen A n n a h ­m e n (Großbri tannien) oder e iner unpräzi­sen Faktenlage (Frankreich). D e r französi­sche Vertreter k r i t i s i e r t e außerdem, daß der R e s o l u t i o n s t e x t eine A b s i c h t der U S A bei d e m V o r f a l l i m p l i z i e r e u n d schon a l l e i n ter­m i n o l o g i s c h unausgewogen sei : e inerseits sei v o n » l ibyschen Aufklärungsflugzeu­gen«, andererseits jedoch v o n »Stre i tkräf ten der Vere in ig ten Staaten v o n A m e r i k a « die Rede.

IV. N o c h i m D e z e m b e r 1988 h a t t e die Ge­n e r a l v e r s a m m l u n g u n t e r a l lgemeiner Z u ­s t i m m u n g i n ihr e r R e s o l u t i o n 43/84 ihre Sorge über andauernde Mi l i täroperat ionen i m M i t t e l m e e r ausgedrückt ; w i e schon 1981 bei e i n e m ähnl i chen A b s c h u ß zweier l ibyscher Kampff lugzeuge d u r c h a m e r i k a n i ­sche Jäger ha t s ich auch der Z w i s c h e n f a l l v o m 4.Januar 1989 an e i n e m M i l i t ä r m a n ö ­ver entzündet . I m Sicherheitsrat behaupte ten beide Seiten, daß sie v o n der anderen Seite provozier t w o r d e n seien (USA) beziehungsweise stän­d i g p r o v o z i e r t würden (Libyen). Ferner rekla­m i e r t e n beide K o n t r a h e n t e n ihre Flüge v o m 4.Januar als R o u t i n e e i n s ä t z e . D i e Rede­schlacht i m Sicherheitsrat e r i n n e r t stark an D e b a t t e n der G e n e r a l v e r s a m m l u n g , i n de­n e n es m e h r u m rhetor ische Kämpfe als u m das B e m ü h e n u m f r i e d l i c h e S t re i tbe i legung g i n g . Über den K o n f l i k t W a s h i n g t o n - T r i p o ­l i s h i n a u s w a r es eine Kontroverse U S A -Blockfreie,- die S o w j e t u n i o n u n d auch C h i ­na h i e l t e n s ich d e u t l i c h zurück.

Peter Bardehle •

Abrüstungskonferenz: Weiterhin Stillstand beim Problem der Atomrüstung - Schwieri ­ge Detailverhandlungen über eine C-Waf­fen-Konvention (11)

(Dieser Bei trag setzt den Ber icht i n V N 1/ 1988 S.24f. for t . )

D i e Abrüstungskonferenz, die v o m 2.Febru­ar bis z u m 2 9 . A p r i l u n d v o m 7,Juli bis z u m 20.September i n Genf z u s a m m e n t r a t , s tand 1988 i m Schatten w e i t spektakulärer Ereig­nisse, die z u m gle ichen T h e m a gehörten. D i e erfolglos verlaufene d r i t t e Sondergene­r a l v e r s a m m l u n g zur Abrüstungsfrage (vgl . V N 5/1988 S.159f.) u n d die i n t e r n a t i o n a l e Debat te über den Einsatz chemischer Waf­fen i m M i t t l e r e n O s t e n n a h m e n die A u f ­m e r k s a m k e i t der Wel töf fent l i chke i t m e h r i n A n s p r u c h als die eher technischen Ver­h a n d l u n g e n der 40 T e i l n e h m e r s t a a t e n der Genfer Tref fen, die nach w i e vor das e inzige m u l t i l a t e r a l e F o r u m für w e l t w e i t e Abrü-stungs- u n d Rüstungskontrol lverhandlun­gen s i n d .

66 Vereinte Nationen 2/1989

Page 2: die folgenden Redner arabischer und unge · Schiffe der Flotte an. Die überlegenen Ame rikaner schlugen Angrif den zurücf k und versenkten insgesamt vie r libysche Boote. Am 15.Apri

Im vergangenen fahr hatte die Genfer Abrüstungskonferenz - hier bei der Eröffnung des zwei­ten Teils der [ahrestagung am Zfuli 1988 - sich wiederum ausführlich mit dem Vorhaben einer umfassenden, Besitz und Einsatz von chemischen Waffen untersagenden Konvention zu befas­sen. Ein Abschluß konnte noch nicht erzielt werden (siehe den nebenstehenden Beitrag von Horst Risse).

I . W i e d e r u m h a t t e n dre i der n e u n behan­d e l t e n T h e m e n b e r e i c h e Probleme der Kern­waffenrüstung z u m Gegenstand. I n diesem Z u s a m m e n h a n g is t n i c h t s Neues z u ber ich­t e n . I n Sachen eines umfassenden Atom­teststopp-Abkommens bestehen n a c h w i e vor unüberbrückbare Gegensätze z w i s c h e n d e m W u n s c h der G r u p p e der 21 (Blockfreie u n d Neutra le ) , i n k o n k r e t e Verhandlungen zur A u s a r b e i t u n g eines umfassenden Test­stoppvertrages e i n z u t r e t e n , u n d der Auffas­sung der w e s t l i c h e n Länder, e i n solches A b ­k o m m e n sei e i n l a n g f r i s t i g anzustrebendes Z i e l , das n u r i m Z u s a m m e n h a n g m i t der n u k l e a r e n Abrüstung insgesamt z u sehen u n d z u erre ichen sei. Daher s o l l t e n auf m u l ­t i l a tera ler Ebene zunächst die m i t e i n e m T e s t s t o p p a b k o m m e n verbundenen Fragen u n d Probleme a l l g e m e i n erörtert werden . Insbesondere die Vere in ig ten Staaten sehen offenbar i n den b i la te ra len Verhandlungen m i t der S o w j e t u n i o n die besseren Mögl ich­k e i t e n z u r Erörterung des T h e m a s . Sie ver­w i e s e n auf das g e m e i n s a m m i t der anderen Supermacht geplante Ver i f iz ierungsexper i ­m e n t auf den j e w e i l i g e n Testgeländen. D i e soz ia l i s t i schen Staaten ze igten s ich zur E i n ­r i c h t u n g eines Ad-hoc-Ausschusses m i t Ver­h a n d l u n g s m a n d a t berei t u n d b e m ü h t e n s ich z u g l e i c h u m e i n e v e r m i t t e l n d e Posi­t i o n , ohne d a m i t aber bei den B l o c k f r e i e n er­fo lgre i ch z u sein. Unterdessen gehen die A r ­b e i t e n der w i s s e n s c h a f t l i c h e n Experten­gruppe wei ter , die s ich m i t M ö g l i c h k e i t e n der V e r i f i k a t i o n d u r c h seismische K o n t r o l ­l e n u n d i n t e r n a t i o n a l e n Datenaustausch befaßt .

I I . W i e schon 1987 gab es z u m T h e m a Be­endigung des nuklearen Wettrüstens und nukleare Abrüstung l e d i g l i c h i n f o r m e l l e K o n s u l t a t i o n e n außerhalb eines A d - h o c -Ausschusses. D i e G r u p p e der 21 s te l l te e i ­nen Vorschlag für e i n auf die Z u s a m m e n ­s t e l l u n g v o n re levanten Verhandlungsge­genständen z u d e m Fragenkomplex gerich­tetes M a n d a t z u r Debat te . Dieses w u r d e v o n den sozia l i s t i schen Staaten unter ­stützt , der Westen verweigerte s ich jedoch d e m er forder l i chen Konsens. D e r Vertrag über die A b s c h a f f u n g der M i t t e l s t r e c k e n ­w a f f e n (INF) w u r d e al lsei ts begrüßt . Z u ei­ner i n s e i n e m R a h m e n v o r g e n o m m e n e n Ra­ketenzers törung l u d die S o w j e t u n i o n die Konferenz e i n . Viele D e l e g a t i o n e n gaben der H o f f n u n g A u s d r u c k , daß die Verhand­l u n g e n über die R e d u z i e r u n g der strategi­schen Arsenale der S u p e r m ä c h t e u m die Hälfte z u e i n e m schne l l en Erfo lg führen. Z u r Frage der Ver t re tbarke i t der D o k t r i n v o n der n u k l e a r e n A b s c h r e c k u n g wieder­h o l t e die G r u p p e der 21 i h r e n b e k a n n t e n S t a n d p u n k t . D i e S o w j e t u n i o n g i n g erneut auf i h r e n Vorschlag zur Schaffung einer a t o m w a f f e n f r e i e n W e l t bis z u m Jahre 2000 e i n . Kernstück h i e r v o n sei nach d e m I N F -Vertrag j e tz t die 50 v H - R e d u z i e r u n g u n t e r Be ibeha l tung des d u r c h den Vertrag v o n 1972 über die Begrenzung der Systeme zur A b w e h r ba l l i s t i scher Flugkörper (ABM-Ver­trag) geschaffenen Zus tands . Stärker als z u ­vor legte die ös t l i che Führungsmacht den A k z e n t auf die b i l a t e r a l e n V e r h a n d l u n g e n m i t den U S A . Diese m a c h t e n d e u t l i c h , daß

sie die nukleare Rüstung n i c h t als abstrak­tes P h ä n o m e n , sondern vor e i n e m k o n k r e ­t e n p o l i t i s c h e n H i n t e r g r u n d betrachten w o l l t e n . D i e Atomrüstung sei e i n Ergebnis des S icherhei tsbedürfnisses der Staaten u n d werde solange Bestandtei l der Arsenale b l e i ­ben, w i e die Sicherheitslage i n der W e l t es erfordere. D i e dre i k l e i n e n >offiziellen< Kern­waffenbesi tzer Großbr i tannien , Frankre ich u n d C h i n a ver t ra ten w e i t g e h e n d überein­s t i m m e n d den S t a n d p u n k t , die nukleare Abrüstung ginge pr imär die Supermächte etwas an.

I I I . Keine Fortschr i t te gab es b e i m Tages­o r d n u n g s p u n k t Verhütung von Atomkrie­gen. W i e d e r u m s t i m m t e der Westen d e m v o n der Gruppe der 21 vorgelegten M a n d a t für e inen Ad-hoc-Ausschuß n i c h t z u . D e n N e u t r a l e n u n d B l o c k f r e i e n geht es l e t z t e n Endes d a r u m , bis zur vollständigen Beseit i ­g u n g der A t o m w a f f e n deren Gebrauch u n d die D r o h u n g d a m i t z u verbie ten . D e m steht die wes t l i che Pos i t ion gegenüber, derzufo l -ge die Frage der Verhütung v o n N u k l e a r k r i e ­gen n i c h t i s o l i e r t v o n anderen Sicherheits­bedrohungen betrachtet w e r d e n k a n n . D i e w e s t l i c h e n Länder seien n a c h w i e vor auch auf die A b s c h r e c k u n g m i t Kernwaf fen ange­wiesen . D i e sozial ist ische G r u p p e n a h m ei ­ne den B lockf re ien nähere Pos i t ion e in , s te l l te die Verhütung v o n A t o m k r i egen aber auch i n e inen größeren Z u s a m m e n h a n g . Das angestrebte umfassende i n t e r n a t i o n a l e S icherhei tssystem so l l al le K o n f l i k t e besei­t i g e n . I n e i n e m i n mehrere Stufen geglieder­t e n Plan, der i n der A u f h e b u n g der Europa »widernatürl ich t e i l e n d e n Mi l i tärb löcke« g ipfe l t , so l l e i n solches System e n t w i c k e l t werden .

IV. Bei den chemischen Waffen i s t auch 1988 k e i n A b s c h l u ß erz ie l t w o r d e n . D e r po­l i t i s c h e D r u c k , z u einer umfassenden, den Einsatz u n d den Besitz v o n C h e m i e w a f f e n verbie tenden K o n v e n t i o n z u k o m m e n , is t

sehr groß u n d n i m m t , w i e d a n n auch die Pa­riser Konferenz i m Januar 1989 zeigen so l l ­te, s te t ig z u . D i e a m 11.Januar 1989 i m K o n ­sens verabschiedete Schlußerklärung des v o n 149 Staaten besch ick ten Pariser Tref­fens enthä l t z w a r e i n eindeutiges , aber sehr a l l g e m e i n gehaltenes B e k e n n t n i s z u r v o l l ­ständigen c h e m i s c h e n Abrüstung, das k e i ­nes der die Genfer V e r h a n d l u n g e n prägen­den E inze lprob leme lösen w i r d . Diese s i n d so z a h l r e i c h u n d s c h w i e r i g , daß die v o n B u n -desaußenminis te r Genscher a m 2 .März 1989 i n seiner Rede vor der Abrüstungskon­ferenz aufgestel l te Forderung n a c h e i n e m A b s c h l u ß der A r b e i t e n n o c h i n d iesem Jahr k a u m erfüllt w e r d e n w i r d . Der auf 16 A r t i k e l angelegte Verhandlungs­e n t w u r f is t i m H i n b l i c k auf die Verbote be­tref fend E n t w i c k l u n g , P r o d u k t i o n , Besitz u n d B e n u t z u n g v o n C-Waffen sowie die Ver­p f l i c h t u n g z u deren u n d ihrer P r o d u k t i o n s ­s tä t ten Zerstörung schon e r f r e u l i c h e indeu­t i g . D i e S c h w i e r i g k e i t e n b e g i n n e n d a n n aber bereits bei den D e t a i l s der B e s t i m ­m u n g v o n Begriffen w i e -Chemiewaffe<, ' t o ­xische C h e m i k a l i e n deren Sch lüsse lkompo­n e n t e n u n d so f o r t , w o b e i die binären C-Waffen na turgemäß besondere Probleme schaffen. Klarer is t d a n n w i e d e r die P f l i c h t z u r D e k l a r a t i o n v o n Beständen u n d Produk­t i o n s e i n r i c h t u n g e n , die bereits 30 Tage n a c h d e m I n k r a f t t r e t e n der zukünft igen K o n v e n t i o n für e i n e n Vertragsstaat v o r z u ­n e h m e n is t . D a b e i s i n d auch Bestände z u deklar ieren , die auf d e m Gebie t des Ver­tragsstaates u n t e r f remder H o h e i t s g e w a l t lagern, was für die B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d h i n s i c h t l i c h der US-Bes tände v o n besonderer Bedeutung is t . D e r Vertrags­staat hat s icherzuste l len , daß solche Bestän­de i n n e r h a l b einer b e s t i m m t e n Frist v o n sei­n e m Gebiet e n t f e r n t werden , auch w e n n der die K o n t r o l l e über die Waffen ausübende Staat der K o n v e n t i o n n i c h t beigetreten is t . Seine eigenen Bestände ha t jeder Vertrags­staat i n n e r h a l b v o n z e h n Jahren n a c h d e m I n k r a f t t r e t e n der K o n v e n t i o n z u v e r n i c h t e n .

Vereinte Nationen 2/1989 67

Page 3: die folgenden Redner arabischer und unge · Schiffe der Flotte an. Die überlegenen Ame rikaner schlugen Angrif den zurücf k und versenkten insgesamt vie r libysche Boote. Am 15.Apri

Dabei u n t e r l i e g t er systemat ischen i n t e r n a ­t i o n a l e n K o n t r o l l e n . Ä h n l i c h e B e s t i m m u n g e n so l len für die Pro­d u k t i o n s e i n r i c h t u n g e n ge l ten . Für v o n der K o n v e n t i o n n i c h t verbotene A k t i v i t ä t e n so l len toxische C h e m i k a l i e n u n d ihre Vor­p r o d u k t e aber w e i t e r zur Verfügung stehen u n d e n t w i c k e l t w e r d e n dürfen. D i e E i n h a l ­t u n g der i n d iesem Z u s a m m e n h a n g stehen­den V e r p f l i c h t u n g , solche Stoffe n i c h t für k o n v e n t i o n s w i d r i g e Z w e c k e z u verwenden, s o l l i n t e r n a t i o n a l überwacht w e r d e n u n d Gegenstand v o n Berichts- u n d Erklärungs­p f l i c h t e n sein. H i e r t u n s ich a u c h Probleme be i der W a h r u n g v o n P r o d u k t i o n s g e h e i m ­nissen auf. Z u r U m s e t z u n g , insbesondere zur Überwa­c h u n g der K o n v e n t i o n so l l eine eigene Orga­n i s a t i o n ins Leben gerufen werden . Z w a r stehen die F inanzierungsregelung u n d w i c h t i g e E i n z e l h e i t e n n o c h offen, es zeich­net s ich aber ab, daß neben der alle Vertrags­staaten umfassenden V o l l v e r s a m m l u n g e i n E x e k u t i v a u s s c h u ß u n d e i n Technisches Se­k r e t a r i a t gebi ldet w e r d e n s o l l . Letzteres so l l auch die V e r d a c h t s k o n t r o l l e n a b w i c k e l n , die neben den sys temat ischen Ver i f ika ­t i o n s m a ß n a h m e n das Kernstück der Über­w a c h u n g der Vertragstreue der M i t g l i e d s t a a ­t e n b i l d e n so l len . W a h r s c h e i n l i c h w i r d jeder Konvent ionss taat das Recht erhal ten , bei Z w e i f e l n an der E i n h a l t u n g des Vertrages d u r c h e inen anderen Staat I n s p e k t i o n e n an O r t u n d Stelle z u ver langen. I n n e r h a l b v o n 24 bis 48 S tunden so l len die I n s p e k t o r e n i h ­re Tät igkei t a u f n e h m e n . D e r Exekut ivaus ­s c h u ß u n d die b e t e i l i g t e n Staaten so l len Be­r i c h t e e rha l ten . Welche Konsequenzen Ver­tragsver letzungen n a c h s ich z i e h e n w e r d e n u n d w i e e i n e m M i ß b r a u c h der Verdachts­k o n t r o l l e n vorgebeugt w e r d e n so l l , i s t n o c h n i c h t abzusehen.

V. D i e A r b e i t der Konferenz z u den übri­gen Tagesordnungspunkten förderte w e n i g Substantiel les z u Tage. D e r Ad-hoc-Aus­s c h u ß zur S a m m l u n g al ler re levanten Ge­s i c h t s p u n k t e betreffend die Verhütung ei­nes Wettrüstens im Weltraum w u r d e zwar w i e d e r eingesetzt, Fortschr i t te k o n n t e n aber n i c h t erz ie l t w e r d e n . Gleiches g i l t für den Ad-hoc-Ausschuß z u m T h e m a Sicher­heitsgarantien für Nichtkernwaffenstaa-ten, dessen Probleme l e t z t l i c h auf die unter ­sch ied l i chen S i cherhe i t sphi losophien z u ­rückgehen, die auch die D i s k u s s i o n e n z u den A t o m w a f f e n t h e m e n belasten. A u f der Stelle t r i t t auch der Ad-hoc-Ausschuß z u den radiologischen Waffen, der s ich auch m i t der Frage der A n g r i f f e auf k e r n t e c h n i ­sche E i n r i c h t u n g e n befaßt . O b diese an s ich d e m Kriegsvölkerrecht zugehörige (und d o r t i n A r t i k e l 56 des I . Z u s a t z p r o t o k o l l s v o n 1977 z u den Genfer A b k o m m e n v o n 1949 angesprochene) M a t e r i e i n den K o n ­t e x t der Abrüstungskonferenz gehört , darf bezwei fe l t werden . I n Sachen neue Massen­vernichtungswaffen i s t auch 1988 k e i n A d -hoc-Ausschuß eingesetzt w o r d e n . D e r We­sten erklärte erneut , daß die Behandlung dieses Punktes i m K o n f e r e n z p l e n u m ausrei­che, da die E n t w i c k l u n g neuer Massenver­n i c h t u n g s m i t t e l n i c h t abzusehen sei. N a c h

d e m Rückschlag, den die A r b e i t e n des A d -hoc-Ausschusses über e i n umfassendes Ab­rüstungsprogramm 1987 z u verze ichnen h a t t e n , k o n n t e 1988 w i e d e r etwas Boden g u t g e m a c h t werden . Lösungen s ind aber n i c h t i n Sicht .

D i e F inanzkr ise der W e l t o r g a n i s a t i o n w i r k t s ich auch auf die A r b e i t e n der Abrüstungs­konferenz aus. 30 v H der Konferenzdienst ­l e i s t u n g e n so l len eingespart werden . Er­n e u t w u r d e die A u s w e i t u n g des T e i l n e h ­merkreises (gegenwärtige Z u s a m m e n s e t ­z u n g : S.80 dieser Ausgabe) v o n 40 auf 44 Staaten erörtert . Dieser Frage k o m m t mög­l i cherweise erhebl iche Bedeutung jeden­fal ls h i n s i c h t l i c h der Chemiewaf fen-Proble ­m a t i k z u ; so erklärte bereits der Irak, der der Abrüstungskonferenz n i c h t angehört , auf der Pariser Konferenz, k e i n C-Waffen-Ab­k o m m e n u n t e r z e i c h n e n z u w o l l e n , an d e m er n i c h t m i t g e w i r k t hat .

Horst Risse •

Sozialfragen und Menschenrechte

Menschenrechtsausschuß: 32.-34. Tagung - Nachlässigkeit bei der Erfüllung der Be­richtspflicht - Ungarn erkennt Individual-beschwerdeverfahren an (12)

(Dieser Bei trag setzt den Ber icht i n V N 1/ 1988 S.26f. f o r t . Text des Paktes: V N 1/1974 S.16ff.)

32. Tagung

D i e Erstberichte v o n G u i n e a (CCPR/C/6/ Add.11) u n d der Z e n t r a l a f r i k a n i s c h e n Repu­b l i k (CCPR/C/22/Add.6) sowie Z w e i t b e ­r i c h t e aus Frankre ich (CCPR/C/46/Add.2), A u s t r a l i e n (CCPR/C/42/Add.2) u n d Ecua­dor (CCPR/C/28/Add.8 u n d 9) lagen d e m 18köpfigen Menschenrechtsausschuß ( Z u ­s a m m e n s e t z u n g : V N 3/1988 S.104) auf sei­ner 32. Tagung vor, die v o m 21.März bis z u m 8 . A p r i l 1988 i n N e w Y o r k s ta t t fand. Das E x p e r t e n g r e m i u m prüft die V e r w i r k l i ­c h u n g der i m I n t e r n a t i o n a l e n Pakt über bür­gerl iche u n d p o l i t i s c h e Rechte niedergeleg­t e n Menschenrechte d u r c h dessen Vertrags­staaten. Schon seit 1979 is t der Erstber icht Guineas fällig. N a c h d e m i m N o v e m b e r 1983 e i n zweise i t iger Report i n A b w e s e n h e i t eines Staatenvertreters v o m Menschenrechtsaus­s c h u ß als unzulängl ich zurückgewiesen w e r d e n m u ß t e u n d e i n neuer Ber icht bis spätestens z u m 30.September 1984 angefor­dert w o r d e n war, w a r e n die Exper ten ver­ständl icherweise recht u n g e h a l t e n darüber, daß der n u n e n d l i c h vorgelegte Ber icht i n F o r m u n d I n h a l t w i e d e r sehr z u w ü n s c h e n übrig l i eß . D e r Vertreter Guineas w i e s dar­auf h i n , 60 fahre K o l o n i a l i s m u s , gefolgt v o n 26 Jahren total i tären M a c h t m i ß b r a u c h s , h ä t t e n ihre Spuren h inter lassen ; doch sei die p o l i t i s c h e Führung entschlossen, e inen d e m o k r a t i s c h e n Rechtsstaat aufzubauen.

Seit der M a c h t ü b e r n a h m e d u r c h das M i l i t ä r a m 3. A p r i l 1984 (nur wenige Tage n a c h d e m T o d des Präsidenten Sekou Toure) sei die Führung u m G e r e c h t i g k e i t u n d G l e i c h h e i t al ler Bürger b e m ü h t , doch k ö n n e e i n t o t a l i ­täres Regime n i c h t ohne weiteres u n d sofort d u r c h eine d e m o k r a t i s c h e Regierung er­setzt w e r d e n . Eine Verfassung sei i n A r b e i t , d o c h schreite m a n h ier n i c h t so schnel l vor­an w i e erhof f t . Sie s o l l u n t e r anderem die G r u n d p r i n z i p i e n einer l ibera len D e m o k r a ­t i e e n t h a l t e n u n d die G e w a l t e n t e i l u n g vor­sehen. D e r z e i t sei a l lerdings n u r die recht­sprechende G e w a l t ausgegliedert, u m ihre Unabhängigkei t z u gewährle is ten. D i e Le­gis la t ivaufgaben n e h m e der Präsident der R e p u b l i k , Lansana Conte , wahr . Eine w i c h ­t ige S t e l l u n g n i m m t der Staatssicherheits­ger ichtshof e in , dessen Zuständigke i ten ge­s e t z l i c h geregelt s i n d ; abgeur te i l t w e r d e n h ier i m w e s e n t l i c h e n schwere G e w a l t - u n d E i g e n t u m s d e l i k t e . I m Interesse der Ange­k l a g t e n u n d auch, u m Störungen der S i t z u n ­gen vorzubeugen, seien die V e r h a n d l u n g e n n i c h t öffent l ich; eine B e r u f u n g gegen die U r t e i l e is t ausgeschlossen. Ü b e r diese Rege­l u n g e n ze ig ten s i ch die Exper ten äußerst be­sorgt, z u m a l die Verfahren o f t m i t Todesur­t e i l e n enden. Daneben v e r m i ß t e n sie vor a l ­l e m A n g a b e n über die H a l t u n g der Regie­r u n g gegenüber der V e r w i r k l i c h u n g der Menschenrechte u n d die S t e l l u n g des ' M i l i ­t ä r k o m i t e e s zur n a t i o n a l e n Wiedergesun-dung- ( C M R N ) , das die wahre M a c h t i m Staate i n n e z u h a b e n scheint .

D e r zentralafrikanische Vertreter e r inner te an die m e h r als e i n Jahrzehnt u m s p a n n e n d e D i k t a t u r Bokassas, die sein L a n d er le iden m u ß t e . N a c h d e m Ende der G e w a l t h e r r ­schaft 1979 seien gerade i m M e n s c h e n ­rechtsbereich große For tschr i t te erz ie l t wor ­den. D e m o k r a t i s c h e I n s t i t u t i o n e n seien aufgebaut u n d zahlre iche i n t e r n a t i o n a l e M e n s c h e n r e c h t s i n s t r u m e n t e r a t i f i z i e r t w o r d e n . A l l e i n der Verfassung v o n 1986 vor­gesehenen p o l i t i s c h e n I n s t i t u t i o n e n w i e N a t i o n a l v e r s a m m l u n g , Wir t schaf t s - u n d Regionalrat u n d die G e r i c h t e seien einge­setzt w o r d e n , so daß die bürgerl ichen u n d p o l i t i s c h e n Rechte n u n m e h r gewährle is tet seien. Probleme br inge der verbrei te te A n a l ­p h a b e t i s m u s m i t sich, die n o c h d a d u r c h ver­stärkt würden, daß s ich französischsprachi­ge D o k u m e n t e n i c h t i n die Nat iona lsprache Sango übersetzen l ießen, aber n u r wenige Pr iv i l eg ier te des Französischen m ä c h t i g sei­en. Dieses I n f o r m a t i o n s d e f i z i t w i r k e s ich äußerst n a c h t e i l i g auf die E n t w i c k l u n g der Presse aus. D e r Ber icht , der d u r c h offene u n d präzise A n t w o r t e n des Vertreters er­gänzt w u r d e , w u r d e i m Menschenrechts ­a u s s c h u ß p o s i t i v a u f g e n o m m e n .

D e r Vertreter Ecuadors — der oberste R ich­ter des Landes - gab e inführend e i n e n k u r ­zen Abr iß der Bevölkerungs- u n d W i r t ­s c h a f t s s t r u k t u r seines Landes. E i n D r i t t e l der r u n d 10 M i l l i o n e n E i n w o h n e r sei w e n i ­ger als 30 Jahre a l t ; m i t 10 bis 15 v H liege der A n a l p h a b e t i s m u s r e l a t i v n i e d r i g . D i e v i e r H a u p t r e g i o n e n Ecuadors haben völl ig u n t e r s c h i e d l i c h e E i n n a h m e q u e l l e n : Wäh­rend die Galapagos-Inseln hauptsäch l i ch v o m T o u r i s m u s p r o f i t i e r e n u n d das A m a z o -

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