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Zeitschrift für angewandte Chemie. 19O4. Heft 39. Alleinige Annahme von Inseraten bei der Annoncenexpedition von August Schert G. m. b. H., Berlin SW. 12, Zimmerstr. 37—41 suwie in deren Filialen: Breslau, Schweidnitzerstr. Ecke Karlstr. 1. Dresden, Seestr. 1. Düsseldorf, Schadowstr. 69. Eiborfeld, Herzogstr. 38. Frankfurt a. M., Zeil 63. Hamburg, Neuer Wall 60. Hannover, Georgstr. 89. Kassel, Obere Königstr. 27. Köln a. Rh., Hohestr. 145. Leipzig, Königstr. 83 (bei Ernst Keils Nchl G.m.b.H.). Magdeburg, Breiteweg 184, I. München, Kauflngerstr. 25 (Domfreiheiö. Nürnberg, Kaiserstraße Ecke Fleischbrücke. Stuttgart, Königstr. 11, I Der Insertionspreis beträgt pro mm Höhe bei 45 mm Breite (3 gespalten) 15 Pfennige, auf den beiden Äußeren Umschlagseiten 20 Pfennige. Bei Wiederholungen tritt entsprechender Rabatt ein. Beilagen werden pro 1000 Stück mit 8.— M. für 6 Gramm Gewicht berechnet; für schwere Beilagen tritt besondere Vereinbarung ein. INHALT: Albert Neuburger: Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung Ton Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre (Schluß) 1473. .. , W. Fahrion: Beiträge zur Fettanalyse: Über die Bestimmung der gesättigten Fettsäuren 1482. Engelbert Kettler: Zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Calciums 1488. Referate: Explosivstoffe 1489; — Mineralöle; — Teerdestillation; organische Halbfabrikate und Präparate 1492. Wirtschaftlich-gewerblicher Teil: Tagesgeschichtliche und Handels-Rundschau: Weltausstellung in St. Louis (5. Brief.) 1496; — Handels-Notizen 1499; — Dividenden; — Personal-Notizen 1501; — Neue Bücher; Bücherbesprechungen; — Patentlisten 1502. Berichtigung zum Artikel von Max Bamberger und Friedr. Bock 1504. Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der \_y letzten beiden Jahre. Von ALBERT NEUBUKGEE, Berlin. (Schluß von S. 1447.) 3. Glockenverfahren. Das Glockenverfahren hat, wie wir bereits erwähnt haben, verhältnismäßig schnell Ein- gang gefunden, und insbesondere haben sich verschiedene deutsche Fabriken demselben zugewandt. Im Vergleich mit der Kürze seiner Existenz muß seine Verbreitung als eine rasche bezeichnet werden, und zweifellos wäre dieselbe eine noch bedeutendere ge- worden, wenn nicht ungünstige äußere Um- stände der weiteren Einführung dieses, ebenso wie jedes anderen Verfahrens zur Elektrolyse von Chloralkalien vorläufig einen Riegel vor- geschoben hätten. Diese äußeren Umstände lagen darin, daß die Einführung des Glocken- verfahrens bereits in die Zeit außerordent- lich ungünstiger Konjunkturen fiel, die durch die Überproduktion von Chlorkalk herbei- geführt worden waren. Es ist anzunehmen, daß nach Aufhebung dieser noch herrschen- den ungünstigen Konjunktur eine rasche Weiterverbreitung des Verfahrens eintritt. Gegenwärtig wird dasselbe in einer Fabrik inÖsterreich und in drei Fabriken in Deutsch- land ausgeübt — eine ziemliche Anzahl, wenn man die kurze Zeit, die zu seiner Einführung zur Verfügung stand, ehe die geschilderten Ch. 1904. ungünstigen Umstände eintraten, in Betracht zieht. Das Prinzip dieses Verfahrens, wie es vom ,Österreichischen Verein für che- mische und metallurgische Produk- tion" in Außig a. E. ausgeübt wird, dürfen wir auf Grund einer früheren Veröffentlichung in dieser Zeitschrift 30 ) als bekannt voraus- setzen. Als Ergänzung dieser Beschreibung des Verfahrens, die im wesentlichen auf den Patentangaben der britischen Patentschrift Nr. 16129 vom Jahre 1898 basiert, stellt sich die inzwischen im Jahre 1903 erschienene deutsche Patentschrift dar, welche sich auf den Apparat selbst bezieht 31 ), und die in der Tat den in die Praxis eingeführten Ap- parat und seine Arbeitsweise wiedergibt. Es ist aus derselben ersichtlich, daß zur Siche- rung des vollen Erfolges in der Ausführung dieses Verfahrens die Anwendung eines Ap- parates von ganz bestimmten Konstruktions- verhältnissen notwendig ist, und es wurde insbesondere festgestellt, daß in erster Linie auf zwei Punkte Rücksicht genommen werden muß. Zunächst muß der Anodenkörper den horizontalen Querschnitt der Zelle so weit ausfüllen, daß die oberhalb desselben zu- fließende Elektrolytlösung nur durch enge Zwischenräume, die sich entweder zwischen Anode und Zellwand oder zwischen einer Anzahl von Anoden oder endlich in Form von Löchern, Schlitzen u. dgl. im Anoden- körper selbst befinden, nach abwärts be- 30 ) Diese Z. 1901, 191. 31 ) D. K. P. 141187. 185

Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

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Page 1: Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

Zeitschrift für angewandte Chemie.19O4. Heft 39.

Alleinige Annahme von Inseraten bei der Annoncenexpedition von August Schert G. m. b. H.,Berlin SW. 12, Zimmerstr. 37—41

suwie in deren Filialen: B r e s l a u , Schweidnitzerstr. Ecke Karlstr. 1. D r e s d e n , Seestr. 1. D ü s s e l d o r f ,Schadowstr. 69. E ibor fe ld , Herzogstr. 38. Frankfurt a. M., Zeil 63. H a m b u r g , Neuer Wall 60. H a n n o v e r ,Georgstr. 89. K a s s e l , Obere Königstr. 27. K ö l n a. Rh. , Hohestr. 145. L e i p z i g , Königstr. 83 (bei Ernst Keils NchlG.m.b.H.). M a g d e b u r g , Breiteweg 184, I. M ü n c h e n , Kauflngerstr. 25 (Domfreiheiö. N ü r n b e r g , Kaiserstraße

Ecke Fleischbrücke. Stuttgart , Königstr. 11, IDer Insertionspreis beträgt pro mm Höhe bei 45 mm Breite (3 gespalten) 15 Pfennige, auf den beiden

Äußeren Umschlagseiten 20 Pfennige. Bei Wiederholungen tritt entsprechender Rabatt ein. Beilagen werden pro1000 Stück mit 8.— M. für 6 Gramm Gewicht berechnet; für schwere Beilagen tritt besondere Vereinbarung ein.

INHALT:A l b e r t N e u b u r g e r : Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung Ton Chlor und Alkalien während der letzten

beiden Jahre (Schluß) 1473. .. ,W. F a h r i o n : Beiträge zur Fettanalyse: Über die Bestimmung der gesättigten Fettsäuren 1482.E n g e l b e r t K e t t l e r : Zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Calciums 1488.

Referate:Explosivstoffe 1489; — Mineralöle; — Teerdestillation; organische Halbfabrikate und Präparate 1492.

Wirtschaftlich-gewerblicher Teil:Tagesgeschichtliche und Handels-Rundschau: Weltausstellung in St. Louis (5. Brief.) 1496; — Handels-Notizen 1499;

— Dividenden; — Personal-Notizen 1501; — Neue Bücher; — Bücherbesprechungen; — Patentlisten 1502.

Berichtigung zum Artikel von Max B a m b e r g e r und F r i e d r . Bock 1504.

Die Fortschritteder elektrolytischen Darstellung vonChlor und Alkalien während der\_y letzten beiden Jahre.

Von ALBERT NEUBUKGEE, Berlin.

(Schluß von S. 1447.)

3. Glockenverfahren.Das Glockenverfahren hat, wie wir bereits

erwähnt haben, verhältnismäßig schnell Ein-gang gefunden, und insbesondere haben sichverschiedene deutsche Fabriken demselbenzugewandt. Im Vergleich mit der Kürzeseiner Existenz muß seine Verbreitung alseine rasche bezeichnet werden, und zweifelloswäre dieselbe eine noch bedeutendere ge-worden, wenn nicht ungünstige äußere Um-stände der weiteren Einführung dieses, ebensowie jedes anderen Verfahrens zur Elektrolysevon Chloralkalien vorläufig einen Riegel vor-geschoben hätten. Diese äußeren Umständelagen darin, daß die Einführung des Glocken-verfahrens bereits in die Zeit außerordent-lich ungünstiger Konjunkturen fiel, die durchdie Überproduktion von Chlorkalk herbei-geführt worden waren. Es ist anzunehmen,daß nach Aufhebung dieser noch herrschen-den ungünstigen Konjunktur eine rascheWeiterverbreitung des Verfahrens eintritt.Gegenwärtig wird dasselbe in einer FabrikinÖsterreich und in drei Fabriken in Deutsch-land ausgeübt — eine ziemliche Anzahl, wennman die kurze Zeit, die zu seiner Einführungzur Verfügung stand, ehe die geschilderten

Ch. 1904.

ungünstigen Umstände eintraten, in Betrachtzieht.

Das Prinzip dieses Verfahrens, wie esvom ,Öster re ichischen Verein für che-mische und meta l lurg ische Produk-tion" in Außig a. E. ausgeübt wird, dürfenwir auf Grund einer früheren Veröffentlichungin dieser Zeitschrift30) als bekannt voraus-setzen. Als Ergänzung dieser Beschreibungdes Verfahrens, die im wesentlichen auf denPatentangaben der britischen PatentschriftNr. 16129 vom Jahre 1898 basiert, stelltsich die inzwischen im Jahre 1903 erschienenedeutsche Patentschrift dar, welche sich aufden Apparat selbst bezieht31), und die inder Tat den in die Praxis eingeführten Ap-parat und seine Arbeitsweise wiedergibt. Esist aus derselben ersichtlich, daß zur Siche-rung des vollen Erfolges in der Ausführungdieses Verfahrens die Anwendung eines Ap-parates von ganz bestimmten Konstruktions-verhältnissen notwendig ist, und es wurdeinsbesondere festgestellt, daß in erster Linieauf zwei Punkte Rücksicht genommen werdenmuß. Zunächst muß der Anodenkörper denhorizontalen Querschnitt der Zelle so weitausfüllen, daß die oberhalb desselben zu-fließende Elektrolytlösung nur durch engeZwischenräume, die sich entweder zwischenAnode und Zellwand oder zwischen einerAnzahl von Anoden oder endlich in Formvon Löchern, Schlitzen u. dgl. im Anoden-körper selbst befinden, nach abwärts be-

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wegen kann; nur auf diese Weise kann ohneVerwendung irgend eines anderen Hilfs-mittels eine innige Durchmischung der zu-fließenden und der schon vorhandenen Elek-trolytlösung erreicht werden, und zwar mitHilfe der durch, dieselben Zwischenräumeaufsteigenden Chlorblasen. Ferner mußzwischen dem Abstand der unteren Anoden-fläche und dem Niveau des unteren Zell-randes bei gegebenem, horizontalem Quer-schnitt der Zelle und dem Alkaligehalte dererzielten Alkalilauge ein ganz bestimmtesVerhältnis bestehen. Es hat sich heraus-gestellt, daß dieser Abstand für jedes Pro-zent Alkalihydrat in der abfließenden Ka-thodenlauge mindestens 0,5 cm betragen muß.Die zweite der eben angeführten Bedingungenführt nur im Verein mit der strikten Inne-haltung der ersten zum Erfolge.

Der auf Basis dieser Grundsätze konstruierteApparat (Fig. 14) besteht aus einem schmalen,unten offenen, oben geschlossenen Kasten ausEisenblech. Eine den Strom nicht leitendeund für Flüssigkeiten undurchlässige Schicht

Fig. 14.

kleidet ihn aus und überragt den Blechrandnoch etwas nach unten. Ein horizontal liegen-der Kohlenstab a bildet die Anode, und seinesenkrechten ebenen Seitenflächen, ebenso wieseine Endflächen, schließen sich an die Innen-fläche der Zelle so an, daß rings herum nurein nach Millimetern bemessener Zwischen-raum frei bleibt. In der Mitte der Anodeerhebt sich ein senkrecht nach oben unddurch den Deckel des Kastens hindurch-gehendes hohles Kohlenstück b, das mit derAnode fest verbunden ist. Dieses Kohlen -stück dient einesteils dazu, den Strom zuzu-führen, andererseits wird sein Hohlraum zurZuführung der frischen Elektrolytlösung be-nutzt. Um diese Zuführung der Elektrolyt-lösung zu einer gleichmäßigen zu gestalten,gehen von dem in der Mitte dieses Kohlen-stücks befindlichen Kanal c zwei Verteilungs-röhren d aus, die in einiger Entfernung ober-halb des Anodenkörpers mit diesem parallelverlaufen. In diesen Verteilungsröhren sindeine Anzahl kleiner Löcher angebracht, diedie Elektrolytlösung in feiner Verteilungausströmen lassen.

Das hohle Kohlenstück selbst ist, um esvor allen zerstörenden Einflüssen zu schützen,an seiner ganzen Außenfläche sorgfältig iso-

liert. Als Kathoden dienen die Außen-wände e der Zelle, soweit sie in die Flüssig-keit eintauchen; sie sind, wie bereits erwähnt,aus Eisenblech hergestellt. • Wählt man zurHerstellung der Zelle anstatt Eisenblech ausGründen der Dauerhaftigkeit oder aus sonstigenUrsachen irgend ein anderes nicht leitendesMaterial, so müssen dann in entsprechenderLage besondere Kathoden angebracht werden.Im Deckel des Eisenkastens sind besondereAbzugsöffnungen f und g für das Chlor an-gebracht, und zwar dienen die Abzugs-öffnungen g dazu, das Chlorgas von Zellezu Zelle überzuleiten, während die Offnungenf den Zweck haben, die Verbindung mit derHauptableitung herzustellen. Eine Anzahlder ebenbeschriebenen Zellen werden in einengroßen, aus isolierendem Material hergestelltenKasten so eingesetzt, daß unterhalb desselbenund seitlich genügender Raum für die Auf-nahme der alkalischen Lauge vorhanden ist.Ein in diesem Kasten angebrachter Ablaufbefindet sich in solcher Höhe, daß das Flüssig-keitsniveau in allen Zellen stets so hoch seinmuß, daß die Flüssigkeit Anode und Ver-teilungsrohr reichlich mehrere Zentimeterhoch bedeckt. Daß der Vertikalabstand derunteren Anodenflächen für jedes in der ab-laufenden Lauge zu erzielende Prozent anAlkalihydrat mindestens 0,5 cm betragenmuß, haben wir bereits erwähnt.

Was nun die Arbeitsweise des Verfahrensbetrifft, so bin ich durch die Freundlichkeitder Direktion des „Osterreichischen Ver-eins für chemische und metal lurgischeProdukt ion" in die Lage versetzt, hierüberfolgende Angaben zu machen:

Die Stromausbeute beträgt bei neuenAnoden 90% und darüber bei einer Spannungvon etwa 3,7 Volt, und fällt, wenn nachjahrelangem Betriebe eine größere AnzahlAnoden schadhaft geworden ist, auf 80°/»bei etwa 4,3 Volt Spannung. Im Durch-schnitte kann demnach mit 85% Stromaus-beute und 4 Volt Spannung gerechnet werden,da in einer großen, längere Zeit in Betriebbefindlichen Anlage immer neue und alteAnoden sich das Gleichgewicht halten.

Diese Daten bilden die Grundlage zurBerechnung der per Kilowattstunde zu er-zielenden Ausbeute, jedoch muß bemerktwerden, daß die aus dem Elektrolyseur ent-weichenden Produkte noch keine fertigeWare darstellen, und bei der Überführungin solche weitere Manipulationsverluste er-leiden (wie auch bei jedem anderen Ver-fahren), deren Höhe von der Zweckmäßig-keit der betreffenden Fabrikseinrichtung ab-hängt und mit der Elektrolyse selbst nichtszu tun hat. Ebenso wird außer für die

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Elektrolyse auch noch für diverse motorischeZwecke elektrische Kraft verbraucht. Wirführen diese eigentlich selbstverständlichenUmstände hier nochmals an, um die Er-klärung der Widersprüche zu geben, die sichin den Ausführungen verschiedener Autorenüber das Glockenverfahren befinden. Jenachdem dieselben nämlich auf diese Neben-umstände Rücksicht genommen haben odernicht, fallen auch die Angaben über Strom-ausbeute, Kraftverbrauch usw. sehr ver-schieden aus. So hat z. B. B. Kershawin einem Artikel32) auf Grund faktischerungeschmeichelter Betriebsdaten, die einerca. 1000 pferdigen Anlage entnommen waren,für das Glockenverfahren eine Spannung von4,9 Volt und eine Ausbeute von 266 g NaOHper Kilowattstunde herausgerechnet, währenddie bezüglichen Zahlen in Wirklichkeit 4,0und 318 sind, wenn die nur für die Elek-trolyse verbrauchte Kraft in Betracht ge-zogen wird. Da eine Stromausbeute von35% und eine Spannung von 4 Volt imgroßen und ganzen auch bei anderen Ver-fahren zur Elektrolyse von Chloralkalien er-zielt wird, so liegt hierin noch kein beson-derer Vorzug des Glockenverfahrens. Derhauptsächlichste Vorzug, durch den dasGlockenverfahren sich in der Tat wesentlichauszeichnet, ist die lange Haltbarkeit derAnoden, der außerordentlich einfache Betriebund infolgedessen geringe Reparaturen undLöhne. Ein weiterer Vorzug ist die Rein-heit des Chlors, dessen Kohlensäuregehaltein sehr niedriger ist, und die Erzielungeines sehr hochprozentigen haltbaren Chlor-kalks, sowie endlich eine ziemlich weitgehendeZerlegung der Elektrolytlösung, die mit etwa12—13% NaOH die Apparate verläßt.

Ein weiteres Glockenverfahren, das samteinem älteren Patente33) desselben Autorsvor wenigen Monaten in den Besitz des,Österreichischen Vereins für chemi-sche und metallurgische Produkt ion"in Außig a. E. übergegangen ist, ist das imJahre 1903 zur Patentierung gelangte Ver-fahren zur Elektrolyse von Alkalisalzen vonWilly Bein34). Dieses Verfahren, das aussorgfältigen Arbeiten über Wanderungs-geschwindigkeiten von Ionen hervorgegangenist, basiert auf der Konstruktion eines Glocken-apparates. Die Glocke desselben ist ausstromundurchlässigem Material gefertigt undumgreift eine horizontal gelagerte Anode.An den Seiten der Glocke sind die Kathodenungeordnet. Um nun eine unregelmäßigeAusbreitung der Lauge nach dem Anoden-

3'] Klectrician 12, 12.33i D. E. P. 107917.Mi T). E. P. 142245.

räum hin zu verhindern, und um hoch-prozentige Zersetzungsprodukte getrennt ge-winnen zu können, sind am Kathodengefäßverschiedene Abflußöffnungen angebracht, diean demselben symmetrisch verteilt sind, unddurch die die Kathodenlauge abgeleitet wird.Um .diese Ableitung der Kathodenlauge un-abhängig von der Menge des zufließendenfrischen Elektrolyten zu gestalten, ist eineschwimmende Hebervorrichtung angebracht,die auch bei wechselndem Niveau stets gleich-mäßig wirkt, und zwar in der Weise, daßdie Grenzschicht zwischen der -konzentriertenLaugenschicht und der darüber gelagertenSchicht stets in gleicher Weise erhalten wird.

Eingehendere Studien über das Glocken-verfahren hat Steiner35) ausgeführt, diezwar vieles bereits Bekannte und von Bein,Sproeßer, Foers ter , Haber , Adolphund anderen Aufgefundene bestätigen, aberdoch einiges Interessante enthalten. DieArbeiten sind Laboratoriumsarbeiten, und ihrVerfasser resümiert dahin, daß das Glocken-verfahren im kontinuierlichen Betrieb eineStromausbeute von 85—94%, eine Alkali-lauge mit einem Gehalt von 120—130 gKOH im 1 und ein 97—100%iges Chlorgasbei einer Stromdichte von 2—4 Amp./qdmhorizontalem Glockenquerschnitt und 3,7 bis4,2 Volt Elektrodenspannung zu erzielen ge-stattet. Die Stromausbeute ist bis zu einemMaximum von 130 g KOH im 1 nahezuunabhängig von dem Alkaligehalt der End-lauge. Für die Schonung des Anoden-materials, die Reinheit des Chlors und dieStromausbeute ist es erforderlich, die zu-fließende Lösung über den ganzen horizon-talen Glockenquerschnitt gleichmäßig zu ver-teilen, so daß der Zufluß ohne Schlieren-bildung erfolgt. Kunstkohle kann nur untergleichzeitiger Sandfiltration verwendet werden,da sonst eine bräunliche Färbung der Laugeentsteht, die durch Oxydationsmittel wie durchChlor entfernt werden kann. Die Entfernungder neutralen Trennungszone vom Niveaudes unteren Glockenraumes wird umso größer,je geringer einerseits der Alkalichloridgehaltder zufließenden Lösung und die Stromdichtebezogen auf den horizontalen Glockenquer-schnitt und je höher anderseits der Alkali-gehalt der Kathodenlauge .ist. Der Vertikal-abstand der unteren Anodenfläche vom Niveaudes unteren Glockenrandes soll ein solchersein, daß sich die neutrale Schicht noch min-destens 1 cm unter der Anode befindet.Achesongraphit wird bei einer Stromdichtevon 2 Amp./qdm horizontalem Glockenquer-schnitt nicht angegriffen, wenn die zufließende

15) Z. f. Elektrochem. 10, 317.

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Lösung über den ganzen horizontalen Glocken-querschnitt gleichmäßig verteilt wird, undwenn der Vertikalabstand der unteren Anoden-fläche vom Niveau des unteren Glockenrandesrichtig eingehalten wird, sowie wenn fernerdie zufließende Lösung mindestens 270 gChlorkalium im 1 enthält, gleichmäßig überden ganzen Anodenkörper verteilt wird, undwenn der Alkaligehalt der Endlauge 125 gKOH im 1 nicht überschreitet.

4. Elektrolyse geschmolzener Chlor-alkalien.

Der wesentlichste Repräsentant eines imgrößeren Betriebe ausgeübten Verfahrens zurElektrolyse geschmolzener Chloralkalien istder Acker -Prozeß , der während der Jahre,über die wir berichten, durch eine reichhaltigeLiteratur und insbesondere durch verschiedeneVeröffentlichungen seines Erfinders in weiterenKreisen bekannt geworden und in seinenverschiedenen Details erörtert worden ist ?(i).Wir geben nachstehend das Wesentlichsteaus diesen Veröffentlichungen wieder. DasVerfahren selbst wurde während der Jahre1901 und 1902 in Betrieb gesetzt. Es ba-siert auf der Benutzung der lebendigen Kraftdes zur Oxydation des Alkalimetalls dienendenDampfes zur Erzeugung einer Zirkulation derin dem elektrolytischen Apparat erzeugtengeschmolzenen alkalireichen Legierung durchein Kanalsystem, das eine Verbindung zwischenentgegengesetzten Enden des elektrolytischenApparates herstellt. Der Apparat, der zurElektrolyse dient, ist ein elektrischer Ofen,der aus einem unregelmäßig geformten Guß-eisenkasten besteht. Er enthält drei Ab-teilungen, von denen die eine verhältnismäßiggroß und mit Magnesia verkleidet ist; sieenthält das geschmolzene Salz und stellt alsodie Zersetzungskammer dar. Am Boden dieserKammer ist ein flacher Bleikörper angebracht,der auch in die anderen Kammern hinein-reicht und sich in einer Richtung nach demeinen Ende der Zersetzungskammer bewegt,wo er durch einen kurzen Kanal hindurchin eine der kleinen Kammern geht. Er wird Ivon hier aus in die Höhe gehoben und über 'eine Scheidewand hinweg in die nächste \kleine Kammer geführt, von wo aus er wieder jin die erste Kammer getrieben und in Kontakt Imit dem Salz gebracht wird. Die Kreis- jbewegung wird durch einen Apparat bewirkt,der einem Dampfinjektor ähnelt, (Für den

3G) I). K.P. 117 358; D. E. P. 118048. Elec-trician (London) 48, 484. Electrical World andEngineer 1902, 586. Electrochem. Ind. 1, 41.Elektrochem. Z. 8, 142, 189, 245, 258; 10, 18.Eng. Min. Joura. 1902, 658. Trans. Americ.Soc! 1902, 165—175.

Ofen existieren verschiedene Modelle; welchesderselben zum Betrieb dient, wird trotz allermöglichen Veröffentlichungen über diesen ge-heim gehalten.) Es entstehen so reiche Le-gierungen von Natrium und Blei, die durchInjektion von Dampf in Alkali und Bleizerfallen. Ein Teil des Kanalsystems, indem die Oxydation des Alkalimetalls durcheingeblasenen Dampf stattfindet, ist in un-mittelbarer Nachbarschaft des zur Erzeugungder Alkalimetallegierung dienenden elektro-lytischen Behälters angeordnet, um die beider Verbindung von Alkalimetall und Sauer-stoff frei werdende Verbindungswärme zurErhaltung der Wärmeenergie des Verfahrensnutzbar zu machen. A c k e r setzt seinenOfen in der Weise in Tätigkeit, daß er einensehr starken elektrischen Strom von niedrigerSpannung verwendet und alle Schwankungenvermeidet. Es steigt dann die Temperaturallmählich an, das Bad erwärmt sich undwird flüssig; hierauf wird der Ofen in Betriebgesetzt und die Zersetzung eingeleitet. Anden Anoden entstehen große Mengen vonChlor, während sich das Natrium an derBleikathode niederschlägt und sich mit dieserverbindet, um dann durch die beschriebeneZersetzung mit Dampf oxydiert zu werden.

Der Acker-Prozeß scheint das haupt-sächlichste Beispiel eines Verfahrens zur Elek-trolyse geschmolzener Chloralkalien bleibenzu sollen, denn seit seiner Inbetriebsetzungbis heute ist uns kein weiteres ähnlichesVerfahren bekannt geworden, wenn man vondemjenigen von Roepper und Scholl"7)absieht, das aber wohl kaum irgendwo inBetrieb genommen worden sein dürfte. Dader Apparat sich für die Technik wohl kaumeignet, erübrigt es sich auch, hier näher aufihn einzugehen.

5. Vakuumverfahren.Verfahren zur Elektrolyse im Vakuum

sind bereits früher mehrere erdacht worden,doch gestattete keines derselben einen kon-tinuierlichen Betrieb. Ein solcher soll nun-mehr durch den von Wilfred Barnes inLynn (V. St. A.):is) angegebenen Apparatermöglicht werden. Die in Amerika ingrößerem Maßstabe durchgeführten Versuchemit demselben haben in der Tat seine Brauch-barkeit bewiesen. Die Lauge tritt bei diesemApparat zunächst in die am höchsten stehen-den Aufnahmebehälter. Aus diesen fließtsie in mit Schwimmerventil versehene Speise-behälter, und aus diesen in die Elektroden-

31) Amerik. Pat. 699851.38) D. K. P. 130049. Elektrochem. Z. 9,

205, 249.

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Heft f9V23 September 1904.] N e u b u r e e r : Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. 1477

kammern, die mit den Speisebehältern ingleicher Höhe liegen, mit ihnen kommuni-zieren und daher dasselbe Niveau haben.Aus den Elektrodenkammern tritt die er-schöpfte Lauge in die unteren Ablaßbehälter.Die Gasräume dieser sämtlichen Apparatesind durch ein gemeinsames Rohr verbunden,das zur Luftpumpe führt, die in denselbenein Vakuum erzeugt. Der Apparat kannzur Elektrolyse der verschiedensten Elektro-lyte verwendet werden, er eignet sich jedocham besten zur Elektrolyse von solchen Lö-sungen, die bei der elektrolytischen Zersetzungan jeder Elektrode ein Gas entwickeln, wiez. B. zur Elektrolyse von Chlorammonium.Bei den Versuchen in Amerika sind mittelsdesselben jedoch auch Kochsalzlaugen mitErfolg bearbeitet worden. Der Apparat er-möglicht es, während seiner Wirksamkeiteinige Zellen aus der Reihe zum Zwecke der

leichten und indifferenten Substanz, wieNaphta, bedeckt sein können, bei derartstarker Abkühlung ausgeführt, daß das ent-standene Alkali sofort in fester Form aus-geschieden wird. Auf diese Weise soll esvon der Alkalichloridlösung und dem ent-entwickelten Chlor getrennt und somit eineVermischung oder eine Einwirkung ver-hindert werden. Der zur Ausführung desVerfahrens dienende Apparat besteht auseinem als Kathode dienenden Zylinder, indem sich zwei Gefäße befinden. Das einedient als Anodenraum, das andere als Ka-thodenraum. Dieser ist so angeordnet, daßein besonders angebrachtes Kratzmesser dasabgeschiedene feste Alkali sofort mechanischentfernt. Der Zylinder mitsamt den beidenGefäßen, also die ganze Einrichtung, stehtin einem Kühlraum.

Kühlwasser-Ableitung

- - 2'im

Fig. 15.

Ausbesserung, Erneuerung oder Reinigungauszuschalten, ohne daß dadurch die Gesamt-wirkung gestört wird. Die Höhe des zu er-zeugenden Vakuums ist im allgemeinen jenach der Größe des Betriebs, sowie je nachder Natur des zu zersetzenden Salzes ver-schieden, doch haben die Versuche im Groß-betrieb gezeigt, daß es sich nicht empfiehlt,ein Vakuum von mehr als 390 mm zu er-zeugen.

6. Käl teverfahren.Das Verfahren von Cohu und Geisen-

berger'1 ') ist zwar bereits kurze Zeit vorder Periode, über die wir berichten, ver-öffentlicht worden, wir möchten es jedochals einziges Beispiel eines in jüngster Zeitbekannt gewordenen Kälteverfahrens derVollständigkeit halber doch in Kürze er-wähnen. Bei demselben wird die Elektro-lyse der Chloralkalilösungen, die mit einer

••"•) D. R. P. 121932. Franz. Pat. 316224.Klektrochem. Z. 8, 285.

B. Hypochlorit«.Ein technisches Verfahren zur elektro-

lytischen Herstellung von Hypochloritlaugenvon höherem Bleichwert hat die E lek t r i z i -täts-A.-G. vorm. Schucker t & Co. aus-gearbeitet40). Dieses neue Verfahren, daseine bedeutende Verbesserung gegenüber denälteren darstellt, basiert im wesentlichendarauf, daß die zu elektrisierende Bleichlaugeaußer einem Zusatz von Chlorcalcium undKalk einen solchen von Kolophonium inSodalösung erhält. Dieser Überzug fördertdie bekannte Wirkung des Chlorcalciums,die darin besteht, daß die kathodische Re-duktion des Hypochlorits vermindert wird,so daß also eine bedeutend wirksamere Laugeentsteht. Während nach den besten bisherbekannten Verfahren aus 10 %iger Lösungbei 14° mit Chromatzusatz maximal 23 gChlor im 1 erreicht werden konnten, und auskonzentrierter Salzlösung maximal 38,5 g

40) D. R, P. 141372. Z. f. Elektrochem. 8,421.

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im 1, erzielt man nach dem vorliegendenVerfahren bei 53—40° aus 10%iger Salz-lösung 33,5 g Chlor im 1. Die Einrichtungeines neuen vervollkommneten Elektrolyseursist die folgende: Die Salzlösung fließt ausdem höher stehenden Salzlösegefäß in denaus zwei Steinzeugwannen bestehenden,mit der Stromquelle verbundenen Apparatein, passiert die Kammern desselben im Zick-zackweg einmalig ohne Verwendung einerPumpe und verläßt denselben am anderenEnde als eine hochprozentige klare Bleich-lauge, welche in ein darunter gestelltesSammelgefäß aus Zement oder dergleicheneinfließt. Da die Temperatur der Flüssig-keit im Apparat nicht über eine gewisseGrenze steigen darf, so ist in demselbeneine Kühlvorrichtung für Wasserzirkulationeingebaut. Die Elektroden des Apparatesbestehen an der positiven Seite aus Platin,an der negativen aus Kohle. Die Einrich-tung einer Anlage zeigt Fig. 15.

Über die Leistungen eines derartigenApparates kleinerer Art zum Anschluß anLichtleitungen für 50, 75, 100, 125 und150 Ampere Betriebsstrom gibt die nach-folgende Tabelle Aufschluß.

Mittlere Leistun g in 10 Stunden bei einerSpannung von 110 Volt

bei einer mittl. Strom-stärke in Ampere 50 75 : 100 125 i 150

Bleichlösimg in 1 . . 340

mit einem Gehalt an jaktivem Chlor in kg 7,2 10,6 14,4117,6 21,6

Salzverbrauch für 1 kgaktives Chlor in kg

Bei großem Salzkonsum und billiger Be-triebskraft erweisen sich im allgemeinen hoheChlorkonzentrationen als vorteilhaft, da ihreHerstellung höheren Energieverbrauch be-dingt. So benötigen

1 kg Chlor bei 10—12 g Chlor im 16 Kilowattstunden,

1 kg Chlor bei 16 g Chlor im 16—7 Kilowattstunden,

1 kg Chlor bei 20 g Chlor im 17—8 Kilowattstunden.

Der Vorteil der so erreichbaren hohen Chlor-konzentration liegt in der mit ihnen erziel-baren schnelleren Bleicharbeit.

Über die in Schuckertschen Apparatenbei Verwendung von 20%igen Salzlösungenerzeugten Chlorkonzentrationen gibt nach-stehende Tabelle die einzelnen im Labora-torium ermittelten Daten an.

Zeit% Stromausbeute : g ak tives Chlorauf aktives Chlor i ; m j

bezogen

40'60'80'

100'120'140'160'180'200'

7770,568,562,1545246,645,341,0

16,423,630,234,435.640,240,844,645,6

500 : 700 i 850 i 1100

Zu dem Verfahren von Schlickert machenFörs ter und Müller4 1) einige Bemerkungen,in denen sie darauf hinwiesen, daß die vonihnen in einer früheren Arbeit (Loc. cit. 8,Heft 1) mitgeteilten Bleich werte keineswegsdie maximalen Hypochloritkonzentrationendarstellen, die bei ihrer Arbeitsweise über-haupt erreicht werden konnten, und daß diemit dem Apparat der Elektrizi täts-A.-G.vorm. Schucker t & Co. erreichten Bleich-werte offenbar die überhaupt erreichbarenHöchstwerte sind. Die in der Patentschriftden Förs te r und Müll ersehen gegenübergestellten Ergebnisse sind also mit ihnen garnicht streng vergleichbar, da diese beidenAutoren nicht systematisch darauf hinge-arbeitet haben, möglichst hochkonzentrierteHypochloritlösungen elektrolytisch darzustel-len, sondern nur darauf, die Bedingungen zubegründen, die der Anreicherung des Hypo-chlorits günstig sind.

Auch die Firma H a a s & S t a h l hatihren Apparat auf Grund der Verbesserungenvon H a a s und O e t t e l vervollkommnet42).Die Vervollkommnung besteht darin, daßNebenschlüsse durch die Laugenzirkulationmöglichst eingeschränkt werden, was dadurcherreicht wird, daß sowohl die Laugendurch-flüsse von einer Kammer zur anderen, alsauch die Zu- und Abflüsse nach und von deneinzelnen Kammern als Flüssigkeitswider-stände ausgebildet sind. Es werden also diebetreffenden Leitungen oder Kanäle mög-lichst lang gemacht und mit geringem Quer-schnitt ausgestattet. In den Apparaten selbstkommt das Prinzip zur Anwendung, stetiggekühlte Lauge dadurch zuzuführen, daß derbei der Elektrolyse entwickelte Wasserstoffbenutzt wird, um völlig automatisch, ohneRegulierung, ohne Wartung und ohne alleKosten die abgekühlte Lauge durch denElektrolyseur hindurchzutreiben. Mit denersten Exemplaren der neuen Apparate wurdenin zehnstündigem Betrieb bei durchschnittlich68 Ampere Stromverbrauch S,4 kg Chlor

9. 187

41) Z. f. Elektrochem. 9, 583.42, D. R. P. 130345. Elektrochem. Z. 8. 250;

Page 7: Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

Heft 39VS-SJe1otembfrl9Ol.] Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. 1479

erzielt, in Form einer Lauge von 10,6 gGehalt pro 1. Dabei belief sich der Kraft-verbrauch per kg Chlor bei einer Konzen-tration von 3,0 g auf 5,4 Pferdekraftstunden,bei der Endkonzentration von 10,6 g auf 12,3Pferdekraftstunden. Über die Verhältnissein einem versandfähigen Apparat gibt dienachstehende Tabelle alles Nähere an:

12345678910

17222323232323

6163

j 6261,5626162

116116115116117117117117117117

9,619,529,238,948,858,568,478,187,897,5

23 6123 ! 6123 j 61

Den Einfluß«ler Salzkonzentra-tionen mit einemanderen Apparatder gleichen Gütezeigt die fol-gende Tabelle, wo-zu zu bemerkenist, daß die Zah-len in der Reihea) sich auf Laugevon 10°Be., die inder Reihe b) sichauf solche von 15°Be. in beiden FällenBetriebsdauer beziehen.

2,554,595,907,418,82

10,5011,2212,3013,3514,31

2,14 95,03,85 82,44,95 72,16,22 68,27,418,829,43

10,3211,2112,00

64,861,959,156,754,852,8

4,485,075,906,266,606,647,257,567.828,11

Fig.

nach zehnstündiger

a 'Bleich. Chlor . »

HP-

unde

S si<s p bc

trom

sbeu

t

S2"

a) 4050

110 60 8,97 i 6,73 44,7 8,9110 75 14,3 10,73 57,3 7,0

DerSchoopsche Bleichapparat4S) (Fig. 16)besteht aus drei Teilen, dem Verteiler, demZersetzer und der Zirkulationsvorrichtung.Von diesen interessiert in erster Linie derZersetzer, der aus einer Art Treppe besteht,auf der die horizontal liegenden Platten an-geordnet sind. Jede dieser Platten bildeteine Einheit und stellt einen Elektrolyseur fürsich dar. Die Zahl der Platten richtet sichnach der verlangten Leistungsfähigkeit desApparates. Die einzelnen Platten bestehenaus einem glänzend schwarzen, harten, ebonit-ähnlichen Material, und jede derselben istvon Furchen durchzogen, in denen eigen-

43) D. R. P. 121 525. Elektrochem. Z. 9, 142.

tümlich geformte Körper aus Platiniridiumeingebettet sind. Die Platiniridiumkörpersind derart beschaffen, daß die elektrischpolarisierten Flächen nicht gleich groß sind;die chlorpolarisierte Elektrodenfläche besitzteine mehrfach größere Ausdehnung, als diewasserstoffpolarisierte Fläche. Bezüglich derLeistungen ist zu bemerken, daß 60 Platteneine Kraft von 300 Pferdestunden bean-spruchen und bei 8000 kg Salzverbrauchtäglich 1600 kg Chlor produzieren. Eskönnen Bleichflüssigkeiten mit 30 per MilleChlorgehalt erhalten werden.

Die viel umstrittene Frage, ob sich Kohle-odor Graphitelektroden für die Zwecke derHypochloritge winnung eignen, sucht Martin4 4)dadurch zu umgehen, daß er Schieferplattenanwendet, die er mit einer sehr dünnen Platin-schicht bedeckt. Er will so die Wirkungoder Dauerhaftigkeit einer Platinelektrodeerzielen, ohne den teueren Preis für dieselbe auf-

wenden zu müssen.Dieses Verfahrendürfte, so einfaches auch erscheint,jetzt insofern etwasüberholt sein, alses sich inzwischengezeigt hat, daßgute Graphitelek-troden wohl dieKonkurrenz mitdem Platin aufzu-nehmen vermögen,und daß sogar Fir-

men, die früher ausschließlich Platinelektro-den lieferten, jetzt zur teilweisen Lieferungvon Graphitelektroden übergegangen sind.

Die Apparate von Atkins4 5) und Clark 4C),die wir der Vollständigkeit halber noch er-wähnen, bieten nichts besonderes dar.

C. Chlorate und Perchlorate.Auf dem Gebiete der Chloratindustrie

werden in neuerer Zeit in erheblich größeremMaßstabe als früher Perchlorate dargestellt, dasie den Vorzug der größeren Wirksamkeit mitdem der geringeren Gefährlichkeit vereinigen.Nennenswerte Neuerungen sind auf diesemGebiete jedoch nur wenige zu verzeichnen.

Unter ihnen ist in erster Linie das Ver-fahren von P ie r re Leder l in in Chedde47)zu erwähnen, der Chlorate und Perchlorate

16.

") J. Soc. Chem. Ind. 1902, 342. Franz.Pat. 311580.

45) Amer ik . P a t . 699907.46) Amer ik . P a t . 708 796.47I Amer ik . P a t . 693035. D . ß . P . 136678.

Electrical World and Engineer 1902, 348. Elek-trochem. Z. 10, 39.

Page 8: Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

1480 Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. AlkaUen. Chemie

durch Elektrolyse von Lösungen von Chlo-riden oder Chloraten oder Mischungen der-selben bei Gegenwart von Chromsäure alsHilfsmittel darstellt. Es kommt hierbeidarauf an, die Chromsäure während desganzen Verlaufs der Elektrolyse ganz oderteilweise im Zustand von Bichromat zu er-halten. Zu diesem Zwecke fügt man derFlüssigkeit entweder kontinuierlich oder inZwischenräumen im Lauf der Elektrolyseoder auch nach der Elektrolyse mit einemMale eine geringe Menge einer verdünntenSäure zu. In erster Linie eignet sich hierzuSalzsäure. Die Säure führt das neutraleChromat ganz oder teilweise in Bichromatüber. Bei Anwendung von verdünnter Salz-säure wird außerdem der Chlorgehalt währendder Elektrolyse sehr niedrig gehalten, under sinkt nach derselben sehr rasch ohnejede andere Operation und ohne irgend eineEntwicklung von störendem Chlorgas auf Null.Dies hat den Vorteil, daß man mit den ausdem Elektrolysator austretenden Flüssigkeiten,die vollkommen entchlort sind und nicht mehroxydierend wirken, bequem weiter arbeitenkann. Außerdem kann man zu den Rohr-leitungen, die sie durchfließen, und ebensozu den Behältern für sie ein beliebiges Ma-terial verwenden.

Das Verfahren von Corb in 1 6 ) unter-scheidet sich fast in nichts von dem ebenbeschriebenen Lederlinsehen; auch diesergewinnt Chlorate und Perchlorate, sowieJodate und Bromate dadurch, daß er währendder Elektrolyse mit Salzsäure versetzte Bi-chromatlösung zugibt. Sein Verfahren istnur deshalb interessant, weil er das nachseiner Methode gewonnene Chlorat unter demNamen „Cheddite" als Sprengmittel in denHandel bringt, und weil über dieses „neue"Sprengmittel auch in den Tageszeitungeneine Zeitlang die verschiedenartigsten Dingezu lesen waren. Jedenfalls waren es dieseErfolge mit dem „Cheddite", die die „Na-t ional E lec t ro ly t i c Company" veranlaßthaben, das Verfahren Corbins zu erwerben.

Threlfall4 9) will die elektrolytische Wir-kung an der Anode dadurch verstärken, daßer ihr zwei Kathoden gegenüberstellt, vondenen sich die eine in einem Diaphragmabefindet. Dieses soll den Zweck haben, dasan dieser Kathode entstehende Natron mög-lichst langsam zur Anode diffundieren zulassen. Es soll sich dann an dieser Anodeein Überschuß von Chlor bilden, der mitvorhandenem Hypochlorit Chlorat bilden soll,wobei intermediär freie unterchlorige Säure

4B) J. Soc. Chem. Ind. 1902, 970.49) Amerik. Pat, 716 780.

entsteht. Diese Bildung der unterchlorigenSäure hält Threlfal l für unbedingt nötigzur Erzielung einer zufriedenstellenden Aus-beute, und zwar soll ihre Menge etwa 2 proMille betragen. Nach Threlfal ls Angabegehen von 1000 Ampere bei einer Strom-ausbeute von 90% 50 Ampere durch dieim Diaphragma befindliche Kathode.

Auf eine bereits früher erschienene, aberin Vergessenheit geratene Arbeit machtTommasi50) von neuem aufmerksam, da in-zwischen Bancroft , Barrows und Brochetzu denselben Resultaten gekommen sind. Erbemerkt, daß aus einer mit Schwefelsäureversetzten Chloratlösung an der Anode Per-chlorat, an der Kathode Wasserstoff entstehe,sofern man die beiden Elektroden aus Platinherstellt. Nimmt man jedoch eine Zinkanode,so entstehen Chlorkalium, Zinkoxyd und Zink-sulfat. Eine Reduktion von Kaliumperchlorattritt auch an der Zinkanode nicht ein. Dieweiteren Ausführungen, die sich noch überverschiedene andere Kombinationen erstrecken,haben für die Technik wenig Interesse.

Eine Anzahl von Chloratfabriken wirdvon Kershaw5 1) beschrieben; der Artikel,der durch eine ganze Anzahl von englischenZeitschriften ging, bringt aber gar nichtsNeues und geht über die wesentlichen Punktefast stets in Kürze hinweg. Einzelne An-gaben sind ungenau.

D. Wissenschaft!jche Arbeiten.Über die einzelnen zum Gebiet der Al-

kalichloridelektrolyse gehörigen Prozesse sindeine ganze Anzahl wissenschaftlicher Arbeitenerschienen, die zum Teil sehr interessanteErgebnisse geliefert haben. Wenn auch dieAlkalichloridelektrolyse ein so ausgebauterZweig der chemischen Großindustrie ist, daßdie Technik aus den Ergebnissen dieser Ar-beiten im ganzen und großen wohl wenigNutzen mehr wird ziehen können, um so mehr,da einzelne dieser Ergebnisse in technischenBetrieben schon länger bekannt waren, sohaben diese Arbeiten doch zum Teil so vielzur Klärung einzelner Vorgänge beigetragen,daß wir es für notwendig halten, wenigstensdie wichtigeren hier anzuführen, und ihrenInhalt kurz zu streifen.

Eine für die Kenntnis eines Hauptproduktsder elektrolytischen Alkaliindustrie des Chlor-kalks sehr wichtige Arbeit ist die von Win-teler52), der die viel umstrittene Konstitutiondesselben aufzuklären sucht. Er kommt zudem Resultat, daß es von den Chlorierungs-

60) Compt , r. d. Acad . d. sciences 1903, 1005.L'Eclairage electrique 1903, 226.

61) E lec t r i ca l W o r l d 1902, 37.62) Z. anorg . Chem. 27, 161; 28, 252.

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^23. September 1904 ] Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u.Alkalien. 1481

Vorgänge bei dem oben beschriebenen Bleich-elektrolyseur von Schucker t , sowie für diebei den Lederlinschen und CorbinschenChloratverfahren von Wichtigkeit. Müllerund Friedberger'5 '2) arbeiteten über dieDarstellung freier Überjodsäure durch Elek-trolyse.

E. Allgemeines.Eine interessante Abhandlung über die

Erkrankungen bei der elektrolytischen Dar-stellung des Chlors publiziert F. Russig1'3).Er weist darauf hin, daß die hierbei auf-tretenden Erkrankungen nicht den Chlor-erkrankungen, wie man sie sonst kenne,ähneln, sondern daß sie in ihren einzelnenStadien mit denjenigen Krankheiten über-einstimmen, die in den Paraffin verbrauchen-den Industrien, wie z. B. in der Braunkohlen-und Zündhölzerindustrie auftreten und dortunter dem Namen der „Paraffinkrätze" be-kannt sind. Infolge dieser Ähnlichkeit glaubtR u s s i g , daß nicht das Chlor, sondern diezum Schütze der Apparate angewendetenParaffinüberzüge die Ursache der Erkran-kungen seien. Mit diesen Ausführungenstimmen die von Professor J a q u e t 6 1 ) nichtüberein. Dieser macht darauf aufmerksam,daß eine bestimmte Krankheit sich fast nurbei Arbeitern elektrolytischer Chlor- uud Al-kalifabriken findet, die „Chlorakne" genanntwird. Als Ursache dieser Krankheit sprachman früher die Einatmung der Dämpfe or-ganischer Chlorverbindungen an, Tierversuchehaben jedoch bestätigt, daß diese Dämpfewohl kaum die Erkrankung herbeiführendürften. In den Ausscheidungen der Hautvon Aknekranken fand sich freie Natronlaugevor, und J a q u e t glaubt deshalb, daß dieErkrankung auf das freie Alkali zurück-zuführen sei.

Mit dem maschinellen Teil der Anlageder „Electrolytic Aleali Company" beschäftigtsich eine Abhandlung in „The Electrochemistand Metallurgist" 65). Dieselbe enthält eineausführliche Beschreibung der von der FirmaD. Bruce Pebles & Co. aufgestellten Dy-namos, die zusammen 5000 Ampere und60 Volt liefern.

Eine ausführliche Darstellung der Tät ig-keit des Pa t en t amtes auf dem Gebieteder Verarbeitung der Chloralkalien währendder letzten zehn Jahre bringt die „Elektro-chemische Zeitschrift" 6(i). Ebenda findet sich

6 2) Berl. Berichte 35, 2652. Z. anorg. Chem.20, 1.

6 3) Chem. Industr. 1902, 10.6 4) Verh. d. Naturf .-Gesellsch. Basel, Sitzung

vom 3. Dez. 1902.6 5) The Electrochemist and Metallurgist

1903, 3. Qkt.6 6) Elektrochem. Z. 9, 151.

186

bedingungen, wie Temperatur, Wassergehaltusw. abhängt, welche Stoffe vorhanden sind,und er gibt verschiedene Konstitutionsformenfür die Chlorkalkzusammensetzung. Über denChlorkalk handelt ebenfalls Tiesenhold5 3);F. Förs te r und Er ich Müller54) bringeueine Arbeit über die bei der elektrolytischenDarstellung von Alkalihypochloriten undChloraten erreichbaren Strom- und Energie-ausbeuten, während Glaser 5 5 ) die elektro-lytische Gewinnung von Chlor und Alkalinach dem Solvay-Kellnersehen Quecksilber-prozeß einer eingehenden Untersuchung unter-wirft. Er kommt hierbei zu dem Resultate,daß die Stromverluste zum größten Teil aufdie depolarisierende Wirkung des Chlors aufdas Alkaliamalgam zurückzuführen sind.Stromverluste infolge Zersetzung des Wasserssind von untergeordneter Bedeutung. GuteAusbeuten sind nur bei hohen Stromdichtenzu erzielen; arbeitet man jedoch mit eigensdazu hergestellten Diaphragmen, so wird dieAusbeute auch bei niederen Stromdichtengut. Über die Gesetze der Elektrolyse vonAlkalisalzdämpfen stellt Wilson 5ß) eingehendeUntersuchungen an. Eine Arbeit von James5 7)handelt über die einzelnen Methoden derAnalysen im Chloralkalibetrieb; mit demgleichen Gegenstand befassen sich Harde"n:>8)und James und Ritchey59), die die Ana-lyse der Rohmaterialien, der Zwischen- undEndprodukte, sowie die Betriebskontrolle zumTeil an der Hand neuer Methoden beschreiben.Den Vorgang bei der elektrolytischen Per-chloratbildung sucht Oechsli aufzuklären60),und er kommt hierbei zu dem Resultate, daßdie elektrolytische Perchloratbildung durchSelbstzersetzung entladener C1O3 -Ionen inC1O4 und C1O2 vor sich geht, während diehierbei auftretende chlorige Säure vom Stromzu Chlorsäure oxydiert wird. Die bisherigeAuffassung, daß es sich um eine einfacheOxydation handele, bietet eine erheblicheAnzahl von Bedenken. Müller6 1) ergänzteine frühere Arbeit über Störung der ka-thodischen Polarisation durch Kaliumchrornatdurch einen Nachtrag, wobei er darauf hin-weist, daß Chromat die Reduktion des Chlo-rats hindere, und zwar wahrscheinlich infolgeder Entstehung eines aus einer Chromverbin-dung entstehenden Diaphragmas. Diese Ar-beit ist besonders für die Erkenntnis der

63) J. prakt. Chem. 65, 512.") Z. f. Elektrochem. 1902, 8.65) Z. f. Elektrochem. 1902, 552.M) Phil. Mag. 1902, 6, 207.") Chem. Centralbl. 1902, 1425.'58) Elekt ro techn. Anz. 19, 1197. 1237.59) J . Am. Chem. Soc. 24, 467.60) Z. f. E lek t rochem. 1903, 807.61) Z. f. E lekt rochem. 8, 909.

Ch. 1904.

Page 10: Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

1482 Fahrion: Über die Bestimmung der gesättigten Fettsäuren. r Zeitschrift fürL angewandte Chemie.

auch ein Bericht über die Zukunft der Fa-brikation von Alkali und Chlor in Italien6 7),aus dem hervorgeht, daß diese Fabrikationdortselbst gute Fortschritte macht und schonziemlich entwickelt ist.

Über die Verhältnisse der englischen undamerikanischen Industrie geben die bereitsim Laufe obiger Abhandlung zitierten Ar-beiten von Townsend und Kershaw ver-schiedene Aufschlüsse, auf die näher ein-zugehen sich jedoch um so mehr erübrigt, alsdie Angaben bei beiden Autoren zum großenTeil ungenau und insbesondere in bezug aufdie investierten Kapitalien und verwendetenKräfte sehr unzuverlässig sind.

\J

Beiträge zur Fettanalyse:Über die Bestimmung der gesättigten

Fettsäuren.Von Dr. W. FAHRIOJJ.

Eingeg. 21.(7. 1904.

Vor einiger Zeit haben Par the i l undFerie1) ein Verfahren zur Fettuntersuchungmitgeteilt, welches auf folgenden Voraus-setzungen beruht:

Die Methode von Var ren t rapp , bzw.Farns te iner zur Trennung der gesättigtenund ungesättigten Fettsäuren (durch Aus-ziehen der Bleisalze mit Äther oder Benzol)liefert aus dem Grunde keine zuverlässigenResultate, weil Stearin- und Palmit in-säure, wenn sie gemeinsam mit Ölsäureals Bleisalze gefällt werden, auch gemischte,in Äther und Benzol unlösliche Salze bilden.Dagegen lassen sich Stearin- und Palmitin-säure von den ungesättigten Fettsäuren durchdie Unlöslichkeit ihrer Lithiumsalze in 50%Alkohol trennen. Ein Teil der Myristin-säure fällt hierbei mit aus, doch ist dasLithiummyristat in kaltem, absolutem Alkohollöslich und läßt sich dadurch beseitigen. DerRest der Myristin-, sowie die Laur insäurelassen sich von den ungesättigten Fettsäurennach der Methode von Farns te iner trennen,weil jene beiden Säuren mit Ölsäure keinegemischten Bleisalze bilden. Schließlich läßtsich die Ölsäure von den „höher unge-sät t ig ten Fe t t säuren" durch die Unlös-lichkeit ihres Barytsalzes in wasserhaltigemÄther trennen.

Es wurde schon von verschiedenen Seiten -)

67) Elektrochem. Z. 10, 23-9.') Zur Kenntnis der Fette, Ar. d. Pharmacie

1903, 545.2) Vgl. auch meine Abhandlung: Über die

Zusammensetzung des Leinöls und über die Be-stimmung der gesättigten Fettsäuren, diese Z.1903, 1193. Bei Drucklegung derselben war mirdie Arbeit von P. und F. noch nicht bekannt.

auf die Unzuverlässigkeit der seitherigenTrennungsmethoden hingewiesen, ohne daßes bis jetzt gelungen wäre, etwas Besseresan ihre Stelle zu setzen. Es wäre daher alsein großer Fortschritt zu begrüßen, wenn dieneue Methode durchweg so günstige Resul-tate liefern würde, wie sie anscheinend P.und F. für Butterfet t , Margar ine ,Schweineschmalz und Menschenfett er-halten haben. Leider ist dies, wie nach-stehend gezeigt werden soll, nicht der Fall.

Schon der Umstand, daß Stearin- undpalmitinsaures Lithium in heißem 50°/oigenAlkohol vollkommen löslich sind, weist daraufhin, daß die Fällung keine quantitative ist.Mir ist aus der anorganisch - analytischenChemie kein Fall bekannt, wo sich einNiederschlag in der Flüssigkeit, aus welcherer quantitativ abgeschieden werden soll, beimErwärmen vollständig auflöst. Dagegen istes eine bekannte Tatsache, daß bei demProzeß des Umkristallisierens Verluste nichtzu vermeiden sind, und daß die Ausbeutedurch die Konzentration der Lösung unddurch die Temperatur stark beeinflußt wird.Schließlich sprechen auch schon die von P.und F. angegebenen Löslichkeitszahlendafür, daß die betreffenden Lithiumnieder-schläge keineswegs ein so kleines Löslich-kei tsprodukt3) haben, als eine einiger-maßen genaue Analyse erfordert. Beispiels-weise wird angegeben, daß 100 ccm Wasservon 18° 11 mg, 100 ccm Alkohol von 18°80 mg Lithiumpalmitat lösen. Nimmt manfür 100 ccm 50°/oigen Alkohol das Mittelmit 45 mg an und zieht ferner in Betracht,daß P. und F. mit 1 g Fett und etwas über100 ccm Flüssigkeit arbeiten, so läßt sichvoraussehen, daß ein Fett, welches von ge-sättigten Fettsäuren lediglich 4°/0 Palmitin-säure enthält, nach der Methode P. und F.ein negatives Resultat liefern wird. In derTat versagt denn auch die Methode bei ge-ringen Mengen gesättigter Fettsäuren voll-ständig, und auch bei größeren Mengen bleibtein keineswegs zu vernachlässigender Anteilin Lösung. Andererseits bleiben, wenigstensin den von mir untersuchten Fällen, die un-gesättigten Fettsäuren durchaus nicht voll-ständig in Lösung, sondern ein nicht un-beträchtlicher Teil derselben fällt mit aus,und die ungesättigten Lithiumsalze sinddurch Auswaschen nicht zu beseitigen. DenBeweis für diese Behauptungen mögen diefolgenden Versuche erbringen.

Versuch 1. 0,5055 g chemisch reineStearinsäure4) wurden in 50 ccm Alkohol

3) Vgl. Ostwald, Grundlagen der analy-tischen Chemie, S. 75.

4) Von Kahl bäum.